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Beiträge zur Kommunalwirtschaft E-Book

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Beschreibung

Dieser Sammelband vereint Beiträge zu verschiedenen kommunalwirtschaftlichen Themen, die von Absolventen der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Gotha und Studierenden der Universität Erfurt verfasst wurden. Bei den Beiträgen handelt es sich größtenteils um Diplomarbeiten, die sich durch Sach- und Fachkunde sowie interessante Gedankengänge und Ideen auszeichnen. Einige der Beiträge sind eher praxisorientiert und liefern vor allem Informationen zu speziellen kommunalwirtschaftlichen Sachverhalten, andere Beiträge haben eine eher theoretische Ausrichtung.

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Seitenzahl: 287

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhaltsverzeichnis

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Vorwort

Dieser Sammelband vereint Beiträge zu verschiedenen kommunalwirtschaftlichen Themen, die von Absolventen der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Gotha und Studierenden der Universität Erfurt verfasst wurden. Bei den Beiträgen handelt es sich größtenteils um Diplomarbeiten, die sich durch Sach- und Fachkunde sowie interessante Gedankengänge und Ideen auszeichnen. Einige der Beiträge sind eher praxisorientiert und liefern vor allem Informationen zu speziellen kommunalwirtschaftlichen Sachverhalten, andere Beiträge haben eine eher theoretische Ausrichtung. Ich habe mich zur Herausgabe dieses Sammelbandes entschlossen, da ich als langjähriger Gutachter von Diplom- und Seminararbeiten es bedauernswert fand, dass die Ideen und Gedanken der Autoren und Autorinnen nach der Begutachtung kaum weitere Beachtung fanden. Dies liegt meines Erachtens daran, dass auch sehr gute Diplomarbeiten in kaum zugänglicher Form in Archiven eingelagert werden und es nur schwer möglich ist, auf diese Arbeiten zuzugreifen. Gleichzeitig bemerke ich aber auch immer wieder, dass sowohl bei Studierenden, Absolventen als auch Praktikern durchaus ein Interesse an den Erkenntnissen älterer Arbeiten besteht. Auch wenn die in diesem Sammelband enthaltenen Beiträge sicherlich nicht frei von Fehlern sind, so enthalten sie doch interessante Informationen, geben Denkanstöße und tragen hoffentlich zu einem verbesserten Wissenstransfer zwischen Fachhochschule, Universität und Praxis bei.

Erfurt im Dezember 2018.

1. Die Hundesteuer in Thüringen – Ein kommunaler Vergleich zur Nutzung dieser Steuerart zwischen den kreisfreien Städten im Freistaat

Anke Kaiser

Einleitung

Kommunale Selbstverwaltung und die Bedeutung von Aufwandsteuern in Thüringen

2.1. Finanzhoheit der Kommunen

2.2. Abgabenhoheit der Kommunen

2.3. Die Aufwandsteuern

2.3.1. Voraussetzungen für die Erhebung der Aufwandsteuern

2.3.2. Bedeutung der Aufwandsteuern für die Kommunen

2.3.2.1. Bedeutung als Mittel zum Lenkungszweck

2.3.2.2. Bedeutung als Ausprägung der Einnahmeautonomie

2.3.2.3. Bedeutung als Einnahmequelle

2.4. Die Hundesteuer

2.4.1. Geschichte der Hundesteuer

2.4.2. Erhebung der Hundesteuer in Thüringen

2.4.3. Einnahmen aus Hundesteuer in Thüringen

Nutzung der Hundesteuer in den kreisfreien Städten Thüringens

3.1. Vergleich der Hundesteuersatzungen der kreisfreien Städte

3.1.1. Steuergläubiger, -schuldner und Steuertatbestand

3.1.2. Steuermaßstab

3.1.2.1. Höhe der Regelhundesteuersätze

3.1.2.2. Staffelung der Regelhundesteuersätze

3.1.2.3. Höhe der Steuersätze für gefährliche Hunde

3.1.3. Fälligkeit der Hundesteuer

3.1.4. Steuerbefreiungen und -ermäßigungen

3.2. Zweck der Hundesteuernutzung in den kreisfreien Städten

3.2.1. Lenkungszweck der Hundesteuer

3.2.2. Fiskalzweck der Hundesteuer

Fazit

1 Einleitung

„Hundesteuer: Große Unterschiede in Thüringer Städten“. Diese Überschrift trug ein Artikel der Thüringer Landeszeitung am 9. August 2014.1 Darin beruft sich der Autor auf eine durch die Berufsakademie Eisenach durchgeführte Analyse zum Thema „Hundesteuer in Thüringen 2014“.2 Nach dieser seien die Einnahmen aus der Hundesteuer ein wichtiger Betrag zur Sanierung der meist überlasteten kommunalen Haushalte geworden und als Konsequenz dessen in den vergangenen Jahren stetig, ab 2010 besonders stark, angestiegen. Die höchsten Einnahmen kämen den kreisfreien Städten zu, was allerdings nicht an der zunehmenden Anzahl von Hunden, sondern an der Erhöhung der Hundesteuersätze läge. Ob und gegebenenfalls inwiefern sich die kreisfreien Städte bezüglich der Nutzung der Hundesteuer voneinander unterscheiden, wird in der folgenden Ausarbeitung ebenso untersucht, wie die Gründe für den Anstieg der Hundesteuereinnahmen. Anhand der rechtlichen Grundlagen zur kommunalen Abgabenerhebung und deren Bedeutung für die Kommunen, erfolgt eine Betrachtung der Hundesteuer im historischen wie systematischen Sinne. Diese Arbeit soll außerdem erörtern, ob der Zweck der Besteuerung von Hunden in der Haushaltssanierung der kreisfreien Städte liegt.

2 Kommunale Selbstverwaltung die Bedeutung von Aufwandsteuern in Thüringen

Aus Art. 28 Abs. 2 GG ergibt sich das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Diese institutionelle Garantie beinhaltet das Recht der Gemeinden, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze und unter Aufsicht des Staates, in eigener Verantwortung, mit eigenen Mitteln und unter Beteiligung einer demokratisch gewählten Vertretung zu regeln.3 Der Wesensgehalt des Selbstverwaltungsrechts kommt in Form der so genannten Gemeindehoheiten oder Hoheitsrechte zum Ausdruck.4 Die Hoheitsrechte garantieren den Kommunen einen absolut geschützten Kernbereich ihrer Eigenverantwortlichkeit.5 Gesetzgeberische Eingriffe in diesen Kernbereich sind unzulässig, da das Selbstverwaltungsrecht dem „Aushöhlungsverbot“ unterliegt. Demnach darf der Gesetzgeber die Selbstverwaltung nicht derart einschränken, dass sie innerlich ausgehöhlt wird, die Möglichkeit zur kraftvollen Betätigung verliert und nur noch ein Schattendasein führen kann.6 Zu den Gemeindehoheiten zählt neben der Gebiets-, Planungs-, Organisations-, Personal- und Satzungshoheit auch die Finanzhoheit.7 Letztere ist elementar für die Erhebung der Aufwandsteuern.

2.1. Finanzhoheit der Kommunen

Die Finanz- und Abgabenhoheit der Thüringer Gemeinden leitet sich nicht nur aus Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG ab, wonach die Gewährleistung der Selbstverwaltung auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasst. Weiterhin regelt der Art. 93 Abs. 1 und 2 ThürVerf, dass den Kommunen eigene Einnahmequellen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach den §§ 2, 3 ThürKO zur Verfügung stehen müssen. Finanzhoheit meint die Befugnis der Gemeinden eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens zu führen.8 Das beinhaltet sowohl den Besitz und die Verwaltung eigenen Vermögens als auch die Erschließung eigener Einnahmequellen.9 Die Einnahmen der Gemeinden richten sich nach deren Ausgaben. Dieses so genannte Bedarfsdeckungsprinzip10 betrachtet zunächst die notwendigen Ausgaben, die die Kommune zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 2, 3 ThürKO tätigen wird. Der so ermittelte Bedarf ist Maßstab für die Beschaffung der Deckungsmittel in entsprechender Höhe. Die Einnahmebeschaffung unterliegt nach § 54 Abs. 2, 3 ThürKO einer vorgeschriebenen Rangfolge11: In erster Linie soll sich die Gemeinde aus besonderen Entgelten, wie Gebühren und Beiträgen, finanzieren. Als weiteres Deckungsmittel stehen sonstige Einnahmen zur Verfügung. Dazu gehören unter anderem Schlüsselzuweisungen, Zuschüsse, Mieteinnahmen, Bußgelder oder Gewinnbeteiligungen. Nachrangige Einnahmequellen der Kommunen sind Steuern. Erst wenn diese aufgezählten Mittel erschöpft sind, aber weiterhin Finanzbedarf besteht, dürfen Kredite als ultima ratio und im Rahmen des § 63 ThürKO zur Deckung herangezogen werden. Auch Bedarfszuweisungen nach § 24 ThürFAG, also Zahlungen des Landes an die Kommunen zum Ausgleich des defizitären Verwaltungshaushalts, werden erst dann gewährt, wenn die betroffene Kommune ihre eigenen Einnahmequellen in zumutbarem Maße ausgeschöpft hat.12

2.2. Abgabenhoheit der Kommunen

Das Recht der Kommunen Abgaben zu erheben, ergibt sich nicht nur aus Art. 28 Abs. 2 GG. Es wird weiterhin einfachgesetzlich durch § 18 Abs. 2 ThürKO und die §§ 1, 2 ThürKAG konkretisiert. Bei Abgaben handelt es sich um so genannte hoheitliche Einnahmen, also solche, die nur der Staat als Träger öffentlicher Gewalt erheben kann.13 Dazu gehören nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 ThürKAG und des § 1 Abs. 2 AO Steuern, Gebühren, Beiträge und sonstige Abgaben. Nach § 3 Abs. 1 AO sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Anders als bei Beiträgen und Gebühren stehen Steuern folglich keine direkten Gegenleistungen gegenüber.14

2.3. Die Aufwandsteuern

Bei Aufwandsteuern handelt es sich um direkte Gemeindesteuern, die sich anhand der Einkommensverwendung in Bezug auf das Halten von bestimmten Gütern oder ein bestimmtes Verhalten15 bemessen und einen Lenkungszweck verfolgen. Sie tragen ihren Namen, da sie sich am Konsum (Aufwand) als äußerlich erkennbaren Zustand bemessen.16 Weiterhin zählen sie zu den direkten Steuern17, da sie unmittelbar vom Steuerschuldner gezahlt werden.18 Steuern, die aus dem Lenkungszweck heraus erhoben werden, dienen hauptsächlich dazu, gesellschaftlich unerwünschte Zustände zu beeinflussen.19 Hinsichtlich der Erhebung der Aufwandsteuer sowie der Höhe des Steuersatzes haben die Gemeinden eine weitreichende Gestaltungsfreiheit, bei deren Ausübung auch kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielen und die ebenso das Ziel einschließt, mit der Steuererhebung zur Verbesserung des defizitären Gemeindehaushalts beizutragen.20 Würde dieser Fiskalzweck nicht zumindest als Nebenzweck verfolgt werden, würde es an der für Steuern maßgeblichen Zuordnung zum Finanzwesen fehlen.21

2.3.1. Voraussetzungen für die Erhebung der Aufwandsteuern

Die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde berechtigt ist, Aufwandsteuern zu erheben, unterliegen dem kommunalen Steuerfindungsrecht des Art. 105 Abs. 2a GG. Danach haben die Länder die Gesetzgebungsbefugnis über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht landesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Kompetenz hat der Freistaat Thüringen im ThürKAG, genauer im § 5 ThürKAG, auf die Gemeinden übertragen. Gemäß § 2 ThürKAG werden Abgaben weiterhin aufgrund einer Satzung erhoben. Aus diesen drei Regelungen ergeben sich für die Gemeinden somit folgende Voraussetzungen bei der Erhebung von Aufwandsteuern: das Örtlichkeitsgebot, das Gleichartigkeitsverbot, das Verbot des Verstoßes gegen höherrangiges Recht, das Satzungsgebot und die Beachtung der Steuererhebung durch die Landkreise.

Der Tatbestand der „Örtlichkeit“ gilt als erfüllt, wenn der Steuergegenstand lediglich örtlich bestimmbar und die Steuerwirkung unmittelbar auf das Gemeindegebiet beschränkt ist.22 Im Rahmen des Steuerfindungsrechts kann die Gemeinde nur dann eigene Steuerquellen erschließen, wenn der Steuertatbestand nicht mit einer bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig ist.23 Durch ständige Rechtsprechung als nicht gleichartig anerkannt, sind örtliche Aufwandsteuern in Form der Hundesteuer, der Vergnügungssteuer, der Zweitwohnungssteuer und der Jagdsteuer.24 Bei Erhebung der örtlichen Aufwandsteuer ist höherrangiges Recht, das heißt Landes-, Bundes-25 und Europarecht26, zu beachten. Liegt ein Verstoß vor, scheitert die Erhebung. Die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer bedarf nach § 2 Abs. 1 ThürKAG einer Satzung. Diese muss den Anforderungen des § 2 Abs. 2 ThürKAG entsprechen: Inhaltliche Regelungspflicht besteht danach für den Steuerpflichtigen, den Steuergegenstand, den Steuermaßstab und -satz sowie Entstehungszeitpunkt und Fälligkeit der Steuer. Gemäß § 2 Abs. 4 ThürKAG muss die Satzung weiterhin durch die nach § 118 Abs. 1 oder 2 ThürKO zuständige Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt worden und durch öffentliche Bekanntmachung in Kraft getreten27 sein.

Nach § 5 Abs. 2 S. 1 ThürKAG dürfen vorrangig kreisangehörige Gemeinden örtliche Aufwandsteuern erheben. Erst wenn eine Erhebung durch diese selbst nicht erfolgt ist, wird den Landkreisen das diesbezügliche Steuerfindungsrecht eingeräumt. Unproblematisch ist dieses Vorrangprinzip bei den kreisfreien Städten, da sie, wie der Name bereits verrät, keinem Landkreis angehören. Für die Steuererhebung durch die Landkreise und kreisfreien Städte gelten die oben aufgeführten Voraussetzungen des Art. 105 Abs. 2 a GG und der §§ 2, 5 ThürKAG entsprechend.

2.3.2. Bedeutung der Aufwandsteuern für die Kommunen

Örtliche Aufwandsteuern haben, neben ihrer Funktion als Einnahmequelle, noch weitere Bedeutungen für die Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise.

2.3.2.1. Bedeutung als Mittel zum Lenkungszweck

Durch die Erhebung örtlicher Aufwandsteuern und durch die Bestimmung der Höhe der Aufwandsteuersätze haben die Kommunen die Möglichkeit, gesellschaftlich unerwünschte Zustände zu beeinflussen.28 Am Beispiel der Hundesteuer29 wird die Haltung von so genannten „gefährlichen Hunden“ durch die hohe Besteuerung unattraktiv gemacht. Das sorgt zum einen für höhere Einnahmen in der Gemeindekasse, weshalb auch ein Fiskalzweck nicht abzustreiten ist. Zum anderen wird die Haltung dieser Hunde im gesellschaftlich verträglichen Rahmen gehalten, was wiederum der gemeindlichen Aufgabe zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Gefahrenabwehr nach § 2 Abs. 1 OBG zuträglich ist.30 Der umgangssprachlich als „Kampfhundesteuer“ bezeichnete Hundesteuersatz für gefährliche Hunde im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 TierGefSchG darf jedoch nicht so hoch sein, dass er erdrosselnde Wirkung entfaltet und somit einem Verbot der Haltung dieser Tiere gleichkommen würde.31

2.3.2.2. Bedeutung als Ausprägung der Einnahmeautonomie

Nach Art. 105 Abs. 2a GG i. V. m. §§ 2 und 5 ThürKAG liegt das ausschließliche Steuerfindungsrecht für die örtlichen Aufwandsteuern bei den Kommunen. Für die Steuererhebung bedarf es gemäß § 2 Abs. 1 ThürKAG einer Satzung. Damit wird den Gemeinden und kreisfreien Städten die aus dem Selbstverwaltungsrecht des Art. 28 Abs. 2 GG resultierende Rechtsetzungsbefugnis und Einnahmeautonomie eingeräumt, was von erheblicher Relevanz für die kommunale Eigenverantwortung ist.32 Qualitativ handelt es sich bei den örtlichen Aufwandsteuern folglich um die Steuerart, bei der sie den größten Gestaltungsspielraum haben.33 Allerdings verbleibt für die Kommunen nur ein sehr eingeschränkter Bereich der Steuerfindung, da die Masse der Steuerquellen nach Art. 105 und Art. 106 GG Bund und Ländern zugeordnet ist und von diesen auch durch Erhebung ausgeschöpft wird. Die Einführung einer neuen gemeindlichen Steuer darf nur unter den hohen Anforderungen des Gleichartigkeitsverbotes erfolgen: Steuergegenstand und -maßstab dürfen bereits erhobenen Bundes- oder Landessteuern nicht gleichen.34 Weiterhin sind Grundsätze des Bundes wie die Vereinfachung des Steuersystems und die finanz- und ordnungspolitischen Ziele35 bei Erhebung zu beachten. Durch die nahezu umfassende Ausschöpfung der Steuerquellen auf Bundes- und Landesebene sowie die strengen Voraussetzungen, die an die Erhebung neuer örtlicher Aufwandsteuern geknüpft sind, reduziert sich das aus Art. 105 Abs. 2a GG gegebene Recht auf kommunale Steuerfindung und Einnahmeautonomie im Großen und Ganzen auf die bereits erhobenen gemeindlichen Steuern. Allerdings wird so auch das „Aus-dem-Boden-sprießen“ neuer Aufwandsteuern in finanzschwachen Zeiten vermieden, was das Vertrauen der Bürger in ihre Kommunen schmälern würde.

2.3.2.3. Bedeutung als Einnahmequelle

Im Jahr 2012 hatten die Thüringer Kommunen Gesamteinnahmen in Höhe von rund 4,82 Milliarden Euro36. Davon entfallen 1,28 Milliarden Euro37, also 26,5 %38, auf Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Einnahmen sowie 1,32 Milliarden Euro39, somit 27,3 %40, auf allgemeine Finanzzuweisungen vom Land41. Es handelt sich folglich bei den beiden genannten Rubriken um die Haupteinnahmequellen der Thüringer Kommunen. Der Anteil der örtlichen Aufwandsteuern42 an den Gesamteinnahmen der Gemeinden und kreisfreien Städte Thüringens ist verschwindend gering: Die Summe derer betrug im Jahr 2012 rund 12,97 Millionen Euro43. Das entspricht 1,0 %44 der Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Einnahmen und sogar nur ca. 0,3 %45 der Jahresgesamteinnahmen. Aus diesem Grund werden örtliche Aufwandsteuern auch als Bagatellsteuern46 bezeichnet. Abgesehen von der vergleichsweise geringen Einnahmenerzielung, kommt den örtlichen Aufwandsteuern auch ein Vorteil hinsichtlich ihrer Bedeutung als Einnahmequelle zu: Bei daraus resultierenden Steuermehreinnahmen erfolgt keine Anrechnung auf die Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich.47 Im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs kommen die Länder ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung aus Art. 28 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 7 GG nach, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.48 Auf landesrechtlicher Ebene wird diese Pflicht, am Beispiel Thüringens, durch Art. 93 Abs. 1 ThürVerf, § 18 Abs. 3 ThürKO und dem ThürFAG konkretisiert.

Der Kommunale Finanzausgleich erfolgt unter anderem durch allgemeine Zuweisungen des Landes an die Kommunen in Form von so genannten Schlüsselzuweisungen49 nach den §§ 6 bis 15 Thür FAG. Bei deren Berechnung wird differenziert, ob der Finanzbedarf einer kreisangehörigen Gemeinde oder eines Landkreises bzw. einer kreisfreien Stadt ermittelt wird. Wesentlich für alle drei ist aber, die Gegenüberstellung der kommunalen Steuerkraft und des auf die Einwohner bezogenen Finanzbedarfs.50 Um die Steuerkraft zu bestimmen, erfolgt die Berechnung anhand von Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer sowie anhand der Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer.51 Dabei gilt: Je höher die Steuereinnahmen aus diesen Steuern, umso höher ist die Steuerkraft der Kommune. Eine steuerkräftige Kommune kann somit auch ihren eigenen Finanzbedarf besser decken als steuerschwächere Kommunen, womit die Schlüsselzuweisungen vom Land sinken.52 Möchte also eine Kommune ihre Einnahmen erhöhen, hat sie mit Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer nur mäßigen Erfolg, da diese Mehreinnahmen schlüsselzuweisungssenkenden Charakter haben. Erhöht die Gemeinde hingegen ihre örtlichen Aufwandsteuern, so sind die Mehreinnahmen zwar nicht so immens wie bei den eben genannten Steuerarten, jedoch haben sie keinen negativen Einfluss auf die Schlüsselzuweisung. Da die Einnahmen der Kommunen in diesem Bereich gerade von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten abhängen, führen sie zu unterschiedlichen gemeindlichen Finanzausstattungen. Diese dürfen schon wegen ihrer kommunalautonomen Verursachung nicht durch den kommunalen Finanzausgleich eingeebnet werden.53

Am Beispiel der Zweitwohnungssteuern kann sogar argumentiert werden, dass sie indirekt für einen Anstieg der Schlüsselzuweisung sorgt: Erhebt eine Kommune diese Steuer, möchte sie unter anderem erreichen, dass zweitwohnsitzlich gemeldete Einwohner ihren Erstwohnsitz in der Gemeinde oder kreisfreien Stadt einrichten. Erstwohnsitzlich gemeldete Einwohner zählen wiederum, im Gegensatz zu „Zweitwohnsitzlern“, in die Berechnung des Finanzbedarfs für die Schlüsselzuweisung hinein. Weiterhin steht den Gemeinden hinsichtlich der Aufwandsteuererhebung und der Höhe des Steuersatzes Gestaltungsfreiheit zu, bei deren Ausübung kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielen und die auch das Ziel einschließt, mit der Steuererhebung zur Verbesserung des defizitären Gemeindehaushalts beizutragen.54 Dies kommt auch in der Verwaltungsvorschrift des Thüringer Finanzministeriums über die Gewährung von Bedarfszuweisungen nach § 24 ThürFAG55 zum Ausdruck. Danach werden Bedarfszuweisungen zum Ausgleich des defizitären Ver-waltungshaushalts erst dann gewährt, wenn die betroffene Kommune ihre eigenen Einnahmequellen in zumutbarem Maße ausgeschöpft hat.56 Dazu zählen auch die Aufwandsteuern, in Form der explizit genannten Vergnügungs- und Hundesteuer. Beide Abgaben müssen in einer bestimmten Mindesthöhe erhoben werden, um die Bewilligungsvoraussetzungen für die Gewährung einer Bedarfszuweisung zu erfüllen.57 Folglich wird bei der Erhebung von Aufwandsteuern durch die Kommunen ebenso der Fiskalzweck verfolgt, auch wenn dieser aufgrund der vergleichsweise geringen Einnahmen dem Lenkungszweck nachgeordnet ist.

2.4. Die Hundesteuer

Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer, die auf rechtlicher Grundlage des Art. 105 Abs. 2a GG, des Art. 93 Abs. 2 ThürVerf, der §§ 2, 5 ThürKAG sowie der gemeindlichen Hundesteuersatzung erhoben werden kann. Verfassungsrecht und einfachgesetzliche Regelungen räumen den Kommunen somit Ermessen in Bezug auf die Erhebung dieser Steuer ein. Ganz ihrem steuerlichen Charakter entsprechend, steht der Hundesteuer keine direkte Gegenleistung, wie etwa die gemeindliche Entfernung des Hundekots gegenüber.58

Das wesentliche Merkmal der Hundesteuer als örtliche Aufwandsteuer liegt in der Erfassung der Hundehaltung als besonderen Aufwandtatbestand.59 Mit ihrer Erhebung soll der ordnungsrechtliche Zweck verfolgt werden, den aus Haltung eines Hundes resultierenden Belästigungen und Gefahren für die Allgemeinheit entgegenzuwirken, in dem die Anzahl der Hunde in der Gemeinde begrenzt wird.60 Die so motivierte Lenkung potentieller und tatsächlicher Hundebesitzer ist durch die Rechtsprechung gebilligt worden.61 Allerdings darf der Hundesteuersatz nicht derart hoch sein, dass er erdrosselnde Wirkung entfaltet und damit faktisch einem Hundehaltungsverbot gleichkäme.62

2.4.1. Geschichte der Hundesteuer

Die erste nachweisliche Hundesteuer wurde 1796 in England auf Grundlage der so genannten “Dog Bill” erhoben. Dadurch sollte einerseits der wahllosen Vermehrung von Hunden entgegengewirkt werden. Andererseits dienten die daraus entstandenen Einnahmen zur Deckung des englischen Finanzbedarfs, der wegen des Krieges mit Frankreich angestiegen war.63

In Deutschland erging 1809 in Form des „Königlich-württembergischen Rescripts über die Einführung einer Taxe auf die Hunde“ die erste Regelung zur Besteuerung von Hunden.64 Neben der königlichen Einnahmebeschaffung diente sie dem Zweck, die Zahl der Streuner zu verringern. Die königlichen und herrschaftlichen Hunde fielen, ebenso wie Jagdhunde, nicht unter die Taxe.65 Auf diese Staatssteuer folgte bereits 1810 die preußische Hundesteuer, die als Luxussteuer deklariert wurde66 und so berufsmäßig erforderliche Hunde von Gewerbetreibenden und Landwirten nicht erfasste.67 Das Motiv ihrer Erhebung lag in der Tilgung der an den „Kaiser der Franzosen zu entrichtenden Kriegskontribution“.68 Beide Steuern wurden nur einige Jahre nach ihrer Einführung wieder aufgehoben, da sie dem jeweiligen Staat zu geringen Nutzen einbrachten.69 Die Hundesteuer gilt als eine der ältesten Kommunalsteuern in Deutschland.70 Erstmalig als moderne Steuer erhoben, wurde sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts71: Im Jahre 1818 räumte Württemberg seinen Gemeinden die Befugnis ein, eine Taxe auf Hunde zu erheben, die nicht aufgrund von gewerblichen oder sonstigen Lebensverhältnissen für ihre Besitzer unentbehrlich waren. Diese Steuer durfte von der Gemeinde nur dann eingenommen werden, wenn sie der Orts-Armen-Kasse zugeführt wurde.72 Auch Preußen ermächtigte 1829 die Stadt- und 1834 die Landgemeinden zur Erhebung der Hundesteuer auf Grundlage eines Gemeindebeschlusses.73

Das Preußische Kommunalabgabengesetz von 1893 stellte die erste normierte Grundlage für die Erhebung der Hundesteuer auf Landkreis- bzw. Gemeindeebene dar und verfolgte neben der Sicherung kommunaler Einnahmequelle auch gesundheitspolizeiliche Ziele.74 Da weder die Weimarer Republik noch das Dritte Reich Regelungen zur Hundesteuer trafen, wurde diese durch die Gemeinden oft auf Grundlage überkommener Vorschriften erhoben.75 Erst mit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 wurde in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG (seit 1969: Art. 105 Abs. 2 a GG)76 die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder über die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern festgelegt.77 Als Folge dessen entstanden Ländergesetze zur Erhebung dieser Steuerarten, wie das ThürKAG, auf deren Grundlage die Gemeinden seitdem ihre Hundesteuersatzungen erlassen und die daraus resultierenden Steuern einnehmen.78

2.4.2. Erhebung der Hundesteuer in Thüringen

Zur Erhebung berechtigt sind die Gemeinden und kreisfreien Städte. Auf rechtlicher Grundlage des Art. 105 Abs. 2a GG, des Art. 93 Abs. 2 ThürVerf und der §§ 2, 5 ThürKAG liegt es im Ermessen der Thüringer Kommunen, ob diese eine Hundesteuer erheben. Entscheiden diese sich für die Erhebung, bedarf es nach § 2 ThürKAG einer Hundesteuersatzung, die gemäß § 2 Abs. 4 ThürKAG der Zustimmung der jeweiligen Rechtsaufsichtsbehörde bedarf. Die Mindestinhalte einer Hundesteuersatzung sind folgende:

Steuergläubiger (die jeweilige Kommune)

Steuerschuldner (der Hundehalter)

Steuertatbestand (die Hundehaltung eines mehr als drei Monate alten Hundes)

Steuermaßstab (Steuersatz sowie Anzahl der Hunde als Bemessungsgrundlage)

Entstehung und Fälligkeit der Steuer

eventuelle Steuerbefreiungen und/ oder –ermäßigungen.

79

Das Thüringer Innenministerium hat als Orientierungshilfe für die Kommunen ein Satzungsmuster für die Erhebung von Hundesteuern bekannt gemacht.80 Die darin enthaltenen Empfehlungen stellen keine für die Gemeinden verbindlichen Regelungen dar und führen daher nicht zum Ausschluss anderer zulässiger Satzungsfassungen.81

Steuerschuldner ist der Hundehalter. Der Halter eines Hundes ist jedoch nicht in jedem Fall mit dem Eigentümer des Tieres gleichzusetzen. Halter meint denjenigen, der einen Hund im eigenen Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb aufgenommen hat, um ihn seinen Zwecken oder denen des Haushalts bzw. Wirtschaftsbetriebes dienstbar zu machen.82 Als Steuertatbestand wird, je nach Quelle, das Halten eines mehr als drei Monate alten Hundes83 oder auch eines mehr als vier Monate alten Hundes84 angenommen. Der Festlegung des Steuersatzes liegt ein bestimmter Steuermaßstab zugrunde. Steuermaßstab meint die Bestimmung der zahlenmäßigen Größe, mit der der Steuergegenstand für die Zwecke der Ermittlung der Steuerschuldhöhe angesetzt werden soll.85 Der Gesetzgeber hat im Falle der Hundesteuer auf einen individuellen Steuermaßstab verzichtet und nach Einfachheitsgesichtspunkten der Besteuerung einen absoluten Geldbetrag pro Hund als Steuersatz definiert.86 Maßstab für die Ermittlung der Höhe der Steuerschuld ist daher nicht der im Einzelfall mit der Hundehaltung betriebene Aufwand, sondern die Einwohnerzahl der Gemeinde, in der der Hund gehalten wird.87 Werden mehrere Hunde gehalten, so kann für das Zweit- und weitere Tier entweder derselbe Steuersatz wie für den Ersthund oder aber gestaffelte Steuersätze erhoben werden. Eine Staffelung, welche in den Kommunen weitaus häufiger Anwendung findet, muss progressiv erfolgen. Degressive Tarife würden der Bedeutung der Hundesteuer als Aufwandsteuer, bei der die durch die Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners zu beachten ist, zuwiderlaufen.88 Das bedeutet, dass ein Halter, der in der Lage ist, den erhöhten Aufwand für die Unterhaltung mehrerer Hunde zu finanzieren, gleichwohl zum Tragen der erhöhten Steuerlast für den erhöhten Aufwand herangezogen werden kann.

Für die Haltung eines so genannten gefährlichen Hundes können die Kommunen nach eigenem Ermessen ebenso erhöhte Steuersätze festlegen.89 Nach welchen Maßgaben ein Hund als gefährlich gilt, regelt u.a. in Thüringen seit dem 1. September 2011 das ThürTierGefG, speziell dessen § 3 Abs. 2.90 Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine Jahressteuer, bei der das Kalenderjahr den Erhebungszeitraum darstellt. Am 1. Januar jeden Kalenderjahres entsteht die Steuerschuld, wenn an diesem Stichtag der steuerpflichtbegründende Tatbestand erfüllt ist.91 Bei Verwirklichung des Tatbestands an einem anderen Tag im Erhebungszeitraum, gilt dieser Tag als Entstehungszeitpunkt der Steuerpflicht.92 Die Fälligkeit der Steuerschuld tritt einen Monat nach Bekanntgabe des Hundesteuerbescheids ein.93

Steuerbefreiungen und –ermäßigungen werden aus verschiedenen Gründen in den Hundesteuersatzungen eingeräumt: Beispielsweise, wenn der behinderte Hundehalter auf seinen Begleithund angewiesen ist94 oder wenn der Hund zu beruflichen Zwecken gehalten werden muss95. Die Gemeinsamkeit der Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände liegt darin, dass die Hundehaltung für den Halter nachweislich notwendig ist.

2.4.3. Einnahmen aus Hundesteuer in Thüringen

Im Jahr 2013 beliefen sich die thüringenweiten Einnahmen aus Hundesteuer auf 6.815.813 Euro.96 Davon entfielen etwas weniger als ein Drittel der Einnahmen (1.949.216 Euro97) auf die kreisfreien Städte des Freistaats. Im Vergleich zu Einnahmen der Kommunen aus anderen Steuerarten schneidet die Hundesteuer gering ab: So wurden 2013 thüringenweit beispielsweise aus Gewerbesteuer ein Brutto in Höhe von 642.878.603 Euro, aus dem gemeindlichen Anteil der Einkommenssteuer 444.121.939 Euro und aus Grundsteuer B 208.438.515 Euro eingenommen. 98 Wird der Vergleich jedoch zwischen Hundesteuereinnahmen und Einnahmen anderer örtlicher Aufwandsteuern gezogen, so resultiert daraus, auf gesamt Thüringen bezogen, die Hundesteuer als stärkste Einnahmequelle: Aus der Vergnügungssteuer gingen 2013 insgesamt 6.806.923 Euro, aus der Zweitwohnungssteuer 420.474 Euro und aus der Jagd- und Fischereisteuer lediglich 17.629 Euro hervor. 99 Die Hundesteuer ist damit die wohl wichtigste örtliche Aufwandsteuer100. Gemessen an ihrem Aufkommen gilt sie als die größte unter den örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern.101

3 Nutzung der Hundesteuer in den kreisfreien Städten

Im Freistaat Thüringen gibt es sechs kreisfreie Städte: die Landeshauptstadt Erfurt, Jena, Gera, Weimar, Eisenach und Suhl.102 Die Gemeinsamkeiten und grundlegenden Unterschiede zwischen den ausgewählten Kommunen bezüglich der Nutzung der Hundesteuer werden im weiteren Verlauf der Ausarbeitung betrachtet. Doch zunächst bedarf es der Begriffserklärung des Wortes „Nutzung“: Etwas zu nutzen, heißt zum einen von einer bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen. Den Entschluss dazu, die Hundesteuer zu erheben und ihr dahingehendes Entschließungsermessen auszuüben, haben alle kreisfreien Städte Thüringens getroffen. Zum anderen steckt in „Nutzung“ die Bedeutung, etwas in einer bestimmten Weise und zu einem bestimmten Zweck zu verwenden. Daher wird im Laufe der weiteren Ausarbeitung gegenübergestellt, wie sich die Hundesteuersatzungen der kreisfreien Städte voneinander unterscheiden und welche Zielstellungen mit der Hundesteuererhebung verfolgt werden.

3.1. Vergleich der Hundesteuersatzungen der kreisfreien Städte

Die Gegenüberstellung der Hundesteuersatzungen der kreisfreien Städte erfolgt im Hinblick auf deren Mindestinhalte103.

3.1.1. Steuergläubiger, -schuldner104 und Steuertatbestand105

Steuergläubiger, also die Gebietskörperschaft, der die Ertragshoheit bezüglich der Hundesteuer zusteht, ist die jeweilige kreisfreie Stadt. Als Steuerschuldner gilt stets der Halter des Hundes106. Den Steuertatbestand betreffend, regeln alle kreisfreien Städte gleichermaßen, das Halten eines mehr als drei Monate alten Hundes im jeweiligen Stadtgebiet als steuerschuldbegründend. Damit weichen die Kommunen einheitlich von der Orientierungshilfe des § 1 Abs. 1 HStMusterS-TIM107 ab, die erst die Haltung eines über vier Monate alten Hundes als Steuergegenstand vorsieht.

3.1.2. Steuermaßstab108

Die kreisfreien Städte unterscheiden sich nicht nur in Bezug auf die Höhe ihrer Steuersätze für den Erst-, Zweit- und weiteren Hund. Auch von der möglichen Staffelung dieser Sätze hat nicht jede der betrachteten Kommunen Gebrauch gemacht. Weiterhin weichen sie bei ihrem jeweiligen Steuersatz für gefährliche Hunde voneinander ab.

3.1.2.1. Höhe der Regelsteuersätze109

Je bevölkerungsreicher die Kommune ist, umso höher sollten die Hundesteuersätze liegen. Dahinter verbirgt sich der grundlegende Gedanke, dass für die Hundehaltung in größeren Gemeinden ein größerer Aufwand betrieben werden muss.110 Die gesetzgeberische Intention, die Hundesteuersätze nach Gemeindegröße zu staffeln, spiegelt sich auch in dem vom Thüringer Innenministerium 2002 veröffentlichten Satzungsmuster für die Erhebung von Hundesteuern111 wider, in dem folgende Empfehlungen gegeben werden:

Hundesteuersatz in Gemeinden112

bis 20.000 Einwohner:

5,00 bis 40,00 Euro

über 20.000 bis 100.000 Einwohner:

20,00 bis 75,00 Euro

über 100.000 Einwohner:

35,00 bis 100,00 Euro.

Im Rahmen ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts und ihrer Satzungsautonomie obliegt den Kommune die Festlegung des Hundesteuersatzes.113 Die Mustersatzung stellt daher auch keine verbindliche Regelung, sondern lediglich eine Orientierungshilfe für die Gemeinden dar.114 Eine weitere Maßgabe bezüglich der Höhe der Hundesteuersätze folgt aus der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Bedarfszuweisungen nach § 24 ThürFAG115. Benötigt eine kreisfreie Stadt eine Bedarfszuweisung zum Ausgleich ihres defizitären Verwaltungshaushalts, so muss sie zunächst ihre eigenen Einnahmemöglichkeiten in zumutbarem Maße ausgeschöpft haben. In Bezug auf die Hundesteuer ist daher vorgesehen, dass sie mindestens in Höhe der Hälfte des aus Mustersatzung empfohlenen Höchstbetrags erhoben wird.116 Das heißt:

Mindesthundesteuersatz bei Antrag auf Bedarfszuweisung117 in Gemeinden

bis 20.000 Einwohner:

mindestens 20,00 Euro

über 20.000 bis 100.000 Einwohner:

mindestens 37,50 Euro

über 100.000 Einwohner:

mindestens 50,00 Euro.

Die kreisfreien Städte Thüringens haben aktuell folgende Regelhundesteuersätze118 festgelegt:

kreisfreie Stadt

Steuersatz 1. Hund (Stand: 2015) in Euro

Steuersatz 2. Hund (Stand: 2015) in Euro

Steuersatz weiterer Hund (Stand: 2015) in Euro

durchschnittlicher Hundesteuersatz (Stand 2015)

119

in Euro

Verhältnis durchschnittlicher Hundesteuersatz zur EW-Zahl

120

(Bevölkerungsstand 2013

121

, gerundet)

EF

108,00

132,00

156,00

132,00

0,06 Cent/EW

G

96,00

124,80

153,60

124,80

0,13 Cent/EW

J

84,00

96,00

120,00

100,00

0,09 Cent/EW

SHL

72,00

78,00

84,00

78,00

0,22 Cent/EW

WE

60,00

72,00

84,00

72,00

0,11 Cent/EW

EA

84,00

84,00

84,00

84,00

0,20 Cent/EW

Alle kreisfreien Städte haben den Mindesthundesteuersatz erhoben. Rein nach den zahlenmäßigen Werten betrachtet, erhebt die Landeshauptstadt Erfurt mit einem durchschnittlichen Hundesteuersatz von 132,00 Euro die höchsten und Weimar mit einem durchschnittlichen Hundesteuersatz von 72,00 Euro die niedrigsten Hundesteuersätze. Die kreisfreien Städte des Freistaats sind in Bezug auf ihre Bevölkerungshöhe jedoch so unterschiedlich, dass ein realistischer Vergleich der Steuersätze nur im Verhältnis zur jeweiligen Einwohnerzahl möglich ist. Aus dieser Rechnung ergibt sich folgendes Ergebnis: Erfurt mag zwar zahlenmäßig die höchsten Hundesteuersätze haben, setzt man deren Durchschnittswert aber mit den rund 204.000 Einwohnern ins Verhältnis, so erhebt die Landeshauptstadt im Vergleich zu den anderen kreisfreien Städten mit 0,06 Cent pro Einwohner die geringsten Steuersätze. Die zweitgeringsten Sätze hat die rund 107.000 einwohnerstarke Stadt Jena mit 0,09 Cent pro Einwohner. Als die bevölkerungsärmsten kreisfreien Städte im Freistaat erheben Suhl (rund 36.000 Einwohner) mit 0,22 Cent pro Einwohner und Eisenach (rund 42.000 Einwohner) mit 0,20 Cent pro Einwohner die höchsten Steuersätze. Im Mittelfeld der sechs betrachteten Kommunen bewegen sich Gera (rund 95.000 Einwohner) mit 0,13 Cent pro Einwohner und Weimar (rund 63.000 Einwohner) mit 0,11 Cent pro Einwohner.

Gera überschreitet die nach Mustersatzung für Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern angemessenen Höchststeuersatz von 75,00 Euro mit seinem Durchschnittshundesteuersatz von 124,80 Euro um 49,80 Euro. Darauf folgt Erfurt, das mit über 100.000 Einwohnern um 32,00 Euro über dem angemessenen Höchststeuersatz von 100,00 Euro liegt. Eisenach und Suhl haben jeweils mehr als 20.000 und weniger als 100.000 Einwohner. Damit würde für sie laut Mustersatzung ein Höchstsatz in Höhe von 75,00 Euro gelten. Diesen Betrag überschreiten beide: Eisenach um 9,00 Euro und Suhl um 3,00 Euro. Lediglich Jena und Weimar halten sich an die Empfehlungen des Thüringer Innenministeriums, indem Jena mit einem durchschnittlichen Hundesteuersatz von 100,00 Euro am angemessenen Höchststeuersatz für Kommunen mit über 100.000 Einwohnern liegt und Weimar den für die eigene Einwohnergröße angemessenen Höchstsatz sogar um 3,00 Euro unterschreitet.

Es stellt sich die Frage, weshalb sich die kreisfreien Städte bei der Höhe ihrer Hundesteuersätze nicht oder nur zum Teil an den diesbezüglichen Vorgaben der Mustersatzung des Thüringer Innenministeriums orientiert haben. Zunächst führt sie nicht zum Ausschluss anderer zulässiger Satzungsfassungen122, was bedeutet, dass die Kommunen von den Empfehlungen abweichen dürfen. Weiterhin wurde die Mustersatzung im Mai 2002 bekannt gemacht. Seitdem sind mehr als 13 Jahre vergangen und die Kosten für die Haltung eines Hundes gestiegen. Der Anstieg resultiert bereits aus der Mehrwertsteuererhöhung, die ab dem 01.01.2007 den Mehrwertsteuersatz von 16 % auf 19 %123 und damit zugleich die Anschaffungs- und Tierarztkosten für Hunde um 3 % anhob124. Höhere Hundehaltungskosten bedeuten einen höheren Aufwand des Hundehalters und dementsprechend eine höhere Bemessungsgrundlage für die kommunalen Hundesteuersätze. Die Orientierungssteuersätze der Mustersatzung sind demnach keine zeitgemäßen Werte mehr. Weitere Gründe, weshalb die kreisfreien Städte von den Vorgaben des Innenministeriums abgewichen sind, könnten aus dem Fiskalzweck der Hundesteuer resultieren.125

3.1.2.2. Staffelung der Regelhundesteuersätze

Die Mustersatzung des Thüringer Innenministeriums räumt den Kommunen die Möglichkeit der progressiven Staffelung der Regelhundesteuersätze ein. Hiervon machen alle kreisfreien Städte, außer Eisenach, Gebrauch. Eisenach erhebt für den Erst-, Zweit- und weiteren Hund den einheitlichen Steuersatz in Höhe von 84,00 Euro.126 Der Grund dafür liegt in der missbräuchlichen Verwendung des Begriffs „Ersthund“ durch die Eisenacher Hundehalter. Der § 3 der HStSEA eröffnet die Möglichkeit dazu: In den Hundesteuersatzungen der anderen kreisfreien Städte findet sich zur Regelung des Steuerschuldners der Passus „Alle in einem Haushalt […] aufgenommenen Hunden gelten als von ihren Haltern gemeinsam gehalten.“127 Das Fehlen dieses Satzes führte in Eisenach dazu, dass pro Haushalt zwar mehrere Hunde gehalten wurden, jedoch jeder dieser Hunde ein Ersthund je einer anderen Person im Haushalt war.128 Statt dieses Regelungsschlupfloch durch Änderung der Steuerschuldner-Norm zu schließen, entschied sich Eisenach dafür, dem Missbrauch durch Anwendung des durchschnittlichen Hundesteuersatzes auf jeden gehaltenen (nicht gefährlichen, befreiten oder ermäßigten) Hund entgegenzuwirken.129

3.1.2.3. Steuersätze für gefährliche Hunde130

Welche Hunde als so genannte gefährliche Hunde gelten und somit der entsprechenden Sonderbesteuerung unterliegen können, wird in den kreisfreien Städten sehr unterschiedlich geregelt, da es verschiedene Definitionsversuche des „gefährlichen Hundes“ in Gesetz und Rechtsprechung gibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Jahre 2000 entschieden, dass eine Hundesteuersatzung zulässig ist, die als gefährlichen Hund den versteht, bei dem nach seiner besonderen Veranlagung, Erziehung und/ oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder von dem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Weiterhin wird in dem Beschluss eine Rasseliste anerkannt, nach der der Hund unabhängig von seinem Wesen als gefährlich erachtet wird, wenn er einer der aufgezählten Rassen angehört: Bull-Terrier, Pit-Bull-Terrier, Mastino Napolitano, Fila Brasileiro, Bordeaux-Dogge, Mastino Espanol, Staffordshire Bull-Terrier, Dogo Argentino, Römischer Kampfhund, Chinesischer Kampfhund oder Bandog Tosa Inu.131

Am 01.09.2011 trat das ThürTierGefG in Kraft132 und sorgte damit für das Außerkrafttreten der bis dahin geltenden ThürGefHuVO133. Zweck des Gesetzes gemäß § 1 ThürTierGefG ist es, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzubeugen und abzuwehren, die mit dem Halten und Führen von gefährlichen und anderen Tieren verbunden sind. In § 3 Abs. 2 ThürTierGefG erfolgt zunächst unter Nr. 1 eine Auflistung gefährlicher Hunde nach Rassen134, unter Nr. 2 die Definition eines gefährlichen Hundes entsprechend seines Verhaltens. Das Gesetz und diese Regelung entstanden als politische Reaktion auf die teilweise tödlichen Angriffe von Kampfhunden auf Menschen in Thüringen im Jahre 2010.135 Die pauschale Kategorisierung eines Hundes als gefährlich aufgrund seiner Rasse ist höchst umstritten. Statistisch gesehen ist ein Angriff von Hunden, die nicht unter die in § 3 Abs. 2 Nr. 1 ThürTierGefG fallen, genauso hoch bei Fehlhaltung, -umgang oder -verhalten des Menschen.136 Aus diesem Grund soll das Gesetz noch in der 6. Wahlperiode des Thüringer Landtags novelliert werden.137 Unter den kreisfreien Städten wendet Suhl den § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2. ThürTierGefG an. Gera verzichtet auf dessen Rasseliste und definiert gefährliche Hunde nach deren Verhalten gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 ThürTierGefG. Eisenach mischt die Begriffsbestimmungen aus Rechtsprechung und Landesgesetz, indem es die Rasseliste des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ThürTierGefG sowie Wesens-Definition des Bundesverwaltungsgerichts nebeneinander anwendet. Erfurt und Jena schließen sich in ihren Hundesteuersatzungen der Rechtsprechung an, wobei Erfurt auf die Rasseliste verzichtet, und zitieren mangels Aktualisierung ihrer Satzung noch die außerkraftgetretene ThürGefHuVO an. Da im Stadtgebiet Weimar keine Sonderbesteuerung gefährlicher Hunde existiert138, bedarf es auch keiner entsprechenden Begriffsbestimmung.

Die Höhe des Steuersatzes, der für gefährliche Hunde erhoben werden darf, unterliegt einem weiten Ermessensspielraum der Kommunen. Die Mustersatzung des Thüringer Innenministeriums gibt im Jahre 2002 auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts139 zulässige Sätze von bis zu 613,55 Euro als unverbindliche Empfehlung vor.140