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Der kleine Benjamin stirbt. Anders als seine Eltern und seine Schwester ist er nicht traurig. Im Gegenteil, jetzt kann er endlich im Weltall die Sterne und Planeten besuchen, von denen ihm seine Mutter abends im Bett so oft vorgelesen hat. Schnell trifft er einen Beschützer, der sich dort oben bestens auskennt und aussieht wie sein Teddy. Gemeinsam erkunden sie Welten, von denen Benjamin geträumt hat, Welten, in denen es um Neugier, Fantasie, Bücher und Schreiben geht. In einer dieser Welten lernt er Alina kennen, die ein Kind ist wie er, und doch so viel älter. Er muss sie zurücklassen, weitere Welten und Wesen warten auf ihn, auch ein grauer Planet, auf dem alles Wissen der Menschheit niedergeschrieben ist. Wunder der Literatur und Einkaufszettel. Doch irgendwann bekommt er Sehnsucht, er möchte zurück. Zurück zu seinen Eltern und Tanja, seiner Schwester. Weiß sein Beschützer, der große Teddy, eine Lösung? Sie reisen zum Planeten der Weisen Wesen, dort versprechen sie sich eine Antwort auf Benjamins Sehnsucht.
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Für Emmi Haase
Benjamins wundersame Reise begann mit seinem Tod. Er sah, wie seine Urne in den kalten Boden glitt und hörte das Schluchzen seiner Eltern und seiner älteren Schwester, Tanja. Sie brauchen doch gar nicht weinen, dachte Benjamin, als er zum blauen Himmel aufstieg, ich komme doch bald wieder. Aber jetzt wollte er endlich die funkelnden Sterne kennenlernen, von denen ihm seine Mutter abends im Bett oft vorgelesen hatte.
Als erstes flog er zum Mond. Den hatte er schon so oft durch das Fenster seines Kinderzimmers gesehen, da wollte er schon lange mal hin. Außerdem war es nicht so weit. Einmal mit der Seele flattern, ruck, zuck, war Benjamin beim Mond, umflog ihn einmal und besah sich die Oberfläche. Aber hier war nichts los, grau und öde. Kein Mann im Mond und kein Peterchen. Nur ein altes Auto und eine Flagge, die nicht flatterte. Sonst nichts. Benjamin hatte keine Lust, seine Zeit hier zu vertrödeln und flog weiter zum Mars. Seine Mutter hatte ihm erzählt, der sei so rötlich, weil er aus Karamell bestehe. Und deshalb landete Benjamin ganz, ganz vorsichtig, damit er nicht in der süßen Masse versank. Aber es staubte, als er seinen Fuß aufsetzte. Kein Karamell, kein Zucker, nur Staub und Sand und jede Menge Felsen. Dann hörte er ein leises Geräusch, ein Surren. Es kam von links und gleichzeitig von rechts, aber Benjamin sah nichts. Er erschrak heftig, als etwas an seine Füße stieß. Es waren zwei kleine Autos, mit vielen Rädern und Antennen. „Wer seid ihr beiden, was macht ihr denn auf dem Mars?“
„Och, wir sind schon eine ganze Weile hier“, sagte der rechte, „wir sind Vagabunden. Ich bin der Kuriose“, strahlte er. „Und ich die Gelegenheit“, freute sich der andere.
„Die Gelegenheit? Was für eine Gelegenheit denn?“, wunderte sich Benjamin.
„Na, die Gelegenheit, hier alles zu entdecken. Wir erforschen den Mars und schicken all unser Wissen an die Erde.“
„Kommt ihr denn auch irgendwann zurück?“
„Nö, wir bleiben hier“, grinsten die beiden.
„Da unten hätten wir als Mars-Rückkehrer sowieso keine ruhige Minute mehr. Aber hier können wir den ganzen Tag fahren, wohin wir wollen und im Dreck wühlen. Bleibst du auch hier?“
„Nein, ich will mir noch das ganze Universum ansehen“, strahlte Benjamin, „und deshalb muss ich jetzt weiter. Macht’s gut, ihr beiden!“ Dann stieß er sich ab und nahm Kurs auf das All. Er wollte zum Saturn. Wenn er auf dem Mars schon kein Karamell bekommen hatte, wollte er wenigstens dort etwas naschen. Die Ringe des Saturn sind aus Eis, hatte seine Mutter gesagt.
Welche Richtung er zum Saturn fliegen musste, wusste er nicht. Aber das war auch völlig egal, weil es im All so dunkel war, dass er sowieso nichts sehen konnte. Irgendwann würden die Ringe schon auftauchen.
Benjamin flog hinaus ins Schwarze, zwischen den Millionen und Milliarden Sternen hindurch. Und weil es so unglaublich viele waren, war es auch gar nicht mehr so dunkel, die Sterne funkelten und glitzerten um die Wette. Ab und zu zischten kleine Gesteinsbrocken an ihm vorbei. Benjamin kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Zwei unglaublich helle Punkte vor ihm stachen durch ihr gleißendes Licht von den anderen Sternen hervor, und es schien Benjamin, als würden sie sehr schnell näherkommen. Flog er wirklich wie ein Blitz auf sie zu? Oder bewegten sie sich auch zu ihm hin, nur noch viel schneller als er? Benjamin hielt auf die beiden Punkte zu, und es war ihm, als wären diese Punkte ein paar unbeschreiblich helle Augen, die ihn ansahen und immer näherkamen. Benjamin konnte seinen Blick nicht von ihnen lassen, sie zogen ihn magisch an, es war, als müsste er sie treffen, in sie eintauchen, in diese beiden hellen und gleißenden Augen. Benjamin und die Augen kamen sich immer näher, mit einer unglaublichen Geschwindigkeit, so schnell, dass die Sterne links und rechts von ihm wie weiße langgezogene Streifen aussahen.
„Ja, bald ist es so weit“, freute sich Benjamin auf den Moment, in dem er mit den beiden Augen zusammenprallen und in ihnen aufgehen würde. Dann wäre er für alle Zukunft ein Teil des Lichts, dieser Augen, die für immer durchs Weltall rasen würden, ohne Ende und ohne Zeit. Gleich, in nur wenigen Sekunden würde es so weit sein, die Augen waren schon so groß vor Benjamin, dass er außer diesem hellem, diesem weißen Licht nichts anderes mehr sehen konnte, keine Sterne, keine Dunkelheit, nichts, gar nichts. Und jetzt, in diesem Moment würde er endlich Teil dieses Lichtes werden. Benjamin schloss die Augen und lächelte. Er würde für immer Frieden spüren.
Plötzlich riss ihn eine Faust am Kragen nach oben in das dunkle Universum.
„Bist du bescheuert? Was machst du da?“
Völlig benommen sah sich Benjamin nach der Stimme um. Da war kein Licht mehr, nur noch tiefschwarze Dunkelheit, Benjamin wusste überhaupt nicht, wo er war. Und schon gar nicht, wer da mit ihm sprach. Er drehte die Augen nach oben und sah in die Finsternis.
„Das hätte schiefgehen können, du Idiot! Hast du sie nicht mehr alle?!“
Benjamin schaute in Richtung der Stimme. Er sah aber nichts, seine Augen waren noch von dem gleißenden Licht geblendet.
„Wer bist du, und warum hast du das getan?“, fragte er unsicher in die Dunkelheit. „Ich habe mich doch so auf das Licht gefreut.“
„Klar, die Masche zieht immer, das haben die beiden drauf. Ach, und übrigens könntest du dich mal bei mir bedanken, falls du im Moment so gar nichts anderes vorhast. Ich hab’ nämlich gerade dein Leben gerettet, junger Freund.“
„Mein Leben gerettet? Ich bin doch vor kurzem erst gestorben. Außerdem wäre ich doch auf alle Ewigkeit in dem Licht durchs Universum gejagt.“
„Ich sag’s ja, das haben die beiden drauf. Junge, was du da eben für die Ewigkeit gehalten hast, war ein Hypnotischer Zwillingskomet, und zwar der übelste seiner Gattung. Der hätte dich geschluckt, kurz zu Sternenstaub verdaut und das war’s! Nix mit Ewigkeit und dem ganzen Käse.“
Benjamin war völlig verwirrt. Aber seine Augen hatten sich wieder an das Dunkel des Universums gewöhnt. Er blinzelte und schüttelte den Kopf. Denn über sich sah er seinen Teddy, den er so geliebt hatte, mit braunem Fell, einem runden dicken Bauch, zwei Pfoten und zwei Tatzen, einer dicken Nase, zwei puscheligen Ohren und einem ungeheuer lieben Grinsen unter der dicken Bärennase. Benjamin strahlte über beide Backen.
„Teddy, wie kommst du denn hierher, mitten ins Weltall?“, freute er sich.
„Äh, ich glaube, ich muss dir was erklären“, brummte der Teddy und blickte verlegen nach unten. „Ich bin nicht wirklich dein Teddy, ich meine, ich sehe nur so aus. Weißt du, hier oben schwirren eine ganze Menge Seelen und Wesen herum, und ich sehe immer so aus, wie sie mich sehen möchten, verstehst du? Also, für dich, in deinem Alter, bin ich dein Teddy, okay?“
Benjamin überlegte und nickte. „Also, wenn ich älter wäre, so etwa zwanzig Jahre alt, dann sähst du nicht mehr aus wie mein Teddy?“
„Nein, dann sähe ich wahrscheinlich aus wie eine dralle Blondine, mit langen Haaren, herrlich geschwungenen Hüften und zwei großen prallen ... Es sei denn“, räusperte er sich, „du würdest dich nicht für Frauen interessieren, dann sähe ich aus wie – ach lassen wir das“, sagte er und machte mit seiner großen Pfote eine wegwerfende Geste.
Benjamin überlegte kurz. „Und wenn ich ein richtig alter Mann wäre, so wie mein Vater, der ist bestimmt schon Vierzig, wie sähest du dann aus?“
Der Teddy seufzte und verdrehte die Augen. „Dann sähe ich wahrscheinlich aus wie, wie... ein knallroter Ferrari“, lachte er, „oder wieder wie eine dralle Blondine oder wie eine kalte Flasche Bier mit einer Frikadelle oder wie...“
„Ist gut, ich habe verstanden“, unterbrach ihn Benjamin nachdenklich. „Aber wer bist du denn tatsächlich, wenn du nicht gerade wie mein Teddy oder wie eine Frikadelle aussiehst?“
„Ach, eigentlich niemand, weißt du“, lächelte er unsicher, „ich passe hier nur etwas auf, zum Beispiel auf Leute, die einen Hypnotischen Zwillingskometen für die Ewigkeit halten, verstehst du?“, sagte er und zwinkerte Benjamin mit einem seiner Knopfaugen lächelnd zu.
„Verstehe“, sagte Benjamin, „so eine Art galaktischer Hausmeister.“
Der große Teddy zog tief die Luft ein und war sichtlich verärgert. „Kann man so sagen. Muss man aber nicht.“
„Sei nicht sauer, Teddy. Was gibt es denn hier oben sonst noch außer Milliarden Sternen und Hypnotische Zwillingskometen? Und Schrott auf dem Mond?“
„Oh, hier oben ist jede Menge los, und was es so gibt, hängt davon ab, wo du hinwillst“, lächelte der Bär. „Was war denn dein nächstes Ziel?“
„Der Saturn, ich wollte zum Saturn, weil da die Ringe aus ...“
„...Eis sind“, unterbrach ihn sein Teddy seufzend, „ich kenne diese Geschichte, immer derselbe Käse. Nein, die Ringe sind nicht aus Eis, sie sind aus Staub, Steinen, Kometenresten und, ja gut, auch etwas Eis, aber das Zeug schmeckt wie hunderttausende Jahre alte gefrorene Kamelpisse. Oh, entschuldige, mein junger Freund“, wand sich der Bär verlegen, „ist mir nur so rausgerutscht. Und das Einzige, was dich dort tatsächlich erwartet, sind die Saturnischen Ringratten, fiese, übelriechende Gesellen, muss man nicht kennen. Die ernähren sich von den Eisbrocken. Und von Reisenden, falls zufällig jemand vorbeikommt.“
Benjamin ließ enttäuscht den Kopf hängen. „Ich hatte mich doch so aufs Universum gefreut, ich wollte doch so viel sehen und so viel Spaß haben.“
Der Bär kam näher zu ihm und streichelte ihn mit seiner plüschigen Pfote über die Haare, die im Licht der Sterne schimmerten.
„Das sollst du auch, mein junger Freund, ganz bestimmt“, murmelte er. „Du kommst mit mir, und ich zeige dir einige Ecken im Universum, die kennt auf der Erde keine S..., äh, kein Mensch!“