Bergkristall - Folge 287 - Christina Heiden - E-Book

Bergkristall - Folge 287 E-Book

Christina Heiden

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Beschreibung

Aufgeregt liest Peter die Zeitungsanzeige, die ihm förmlich ins Auge gesprungen ist:
"Österreichischer Alpenverein sucht jungen Mann mit Ehrgeiz, Mut und Liebe zu den Bergen. Bieten Tätigkeit als Hüttenwirt mit interessantem Aufgabengebiet und entsprechender Bezahlung."


Peter legt die Zeitung beiseite. Das ist genau die Chance, von der er immer geträumt hat. Das Leben und Arbeiten in der Stadt gefällt ihm schon lange nicht mehr. Die Hektik, der Lärm, die Menschen - er ist es leid. Aber andererseits geht er auch ein hohes Risiko ein, wenn er alles aufgibt ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Ruf der Berge – Ruf des Herzens

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag/von Sarosdy

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4743-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ruf der Berge – Ruf des Herzens

Er erfüllte sich seinen Lebenstraum und fand dabei die große Liebe

Von Christina Heiden

Aufgeregt liest Peter die Zeitungsanzeige, die ihm förmlich ins Auge gesprungen ist:

Österreichischer Alpenverein sucht jungen Mann mit Ehrgeiz, Mut und Liebe zu den Bergen. Bieten Tätigkeit als Hüttenwirt mit interessantem Aufgabengebiet und entsprechender Bezahlung.

Peter legt die Zeitung beiseite. Das ist genau die Chance, von der er immer geträumt hat. Das Leben und Arbeiten in der Stadt gefällt ihm schon lange nicht mehr. Die Hektik, der Lärm, die Menschen – er ist es leid. Aber andererseits geht er auch ein hohes Risiko ein, wenn er alles aufgibt …

Das tiefe Grün der weiten Bergwiesen zeigte, dass der Sommer vor der Tür stand. Die frische, würzige Luft wurde heute von einer milden Sonne erwärmt. Ein Geländewagen fuhr in flottem Tempo die kurvenreiche Straße zum Sporthotel „Kugler“ hinauf.

Der Mann auf dem Beifahrersitz bedachte die junge Frau am Steuer mit einem missbilligenden Blick.

„Fahr doch net so schnell“, verlangte er mürrisch.

„Der Tacho zeigt net mal fünfzig, Vater“, erwiderte die junge Frau ungerührt. „Gemütlicher geht’s nimmer.“

„Dass du auch immer alles besser weißt.“ Heinz Kugler strich sich über das immer noch sehr dichte, leicht gewellte graue Haar. Mit seinen sechzig Jahren sah er noch recht gut aus, trotz der kleinen Narbe auf der linken Wange.

Kugler behauptete stets und ohne mit der Wimper zu zucken, dass sie aus der Zeit herrühre, als er noch einer schlagenden Verbindung angehörte. Das machte ihn, so fand er, interessanter.

Dass er mit dieser Einschätzung gar nicht so falsch lag, zeigten die erstaunten Ausrufe von Damen jeglichen Alters, denen er mit solchen Erklärungen zweifellos imponierte. Und wenn Heinz Kugler sein Publikum hatte, lief er mit ausführlichen Schilderungen über das Leben in einer schlagenden Studentenverbindung stets zu großer Form auf.

In Wahrheit hatte er sich vor ungefähr dreißig Jahren mit einem rabiaten Venezolaner im Hafen von La Guaira geprügelt. Der Lump hatte, als er schon besiegt am Boden lag, in letzter Sekunde noch ein Messer gezückt, um den Kampf doch noch zu seinen Gunsten zu entscheiden. Das war ihm zwar nicht gelungen, aber seit dieser Zeit schmückte die kleine Narbe das kantige Gesicht des Hoteliers.

Annemarie Kugler nahm jetzt die Einfahrt zum Parkplatz so schwungvoll, dass ihr Vater unwillig das Gesicht verzog.

„So, da wären wir“, verkündete sie fröhlich.

Heinz Kugler stieg aus. Er war relativ klein, recht korpulent, aber auch nicht dick. Seine Tochter überragte ihn um einen halben Kopf. Das erfüllte ihn mit Stolz, weil sie ein so prachtvoll gewachsenes Madel war. In ihrem Tiroler Dirndl, das ihre tadellose Figur sehr vorteilhaft betonte, sah sie bezaubernd aus. Aber es ärgerte ihren Vater schon, dass er zu ihr aufschauen musste. Das konnte er partout bei keiner Frau leiden.

Und wenn sie dann auch noch hohe Absätze trug, beschlich ihn manchmal das unangenehme Gefühl von Unterlegenheit. Das allerdings machte er dann mit einem besonders autoritären, mitunter fast rüden Ton wieder wett.

Zufrieden betrachtete er nun das prächtige Sporthotel „Kugler“, das erst vor drei Jahren vollkommen renoviert worden war.

Der weiße vierstöckige Bau mit seinem roten Ziegeldach thronte geradezu beherrschend und majestätisch über dem Ort Flirsch. Üppiger Blumenschmuck prangte an den Holzbalkonen. Das ganze Haus strahlte gediegene Gastlichkeit aus und machte einen überaus einladenden Eindruck. Dennoch war es um diese Jahreszeit, sehr zum Ärger des Hoteliers, nicht ausgebucht.

„Ich hab mich doch auch deswegen so beeilt, weil du mit deinem Freund verabredet bist“, entschuldigte Annemarie ihren Fahrstil im Nachhinein. „Dir kann man es auch nie recht machen.“

Heinz Kugler gab seiner Tochter keine Antwort. Er ging auf den Haupteingang zu. Die wenigen Stufen, die hinaufführten, nahm er so schwungvoll, als wolle er sich selbst beweisen, dass er noch fit war.

Doch der Beweis misslang. Der Hotelier begann sofort zu schnaufen, was ihm von seiner Tochter den üblichen Tadel eintrug: „Du sollst dich doch net anstrengen, Papa! Vergiss net die Ratschläge der Ärzte.“

Genau davon wollte Kugler nichts hören. Dass er zuckerkrank war und bereits mit drei Bypässen lebte, verdrängte er, so gut er konnte. Meistens gelang ihm das auch.

„Hör auf, mich zu maßregeln. Das steht dir net zu. Geh lieber an deine Arbeit. Davon gibt’s genug.“

Annemarie schluckte hinunter, was sie hatte sagen wollen. Meistens zog sie doch den Kürzeren. Hin und wieder hörte der Vater sich zwar mit freundlich-interessiertem Gesichtsausdruck auch die Argumente seiner Tochter an, aber nur, um dann umso fester und unerbittlich seine eigenen Positionen zu vertreten, die dann natürlich auch maßgebend waren.

Hochaufgerichtet ging Annemarie davon. Auf diese Weise wenigstens brachte sie ihren Trotz zum Ausdruck, doch der Hotelier hatte den Blick schon abgewandt. Er ging gleich in die rustikal eingerichtete Bar, wo Franz Xaver, sein langjähriger Freund, bereits auf ihn wartete.

Die beiden Männer begrüßten sich mit einem kräftigen Handschlag.

„Und dein Töchterlein?“, wollte Franz Xaver wissen. Es klang, als sei er sehr enttäuscht. So aufmerksam er auch herumschaute, von Annemarie war nichts zu sehen.

„Die kommt später“, erklärte Kugler und ließ sich von dem Barmann ein Mineralwasser servieren. „Erst reden wir – unter Männern.“

***

Eigentlich hatte Peter Bergmoser alles, was sich ein junger Aufsteiger nur wünschen konnte: Einen Traumjob, mit dem er eine Menge Geld verdiente, ein komfortables Apartment, todschick eingerichtet, viele Freunde und Bekannte, die ihn ständig zu allen möglichen Freizeitvergnügungen animierten. Und dennoch, so rundum glücklich und zufrieden war er nicht. Die Stadt mit ihrem Lärm, ihrem Gestank, ihrer hektischen Betriebsamkeit nervte ihn.

Heute war wieder einmal so ein Tag, an dem er München am liebsten sofort den Rücken gekehrt hätte. Aber natürlich bezwang er seinen sehnsüchtigen Wunsch. Morgen früh musste er wieder am Arbeitsplatz sein, wenn er keinen Rausschmiss riskieren wollte.

Seit zwei Jahren arbeitete er als gutbezahlter Informatiker in der Entwicklungsabteilung eines führenden Elektrokonzerns. Und wenn er auch weiterhin so wie bisher den Chefs seine Fähigkeiten bewies, würde er bald wieder ein Stück auf der Karriereleiter hochklettern können.

Aber heute erschien ihm diese Aussicht wenig verlockend. Er verstand seine Missstimmung selbst nicht. Was fehlte ihm denn noch?

Die Traumfrau, würden einige seiner Freunde behaupten. Vielleicht hatten sie sogar recht damit. Seit seiner letzten Affäre mit einer jungen Anwältin lebte er wieder als Single. Aber eigentlich war es gar nicht das, was ihm jetzt Kopfschmerzen bereitete.

Im Gegenteil, er genoss es geradezu, endlich wieder das zu tun, was ihm gefiel, ohne sich vorher mit jemandem einigen zu müssen. Marion hatte zum Beispiel immer darauf bestanden, „auszudiskutieren“, ob man ins Kino ging oder besser ins Café. Das hatte ihn häufig schrecklich genervt.

Selbst in ihrer Gesellschaft hatte ihn oft das quälende Gefühl innerer Leere überfallen. Aber woran es gelegen hatte, wusste er auch nicht zu sagen. So tief wollte er gar nicht in sich hineinschauen.

Wenn es in der Firma mal wieder besonders stressig war, dann sehnte sich der Zweiunddreißigjährige nach der tiefen Stille der Bergwelt, von deren majestätischer Schönheit er schon als Junge fasziniert gewesen war.

War es das, was ihm hier in der Großstadt fehlte? Die erfüllte Stille der Berge im Gegensatz zum nichtssagenden Lärm der Großstadt? Eine Weile dachte er über diese Frage nach und verneinte sie schließlich zögernd.

Er hatte sich doch aus freien Stücken für seinen Beruf entschieden. Rasch und zielstrebig hatte er sein Studium absolviert, hatte alles vermieden, was ihn gebremst hätte, und war dann aufgrund hervorragender Studienerfolge sofort nach dem Diplom bei seiner jetzigen Firma gelandet. Andere Studienkollegen hatten viel länger gebraucht, um irgendwo unterzukommen.

Nein, es gab keinen ersichtlichen Grund, sich über sein Leben zu beklagen. Und dennoch musste er immer öfter gegen dieses dumpf bohrende Unbehagen ankämpfen.

Nachdem er mit einigen Freunden telefoniert und erfahren hatte, dass heute bei einem Spezi eine Party stattfand, überlegte er lange, ob er hingehen sollte und entschied sich dann, zu Hause zu bleiben. Ein Stapel Zeitungen wartete noch darauf, wenigstens durchgeblättert zu werden.

Eine ganze Weile schon war er damit beschäftigt, als ihm eine Anzeige in die Augen sprang.

Du bist ja verrückt, schoss es ihm durch den Kopf. Das ist deine Chance, jubelte eine andere Stimme in ihm.

Der Österreichische Alpenverein suchte einen naturliebenden, jüngeren Mann, der bereit war, die Auffingerhütte am Lichtsee zu bewirtschaften.

Die Auffingerhütte! Peter kannte sie gut. Einige Male schon war er dort gewesen. Die Hütte, keine kleine Hütte, sondern eine richtig große Alpenvereins-Unterkunft, stand inmitten eines herrlichen Naturschutzgebietes in ungefähr eintausendachthundert Metern Höhe. Vor der Hütte breitete sich wie ein grün leuchtendes Juwel der Lichtsee aus.

Immer wieder hatte Peter Bergmoser dort dieses wundervolle Gefühl von grenzenloser Freiheit gehabt, an das er so oft mit großer Sehnsucht zurückdachte und das ihm, wie er sich jetzt eingestand, die Großstadt mehr und mehr verleidete.

Energisch klappte er die Zeitung zusammen und legte sie beiseite, um die nächste aufzuschlagen. Doch plötzlich hielt es ihn nicht mehr in seinen vier Wänden. Er beschloss, doch noch zur Party zu gehen, um sich von seinem inneren Aufruhr abzulenken.

Der Abend war wie viele andere auch. Alle waren laut und lustig, es wurde getrunken und gescherzt. Als er nach Hause fuhr, war Mitternacht längst vorbei. Er legte sich gleich ins Bett und schlief umgehend ein.

Am nächsten Morgen stand er wie gewöhnlich auf, bereitete sich sein Frühstück und griff dann wieder zu der Zeitung mit besagter Anzeige. Kurz entschlossen entwarf er am Computer ein Bewerbungsschreiben. Nach eineinhalb Stunden war er mit dem Text zufrieden, druckte ihn aus und steckte die beiden Blätter in einen Umschlag.

Er war fest davon überzeugt, niemals etwas vom Österreichischen Alpenverein zu hören. Er war ja kein gelernter Gastwirt, hatte auch keine Erfahrung im Gastgewerbe vorzuweisen, sondern war ein Computerfachmann mit akademischem Abschluss, also weit überqualifiziert für die Aufgaben eines Hüttenwirts. Dennoch verließ er an diesem schönen Sonntagmorgen das Haus und warf den Umschlag in den nächsten Briefkasten.

***

Am Sonntagnachmittag tauchte Franz Xaver Redlich wieder im Sporthotel „Kugler“ auf, um mit seinem Freund Heinz die Unterredung unter vier Augen fortzusetzen. Die beiden Männer saßen im Büro des Hoteliers und gingen die Bilanzen durch. Hin und wieder stellte Franz Xaver eine Frage, die Kugler wort- und gestenreich beantwortete.

„Also gut“, meinte Weinhändler Redlich schließlich. „Ich investiere zwei Millionen Euro in deinen Laden.“

„Du wirst es net bereuen“, versicherte Heinz Kugler.

„Hast du schon mit Annemarie gesprochen?“

„Ich bin dabei, sie vorzubereiten. Ich kann sie zwar beeinflussen, aber zu nix zwingen. Das Jawort musst du dir schon selbst von ihr holen.“

Der Weinhändler strich sich über seine große rote Nase.

„Wenn sie mich nimmt, hat sie ausgesorgt. Das jedenfalls könntest du durchblicken lassen, wenn du mit ihr redest. Ich möcht net unbedingt auf mein Geld hinweisen, wenn ich ihr den Antrag mach, sonst hält sie mich für einen Angeber.“

„Die Annemarie ist ein kluges Kind, die merkt schon, ob einer lügt oder nicht.“ Kugler seufzte. „Leider ist sie manchmal etwas dickköpfig. Ich weiß net, von wem sie das hat.“

„Von wem wohl?“ Franz Xaver grinste breit. Seine Zähne waren noch in bemerkenswert tadellosem Zustand. Aber das war auch das einzig Positive, was man von seinem Äußeren sagen konnte.

Die beiden Männer waren gleichaltrig, doch Heinz Kugler war wesentlich attraktiver. Er hatte eben eine besondere Ausstrahlung, während Franz Xaver wenig anziehend war. Traurige Tränensäcke hingen schwer unter seinen kleinen Augen. Die Lippen waren spröde und rissig, die rote Nase ein wenig zu groß.

Obwohl ein harter, manchmal sogar erbarmungsloser Geschäftsmann, konnte Redlich gelegentlich auch sehr großzügig sein, wie Heinz Kugler schon einige Male erfahren hatte. Wenn einmal Not am Mann war, das wusste Heinz, konnte er sich felsenfest auf seinen Freund Franz Xaver verlassen.

„Von deiner Annemarie lass ich mich gern um den Finger wickeln. Sie ist wirklich ein hübsches Madel. Hoffentlich bin ich ihr net zu alt. Ich könnt ja ihr Vater sein!“

„Sechzig Jahre, was ist das schon für einen Mann? Außerdem zählen die Jahre nicht. Du weißt doch, man ist so jung, wie man sich fühlt.“

Franz Xaver verschwieg, dass er sich eigentlich auch wie ein Sechzigjähriger fühlte. Die Frauen blickten ihm nicht nach, das war früher schon nicht so gewesen und jetzt erst recht nicht. Nur wenn eine wusste, dass Redlich reich war, dann schaute so manche ihn begehrlich an. Das wollte ihm allerdings überhaupt nicht gefallen.

„Dem Madel hat die Mutter gefehlt. Wenn Elisabeth noch lebte, wäre gewiss manches ganz anders verlaufen.“

Kuglers Frau war schon vorfünfzehn Jahren an Krebs gestorben. Die damals zwölfjährige Tochter hatte sehr lange unter diesem Verlust gelitten.

„Warum hast du eigentlich nie wieder geheiratet?“