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Beschreibung

"Have you eaten yet?" – "Hast du schon etwas gegessen?" Das Thema Essen beschäftigt uns jeden Tag und so ist es kein Wunder, dass die Zahl an Kochbüchern und Ratgebern zu gesunden Nahrungsmitteln, zu Diäten, zu nachhaltiger Ernährung kaum noch zu überblicken ist. Aus einer rassismuskritischen und diasporischen Perspektive auf das Thema Essen zu schauen, macht Fragen von Zugehörigkeit, Diskriminierung und Identität nah- und greifbar, die sonst meist auf einer eher intellektuellen Ebene verhandelt werden. Welche Begehren und Wünsche beispielsweise drücken wir darüber aus, was wir (nicht) essen? Welche (anti-)kolonialen Spuren lassen sich in unterschiedlichen Getränken, Speisen, Nahrungsmitteln, in Ess- und Trinkgewohnheiten nachzeichnen? Wie hängen Klasse und Essen miteinander zusammen? Kann Essen, kann Kochen widerständig oder politisch sein? Gedichte, Kurzprosa, Essays, autobiografische Reflexionen, wissenschaftliche Analysen, szenische Texte – so vielfältig wie die Fragen sind auch die Zugänge, die die Autorinnen* wählen, um vermeintliche Eindeutigkeiten infrage zu stellen, um nationale und kulturelle Zuschreibungen neu auszuhandeln, um Verbindungen zwischen der (post-)kolonialen Vergangenheit und dem Jetzt zu ziehen, zwischen dem Persönlichen und dem Politischen.

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Seitenzahl: 130

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Band 4 der Reihe ›resistance & desire‹,

herausgegeben vom bildungsLab*

Das bildungsLab* setzt sich zusammen aus migrantischen Akademikerinnen* und Akademikerinnen* of Color, die im pädagogisch-kulturellen Raum tätig sind. Sie vermitteln und produzieren Theorie, diskutieren pädagogische und künstlerische Vorstellungen, Konzepte und Paradigmen. Sie kommentieren, intervenieren und publizieren im Feld der rassismus- und hegemoniekritischen Bildung und Vermittlung.

Fallon Tiffany Cabral & Meryem Choukri (Hg.)

Biting Back

Essen, Diaspora, Widerstand

resistance & desire #4

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

Fallon Tiffany Cabral & Meryem Choukri (Hg.): Biting Back

1. Auflage, September 2023

eBook UNRAST Verlag, Dezember 2023

ISBN 978-3-95405-175-5

© UNRAST Verlag, Münster

www.unrast-verlag.de | [email protected]

Mitglied in der assoziation Linker Verlage (aLiVe)

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung

sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner

Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter

Verwendung elektronischer Systeme vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag: Tasnim Baghdadi, Zürich

Satz: UNRAST Verlag, Münster

Inhalt

Fallon Tiffany Cabral & Meryem ChoukriWe Bite Back – Ein Gespräch mit Audre Lorde zur Einleitung

WIDERSPRECHENRe-Imagining Food Narratives

Thu Hoài TrầnMắt Cá // Fischaugen

Susan Djahangard Liebeserklärung an Reis

Meryem ChoukriTypisch Diasporakid

Emine DemirWassermelonen doppelt so groß wie Döndü Ebe’s Brüste

KÖRPER(Un)Learning Through The Body

salein Freundschaftsbrief

Christelle Nkwendja-Ngnoubamdjum Let’s talk about FETT, Baby!

Purnima Vater (U)mami

Maria González LealWeiße Kristalline

(BE)LONGINGRe-Claiming Family Food Heritage

Natali Bhalchandra AbhyankarHindustan Steel

Sarah AhmedFar Away From Home

Anna So-Shim Schumacher. Kimchi-Storys. Ein mehrsprachiges Rezept aus 3 Generationen in 10 Zubereitungsschritten.

Miriam Yosef(Be)Longing – Sabich Zengoula T’Beet

GESCHICHTE(N)(Post)Colonial Food Stories

Lalitha Chamakalayil, Mariakutty Chamakalayil, Mathew Chamakalayil fassbar/essbar? (Post)-koloniale Migrations- und Ess-Geschichten

Pajam Masoumi Klassenkampf und Wasserdampf – Ein Blick auf die europäische Gastronomie

Sara Djahim Zeitgefühl

Verónica OrsiGedanken über koloniale Kontinuitäten in der Erlebnisgastronomie des neuen Berliner Schlosses

Fallon Tiffany Cabral You become, what you eat. Vom Begehren weiß zu werden.

Bibliografie

Übersicht der Autor*innen

Anmerkungen

We Bite Back – Ein Gespräch mit Audre Lorde zur Einleitung

Fallon Tiffany Cabral & Meryem Choukri

Wir treffen Audre Lorde an einem Küchentisch in Berlin. Es ist März, draußen kalt und regnerisch, bei uns drinnen jedoch gemütlich warm. Es riecht nach Kaffee und frisch gebackenen Waffeln. Auf dem Tisch liegen die ersten Textentwürfe zu diesem Buch.

Wir freuen uns, dass Audre unsere Einladung angenommen hat uns über unser Buch Biting Back zu interviewen. Sie ist immerhin eine der Ikonen des Schwarzen Feminismus und der Bürger*innenrechtsbewegung in den USA und hat viele Menschen, auch uns, mit ihren Texten sehr beeinflusst. Auch zu Deutschland und Berlin hatte Lorde seit 1984 eine besondere Beziehung. Sie hat unter anderem Katharina Oguntoye, May Ayim, Ika Hügel-Marshall und weitere afrodeutsche Frauen zusammengebracht und dazu animiert, selbst zu schreiben. Neben ihren intersektionalen Analysen ist es auch Audre Lordes faszinierende Art in ihren Gedichten und Essays über das Leben, Essen & Zugehörigkeit zu schreiben, die uns motiviert, sie zu uns einzuladen. In Zami (1982), ihrem Memoir, beschreibt Audre Lorde die westindische Gewürzinsel Carriacou, als sagenumwobenem Sehnsuchts- und Heimatort ihrer Mutter. Carriacou kommt jährlich an Weihnachten in der Gestalt einer Teedose, die mit Zimt, Muskatnuss, Guaven-Jelly, getrockneter Vanille, süßriechenden Tonkabohnen und gepressten Schokoladenstücken gefüllt ist, zu Audre Lorde nach Harlem.

Als wir den Tisch grade fertig gedeckt haben, klingelt es. Aufgeregt öffnen wir die Tür, begrüßen Audre herzlich und setzen uns in die Küche. Nach der ersten Runde Waffeln und Kaffee fühlt es sich an, als würden wir uns schon ewig kennen. Schließlich entscheiden wir, dass es Zeit wird anzufangen und drücken auf dem Aufnahmegerät auf »recording«. Zumindest stellen wir uns das so vor:

Audre Lorde: Ok then let’s dive in! Ich freue mich sehr, mit euch dieses Interview zu führen!

Meryem Choukri: Wir uns auch!

Fallon Tiffany Cabral: Vielen Dank!

AL: Aber bevor wir starten, eine Frage: Habt ihr denn heute schon gegessen?

FC:

Das fragen meine Eltern auch immer! Wie schön. Ja schon, wir haben ausführlich bei mir gefrühstückt. Danke. Ich hoffe, du auch?

AL: Ja klar, ohne gutes Essen kann ich doch nicht denken! Dann lasst uns doch ins Thema einsteigen, oder? Ihr habt für diesen resistance & desire Band – das ist der vierte, oder? – Texte zum Thema Essen gesammelt. Ich finde das ja großartig, ich komme auch immer wieder zu Essen zurück, wenn ich über Empowerment, meine Familie oder auch die Kolonialgeschichte Carriacous und zum Beispiel die Kakao- und Muskatplantagen dort nachdenke. Warum interessiert ihr euch dafür?

MC:

Nahrungsmittel, Essen und alles was damit zu tun hat, sind mit politischen Fragestellungen verbunden, auch wenn das Thema erst einmal nicht so erscheint, grade wenn wir mit einer persönlichen Frage beginnen, nämlich »Was bedeutet Essen für dich? Welche Geschichte(n) verbindest du damit?« Aber in allen Beiträgen wird sichtbar, wie sehr unsere Beziehungen mit Essen mit Fragen von Klassismus, Rassismus, Sexismus und so weiter verbunden sind, wie sehr sich unsere Identität in dem widerspiegelt, was wir essen. Wenn wir über Essen sprechen, kann das ein Weg sein, über diese schwierigen und oft schmerzhaften Themen zu reden.

FC:

Ich habe mich als Kind für mein ›Anderssein‹ und meine Familie, die nicht aus Europa kommt, geschämt, und alle möglichen rassistischen Bilder über ›uns‹ verinnerlicht. Mir das einzugestehen war schmerzhaft und schambehaftet. Über Essen und mein Interesse an den Spuren des Kolonialismus in meiner Familienbiografie jedoch, konnte ich mich diesen Kindheitserfahrungen spielerisch und fragend nähern. Denn auch meine Eltern haben kuriose Vorstellungen von sich selbst verinnerlicht. Meine Mutter hat zum Beispiel zu uns gesagt, dass sie nicht vegetarisch kochen könne. Dabei könnten das viele Hindus sehr gut, sie als Christin angeblich jedoch nicht. Ich hab’ mich irgendwann gefragt, was solche Aussagen mit dem zu tun haben, was vor 500 Jahren passiert ist, als portugiesische Kolonisierende Goa als politisches Zentrum ihres Kolonialreichs in Asien errichtet haben. Was davon hat sich warum in das kulinarische Selbstverständnis meiner Familie eingeschrieben? Die Frage, wie

cultural-racial (be)longing

[1]

bei mir zuhause verhandelt wurde, hat super viel mit Essen und Religion zu tun. Ich würde sagen, dass die 450 Jahre

messy

Kolonialherrschaft ihre Spuren bei uns hinterlassen haben.

AL: Ah, interessant, und wie war euer Weg, euch mit dem Essen so tiefgreifend auseinanderzusetzen? Gab es einen bestimmten Ausgangspunkt?

MC:

Ich habe mich vor allem durch deine Arbeit, Fallon, und durch die Zeit der Pandemiemaßnahmen 2020 und 2021 mehr und mehr mit dem Thema Essen beschäftigt. Ich habe während der Zeit, die wir vermehrt zu Hause verbracht haben, viel mehr gekocht als in meinem heutigen Alltag. Ich habe mir damals mehr Zeit genommen, neue Rezepte auszuprobieren. So habe ich angefangen, mich mehr mit Essen zu beschäftigen, als Wohlfühlort und kulturelle Praxis. Fallons Arbeit zu Essen, Familie, Rassismus und Widerstand war dann auch eine wichtige Inspiration für mich, mich Essen aus einem macht- und rassismuskritischen Blickwinkel zu nähern. 2021 habe ich dann mit meiner Freundin Susan, von der hier im Buch auch ein Text veröffentlicht wird, im Rahmen unserer Arbeit im Diaspora Salon Hamburg den Mini Podcast

So Tasty!

entwickelt. Darin haben wir mit unterschiedlichen Gäst*innen – unter anderem dir, Fallon! – über ihre Bezüge zu Essen gesprochen. Wir haben uns dabei gefragt: Was können wir über das Thema Essen (neu) lernen? Welche Räume eröffnet Essen als alltägliche und ja auch sehr sinnliche Praxis?

FC:

Meine Forschung zur Frage wie

race

in Familien von Schwarzen Menschen und

People of Color

(BPoC) verhandelt wird, war mein Ausgangspunkt. Hierfür habe ich BPoC, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, interviewt und sie gefragt, wie sie geworden sind, wer sie heute sind. Irgendwann habe ich mir diese Fragen dann selbst gestellt und bin darauf gekommen, dass meine Eltern weniger versucht haben, uns ihre Sprachen oder die Geschichte Indiens näherzubringen. Bei uns standen vielmehr ihre Religion und ihr Essen im Zentrum: ihre Identität als

Catholic Goans.

[2]

In meinem Text

You become what you eat

[3]

. Vom Begehren

weiß

zu werden,

den ich für diesen Sammelband geschrieben habe, vertiefe ich das.

AL: Wie aufregend! Und dann habt ihr beschlossen, dieses Buch zu machen. Okay. Wie seid ihr vorgegangen?

MC:

Wir haben natürlich erstmal geschaut, was es denn schon zu unserem Thema gibt. Und waren erstaunt, dass es grade im deutschsprachigen Raum noch nicht so viele Arbeiten gibt, die sich explizit mit Essen aus einer rassismuskritischen Position auseinandersetzen. Es gibt akademische Arbeiten zu der Geschichte von Essen, zu Migration und Gastronomie, zu Essen als Tool der ›interkulturellen‹ Verständigung. Aber diese Texte sind meist aus einer weißen, bürgerlichen Mehrheitsperspektive verfasst. Auf Englisch gibt es mehr Arbeiten, die sich explizit mit Essen aus einer machtkritischen und zugleich persönlichen Perspektive beschäftigen. Aus den USA kommt zum Beispiel das tolle Buch

Black Food

, das Rezepte und kritische Essays und tolle Fotos zu

Black Food

vereint (Terry 2021). In Deutschland gibt es aus feministischer Perspektive immerhin den Sammelband

Aus aller Frauen Länder

von 1989 (O’Sullivan 1989). Dazu hat auch May Ayim auch einen kleinen Beitrag zu einer Eistorte beigesteuert. Das hat uns dann inspiriert einmal das Themenfeld ganz weit aufzumachen.

FC:

Genau, Meryem und ich haben uns in Berlin getroffen und zwei Tage lang überlegt, worum es in unserem Buch gehen könnte, und welche Themen wir mit Essen, Widerstand und Begehren verbinden. Wir haben eine riesige Mindmap gemalt und insgesamt rund 50 Themen gesammelt: von Arbeitsbedingungen, Sorgearbeit, Klassismus, Body-Shaming, Ahn*innen, feministischen

kitchen table conversations

, Globalisierung bis hin zu Essen als (elterliche)

Love Language

[4]

.

Ein Stichwort, an das ich mich noch gut erinnern kann, hattest Du aufgeschrieben, Meryem. Das war glaube ich ›

Chinese Green Gunpowder

‹.

MC:

Ja, das finde ich sehr spannend. Es gibt ganz interessante Verflechtungen, wenn wir uns einzelne Nahrungsmittel rauspicken. Wie zum Beispiel Tee. Dabei fällt uns meistens ein, wie die Briten Indien und Südostasien kolonisiert haben und Tee für sich entdeckt haben. Heute ist das ja ihr Nationalgetränk. Aber auch in Marokko geht es nicht ohne Tee. Und während in Deutschland marokkanischer Tee vor allem mit Minze assoziiert wird, kann man diesen aber auch gut mit anderen Kräutern machen. Die Basis bleibt aber grüner Tee,

Chinese Green Gunpowder

– und gaaanz viel Zucker. Und natürlich hat auch das viel mit kolonialen Verflechtungen zu tun, mit Handelswegen, Ausbeutung, etcetera. Es eröffnet mir heute aber auch Möglichkeitsräume. Ich kann mich zum Beispiel mit meinen Freundinnen, die ostasiatische Bezüge haben, über das Waschen von Tee unterhalten. So können wir über diese kleinen Dinge eine Verbindung aufbauen, außerhalb eines weißen Blicks.

AL: Wow, und das alles können wir in eurem Buch finden?

FC:

Nein, nein… das war nicht möglich. Wir haben uns überraschen lassen. Wir haben verschiedene Menschen eingeladen, Teil des Buches zu werden und ihnen einen kleinen Ideentext geschrieben, in dem wir unsere Vision vorgestellt haben. Also dass wir ein Buch machen wollen, in dem es um Essen plus Widerstand, Gender, Rassismus, Kolonialismus, Diaspora, Familie, Klasse, Zugehörigkeit und/oder Empowerment gehen soll. Wir waren uns ziemlich sicher, dass sich ein Teil unserer Themen in den Texten wiederfinden würde.

MC:

Wir freuen uns über alle Beiträge in diesem Band, die sehr unterschiedlich geworden sind. Zusammen zeigen sie, wie komplex das Thema ist. Toll ist auch, dass so noch Themen dazugekommen sind, die wir vorher nicht so fokussiert hatten, wie zum Beispiel: Krankheit und Gesundheit oder eine Perspektive auf die geschichtliche Verstrickung von Gastronomie und Klasse. Wir freuen uns auch über weitere Bücher, Podcasts, Analysen, die sich mit Essen aus einer machtkritischen Perspektive beschäftigen.

AL: Ich habe bell hooks persönlich gekannt und der Titel eurer Buchreihe »resistance & desire« kommt mir sehr bekannt vor. Gerade bei eurem Thema musste ich an hooks Schlüsseltext »Eating The Other: Desire & Resistance« denken. Euer Buch heißt nun »Biting Back«. Warum habt ihr den Titel gewählt und wie hängt der mit dem Titel für die Reihe zusammen?

FC:

Als bildungsLab* diskutieren wir immer wieder Fragen die um Bildung, Macht und unsere eigene Vermittlungspraxis kreisen. Hier spielen Widerstand und Begehren eine zentrale Rolle. Was bedeutet Widerstand? Was begehren wir? Wie sind wir selbst in das verstrickt, was wir kritisieren? Für diesen vierten Band hatten wir das Ziel Essen als etwas Alltagsnahes, Lustvolles und Transformatives in die oft etwas kopflastigen Diskussionen um Macht und Widerstand einzubeziehen. Unser Arbeitstitel für das Buch war daher lange Zeit »

Food, Resistance & Desire

«. Und ich würde sagen, es hat sich gelohnt! Unsere Autor*innen beschreiben Essen in ihren Texten auf lebendige und vielfältige Weise als wichtige Ressource, um sich mit ihrer Geschichte zu verbinden oder um sich diese wieder anzueignen. Aber auch um gesellschaftliche Verhältnisse zu kommentieren und in oftmals rassistische Diskurse zu intervenieren.

MC:

Deshalb auch unser jetziger Titel

Biting Back –

der definitiv mit bell hooks Text in Verbindung steht: In

Eating the Other

(hooks 1992) geht es darum, wie fasziniert weiße Menschen von ›anderen‹ Kulturen sind und sich diese aneignen und kommodifizieren. Bevor ich es vergesse, möchten wir To Doan an dieser Stelle

credits

für die Idee für den Titel geben und uns bedanken!

FC:

Ja, danke To!

MC:

Zurück zu dem, was ich sagen wollte: Wir, als die sogenannten ›Anderen‹, werden nicht gegessen, wir

beißen zurück

. Das verstehen wir nicht nur reaktiv, sondern auch in einem spielerischen, kreativen Zugang. Dabei ist das Buch und der Titel nicht nur als Dagegen zu verstehen, das sich am weißen Blick und Machtstrukturen abarbeitet, sondern als etwas das diesen Blick nimmt, manchmal bricht und manchmal nicht und so Neues entstehen lässt. Hier gibt es auch eine Parallele zu der brasilianischen Kunstbewegung Anthropophagie, die in ihrem Manifest für einen »kulturellen Kannibalismus« plädiert hat (de Andrade 2016 [1928]). Darunter wird die Aneignung europäischer kultureller Praktiken verstanden, um diese in etwas ganz Eigenes, in diesem Fall brasilianisches zu verwandeln. Dies wurde zum Beispiel auch vom österreichischen Verein maiz aufgegriffen, die ihre Arbeit als ›kulturelle Anthropophagie‹ begreifen, als »strategische Entscheidung […], sich in die hegemoniale Wissensproduktion einzumischen, dort Räume für Migrant_innen zu erkämpfen, wo es für sie keine Räume gibt – im Bewusstsein über die Gefahr der Vereinnahmung und der Konflikte, die eine solche Einmischung mit sich bringen, über die Verstricktheit in gesellschaftliche Verhältnisse und damit auch Widersprüche.« (maiz o.J.). Das resoniert sehr mit dem, wie wir unsere Arbeit sehen. Wir lassen uns nicht einverleiben, wir

beißen zurück

und schaffen so – trotz und mit allen Widersprüchen – Neues.

AL: Großartig! Ihr habt ja echt viele spannende Perspektiven in diesem Buch zusammengebracht, aber wie seid ihr auf die Leute gekommen?

FC:

Wie sind wir zusammengekommen? Da das bildungsLab* ein Ort für migrantische und of Color Akademikerinnen* ist, war uns wichtig, dass sich das auch bei den Beitragenden des Buches durchzieht. Ja, und zusätzlich zum Lab* haben wir weitere Personen angefragt, deren Sicht auf das Thema wir sehr schätzen. Ein paar Personen mussten leider aus Kapazitätsgründen absagen. Es gibt natürlich noch viel mehr spannende Perspektiven, als in diesem Buch vertreten sein könnten.

AL: Interessant! Wie habt Ihr das Buch aufgebaut?

FC:

Wir haben das Buch in vier Kapitel aufgeteilt. (1) Widersprechen, (2) Körper, (3) (Be)Longing und (4) Geschichte(n) – diese vier Schlagworte verstehen wir als Knotenpunkte, in denen Themen verdichtet sichtbar werden und die einzelnen Texte zueinander sprechen. Viele Texte beziehen sich auch auf mehrere dieser Themen. Sollen wir die Kapitel einmal vorstellen?

AL: Ja gerne! Das würde mich sehr interessieren.

MC:

Also passend zum Titel

Biting Back

haben wir das erste Kapitel

Widersprechen

.

Re-Imagining Food Narratives

genannt, was wir übersetzen können mit ›Narrative zu Essen neu und mitgestalten‹. Hier sind Beiträge versammelt, in denen die Autor*innen ihre persönlichen Erfahrungen mit Essen und Othering analysieren, oft mit Humor und Selbstironie. Sie setzen ihre eigenen Foki, und blicken liebevoll und wertschätzend auf

family food items