Blütensplitter - Zara Kavka - E-Book

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Zara Kavka

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Beschreibung

Isa ist 17 und die strahlende Siegerin einer Schauspiel-Castingshow: Sie gewinnt eine Hauptrolle in einem Kinofilm. Aber noch in der Finalnacht verschwindet sie und ein Abschiedsbrief taucht auf. Allein Isas Schwester Sophie glaubt nicht an einen Selbstmord. Die Suche nach Isa führt sie in die Welt der Filmstars und -sternchen. Eine Welt voller Intrigen, in der es jede Menge Menschen gibt, die ein Interesse daran hatten, Isa aus dem Weg zu räumen.

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Blütensplitter

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1. Auflage 2015 © Arena Verlag GmbH, Würzburg 2015 Alle Rechte vorbehalten Einbandgestaltung: Frauke Schneider unter Verwendung eines Fotos von © Shutterstock ISBN 978-3-401-80234-3

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Freitag, 27.06., 19:40 Uhr (MEZ)

Videotagebuch – 22.05.

Freitag, 27.06., 20:45 Uhr (MEZ)

Videotagebuch – 28.05.

Samstag, 28.06., 07:00 Uhr (MEZ)

Videotagebuch – 03.06.

Sonntag, 29.06., 15:00 Uhr

Videotagebuch – 04.06.

Sonntag, 29.06., 18:30 Uhr

Sonntag, 29.06., 19:00 Uhr

Sonntag, 29.06., 20:30 Uhr

Videotagebuch – 11.06.

Montag, 30.06., 06:30 Uhr

Montag, 30.06., 10:00 Uhr

Videotagebuch – 13.06.

Montag, 30.06., 12:00 Uhr

Montag, 30.06., 14:00 Uhr

Videotagebuch – 20.06.

Montag, 30.06., 16:00 Uhr

Montag, 30.06., 17:00 Uhr

Videotagebuch – 24.06.

Montag, 30.06., 18:30 Uhr

Montag, 30.06., 19:30 Uhr

Videotagebuch – 25.06.

Montag, 30.06., 20:00 Uhr

Dienstag, 01.07., 00:00 Uhr

Videotagebuch – 26.06.

Dienstag, 01.07., 08:30 Uhr

Videotagebuch – 27.06.

Dienstag, 01.07., 09:30 Uhr

Videotagebuch – 09.07.

Prolog

Ich stehe bis zum Bauch im Wasser und schaue gebannt aufs Meer hinaus Richtung Amerika. Unter meinen Füßen spüre ich die wellenförmigen Rillen des Meeresbodens. Ein paar Meter neben mir warten weitere Surfer, die Blicke fest auf den Horizont gerichtet, auf die nächste Welle, die uns alle auf unseren Brettern zum Strand tragen wird. Die Vorfreude auf meinen letzten Ritt für heute wärmt mich von innen, obwohl ich vor Kälte am ganzen Leib zittere.

»Einmal noch! Bitte«, habe ich Papa angebettelt.

»Na gut. Aber das ist die letzte, dann gehen wir nach Hause.«

Papa ist der beste!

Endlich wölbt sich weit draußen der Horizont.

»Da kommt eine!«, schreie ich und schaue gebannt, wie sich die gigantische Glitzerschlange seitwärts auf uns zubewegt.

»Papa! Schau! Die wird riesig!« Ich drehe mich zu ihm um und zeige mit dem Finger hinaus aufs Meer. »Papa?«

Etwas stimmt nicht mit ihm. Er hält sich mit beiden Händen den Kopf und antwortet nicht. Hat er mich nicht gehört? Ich rufe noch einmal, so laut ich kann: »Hast du Kopfschmerzen?«

Aber meine Stimme kommt nicht gegen den Lärm der Brandung und des Windes an. Papa hört mich immer noch nicht, lässt aber zum Glück die Arme sinken und lächelt mich an. In dem Moment bemerke ich, dass sein Brett in einem rasanten Tempo von uns wegtreibt.

»Warte, ich hole dein Board.«

Kopfüber stürze ich mich ins Wasser, kraule, rechts … rechts … rechts, erwische das Brett, finde sofort die Leine und schwimme eilig zurück. Als ich aufblicke, sehe ich die haushohe Welle ganz nah, aber Papa sehe ich nicht.

»Papa! Paaapaaaa!«, schreie ich aus Leibeskräften. Doch der Wind zerfetzt meine Schreie in tausend kleine Tönchen, die sofort vom Tosen der Brandung geschluckt werden.

Ich bekomme Panik, tauche und suche fieberhaft in allen Richtungen. Da ist er! Seine hellgrüne Badehose leuchtet im aufgewühlten Meerwasser. Was tut er da? Nach zwei kräftigen Schwimmzügen bin ich bei ihm, will ihn am Ellenbogen packen und hochziehen, doch da erfasst mich die Welle und reißt mich fort.

Wasser dringt in meine Nase und Ohren. Ich schlucke Unmengen davon und verliere die Orientierung über oben und unten. Luft! Ich rudere mit Armen und Beinen, um wieder an die Oberfläche zu gelangen, bin aber machtlos gegen den wirbelnden Sog des Wassers.

LUFT!

Die Kräfte verlassen mich. Mit einem Schlag werde ich ganz ruhig, höre das Tosen des Wassers, sehe das Licht.

Schwebe.

Wie schön, wie ruhig alles ist. Noch einmal spüre ich das dringende Bedürfnis zu atmen, öffne den Mund … dann wird es dunkel, und als regelte eine Geisterhand die Lautstärke, wird es immer leiser, ganz allmählich …

Was?

Husten! Schmerz! Stimmen … Mama?

Hilfe!

Ich ersticke, ich will schreien, kann aber nicht. Jemand richtet mich auf, rüttelt an mir.

Schmerzen, Hölle.

Ich übergebe mich, spucke Wasser, viel Wasser. Es tropft auch aus meiner Nase und den Augen. Oder sind das Tränen? Es tut so weh!

Ich öffne die Lider und das Licht fährt wie ein Dolch in meinen Kopf. Also schließe ich sie sofort wieder.

»Papa!«, schreit eine innere Stimme. »Wir müssen Papa suchen!« Aber meine Stimmbänder versagen.

»Isa! Du lebst!« Mamas Worte dringen in mein Bewusstsein. »Wo ist Papa? Wann hast du ihn zum letzten Mal gesehen? Sein Surfbrett ist hier, aber er nicht. Isa …« Mama kniet direkt neben mir. »Wo ist Papa?«

Ich kann nicht sprechen, versuche ich zu sagen, doch meine Kehle brennt wie Feuer. Ich brauche was zu trinken.

»Wasser«, flüstere ich endlich.

»Im Wasser? Aber da sehe ich ihn nicht!«, antwortet Mama, springt auf und sucht das Meer ab.

Ich zeige auf eine im Sand stehende Flasche und blinzele meine Schwester an. Das Licht ist noch immer nicht auszuhalten. Sophie versteht sofort und reicht sie mir. Nach ein paar kleinen Schlucken geht es mir etwas besser.

»Die Welle. Papa ist in der Welle«, flüstere ich und sehe wieder die hellgrüne Badehose vor mir.

Es vergehen Minuten, vielleicht auch Stunden, es gibt keine Zeit, nur Schmerz und Angst.

Irgendwann höre ich vereinzelte Sätze:

»Sie haben ihn!«

»Vorsicht! Schnell!«

»Hierhin.«

»Ich mach es.«

»Noch mal!«

»Lass mich mal.«

Tausend Stimmen. Ich halte die Augen weiter geschlossen, um die Bilder, die diese Sätze bei mir hervorrufen, nicht in mich hineinzulassen.

Plötzlich herrscht Stille.

Vorsichtig öffne ich die Augen, ignoriere das stechende Licht und sehe Mama im Sand knien, wie sie Papas leblosen Körper in ihre Arme nimmt und ihn hin und her wiegt. Jetzt höre ich auch ihr Weinen. Jemand kriecht hinter mich, hält mich fest und ich erkenne Sophies Atem.

»Ich hätte ihn retten können«, sage ich, nachdem ich eine Weile diese unwirkliche Szene beobachtet habe. »Aber ich habe mich für sein Surfbrett entschieden.«

Erst nachdem ich diesen Satz ausgesprochen habe, erkenne ich seine Tragweite und spüre, wie er meine Seele brandmarkt. Wie ein Schaf, dem der Bauer mit einem glühenden Eisen ein Zeichen ins Fell stempelt, brennt sich der Satz fest in mein Bewusstsein.

Freitag, 27.06., 19:40 Uhr (MEZ)

»Du kannst die Prüfung doch wiederholen«, sage ich und streiche Moni über den Rücken. Aber meine Beruhigungsversuche bleiben erfolglos. Sie schluchzt wie ein Kind, dem gerade gesagt wurde, dass es nutzlos und dumm ist. Das nervt mich. Sie ist schließlich Stanford-Studentin, gehört also zur absoluten Bildungselite und kann gar nicht dumm sein, was sie aber durch ihren Hang zur Dramatik meist völlig vergisst. Gerade hat sie lediglich einen winzigen Teil der Prüfung in den Sand gesetzt, verhält sich aber so, als hätte man sie exmatrikuliert – für immer. Dabei schaffen es nur etwa 20 % der Studenten, alle Prüfungen gleich beim ersten Durchgang zu bestehen.

Sie ist eine verwöhnte kleine Heulsuse, denke ich, spule aber natürlich die üblichen tröstenden Worte herunter, die man in einer solchen Situation sagt.

Verstohlen blicke ich auf meine Armbanduhr. Oh Mann! Es ist 10:40 Uhr und höchste Eisenbahn. Wie lässt man eine gute Freundin heulend mitten auf dem Campus sitzen? Gar nicht. Zumindest nicht, wenn man so gestrickt ist wie ich. Obwohl ich in spätestens 30 Minuten zu Hause sein muss, was eigentlich schon gar nicht mehr möglich ist.

»Magst du mit zu mir?«, frage ich vorsichtig.

»Zu dir?«, schluchzt Moni. »Wir haben doch um zwölf Statistik.«

In dem Moment meldet ein leiser Ton in meiner Hosentasche die Ankunft einer WhatsApp-Nachricht.

Isa. Ich krame hastig das Handy hervor.

Noch 30 Minuten. Was auch passiert, ich werd’s nicht überleben. Ich hab Angst. Luv ya, Isa.

»Verdammt!«, rufe ich und springe auf.

Moni blinzelt verwundert mit ihren verquollenen Augen zu mir hoch. »Was ist los?«

»Ich schwänze Statistik. Du weißt doch, meine Schwester hat heute ihr Castingfinale und das fängt bald an.«

»Ach ja, natürlich, das hab ich total vergessen«, sagt Moni. »Geh nur. Ich komm schon klar.«

Das war einfach, denke ich und ärgere mich, dass ich mich nicht früher auf die Weise losgeeist habe. Ich war schon vor einer Stunde mit meiner Prüfung fertig und habe mal wieder nicht Nein sagen können, als Moni mich bekniete, ihre Prüfung noch abzuwarten.

Während ich zur Bushaltestelle renne, überlege ich, wie viele Minuten ich zu spät sein werde. Wenn der Bus gleich kommt – was er nie tut – und falls er nur 25 Minuten braucht – was höchstens mal nachts der Fall ist, wenn die Ampeln ausgestellt sind –, brauche ich etwa 35 Minuten bis zur Haustür. Dann käme ich nur fünf Minuten zu spät. Wieder einmal spüre ich die Nachteile, sich ein Studium in Amerika nur mit einem Au-pair-Mix leisten und nicht auf dem Campusgelände wohnen zu können.

Der nächste Bus fährt natürlich erst in 15 Minuten. Wie konnte ich mich ausgerechnet heute so mit der Zeit vertun? Ich rufe Isa an, aber es meldet sich nur die Mailbox. Wahrscheinlich war der WhatsApp-Gruß das Letzte, was sie noch verschickt hat, bevor sie in die Maske ist. Ab dort gilt Handyverbot. Ich hätte sie natürlich unbedingt noch mal anrufen müssen, ich Idiotin!

20 Minuten später kommt der Bus. Ein Glück, ich habe auch schon mal länger gewartet. Es macht nichts, wenn ich die ersten Minuten verpasse, rede ich mir ein, da wird eh nur rumgeschwätzt.

Stau! Der Bus steht, es geht nichts mehr. Sirenen in weiter Ferne deuten darauf hin, dass ein Unfall passiert ist. Zur Not schaue ich mir die Show in der Mediathek und nicht live an. Was macht das schon? Isa muss es ja nicht erfahren. Ich lehne meinen Kopf gegen die Fensterscheibe und konzentriere mich darauf, ruhig zu atmen. Das schlechte Gewissen pocht gegen meine Schläfen, wie so oft, seit mir Professor Thielmann vor einem Jahr angeboten hat, mich für den Master in Psychologie mit nach Stanford zu nehmen. Den Stolz spürte ich höchstens eine Minute lang, bevor er vom schlechten Gewissen niederwalzt wurde. Amerika bedeutete, Mama und Isa zu verlassen. Es ist diese verdammte Angst, jemanden zu verletzen, die mich auf Schritt und Tritt verfolgt. Schon immer. Egal wie ich mich entscheide, mein schlechtes Gewissen ist immer da.

Und jetzt genauso! Natürlich hätte ich mich sofort für Isas Finale und gegen Moni und ihre Prüfung entscheiden müssen, aber in solchen Situationen weiß ich leider immer erst hinterher, was richtig gewesen wäre. Alles, wirklich alles würde ich jetzt darum geben, bei Isa sein zu dürfen. Seit zehn Monaten habe ich sie nicht gesehen …

»Ich bringe dich«, sagte Isa und lächelte frech.

»Aber du musst doch in die Schule«, entgegnete ich.

»Ich muss gar nichts, außer so lange wie möglich mit dir zusammen sein.«

Ich nickte. Ausnahmesituationen erfordern Ausnahmeregelungen. Wir fuhren eine Stunde mit dem Zug zum Nürnberger Flughafen. Mama konnte natürlich nicht mitkommen wegen des Hotels, aber das machte nichts. Ich fand es wunderbar, die letzten Minuten allein mit Isa zu verbringen.

Dann kam der Moment des Abschieds. Wir standen vor der Sicherheitskontrolle und ich umarmte meine Schwester. Seit der USA-Entscheidung lag eine Schwere zwischen uns, eine Mischung aus Trauer über das, was nie mehr zurückkommen wird, und Angst vor dem Neuen.

»Ich melde mich, wenn ich angekommen bin«, flüsterte ich ihr ins Ohr.

»Zeichen!«

»Oben«, antwortete ich, ließ Isa los und zeigte den Daumen nach oben. »Was denkst du denn, natürlich melde ich mich.«

»Wie oft?«

»Oft.«

»Zeichen?«

»Jetzt hör auf. Ich melde mich, sooft ich kann«, gab ich barsch zur Antwort. Ich konnte es nicht leiden, wenn sie unser Wahrheitszeichen überstrapazierte. Isas Lippen fingen an zu zittern. Ihr Weinen stand in den Startlöchern, und um ihm keine Chance zu geben, drückte ich sie an mich, flüsterte »Luv ya«, schnappte mir mein Handgepäck und ging zur Sicherheitskontrolle, ohne mich noch einmal umzudrehen. Ihr Blick bohrte sich wie ein Angelhaken in meine Schulter. Dreh dich um, dachte ich, während ich darauf wartete, dass meine Tasche am anderen Ende des Röntgenbands zum Vorschein kam. Dreh dich noch einmal um, das erwartet sie. Aber ich konnte nicht. Die Gefahr, dass ihr Blick mich in eine Schockstarre versetzen und ich meinen Flug verpassen würde, war einfach zu groß.

Ein Ruck geht durch den Bus. Er fährt. Ich schaue auf die Uhr. Wenn jetzt alles gut geht, hätte ich nur die ersten 40 Minuten verpasst. Die kann ich mir hinterher im Internet anschauen. Alles ist gut.

Videotagebuch – 22.05.

Hallo, Videotagebuch. Ist irgendwie total komisch, in eine Kamera zu sprechen. Aber ich muss mich dran gewöhnen, also hab ich mir so ein Teil zugelegt. War auch gar nicht so teuer, wie ich gedacht habe. Ich hab’s gebraucht gekauft und es hat eine kleine Kerbe, deshalb war es so preiswert. Is’ wohl dem Vorbesitzer mal runtergefallen. Das ist mir aber egal, so ein Ding soll ja nicht schön, sondern einfach nur praktisch sein, oder? … Blöd, dass es nicht antworten kann. Es fühlt sich bescheuert an, so lange Monologe ins Nichts zu halten …

Rita hat gesagt, so eine Kamera ist super zur Selbstkontrolle. Wenn ich was üben muss, eine Rolle, einen Dialog oder so was, dann soll ich das aufnehmen und mir hinterher anschauen. Auf die Weise könnte man selber seine Schwächen erkennen. Kann ich mir gut vorstellen.

Hoffentlich nimmt sie überhaupt auf, Moment, ich schau mal …

Ja, passt. Also, wo soll ich anfangen? Am besten am Anfang. Es ist alles so unglaublich! Ich hab mich vor … vor ungefähr vier Monaten, ja, ich glaube es war Ende Januar, da hab ich mich für eine Castingshow beworben. Nicht so eine wie Germanys Next Topmodel, da hätt ich keine Chance. Nee, ich hab mich für eine Schauspielshow beworben, Eine Schwester für Levi Strauss. Die Gewinnerin bekommt eine Rolle an der Seite von … Ich krieg’s gar nicht über die Lippen, so abgefahren ist das. Wenn ich das gewinne, falle ich wahrscheinlich tot um. Also, an der Seite von … Finn Holder, ja: F I N N H O L D E R!!! Und zwar nicht irgendein Finn Holder. Nein. DER Finn Holder. Star aus dem Kinohit Kind zu verschenken, in dem er vor … Wann war das? Keine Ahnung, ungefähr vor zwei Jahren. Da hat er als Enkel von Meryl Streep auf grandiose Weise ein ganzes Altersheim auf den Kopf gestellt und seit einem halben Jahr spielt er in der angesagten Serie Shit happens eine Hauptrolle. Er ist erst 17, also nur zwei Jahre älter als ich, und schon ein Weltstar, krass.

Und jetzt soll er den jungen Levi Strauss darstellen. Das war der Typ, der als Jugendlicher mit seiner Familie von Deutschland nach Amerika ausgewandert ist und dort dann vor ungefähr 150 Jahren die Jeans erfunden hat. Der hatte eine Schwester und die soll von einer Laiendarstellerin aus Deutschland gespielt werden. Das haben die Amis mit der deutschen Koproduktionsfirma so ausgemacht. Und die Deutschen machen daraus jetzt eine Castingshow.

Himmel! Ich darf mir echt nicht vorstellen, wie das wäre, wenn ich die Show gewinnen würde. Dann würde ich bis zur Überfahrt nach New York, also ungefähr bis zur Hälfte des Films, die junge Fanny Strauss spielen. Später dann, wenn Levi Strauss beim Goldrausch in den Westen zieht, werden die Rollen von älteren Schauspielern übernommen. Das kennt man ja aus anderen Filmen.

Auf jeden Fall bin ich bei der Castingshow schon mal unter die letzten zehn gekommen. Unglaublich. Echt! Ich würde soooo wahnsinnig gerne diese Schwester spielen.

Die Familie kam aus Buttenheim, das ist 18 Kilometer von Bamberg entfernt, also hier gleich um die Ecke. Und die sind nach Amerika ausgewandert, weil sie total arm waren, wie viele damals, in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Und sie haben tatsächlich ihr Glück dort drüben gefunden, wie man weiß.

Ich hab auch ’ne Levi’s. Stinkteuer sind die. Wundert mich, dass die noch getragen werden, wo andere Jeans so viel billiger sind. Na ja, Mama ist letzten Montag mit mir in die Stadt gefahren und hat mir eine gekauft. Fand ich super von ihr. Und ich trag sie gerne. Hier … und hinten, über der rechten Pobacke, ist dieses typische Levi’s-Schildchen drauf. Da, Moment, ich halt’s mal in die Kamera …

Dass ich unter den letzten zehn bin, hab ich übrigens gleich nach der zweiten Runde erfahren. Für die erste Runde musste ich nach München. Das war vor … Moment … ja, vor genau zwei Wochen. Geht irgendwie alles ganz schön schnell. Da waren ungefähr 50 Kandidatinnen und vier von der Produktionsfirma. Die waren super. Besonders Rita mochte ich sofort und ich war zum Glück in ihrer Gruppe. Ich schätze sie auf Mitte 40. Sie ist Schauspielerin, man kennt sie auch aus dem Fernsehen, aber sie spielt lieber Theater, hat sie gesagt. Und sie ist Dozentin an der Münchner Schauspielschule.

Rita hat mit uns einen ganzen Nachmittag Schauspielübungen gemacht. Ich war total fertig an dem Abend. Aber ich hatte ein gutes Gefühl. Sie hat mich ziemlich viel gelobt. Irgendwie wusste ich, dass ich weiter war. Am nächsten Tag hab ich dann auch gleich einen Anruf bekommen. Eine Woche später musste ich nach Frankfurt. Wahrscheinlich, weil das so ziemlich in der Mitte von Deutschland liegt. Da kamen dann die Gewinner aus allen Regionen zusammen. Es waren wieder so ungefähr 50 Kandidatinnen. Diesmal ging’s ein ganzes Wochenende. Das war schon ’ne andere Nummer und ich fühlte mich lange nicht mehr so gut wie beim ersten Mal, hauptsächlich, weil die Kandidatinnen alle viel hübscher und auch irgendwie besser waren, zumindest hab ich mir das die ganze Zeit eingebildet.

Kam noch hinzu, dass ich mich irgendwie zu jung gefühlt habe. Die waren fast alle älter als ich, was auch gepasst hat, denn Fanny war 23, als sie ausgewandert sind, und Levi 18. Da war aber ein total netter Typ, der hat mir versichert, dass das kein Problem wäre. Schließlich würde die Geschichte wesentlich früher anfangen, außerdem hätte ich ein extrem wandelbares Gesicht und die Amerikaner würden ihre besten Maskenbildner mitbringen. Das hat mich dann ein bisschen beruhigt, aber trotzdem. Ich hatte an dem Wochenende dauernd Momente, in denen ich am liebsten wieder nach Hause gefahren wäre. Bin aber zum Glück geblieben, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zum Schluss.

Dann kam dieser riesige Abschlussdreh. Der dauerte ungefähr zwei Stunden. Sie haben uns in einen kleinen Raum gezwängt, in dem drei Kameras standen. Der Raum sollte ein schwankendes Schiff darstellen und wir die hungernden Passagiere.

Das muss total furchtbar gewesen sein, damals auf den Überfahrten nach Amerika. Ich hab mittlerweile ’ne ganze Menge darüber gelesen. Es gab kaum was zu essen und die Passagiere haben sich dicht gedrängt unter Deck in dem riesigen Schiffsbauch aufgehalten. Da gab es keine Zimmer oder Vorhänge oder Toiletten, nur ein einziger, riesiger Raum. Sie haben dort alles gemacht, also ich meine wirklich ALLES: Pipi, Kacka, Sex, sie kriegten Kinder, Grippe, sie starben, lachten, tranken … alles! Also nicht wir in Frankfurt natürlich, die Menschen auf den Auswandererschiffen.

Wir sollten auf jeden Fall so eine Überfahrtsszene improvisieren. Fand ich ganz schön schwierig. Alle hatten super Einfälle, nur ich nicht. Ich hab einfach nur meine Sachen an mich gepresst, damit sie mir nicht geklaut wurden, und war extrem angespannt. Plötzlich kam einer der Produktionsleute mit einem Laib Brot unter dem Arm herein. Da ging’s echt ab. Die Mädels sind den angesprungen, haben ihn angeschrien, angebettelt. Die hatten super Ideen, wie sie ein Stück Brot abkriegen könnten. Eine fing sogar an, sich auszuziehen. Und ich hatte mich vorher so in eine Erschöpfung reingesteigert, dass ich völlig bewegungsunfähig war, so als hätte ich tatsächlich schon zwei Wochen seekrank auf einem alten Kahn zugebracht.

Mir war völlig klar, dass ich nach dieser Tatenlosigkeit draußen war. Ich hab keinen einzigen originellen Einfall geliefert und war den Tränen nahe.

Hinterher mussten wir dann eine Weile warten und wurden der Reihe nach aufgerufen. Ich hab die Zeit genutzt, um mich auf einen Abschied vorzubereiten, und dann sagte Rita, dass ich weiter sei. Sie fand mich sogar mit am besten, sie habe mir meinen Zustand total abgenommen, ich hätte superauthentisch gewirkt, hat sie gesagt. Ich hab echt gedacht, ich träume.

Das war letztes Wochenende. Übermorgen, am Samstag, geht’s richtig los, ab da kann man alles auch im Fernsehen sehen. Bis jetzt war das so eine Art Vorentscheidung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Von der Schule bin ich schon befreit. Die haben ganz schön dämlich geschaut. Ausgerechnet ich, die unscheinbare, uninteressante Isa Mainhard, soll in einer Fernsehshow mitmachen, an deren Ende ein Dreh an der Seite von Finn Holder steht? Krasse Info, echt. Manche brauchen sicher noch eine Weile, bis sie das verdaut haben. Wahrscheinlich zerreißen sie sich jetzt ihre Mäuler über mich. Das passiert immer, wenn Neid im Spiel ist. Egal.

Jakob war gar nicht begeistert. Das hab ich ihm voll übel genommen. Er weiß genau, dass ich unbedingt Schauspielerin werden will. Mama hat mich fast totgedrückt und Sophie hat einen Schrei losgelassen, den ich wahrscheinlich auch ohne Skype gehört hätte.

Ab nächster Woche drehen wir jeden Tag. Immer jeweils ein oder zwei Szenen und am Freitag gibt’s dann die erste Liveshow mit den Zusammenschnitten der Woche. Ein Script hab ich auch schon gekriegt. Hier … ganz schön dick, was? Ich kann’s schon auswendig. Sieht mehr aus, als es ist. Und jetzt übe ich ein bisschen. Also, wo stelle ich mich denn am besten hin? … Hier, ja, hier ist gut …

Freitag, 27.06., 20:45 Uhr (MEZ)

Die Familie, bei der ich wohne, ist heute Morgen zu einem Campingwochenende aufgebrochen. Eigentlich schade, denn die fünfjährige Kate hat sich so gerne freitagabends die Shows mit mir angesehen, und obwohl sie nicht ein einziges Wort verstehen konnte, vergöttert sie meine Schwester. Ich flitze ins Haus und schließe noch nicht einmal die Tür hinter mir, bevor ich den Fernseher anmache. Nach ein paar geübten Klicks habe ich den deutschen Sender gefunden.

Da ist sie! Mein Gott, ist Isa schön! Seit der letzten Show vor einer Woche sind nur noch zwei Mädchen übrig: Isa und Rebecca Kretschmer. Ich schließe schnell die Tür und setze mich auf das Sofa. Gebannt verfolge ich, wie Jens Maikemper, der Moderator, die nächste Aufgabe ansagt.

Die beiden sollen ihrem jüngeren Bruder Levi Strauss abends im Bett die Angst vor Amerika nehmen. Rebecca lacht ein bisschen nervös, während Isa völlig ruhig bleibt. Sie wirkt hoch konzentriert. Ich blicke auf ihre linke Hand und sehe, dass sie sie zu einer Faust geballt hat. Ich lächele. Robbi ist wieder dabei, die kleine, völlig abgekaute Holzrobbe, Isas ständiger Begleiter, seit sie ihre ersten Zähne bekommen hat.

Jetzt kommt wahrscheinlich wieder ein Double für Finn Holder, denke ich und hoffe, dass sie den von der letzten Show engagiert haben, denn das war ein super Typ. Natürlich nicht so charismatisch wie Holder selbst, den man für so einen kleinen Showauftritt natürlich weder gewinnen noch bezahlen kann, aber er hatte was.

Maikemper setzt ein süffisantes Lächeln auf und sagt feierlich: »Ich bitte nun …«, er macht eine spannungsgeladene Pause, »… Levi Strauss auf die Bühne.«

Das Publikum kreischt. Ich kapiere gar nichts und ärgere mich, dass ich zu spät gekommen bin. Die Kamera schwenkt nach unten ins Publikum. Ein Spot sucht die erste Reihe ab und bleibt bei …

Mir rutscht ein Schrei heraus, als ich kapiere, was ich da sehe.

Finn Holder verabschiedet sich charmant von seinen beiden Sitznachbarinnen und steht auf. Mit ihm zusammen erhebt sich geschlossen das gesamte Publikum und kreischt und jubelt und klatscht. Während der Star auf der kleinen Seitentreppe nach oben auf die Bühne steigt, winkt er immer wieder freudestrahlend den Zuschauern im Saal.

Rebecca hält, wie ich, ihre Hände vor dem Mund, die Augen weit aufgerissen. Isa wirkt nach wie vor erstaunlich ruhig, lediglich ihre Wangen sind leicht gerötet. Jetzt zeigt die Kamera die beiden in Großaufnahme. Logisch, man will natürlich jede klitzekleine Regung in ihren Gesichtern einfangen. Rebecca hat kleine Schweißperlchen auf der Oberlippe und Isas Augen glänzen fast unecht.

Ich hole tief Luft und merke dadurch erst, dass ich mit dem Atmen aufgehört habe. Es ist das erste Mal, dass ich mich nicht in meine Schwester hineinversetzen kann. Wie fühlt sie sich jetzt? Finn Holder ist zurzeit der angesagteste Schauspieler der Welt. Jetzt geht er direkt auf Isa zu, umarmt sie und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Dasselbe macht er bei Rebecca. Das Publikum kreischt und Maikemper hat Mühe, den Verlauf der Show wieder in den Griff zu bekommen. Als sich die Menge endlich einigermaßen beruhigt hat, fragt er Finn Holder, ob er eines der Mädels vorziehen würde.

Kurz wartet Holder auf die Simultanübersetzung in seinem Ohr, dann lacht er und scherzt: »Am liebsten möchte ich den Produzenten fragen, ob man Fanny nicht eine Zwillingsschwester andichten kann.« Dann erzählt er, was seiner Meinung nach Fanny Strauss für eine Frau gewesen war und dass beide Kandidatinnen viele dieser Eigenschaften mitbringen.

»Isa …« Er macht eine Pause und legt einen Arm um Isa.

Oh Gott! Ich schaue mich um, als wäre ein Wunder geschehen und ein paar Freunde hätten sich im Wohnzimmer versammelt. Warum bin ich alleine? Verdammt noch mal. Ich platze vor Stolz und es ist furchtbar, diesen Moment mit niemandem teilen zu können. Isa lächelt und stiert auf Holders Schuhe. Was hat sie neulich bei Skype gesagt?

»Manchmal, wenn ich da stehe und die Scheinwerfer auf mich gerichtet sind und ich weiß, dass jetzt in fast allen Wohnzimmern mein Gesicht ganz groß zu sehen ist, muss ich sofort an was anderes denken, damit ich nicht durchdrehe.«

»Und an was denkst du dann?«, habe ich gefragt.

»Versprich mir, dass du nicht lachst!«

»Versprochen.«

»An dich.«

»An mich? Wieso das denn?«

»Weil ich dann ruhig werde. Is’ eben so.«

Ich habe natürlich nicht gelacht. Im Gegenteil, ich hatte Mühe, den Kloß in meinem Hals runterzuschlucken.

Ich schaue in die krass leuchtenden Augen meiner Schwester und stelle mir vor, wie sie jetzt an mich denkt, wobei das kaum zu glauben ist. Kann man neben Finn Holder überhaupt denken? Auf jeden Fall wirkt sie erstaunlich gelassen, wenn man bedenkt, dass wohl 95% aller Mädchen unter 20 an Isas Stelle in Ohnmacht fallen würden. Und durch ihren ernsten Gesichtsausdruck sieht sie neben dem spitzbübischen Holder tatsächlich älter, nein, reifer aus.

»Isa«, wiederholt Finn Holder, »ist in meinen Augen ein absoluter Profi, sie ist ernsthaft und ehrgeizig. Das gefällt mir sehr. Rebecca …« Jetzt legt er seinen anderen Arm um Rebecca, die ganz anders reagiert als Isa, viel extrovertierter. Sie legt ihrerseits einen Arm um Holder und lächelt ihn herausfordernd an. »Sie ist sehr lebendig und strahlt die positive Energie aus, die man Fanny nachsagt. Ich vertraue dem Publikum, dass es die richtige Wahl trifft, wobei es in diesem Fall keine falsche gibt.«

Professionell und diplomatisch, denke ich, obwohl ich definitiv gerne etwas anderes gehört hätte.

Maikemper fordert die Zuschauer auf, sich wieder zu setzen, die Kandidatinnen bräuchten 100%ige Ruhe für die vor ihnen liegende Aufgabe. Auf einer Nebenbühne ist bereits ein karges Kinderzimmer aufgebaut und Finn Holder geht mit den beiden Kandidatinnen hinüber. Dabei witzelt er was Unverständliches, was man erst bei der Simultanübersetzung versteht: »Ich bin der Glückliche, der jetzt mit euch beiden ins Bett darf. Ich liebe diese Show!«

Rebecca kommt als Erste dran. Ich knie mich auf den Boden ganz dicht vor den Fernseher und beschwöre alle irdischen und himmlischen Kräfte, dass sie einen oder besser mehrere Fehler macht.

Und ich werde erhört. Die 17-jährige Rebecca schwärmt Holder aus allen Poren an, wodurch sie überhaupt nicht wie eine große Schwester rüberkommt. Sie ist zu aufgeregt und fast tut sie mir leid in ihren Bemühungen, eine originelle Improvisation hinzulegen. Ich wette, die Mädels wurden nicht auf Holders Auftritt vorbereitet, das hätte Isa mir schließlich erzählt. Eigentlich ganz schön gemein, denke ich.

Jetzt kommt Isa. Mit einer kleinen Geste, die wahrscheinlich kaum jemand wahrnimmt, steckt sie Robbi unter ihren Gürtel und setzt sich anschließend auf den Bettrand. Sie findet zärtliche Worte für Levi und berührt ihn unbefangen und sanft. Es dauert nur Sekunden, bis Finn Holder sich in den jüngeren Bruder verwandelt. Zum Schluss singt Isa das Lied, das Papa uns immer vor dem Einschlafen vorgesungen hat. Wenn er das jetzt … Ich schlucke.

Holder nimmt Isas Hand und macht die Augen zu. Ich könnte schwören, dass er kurz vor dem Einschlafen ist.

Als das Licht angeht und das Publikum in Begeisterung ausbricht, setzt Holder sich auf, beugt sich zu Isa, die neben ihm auf dem Bettrand sitzt, und flüstert ihr was ins Ohr. Isa lächelt. Und ich schreie vor Aufregung, Freude, Stolz … Ich muss heute unbedingt noch mit ihr sprechen. Ich muss wissen, was Holder gerade gesagt hat.

Dann geht alles ganz schnell. Jens Maikemper bittet alle zurück auf die große Bühne, nennt für jede Kandidatin eine Telefonnummer und fordert die Zuschauer auf, jetzt zu wählen. In der Wartezeit werden Highlights aus den letzten vier Wochen gezeigt.

Schnell stimme ich mit meinem Handy für Isa.

Dann werden die Familien auf die Bühne gebeten. Es versetzt mir einen heftigen Stich zu sehen, wie verloren meine zwei Familienmitglieder neben der Riesenfamilie von Rebecca aussehen. Das sind acht Personen und es dauert eine Weile, bis Rebecca sie alle vorgestellt hat. Isa stellt Mama vor, von Papa sagt sie nichts, aber sie schaut lächelnd in die Kamera, winkt und sagt: »Meine Schwester ist zurzeit in Amerika. Hi Sophie!« Wieder rutscht mir ein kleiner Schrei raus und ich winke reflexartig zurück wie ein Kindergartenkind, das noch nicht zwischen Mattscheibe und Realität unterscheiden kann.

Ein Gong ertönt. Das Ergebnis ist da! Es erscheinen zwei riesige Balken auf der großen Leinwand hinten auf der Bühne, allerdings ohne Namen. Der Moderator gibt den Startschuss. Die Balken füllen sich grün, immer weiter, als würden zwei Schnecken von links nach rechts über die Wand kriechen und eine grüne Spur hinterlassen. Endlich bleibt eine stehen. Ein Raunen geht durch die Menge.