BLUTVOLK, Band 33: DER PAKT - Adrian Doyle - E-Book

BLUTVOLK, Band 33: DER PAKT E-Book

Adrian Doyle

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Beschreibung

Mayab, die Hermetische Stadt, ist dem Untergang geweiht. Die Tyrannen sind tot, das Volk in Panik, und der Weltenpfeiler droht zu zerbrechen. Es ist wie der Tag des Jüngsten Gerichts – und nur Landru und die Werwölfin Nona besitzen die Fähigkeit, Mayab zu verlassen. Alle anderen, auch Lilith Eden, scheitern an der unsichtbaren Barriere!

Inmitten des Chaos beginnt für Lilith ein Wettlauf gegen den Tod – und ihre größte Aufgabe: eine ganze Welt und ihr Volk vor dem Untergang zu bewahren. Dabei weiß sie wohl, dass es keine Rettung geben kann.

Bis Hilfe von unerwarteter Seite kommt: vom Bösen selbst...

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

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ADRIAN DOYLE

&

TIMOTHY STAHL

 

 

BLUTVOLK, Band 33:

Der Pakt

 

 

 

Roman

 

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Die Autoren 

 

Was bisher geschah... 

DER PAKT 

 

Vorschau auf BLUTVOLK, Band 34: IM ZEICHEN DES ADLERS 

von ADRIAN DOYLE und TIMOTHY STAHL 

 

Glossar 

 

Das Buch

 

Mayab, die Hermetische Stadt, ist dem Untergang geweiht. Die Tyrannen sind tot, das Volk in Panik, und der Weltenpfeiler droht zu zerbrechen. Es ist wie der Tag des Jüngsten Gerichts – und nur Landru und die Werwölfin Nona besitzen die Fähigkeit, Mayab zu verlassen. Alle anderen, auch Lilith Eden, scheitern an der unsichtbaren Barriere!

Inmitten des Chaos beginnt für Lilith ein Wettlauf gegen den Tod – und ihre größte Aufgabe: eine ganze Welt und ihr Volk vor dem Untergang zu bewahren. Dabei weiß sie wohl, dass es keine Rettung geben kann.

Bis Hilfe von unerwarteter Seite kommt: vom Bösen selbst...

 

BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.

Die Autoren

 

 

Manfred Weinland, Jahrgang 1960.

Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.

Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.

Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.

Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.

Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.

Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.

 

 

 

Timothy Stahl, Jahrgang 1964.

Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.

In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.

Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.

In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada. 

  Was bisher geschah...

 

 

Bei der Flucht aus den Gefilden der Hölle – eine Dimension, die einst durch den Fall des Engels Luzifer entstand – werden die Persönlichkeiten von Lilith Eden und ihrem ärgsten Feind Landru gelöscht; sie wissen nicht einmal mehr, dass sie Vampire sind! 

Während Lilith in Australien nach Spuren ihrer Herkunft sucht, taucht Gabriel, eine Inkarnation Satans, bei Landru auf. Er schließt einen Pakt mit ihm und gibt ihm die Erinnerung zurück. 

Von der Werwölfin Nona erfährt Landru, dass der Dunkle Dom, die Heimstatt der Hüter, zerstört ist! Er muss in Erfahrung bringen, was dort geschah – schließlich war er selbst einer jener Hüter, die mit dem Lilienkelch das Geschlecht der Vampire verbreiteten. Zuvor aber kümmert er sich um Lilith; mit ihr hat er besondere Pläne. Derweil erwacht im Dunklen Dom der letzte überlebende Kelchhüter: Anum, der damals auch der erste Hüter war. 

Landru offenbart Lilith, dass sein Gedächtnis zurückgekehrt ist. Er gibt vor, sich auch an ihre Identität zu erinnern: In Mittelamerika gäbe es eine Stadt, in der ihre gemeinsamen Kinder auf sie warteten. Diese Stadt – Mayab – ist mit Kelchmagie von der Umwelt abgeschirmt. In ihr leben Maya noch so wie vor einem halben Jahrtausend. Doch etwas in Lilith wehrt sich gegen die von ihr verlangten Grausamkeiten, und so zieht sie sich gleichermaßen den Zorn Landrus, den Unmut ihrer »Kinder«... und die Sympathien der Maya zu, für die sie zum Hoffnungsträger wird. 

Zu lange schon hat Landru sich mit seiner Erzfeindin befasst; nun bricht er zum Ararat auf. Doch Anum hat den Dom bereits verlassen. Aus der EWIGEN CHRONIK, der Geschichtsschreibung des Bösen, erfuhr er von Landrus Machtgelüsten und Versagen. Nun will er das Schicksal seines Volkes in die eigenen Hände nehmen. Um die CHRONIK zu schützen, füllte Anum den Dom mit Säure und ließ einen Wächter zurück. Landru tappt in die Falle, erringt letztendlich aber das Buch. Er selbst kann die Schrift darin nicht lesen, weiß aber, dass Lilith diese Fähigkeit besitzt. 

In Mayab spitzt sich die Situation zu. Liliths Einsatz für die Bevölkerung ermutigt die Widerstandsbewegung der Tiefen, einen Schlag gegen die Tyrannen zu führen. Nona, die auf Lilith achten sollte, plagen andere Sorgen: Die unsichtbare Barriere über Mayab verhindert ihre Metamorphose zur Werwölfin. Nona verlässt die Stadt – und kann so nicht verhindern, dass die Vampire Lilith ein lähmendes Gift verabreichen. Nur ihr Symbiont schützt sie vor einem feigen Mord – während die Rebellen den Palast angreifen. 

Landrus Rückkehr beendet die Rebellion, die nur vier der Tyrannen überleben, auf drastische Weise. Dann zwingt er Lilith unter Hypnose, ihm aus der EWIGEN CHRONIK vorzulesen. Doch seine Frage nach dem Wirken des Satans endet im Fiasko: Plötzlich beginnt Lilith, von einer fremden Macht beseelt, das Buch zu zerstören! 

Und das ist nicht alles! Der Weltenpfeiler, der das Gewölbe über Mayab stützt, flackert – die Welt ist dem Untergang geweiht! 

DER PAKT

 

 

 

 

Vor Tagen war für Tikal jedes Licht verloschen. Finsternis war zur Welt des jungen Maya geworden. Seither lebte er im Reich der Tiefen, einem Labyrinth aus Stollen und Höhlen unter seiner einstigen Heimat Mayab.

Tage wie Ewigkeiten lagen hinter Tikal. Tage, in denen er versucht hatte, sich mit seinem Schicksal abzufinden. Gerade begann ihm seine Bürde zumindest erträglich zu erscheinen – als die Schwärze des tiefen Reichs um Tikal her zu widernatürlichem Leben erwachte! Und sie tat es mit dem wütenden Grollen eines Ungeheuers, das aus äonenlangem Schlaf gerissen worden war...

 

Für zwei oder drei Sekunden schien der Stollenboden unter Tikals Füßen Wellen zu schlagen. Die plötzliche Bewegung brachte den jungen Maya aus dem Gleichgewicht. Er taumelte, schlug blind gegen die Wand, verletzte sich an vorstehendem Gestein und stürzte schließlich.

Zu spät streckte er die Hände vor, sodass er hart mit dem Gesicht auftraf, und für einen Moment durfte Tikal noch einmal schauen, was ihm mit dem Augenlicht geraubt worden war – alle Farben des Spektrums. Schmerz ließ ihre Pracht in seinem Geist explodieren und narrte seine toten Augen mit Eindrücken, die sie nie mehr wirklich sehen würden.

Als die seit Tagen gewohnte Schwärze ihn wieder einhüllte, so undurchdringlich, als sei er bei lebendigem Leibe in einem Loch begraben, richtete Tikal sich mühsam und stöhnend auf. Seine Hände tasteten blindlings umher auf der Suche nach einem Halt. Sie berührten die Wand des Stollens, und an ihren steinernen Vorsprüngen rappelte sich der Tiefe vollends in die Höhe. 

So blieb er stehen und lauschte atemlos in die Finsternis. Sein rasender Herzschlag steigerte das Rauschen des Blutes in seinen Ohren zu dem eines Wasserfalls. Konzentriert filterte Tikal dieses Geräusch aus seiner Wahrnehmung, horchte einzig nach dem, was zuvor und während des Sturzes zu ihm gedrungen war.

Dieses dumpfe Grollen, das aus Boden und Wänden gekommen zu sein schien, dazu ein fernes Krachen wie von berstendem Stein... Zusammen hatte es geklungen, als –

Tikal fiel kein Vergleich ein, der ihm passend erschienen wäre; es sei denn –

– als würden die Gänge und Höhlen des tiefen Reichs einstürzen! 

»Unmöglich!«, stieß Tikal hervor, halblaut zwar nur, aber der Schrecken in diesem einen Wort war so eisig, dass er ihm wie Frost in die Lippen biss. 

Und dabei hatte der junge Maya geglaubt, dass ihn nichts mehr schrecken könnte nach all dem, was er in den vergangenen Tagen durchgemacht hatte.

Begonnen hatte es mit seinem Fluchtversuch, der an der magischen Barriere, die Mayab seit Generationen von der Außenwelt abschottete, gescheitert war. Die Macht, die jener Grenze innewohnte, hatte Tikal hinab in das Labyrinth geschleudert, wo die Tiefen, wie sie sich nannten, ein eigenes geheimes Reich gegründet hatten.1 

Sie alle waren einst auf die gleiche Weise hierher verschlagen worden, und droben in der Hermetischen Stadt wusste nur eine Handvoll Menschen von ihrer Existenz.

Nicht einmal die Vampire, die Mayab seit Anbeginn tyrannisierten, hatten Kenntnis von diesem tiefenReich. Dafür hatten jene, die dort eine neue Heimat gefunden hatten, gesorgt – indem sie ihr Augenlicht opferten! 

Damit entzogen sie sich auf drastische Weise der fremdenSicht, die es den vampirischen Herrschern Mayabs ermöglichte, durch die Augen eines jeden Menschen zu sehen, der ihren Keim im Blut trug. Und es gab niemanden in der verborgenen Stadt, der vor ihrem Biss verschont geblieben wäre... 

Jeden Neuankömmling in ihrem Reich schlugen die Tiefen mit Blindheit, zu seinem und ihrem eigenen Schutz. Und aus dem gleichen Grund verätzten sie ihm die Haut. Damit tilgten sie das Stigma, das der Kontakt mit der Barriere unweigerlich darauf hinterließ, und so konnten die Jagdtiere der Vampire den Verschwundenen nicht länger wittern. 

Durch diese Maßnahmen waren die Tiefen lange Zeit unentdeckt geblieben. Bis sie selbst, ermutigt durch den Tod eines der Tyrannen, aus dem Dunkel ihrer unterirdischen Zuflucht hervorgekommen waren – vor wenigen Stunden erst! Gemeinsam mit ihren sehenden Helfern hatten sie sich gegen die vampirischen Könige aufgelehnt und waren ohne jede Warnung zum Angriff auf den Palast übergegangen.2 

Der Kampf dort oben mochte inzwischen vielleicht schon vorüber sein. Tikal wusste es nicht.

Er hatte sich nicht daran beteiligt. Zum einen, weil er – wohl seiner Unerfahrenheit wegen – nicht dazu aufgerufen worden war, und zum anderen, weil er sich selbst nicht zu einem solchen Unterfangen bereit gefühlt hatte.

Ihn beschäftigte und plagte anderes.

Das Schicksal, fortan ein Tiefer zu sein, blind und entstellt. 

Dieses Leben schien ihm schlimmer noch als sein vorheriges, in dem er der grausamen Willkür der Tyrannen ausgesetzt gewesen war und ihr Joch tragen musste.

Um darüber nachzusinnen, hatte Tikal sich von den anderen abgesetzt und zurückgezogen in Bereiche des Labyrinths, wo er allein sein konnte. Und wenn seine noch schwach ausgeprägten Übersinne, die den Tiefen das Augenlicht im Laufe der Zeit halbwegs zu ersetzen vermochten, nicht trogen, befand er sich in der Randzone des tiefenReichs; dort, wo am Ende gesicherter Stollen sich die Barriere auch unterirdisch fortsetzte, als sei sie in ihrer Gesamtheit eine riesenhafte Blase, die Mayab ganz umschloss. 

In dieser selbstgewählten Einsamkeit hatte Tikal seinen trüben Gedanken freien Lauf gelassen, in der Hoffnung, sie mögen sich verirren in dieser Weite und nicht mehr zu ihm zurückkehren. Stattdessen jedoch hatte ihm das Alleinsein – im übertragenen Sinne freilich nur – die Augen geöffnet und ließ ihn eine Wahrheit schauen, für die er nur zu gern blind geblieben wäre bis ans Ende seiner Zeit:

Wenn er seinen ohnehin fast aussichtslosen Fluchtversuch nur um ein paar Tage aufgeschoben hätte, und wenn die Menschen dort oben tatsächlich den Sieg über die Vampire errangen – dann wäre ihm, Tikal, das Los eines Tiefen erspart geblieben... 

»Elender Narr«, schalt er sich selbst, »trägst allein die Schuld an dem, was aus dir geworden ist...«

Trost waren ihm die Worte nicht. Im Gegenteil schnürten sie ihm die Kehle nur noch enger und ließen die vage Bereitschaft, sich doch mit allem abzufinden, zerspringen wie spröden Lehmverputz auf einer alten Wand.

Tikal spürte den Sog der Verzweiflung. Er packte nach ihm wie mit wirklichen Händen und wollte ihn noch tiefer hinabzerren in jenes Loch, in dem er ohnedies schon steckte und an dessen Grund er sich endlos in Selbstmitleid und Schmerz suhlen konnte.

Die Aussicht darauf schreckte ihn nicht einmal, lockte ihn eher noch, und aus eigener Kraft hätte er wohl schwerlich widerstanden, wenn nicht –

– etwas anderes geschehen wäre!

Etwas, das Tikal herausriss aus dem Gespinst seiner Gedanken, das ihm jeden Sinn trübte und alle Vernunft lähmte.

Der Boden –

Die Wände –

– sie bebten von neuem!

Ungleich heftiger diesmal! So stark, dass Tikal glaubte, einen Stoß in den Rücken zu erhalten, der ihn nach vorne trieb, bis zur gegenüberliegenden Stollenwand, an der entlang er zu Boden stürzte.

Das Grollen und Knirschen klangen deutlich lauter als zuvor, nicht wie von weither, sondern wirklich und wahrhaftig um ihn herum entstehend!

Flach lag er am Boden – und spürte, wie die Erde unter ihm aufbrach. Klüfte entstanden, so breit, dass seine Arme und Beine darin verschwanden. Noch in derselben Sekunde verschoben sich die Schollen, und es kam Tikal vor, als steckten seine Glieder in erdigen Mäulern fest, die daran zerrten und sie nicht mehr freigeben würden.

Panik überfiel den Blinden. Er wollte fortkriechen, sich befreien, doch ehe es ihm gelingen konnte, stürzte schweres Gewicht auf ihn herab –

– die Decke! Die Stollendecke brach ein!

Staub wölkte auf, drang Tikal in Mund und Nase, ließ ihn husten und keuchen. Er versuchte sein Gesicht zu schützen, wandte es ab – und schrie auf, als ihm splitterndes Gestein entgegenprasselte! Unvorstellbare Kräfte mussten den Fels in der Stollenwand förmlich zermalmt haben, und unter dem immensen Druck spritzten die winzigen Trümmer davon. Wie glühend bohrten sie sich in Tikals ohnehin zerschundene Gesichtshaut.

Etwas schlug mit Urgewalt in den Boden, so dicht vor seiner Nase, dass Tikal den Luftzug wie heftigen Wind spürte. Lehm stob auf und klatschte ihm ins Gesicht.

Ein Stein, vermutete der Blinde, ein gewaltiger Stein muss das gewesen sein. Nur eine halbe Armeslänge näher, und... 

... fast wünschte er, der niederstürzende Felsbrocken hätte ihn erschlagen. Dann wäre es vorbei gewesen, noch ehe es richtig begonnen hatte. 

Welche Ursache das Beben auch immer haben mochte, Tikal war sicher, dass er es nicht einmal dann wirklich begriffen hätte, wäre es ihm möglich gewesen, alles mit eigenen Augen mitanzusehen. Vielleicht war es ja eine Gnade, dass er es nicht konnte...

Auch dieser Gedanke vermochte ihn nicht zu trösten. Was er erlebte, die Art und Weise, wie er es zu erleben gezwungen war – hilflos und blind –, all dies war schlicht entsetzlich und solcherart beklemmend, wie es sich ein Sehender niemals vorstellen konnte. 

Das Donnern sich bewegender, verschiebender Erd- und Gesteinsmassen riss jetzt nicht mehr ab.

Ein Sturm tobte um Tikal her, wie er ihn nie zuvor erlebt hatte.

Und wie er ihn nie mehr erleben würde...

 

 

In Mayab geboren zu werden hatte seit jeher geheißen, zum Leben verdammt zu sein.