Bonesmith - Nicki Pau Preto - E-Book

Bonesmith E-Book

Nicki Pau Preto

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Beschreibung

Halte deine Klinge bereit. Besiege die Untoten. Für die Knochenschmiedin Wren ist eine Valkyre zu werden – eine geisterbekämpfende Kriegerin – eine Chance, ihren Platz im edlen House of Bone zu festigen. Doch als Wren aufgrund von Sabotage bei ihrer Eignungsprüfung durchfällt, wird sie an die Grenzmauer verbannt. Entschlossen, sich den Respekt ihrer Familie zurückzuerobern, erhält Wren ihre Chance, als ein Prinz des House of Gold entführt und hinter die Mauer gebracht wird. Um zu beweisen, dass sie das Zeug dazu hat, eine Valkyre zu sein, schwört Wren, den Prinzen zu retten. Doch dazu ist sie gezwungen, ein Bündnis mit einem der Entführer Julian einzugehen, hinter dem mehr steckt, als sie ursprünglich dachte ...

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nicki Pau Preto

 

 

BONESMITH – Tochter der Dunkelheit

HOUSE OF THE DEAD Dilogie

(Band 1)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Übersetzung von Patricia Buchwald

 

Bonesmith – Tochter der Dunkelheit

 

 

 

BONESMITH

Copyright © 2023 by Nicki Pau Preto

Copyright © 2025 German translation by VAJONA Verlag GmbH

 

Vermittelt durch die Agentur

Agence Hoffman GmbH, Hohenstaufenstraße 1, 80801 Munich, Germany

 

 

Übersetzung: Patricia Buchwald

Korrektorat: Dejana Fulurija und Michelle Markau

Umschlaggestaltung: Jacket Illustration © 2023 by Tommy Arnold; Jacket design © 2023 Simon & Schuster LLC

Satz: VAJONA Verlag GmbH, Oelsnitz, unter

Verwendung von Canva

 

VAJONA Verlag GmbH

Carl-Wilhelm-Koch-Str. 3

08606 Oelsnitz

 

 

An Jessi Rae Fournier,

die beste semiprofessionelle Hype-Frau, die man sich wünschen kann.

Ich kann es kaum erwarten, mich zu revanchieren.

 

»Macht eure Klingen bereit.«

Gemeinsam knieten die Novizen im Schnee und hielten ihre Waffen mit den Handflächen nach oben. Für Valkyren wie Wren war es eine Klinge, die aus toten Knochen gefertigt worden war. Für Reapyrs war es eine Sense aus glänzendem Stahl.

Die Sonne war untergegangen, der Himmel tiefschwarz und mit Sternen übersät – die Stunde des Totengräbers hatte geschlagen. Jeden Moment würde der Sichelmond die vermeintlichen Bäume überragen.

Jeden Moment würde die Verhandlung beginnen.

Wrens Herz klopfte erwartungsvoll.

Die Äste des Waldes standen blass und kahl vor ihnen, mit spitzen Händen und klaffenden Mäulern. Mit gesplitterten Stacheln und gebrochenen Rippen.

Dies war kein gewöhnlicher Wald. Das war der Knochenwald.

Arme und Beine ragten aus dem Boden, verdreht und verkrümmt. Verbogen und gebrochen.

Tote, seelenlose Knochen.

Untote, geisterhafte Knochen.

Menschliche Knochen, ja, aber auch andere Kreaturen. Rentiere mit stacheligen Geweihen und große Wollmammuts mit gebogenen Stoßzähnen. Uralte Knochen von unbekannten Bestien. Knochen aus den Anfängen der Zeit.

Der Knochenwald war gleichzeitig ein Friedhof und ein Übungsplatz. Hier erprobten die Knochenschmiede ihre Fähigkeiten, erweiterten ihre Magie und zeigten ihre Kontrolle über die Untoten.

Nach jahrelanger Ausbildung und einem Leben in seinem Schatten würde Wren nun den Knochenwald durchqueren und an der Knochenwald-Prüfung teilnehmen.

Sie hob den Kopf leicht und betrachtete die Novizen, die zu beiden Seiten von ihr knieten. Sie waren insgesamt zehn, alle in das Schwarz des House of Bone gekleidet und mit schwarzer Schmiere an den Augen, die ihre Augenhöhlen wie Totenköpfe aussehen ließ. Das Geisterlicht war hell genug, aber es blendete, wenn es auf den Schnee traf, also benutzten sie das Wachs-Kohle-Gemisch, um die Blendung zu verringern. Dadurch wurde das Zeichen ihrer Magie – ihre blasse, knochenweiße Iris – noch deutlicher sichtbar.

Manchmal verlängerte Wren das Augenschwarz bis an den Haaransatz oder bemalte ihre Lippen für einen dramatischen Effekt, obwohl ihre Lehrer ihr normalerweise sagten, sie solle es abwischen. Manchmal verteilte sie es auf ihren Zähnen und lächelte breit, nur um sie zu erschrecken. Im House of Bone, das eisig und isoliert an der nördlichsten Spitze der Dominions lag, gab es nicht viel Unterhaltung, also musste Wren damit auskommen. Aber nicht heute Abend. Heute Abend würde sich Wren an die Regeln halten … ausnahmsweise.

Wenn sie die Prüfung bestand, würde sie ihr Leben lang als Valkyre vom House of Bone dienen. In den Dominions, wo die Magie aus den Tiefen der Erde quoll, lebten die Toten – gewalttätig und unberechenbar – es sei denn, ein Knochenschmied trennte den Geist von seinen irdischen Überresten. Das war die Aufgabe der Reapyrs.

Aber nicht alle Geister gingen stillschweigend. Einige wehrten sich, und so war es die Aufgabe der Valkyren, die Reapyrs vor den Untoten zu verteidigen.

Ohne das House of Bone würden die Geister ihr Land überrennen und es unbewohnbar machen, wie es für Jahrhunderte der Fall gewesen war. Ihre Arbeit war mehr als ein Job oder eine Berufung. Es war eine Aufgabe.

Aber das hieß nicht, dass Wren es nicht genießen konnte.

Im Kontrast zu ihrer schwarzen Bemalung trugen die Valkyren auch Knochen. Sie befestigten sie an den Unterarmen und als Brustpanzer, und Knochenwaffen wurden über die Schultern und in Gürtel geschnallt oder als Geschütze an Patronengurten befestigt.

Jeder hatte seine Favoriten – Wren trug Zwillingsschwerter in Scheiden auf dem Rücken, während Leif eine breite Axt aus geschärften Beckenknochen und Inara einen Dreschflegel mit einem Stachelschädel am Ende trug.

Kurz gesagt, sie waren für den Krieg gekleidet. Das Schlachtfeld war der Knochenwald, und der Feind waren die Untoten.

Obwohl sie eines Tages Verbündete sein würden, waren die anderen Neulinge der Valkyres heute Abend Wrens Rivalen, ihre Konkurrenten – Söhne und Töchter des House of Bone und seiner verschiedenen Zweige oder aufstrebende, unbedeutende Personen aus den Dominions, die irgendwie Knochenschmiedblut in sich trugen. Cousins und entfernte Verwandte, Fremde und Außenseiter, aber keine Freunde. Keine Familie.

Ihr Vater hatte es ihr bei einem ihrer seltenen Gespräche erklärt: Sie waren durch Magie verbunden, nicht durch Liebe. Pflicht, nicht Zuneigung.

Das war der Weg des House of Bone.

Wren hatte hart gearbeitet, gekratzt und sich daran gekrallt, um hierher zu kommen. Sie war die beste verdammte Novizin, die ihr Haus seit Jahren gesehen hatte, und heute Abend würde sie es allen beweisen: ihren Lehrern und Ausbilder, Lady-Schmiedin Svetlana Graven – Oberhaupt des House of Bone – und vor allem ihrem Vater.

»Psst«, flüsterte eine Stimme von ihrer rechten Seite.

Inara.

Von allen von Wrens Cousinen war Inara Fell die größte Bedrohung für ihre Vormachtstellung unter den Valkyren – und ihre einzige würdige Gegnerin. Sie waren gleich alt und hatten eine ähnliche Größe und Statur, deshalb wurden sie oft für den Unterricht und die Übungen zusammengetan, aber damit endeten die Gemeinsamkeiten. Inara hatte grobes schwarzes Haar, das sie sorgfältig zu engen Zöpfen geflochten hatte, und ihre elfenbeinfarbenen Knochenschmiedeaugen hoben sich deutlich von ihrer braunen Haut ab. Wren hingegen hatte wildes, knochenweißes Haar – immer unordentlich und ungekämmt – und ebenso blasse, farblose Augen. Inara war organisiert, hielt sich an die Regeln und war immer pünktlich. Wren war intuitiv, kam und ging, wie es ihr gefiel, und betrachtete Regeln eher als Vorschläge und nicht als Gesetze, an die sie sich halten musste.

Solange sie denken konnte, waren die beiden sich an die Gurgel gegangen, aber nach heute Abend würden sie getrennte Wege gehen. Sobald sie ihre Prüfung bestanden hatten, würden sie jeweils mit einem Reapyr zusammengebracht und auf Reisen durch die Dominions geschickt werden, um Todesriten durchzuführen und gefährliche Geister zu bannen, damit alle Toten ausgegraben werden konnten. Andernfalls könnten sie für Jahrhunderte verloren und vergessen werden, bis ein unglücklicher Narr sie ausgräbt und eine untote Horde entfesselt.

Wie das, was bei dem Breach passiert war – die dunkelste Herausforderung, der sich die Knochenschmiede je gestellt hatte. Aber in solchen Zeiten wurden Helden geschmiedet und Legenden geschaffen, wie Wrens Onkel Locke Graven.

Sie sehnte sich nach einem solchen Status und eines Tages würde sie diesen erreichen. Aber zuerst musste sie die Knochenwald-Prüfung bestehen.

»Halt die Klappe«, sagte sie zu Inara, ohne den Kopf zu drehen. Sie war generell für geflüsterte Gespräche – je unpassender die Zeit, desto besser – aber der heutige Abend war viel zu wichtig für Wren, als dass sie sich ablenken lassen durfte.

Die Bedingungen der Prüfung waren einfach: Jedes Valkyre- und Reapyr-Paar musste den Knochenwald sicher durchqueren und unterwegs drei Geister ernten. Sie hatten bis zum Morgengrauen Zeit.

Aber der Knochenwald duldete Reisende nicht leichtfertig. Es gab dort Geister, die nicht schliefen, Untote, die niemals Frieden finden würden.

Und hierbei wurde noch nicht von den Lebenden geredet.

Wren musste ihre Reapyr vor gewalttätigen Geistern schützen und sich mit den anderen Valkyren auseinandersetzen, die sich ihren Weg durch die Wälder bahnten. Valkyren wie Inara, die nichts lieber tun würden, als sie scheitern zu sehen.

»Willst du die Dinge interessant machen?«, drängte Inara. Für jemanden, die es liebte, sich an die Regeln zu halten, war sie heute Abend erstaunlich hartnäckig.

»Ich rede mit dir«, sagte Wren gedehnt. »Ich bin mir nicht sicher, ob das möglich ist.«

Ja, Inara war eine würdige Konkurrentin … aber sie war Wren auch ein ständiger Dorn im Auge und war ihr immer auf den Fersen. Sie war in allem die Zweitbeste, außer im Brechen von Regeln.

In diesem Punkt kam niemand an Wren heran.

Inara war unbeeindruckt. »Dann könntest du die Sache für ihn interessanter machen«, sagte sie freundlich. Sie sprach zum Boden, während beide noch immer im Schnee knieten, aber Wren hörte die Worte deutlich. Es gab nur einen »ihn«, den sie meinen konnte.

Sie blickte zu ihrem Vater auf.

Lord-Schmied Vance Graven stand neben seiner Mutter Svetlana auf dem Podium, zusammen mit den anderen Juroren der Prüfung. Als Erbe des House of Bone war er verpflichtet, bestimmten Ereignissen beizuwohnen – egal, ob sein einziges Kind daran teilnahm oder nicht.

Er nickte ihr nur ganz leicht zu. Eine Anerkennung, ja, aber auch eine Mahnung.

»Ich zähle heute auf dich«, hatte er nur wenige Stunden zuvor zu ihr gesagt. Sie hatte auf dem Ausbildungsgelände von Marrow Hall gestanden, wo sich knochenweiße Säulen über sie gewölbt und schwarzer Sand unter ihren Füßen gelegen hatte. »Mach mich stolz.«

Für Wren hatte sich das wie eine Herausforderung angehört. Sie hatte ihn seit drei Monaten nicht mehr gesehen und war fest entschlossen gewesen, ihn mehrals nur stolz zu machen. Sie wollte, dass er blieb, wenn auch nur für eine kurze Zeit.

Sie hatte ihr Kinn gereckt. »Ja, Vater.«

Er hatte sie einige Augenblicke lang schweigend gemustert und ihr dann ein zögerliches, nachsichtiges Lächeln geschenkt. »Sie erzählten mir, dass du die halbe Nacht damit verbracht hast, Knochenstaub aus den Bücherregalen der Bibliothekarin zu fegen. Warum?«

Wren hatte nicht anders gekonnt, als ihn anzugrinsen. Sie hatte mit den Schultern gezuckt. »Mir war langweilig.«

Technisch gesehenhatte das gestimmt. Sie war aus Langeweile im Unterricht auf die Bücherregale geklettert, und als die Bibliothekarin sie drei Stockwerke hoch mit ihren schmutzigen Stiefeln auf einer Erstausgabe von The Gravedigger’s Watch erwischt hatte, war die Reinigung die endgültige Strafe gewesen.

Die blassen Augen ihres Vaters hatten getanzt und zwischen den Zeilen gelesen, so wie er es immer tat. Wann immer er zu Besuch kam, egal, wie selten, hatte er Wren mit einer ernsten Miene über ihre verschiedenen Fächer – und die damit verbundenen Strafen – aus, als ob er nach etwas suchen würde. Als Beweis für ihre Fähigkeiten? Oder deren Fehlen? Das Thema war langweilig, selbst für sie, und so schien es nur angemessen, dass sie ihn mit ihren Mätzchen unterhielt. Das war das Mindeste, was sie tun konnte.

Er hatte geseufzt und war ernst geworden, aber die Belustigung war immer noch in seinem Blick zu sehen gewesen. Wren lebte für diesen Funken. Auch wenn er es nie zugeben würde, hatte Wren als junge Knochenschmiedin Geschichten über Vance Graven gehört, und er war ein mindestens genauso großer Unruhestifter wie sie. In Anbetracht von Wrens problematischer Herkunft war er es sogar noch mehr.

»Ich hoffe, der Schlafmangel wird sich nicht auf deine Leistung in der Prüfung auswirken«, hatte er mit dem kleinsten Anflug von Tadel gesagt.

Wren hatte entschlossen den Kopf geschüttelt. »Niemals.«

Er hatte genickt, sich dann zu den anderen Novizen umgedreht, die weiterhin im Trainingssand geübt hatten. Er hatte sie bereits vergessen.

»Tatsächlich«, hatte sie hinzugefügt, um seine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen, »hatte ich sowieso vor, aufzubleiben, um mich an die Nachtprüfung zu gewöhnen, also hat mir die Bibliothekarin einen Gefallen getan.«

Er hatte die Lippen geschürzt. »Ich nehme an, das erklärt auch, warum du bis mittags geschlafen und den Unterricht am Morgen verpasst hast?«

Wren hatte gestrahlt. »Genau.«

Er hatte sich wieder auf die anderen Novizen konzentriert, darunter Inara, und Wren hatte plötzlich das Bedürfnis gehabt, ihm zu erzählen, was sie in letzter Zeit alles nicht verbockt hatte. »Ich bin in unserer Sparringsklasse ungeschlagen und –«

Er hatte über sie hinweg gesprochen, als ob er sie nicht gehört hätte. »Deine Großmutter beobachtet dich, Wren. Du musst vorsichtig sein. Sie wird jede Ausrede nutzen, um dich durchfallen zu lassen.« Sein Blick war zu ihr zurückgekehrt. »Gib ihr keine. Du darfst heute Nacht nicht einfach bestehen. Du musst spektakulär bestehen. Hast du verstanden?«

Jetzt, wo die Knochenwald-Prüfung nur noch wenige Augenblicke entfernt war, neigte Wren ihren Kopf zu Inara. »Was hast du dir vorgestellt?«

Inara lächelte, und hinter ihr tauschte Ethen – ihre Reapyr-Novizin für die Prüfung – einen Blick mit Wrens Novizin Sonya aus. Es war nicht das erste Mal, dass sich Wren und Inara gegenüberstanden, und ihre Konflikte endeten selten ohne irgendeine Form von Kollateralschaden. Beide Reapyrs befürchteten wahrscheinlich, dass sie es sein könnten.

»Ein Rennen«, sagte Inara und warf einen Blick hinauf zu den Bäumen, bevor sie wieder hinunterschaute. »Wer zuerst durch ist, hat gewonnen.«

Das war mehr oder weniger schon der Zweck der Prüfung. Es gab keine Zeitmessung, aber als Letzte ins Ziel zu kommen, würde nicht gut aussehen. Alle wollten die Ersten sein, vor allem Wren.

»Und die Zweite, die durch ist?«

Inara drehte ihren Kopf so weit, dass sie sie mit gerunzelter Stirn ansah, als ob die Antwort offensichtlich wäre. »Verliert.«

Wren schmunzelte. Das war Motivation genug für beide, aber … »Das macht die Dinge kaum interessant. Ich habe vor, zu gewinnen, ob du mich nun herausforderst oder nicht.«

Inara leckte sich über die Lippen, ihr Blick war auf den Boden gerichtet. »Wenn du gewinnst, gebe ich dir Nightstalker.«

Das erregte Wrens Aufmerksamkeit. Nightstalker war der Dolch der Fell-Ahnen, der gerade in Inaras offenen Händen lag und im Mondlicht schimmerte.

Wie Wrens eigene Klinge hatte er eine lange Geschichte im House of Bone und hatte im Laufe der Jahre Dutzenden von talentierten Valkyren gehört – zuletzt Inaras Mutter. Sie war die Schulrivalin von Wrens Vater gewesen, so wie Inara ihre war.

Wie schön wäre es, Anspruch auf eine solche Waffe zu erheben? Ihrem Vater zu zeigen, dass sie nicht nur ihre größte Konkurrentin – und in geringerem Maßeauch ihn – übertroffen hatte, sondernnun auch zwei valkyrische Klingen besaß?

Sie waren mehr als nur praktische Waffen; sie waren Symbole des Valkyre-Ordens selbst, die ihren Platz im House of Bone repräsentieren. Sie wurden nicht leichtfertig vergeben und konnten nur von einem würdigen Gegner während einer formellen Herausforderung genommen werden. Oder vom Oberhaupt des Hauses, wenn ein Klingenträger als unwürdig erachtet wurde.

Wren konnte sich keine bessere Möglichkeit vorstellen, sich zu beweisen. Um spektakulär zu sein.

Es gab jedoch auch eine Kehrseite der Wette.

»Und wenn ich gewinne«, fuhr Inara fort, »gibst du mir Ghostbane.«

Wrens Dolch und der Dolch ihres Vaters vor ihr. Er fühlte sich plötzlich schwer an, lag in ihren Händen, sodass ihre Arme unter dem Gewicht zitterten.

Sobald diese Nacht vorbei war, würde Wren entweder zwei Ahnenklingen haben – oder keine.

Aber ob mit oder ohne Wette, sie hatte nicht die Absicht, zu verlieren, wie Inara es ausdrückte, und nicht als Erste zu kommen. Denn wieder …

Du darfst heute Nacht nicht einfach bestehen. Du musst spektakulär bestehen.

»Oh, noch etwas«, fügte Inara hinzu, mit der Überlegenheit von jemandem, der den Köder ausgelegt hat und bereit ist, die Falle auszulösen. »Wir müssen den Spine nehmen.«

Der Spine. Es war der härteste Pfad zwischen den Bäumen, der mitten durch den Wald führte. Es war der kürzeste Weg, aber auch der älteste und am stärksten heimgesuchte, der durch das Herz des Knochenwalds führte.

Das war der sicherste Weg, um in Schwierigkeiten zu geraten, auch wenn sie nicht zusammen unterwegs wären. Aber das waren sie. Sie würden sich auf der ganzen Strecke in die Quere kommen, was eigene Möglichkeiten und Hindernisse mit sich brachte. Auch wenn Wren die Regeln aus Prinzip missachtete, hatte sie nicht vor, Inara zu sabotieren. Aber wenn sie zusammen reisten, konnte sie das.

Und natürlich könnte Inara sie auch sabotieren. Unwahrscheinlich, da Inara eine Streberin war, die die Regeln liebte, aber dies war die Knochenwald-Prüfung. Der Einsatz war noch nie so hoch gewesen.

Das wäre riskant und leichtsinnig und würde die ohnehin schon schwierige Prüfung doppelt so gefährlich machen.

Du darfst heute Nacht nicht einfach bestehen. Du musst spektakulär bestehen.

Ein Hornsignal ertönte und ließ Wren zusammenzucken. Sie schaute zum Mond hinauf, der gerade die höchsten Äste überragte.

Sie stand mit den anderen zusammen auf, ihr Griff um den Dolch war schmerzhaft fest.

Sie schaute ihren Vater noch einmal an, dann wanderte ihr Blick zu Inara. »Bin dabei.«

Der Mond lichtete die Knochenbäume.

Alle Blicke fielen auf Lady-Schmiedin Svetlana. Sie war es, die sie überhaupt erst zu den Waffen gerufen hatte.

Macht eure Klingen bereit.

Und sie war es, die jetzt wieder sprach.

»Besiegt die Untoten.«

Die Knochenwald-Prüfung hatte begonnen.

Der Wald war tausende von Metern weit und weitere tausende breit. Manche sagten, die alten Knochenschmiede seien Riesen gewesen, deren Gliedmaßen so lang waren, wie Wren groß war, aber es war wahrscheinlicher, dass sie die Knochenbäume gestreckt und verformt hatten, sodass sie schmal und spindeldürr oder dick wie Eichen waren.

Das war die Magie der Knochenschmiede: die Fähigkeit, tote Knochen ohne Berührung zu spüren, zu bewegen und zu manipulieren. Innerhalb eines Radius von drei Metern konnten Knochenschmiede einen Knochen in ihre Hand beschwören, seine Bewegungen in der Luft steuern oder Knochen heben, die viel schwerer waren, als ihre Muskeln allein tragen konnten. Valkyren wie Wren trugen Knochenwaffen, denn ihre Magie verlieh ihnen zusätzliche Geschwindigkeit und Kraft sowie eine hohe Treffsicherheit.

Knochenschmiede konnten auch spirituelle Fesseln sehen – die Fasern, die den Geist mit seinen Knochen verbanden –, die für das Auge eines Nicht-Knochenschmieds nicht zu erkennen waren.

Wenn Wren ganz ehrlich war, waren sie auch für ihr Auge oft unsichtbar. Es kam auf die Ausbildung und das natürliche Talent an – um ersteres hatte sich Wren nicht gekümmert, weil sie wusste, dass es der Bereich der Reapyrs war und sie war dazu bestimmt, eine Valkyre zu sein, und letzteres war ihr einfach nicht in die Wiege gelegt worden.

Reapyrs hatten ein feineres Gespür, konnten jede Unebenheit und jede Kerbe erkennen und waren besser in der Lage, den Ankerknochen zu erspüren und zu lokalisieren – den Knochen, der den Geist mit dem Körper verband. Während alle Knochen eines toten Körpers eine Spur der Seele enthielten, war der Ankerknochen der Stärkste. In der Regel war es der Knochen, der der tödlichen Wunde am nächsten lag, an der die Person gestorben war, oder im Falle eines Todes durch Krankheit oder Alter der Knochen, der dem Leiden oder den ersten Organen, die zu versagen begannen, am nächsten lag.

Der Ankerknochen war auch der begehrteste unter den Knochenschmieden, die mit einer Kombination aus Werkzeugen und ihrer magischen Begabung Rüstungen, Waffen und Talismane herstellten. Sie konnten Rippenkäfige zu Brustpanzern formen, Oberschenkelknochen zu Langschwertern schnitzen oder Knöchel zu Knochenstaub pulverisieren. Die Möglichkeit, ihre eigenen Waffen herzustellen, hatte für Wren einen gewissen Reiz, aber die Vorstellung, für den Rest ihres Lebens in den Katakomben von Marrow Hall eingesperrt zu sein, nicht.

Für Wren hieß es also: Valkyre oder Pleite. Ihr Job war der Gefährlichste, und Wren liebte nichts mehr als eine Herausforderung.

Und für Valkyren-Novizen gab es keine größere Herausforderung als den Knochenwald.

Er war voller untoter Knochen, wurde von Geistern heimgesucht und lag außerhalb der magischen Reichweite eines Knochenschmieds. Nur wenn sie sich gegen die Geister wehrten und der Reapyr erlaubten, die Fesseln an ihren Körpern zu durchtrennen, konnten die Knochenschmiede ihre Knochen nutzen und manipulieren. Mit einem Schlag machten die Knochenschmiede die Welt vor den Geistern sicher und beschafften die Materialien dafür. Denn es gab nichts, was Geister mehr hassten als tote Knochen. Sie waren der erste und beste Schutz eines Knochenschmieds gegen sie.

Es war ein harter Job, aber irgendjemand musste ihn machen, und Wren war nur zu gerne bereit, sich zu verpflichten.

Aber der Knochenwald war mehr als nur ein heimgesuchter Wald – er war ein Labyrinth, dicht und verwirrend. Der Knochenwald, der die Grenze zu den Ländereien des House of Bone markierte, diente als Verteidigungslinie und war voll mit den Leichen potenzieller Angreifer und Eindringlinge.

Und nur weil es Pfade durch den Wald gab, hieß das nicht, dass diese Wege sicher waren. Wenn man vom Pfad abkam, um einen kürzeren Weg zu finden – oder einen, auf dem es weniger spukte –, riskierte man, seinen Weg nie wieder zu finden.

Viele Novizen würden lieber doppelt so weit reisen und doppelt so lange brauchen, als einem Geist zu begegnen, der auf der Untoten-Skala höher als zwei war.

Aber nicht Wren.

Sie lächelte Inara grimmig an, bevor sie in Richtung der Knochenbäume schritt. Ihr Reapyr folgte ihr, während Inara und ihr Reapyr – ebenso wie die anderen Paare auf beiden Seiten – dasselbe taten. Als Wren sich auf den Eingang des Spines zubewegte, dicht gefolgt von Inara, wichen die anderen Paare aus und schüttelten den Kopf, wählten einen sichereren Weg aus.

Wren lebte von ihren Zweifeln, aber in dem Moment, in dem sie zwischen die Bäume trat, schärfte sich ihre Aufmerksamkeit und ihr Fokus wurde stärker.

Der Spine war eigentlich kein richtiger Weg, sondern eher eine grobe Route durch den Wald, die durch alte rote Farbflecke an den bleichen Bäumen markiert war. Das bedeutete, dass Wren und Inara nicht wirklich zusammen gehen würden, Hand in Hand wie die verlorenen Kinder aus einer Fabel, aber sie folgten ihren eigenen Instinkten und wählten ihren eigenen Weg, immer zur nächsten roten Markierung.

Das einzige Licht kam vom Mond über ihnen, verdeckt von herabhängenden Knochenästen, die knarrten und rauschten und in einem untoten Wind getrieben wurden, den Wren nicht spüren konnte – und natürlich von den Geistern.

Es waren sicherlich Tausende von ihnen, einige hell wie die Sonne, aber mit einem unheimlichen, grün-weißen Licht, und andere so weich wie eine brennende Kerze, die um Befreiung bettelte. Einige waren bloße Dampfschwaden ohne Form und Gestalt – Stufe Eins –, während andere fast fest waren, mit scharfen und klar definierten Kanten. Stufe Zwei. Egal, wie dicht und fest sie waren, man konnte keinen von ihnen mit den Lebenden verwechseln. Ihre Körper wogen sich im gleichen, unheimlichen Wind wie die Knochen, und ihre Gesichtszüge waren gedehnt und verzerrt oder flackerten wie Blitze in und aus der Existenz. Es gab auch Tiere unter ihnen, Fledermäuse oder Schneekatzen, die sich zwischen den Bäumen tummelten.

Mit ein wenig Abstand zwischen sich und Inara wandte sich Wren an Sonya. Es war die Aufgabe der Valkyre, zu führen, den sichersten Weg und die beste Strategie zu wählen, aber die erfolgreichsten Paare arbeiteten in ausgewogener Harmonie zusammen. Obwohl Wren noch nie die beste Teamplayerin gewesen war, versuchte sie, Sonya mit einzubeziehen, damit die Reapyr ihre Arbeit richtig machen konnte.

Wren brauchte sie trotz allem.

»Wie möchtest du das angehen?«

Es gab zahlreiche verschiedene Strategien, die sie bei der Prüfung anwenden konnten. Geister der Stufe Eins waren praktisch harmlos, aber das lag daran, dass ihre Bindung an ihre Knochen schwach war. Das machte es schwieriger, ihre irdischen Überreste zu finden, auch wenn dies zu versuchen, sicherer war. Je höher auf der Untoten-Skala, desto körperlicher war der Geist und desto stärker war die Verbindung zu seinen Knochen, aber das machte es auch gefährlicher, ihn auszugraben.

Wenn man auf die erste Stufe setzen würde, wäre das ein netter, sicherer Versuch, aber die Ernte wäre langsamer. Das ist nicht ideal für ein Rennen, bei dem es eine zusätzliche Wette mit lebenslangen Rivalen gab. Gefährlichere Geister ins Visier zu nehmen, wäre zwar schneller, aber die Wahrscheinlichkeit eines Fehlers und einer Verletzung wäre höher.

Die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns wäre höher.

Es war nicht besonders häufig, aber es kam vor – ein Reapyr- und Valkyre-Paar hatte sich verirrt und war erst im Vorjahr durchgefallen – und würde ein weiteres Jahr Studium in Marrow Hall bedeuten, bevor die nächste Prüfung begann.

Wren war generell ein Fan der Chaos-Methode: mit Höchstgeschwindigkeit durchrasen und Ziele spontan auswählen. Sie wich nicht gerne vor einem Kampf zurück, aber wenn ein Geist zu unberechenbar war, ließen sie ihn stehen und zogen weiter. Wenn ein Geist zu schwach war, war er wahrscheinlich die Zeit und den Aufwand nicht wert.

»Sie nehmen, wie sie kommen?«, drängte sie, während Sonya auf ihrer Lippe kaute und die Unsicherheit in ihr Gesicht geschrieben stand. »Einsen und Fünfen vermeiden?« Wren verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Es gab keine Fünfer im Knochenwald. Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben. Nur im Spukgebiet im Osten, hinter der Grenzmauer, liefen die Knochen der Untoten mit ihren Geistern herum – und das war wegen des Breach. Wenn man tief genug grub, wie es die Eisenschmiede getan hatten, konnte man anscheinend alle möglichen Überraschungen zutage fördern … einschließlich hunderter vergrabener Leichen, die vor dunkler Macht strotzten und sich freuten, freigelassen zu werden.

Diese wandelnden Untoten – oder Wiedergänger – waren das Werk alter Geisterschmiede, eines längst ausgestorbenen Ordens von Nekromanten, die vom Rest der Gesellschaft gemieden wurden, weil sie ihre Magie dazu nutzten, Untote zu befehligen und zu kontrollieren. Selbst Wren, die nichts mehr liebte als einen guten Kampf mit einem Geist, unterdrückte einen Schauer bei dem Gedanken an sie. Glücklicherweise war die Zivilisation der Geisterschmiede vor Jahrhunderten durch eine Art Kataklysmus begraben worden, und jeder, der ihre Fähigkeiten besaß, mit ihm. Leider hatte der Bergbau der Eisenschmiede kurz vor Wrens Geburt ihre verlorene Welt mitsamt ihren untoten Schöpfungen wieder ans Tageslicht befördert. Wegen des Breach mussten die Knochenschmiede überhaupt erst die Untoten-Skala erfinden.

Auch wenn die Idee der Stufe Fünf im Knochenwald sie zum Lächeln bringen könnte, hatte Wren keine Lust, sich heute Abend einem solchen zu stellen.

Sonyas Blick huschte über Wrens Schulter in Richtung Inara und Ethen und sie nickte. »S-sicher. Wie du gesagt hast. Wir nehmen sie, wie sie kommen.«

Wie die Novizen der Valkyres waren auch die Reapyrs schwarz gekleidet, aber während Wrens Schwarz aus formgebendem Leder und dicken, gepolsterten Schichten bestand, trugen die Reapyrs lange, ausladende Roben, die über Schnee schleiften – ein bisschen dramatisch, ehrlich gesagt. Sie trugen keine Waffen außer der Sense, der gebogenen, handgeführten Klinge, mit der sie den letzten Schnitt machten. Jeder Knochen eines Körpers enthielt ein komplexes Netz von Ley-Linien – das waren die Nähte, die Stellen, an denen der Geist auf den Knochen traf, die Verbindungsstellen, die die beiden zusammenhalten konnten oder die Risse, die sie auseinanderreißen konnten. Es war die Aufgabe der Reapyrs, die Ley-Linien zu identifizieren und sie zu durchtrennen, um die Seele zu befreien.

»Bleib hinter mir«, riet Wren, steckte Ghostbane in seine Scheide und zog eines der beiden Knochenschwerter, die sie auf dem Rücken trug. Damit hatte sie eine größere Reichweite und war besser für die anstehende Aufgabe geeignet.

Als Wren und Sonya sich durch die Bäume bewegten, verstummten die Geräusche der anderen, und eine angespannte Stille trat an ihre Stelle. Keine wirkliche Stille, sondern die schwere, gewichtige Stille der Untoten.

Wrens Magie konnte die Knochen rundherum spüren – sie summte wie Strom auf ihrer Haut – und ihre Augen erfassten jede Regung und jede Bewegung, sie warteten, beobachteten.

Als ein gebeugter Arm – nein, Arme, verdreht und mit drei oder vier Ellbogen zusammengewachsen – bedenklich über ihren Weg lehnte, streckte Wren ihr Schwert aus, um ihr Vorangehen zu stoppen.

Sie näherte sich dem monströsen Baum vorsichtig, aber bei näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass die Knochen tot und ungeisterhaft waren, wie sie es erwartet hatte, erschaffen von einem kreativen und leicht gestörten Knochenschmied vor langer Zeit. Knochenverwandlungen, die durchgeführt wurden, während der Geist noch daran hing, an Untoten oder sogar – Wren schauderte – an lebenden Knochen waren unmöglich.

»Sag mir nicht, dass du Angst vor ein paar zusätzlichen Ellbogen hast«, rief Inara, die näher war, als Wren dachte, und sie durch die Bäume beobachtete.

Wren lächelte angespannt und holte mit beiden Händen blitzschnell mit ihrem Schwert aus, und durchtrennte den vielarmigen Baum mit einem Hieb. Ihr Schwert war zwar aus dem gleichen Material wie der Baum, aber es war von einem Schmied sorgfältig geschliffen und gehärtet worden und war fast so stark wie Stahl.

Gesplitterte Knochenstücke lagen zu ihren Füßen auf dem Boden und vermischten sich mit dem frischen Schnee zu einem hellen, zerbröselnden Waldboden, der unter ihren Füßen knirschte.

Eine Wolke aus Knochenstaub senkte sich auf Sonyas makellose schwarze Robe.

»Ups«, murmelte Wren in falscher Sorge und streckte eine Hand aus, um den Staub wegzuwischen.

Sonya trat außer Reichweite und verdrehte die Augen. Sie schnippte, woraufhin sich der Staub aus dem Stoff erhob und im Handumdrehen auflöste. Es war die Art von filigraner Arbeit, die Wren nie hätte leisten können und die das Talent eines Reapyrs ausmachte. Wren war für eine Knochenschmiedin ziemlich durchschnittlich, was ihre magischen Fähigkeiten anging, und obwohl sie zu mächtigen Stößen fähig war, war sie nicht besonders gut in Feinheit oder Finesse.

Sonya war nicht gerade eine Freundin, aber das war auch kaum jemand im House of Bone. Wren hatte Feinde wie Inara und dann Leute, die sie tolerierten, wie Sonya. Ihr Vater war ihr einziger emotionaler Bezugspunkt, und er war nie da.

Es war verlockend, sich mehr zu wünschen – und das hatte sie auch, als sie jünger gewesen war. Sie hatte sich eine Mutter gewünscht, die noch lebte, oder einen Vater, der bleiben würde, aber jedes Mal, wenn jemand anfing, die Lücke zu füllen, die ihre Eltern hinterlassen hatten, tauchte ihr Vater wieder auf, und sie vergaß, an welchen Ersatz sie sich geklammert hatte. Die Wahrheit war, dass sie etwas Echtes wollte, auch wenn es schmerzhaft war.

Das war der Sinn der ganzen Sache. Bestehe spektakulär, und werde eine Valkyre. Dann konnte sie Marrow Hall verlassen und – manchmal mit ihrem Vater – in jeden Winkel der Dominions reisen, um Geister zu bekämpfen, von Giltmore bis Granite Gate und überall dazwischen.

Sie wollten gerade weitergehen, als etwas ihre Nackenhaare aufstellen ließ.

Sie wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um einen silbergrünen Nebel aufsteigen zu sehen. Ein Geist, der nur wenige Meter entfernt schwebte und einen direkten Weg zu Sonya hatte, wurde durch ihre Anwesenheit ins Leben gerufen und angezogen, wie alle Untoten, zu den Lebenden.

Der entstellte Arm hatte den Geist in Schach gehalten, aber jetzt, wo er in Stücken auf dem Boden lag – vielleicht hätte Wren den Arm nicht in Stücke hacken sollen, nur um vor Inara anzugeben –, konnte sich die Seele frei auf dem Weg bewegen.

Wren wartete nicht ab, was er als Nächstes tun würde. Sie stieß Sonya beiseite, trat vor und griff in den Patronengurt, den sie über der Brust trug, um eine Handvoll Knöchel freizugeben. Sie schossen in einem kleinen Ausbruch von Magie heraus, durchbohrten die dampfende Gestalt und veranlassten sie, ihr Tempo zu verlangsamen und in der Luft zu wirbeln.

Wahrscheinlich war es ein Geist der Stufe Eins, der so körperlos war, dass er fast keine Bedrohung darstellte, aber Wren konnte es nicht riskieren, von einem Geist der Stufe Zwei oder Drei getäuscht zu werden, der seine Gestalt noch nicht angenommen hatte. Sie wartete noch eine Sekunde ab, um zu sehen, was er tun würde, und zu ihrer großen Zufriedenheit begann er, zu einem menschenähnlichen Wesen zu verschmelzen. Zumindest hatte es ein Gesicht mit einem breiten, klaffenden Mund – gedehnt und verzerrt – und langen, herabhängenden Gliedmaßen.

»Was denkst du?«, rief sie über ihre Schulter.

Während Wren ihre Aufmerksamkeit auf den Geist selbst richtete, war Sonyas Aufmerksamkeit tiefer, auf dem Boden, auf der Suche nach dem Körper, an den die Seele immer noch gefesselt war. Sie ließ sich auf die Knie in den Schnee fallen, eine kleine Schaufel in der Hand.

Die Schaufel schlug mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden auf, aber es dauerte nicht lange, bis sich Sonya mit ihren bloßen Händen durch den Schnee und die Erde grub und sich auf ihren Tastsinn und ihre magischen Sinne verließ, um die Knochen des Geistes zu finden.

Wren sah zu und wollte gerne beim Graben helfen, um die Sache zu beschleunigen, aber das verstieß gegen eine Grundregel des Valkyre-Reapyr-Trainings. Egal, wie harmlos er auch zu sein scheint, wende dem Geist niemals den Rücken zu. Lass niemals deine Wachsamkeit fallen.

Das war auch der Grund, weshalb sie nicht einfach auf den Geist einschlug, wie auf den vielelbogigen Arm.

Sie könnte den Geist dazu bringen, ganz zu verschwinden, wenn er sich von den toten Knochen zurückzog, aber das wäre nur eine vorübergehende Lösung. Es war nicht abzusehen, wie schnell er zurückkehren würde … oder wo. Es war besser, ihn in ihrem Blickfeld gefangen zu halten, als ihn jetzt zu erledigen und ihn hinter ihrem Rücken oder direkt über ihnen auftauchen zu lassen.

Also tat Wren, was man ihr beigebracht hatte, zog ihr zweites Knochenschwert und hielt es wie eine Schere vor sich, um den Geist darin zu fangen. Eine stärkere Seele würde sich wehren, aber diese hier wirbelte nur mit einer mild und uninspiriert umher.

Zu Wrens Freude stieß Sonya einen lauten Ausruf der Erleichterung aus und zog einen schlammigen Oberschenkelknochen aus einem Haufen Knochen im Dreck.

Der Ankerknochen.

Mit geteilter Aufmerksamkeit zwischen dem schwankenden, leise zitternden Geist und der Reapyr zu ihren Füßen beobachtete Wren, wie Sonya den weißen Knochen auf den weißen Schnee legte. Sie zog ihre Sense und schloss ihre Augen. Ihre schlammige Hand fuhr die Länge des Knochens einmal, zweimal, entlang. Beim vierten Mal ließ sie die Waffe auf die unsichtbare Ley-Linie fallen, die in den Knochen krachte und die Verbindung zwischen dem Geist und seinen irdischen Überresten trennte.

Es gab ein vertrautes, saugendes Gefühl, das die Luft in Wrens Lunge knapp werden ließ, und einen Herzschlag später verschwand der Geist in einem Hauch von kalter Luft und Äther.

Während Sonya den toten Knochen einsammelte und aufstand, überprüfte Wren den Bereich, wobei sie ihre Klingen durch die Luft schwang, um sicherzugehen, dass nichts zurückblieb, und sammelte dann ihre verstreuten Fingerknöchel für später ein.

Dabei entdeckte sie einen Zuschauer zwischen den Bäumen.

»Schon einen«, sagte sie und lächelte Inara süffisant an. »Versuch, mitzuhalten.«

 

Je tiefer sie in den Knochenwald vordrangen, desto dichter standen die Bäume, und ihre schwankenden Äste schlugen aneinander und verhedderten sich im Stoff von Sonyas Robe. Sie wischte die Knochen mit einer lässigen Handbewegung beiseite, während Wren es vorzog, ihre Schwerter hochzuhalten, um sie vor dem Zugriff zu bewahren.

Auch die Geister waren zahlreicher, aber die meisten waren Geister der Stufe Eins, die wie Nebel in der Luft hingen oder in einem unsichtbaren Strom wie Waldrauch wirbelten. Sie entdeckten etwas, das wie ein Geist der Stufe Zwei aussah, aber zu weit vom Weg abwich und versuchte, sie wie ein Irrlicht in die Dunkelheit zu locken, und einen Geist der Stufe Eins, der so hell leuchtete, dass Sonya wegschauen musste, bis Wren ihn vertrieben hatte.

Ihre nächste Ernte kam fast eine Stunde später.

Als die leuchtende Gestalt plötzlich aus dem Nichts auftauchte, wütend und gewalttätig, sprangen sowohl Sonya als auchWren – sehr zu ihrer Verlegenheit – erschrocken zurück.

Wren erholte sich zuerst mit erhobenen Schwertern, aber der Geist interessierte sich nicht für sie. Er war im Leben sicher ein Knochenschmied gewesen, seine vage menschliche Gestalt war in einen hauchdünnen Stoff gehüllt, der leicht die Robe eines Reapyrs hätte sein können, und er konzentrierte sich mit einer Zielstrebigkeit auf Sonya, die darauf schließen ließ, dass er genau wusste, worum es ging. Das Ernten mag zwar Frieden bringen, aber die Untoten wollten leben, genau wie alles andere auch.

Als er mit einem physischen Aufprall gegen Wrens Schwerter krachte, stark genug, um ihre Stiefel im Matsch unter ihren Füßen rutschen zu lassen, erkannte Wren, dass es nicht nur ein selbstbewusster Geist der Stufe Drei war. Er war in der Lage, die Welt um sie herum zu beeinflussen. Nur ein Geist der Stufe Vier – auch Geyst genannt – und höher konnte das tun.

Sonya zitterte vor Angst und vernachlässigte ihre Aufgabe, als der Geist näherkam.

»Hey«, blaffte Wren und blickte für eine Sekunde von dem Geist weg – aber das war alles, was er brauchte. Als er das nächste Mal gegen ihre Knochenklingen prallte, ohne Rücksicht auf den Schaden, den dieser Kontakt seiner Form zufügte, ließWren dank dieser Ablenkung eines ihrer Schwerter fallen.

Sonya schrie auf und machte einen hastigen Schritt nach hinten, bereit, vor Angst zu flüchten, wobei sie eine Grundregel des Todeshandels vergaß: Niemals weglaufen. Die einfache, schreckliche Wahrheit war, dass Geister der Stufe Drei und höher schnell waren. Sie konnten innerhalb eines Wimpernschlags verschwinden und wieder auftauchen oder in der Hälfte der Zeit, die ein Pferd im vollen Galopp brauchte, über ein offenes Feld rennen. Weglaufen war viel zu gefährlich und barg das Risiko, direkt in den Geist hineinzulaufen, was den sofortigen Tod oder eine so schwere Todesfäule bedeutete, dass man nur noch die Hülle eines Menschen war, unbeweglich und mit ständigen Schmerzen, bis man schließlich nachgab. Wren hatte das Opfer von einer solchen Attacke einmal gesehen – ihr Vater hatte sie auf Anweisung von Lady-Schmiedin Svetlana aus dem Bett gezerrt und in die Krankenstation geschleppt, wo sie aus erster Hand Zeugin des Vorfalls geworden war. Wren hatte bis dahin kaum mit ihrer Großmutter gesprochen – auch jetzt sprach sie kaum mit ihr – und hatte sich mit vorsichtiger Angst genähert.

»Ich bin mir nicht sicher –«, hatte ihr Vater gesagt, hatte vielleicht versucht, Wren zu schützen, aber Svetlana hatte ihn schnell verstummen lassen. Er hatte einfach nur dagestanden, schweigend und unbeirrt, während die klauenartigen Hände der Frau Wren an den schmalen, sechsjährigen Schultern gepackt und sie gezwungen haben, bis zum letzten, erstickten Atemzug der Sterbenden neben dem Bett zu bleiben.

Später, die Stimme ihres Vaters hatte freundlich gewirkt, fast sanft, als er gesagt hatte: »Das ist der Preis des Versagens im House of Bone.«

Wren würde jetzt nicht versagen.

»Sonya«, schnauzte sie und griff mit der freien Hand in ihren Patronengurt. Die Reapyr hielt inne und starrte auf die zitternde Seele. »Die Knochen.«

Als sie sich wieder dem Geist zuwandte, schoss Wren noch mehr Knöchel ab, um die neblige Gestalt zu durchlöchern, aber der Rückschlag schien die Seele nur noch wütender zu machen.

Wren fluchte und hob ihr gefallenes Schwert gerade noch vor dem nächsten Stoß rechtzeitig auf. Die Form des Geistes zischte und knisterte wie eine Flamme auf dem Wasser, als er die Klingen berührte.

Es war an der Zeit, etwas anderes auszuprobieren.

Bevor er sich zu einem weiteren heftigen Angriff aufraffen konnte, ging Wren in die Offensive. Anstatt defensiv und schützend zu kämpfen, wie es Valkyren gelernt hatten, neigte sie ihren Körper und trat mit ausgestreckten Schwertern vor. Diese Bewegung trieb den Geist zurück und weg. Sie schuf Raum zwischen ihm und seinen Knochen.

Der Seele gefiel das nicht. Es war, als würde man eine Schulter auskugeln – unnatürlich und unangenehm.

Als Reaktion darauf kämpfte der Geist stärker und unberechenbarer, aber Wren konnte es ertragen. Sie zog seine Wut und Aufmerksamkeit auf sich, und nicht ihre Reapyr, und ließ Sonya arbeiten.

Dieser Schritt war natürlich riskant. Es könnten andere Geister in der Nähe sein, die nur darauf warteten, sich auf sie zu stürzen, und Valkyren wurden gelehrt, ihre Reapyrs nie außer Reichweite zu lassen.

Aber es funktionierte. Sonya ergriff den verfluchten Knochen, in diesem Fall das Schlüsselbein, und führte den Schnitt mit etwas zittriger Hand aus. Die Sense zerbrach den Knochen und durchtrennte die Ley-Linie, und der Geist verschwand.

Wren jauchzte vor Freude. Sonya sah aus, als würde sie sich übergeben wollen.

»Fast geschafft«, sagte Wren fröhlich und stellte sich schon Inaras mürrische Miene vor, wenn sie Nightstalker übergab. Dann dachte sie an das Gesicht ihres Vaters, das vor Stolz strahlte, wenn Wren zwei Klingen vor Lady-Schmiedin Svetlana in den Händen hielt, stehen blieb und ihr die Treue schwor.

Sie hatte Inara und Ethen aus den Augen verloren, aber sie und Sonya hatten bereits zwei Drittel ihrer Aufgabe hinter sich und waren noch nicht in der Mitte ihrer Reise – oder ihrer Zeit – angekommen. Nach dem Mond über ihnen zu urteilen, hatten sie noch mindestens drei Stunden Zeit bis zum Morgengrauen, und sie waren schon seit zwei Stunden unterwegs.

Zu ihrer Überraschung war es Sonya, die sich mit aller Kraft auf die Suche nach der nächsten Ernte machte und auf Wrens Angebot, eine kurze Pause einzulegen, verzichtete – nicht, dass es Wren etwas ausmachte. Je eher sie Sonyas Aufgabe erledigt hatten, desto eher konnten sie sich aufs Vorankommen konzentrieren. Wren würde die ganze Nacht durchlaufen, wenn es nach ihr ginge, und sie war erpicht darauf, das Zentrum des Waldes zu erreichen. Sie hatte alle möglichen Gerüchte über den tiefsten Teil des Knochenwalds gehört. Cook sagte, der allererste Knochen im ganzen Wald sei vom Totengräber selbst, dem Gründer des House of Bone und dem allerersten Knochenschmied, dort »gepflanzt« worden, und der Wirt schwor, tief in den Bäumen liege ein Drachenskelett, dessen Geist nicht geerntet worden sei, obwohl Wrens Vater darauf bestand, dass dies nichts weiter als bäuerlicher Aberglaube sei. Niemand hatte jemals eine solche Kreatur gesehen, und es gab auch keine offiziellen Aufzeichnungen darüber. Die größten Knochen, die sie hatten, stammten von Mammuts oder Walen. Trotzdem stellte sich Wren vor, wie sie gegen die Seele einer großen Bestie kämpfte und den Schädel als dritte und letzte Ernte zu ihrem Vater zurückbrachte, und sie schwoll bei dem Gedanken an.

Wie sich herausstellte, war ihre dritte Ernte ein Tier, aber kein so fantastisches wie ein Drache. Der Elch hatte allerdings ein beeindruckendes Geweih, das aus dem Boden herausragte, wo Sonya es ausgegraben hatte.

Die Seele des Elchs war im Vergleich zu dem Geist des Knochenschmieds, den sie gerade geerntet hatten, sehr friedlich, und obwohl Wren gerne gegen menschliche Seelen kämpfte, fand sie die tierischen Untoten fast schon beruhigend. Sie kannten Leben und Tod nicht wie die Menschen und schienen genauso zu existieren, wie sie es zu Lebzeiten taten, nur ohne all die Ängste und Qualen. Das bedeutete auch, dass ihre Seelen nicht lange in dieser Welt verweilten. Die meisten Tiergeister verschwanden im Laufe der Zeit von selbst – selbst solche, die domestiziert oder als Haustiere gehalten wurden, blieben selten länger als ein paar Monate, nachdem ihre Leichname verwest waren – und da sie für die Lebenden kaum eine Bedrohung darstellten, wurden sie nur selten von einem Knochenschmied geerntet. Stattdessen konnte man sie über die Dominions verstreut in Wäldern und Feldern finden, wie Glühwürmchen, die von den Lebenden sorgfältig gemieden wurden, bis sie schließlich erloschen.

Die Ernte war also schnell eingebracht, und obwohl ein Tier genauso leicht zu erledigen war wie eine normale Stufe, zählte es trotzdem für die Prüfung, und Wren wollte nicht wählerisch sein. Nicht, wenn so viel auf dem Spiel stand. Sie half Sonya, den dritten und letzten Knochen – einen langen, schmalen Schädel mit Geweih – in den Beutel des Reapyrs zu stecken, und sie gingen weiter.

Triumphierend und von Adrenalin durchströmt, wurde Wren hellhörig, als sie eine Lichtung erreichten. Könnte das das Zentrum des Knochenwalds sein? Der ganze Ort war dunstig und mit dem schwächsten Hauch von Geisterlicht beleuchtet, als ob die Untoten, die hier lauerten, so unglaublich alt waren, dass sie nur als winzige Moleküle existierten, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen waren.

Sie näherte sich einem gigantischen Rippenkäfig, dessen Knorpel verschwunden und Knochen offen und klaffend waren wie eine monströse Blume, die nach dem Mond griff. Er muss zu einem Mammut gehört haben, denn jede einzelne Rippe war länger als Wren groß war.

Und mittendrin stand Inara. Ethen saß neben ihr auf einem moosbedeckten Stein, und beide hatten ein Stück dunkles Brot in der Hand.

Als Wren und Sonya sich näherten, sprang Ethen auf und sein wachsamer Blick wanderte zu seiner Valkyre.

Ein Knoten von dem Wren nicht wusste, dass er da war, löste sich bei ihrem Anblick. Sie war erleichtert, dass Inara es nicht geschafft hatte, weit vor ihnen zu sein – und nach den beiden Knochen zu urteilen, die aus Ethens Tasche ragten, hatten sie ihre dritte Ernte noch nicht beendet.

»Komm schon, Sonya«, sagte Wren und lächelte siegessicher, als hätte sie schon gewonnen. Vergiss den Drachen – das war ihre Chance, voranzukommen. Sie konnten essen, während sie gingen.

Ohne einen Blick zurückzuwerfen, gingen sie zu den Bäumen in der Ferne.

Hinter ihr knirschten Schritte, aber Wren brauchte eine Sekunde, um zu erkennen, dass sie sich von ihr weg bewegten, nicht auf sie zu.

Sie wirbelte wieder herum. Inara war einige Schritte auf Sonya zugegangen, blieb aber weit vor ihr stehen.

»Hast du sie bekommen?«, fragte Inara die Reapyr. Sonya nickte, den Blick auf den Boden gerichtet.

»Sonya«, sagte Wren und runzelte verwirrt die Stirn. Sonya ignorierte sie.

»Dann komm schon«, sagte Inara.

Zu Wrens Überraschung gehorchte Sonya. Anstatt zu Wren zu gehen, ging sie zu Inara und umrundete den massiven Brustkorb, um sich neben Ethen zu stellen.

Wrens Blick wanderte zu Inara und ihr wurde klar, was sie vorhatte. »Was glaubst du, was du da tust?«, fragte sie. Inaras Gesicht verriet nichts, und sowohl Ethen als auch Sonya weigerten sich, sie anzusehen. »Du glaubst, du kannst – was, meine Reapyr einfach als Geisel nehmen?« Sie lachte ungläubig auf und schüttelte ihren Kopf. »Sonya«, sagte sie noch einmal, wobei sie ihre Stimme ruhig und vernünftig hielt, während sie über Inaras Schulter sprach. »Wir sind fast da. Lass uns das zu Ende bringen. Was immer sie dir versprochen hat, was immer sie gesagt hat … das ist es nicht wert. Sie könnten dich dafür verbannen.«

Sonya schwankte, Angst blitzte in ihren Zügen auf, aber Inaras Hand schoss hervor und hielt sie an ihrem Platz. Wren fragte sich, mit welchen Drohungen oder Versprechungen sie Sonya auf ihre Seite gebracht hatte. Die Fells waren reich und einflussreich. Rücksichtslos. Aber nicht dumm.

Für Inara war das ein mutiger Schritt. Riskant bis hin zu waghalsig. Es war zugegebenermaßen etwas, das Wren tun könnte.

»Schön. Ich werde ihnen einfach erzählen, was passiert ist, wenn ich dort bin.« Sie zuckte mit den Schultern und hoffte, dass sie unbekümmerter aussah, als sie sich fühlte.

»Wer würde dir jemals glauben?«, fragte Inara und lächelte süß. »Ich bin eine Musterschülerin und Knochenschmiedin. Du bist die Regelbrecherin in diesem Haus, nicht ich.«

Die Gültigkeit ihrer Aussage, ließ ein Unbehagen in Wrens Brust aufflackern.

Inaras Lächeln wurde noch breiter, als ob sie es sehen könnte. »Arme Wren«, sagte sie mit gespielter Sympathie. »Daddy wird so enttäuscht von dir sein. Du wirst nicht nur scheitern, sondern auch seine kostbare Ahnenklinge verschenken. Das ist das Einzige, was ihm in diesem Haus wirklich wichtig ist.«

»Halt die Klappe«, schnauzte Wren und ihr Herz klopfte. Sie zog Ghostbane und machte einen wütenden Schritt auf ihre Cousine zu. »Du willst diese Klinge? Dann musst du sie mir aus meinen kalten, toten Händen reißen.«

»Es wäre mir ein Vergnügen«, sagte Inara und ließ ihre Hand auf den Griff von Nightstalker sinken.

Inara provozierte sie, so viel war klar. Sie waren wenige Meter voneinander entfernt, und Wren konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, sie nicht anzugreifen. Aber während Inaras Hinterhalt keine sichtbaren Beweise hinterließ, die Wren erkennen konnte, wäre es viel zu einfach, mit dem Finger auf Wren zu zeigen, wenn Inara mit einer blutigen Nase – oder noch schlimmer – zurückkäme. Bei der Knochenwald-Prüfung kam es immer wieder zu Verrat, aber die Täter waren klug genug, niemandem wirklich in den Rücken zu stechen. Tricks und Fallen, Absprachen und Psychospielchen – das waren die Waffen, mit denen die meisten Knochenschmiede gegeneinander arbeiteten. Die meisten, aber nicht alle.

Wren steckte ihren Dolch in die Scheide, holte langsam und ruhig Luft, dann schwang sie ihre geballte Faust und schlug Inara hart in den Bauch. Wenn Inara sie dort verletzen wollte, wo es niemand sehen konnte, würde Wren das Gleiche tun.

Inara fiel um und wich in einem überraschenden Anfall von Feigheit nach hinten aus. Das Blut pochte in ihren Ohren und Wren folgte ihr.

Ein Schritt, dann noch einer, bis plötzlich der Boden nachgab.

Ihr Atem blieb ihr im Hals stecken, als sie fiel und auf einen Haufen toter Knochen und rutschenden Schnees aufprallte. Nachdem der erste Schock überwunden war, schoss der Schmerz durch ihren Körper und verursachte ein Dutzend Schnitt- und Schürfwunden sowie schmerzende Prellungen, die noch kommen würden. Hustend kam sie mühsam auf die Beine.

Sie befand sich in einer kleinen Grube, die wenige Meter tief und etwa einen Meter breiter war als ihr Arm. Aber der abschüssige Boden war glitschig von Schlamm und Schnee, und als Wren versuchte, nach oben zu krabbeln, gab mehr von dem Boden nach und stürzte auf sie herab … zusammen mit der Wahrheit.

Inara hatte dieses Loch gegraben – sie hatte ihr von Anfang an eine Falle gestellt. Sie hatte die Wette initiiert, die Route bestimmt und dann hier auf Wren gewartet. Sie hatte sie in die Nähe gelockt, indem sie den Schlag einsteckte und wie ein Hund mit eingezogenem Schwanz davonhuschte – nur damit Wren ihr folgte und genau an diese Stelle trat …

»Inara«, knurrte sie und wischte sich die Schlamm- und Knochenreste aus dem Gesicht. Überall waren Knochen, kleine und große, gebrochene und ganze, die ihre Sinne tränkten und gegen ihre Haut summten.

Inara beugte sich mit einem schadenfrohen Lächeln über den Rand der Grube, obwohl sie noch immer von dem Schlag in den Magen gekrümmt war. »Was war das? Ich kann dich nicht hören, wenn du so weit weg bist –« Sie erstarrte und eine Sekunde später spürte auch Wren es.

Es gab ein Knarren, ein Rumpeln, und dann gab der Boden unter Wren wieder nach und riss die Seiten der Grube mit sich. Inara fluchte und stolperte rückwärts, als sich das Loch weitete, während Wren die Hände über den Kopf warf und sich auf den Aufprall vorbereitete.

Als sie die Augen öffnete, sah sie, dass sie noch tiefer gefallen und in einer Art Höhle gelandet war, die kalt und muffig war und in der kein Schnee lag.

Inara blinzelte schockiert in die Dunkelheit hinunter. Wrens Wut war heiß, aber Inara hatte sicher nicht so tief gegraben. »Was sollen wir jetzt tun? Wir können sie doch nicht einfach dort unten lassen«, sagte Sonya etwas schrill.

»Ich habe dir gesagt, dass das eine schlechte Idee war«, sagte Ethen mit kreidebleichem Gesicht.

Sie waren feige, alle beide. Wenigstens hatte Inara den Mut für das, was sie tat.

»Sie wird schon wieder«, sagte Inara, obwohl ihre Stimme leicht atemlos klang. »Stimmt’s, Graven? Die beste Valkyre unserer Generation, oder?« Wren fletschte vor Frust die Zähne. Das hatte sie dutzende Male zu jedem gesagt, der ihr zuhören wollte, und manchmal auch zu Inara.

»Damit kommst du nicht durch«, sagte Wren und Angst zog ihren Bauch zusammen, als Inara sich bereit machte, zu gehen. »Mein Vater –«

»Ist nicht der Held, für den du ihn hältst«, sagte Inara sanft. »Wir sehen uns auf der anderen Seite. Vergiss nicht, meine Klinge mitzubringen.«

Dann ging sie weg, die beiden Reapyrs folgten ihr dicht auf den Fersen und ließen Wren allein in der Dunkelheit zurück, mit dem Blick auf nichts als Sterne und Knochen und den unablässigen Fortschritt des Mondes am Himmel.

 

»Scheiße!«, schrie Wren, und das Wort hallte von den Wänden der Höhle in die Nacht hinaus. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, damit sie nicht zitterten.

Es funktionierte nicht.

Sie trat und schlug und spuckte, war wütend auf alles und jeden, aber vor allem auf sich selbst. Wie hatte sie das nur zulassen können? Sie war schon halb am Ziel, ihr Sieg war zum Greifen nah und sie hatte zugelassen, dass Inara fucking Fell, die ewige Zweitbeste und schamlose Stiefelleckerin, ihn ihr wegschnappte.

Wren blieb stehen, ihre Brust hob sich. Sie starrte in den Himmel, und der Mond starrte zu ihr zurück.

Es war noch Zeit.

Sie hatte bis zum Morgengrauen Zeit, und Inara und Ethen mussten noch eine letzte Ernte durchführen, was Wren die Chance gab, aufzuholen. Alles, was sie tun musste, war, aus diesem verdammten Grab herauszukommen, in das Inara sie irgendwie hatte fallen lassen.

Sie betrachtete ihre Umgebung genauer. Die Öffnung über ihr war mindestens doppelt so groß wie sie selbst, und der Boden war unter dem Schnee, der mit ihr heruntergefallen war, überraschend schlammig und nass. Es war früher Winter, und obwohl die Kälte die nördlichen Dominions nie wirklich verließ, war der Boden so feucht, dass Inara dieses Loch gegraben und ihre Falle gestellt hatte.

Aber wie? Wie Inara gesagt hatte, war Wren die Regelbrecherin im House of Bone, und selbst sie hatte es nie geschafft, allein in den Knochenwald zu gelangen. Hatte Inara sich Hilfe von außen geholt? Und von wem? Vielleicht von ihrer Mutter? Ingrid Fell hasste Wrens Vater und hatte die meiste Zeit ihres Lebens mit ihm um Macht und Einfluss gekämpft.

Wren schob diese Gedanken beiseite und dachte an alles, was sie mitgebracht hatte. Sie hatte ihre Schwerter und Dolche, Knöchel und Beutel mit Knochenstaub dabei, aber natürlich keine Kletter- oder Greifwerkzeuge. Zu ihrer Verteidigung: Von allen Dingen, auf die sie sich vorbereitet hatte, war die Tatsache, dass ihre hinterhältige Cousine sie lebendig begraben würde, keine davon.

Aber Wren war einfallsreich. Sie drückte ihre Hände in die schlammigen Seiten der Grube und spürte ein entferntes Kribbeln von den Knochen, die darin eingebettet waren, und während die äußere Schicht in der Tat weich und glitschig war, wurde der Boden fester, je tiefer sie stieß. Das Graben hatte die Erde instabil gemacht, aber kurz hinter der Oberfläche blieb fester, halb gefrorener Boden. Es war jedoch unmöglich, mit bloßen Händen einen guten Halt zu finden.

Sie grinste. Es war gut, dass sie ihre Schwerter hatte.

Das erste Schwert sank fast bis zum Griff in den Dreck, direkt über Wrens rechter Schulter. Sie zog kurz daran, dann ließ sie ihr ganzes Körpergewicht darauf lasten.

Es hielt.

Sie befestigte das zweite Schwert höher und an der linken Seite. Der Winkel war schwieriger, aber sie drückte und hämmerte auf den Griff und nutzte ihre Magie, um dem Schwert zu helfen, bis es auch stabil genug war, um ihr Gewicht zu tragen.

Wren war eine gute Kletterin, leichtfüßig und wendig – das hatte sie in den Bücherregalen der Bibliothek bewiesen. Aber der schwierige Teil stand ihr noch bevor. Sie musste eine Klinge herausnehmen und wieder hineinstecken, während sie an der anderen baumelte, und diesen Vorgang mehrmals wiederholen, wenn sie es bis nach oben schaffen wollte. Sie konnte ihre Stiefel in die Löcher schieben, die die Klingen hinterlassen hatten, aber das wäre immer noch eine große Herausforderung.

Als sie zurücktrat, um ihr Werk zu bewundern und ihre schlammigen Hände für den Aufstieg abzuwischen, stolperte sie über etwas. Es war weder stabil und fest wie nackte Knochen noch glitschig wie geschmolzener Schnee oder Schlamm. Stattdessen war es weich und … matschig.

Sie schaute nach unten.

Es war eine Leiche.

Kein Skelett, uralt und zerfressen. Nein, diese war frisch … oder zumindest frischer, als sie es sein sollte. Zu frisch, um einen Sinn zu ergeben. Man hatte schon vor Jahrzehnten aufgehört, Leichen im Knochenwald zu entsorgen. Es hatte ursprünglich dazu gedient, ihre Grenzen zu verteidigen und Angriffe abzuwehren, aber das war in der Zeit vor den Dominions, als Dutzende von Herrschern um die Macht und die Kontrolle über diese Ländereien kämpften. Jetzt, in Zeiten des Friedens, waren solche Schutzmaßnahmen nicht mehr nötig.

Die Leiche, die Wren jetzt betrachtete, war zwar dank der Kälte teilweise konserviert, konnte aber nicht viel länger als ein paar Jahre dort gelegen haben … höchstens fünf.

Das Fleisch war gesprenkelt, die Gesichtszüge hager, aber nicht völlig entstellt. Sogar die Kleidung war gut erhalten, die dicken Schichten aus Wolle und Leder und die schlammbespritzten Stiefel verrieten ihr, dass diese Person eine lange Reise hinter sich gehabt hatte, bevor sie hier angekommen war. War es ein verirrter Reisender gewesen? Ein Bote? Es gab keine anderen Hinweise darauf, wer sie war oder wie sie hierhergekommen war.

Nun, das stimmte nicht. Es gab ein Beweisstück, das darauf hinwies, wie diese Person tot im Knochenwald gelandet war.

Ihr Hinterkopf war eingedellt.

Es war sicherlich der Todesstoß, aber je mehr Wren hinschaute, desto mehr Unbehagen empfand sie.

Diese Person ist nicht in den Wald gewandert und hatte sich verirrt – derzertrümmerte Schädel war Beweis dafür. Sie war getötet und an dem einzigen Ort in dem Knochenland entsorgt worden, an dem eine Leiche unbemerkt bleiben konnte.

Keine Todesriten. Kein Ernten. Und versteckt im Knochenwald.

Verloren, um nie wieder gefunden zu werden.

Bis jetzt.

Die Art und Weise des Todes beflügelte die spirituelle Existenz eines Geistes. Ein friedlicher Tod bedeutete einen friedlichen Geist. Ein alter, müder Tod bedeutete einen alten, müden Geist.

Ein Tod auf einem Schlachtfeld inmitten von Gewalt und Hass hinterließ einen gewalttätigen, hasserfüllten Geist.

Aber es gab nichts Gewalttätigeres und Hassvolleres als kaltblütigen Mord.

Für Wren war klar, dass dieser Tod nicht friedlich oder müde gewesen war, und ein Schlag auf den Hinterkopf bedeutete einen überraschenden Angriff – einen feigen Angriff. Der Knochenwald war kein Schlachtfeld … zumindest nicht für diejenigen, die nicht zum House of Bone gehörten, was auf diese Person sicherlich zutraf. Sie trug keine Knochen und keine Rüstung, und sie hatte auch keine Waffen, die sie sehen konnte.

Einen Moment lang stand Wren wie erstarrt da und hütete sich, die Leiche noch mehr zu stören, als sie es ohnehin schon getan hatte.

Geister lösten sich nicht sofort mit dem Tod von ihrem Körper. Diese Trennung brauchte Zeit. Wie viel Zeit, hing normalerweise vom Zustand des Körpers ab, der als eine Art Behälter und Tarnung für die Seele diente.

Sie war nicht nur eine Falle für Geister, sondern behinderte auch die Fähigkeit eines Knochenschmieds, Knochen zu erkennen. Das war einer der Gründe, warum Knochenschmiede die Knochen im Inneren eines Körpers nicht spüren oder manipulieren konnten, weil ihr Fleisch wie ein Schutzschild wirkte.

Aber ein Körper musste nicht vollständig verwest sein, damit der Geist aufsteigen konnte. Wenn der Ankerknochen freigelegt war – in diesem Fall wahrscheinlich der Schädel, angesichts der offensichtlichen Todeswunde –, konnte sich der Geist lösen. Nur weil er das noch nicht getan hatte, hieß das nicht, dass er es auch nicht tun würde, was die Aussicht, ihm den Rücken zuzukehren, um zu klettern, noch prekärer machte.

Aber es gab nichts, was sie hätte tun können. Sie hatte schon zu viel Zeit verloren.

Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf einen hellen, weißen Fleck auf dem schlammigen Boden.

Sie schob ein Stück steifen, teilweise gefrorenen Stoff beiseite und gab einen Ring frei.

Er summte stark in Wrens Sinnen und verriet ihr, dass er aus Knochen war, nur dass … Knochenschmiede keinen Schmuck herstellten.

Sie hob ihn vorsichtig vom Boden auf und sah, dass in die glatte Oberfläche Muster eingeritzt waren – eine weitere Sache, die Knochenschmiede nie taten. Zuerst dachte sie, es sei ein Bild, aber die seltsamen Formen und Linien waren tatsächlich eine Art Glyphen, die sich über den ganzen Ring erstreckten. Die Bilder ließen Wren keine Ruhe und sie hatte das Gefühl, dass sie etwas Ähnliches schon einmal gesehen hatte.

Als sie das Objekt in ihren Händen drehte, entdeckte sie weitere Einkerbungen. Da waren zwei Vögel mit ausgebreiteten Flügeln, einer auf jeder Seite des flachen Randes, und wo ein Siegel oder ein Edelstein hätte sein können, blitzte etwas Dunkles und Poliertes im Mondlicht auf.

Es sah fast wie Metall aus, spitz zulaufend, und es ragte aus der Oberfläche des Rings heraus wie ein Nagel durch ein Holzbrett, dessen flacher Kopf auf der Unterseite sichtbar war.

Die Spitze war zu klein, um als Waffe zu taugen, und je länger sie sie untersuchte, desto verwirrter war sie. Irgendetwas stimmte mit dem kleinen schwarzen Dorn nicht, so wie er den Knochen durchbohrte. Etwas war seltsam.

Wren kannte nur eine Art von Material, das schwarz glänzte.

Eisenschmiede-Metall.

Aber der Gedanke, dass Knochenschmiede und Eisenschmiede zusammenkamen, um ein solches Artefakt zu kreieren, war schwer vorstellbar. Das House of Bone und das House of Iron waren seit Jahrzehnten verfeindet – seit die Eisenschmiede den Breach verursacht hatte. Wrens Vater hasste sie mit besonderem Zorn, aber das war wohl auch zu erwarten. Er war in den darauffolgenden Kämpfen an vorderster Front dabei gewesen, und sein älterer Bruder Locke, der ursprüngliche Erbe des House of Bone, war bei den Kämpfen ums Leben gekommen.

Das House of Bone war die einzige Chance für die Dominions, den Strom der wandelnden Untoten einzudämmen, der aus dem Breach strömte, aber die Knochenschmiede waren noch nie mit einer solchen Bedrohung konfrontiert worden. Es hatte einen Grund, warum die Geisterschmiede überhaupt verbannt worden waren – ihre Geisterbeschwörung war nicht nur unnatürlich, sondern stellte auch eine Gefahr für das Überleben der Dominions dar. Dieselben Dinge, die Geister einschränkten – ihr körperloser Zustand und die Tatsache, dass sie sich nicht weit von ihrem Körper entfernen konnten – wurden von Untoten, die ihre Knochen mit sich tragen konnten, aufgehoben.