Borreliose natürlich heilen - eBook - Wolf-Dieter Storl - E-Book

Borreliose natürlich heilen - eBook E-Book

Wolf-Dieter Storl

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Beschreibung

"Borreliose ist heilbar; es gibt keinen Grund zur Angst." Zu diesem Fazit kommt Wolf-Dieter Storl in "Borreliose natürlich heilen", nach intensiver und breit angelegter Forschung. Die durch Zecken übertragene Borreliose ist eine Multisytemerkrankung, die jedes Organ befallen und jedes Symptom vortäuschen kann. Die Krankheitserreger entziehen sich dem Abwehrsystem, Antibiotika sind gegen sie machtlos. In der traditionellen chinesischen Medizin, im alten indianischen Heilwissen, in der Homöopathie und in der überlieferten westlichen Heilkräuterkunde finden sich jedoch Ansätze wirksamer Therapien. Wolf-Dieter Storl hat sie erforscht und erfolgreich an sich selbst erprobt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Karde und die Überhitzungstherapie. Vor dem Hintergrund der biologischen, kulturellen und sozialen Aspekte der "neuen Seuche" zeigt das Buch den Weg zu einer erfolgreichen ganzheitlichen Behandlung der Borreliose.

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Wolf-Dieter Storl

Borreliose natürlich heilen

Im Atemholen sind zweierlei Gnaden:

Die Luft einziehen, sich ihrer entladen;

Jenes bedrängt, dieses erfrischt;

So wunderbar ist das Leben gemischt.

Du, danke Gott, wenn er dich presst,

Und dank ihm, wenn er dich wieder entlässt.

Johann Wolfgang von Goethe

Wolf-Dieter Storl

Borreliose

natürlich heilen

Ethnomedizinisches Wissen, ganzheitlicheBehandlung und praktische Anwendungen

AT Verlag

Hinweis

Die in diesem Buch wiedergegebenen Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt und wurden mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Da sie den Rat einer kompetenten Fachperson nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen können, ist es in jedem Fall empfehlenswert, sich an den Arzt oder Heilpraktiker Ihres Vertrauens zu wenden. Autor und Verlag übernehmen keinerlei Haftung für Schäden oder Folgen, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der hier vorgestellten Informationen ergeben.

12. Auflage, 2016

© 2007

AT Verlag, Baden und München

Umschlagbild: Biopix (Zecke); Nikolaus Schwenn, Siegsdorf (Karde)

Lithos: Vogt-Schild Druck, Derendingen

ISBN E-Book 978-3-03800-632-9

www.at-verlag.ch

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

INHALT

Vorwort: Vom hohen Ross gefallen

Ethnomedizin

Die geistige Führung ist nicht immer nett

Begegnung mit dem Dämon

Das Ende des Antibiotikazeitalters

Die Gruppenseelen der Bakterien

Ein Gliedertierchen versetzt die Welt in Schrecken

Der Bösewicht

Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden können

Natürliche Hilfen bei FSME-Verdacht

Schutzmaßnahmen gegen Zeckenbiss

Weitere Übertragungsmöglichkeiten

Die Borrelien-Spirochäte

Die neue Seuche

Warum Tests wenig aussagen

Krankheitsstadien

Wo kommt die Borreliose plötzlich her?

Rehe und Mäuse: Ökologische Faktoren

Eine Alibikrankheit?

Eine notwendige Fußnote zum Thema Polio

Angst vor der Natur

Je ferner die Natur, umso bedrohlicher erscheint sie

Beifußblättriges Traubenkraut, Ambrosie

Modekrankheiten

Naturheilkundliche Hilfsmittel

Doxycyclin

Genügend Schlaf

Frische Luft und Sonnenschein

Körperliche Bewegung

Lymphe

Vernünftig essen

Bei uns wachsende immunstärkende Kräuter

Lebensfreude, Lebenssinn

Urlaub: Zeit zur Besinnung

Ein Doktor aus echtem Schrot und Korn

Berufung zum Heiler

Die Orthsche Kur für Borreliose

Multiplasan

Liv-52

Nervengifte und fettige Bakterientrümmer

Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen

Wer sucht, der findet

Die Rehsyphilis

Herstellung der Kardentinktur (nach Matthew Wood)

Ritual für den Kardendeva

Karde in der Selbsterprobung

Der heilende Pflanzendeva: Die Karde

Weitere Namen der Karde

Familienzugehörigkeit

Botanische Merkmale der Karde

Signatur

Inhaltsstoffe

Für Experten: Inhaltsstoffe der chinesischen Karde

Planetarische Zugehörigkeit

Überlieferte Heilindikationen

Zubereitungsmöglichkeiten für die Borreliosekur

Dosierung

Zeit der Einnahme

Sammel- und Erntezeit

Segen der Ahnen

Therapeutische Begleitmaßnahmen zur Unterstützung der Kardenkur

Überhitzungstherapie

Die richtige Ernährung während der Kur

Vernünftiger Lebenswandel

Erfahrungsberichte zur Kardenkur

Herxheimer-Reaktion

Eine altüberlieferte Wurzelkur

Weitere naturheilkundliche Ansätze zur Behandlung der Borreliose

Der »Borrelienweg« von R. Müller

Die Klinghardt-Methode

Katzenkralle

Clark-Therapie

S/C-Therapie: Salz und Vitamin C

Phythotherapeutische Borreliosetherapie nach Stephen H. Buhner

Japanischer Staudenknöterich

Weitere Therapeutika für Borreliose

Hahnemann und das syphilitische Miasma

Lebenskraft und Miasmalehre

Merkur und die neue Syphilis

Wortzauber

Homöopathika bei Borreliose

Der Fluch des Sonnengottes

Böse Sterne

Heiliges Holz oder Quecksilber?

Guajakholzbaum

Geburtsstunde der chemischen Antibiose

Durch Spirochäten verursachter Kulturwandel

King’s Grace Oyntement

Paradigmawechsel

Wiederkehr der Kräuter

Anhang

Lymph- und Milzpflanzen

Bei uns wachsende immunstärkende Pflanzen

Schwitzkräuter und ausleitende Phytotherapeutika

Ausleitende, lymphreinigende Kräuter

Syphilispflanzen der Indianer

Literaturverzeichnis

Register

Die Ärzte sollen sich nicht wundern, dass die Natur mehr ist als ihre Kunst.

Denn was reicht an die Kräfte der Natur heran?

Wer in ihnen nicht bewandert ist, der beherrscht auch nicht die Heilkunst.

In einem Kraut liegt mehr Tugend und Kraft als in allen Folianten,

die auf den hohen Schulen gelesen werden

und denen auch keine lange Lebensdauer beschieden ist.

Paracelsus, »Lebendiges Erbe«

Willst du das eigene Wesen erkennen,

Sieh dich in der Welt nach allen Seiten um.

Willst du die Welt wahrhaft durchschauen,

Blick in die Tiefen der eigenen Seele.

Rudolf Steiner, »Wahrspruchworte«

VORWORT: VOM HOHEN ROSS GEFALLEN

In diesem Buch geht es um eine neue Volkskrankheit, die allmählich epidemische Ausmaße anzunehmen scheint: die Borreliose.

Borreliose ist in. Die Publikationen zum Thema häufen sich. Meistens sind es schulmedizinkonforme Abhandlungen, Analysen, die der gegenwärtigen kulturellen Konstruktion der Wirklichkeit verpflichtet sind und den wissenschaftlich-objektiven Rahmen nicht sprengen. Die Vektoren – Zeckenbiss und anschließende Borrelieninfektion – werden aufgezeigt, Diagnosen gestellt und schließlich eine wissenschaftlich vertretbare Lösung angeboten. Diese heißt dann Antibiotika. Leider wirken diese Wundermittel bei der Borreliose kaum. Diese cleveren Bakterien vermögen unseren schärfsten Waffen, den Antibiotika, Paroli zu bieten. Sind diese Kleinlebewesen vielleicht doch nicht so unintelligent und primitiv, wie wir meinen?

Wo wenig hilft, da sollte mehr helfen. »Truppenverstärkung« ist angesagt! Noch größere Mengen und eine länger dauernde Anwendung von Mikrobenkillern scheint das Einzige zu sein, was der Schulmedizin dazu einfällt. Dass die Borreliose möglicherweise ein weiteres Indiz dafür ist, dass wir am Ende des Antibiotikazeitalters angelangt sind, fällt ihr schwer zuzugeben. Auch die Komplementärmedizin hat Schwierigkeiten, einen eigenen Ansatz zu finden. Wie Sancho Pansa trottet sie auf ihrem »alternativen« Esel hinter dem stolzen schulmedizinischen Don Quijote einher. Die Richtung ist dieselbe. In ihrem Sack schleppt sie eine verwirrende Vielzahl von »natürlicheren« Mitteln. Beide Ansätze jedoch, die schulmedizinische wie auch die alternative, bleiben dem offiziell sanktionierten wissenschaftlichen Weltbild verhaftet. Die Situation ist ein gefundenes Fressen für Scharlatane und Quacksalber, die alle möglichen Wundermittel anbieten. Es ist Zeit für einen wirklich neuen Ansatz.

Ethnomedizin

In der Ethnologie und Kulturanthropologie ist man sich bewusst, dass es auch andere Erklärungsmodelle für Krankheit und andere Methoden der Heilung gibt als jene, die unsere Schulmedizin – die sich inzwischen »Biomedizin« nennt – im Angebot hat. Lange zweifelte niemand daran, dass die moderne westliche Schulmedizin in ihrer Methode »objektiv« ist, frei von Metaphysik, unangreifbar und einwandfrei wissenschaftlich bewiesen (Pfleiderer 1995: 45). Im Gegensatz dazu galten die Heilsysteme der nichtwestlichen Ethnien – der »traditionellen Völker«, der »Eingeborenen«, der »Wilden« – als auf Aberglauben beruhend, empirisch-wissenschaftlich nicht nachweisbar und von irrationalen Vorstellungen und Handlungen geprägt. Bei näherer Betrachtung stellt sich diese Auffassung jedoch als ethnozentristisches Vorurteil heraus, als eine aus Unwissen gespeiste kulturelle Überheblichkeit. Immer wieder konnten die völkerkundlichen Feldforscher belegen, dass nicht nur die Mediziner aus nichtwestlichen Hochkulturen – traditionelle chinesische Heiler oder indisch ayurvedische Ärzte – sehr gut und erfolgreich mit für westliche Begriffe nicht nachvollziehbaren Modellen arbeiten, sondern dass auch Kräuterweiber, trommelnde und tanzende indianische Medizinleute, Giftgebräu mischende und Ahnengeister beschwörende afrikanische »Hexendoktoren«, mit bewusstseinsverändernden Pflanzen hantierende südamerikanische Curanderos, ekstatische sibirische Schamanen und andere Heiler der »schriftlosen Völker« beachtenswerte Heilerfolge vorweisen können. Das wird inzwischen auch von Resolutionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Unesco anerkannt. Schon 1976 würdigte die WHO die wesentliche Rolle, die traditionelle Heiler bei der Sicherung der Gesundheitsvorsorge bei über der Hälfte der Weltbevölkerung spielen (Foster/Johnson 2006: 10). Anlässlich der Konferenz von Alma Ater (Kasachstan, 1978) forderte die WHO eine Aufwertung der traditionellen Medizin und deren Integration in die moderne Medizin (Heinrich 2001: 2).

Aus ethnomedizinischer Sicht ist die Schulmedizin eben nicht die letzte Instanz, was Heilung und Medizin betrifft. Sie hat keinen Alleingültigkeitsanspruch, sondern stellt, genauso wie die anderen Heilkunden, lediglich eine von vielen möglichen Gesichtspunkten dar. Auch sie ist kulturell geprägt, ist eine kulturelle Konstruktion, ist Produkt bestimmter geschichtlicher und gesellschaftlicher Prozesse. Unsere medizinische Forschung »entdeckt« nicht gegebene, objektiv vorliegende Fakten, sondern »produziert« diese Fakten durch die Interaktion zwischen Forschern und Gegenstand. Ohne dass sie sich dessen bewusst ist, geht sie a priori von begrifflichen Grundannahmen aus, die nicht hinterfragt werden.

Schamanische Heiler.

Dazu zählen etwa:

• die Aufstellung von Gegensatzpaaren: Natur versus menschliche Kultur, Körper versus Geist, Individuum versus Gesellschaft, Leidenschaft (Gefühle) versus Vernunft, Gesundheit versus Krankheit, natürlich versus übernatürlich, objektiv versus subjektiv.

• die Annahme, dass man durch Logik und wissenschaftliche Methode natürliche Vorgänge, wie einen Krankheitsablauf oder Heilung, verstehen kann.

• die Annahme, dass man mit technologischen Methoden die natürliche Welt, auch den Körper, beherrschen, manipulieren und in Griff bekommen kann. Dahinter steht die neuzeitliche Auffassung, dass der Mensch eigentlich eine Maschine ist – allerdings eine kybernetisch vernetzte, intelligente Biomaschine mit einer Art Rechner als Hirn, auf dessen Festplatte Daten gespeichert sind.

Zu diesem Bild passen dann auch Begriffe wie »keine Energie mehr haben«, »ausgeleiert« oder »aufgezogen sein«, »Batterien leer«, »die Pumpe kaputt«, »die Rohre verstopft«. Bionische Humanoide, wie der von Arnold Schwarzenegger gespielte Terminator, gehören zur Mythologie dieses Weltbildes ebenso wie die Idee, dass Hirntote oder Klone als Ersatzteillager dienen könnten und dass Nieren und Lebern ausgetauscht werden können wie Vergaser und Zündkerzen im Auto.

• dass der Glaube an Geister, Ahnen und übersinnliche Instanzen überflüssig ist und abgelegt werden sollte, wenn man einen Krankheitsverlauf verstehen will (Lock/Scheper-Hughes 1996: 43).

»Was für einen Körper braucht die Gesellschaft, der Staat?«, fragt der französische Philosoph Michel Foucault. In dieser Frage steckt die Erkenntnis, dass der »Körper« nicht etwas ist, was einfach biologisch vorgegeben ist. Er ist – wie auch die Arzneimittel, die Krankheitsbezeichnungen, Diagnosen und Therapieabläufe – ein kulturelles Konstrukt. Das gilt auch für den Körperbegriff der Schulmedizin, die seit der Aufklärung den physischen Körper von der Seele trennte und ihn zum Mechanismus erklärte. Erst im 20. Jahrhundert wurde, in der Psychiatrie und in der Psychosomatik, der Versuch gemacht, den Bruch zwischen Körper und Seele wieder zu kitten. Aber auch hier wird noch immer nach »wirklichen«, das heißt materiellen, organischen Ursachen, vor allem im Hirnstoffwechsel, gesucht.

Körpermodelle gibt es ebenso viele, wie es Heilsysteme gibt. Die traditionellen Völker stellen sich den Körper, das Leibesinnere und das Funktionieren der Organe nicht als ein Maschinenwesen vor. Auch reduzieren sie die »Wirklichkeit« nicht nur auf das Wägbare und Messbare. Das heißt nicht, dass sie nicht sorgfältig und genau beobachten. Sie beobachten die natürlichen Phänomene oft genauer, als wir es tun (Levi-Strauss 1977: Kap. I). Sie schließen aber die energetischen, seelischen und geistigen Aspekte nicht von vorneherein als »irreal« oder »subjektiv« aus. Nicht ein Uhrwerk oder ein Computer liefert für sie das Denkmodell, sondern die Landschaft, das Klima, der Wandel der Jahreszeiten oder die Bewegungen der Planeten. Analog dem jahreszeitlichen Wandel, den Naturrhythmen erkennt und versteht man, was sich im menschlichen Mikrokosmos abspielt. Die große Natur, der Makrokosmos, ist selbst ein atmender, lebender Leib. Es ist die »Mutter Erde«, der »Urriese« oder das ursprüngliche Zwitterwesen, das sich opferte und zur Schöpfung wurde. Es hat Knochen (Steinformationen) wie wir, Adern und Venen (Flüsse, Seen), ein Herz (Sonne), ein Hirn (Mond), Haut (die Humuserde), Haare (die Wälder, das Gras), eine Vagina (Quellen, Sümpfe), Brüste, Glieder, Atem (Winde) und so weiter. Für die meisten Zeitgenossen ist diese Metapher reichlich naiv und primitiv. Dass es sich dennoch gut mit solchen Metaphern denken lässt und dass sich damit brauchbare Bezüge herstellen lassen, zeigt etwa die traditionelle chinesische Medizin. Funktionskreise und Wandlungsphasen verbinden fünf Elemente, fünf Jahreszeiten, fünf Geschmacksrichtungen, fünf Seelenstimmungen und fünf Körperteile miteinander: Holz (Leber, Galle, Zorn, Frühjahr) brennt als Feuer; Feuer (Herz, Freude, Sommer) wird zu Erde oder Asche; Erde (Milz, Sorge, Spätsommer) ergibt Metall; Metall (Lunge, Trauer, Herbst) schmilzt und wird flüssig (Wasser); Wasser (Nieren, Furcht, Winter) ernährt wiederum das Holz.

Das chinesische Modell: Yin-Yang und die fünf Elemente.

Ein ähnliches Schema benutzten die Heiler des alten Griechenlands. Vier Jahreszeiten mit ihren verschiedenen Graden von Hitze und Feuchtigkeit stehen analog zu vier Lebenssäften (Blut, gelbe Galle, schwarze Galle, Schleim), zu vier Elementen, vier Tageszeiten, vier Lebensaltern, vier Persönlichkeitstypen und anderen Erscheinungen. Mit dieser Metapher wurde über tausend Jahre lang, bis über die Renaissance hinaus geheilt.

Die Qollahuyaindianer in Bolivien vergleichen den Körper mit einem Berg, mit Kopf, Herz (das Dorf), Magen, Innereien, Brüsten, Füßen und so weiter. Quellen und Bäche sind sein Blut, der jahreszeitliche Wandel sein Lebensrhythmus. Kahlschläge und Bergbau gefährden seine Gesundheit; Erdbeben, Rutsche, plötzliche Sturzbäche sind Krankheiten. Man heilt menschliche Pathologien, indem man sich mit Ritualen um einen heiligen Berg in der Nähe des Dorfes kümmert (Lock/Scheper-Houghes 1996: 57).

Humoralpathologisch es Schema.

Die alten Ägypter verglichen den menschlichen Körper mit dem grünen, von staubiger Wüste eingegrenzten Niltal. Der Nilstrom, der das Leben ermöglicht, indem er fruchtbare Erde anschwemmt, die Vegetation labt und das faule, infizierte Wasser der Bewässerungskanäle wegschwemmt, wurde dem Verdauungstrakt, der vom Mund bis zum Dickdarmausgang reicht, gleichgesetzt. Es galt, Austrocknung, Flüssigkeitsansammlungen, Abänderungen, Störungen und Blockierungen der Kanäle auszugleichen. Daher spielten in der ägyptischen Heilkunde vor allem Abführmittel, Brechmittel, Klistiere, Schröpfen und Aderlass eine wichtige Rolle.

In Indien waren es die drei markanten Jahreszeiten, die das Modell abgaben: Erlebt der Mensch nicht auch Hitzezustände (Pitta), die der heißen, staubtrockenen Vormonsunzeit gleichen? Erfährt er nicht ebenso feucht-heiße, schleimige, ansteckende Zustände (Kapha), die der Monsunzeit ähneln, oder kühle, windige (Vaya/Vata), wie man sie im Spätherbst in der Natur erlebt (Storl 2004a: 30)?

Bei einigen Völkern, auch bei den vorchristlichen Europäern, stellte man sich den Körper als ein Haus vor: Der warme Herd in der Mitte, die Feuerstelle, war das Herz; der sich im selben Gebäude befindende Stall mit all seinen Tieren war der Unterleib. Krankheit ist nach dieser Vorstellung Unreinheit, Mangel an Futter oder Holz oder ein unwillkommener Besuch (von Geistern, Dämonen).

Im Mittelalter und vor allem in der Renaissance wurde der menschliche Leib einbezogen in ein kosmisch-astrologisch-energetisches Beziehungsnetz: Er galt als das mikrokosmische Abbild des gesamten Kosmos. Der gesamte Tierkreis fand sich in ihm wieder, von den Widderkräften im Kopf bis hinab zu den Fischekräften in den Füßen. Die Planeten beherrschten die Organe und das Befinden; planetarische Energien zogen ihre Bahn durch den gesamten Leib. Der Arzt musste Astrologe sein, musste wissen, welche Planeten in den Organen und in den Heilkräutern wirksam sind und wie diese in Beziehung zueinander zu bringen sind.

Im traditionellen Afrika ist der Mensch und sein Körper Teil des gesellschaftlichen Spannungsfelds. Krankheit beschränkt sich nicht auf das Individuum. Spannungen in Sippe oder Nachbarschaft, Tabubrüche, Beleidigungen der Ahnen und Ähnliches machen krank. Neid, Hass, böse Gedanken stören die gemeinschaftliche Harmonie und gelten als Hexerei. Krankheitsdiagnose bedeutet die Störquelle finden, und diese liegt nicht in organischen Fehlfunktionen oder bei ansteckenden Bakterien, sondern im zwischenmenschlichen Bereich. Die Gesellschaft, das gesamte Dorf wird in das Heilritual mit einbezogen.

Weitere Beispiele könnten ein Buch füllen. Aber genug damit. Was uns hier interessiert, ist die Tatsache, das jedes Heilsystem, jedes Denkmodell, seine Gültigkeit hat und erfolgreiche Krankenheilungen vorzuweisen hat. Folglich werden wir uns in diesem Buch nicht nur auf orthodoxe biomedizinische Forschungen und Konstruktionen verlassen, sondern auch ethnomedizinische und ethnobotanische Quellen mit einbeziehen.

Der menschliche Embryo im Tierkreis.

Die geistige Führung ist nicht immer nett

Dieses Buch wurde nicht aus eitlem Wissensdrang oder Forscherneugierde geschrieben, sondern es entstand aus der bedrohlichen gesundheitlichen Notlage, die sich ergab, nachdem ich selbst von der Borreliose befallen wurde. So ist es auch ein ganz persönliches Buch, das den langen, abenteuerlichen Weg aufzeichnet, der zur Auffindung des richtigen Heilmittels und der richtigen Behandlung für mich führte. Auf diesem Weg kam mir zugute, was ich als Ethnologe von verschiedenen Völkern lernen durfte. Zugleich konnte ich aus dem altüberlieferten Erfahrungswissen der westlichen Heilkräuterkunde Erkenntnisse schöpfen. Von Cheyenne-Medizinmännern, indischen Heilern und dem alten Bergbauern Arthur Hermes lernte ich, meinen Intuitionen zu vertrauen. Ich lernte, dass wir unseren eigenen Körper besser kennen, als es unser zaghafter Verstand wahrhaben will. Unser Geist kann in der Meditation und Innenschau den Leib besser ausloten und abtasten als die kompliziertesten Computertomografien, Scanner und Ultraschallmethoden. Auch wenn es dem oberflächlichen, alltäglichen Verstand schwer fällt, es zu verstehen, weiß unsere Seele, was uns plagt und was uns gut tut. So bemühte ich mich, neben dem genauen Beobachten der äußeren körperlichen Symptome, das Bewusstsein nach innen zu lenken. Von den Indianern lernte ich, auf die Bildbotschaften der Träume zu achten. Die amerikanischen Ureinwohner sind überzeugt, dass viele Visionen, Träume, heilende Inspirationen, aber auch Krankheiten von unseren Mitgeschöpfen, unseren »Verwandten«, den Tieren, Steinen, Wolken, Bergen und Pflanzen geschickt werden – und von den Ahnen, die uns wortwörtlich die richtigen Ahnungen eingeben. Den Ahnen verdanke ich es, dass ich die richtige Heilwurzel, die Weberkarde, als Heilmittel bei Borreliosebefall fand; denn Weber waren diese Vorfahren, und seit Jahrhunderten hatten sie mit dieser Pflanze zu tun gehabt.

Um es vorwegzunehmen:

Kardenwurzeltinktur oder-tee, über einige Wochen hinweg eingenommen, dazu jeden Tag oder alle paar Tage eine Überhitzungstherapie (Sauna, heiße Bäder oder Schwitzhütte, mit einer Hitze von über 42 Grad), bietet eine gute Möglichkeit zur Ausheilung der Borreliose (detaillierte Angaben dazu Seite 150ff. und 160ff.).

Im Laufe der Zeit hatte es sich herumgesprochen: Immer mehr Betroffene wurden aufmerksam auf diese Kur mit der Karde, und immer mehr Anfragen per E-Mail, Brief oder Anruf erreichten mich. So wurde mir klar, dass es an der Zeit war, ein Buch zu diesem Thema zu schreiben. Zuletzt meldete sich ein Biophysiker aus der Wetterau. Er schrieb, dass er selbst an Borreliose gelitten habe. Chronische Müdigkeit, Muskelschmerzen, taube Glieder, Gedächtnisausfälle bis hin zu psychoseähnlichen Zuständen hatten ihn geplagt. Dann habe er die Kur mit der Karde versucht, und, siehe da, die Symptome verschwanden. »Sie haben sich mit dieser Kur medizinisch verdient gemacht«, schrieb er und bot an, mir zum Dank seine Forschungsunterlagen zum Thema Borreliose auszuleihen, so lange ich sie brauche. Bald lag dann das Päckchen mit einem dicken Aktenordner im Briefkasten. Der Ordner enthielt eine Auswahl der neusten medizinischen Forschungsberichte und Fachliteratur. Neugierig blätterte ich durch die Texte und stolperte durch einen Dschungel voller esoterischen Medizinerlateins: Cerfuroxim, Human Granolocytic Ehrlichiosis, Western Blot, Lipopolysaccharide, Zytokine und dazu immer wieder Abkürzungen: CPK1, ELISA2, ESR3, EMC4, JHR5, IgM und IgG6, PCR7 usw., die nicht weiter erklärt wurden. Heiliger Pschyrembel, hilf! Es würde Wochen dauern, um sich durch diesen Wust durchzuarbeiten. Das hatte ich doch nicht nötig. Außerdem war da noch eine Menge Holz zu hacken, der Garten musste winterfest gemacht, die Komposte umgesetzt, die Zäune repariert und der Stall gemistet werden. Ich legte den Ordner beiseite und nahm mir vor, morgens die körperliche Arbeit in Haus und Stall zu erledigen, nachmittags zu schreiben und den Ordner zu vergessen.

Ehe ich mich an den Computer setzte, um das Projekt in Angriff zu nehmen, wollten wir noch einmal reiten gehen. Es war ein schöner sonniger Tag. Wir sattelten die Pferde, und ab ging es über Stock und Stein, einen Holzweg entlang, durch die Fichten. Die Hunde rannten hechelnd mit. Bald wurde der Ritt zum Wettrennen. Meistens verliere ich, aber diesmal witterte ich die Chance, als Erster die Wegkreuzung, die unser Ziel war, zu erreichen. Doch plötzlich, mitten im Vollgalopp, drehte mein Pferd im scharfen Winkel vom Weg ab. Der Sattel rutschte. Ich knallte mit dem Gesicht gegen einen Baumstamm und fiel. Es fühlte sich an, als hätte mir ein Bergriese mit dem Knüppel übers Gesicht gehauen. Zum Glück hatte mich der Schlag unterhalb des Nasenbeins getroffen, sonst wäre die Nase gebrochen. Aber die Vorderzähne waren locker und die Lippe gespalten. Und dann, als ich wieder aufsteigen wollte, merkte ich, dass etwas mit meinem linken Arm nicht stimmte. Das Handgelenk schwoll schnell an; es war gebrochen. Die Indianer, die ich in Montana kannte, hätten sich als Erstes gefragt, welcher Geist wohl in das Pferd gefahren sei. Aber hier in Europa fragt man sich so etwas nicht. Arthur Hermes, der mir die Götter und Geister in der Natur nahegebracht hatte, hätte wahrscheinlich gesagt, dass dieser Schlag aus der »anderen Dimension« kam, dass es mit der »geistigen Führung« zu tun habe. Und zur Illustration hätte er die Geschichte hervorgekramt, wie er im Januar 1945 auf seinem verschneiten Berghof im Schwarzwald mit den Skiern über die Weide geflitzt war und sich bei einem unvermittelten Sturz das Bein gebrochen hatte. Es war ihm ein Rätsel, wie das hatte geschehen können, denn er war ein geübter Skiläufer und immer vorsichtig. Als er am selben Tag nach Hause kam, lag ein Einberufungsbefehl im Briefkasten. Es sollte eine Kavallerieeinheit zum Kampfeinsatz an der Ostfront aufgestellt werden, und sie brauchten Männer, die im Umgang mit Pferden erfahren sind. Hermes war damals schon 55 Jahre alt, aber die Lage war ernst. Als sein Beinbruch ausgeheilt war, war der Krieg vorüber. »Das war die geistige Führung! Sicher wäre ich nicht wieder lebendig nach Hause gekommen. Die Götter hatten etwas anderes mit mir vor.«

Für mich war es nun aus mit Holzhacken, Gartenumgraben, Ausmisten. Auch das Tippen auf der Computertastatur konnte ich vergessen. Ich konnte nicht einmal mehr eine Apfelsine schälen, die Schuhe anziehen, ein Marmeladenglas aufschrauben, die Jacke zuknöpfen. Absolut nichts, außer essen, schlafen und … lesen. Nun hatte ich Zeit zum Lesen, viel Zeit. Also nahm ich den Ordner des Wissenschaftlers wieder hervor und vertiefte mich darin, bis das Gehirn dampfte. Dabei wurde mir allmählich bewusst, dass ich das vorliegende Buch ohne diese Vorstudien gar nicht hätte schreiben können. Die Literatur war aufschlussreich. Es wurde mir klar, wie viele Widersprüche und nicht fundierte Behauptungen hinter all den Ziffern und Zahlen der Forschungsberichte und den komplizierten Formulierungen verborgen waren. Hinter der Fassade gehobener Wissenschaftlichkeit steckte viel Ratlosigkeit, Verwirrung, aber auch Profilierungssucht. Die angeführten Statistiken widersprachen sich häufig. Wie hoch zum Beispiel ist der Grad der Verseuchung der Zecken mit Borrelien? Jeder Experte lieferte andere Zahlen. Wie schnell breiten sich die Spirochäten im Körper aus? Dauert es Wochen, wie einige Experten meinen, oder dauert es nur wenige Stunden? Ist es eine leichte Infektion, die sich mit einer dreiwöchigen Antibiotikabehandlung beheben lässt? Ist es gar eine Modekrankheit, die einfach zu häufig diagnostiziert wird? Oder handelt es sich um eine inzwischen weltweit verbreitete Epidemie, die immer weiter um sich greift und sich hinter ständig wechselnden Symptomen verbirgt? Die Erfolgsquote der schulmedizinischen Borreliosetherapie liege bei 90 Prozent, berichten einige Experten, andere sprechen von 25 bis 45 Prozent, und wieder andere geben an, es sei eine unheilbare Krankheit. Man stritt sich über den Wert der Bluttests (Serumdiagnostik), und immer wieder schien durch, dass diese Tests kaum sichere Aussagen ermöglichen. Sind es nur die Zecken, die diese Spirochäten übertragen, oder auch Bremen, Mücken, Milben und andere Gliederfüßler; oder wird die Infektion gar durch Speichel und andere Körperflüssigkeiten, durch Samen (Sperma) und Muttermilch übertragen? Oder gar über Blutkonserven im Krankenhaus? Man weiß es nicht. Wie viele Neuerkrankungen gibt es? Die offiziellen Schätzungen in den USA schwanken zwischen 18 000 und 1 800 000 im Jahr. Ist es eine neue Krankheit, oder hat es sie schon immer gegeben? Warum war die Borreliose damals, 1907, als der Straßburger Arzt Borrell die schraubenförmigen Bakterien entdeckte, kein Problem? Wie viele Borrelienstämme gibt es? Rufen sie alle die gleichen Symptome hervor? Und stimmt es, dass in Amerika vor allem Borrelia burgdorferi in Zecken und bei Patienten gefunden wird, in Europa aber auch andere Stämme vorhanden sind (B. afzelii, B. garinii, B. lusitaniae, B. valaisiana)? Wie kann das sein? Wissen die Bakterien noch nicht, dass sie per Flugzeug und Frachtschiff ohne Problem die Meere überqueren können? Unzählige Fragen und kaum eindeutige Antworten. Um so mehr ich las, um so faszinierender wurde die Lektüre.

Wahrscheinlich war es doch die »geistige Führung«, die mich außer Gefecht gesetzt hatte, damit ich ernsthaft an die Sache herangehen konnte. Die geistige Führung ist nicht immer so lieb und nett, wie meine Freunde aus der New-Age-Szene immer wieder beteuern. Sie kann auch ganz schön ruppig sein! Und manchmal spannt sie einen Bergtroll mit schwerem Knüppel ein oder schickt einen Kobold durch das Gehirn eines Pferdes.

Nebenbei bemerkt, der gebrochene Unterarm – Speiche und Elle – heilte schnell. Nachdem ich in der Meditation meinen Geist durch den Arm wandern ließ und dabei erkannte, dass die Knochen sauber gebrochen waren und kein Bänderriss vorlag, wusste ich, dass ich nicht zum Arzt zu gehen brauchte. Röntgen, Eingipsen und Schmerztabletten konnte ich mir ersparen. Dafür packte ich den Arm in Umschläge mit frisch geraspelten Beinwellwurzeln – das regt die Granulationsprozesse8 und die Knochenkallusbildung an und wirkt zudem noch etwas schmerzlindernd – und trank viel Ackerschachtelhalmabkochung, dessen Kieselsäure ebenfalls die Knochenbildung unterstützt. Zusätzlich badete ich den Arm einmal am Tag in heißem Ackerschachtelhalmabsud, dem ich entzündungswidrigen Schafgarbentee beimischte. Die Schienen, die dazu dienten, das Gelenk stillzulegen, hatte mir meine Frau aus dünnen, biegsamen Weidenruten geschnitzt. Diese ließen sich zur Behandlung des Bruchs mit den Kräutern leicht entfernen. Das wäre mit einem Gipsverband nicht möglich gewesen, und dann hätte die Genesung viel länger gedauert. So kam es, dass ich schon nach gut drei Wochen wieder an der Tastatur sitzen und diese Zeilen schreiben konnte.

Vorwort zur 2. Auflage

Dieses Werk erntete nicht nur Lob, sondern auch Kritik. Es sei fahrlässig zu behaupten, dass Antibiotika bei Borreliose nicht helfen, und betroffene Menschen, die sich an solche Ratschläge hielten, würden sich einem Invaliditätsrisiko aussetzen. Ich sage nicht, dass Antibiotika nicht helfen, sondern dass sie oft nicht helfen. Ich schrieb dieses Buch unter anderem, weil mich viele Hunderte Briefe und Mails erreichten von Betroffenen, die trotz Antibiotikakur nicht gesund wurden und die gehört hatten, es gäbe andere Möglichkeiten. Im Anfangsstadium ist es eher möglich, die Infektion mit Antibiotika zu stoppen. Es dauert jedoch 3 und manchmal bis zu 6 Wochen, bis sich nach der Infektion serologisch nachweisbare Antikörper bilden; oft merken die Infizierten gar nicht, dass sie von einer Zecke gebissen wurden. Auch die Wandernde Röte, ein erstes Leitsymptom, zeigt sich nur bei rund 50 Prozent der Infizierten. In dieser Phase ist es dann meist zu spät für Doxycyclin, da sich die Borrelien inzwischen im Körper ausgebreitet und in schlecht durchblutetem Gewebe (Knorpel, Narben, Endothelien usw.) versteckt haben. Außerdem können sie sich, wenn ihnen das Milieu unangenehm wird, bis zu zehn Monate verkapseln, ehe sie wieder aktiv werden.

Aufgrund all dieser Schwierigkeiten in der Behandlung der Borreliose erschien es mir sinnvoll, ethnomedizinische Anregungen aus nicht-westlichen Kulturkreisen sowie aus der altüberlieferten Erfahrungsmedizin in Betracht zu ziehen. So wurde ich zur Karde geführt und konnte am eigenen Leib erfahren, dass sie mir bei meiner Borreliose gute Dienste leistete. Selbstverständlich sollte dieses Phythotherapeutikum weiter überprüft und – wertfrei – untersucht werden.

Auch die Überhitzungstherapie mit Temperaturen von gut 40 Grad Celsius, eine Anregung aus dem karibischen Kulturkreis, wurde als lebensgefährlich kritisiert. Sie kann in der Tat gefährlich sein, aber nur für Menschen mit äußerst schlechter Konstitution, mit Kreislaufproblemen oder Epilepsie. Doch das steht ja schon im Text. Schwitzhütten oder die üblichen Temperaturen im Gangestal in der Vormonsunzeit sind noch heißer (45°C).

Zuletzt möchte ich festhalten, dass es mir trotz gelegentlich zugespitzter Formulierungen keineswegs um eine »Ärzteschelte« oder eine Kampagne gegen die »Schulmedizin« geht. Ich weiß um den Stress und die Last, die der praktische Arzt zu tragen hat. Nicht Dogma, sondern Anregungen soll dieses Buch bieten.

Lass es nicht so weit kommen,

bis du dich mit der Diagnose abgefunden hast,

denn dann ist dein Schicksal besiegelt.

Clemens Kuby, »Unterwegs in die nächste Dimension«

Wir wissen, dass die Lyme-Borreliose Antibiotika widerstehen kann.

Zu sagen, jemand sei geheilt,

weil er eine bestimmte Menge Antibiotika erhalten habe, ist Unsinn.

Willi Burgdorfer, Entdecker der Borrelien-Spirochäte, 2001

Die Antibiotikatherapie kann Patienten mit Symptomen der chronischen

Lyme-Borreliose oder mit Post-Lyme-Borreliose beträchtlichen Schaden zufügen.

Henry M. Feder et al. und Ad Hoc International Lyme Disease Group, in: New England Journal of Medicine 357 (14) 4. Oktober 2007

1 Creatinphosphokinase.

2 Nicht der Mädchenname ist hier gemeint, sondern »enzyme-linked immuno sorbent assay«.

3 Erythrocyten-Sedimentations-Rate oder Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit.

4 Wandernde Röte.

5 Jarisch-Herxheimer-Reaktion.

6 IgM und IgG sind Klassen von Immunglobulinen.

7 Polymerase-Kettenreaktion.

8 Bei der Heilung auftretende zellreiche, weiche Gewebsneubildung.

BEGEGNUNG MIT DEM DÄMON

In dem nächtlichen Schwitzhüttenritual, an dem ich vor nunmehr zehn Jahren teilnahm, herrschte kein besonders guter Geist. Zum Teil hatte es mit mir zu tun; ich war überarbeitet und hatte zuvor zu wenig schlafen können. Da irritierte es, splitternackt und eng zusammengedrängt mit schwitzenden langhaarigen Indianerfreaks, die man eigentlich nicht kannte, im dunklen »Bauch der Erdmutter« zu hocken. Die rot glühenden Steine in der Mitte des runden, mit Decken und Filzmatten behangenen Weidengestells strahlten eine erdrückende Hitze aus, aber am Rücken zog es empfindlich kalt durch die Ritzen. Die geführte Meditation, die feierliche Einberufung des göttlichen Adlers, des Bisons und anderer indianischer Krafttiere durch den Schwitzhüttenleiter, sprach mich nicht besonders an. Wir waren im Neckartal, irgendwo zwischen chemiegetränkten Weinbergen und kahlem Ackerland in der Nähe von Heidelberg; da sollte man sich doch auf die Krafttiere und Geistwesen der hiesigen, uns unmittelbar umgebenden Natur einstimmen und nicht in irgendwelche Abstraktionen abheben. Es ging doch darum, sich mit der Erde hier, den Pflanzen, Tieren und Geistern zu verbinden! Als dann der kosmische Schelm, der Kojote Shawnodese, der den Süden beherrscht und den warmen Regen bringt, aufgerufen wurde, wendete sich der Zeremonienmeister an mich: »Wolf, sicher kennst du ihn, den trickster, den göttlichen Schelm, aus deiner Zeit in den Rocky Mountains.«

Da meldete sich mein Ego zu Wort, plusterte sich auf, fand die bedeutungsschwere Stimme des erfahrenen Weisen und antwortete: »Ja, sicher, Shawnodese kenne ich gut!«

In der Morgendämmerung, als die Schwitzhütte vorüber war, rollte ich mich im taunassen Gras, um mich abzukühlen. Da biss sich eine Zecke unter meinem Bauch fest. Gemerkt habe ich das aber erst zwei Tage später. Das Spinnentier hatte mich in einer immunschwachen Situation angefallen. Vielleicht war es doch Shanowdese, der mich erwischt hatte und mir den Egotrip heimzahlte. Man soll die Götter nicht herausfordern und darf mit den heiligen Dingen nicht herumspielen – das hatten mir befreundete Cheyenne-Medizinmänner immer wieder gesagt.

Bald darauf formte sich, von der Bissstelle ausgehend, der rote, wandernde Ring, das sogenannte Erythema migrans. Auch sonst fühlte ich mich nicht wohl, war schlapp und reizbar, hatte Kopfschmerzen, schlief schlecht, sah nicht mehr scharf, und der Lymphknoten in der Leiste schwoll etwas an. Ein befreundeter Arzt, der sich sonst sehr für die Phytotherapie einsetzt, diagnostizierte Borreliose und redete mir eindringlich ins Gewissen: »Bei der Borreliose hört es mit den Kräutern auf, hier helfen nur Antibiotika, und zwar massive!« In drastischen Bildern malte er den Verlauf der durch Zeckenbiss übertragenen Ansteckung mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi aus: Wenn man nicht sofort mit Antibiotika anrückt, würde es im zweiten Stadium der Infektion zu Lähmungen, Arthritis, wandernder Gelenkentzündung, Herzschäden und schließlich auch zu neurologischen Ausfällen oder Gehirnhautentzündung führen. Im dritten Stadium landet man im Rollstuhl, weil die Gelenke versagen, und zuletzt kann es zu Störungen der Bewegungskoordination (Ataxie), Hirnnervenausfall und sogar zu schweren Psychosen kommen. Das Bakterium sei eine der Syphilis verwandte Spirochäte. Und wie diese schreckliche Geschlechtskrankheit ist die Infektion rezidiv, das heißt, die Krankheit verläuft in Schüben, die Symptome setzen zeitweilig aus, sodass der Patient glaubt, er sei auf dem Weg der Heilung, und kehren dann umso heftiger zurück.

Was für eine Diagnose! Sonst kuriere ich meine Leiden vor allem mit Kräutertees, Kräuterpackungen, Wärmeflaschen, heißen Steinen, die ich auflege, und viel Schlaf. Was aber sollte ich in diesem Fall tun? Ich hatte schließlich eine Familie zu versorgen. Vor Jahren kam es bei mir infolge einer Behandlung mit Antibiotika zu einer Superinfektion, an der ich jahrelang schwer zu leiden hatte. Auch sonst war ich mir bewusst, dass Antibiotika nur mit größter Vorsicht zu genießen sind, da sie einen massiven Eingriff in das körpereigene Immunsystem darstellen: Sie zerstören die symbiotische Darmflora, die ein wesentlicher Bestandteil der körpereigenen Abwehr ist; sie erzeugen ein pilzfreundliches Klima im Körper und begünstigen so Candida albicans und andere Pilzinfektionen; sie können allergische Reaktionen bis hin zum seltenen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen. Das natürliche innere »Ökosystem«, das den Organismus normalerweise gegen Infektionen schützt, wird dabei gestört.

Ich war innerlich hin- und hergerissen und machte mir Vorwürfe. War ich etwa paranoid, dass ich die Antibiotikakur nicht machen wollte? War es wirklich so, dass in diesem Fall kein Kraut der Krankheit gewachsen war? Ich hatte das Gefühl, dass die Zeit drängte. Jeden Tag – so stellte ich mir vor – breiteten sich die Spirochäten weiter aus und würden Gelenke, Gehirn und andere vitale Organe befallen. Ich las alles, was ich zum Thema finden konnte. Dabei stieß ich im ärztlichen Handbuch für Diagnose und Therapie »Consilium Cedip Practicum« (1995) auf eine Statistik, die besagte, dass 23,8 Prozent der getesteten Waldarbeiter in Deutschland Antikörper gegen die Borreliose aufweisen, ohne überhaupt zu wissen, dass sie jemals infiziert wurden. Eine Studie der American Medical Association (AMA, 1995) stellte fest, dass nur die Hälfte der Patienten mit der Diagnose Borreliose tatsächlich unter Krankheitserscheinungen litt. Das ließ mich Hoffnung schöpfen. Wenn das Immunsystem tatsächlich die Fähigkeit hat, Antikörper gegen diese Spirochäten zu produzieren, dann wäre doch das Naheliegende, das Immunsystem mit allen Mitteln zu unterstützen. Da Antibiotika immunsuppressiv wirken können, also die körpereigene Abwehr dämpfen, schienen sie – so meine Schlussfolgerung – nicht unbedingt das geeignete therapeutische Mittel zu sein.

Das Ende des Antibiotikazeitalters

Antibiotika, wie auch Kortison und Steroide, sind – dessen bin ich mir voll bewusst – heilige Kühe der modernen Medizin. Daran darf nicht gerüttelt werden. Auch Kritiker leiten ihre Überlegungen immer mit dem Eingeständnis ein, dass diese schärfsten Waffen der anerkannten Medizin Millionen von Leben gerettet hätten und dass sie im Notfall unverzichtbar sind. Das mag schon sein. Wurde nicht auch das Leben meines Vaters, der während der Kriegsgefangenschaft in Ägypten fast an der Ruhr gestorben wäre, durch Penicillin gerettet?

Inzwischen aber ist die Frage berechtigt, ob nicht die Kosten des Antibiotikaeinsatzes höher sind als ihr Nutzen. Dabei fing alles so hoffnungsvoll an. 1928 bemerkte der Bakteriologe Alexander Fleming, dass eine Schimmelpilzspore der Gattung Penicillium, die zufällig in eine Petrischale mit einer Staphylokokkenkultur gefallen war, das Wachstum dieser Bakterien hemmte. Das war die zündende Idee: Mit Pilzgiften kann man krankheitsverursachende Bakterien abtöten! Kurz darauf, 1935, entdeckte der Pathologe Gerhard Domagk die antibakterielle Wirkung von Sulfonamiden, die gegen grampositive und gramnegative Bakterien sowie gegen Chlamydien und Protozoen wirksam waren.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs erlangten die Antibiotika ihre volle Bedeutung. Die Seuchen, die seit je den Soldaten zusetzten – Wundinfektionen, Geschlechtskrankheiten –, schienen für immer aus der Welt geschafft. Eine euphorische Stimmung machte sich breit. Man hatte die Nazis besiegt, und nun würde man auch die Bakterien endgültig besiegen. Wissenschaftliche Koryphäen kündeten gar das Ende aller Krankheiten für die Menschheit an. Der amerikanische Generalstabsarzt William Steward verkündete Ende der sechziger Jahre vor dem US-Kongress: »Das Kapitel der Infektionskrankheiten ist ein für allemal abgeschlossen. Pocken und Polio sind eliminiert; Malaria und Tuberkulose sind auf dem Weg dahin« (Buhner 2002: 117). Ich kann mich gut erinnern, wie der Lehrer in der Primarschule in Ohio uns Kindern erzählte, dass es bei der Jahrtausendwende im Jahr 2000 dank des Penicillins keine Krankheiten mehr und dank der Kernkraft keinen Energiemangel mehr geben würde.

Niemand stellte das Dogma in Frage, dass Bakterien die Verursacher von Krankheiten und Seuchen sind. Das offizielle Denkmodell der damaligen Zeit war rein sozialdarwinistisch: In der Natur herrscht auf allen Ebenen erbitterter Überlebens- und Konkurrenzkampf: Mensch gegen Bakterien, Schädlinge gegen Pflanzen, Parasiten gegen Nutztiere. Dieser Kampf war ein manichäistischer9, ein Kampf von Gut gegen Böse. Bakterien waren eindeutig auf der Seite des Bösen, wie etwa Giftschlangen, Wölfe oder die Feinde der Demokratie und des Fortschritts. In der zunehmend säkularisierten westlichen Welt nahmen diese für menschliche Augen unsichtbaren Kleinstlebewesen die Stelle des Teufels und seiner Dämonenschar ein. Und wer zu den Guten gehört, der schließt mit dem Teufel keinen Kompromiss!

Dieses Denken setzte sich auch bei der Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft durch: DDT, Malathion, Lindan und andere Chemiegifte sollen die Nutzpflanzen schützen, andere Gifte, die Herbizide, sollen die Unkräuter vernichten. Auch in der Politik fand das Denkmuster seinen Platz: Im Ersten Weltkrieg wurde von beiden Seiten Giftgas gegen »menschliche Schädlinge« eingesetzt; im Zweiten Weltkrieg waren es Flächenbombardierung, Vernichtungslager und die Atombombe, die dazu dienten, das Böse auszurotten. Im Kalten Krieg wurden ABC-Waffen entwickelt, um den Bazillus des Bolschewismus oder, je nach Gesichtspunkt, den Bazillus des Kapitalismus auszuschalten. Heute sind es die unberechenbaren Terroristen, die ähnlich wie die Bakterien und Viren im Körper heimtückisch, hinterhältig und getarnt in der globalen Welt einen unfairen, asymmetrischen Krieg führen.

Bakterien als kleine Teufel chm. Viktorianische Darstellung, London, 1858.

Diesem Denkmuster entsprechend bedient sich der antibiotische Krieg gegen die Mikroorganismen fast ausschließlich einer militärischen Sprache: Es wird auf Symptome eingeschossen; es gibt Invasionen der Keime; der Körper ist ein Schlachtfeld; Killerzellen attackieren Fremdzellen, Fresszellen erledigen die Aufräumarbeiten nach erfolgter Abwehr, und die Ärzte stehen an vorderster Front. Es gibt Gegenangriffe und Siegeszüge; Erreger werden bestrahlt, bombardiert, vernichtet; Abwehrsysteme werden gestärkt, und mit genügend (finanzieller) Unterstützung wird es eines Tages gelingen, die Infektionskrankheiten auszurotten.

Der angebliche Feind, die Mikroorganismen, sind die größte Gruppe von Lebewesen auf Erden. Und die älteste! Seit 3,5 Milliarden Jahren leben sie schon auf diesem Planeten. Sie sind außerordentlich anpassungsfähig und vielseitig und keineswegs so primitiv, wie wir glauben. Sie erhalten die Bodenfruchtbarkeit, und ohne sie gäbe es kein Leben auf Erden. Sie sind die Vorfahren aller mehrzelligen Organismen. Sie sind auch unsere Vorfahren. Wahrscheinlich waren die Chloroplasten, die kleinen grünen Körper in den Pflanzenzellen, welche die Lichtenergie der Sonne aufzunehmen vermögen, einst ebenfalls freilebende Mikroorganismen. Auch die Mitochondrien, die in tierischen und pflanzlichen Zellen für die Sauerstoffatmung verantwortlich sind, und die Plasmiden, die einen Teil der Erbinformation weitergeben, waren ursprünglich Bakterien, die irgendwann in Zellen integriert wurden (Dixon 1998: 27).

Überall auf dem Planeten verdauen Bakterien und andere Kleinlebewesen die sich immer wieder ansammelnde Biomasse – um die 400 Milliarden Tonnen jährlich – und setzen die daraus entstehende Energie erneut frei. Ohne die Zellulose abbauenden Bakterien in ihren Mägen könnten Büffel, Schafe und Rinder Laub und Gras nicht verdauen. Mikroben befallen alles, was im Absterben begriffen ist und Lebenskraft verströmt: Herbstlaub, Kot, Kadaver, krankes Gewebe. Das ist ihre wichtigste Aufgabe im ganzheitlichen Gefüge der Natur: Sie bewerkstelligen den notwendigen Abbauprozess (Storl 2001: 203). Diesen Prozessen entgeht auch der Mensch nicht; auch wir sind Teil des natürlichen Kreislaufs von Leben und Tod, Aufbau und Abbau. Nimmt unsere Lebenskraft durch ungünstige Lebensumstände (Alter, Fehlernährung, Umweltgifte, Bestrahlung, Medikamentennebenwirkungen, Stress oder – auch das hat eine immunsuppressive Wirkung – Verlust der Daseinsfreude und des Lebenssinns) ab, dann wird der Boden bereitet für die abbauenden Bakterien, die uns dabei helfen, uns unserer Inkarnation zu entledigen.

Billionen Bakterien – mehr als es je Menschen auf Erden gab oder geben wird – besiedeln unseren Körper. Pro Körperzelle sind das zehn Mikroorganismen (Blech 2000: 23). Da sie sich meistens als friedliche und hilfreiche Mitbewohner erweisen, sind wir uns dessen kaum bewusst. Bis zu einem Kilo Körpergewicht geht auf ihr Konto. Freudig besiedeln sie Haut, Mund, Rachen, Verdauungstrakt und Scheide, wo sie einen Film bilden, der das Eindringen krankmachender Keime verhindert.

Im 19. Jahrhundert erkannte man im Zuge der Weiterentwicklung der Mikroskopie und später unter dem Einfluss der Mikrobenjäger, dass sich die meisten Bakterien im Darm befinden. »Der Tod sitzt im Darm!«, lautete nun das geflügelte Wort; Ärzte diagnostizierten bei ihren Patienten »intestinale Toxifikation«, »Darmsanierung« war angesagt. Inzwischen wissen wir, dass wir ohne die zig Milliarden hungriger »Tafelgäste«, ohne die rund 500 Bakterienarten, die den Darm besiedeln, gar nicht leben könnten. Die Darmschleimhaut, mit ihren über 200 Quadratmetern Kontaktfläche, ist unser größtes Immunorgan. Hier, in den Darmschleimhäuten, begegnet unser Organismus vielen verschiedenen Bakterien, die von Immunzellen, den B-Lymphozyten10 und T-Lymphozyten11, aufgenommen, erkannt, wieder ausgeschieden und in Erinnerung behalten werden. Auf diese Weise trainieren und stimulieren unsere winzigen Gäste unser Immunsystem. Es kommt so zur Bildung natürlicher Antikörper, die in die Lymph- und Blutbahnen abgegeben werden und den Körper schützen (Blech 2000: 37). Die Darmflora hilft uns auch beim Verdauen unserer Nahrung und liefert wichtige Substanzen an unseren Organismus: Vitamin K, das uns bei der Blutgerinnung hilft, die Vitamine B2 (Riboflavin), B6 (Pyridoxin) und B12 (Cobalamin), Biotin, Folsäure, Pantothensäure und andere. Inzwischen wissen wir auch, dass ein »gutes Darmmilieu«, gefördert durch milchsäurebildende Lactobazillen und Bifida, gegen krankmachende Mikroorganismen und wuchernde abartige Zellen schützt. Auch die weibliche Scheide enthält eine vielfältige Flora. Wenn ein Kind auf natürliche Weise geboren wird, nimmt es beim Durchgang durch die Lebenspforte die mütterlichen Bakterien auf, die sich rasch vermehren. Bei Kaiserschnittgeburten besteht das Risiko, dass krankheitserzeugende Bakterien den Darm des Kindes besiedeln (Cannon 1994: 169). Die Darmflora des Säuglings wird durch Immunglobuline (IgA) in der Muttermilch und die Mikroorganismen, die die Brustwarzen besiedeln, aufgenommen. Dadurch entwickelt sich das Immunsystem des Säuglings.

Bakterien sind seit vielen Hunderten von Millionen Jahren unsere Weggefährten. Während der langen Zeit haben sich Symbiosen eingespielt, die für beide Partner lebenswichtig sind. Die meisten Bakterien, die unseren Körper besiedeln, sind keine Krankheitserreger, sondern, wie Jörg Blech sagt, vor allem »Gesundheitserreger«.

Die gesunde Darmflora wird gestört oder geschädigt durch folgende Faktoren: Schwermetalle, Umweltgifte, Chemotherapie, Kortison, Impfungen, Fehlernährung (zu viel Zucker und Eiweiß, Junkfood), seelische Faktoren (Stress, Depressionen, unterdrückte Wut) sowie Antibiotika.

Antibiotika sind, wie ihr Name besagt, gegen (anti) das Leben (bios) gerichtet. Ihre Anwendung ist eine Kriegserklärung an die Welt der Mikroorganismen; sie sind erfunden worden, um diese zu zerstören. Aber da wir mit unseren Ko-Evoluten ein und dasselbe Lebensfeld teilen, schaden wir uns mit dem Angriff nur selbst. Die Schäden, die wir erleiden, sind unter anderem folgende:

• Wiederholte Antibiotikabehandlungen stören die hochkomplexe innere Ökologie des menschlichen Organismus, lassen Krankheitsprozesse entstehen, die mit multipler Sklerose, Diabetes oder Krebs enden können (McTaggert 2000: 217).

• Allergische Reaktionen, von Hautausschlägen bis zum tödlichen anaphylaktischen Schock, sind möglich.

• Das Ökosystem der Darmflora wird gestört, besonders wenn Breitbandspektrum-Antibiotika eingesetzt werden. Sie dezimieren die Bakterien, die normalerweise im gesunden Darm vorherrschen und begünstigen gefährlichere Mikroorganismen, die ebenfalls im Darm leben, aber sonst in Schach gehalten werden. Der sogenannte Reizkolon, Colitis und andere Darmerkrankungen sind häufig das Resultat.

• Es können Superinfektionen entstehen. Das bedeutet, dass die meisten symbiotischen Einzeller zu Grunde gehen und das Feld dann frei ist für eine besonders aggressive Art. Viele schwer zu behandelnde Harnweginfektionen haben darin ihre Ursache.

• In den letzten fünfzig Jahren, seit Einführung der Anwendung von Antibiotika (und der Massenimpfung), kam es zu einer dramatisch steigenden Zunahme von Autoimmunkrankheiten und Allergien. Der Verdacht liegt nahe, dass es da Zusammenhänge gibt.

• Viele Antibiotika, wie die Penicilline, basieren auf Giften, welche die Pilzorganismen absondern, um sich gegen Bakterien zu wehren. Antibiotika erzeugen ein pilzfreundliches Klima im Körper, was wiederum die Verpilzung, etwa mit Candida albicans, begünstigt.

• Wer Antibiotika nimmt, wird anfälliger für Infektionen, weil diese Medikamente im Darm einen Freiraum schaffen, den von außen eingedrungene Erreger besiedeln können (Cannon 1994: 156). Auch gegen Viren ist man dann weniger geschützt.

Die vermeintliche Wunderwaffe wurde von Anfang an zu oft und zu häufig eingesetzt. Kaum war man in seiner Praxis, setzte unser Dorfarzt die Penicillinspritze an. Moderne Medizin gegen jedes Leiden! Schnupfen, Muskelzerrung, Kopfschmerzen, Bauchweh, Entzündungen – gegen alles war sie gut. So war es nicht nur bei uns in Spencer, Ohio, sondern praktisch überall wurde in den fünfziger und sechziger Jahren das Wundermittel hemmungslos verschrieben. Gegen Pilz- und Viruserkrankungen wurde es verabreicht, und auch da, wo die Infektion von selbst wieder verschwunden wäre oder wo einfache Hausmittel wie Kräutertee und Bettruhe womöglich besser gewesen wären. Man schätzt, dass 40 bis 70 Prozent der Verschreibungen unnötig waren.

Inzwischen werden weltweit 50 Millionen Tonnen Antibiotika produziert, die meisten davon synthetisch (Cannon 1994: 15). Der Großteil davon wandert in die Massentierhaltung. Rinder und Schweine bekommen dreißigmal so viel Antibiotika als Menschen. Sie sollen verhindern, dass die gequälten Tiere sterben, bevor sie schlachtreif sind. Zugleich nehmen die Tiere dank der Antibiotikagaben schneller an Gewicht zu. Tetracyclin gilt als wirksamer Wachstumsbeschleuniger. Da im Netz des Lebens aber alles zusammenhängt, bleibt der Mensch nicht ungeschoren: Allein in den USA sind 6,5 Millionen Lebensmittelvergiftungen auf resistente Salmonellen zurückzuführen.

Profitabel ist der Antibiotikaeinsatz nur für die Industrie. Aus kleinen Medikamentenherstellern wurden so multinationale Giganten. In der westlichen Welt wird für Medikamente und Medizin ebenso viel ausgegeben wie für Rüstung. Es geht um Hunderte von Milliarden Dollar. Beides, Krieg und Krankheit, sind angstbesetzte Themen, und mit Angst lässt sich manipulieren und herrschen. Heutzutage geben die US-Amerikaner mehr Geld für Medikamente aus als für Wohnungen und Lebensmittel zusammen. Aber gesünder geworden sind sie dadurch nicht.