Breaking Waves - Klara Juli - E-Book

Breaking Waves E-Book

Klara Juli

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Beschreibung

Je näher sie sich kommen, desto mehr haben sie zu verlieren.
Ava hat es ins Journalistenteam der Edgar-Brighton-University geschafft, und endlich scheint ihr Traum vom Schreiben im Profisport greifbar. Aber als sie zufällig Zeugin einer verdächtigen Übergabe wird, steht sie vor einer schwerwiegenden Entscheidung: schweigen, oder alles aufs Spiel setzen.
Edward ist Schwimmstar, Hoffnungsträger – und der Enkel des berühmten Uni-Gründers. Diszipliniert, ehrgeizig und unter permanentem Leistungsdruck versucht er, den Erwartungen seiner Familie gerecht zu werden. Ava bringt seine Fassade ins Wanken, denn sie hat etwas gesehen, das niemand sehen durfte. Um sich abzusichern, muss er sie näher bei sich wissen, als ihm lieb ist.
Zwischen Ava und Edward entsteht eine intensive Anziehung, die sie beide nicht wollen – und der sie doch nicht entkommen. Doch was wie der Anfang einer Liebe wirkt, könnte beide ruinieren. Was wiegt am Ende mehr: die Wahrheit, oder was sie füreinander empfinden?

Der New Adult Liebesroman “Breaking Waves” ist der spannende Auftakt der “Beyond the Game”-Reihe von Klara Juli über Liebe und Ambition an einer elitären Sportuniversität. Für Fans von emotional aufgeladenen College-Romances mit Sports-Drama, Geheimnissen und Slow Burn.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


BREAKING WAVES

BEYOND THE GAME

Buch 1

KLARA JULI

 

 

 

Verlag:

Zeilenfluss Verlagsgesellschaft mbH

Werinherstr. 3

81541 München

_____________________

Texte: Klara Juli

Cover: Zeilenfluss

Satz: Zeilenfluss

Korrektorat: Dr. Andreas Fischer

_____________________

Alle Rechte vorbehalten.

Jede Verwertung oder Vervielfältigung dieses Buches – auch auszugsweise – sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet. Handlungen und Personen im Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

_____________________

ISBN: 978-3-96714-502-1

Lebe für das, was du liebst.

PLAYLIST

Us. – Gracie Abrams, Taylor Swift

Belong Together – Mark Ambor

Out my Head – Topic, A7S

Stereo – twocolors, Roe Byrne

Head down – Lost Frequencies, Bastille

I Don’t Wanna Wait – David Guetta, OneRepublic

Whatever – Kygo, Ava Max

Before You Leave Me – Alex Warren

Better Off (Alone, Pt. III) – Alan Walker, Dash Berlin, Vikstar

Slow It Down – Benson Boone

Good To Be – Mark Ambor

Wait For You – Myles Smith

Flowers In The Water – Nathan Evans

Break Up – twocolors, Pascal Letoublon

Smile Boy – Niklas Dee, A7S

Nice To Meet You – Myles Smith

1

AVA

»Auf dich!« Leandra, meine beste Freundin seit Kindheitstagen, neigt ihr Sektglas in meine Richtung, um mit mir anzustoßen. Ihre topasfarbenen Augen brennen sich in meine, während sie einen Toast ausspricht. »Auf dich und deinen Erfolg als Journalistin an der EBU!«

»Danke.« Meine Mundwinkel heben sich, und ich wette, dass mein Grinsen albern wirkt. Wie das eines Kleinkindes, das an Weihnachten Geschenke öffnet. Aber so fühle ich mich auch. Die kleine Ava in mir, das introvertierte Mädchen, das sich selbst einfach absolut nichts zugetraut hat, klatscht in die Hände und bejubelt mich. Dafür, dass ich meinen ersten Meilenstein erreicht habe. Dafür, dass ich unsere Wünsche verfolge und dafür kämpfe, unsere Träume zu verwirklichen.

»Ich kann immer noch nicht glauben, dass du es noch im ersten Semester zu uns geschafft hast.« Thomas schüttelt den Kopf. »Bei mir hat es beinahe bis zum vierten gedauert.« Er ist mein Kollege, gemeinsam werden wir uns ab sofort darum kümmern, die News aus dem Schwimmteam zusammenzufassen und online zu stellen.

»Tja, Ava ist eben etwas Besonderes.« Talulah, die mir gegenübersitzt, tätschelt meinen Arm, gleichzeitig ruft Thomas ein lautes »Hey«.

»Mach dir nichts draus.« Sie lacht. »Unser Thomas hier hat ein ziemlich großes Ego.« Dabei zwinkert sie ihm zu, wohl wissend, dass sie einen enormen Beitrag dazu geleistet hat, dass ich überhaupt aufgenommen wurde. Schließlich war sie diejenige, die als Erste meine Berichte über die universitätsinternen Sportereignisse gelesen und heimlich an ihre Vorgesetzte weitergeleitet hat.

»Ohne dich hätte ich die Unterlagen nie eingereicht«, erwidere ich. Talulah – oder besser Lula, wie wir sie nennen – hat mich damals beobachtet, wie ich mir den Aufruf, dass Journalisten gesucht werden, angeschaut habe. Ich stand einige Minuten vor dem Plakat, habe in Gedanken gewälzt, ob das überhaupt schon Sinn macht. Immerhin war ich zu diesem Zeitpunkt gerade mal vier Wochen an der Edgar-Brighton-University, einem Internat, das sich dem Sport verschrieben hat. Lula hat mich angesprochen, wir kamen ins Reden, und sie bot mir an, meine Texte Probe zu lesen und zu korrigieren. Dass sie so begeistert sein würde, hätte sie vermutlich selbst nicht gedacht. Und jetzt? Sind wir nicht nur Kolleginnen, sondern auch gute Freundinnen.

»Manchmal muss man euch eben zu eurem Glück zwingen.« Sie prostet mir zu, ehe sie einen großen Schluck Champagner trinkt.

»Dank dir haben wir auch eine Limousine.« Emma deutet auf unsere Umgebung. Die Polsterung der Sitze ist aus hellbraunem Leder, an der rechten Seite ist ein Kühlschrank verbaut, in dem verschiedene und vor allem alkoholische Getränke gelagert werden.

»Ach, das ist eine Kleinigkeit.« Lula macht eine abwehrende Handbewegung, wobei ihre dunkelbraunen Haare auf und ab wippen. »Wirklich, nicht der Rede wert.«

»Dafür umso passender für die Feier heute. Ich bin mir sicher, Harrison wird Augen machen, wenn ich aus der Limousine steige.« Leandra schließt die Lider, ein Seufzen bahnt sich den Weg über ihre Lippen und entlockt Thomas ein Hüsteln.

»Soll ich ihn fragen, ob er einen roten Teppich für dich ausrollt?« Emma wedelt mit ihrem Smartphone vor Leandras Nase und lacht.

»Meinst du, er würde das tun?« Meine beste Freundin verdreht seufzend ihre Augen. »Stellt euch das mal vor! Die ganze Uni würde am Montag darüber sprechen!«

»Willst du das wirklich?« Emma zieht skeptisch eine Braue in die Höhe. »Das ist doch die Hölle!«

»Nicht für Leandra.« Lula schüttelt den Kopf. »Nicht, wenn ihr Name mit Harrison in Verbindung gebracht wird. Schließlich ist er einer der Schwimmstars.« Mit ihren Händen malt sie einen Bogen in die Luft.

»Der ziemliche Konkurrenz bekommen hat. Von einem Kerl, der nicht nur mit einem Meter zweiundneunzig einen Zentimeter größer ist als Chapman, sondern dessen beste Schwimmzeit im Freistil über hundert Meter bei knapp achtundvierzig Sekunden liegt.« Bedeutungsschwanger schwingt Thomas den Zeigefinger. »Damit ist er fast eine Sekunde schneller als Chapman.«

Leandra schüttelt ungläubig den Kopf. »Ist das dein Ernst, dass du jetzt von Zahlen faselst?«

»Eigentlich will er dir damit nur sagen, dass du mal einen Blick auf den Neuen werfen sollst.« Emma schnalzt mit der Zunge.

»Ist der Neue nicht der Enkel von Edgar Brighton?«, frage ich in die Runde. Seit er nämlich vor einer Woche am Campus angekommen ist, redet jeder von ihm. In sämtlichen meiner Kurse kriegen einige Mitstudentinnen Schnappatmung, sobald auch nur sein Name fällt. »Wie hieß er noch gleich? Es war doch was mit E, oder?«

Lulas Stirn kräuselt sich. »Edward.« Dann bricht sie in Gelächter aus. »Du bist sicher, dass du mit Thomas gemeinsam für das Schwimmteam verantwortlich bist?«

»Ja, ganz sicher. Ich mache mir nur nichts aus Namen und Äußerlichkeiten und so«, erwidere ich und zucke mit den Achseln. Für mich sind sie Menschen. So wie alle anderen auch.

Thomas‘ Blick schnellt zu mir. »Lass meine Teampartnerin in Ruhe!«

Ein seltsamer Ausdruck huscht über sein Gesicht, der genauso hastig wieder verschwindet.

»Keine Sorge, Ego.« Lulas Lippen verziehen sich zu einem Grinsen, als sie einen Schluck des prickelnden Getränks nimmt.

»Boah, Leute!« Leandras Gesicht klebt am Fenster, als wir in eine Einfahrt einbiegen. »Ist das wirklich …«

»Die Chapman-Residence?«, beendet Lula ihren Satz. »Ja, das ist sie.«

Alle außer Lula und mir drehen ihre Köpfe zu den Fenstern, pressen ihre Gesichter beinahe an die Scheibe und scheinen verblüfft über das, was sich vor ihnen erstreckt. Da ich neben Leandra sitze und sie mir die Sicht mit ihrem Kopf verdeckt, erkenne ich nichts als ihre roten Haare, die sie gelockt und hochgesteckt hat.

»Muss ziemlich beeindruckend sein«, murmle ich vor mich hin.

»Du wirst Augen machen, glaub mir.« Leandra dreht sich zu mir. »Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass das Haus so aussehen würde.«

»So sehen alle ihre Häuser aus.« Lula zuckt mit den Achseln. »Was erwartet man auch von einem Unternehmerehepaar, das Luxusimmobilien verkauft?«

»Nicht jeder kann sich etwas darunter vorstellen«, verteidigt sich Thomas sofort. »Nicht jeder wächst damit auf.« Er gehört genauso wie ich zu den Studierenden, die sich ihren Platz an der Edgar-Brighton-University nur dank eines Stipendiums sichern konnten. Denn für gewöhnlich ist die Elite-Uni einzig und allein für die Reichen und Schönen gedacht. Für Kinder von Sportstars, die selbst Fuß im Spitzensport fassen wollen.

»Das war kein Angriff.« Lula hebt beschwichtigend die Hände, als der Wagen zum Stehen kommt.

Thomas schüttelt nur den Kopf und scheint sichtlich erleichtert zu sein, als Lulas Fahrer die Tür der Limousine öffnet und wir aussteigen können. So schnell wie nur möglich schiebt er sich aus dem Wagen und folgt damit Emma und Leandra.

»Er hat das bestimmt falsch verstanden.« Sanft berühre ich Lulas Unterarm, als die anderen ausgestiegen sind.

»Im Moment ist er einfach anstrengend.« Sie brummt. »Manchmal habe ich wirklich den Eindruck, dass er gekränkt ist, weil ich dich dabei unterstützt habe, ins Team zu kommen.«

Ahnungslos, was ich darauf erwidern soll, bleibe ich still. Ja, ich fühle mich schlecht, weil ich dank Lulas Hilfe so schnell aufgenommen wurde. Der Bewerbungsprozess für das Journalistenteam ist normalerweise langwierig und wird nur angeboten, wenn ein Platz zu vergeben ist. Das kommt ungefähr alle zwei Jahre vor.

Aber muss ich mich deshalb mies fühlen?

In meiner Magengrube bildet sich ein Knoten, der nichts als Unwohlsein verursacht.

Lula scheint das zu spüren und wendet sich zu mir um. »Mach dir deshalb bitte keinen Kopf. Du hattest Glück, dass der Platz frei war. Aber das bedeutet nicht, dass du weniger Talent besitzt als die anderen. Ganz im Gegenteil, meine Chefin war begeistert von dem, was du zu Papier bringst, und es wäre vergeudet gewesen, wenn sie dir keine Chance gegeben hätte!« Sie greift nach meiner Hand. »Jetzt lass uns darauf anstoßen und ein wenig tanzen!«

Die Augen geschlossen, atme ich geräuschvoll aus, ehe ich die Lider wieder öffne. »Okay.«

Ich klettere hinter Lula aus dem Fahrzeug und werde sofort von der herbstlichen Kälte empfangen, die mir an den Beinen hinaufkriecht. Sie hinterlässt eine Gänsehaut auf meinen Armen und bringt mich zum Frösteln.

Sobald ich neben meinen Freunden stehe und meinen dunkelblauen Minirock zurechtzupfe, schließt der Chauffeur die Autotür hinter mir. Als ich den Blick hebe und das Haus sehe, weiß ich, was die anderen meinten. Die Villa steht frei, ist umgeben von einer großen Grünfläche. Die Außenfassade ist weiß, wobei der untere Bereich nahezu vollständig verglast ist. Daher können wir von hier aus sehen, wie einige Studierende der EBU im Takt der Musik tanzen. Die Leiber dicht aneinandergedrängt, mit einem Becher in der Hand. Eine Szene, wie man sie aus amerikanischen Filmen kennt.

Das Gebäude erstreckt sich über drei Etagen, und ich wette, dass man einen perfekten Ausblick aufs Meer hat. Wie es innen wohl aussieht? Genauso sauber und protzig wie außen? Oder etwas aufregender, mit einigen künstlerischen Besonderheiten?

»Gibt’s auch einen Pool?« Emma zieht die Augenbrauen nach oben und deutet auf eine Menschengruppe, die sich im Bikini bekleidet durch die Tanzenden schiebt.

»Soweit ich weiß, ja«, meint Lula.

»Und das sagst du erst jetzt?« Entgeistert starrt Leandra sie an.

»Sorry.« Unschuldig hebt Lula die Hände. »Wir sind doch zum Feiern und nicht zum Schwimmen da, oder?«

»Genau genommen sind zwei von uns nicht eingeplant«, gibt Thomas zu bedenken. Wo er recht hat, hat er recht. Tatsächlich waren nur Emma, Leandra und Lula eingeladen. Thomas und ich sind Begleitungen, mit denen Harrison wohl nicht rechnet.

»Boah, fang nicht schon wieder damit an.« Leandra rollt mit den Augen.

»Ob du es glaubst oder nicht, aber Harrison ist der gastfreundlichste Mensch, den ich kenne.« Lula stiert Thomas böse an. »Deshalb wird es auf jeden Fall in Ordnung sein, dass ihr beiden dabei seid.«

»Ich bin dafür, dass wir reingehen. Mir ist arschkalt«, unterbricht Emma die drohende Auseinandersetzung und reibt sich mit den Händen über ihre Arme. Ihr Körper steckt in einem Minikleid, das mit Pailletten übersät ist, und einer Strumpfhose mit einem unaufdringlichen Muster. Ihre dunkelblaue, flauschige Teddyjacke scheint ihren Zweck nicht so zu erfüllen, wie man vermuten würde.

»Sagt diejenige, die seit ihrer Kindheit beinahe jeden Tag im Eisstadion verbracht hat.« Leandra lacht und hakt sich bei ihr unter.

»Kommt wohl davon, wenn man nicht die richtige Kleidung trägt.« Emma stimmt in ihr Lachen ein.

»Ich hätte auch nichts dagegen, wenn wir uns ins Getümmel stürzen«, pflichte ich ihr bei und hänge mich bei Emmas anderer Seite ein. »Bevor wir hier noch Wurzeln schlagen und die Party nur von außen sehen.«

»Na ja, der Anblick ist schon mal gut, oder? Wir kriegen jedenfalls alle Knutschereien mit.« Leandra nickt zu einem Fenster im Obergeschoss. Dort brennt ein sanftes Licht und bildet die Silhouette eines Pärchens ab, dessen Münder miteinander verbunden sind.

»Züngeln die gerade?« Emma macht große Augen, als würde sie das zum ersten Mal sehen. »So nah am Fenster?«

»Ich glaube, da geht es gleich noch heißer her«, murmle ich, als eine Person der anderen das Bein um die Hüfte schlingt. »Unser Zeichen, schleunigst zu verschwinden.« Ohne auf eine Antwort zu warten, setze ich mich in Bewegung und ziehe die anderen beiden mit. Lula greift nach meinem Arm und hängt sich bei mir ein, während Thomas neben Emma und Leandra läuft. Vermutlich besser so, wenn man bedenkt, welche – für mich unerklärbaren – Spannungen zwischen ihm und Lula herrschen.

Je näher wir der Haustür kommen, desto deutlicher ist der Bass der Musik zu hören. Ein Lied, das wie eine Mischung aus Techno und Rap klingt, das ich aber noch nie gehört habe.

»Ladies and Gentlemen, herzlich willkommen auf einer der besten Studentenpartys, die ihr wohl erleben werdet«, werden wir von einem Kommilitonen begrüßt, der uns die Tür öffnet. »Eure Jacken könnt ihr gleich hier an der Garderobe lassen, Schuhe bitte nicht ausziehen. In der Küche könnt ihr euch ein Getränk nehmen, im Wohnzimmer findet ihr die Tanzfläche. Im Obergeschoss sind die Toiletten, im Keller und auf der Terrasse der Pool.« Er verneigt sich vor uns, als wäre er ein Butler.

Überfordert von dem Empfang lasse ich mich von den anderen zu einer versteckten Nische leiten, entledige mich meines Mantels, streiche mein Outfit zurecht. Sobald alle ihre Jacken an den dafür vorgesehenen Haken in dem kleinen Ankleideraum platziert haben, gehen wir gemeinsam den Flur hinunter. In der Mitte des unendlich wirkenden Gangs, der genauso gut die Lobby eines Hotels sein könnte, befindet sich eine Wendeltreppe, die in das obere Stockwerk führt. Ein Pärchen kommt die Stufen herunter, die Hände ineinander verschlungen. Beide Männer haben verwuschelte Haare, gerötete Wangen. Der eine hebt die Hand des anderen an seinen Mund, um einen Kuss auf dessen Handrücken zu hauchen, ehe er Leandra zuwinkt.

»Das sind JJ und Remus«, wispert sie mir zu. »Sie sind in meinem Team, und wir haben schon lange gemunkelt, ob was zwischen ihnen läuft.«

»Jetzt wisst ihr Bescheid.« Ich zwinkere ihr zu.

JJ und Remus verschwinden durch den Zugang, der von der Treppe direkt ins Wohnzimmer führt, das in eine riesige Tanzfläche verwandelt wurde. Die Lichter flimmern über die Wände, wechseln in sämtliche Farbtöne. Je näher wir kommen, desto stärker spüre ich den Bass der Musik in meinem Körper. Es ist, als würde er in mich übergehen. Als würde er mich dazu auffordern, seinem Takt zu verfallen.

Leandra, der das Tanzen im Blut liegt, bewegt sich bereits rhythmisch zum Lied. Kein Wunder also, dass ich fast gegen sie laufe, als sie ruckartig stehen bleibt.

»Oh, wow.« Den Mund aufgerissen, schaut sie von dem riesigen Wohnraum wieder zu uns.

»Allein dieser Bereich ist so groß wie das ganze Haus meiner Eltern«, murmelt Thomas, sodass wir ihn gerade so über die Musik hinweg verstehen können. Ein seltsamer Ausdruck huscht über seine Miene.

»Wer hat Bock auf einen Drink?«, fragt sie in die Runde und ignoriert Thomas’ negative Stimmung.

»Bin so was von dabei!« Emma reißt die Hand in die Höhe.

»Aber nicht zu viel, Schwesterherz.« Ein Kerl hebt sich aus der Menge ab und legt seine Hand auf ihre Schulter.

»Niemals.« Sie grinst ihn an. »Leute, das ist Chester, mein Bruder.« Sie schmiegt sich an ihn, und erst jetzt fällt mir die Ähnlichkeit zwischen den beiden auf. Ich erkenne zwar seine Haarfarbe im ständig wechselnden Licht nicht, aber dafür seine Gesichtszüge, die ihren gleichen. Sie haben dieselben mandelförmigen Augen und dasselbe Lächeln. Sogar ihre Wangenknochen ähneln einander, wobei ich mir das niemals hätte vorstellen können. Lediglich ihre Körpergröße unterscheidet sich um ein paar wenige Zentimeter. Ich könnte wetten, dass sie Zwillinge sind.

»Du hast da was vergessen.« Chester lacht.

»Stimmt, er ist mein Zwillingsbruder.« Sie zwinkert ihm zu.

»Das sieht man euch auch überhaupt nicht an.« Leandra grinst. »Ich bin Leandra.« Sie streckt ihm die Hand hin, und er ergreift sie.

»Oh, dich kenne ich.« Chester runzelt die Stirn. »Bist du nicht der Kopf der Tanzgruppe Dancing Souls?«

»Ganz genau.« Meine beste Freundin reckt ihr Kinn in die Höhe, und ihr Stolz ist kaum zu übersehen.

»Cool! Ich bin echt gespannt, was ihr noch so aufs Parkett zaubern werdet. Manchmal laufe ich nach dem Krafttraining an euren Räumen vorbei und habe schon einiges gesehen.«

»Echt?« Sie reißt die Augen auf und versteift sich.

Wird ihr das Gespräch gerade unangenehm? Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

»Keine Sorge, ihr tanzt echt gut.« Er nickt. »Wirklich, das ist der Hammer! Bleibt unbedingt dabei.«

»Das werden wir.« Die Spannung fällt von ihr ab, auch wenn ein misstrauischer Blick zurückbleibt.

»Wer seid ihr?« Chester schaut zwischen Thomas und mir hin und her.

»Thomas, Journalist der Schwimmgruppe«, stellt sich mein Teampartner vor. »Und das ist –«

»Sie kann auch für sich selbst sprechen«, zischt Lula und schiebt Thomas auf die Seite, um mir den Weg freizumachen.

Irritiert von ihrem Verhalten, schüttle ich den Kopf. »Ich … äh … mein Name ist Ava.«

Ich reiche ihm ebenfalls die Hand, und er drückt sie sacht.

»Du bist neu, oder?« Chesters Stirn liegt in Falten.

»Ich habe in diesem Semester angefangen«, erwidere ich.

»Ah, das erklärt, warum ich dich nicht kenne.« Er lächelt. »Emma und ich sind schon im zweiten Jahr an der EBU.«

»Das stimmt.« Sie nickt verhalten, und mich beschleicht der Verdacht, dass ihr etwas an seiner Aussage unangenehm ist.

»Du spielst also für die Brighton Steelers?« Neugierig beäugt Leandra ihn.

»Ganz genau.« Er fährt sich verlegen durchs Haar.

»Und sie legen einen wirklich fantastischen Saisonstart hin, nicht wahr?« Lula löst sich aus unserer Gruppe und geht auf ihn zu. »Hi, übrigens.« Sie schließen einander in die Arme.

»Hey, alles klar bei dir?« Die beiden halten Smalltalk, ehe sich Chester wieder von uns verabschiedet, als er von einem seiner Kumpels am Arm mitgezogen wird.

»Also, können wir uns endlich einen Drink gönnen?« Emma schaut in unsere Runde.

»Nichts lieber als das.« Lula nickt und geht voran. Sie bahnt uns einen Weg durch die tanzenden Leiber bis hin zu der offenen Küche, die u-förmig mit einer Kochinsel in der Mitte angelegt ist. Deren Oberfläche ist marmorfarben und perfekt auf die weißen Schränke abgestimmt.

Die Kochinsel wurde zu einer kleinen Bar umfunktioniert. Ein paar Feierwütige stehen dahinter und bereiten sich Getränke zu. Dass sie dabei drei verschiedene hochprozentige Spirituosen miteinander mischen, versuche ich zu ignorieren.

»Das kann doch niemals schmecken, oder?«, flüstert mir Leandra ins Ohr.

»Nein, ich glaube nicht.« Ich lache.

»Also, was wollt ihr?«, erkundigt sich Lula und öffnet wie selbstverständlich den doppeltürigen, schwarzen Kühlschrank. Zum Vorschein kommen unzählige Flaschen, gefüllt mit verschiedenartigem Alkohol. Ehrlich, so viel habe ich noch auf keiner privaten Party gesehen.

»Für mich irgendwas Alkoholfreies«, meint Thomas, und sie reicht ihm wortlos eine Coke.

»Ein Tequila wäre jetzt gut«, wirft Leandra in den Raum. »Wer trinkt mit?«

»Bin dabei«, sage ich, und auch Emma nickt zustimmend.

»Ohne mich.« Thomas hebt abwehrend die Hände.

»Alles klar.« Lula holt eine Flasche Tequila aus dem Kühlschrank, öffnet anschließend eine andere Schranktür und nimmt vier Schnapsgläser heraus. Dann befüllt sie diese mit der durchsichtigen Flüssigkeit und schiebt sie zu uns über den Tresen.

Ich umklammere das Glas.

»Auf uns!«, rufe ich in unsere Runde und proste den anderen zu, während sie in meinen Toast einstimmen. Nur eine Sekunde später brennt der Alkohol auf meiner Zunge und hinterlässt ein Kribbeln in meiner Speiseröhre.

»Und dann hätte ich gerne ein Ale«, sagt Emma, nachdem sie das Glas auf der Arbeitsplatte abgestellt hat.

»Da schließe ich mich direkt an«, füge ich hinzu.

»Harrison ist bekannt für seine Biere. Also schaut lieber selbst, wonach euch ist.« Sie deutet auf eine Küchenschranktür, die vom Boden bis fast zur Decke reicht. Emma gewährt uns einen Einblick in das Innere, und ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Jede noch so unbekannte Biersorte hat hier einen Platz gefunden. Emma schaut sich die verschiedenen Flaschen genauestens an, ehe sie eine davon herauszieht.

»Oh mein Gott!« Sie quietscht beinahe und deutet auf ihren Fund. »Ein Organic Honey Dew.«

»Kannst du mir bitte auch eine geben?«, bitte ich sie. »Nicht, dass ich in zwei Stunden noch hier stehe, weil mich die Auswahl überfordert.«

»Du wirst es lieben, glaub mir!« Beinahe enthusiastisch nimmt sie eine weitere Flasche heraus und lässt den Deckel aufpoppen, ehe sie mir diese gibt. »Lass dich überzeugen von dieser sinnlichen, prickelnden Mischung.« Sie stößt mit mir an und trinkt.

»Ähm, okay.« Vorsichtig schnuppere ich an der Öffnung des Getränks, komme mir dabei vor wie ein Kind, das zum ersten Mal ein neues Gericht probiert. Der Duft nach Honig kitzelt in meiner Nase, und ich nehme einen Schluck. Das Bier hinterlässt einen fruchtig-perlenden Geschmack auf meiner Zunge. »Oh, das ist wirklich lecker«, rufe ich Emma zu und deute auf das Etikett.

»Super!« Sie reckt den Daumen.

Sobald wir alle mit Getränken versorgt sind, begeben wir uns hinüber zu den tanzenden Studierenden. Oder besser gesagt: Leandra stürmt die Tanzfläche und sichert uns einen Platz mitten im Geschehen.

Während sich Leandra und Lula sofort im Takt des Liedes wohlzufühlen scheinen, wirkt Emma verunsichert und scannt den Raum ab. Ob sie nach ihrem Bruder Ausschau hält?

Ich wippe zum Rhythmus und beobachte das Treiben um mich herum. Wobei mir besonders auffällt, dass Thomas immer wieder zwischen Lula und mir hin und her schaut.

Ich ziehe ihn am langen Ärmel seines weißen Hemds, bis er etwas dichter bei mir steht. »Ist alles okay?«

»Ja, alles bestens.« Er schiebt seine Brille auf seiner Nase ein Stück nach oben. »Wieso?«

»Na ja, das zwischen Lula und dir …«

»Da ist nichts«, erwidert er wie aus der Pistole geschossen. Seine Gesichtszüge entgleisen ihm, als hätte er sich selbst dabei ertappt, etwas Falsches gesagt zu haben. »Also, ähm … ich bin einfach nur gestresst. Das ist alles.« Dann kreist er mit seinen Schultern und nimmt einen Schluck von seiner Coke.

Ich runzle die Stirn. »Du kannst immer mit mir reden, hörst du?«, biete ich ihm an. »Wenn es irgendwas gibt, das du loswerden möchtest, bin ich da.«

Für eine Sekunde liegt seine Stirn in Falten. Als würde er über mein Angebot nachdenken. Dann verändert sich seine Mimik, und er nickt. »Danke.«

In dieser Minute ist das Lied zu Ende, und ein ruhigeres wird angestimmt. Us von Gracie Abrams und Taylor Swift.

»Lust auf einen Tanz?« Thomas zieht fragend eine Augenbraue nach oben.

»Klar, warum nicht?« Ich lächle und lege ihm meine Arme um die Schultern, bedacht darauf, genügend Abstand zu ihm zu lassen. Immerhin habe ich keine Ahnung, was zwischen ihm und Lula abgeht, und möchte mich auch ungern einmischen. Dafür sind mir beide zu wichtig. Trotzdem entgeht mir nicht, wie Thomas mich ein Stück näher zu sich zieht. Ich toleriere es, weil es für mich nicht unangenehm ist. Dennoch begleitet mich ein merkwürdiges Gefühl.

Gemeinsam lassen wir uns von der Musik treiben, wobei ich kurz zu Lula sehe, die uns vollkommen auszublenden scheint. Viel zu sehr ist sie darauf konzentriert, mit Leandra beim Song mitzusingen, während sie sich aneinanderschmiegen.

Während ich Gracie Abrams und Taylor Swift lausche, summe ich vor mich hin, schließe die Augen und bin einfach dankbar. Dankbar für alles, was sich in den letzten Wochen ergeben hat. Dankbar, dass sich meine harte Arbeit ausgezahlt hat. Dankbar für meine Freunde, die ich an der EBU gefunden habe.

Ich öffne die Augen, schaue direkt in Thomas’ Gesicht. Sein Blick ruht auf mir, ein Lächeln umspielt seine Lippen. »Du siehst heute verdammt gut aus.« Er beugt sich zu mir, sodass ich seinen Atem an meiner Wange spüre. »So kenne ich dich gar nicht.«

Eine unangenehme Gänsehaut überzieht meinen Körper, als ich den flirty Unterton in seiner Stimme wahrnehme.

»Ähm, danke.« Meine Entgegnung klingt mehr wie eine Frage.

»Was hältst du davon, wenn wir mal ausgehen?«

»Gemeinsam ausgehen?«, wiederhole ich mit piepsiger Stimme. Sein Vorstoß verunsichert mich. Mehr, als mir lieb ist.

»Ja. Essen, ins Kino, zum Meer. Was du willst.« Er lächelt und streicht mit seiner freien Hand eine Strähne hinter mein Ohr, die sich scheinbar aus meiner Hochsteckfrisur gelöst hat.

Spätestens jetzt schießt mir Röte in die Wangen, begleitet von einem unangenehmen Prickeln. »Danke für die Einladung«, erwidere ich. »Ich denke darüber nach.«

Ganz großes Kino, Ava. In Gedanken klatsche ich mir gegen die Stirn.

Seine Enttäuschung ist nicht zu übersehen, als ich mich aus unserer Tanzhaltung löse.

Wieso kann ich ihm nicht einfach sagen, dass das eine verdammt blöde Idee ist? Es gibt tausend Gründe, die gegen ein Date mit ihm sprechen. Zum Beispiel, dass ich nichts für ihn empfinde und nicht an einer Beziehung interessiert bin. Mein Fokus liegt auf meinem Studium, dem Erfolg als Journalistin. Schließlich habe ich nur diese eine Chance.

Bevor die Situation noch unangenehmer wird, drücke ich ihm meine Flasche in die Hand.

»Ich … ähm … mache mich mal auf die Suche nach einer Toilette«, stammle ich. Hauptsache weg. Weg, weg, weg.

Lula, Emma und Leandra werfen mir einen verwunderten Blick zu, als ich mich an ihnen vorbei zur Wendeltreppe quetsche. Ich lächle sie an, um ihnen zu signalisieren, dass alles in Ordnung ist.

Ich kämpfe mich zwischen den anderen Tanzenden durch, wobei ich mehr als einmal einen Ellenbogen oder eine Hand an meinem Körper spüre. Erst, als ich bei meinem Ziel ankomme und die Stufen erklimme, atme ich erleichtert aus.

Oben angelangt, können sich auch meine Ohren von der lauten Musik erholen.

Wo war noch gleich die Toilette? Der Typ vorhin hat es uns erklärt, aber ich habe keinen blassen Schimmer mehr. Deshalb schaue ich den weitläufigen Flur entlang. Rechts und links befinden sich einige Türen, die in Zimmer führen.

»Okay, im schlimmsten Fall erwischst du ein Pärchen beim Sex«, murmle ich vor mich hin und öffne die erste Tür auf der rechten Seite. Tatsächlich liegen zwei Personen entkleidet im Bett, sind so vertieft in ihre Knutscherei, dass sie mich nicht mal bemerken und ich mich augenblicklich wieder zurückziehen kann.

Vielleicht war es doch links?

Gesagt, getan. Meine Hand umklammert die Klinke, ich drücke sie hinunter und luge durch einen Spalt in den Raum. Ein Bett, das sich direkt auf meiner rechten Seite befindet, deutet auf ein leeres Schlafzimmer hin.

»Neuer Versuch«, sage ich zu mir selbst, als ich vor dem nächsten Zimmer stehe und hineingehe. Diesmal brennt Licht.

Als Erstes fallen mir zwei Kerle auf, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Einer von ihnen trägt eine Jeans, einen Hoodie und eine Beanie. Er wirkt fehl am Platz, als wäre er ein ungebetener Gast. Der andere Typ trägt ein schwarzes Shirt, Anzughose und eine goldene Uhr am Handgelenk.

Was mich aber am meisten irritiert und erstarren lässt, ist das Geldbündel in seiner Hand. Warum zur Hölle hat er so viel Kohle dabei?

Dann sehe ich den braunen Umschlag in der Hand des anderen, und meine Alarmglocken schrillen.

Ich sollte definitiv nicht hier sein.

Meine Synapsen brauchen ewig, bis sie mich wieder zum Gehen bewegen. Denn bevor ich die Türe schließen kann, dreht sich der elegant gekleidete Typ um, reißt die Augen auf.

»Fuck!«, ruft er dann. »Fuck, fuck, fuck!«

Während ich auf den Fersen kehrtmache, um abzuhauen, sehe ich noch, wie der Typ den Umschlag aus der Hand des anderen reißt und mir hinterhereilt.

2

EDWARD

»Fuck!« Ich drücke Richard die Kohle in die Hand, schnappe mir den Umschlag und lasse ihn im Bund meiner Hose verschwinden, während ich der Frau hinterhereile. »Fuck, fuck, fuck!«

Noch immer spüre ich den Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen in meinem Nacken. Wieso zur Hölle ist sie genau in diesem Moment im Obergeschoss aufgetaucht? Warum ausgerechnet dort, wo Richard und ich die Übergabe vereinbart haben?

»Scheiße!«, fluche ich und stürme die Wendeltreppe hinunter. Das Adrenalin rauscht unaufhaltsam durch meinen Körper, versetzt mich in meinen Wettkampfmodus. Bereitet mich darauf vor, dass ich schneller sein muss als die anderen im Becken. Nur, dass es hier niemanden außer dieser Frau gibt, den ich überholen muss.

Ich bleibe auf der letzten Stufe stehen, balle die Hand zur Faust und versuche, den hellbraunen Haarschopf in der tanzenden Menge auszumachen.

»Das kann nicht wahr sein! Wie blöd kann man nur sein?«, murmle ich vor mich hin.

»Was ist los?« Harrison taucht mit einem Mal neben mir auf, in der Hand hält er einen Becher mit irgendwas Hochprozentigem. Am liebsten würde ich ihm das Getränk aus den Fingern reißen und hinunterstürzen.

Komm mal wieder runter, du brauchst einen kühlen Kopf!

»Ich … suche jemanden«, presse ich hervor.

»Wieso das?« Er runzelt die Stirn, reibt sich übers Kinn. Seine Augen tasten mein Gesicht ab, als würde er nach einem Hinweis suchen. Irgendwas, das ihm verrät, was in mir vorgeht.

»So halt.« Auf keinen Fall darf er wissen, dass mich Richard versorgt hat. Erstens wird er mich fragen, ob ich von allen guten Geistern verlassen wurde. Zu Recht, meldet sich die Vernunft in meinem Schädel zu Wort. Zweitens, niemand, wirklich niemand darf davon erfahren, was Richard mir gegeben hat. Das könnte meinen Ruf ruinieren.

Haha, der Zug ist abgefahren, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Vor meinen Augen sehe ich schon die Schlagzeile in sämtlichen Klatschblättern: Edward Brighton beim Dopen erwischt – Ist das Erbe der Familie Brighton in Gefahr?

Meine Fingernägel bohren sich in die sensible Haut meiner Handflächen. Das Brennen rettet mich wortwörtlich vor dem Durchdrehen.

»Ed, was ist los? Geht’s dir nicht gut?« Harrison legt mir eine Hand auf die Schulter und will mich zu sich drehen.

Als ich allerdings eine Silhouette in der Menschenmenge ausmachen kann, die der Frau von eben ähnelt, schüttle ich ihn ab und laufe ohne ein Wort los. Hastig quetsche ich mich durch, schiebe die Tanzenden zur Seite, um mir einen Weg zu ihr zu bahnen. Einige sehen empört auf, ein paar Frauen seufzen bei meinem Anblick.

Wie ich das hasse.

»Hey!« Ich lege meine Hand auf ihre Schulter, drehe sie herum. »Bitte, sag …«

Als sie mich anschaut, stelle ich fest, dass sie die Falsche ist. Es sind nicht die bernsteinfarbenen Augen, die sich in mein Gedächtnis gebrannt haben. Nein, es sind blaue Iriden.

Fuck!

»Kann ich dir weiterhelfen?«, fragt sie.

»Nein, ich habe dich verwechselt. Sorry.«

Mein Magen verkrampft sich, als ich mich abwende und auf eines der Sofas zusteuere, das sich in einer ruhigeren Nische befindet. Was zur Hölle soll ich nur tun, wenn sie mich verpfeift? Ich lasse mich auf das teure Satinpolster fallen. Ob ich Rupert lieber Bescheid geben sollte, damit er sich eine Strategie überlegt, wie ich aus dem Schlamassel wieder rauskomme?

Augenblicklich verwerfe ich die Idee wieder. Schließlich erzählt er es sofort Dad, was nur zu noch mehr Ärger führt. Schon jetzt spüre ich seinen Zorn auf mich, bekomme allein vom Gedanken daran eine Gänsehaut. Immerhin bin ich der Hoffnungsträger unserer Familie.

Hoffnungsträger zerstört seine eigene Karriere!

Das wäre doch mal eine Schlagzeile, um die sich die Pressegeier reißen könnten, oder?

Ich schüttle den Kopf, um die Gedanken beiseitezuschieben.

»Du siehst aus, als könntest du etwas Ablenkung gebrauchen.« Harrison kommt mit zwei Bechern zu mir und setzt sich. Einen davon gibt er mir, dann prostet er mir zu. »Mach dich locker«, sagt er. »Was auch immer dich gerade beschäftigt, hat bis morgen Zeit. Heute feiern wir einfach nur.«

Wenn bis dahin nicht ganz England weiß, was mich beschäftigt, denke ich mürrisch. Mit einem Mal fühlt sich der Umschlag, den ich unter meinem Shirt versteckt habe, unglaublich schwer an. Es brennt auf meiner Haut, erinnert mich daran, wie tief ich zu sinken drohe.

Und das alles nur, weil ich Angst habe, Dads und Grandpas Ansprüchen nicht gerecht zu werden.

Dabei liebe ich den Sport. Das Wasser, wenn es meinen Körper berührt. Wie es an mir abprallt, wenn ich meine Runden durchs Becken drehe. Das Adrenalin, das durch meinen Leib strömt, wenn ich auf dem Startblock stehe, bereit, mich mit anderen zu messen.

Mein Ziel ist Olympia.

Zweifelsohne.

Aber der Druck meiner Familie sorgt dafür, dass ich an mir zweifle.

»Es ist echt cool, dass du wieder da bist, Mann«, unterbricht Harrison mein Gegrübel. »Die letzten beiden Jahre ohne dich waren grausam.«

Harrison ist mein längster und bester Freund. Wir kennen uns von klein auf. Während für ihn vorherbestimmt war, die Edgar-Brighton-University zu besuchen, hätte ich eine perfekte Vorbereitung in Amerika durchlaufen sollen. Zusammen mit den Besten der Besten, trainiert von einem der erfolgreichsten Schwimmer aller Zeiten.

Warum ich wieder hier bin?

Long story short: Dad ist mit meinen Leistungen unzufrieden und hat deshalb entschieden, dass ich an der EBU besser aufgehoben bin. So kann er meine Zeiten genauer tracken, mein Training nach seinen Vorstellungen anpassen und mich zu Olympia bringen.

»Ich bin auch froh, wieder hier zu sein.« Die Lüge brennt auf meiner Zunge. Ich hasse es. Ich hasse die Kontrolle durch Dad.

Harrison nickt zufrieden. Natürlich glaubt er das, was ich sage. So war es schon immer. Obwohl er mein bester Freund ist, habe ich oft das Gefühl, dass er oberflächlich ist. So wie die meisten Studierenden an der EBU.

»Oh mein Gott! Bist du das wirklich?« Eine Frauengestalt schiebt sich in mein Blickfeld. Dunkelbraune Haare, zu einem strengen Zopf gebunden. Bekleidet mit einem Rock, der gerade so eine Handbreit unterhalb ihres Hinterns endet. Haselnussbraune Augen starren mich an, die Lippen vor Überraschung geöffnet.

Wie an der Saite einer Harfe zupft es an meiner Erinnerung.

Wie hieß sie noch gleich?

Immerhin erinnere ich mich daran, dass sie mit mir zusammen auf der Highschool war …

»Ich bin’s, Sienna!« Sie klatscht aufgeregt in ihre Hände. Sobald ich ihren Namen höre, fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Sienna Harper, Tochter einer britischen Schauspielerin und eines reichen Amerikaners, der für seine Familie die Heimat hinter sich gelassen hat.

»Sienna«, wiederhole ich ihren Namen und versuche dabei, die Erinnerungen an unseren gemeinsamen Abschlussball zu verdrängen.

»Du bist wieder hier?« Sie lässt sich neben mich auf das Sofa fallen, sodass kaum noch eine Fliege zwischen uns passt.

»Jep.«

»Wieso?« Als sie sich zu mir beugt, steigt mir der Duft ihres teuren, süßen Parfüms in die Nase. »Ich dachte, du bist in Amerika!«

»Das war ich … bis vor einer Woche.« Ich wäre gerne wieder dort.

»Warum bist du zurückgekommen?«

»Weil es an der EBU viel cooler ist«, klinkt sich Harrison ein. »Amerika kann jeder.« Er prostet ihr mit seinem Becher zu. Dankbar schaue ich zu ihm.

»Du hast dich in den letzten zwei Jahren kein einziges Mal gemeldet.« Ihre Augenbraue wandert in die Höhe, und sie sieht mich vorwurfsvoll an.

›Weil ich keine Lust auf dich hatte und unsere gemeinsamen Erlebnisse peinlich genug waren‹, würde ich ihr am liebsten antworten.

»Ich hatte viel mit dem Training zu tun«, sage ich stattdessen laut. Immerhin nur eine halbe Lüge. Mein Alltag bestand tatsächlich aus täglichem Training. Wenn ich nicht im Becken war, fand man mich beim Kraft- und Kardiotraining.

»Aber Instagram bedienen konntest du?« Sie schüttelt den Kopf.

»Die Beiträge werden immer noch von meinem Manager hochgeladen.« Ich seufze.

»So berühmt, dass du einen Manager brauchst?« Ein Lachen entfährt ihr, ehe sie einen Schluck aus ihrem Becher nimmt.

»Wer kann, der kann«, erwidere ich achselzuckend und gebe vor, fein damit zu sein. Trotzdem spüre ich dieses seltsame Stechen in meiner Magengrube.

»Deshalb ist ja auch bald ein ganzes Filmstudio am Campus«, wirft Harrison ein, und ich verfluche ihn dafür.

»Ein Filmstudio? Wie kommst du zu dieser Ehre?«, hakt Sienna nach und rutscht ein Stück näher. Ihre Schulter klebt an meiner, während sie ihre Hand auf meinen Oberschenkel legt. Leider reagiert mein Körper anders auf ihre Berührung, als er sollte.

Fuck, wie lange hatte ich keinen Sex mehr?

»Die EBU hat dieses Jahr ihr fünfzigjähriges Bestehen«, kläre ich sie auf. »Mein Grandpa wollte den Zeitpunkt nutzen, um meine Karriere zu begleiten und das Jubiläum zu feiern.«

Unwillkürlich wandern meine Finger zu der goldenen Rolex an meinem Handgelenk. Ich fahre den Rand der Uhr nach, spüre jeden Buchstaben der Gravur, die Grandpa für mich anbringen ließ.

Water is your blood.

Mein Lebensmotto.

Von klein auf.

Die Uhr hat er mir geschenkt, als ich meine erste goldene Medaille gewonnen habe. Das war damals auf den Stadtmeisterschaften, und ich war gerade mal zehn oder elf Jahre alt. Die Rolex war viel zu breit für mein Handgelenk, aber Grandpa wollte meinen Sieg würdigen. Er wollte mich ehren, weil ich sein Nachkomme bin. Weil ich sein Talent habe und ihn stolz machen werde.

»Das klingt fantastisch!« Sienna klatscht und holt mich mit ihrer Euphorie in die Realität zurück. »Das heißt, sie werden unser Schwimmteam aufnehmen, oder? Mit richtigen Interviews!«

»Ich gehe davon aus«, antworte ich. »Zumindest werden einige Szenen im Schwimmbad gedreht. Einen genauen Plan habe ich noch nicht.«

Lüge.

Rupert hat bereits alles mit mir durchgesprochen. Der Fokus des Drehs wird ausschließlich auf mir liegen, immerhin soll mein Leben an der EBU verfilmt werden. Eine eineinhalbstündige Dokumentation über das Leben des Brighton-Sprösslings. Ausgestrahlt wird sie, wenn ich hoffentlich im Flieger zu den Weltmeisterschaften des kommenden Jahres sitze.

Wenn die Schlagzeile bis dahin dein Leben nicht zerstört hat, meldet sich die Vernunft zurück und erinnert mich daran, dass ich noch immer das Dopingmittel unter meinem T-Shirt verborgen halte.

Vielleicht sollte ich mir allmählich ein Versteck überlegen, um das Zeug zumindest für den heutigen Abend loszuwerden.

»Bin gleich wieder da«, sage ich zu den anderen, als ich mich erhebe.

»Kannst du mir noch einen Drink mitbringen?«, fragt Harrison.

»Mir bitte auch!« Sienna macht große Augen, und die Erinnerung an unsere Liaison auf der Schultoilette am Abend unseres Abschlussballs erobert mein Gedächtnis.

»Na klar.« Ich drehe mich um und begebe mich direkt in das Gästebad im Untergeschoss. Es liegt etwas versteckt neben dem Eingangsbereich des Hauses, ausgestattet mit einer Toilette und einem winzigen Waschbecken aus grauem Stein. Ein Spiegel hängt darüber, zeigt mir, wie fertig ich aussehe. Meine grün-braunen Augen, das wohl einzige sichtbare Erbe meiner Mutter, wirken stumpf, beinahe schon gequält.

Die letzte Woche war stressig. Mein Rückflug, das Ankommen am Campus, die ständige Aufmerksamkeit der anderen Studierenden, die Standpauken meines Dads, weil ich nicht so gut bin, wie er es sich erhofft hat.

Die Hände auf das Waschbecken gestützt, atme ich geräuschvoll aus. Manchmal fühlt es sich an, als würden Ziegelsteine auf meinen Schultern liegen. Mein ganzes Körpergewicht in den Boden drücken, mir das Gehen erschweren.

Ich brauche Spaß. Die Möglichkeit, einfach mal abgelenkt zu sein.

Mit meiner rechten Hand greife ich unter mein Shirt, hole den braunen Umschlag hervor und öffne ihn. Zum Vorschein kommen zwei kleine Plastiktütchen. In dem einen befinden sich winzige rote Pillen. Im anderen Wassertabletten, in Fachsprache auch Diuretika genannt.

Ich sehe Richard vor meinem geistigen Auge, wie er erst das Tütchen mit dem Trimetazidin hochhält, anschließend das andere. ›Solltest du das TMZ nehmen und einen Wettkampf haben, nimm am besten die Diuretika. Das schwemmt alles schön raus‹, höre ich ihn dabei sagen.

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich die Pillen betrachte. Wäre ich vernünftig, würde ich sie im Klo runterspülen. Hauptsache, ich bin sie los. Würde den nächsten Skandal vermeiden, der sich ergäbe, wenn ich sie wirklich nähme.

Allerdings ist da eine Blockade in mir. Eine Figur, die meinem Vater ähnlichsieht und mich daran erinnert, welche Leistungen von mir erwartet werden. Leistungen, die ich vermutlich nie werde erbringen können.

Energisch schüttle ich den Kopf, um die Gewissensbisse loszuwerden. Dann fälle ich eine Entscheidung.

Wie automatisch hole ich meinen Geldbeutel heraus, stopfe die Tabletten in das Fach zu den Münzen. Anschließend stecke ich ihn in meine Hosentasche.

Heute Abend werde ich Spaß haben. Egal, was Dad morgen im Training zu mir sagen wird, heute ist mein Abend. Ganz allein meiner. Und ich werde tun, was zu tun ist, um Ablenkung zu bekommen.

Mit diesem Gedanken verlasse ich das Gäste-WC und gehe wieder in das vollgestopfte Wohnzimmer. Die Musik dröhnt in meinen Ohren, während ich mir meinen Weg in die Küche bahne. Dort angekommen schnappe ich mir drei Gläser aus einem der Schränke, befülle sie mit Whiskey. Es geht mir dermaßen gegen den Strich, einen dieser Plastikbecher zu nutzen. Harrison hat sie allein deshalb besorgt, weil er die Party vor seinen Eltern verschleiern will. Aber das ist mir egal.

Mit den drei Whiskeygläsern kehre ich zurück zu dem Sofa, auf dem Harrison und Sienna weiteren Zuwachs erhalten haben. Auf dem Platz zwischen ihnen sitzt eine junge Frau mit kurzen, roten Haaren. Ihre dunkelroten Lippen stechen im Discolicht hervor, das enge Kleid betont ihren schmalen Körper. Harrison hat sich zu ihr gebeugt, den Mund dicht an ihrem Ohr und scheint ihr etwas zu sagen. Die junge Frau schließt die Lider und lächelt. Sienna hingegen hat ihr Smartphone herausgeholt, die Augenbrauen genervt zusammengezogen und starrt auf das Display.

Erst als ich vor ihnen stehe, ziehe ich Siennas Aufmerksamkeit auf mich und reiche ihr das Glas. »Endlich bist du zurück.« Sie seufzt theatralisch. »Ich kann mir das Gesäusel der beiden nun wirklich nicht mehr anhören.«

Ich lasse mich auf den Sessel fallen, der schräg zum Sofa steht, und stelle Harrisons Glas auf dem kleinen Tisch ab. »Wer ist das?«

»Leandra, die Leaderin der Dancing Souls.« Sienna verdreht die Augen, dann rückt sie näher zu mir und dämpft ihre Stimme. »Eine absolute Angeberin, denkt, ihre Tanzgruppe wäre das Wichtigste an der EBU.«

»Okay.« Ich nippe an meinem Glas und betrachte Leandra, während der Alkohol auf meiner Zunge brennt. Sie spielt mit einem Finger an ihrer Haarsträhne, hat eines ihrer Beine dicht an Harrisons gelehnt. Er ist genauso fixiert auf sie, scheint seine Umwelt komplett auszublenden.

»Ey!« Sienna reißt mir das zweite Glas, welches für Harrison gedacht ist, aus der Hand. »Hier, Harrison. Dein Getränk.« Die Missachtung in ihrer Stimme ist kaum zu überhören, genauso wenig wie der düstere Blick, den sie Leandra zuwirft, als sie sich in unsere Richtung dreht.

»Sag mal, musst du mich so anschreien?« Leandras Haare wippen, als sie den Kopf schüttelt.

»Sorry, aber die Musik ist so laut.« Sienna macht eine abwehrende Handbewegung, wobei sie eine Augenbraue verachtend in die Höhe zieht.

»Hast du ein Problem mit mir?«, fragt Leandra direkt und schnalzt mit der Zunge.

Oh, oh. Das könnte spannend werden.

Über den Rand meines Glases hinweg beobachte ich, wie sich die beiden Frauen ein stilles Blickduell liefern. Sie starren einander an, keine macht auch nur ansatzweise Anstalten, als Erste wegzuschauen. Ein Schmunzeln zupft an meinem Mundwinkel.

Es ist schon verdammt gut, wenn Sienna mal Kontra bekommt. Um es mild zu formulieren: Sie hat ein sehr großes Ego und bildet sich viel drauf ein, weil ihre Eltern in ganz England bekannt sind.

»Du könntest dich bei Edward entschuldigen, dass du ihm seinen Platz geklaut hast.« Sienna deutet mit ihrer Hand auf mich, woraufhin ich zusammenzucke.

»Nein«, erwidere ich sofort. »Ich habe hier einen guten Platz.«

»Na also«, meint Leandra und legt den Kopf schief. »Wie heißt es nämlich so schön? Weggegangen, Platz gefangen.« Sie zwinkert mir zu. Und verdammt, wenn sie nicht gerade mit Harrison flirten würde, würde ich es tun.

»Ihr Tänzer seid so unglaublich.« Sienna schüttelt den Kopf. »Euch gehört nicht die Welt.«

»Danke, das weiß ich«, schießt Leandra zurück. »Genauso wenig wie den Schwimmern. Ich mache mir nämlich nichts aus diesem Status-Ding.« Mit diesen Worten wirft sich Leandra ihre Haare über die Schulter und wendet sich wieder Harrison zu, dessen Augen auf mich gerichtet sind. Ich hebe nur eine Braue und grinse vor mich hin. Dann forme ich ein Stummes ›Schnapp sie dir!‹ mit den Lippen und schaue zu Sienna.

»Hey, hast du Lust, eine Runde zu tanzen?«

»Du willst mit mir tanzen?« Ihre Miene hellt sich auf.

»Na klar.« Ich zwinkere ihr zu, leere mein Glas in einem Zug, ehe ich es auf dem Tisch abstelle, stehe auf und ziehe sie anschließend an der Hand hoch. Augenblicklich verschränkt sie ihre Finger mit meinen, als wir uns gemeinsam auf den Weg zur Tanzfläche machen. Allein diese Berührung reicht aus, um ein Kribbeln in meiner Lendengegend auszulösen.

Ob das noch unter die Kategorie Sexentzug fällt? Oder ist das schon erbärmlich?

Auf dem Parkett angekommen legt sie mir ihre Arme um die Schultern und verschränkt sie in meinem Nacken. Ihre haselnussbraunen Augen schauen mich an, während wir einen gemeinsamen Takt zum Lied finden und sie jedes einzelne Wort des Textes mitsingt.

Und ich? Ich kann nicht ignorieren, dass mein Körper ganz genau weiß, wie viel Platz noch zwischen uns ist. Nämlich gar keiner.

Der Bund ihres Minirocks reibt am Stoff meiner Hose, direkt an meinem Oberschenkel, während sie sich an mich schmiegt und mir bewusst macht, wie nah sie mir ist.

Ich schlucke hart, als sie nach meinen Händen greift und sie an ihrem unteren Rücken platziert.