Broken House - Düstere Ahnung - Gillian Flynn - E-Book

Broken House - Düstere Ahnung E-Book

Gillian Flynn

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Beschreibung

Von der Mega-Bestsellerautorin Gillian Flynn (»Gone Girl«), die für diese Story den Edgar Award für die beste Kurzgeschichte 2015 gewonnen hat. Die junge Nerdy hatte es bislang nicht leicht im Leben und bestreitet ihren Lebensunterhalt mit Wahrsagerei und sexuellen Dienstleistungen. Sie verdient nicht schlecht – meistens erzählt sie den Leuten genau das, was sie hören wollen. Bis sie Susan Burke trifft. Susan lebt in Carterhook Manor, einem alten viktorianischen Haus aus dem Jahr 1893, zusammen mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrem Stiefsohn Miles. Susan ist völlig verängstigt, denn sie ist davon überzeugt, dass ein böser Geist von Haus und Stiefsohn Besitz ergriffen hat. Nerdy soll kommen und das Haus davon befreien. Die junge Frau glaubt weder an Geister noch an sonstige übernatürliche Dinge, aber hier bietet sich die Chance, sehr viel Geld zu verdienen. Aber als sie das Haus zum ersten Mal betritt und auch Miles trifft, fühlt sie es auch: Hier spukt kein Geist, hier lauert etwas Anderes. Etwas absolut Böses. Etwas, das töten will.

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Seitenzahl: 63

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Gillian Flynn

Broken House – Düstere Ahnung

Aus dem Amerikanischen von Christine Strüh

FISCHER E-Books

Mit den handjobs hörte ich nicht deshalb auf, weil ich dafür kein Talent hatte, sondern weil ich die Beste war. 

Drei Jahre lang konnte man bei mir den besten handjob im Großraum New York kriegen. Der Trick ist, dass man nicht zu viel darüber nachdenken darf. Sobald man anfängt, sich Sorgen um die Technik zu machen oder Rhythmus und Druck zu analysieren, geht das Wesentliche des Vorgangs verloren. Natürlich muss man sich mental auf die Sache einstellen, aber dann sollte man das Denken abschalten und vertrauensvoll dem Körper die Kontrolle überlassen.

Vom Prinzip her ist es das Gleiche wie das richtige Schwingen eines Golfschlägers.

Ich besorgte es den Männern sechs Tage die Woche, acht Stunden pro Tag, mit einer Mittagspause zum Lunch, und ich war immer voll ausgebucht. Jedes Jahr nahm ich zwei Wochen Urlaub, und ich arbeitete nie an Feiertagen, denn Feiertags-handjobs sind für alle Beteiligten eine deprimierende Angelegenheit. In drei Jahren ergibt das eine Summe von etwa 23546handjobs. Also, hört nicht auf das Miststück Shardelle, die behauptet, ich hätte aufgehört, weil ich nicht talentiert bin.

Ich habe aufgehört, weil es nach 23546handjobs kein Wunder ist, wenn man Bekanntschaft mit dem Karpaltunnelsyndrom macht.

Ich bin auf ehrliche Weise zu meinem Beruf gekommen. Noch treffender könnte man sagen, auf natürliche Weise. Mit Ehrlichkeit hatte ich in meinem Leben nie viel am Hut. Ich bin in New York bei einer einäugigen Mutter aufgewachsen (so wird die Anfangszeile meiner Memoiren lauten), und sie war keine feine Dame. Zwar hatte sie weder Drogen- noch Alkoholprobleme, dafür aber definitiv ein Arbeitsproblem. Sie war die faulste Schlampe, die mir je über den Weg gelaufen ist. Zweimal die Woche machten wir uns zum Betteln auf den Weg nach Downtown, aber weil meine Mom ungern aufrecht war, wollte sie die Sache strategisch angehen. In möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld einfahren, dann schnellstens wieder nach Hause, auf unserer kaputten, fleckigen Matratze Zebra Cakes essen und halbdokumentarische Gerichtssendungen glotzen. (Das ist meine vorherrschende Kindheitserinnerung: Flecken. Welche Farbe das Auge meiner Mom hatte, weiß ich nicht, aber ich könnte euch erzählen, dass der Fleck auf dem Flokati intensiv suppig braun war, während die Flecken an der Zimmerdecke dunkelorange und die an der Wand katerpissgelb leuchteten.)

Für unsere Bettelausflüge staffierten wir uns entsprechend aus. Mom trug ein hübsches verwaschenes Baumwollkleid, fadenscheinig, aber schreiend anständig. Mich steckte sie in irgendwas, aus dem ich gerade herausgewachsen war. Dann setzten wir uns auf eine Bank und wählten die richtigen Leute zum Anbetteln aus. Was ziemlich einfach ist. Erste Wahl ist ein Kirchenbus von außerhalb. Innerstädtische Kirchenleute schicken einen einfach zur Kirche, aber die von anderswo helfen normalerweise, vor allem einer einäugigen Frau mit einem dickbäuchigen Kind. Zweite Wahl sind Frauen in Zweiergruppen. Einzelfrauen können zu schnell abhauen, und an ein Rudel kommt man schlecht ran. Dritte Wahl ist eine Frau mit einem offenen Gesicht. Man kennt das ja: Die gleiche Art Frau, die man nach dem Weg oder der Uhrzeit fragen würde, fragen wir nach Geld. Auch jüngere Männer mit Bärten oder Gitarren sind nicht übel. Aber von Männern in Anzügen sollte man sich fernhalten; das Klischee trifft hundertprozentig zu, sie sind allesamt Arschlöcher. Das Gleiche gilt für die mit Daumenringen. Keine Ahnung, warum das so ist, aber Männer mit Daumenringen helfen nie.

Und diejenigen, die wir auswählten? Bei uns hießen sie nicht Zielpersonen oder Beute oder Opfer. Wir nannten sie Tonys, nach meinem Dad, der Tony hieß und nie nein sagen konnte (obwohl er zu meiner Mom vermutlich mindestens einmal nein gesagt hat, nämlich als sie ihn gebeten hat, bei ihr zu bleiben).

Wenn man einen Tony angehalten hat, weiß man normalerweise innerhalb von zwei Sekunden, wie man ihn am besten anbettelt. Manche wollen, dass es schnell vorbei ist, wie ein Überfall. Bei ihnen kommt man umgehend zur Sache. »Wir-brauchen-dringend-was-zu-essen-haben-Sie-vielleicht-ein-bisschen-Kleingeld-für-uns?« Andere möchten in unserem Unglück schwelgen. Sie geben nur Geld, wenn sie als Gegenleistung etwas bekommen, wodurch sie sich besser fühlen, und je trauriger die Geschichte, desto besser fühlt es sich für sie an, dass sie helfen, und desto mehr Geld kriegt man von ihnen. Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Wenn man ins Theater geht, möchte man doch auch unterhalten werden.

Meine Mom ist auf einer Farm im Süden des Staats New York aufgewachsen. Ihre Mutter ist bei der Geburt gestorben, ihr Daddy hat Soja angebaut und sich um seine Tochter gekümmert, wenn er von der Arbeit nicht zu erschöpft war. Eine Weile ist Mom in New York aufs College gegangen, aber dann hat ihr Daddy Krebs bekommen, er musste die Farm verkaufen, das Geld reichte vorn und hinten nicht mehr, und Mom musste das Studium hinschmeißen. Drei Jahre arbeitete sie als Kellnerin, aber dann hat sie ihr kleines Mädchen gekriegt, der Daddy des kleinen Mädchens hat sie sitzenlassen, und sie war von jetzt auf gleich … eine von denen. Bedürftig. Und nicht stolz …

Ihr könnt es euch wahrscheinlich vorstellen. Das war nur die Einleitung, auf dieser Grundlage konnte man weitermachen. Man merkt echt schnell, was ein Tony hören möchte. Legte jemand Wert auf eine spannende Geschichte nach dem Motto »Wir ziehen uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf«, dann war ich eine begabte Studentin mit einem Studienplatz an einer Charterschule irgendwo im Umland (das entsprach übrigens der Wahrheit, aber um die ging es ja nicht), und Mom brauchte dringend Benzingeld, um mich hinzufahren (in Wirklichkeit fuhr ich allein mit drei verschiedenen Bussen). Wollte der Angebettelte eine Geschichte über die Verfehlungen des bösen Systems, litt ich an einer diffusen Krankheit (die wir nach dem jeweiligen Arschloch tauften, mit dem meine Mutter gerade zusammen war – Todd-Tychon-Syndrom, Gregory-Mitchell-Krankheit), und meine Probleme mit der Krankenversicherung hatten uns in die Pleite getrieben.

Meine Mom war schlau, aber sehr faul. Ich war wesentlich ehrgeiziger, hatte Ausdauer, aber genauso wenig Stolz wie sie. Als ich dreizehn war, erbettelte ich Hunderte von Dollar pro Tag mehr als sie, und als ich sechzehn wurde, hatte ich sie, die Flecken und den Fernseher (und auch die Highschool) hinter mir gelassen und ging eigene Wege. Vormittags bettelte ich sechs Stunden. Ich wusste genau, wen ich ansprechen musste, wie lange und mit welcher Masche. Ich schämte mich nie. Es war ein reines Tauschgeschäft: Ich verhalf den Leuten zu einem guten Gefühl, sie gaben mir Geld dafür.

Es leuchtet also unmittelbar ein, warum die Sache mit den handjobs sich anfühlte wie ein ganz natürlicher Karriereschritt.

Spiritual Palms (der Name des Ladens ist nicht auf meinem Mist gewachsen, also gebt nicht mir die Schuld) lag in einer schicken Gegend westlich von Downtown. Vorne gab es Tarotkarten und Kristallkugeln, hinten illegalen Softcoresex. Ich hatte mich auf eine Stelle als Rezeptionistin beworben, aber wie sich herausstellte, war damit eine Nutte gemeint. Meine Chefin Viveca war früher Rezeptionistin gewesen und jetzt eine aufrichtige Handleserin. (Obwohl Viveca nicht ihr richtiger Name ist, richtig heißt sie nämlich Jennifer, aber niemand nimmt es einer Jennifer ab, dass sie die Zukunft vorhersagen kann; Frauen namens Jennifer können einem vielleicht sagen, welche hübschen Schühchen man sich kaufen oder welchen Biomarkt man frequentieren soll, aber von der Zukunft anderer Menschen sollten sie die Finger lassen.) Vorne beschäftigt Viveca also ein paar Wahrsagerinnen, und hinten betreibt sie ein gepflegtes kleines Zimmer, in dem es aussieht wie in einer Arztpraxis: Haushaltstücher und Desinfektionsmittel und ein Untersuchungstisch. Die Mädels haben den Raum mit verhängten Lampen, Potpourris und paillettenbesetzten Kissen aufgehübscht – dem ganzen Zeug, auf das garantiert nur Girly-Girls stehen. Ich meine, wenn ich ein Kerl wäre, der sich von einem Mädchen einen runterholen lassen möchte, würde ich nicht rein