Brustkrebs besiegen - Elisa Port - E-Book

Brustkrebs besiegen E-Book

Elisa Port

4,6
13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Diagnose Brustkrebs ist für Betroffene zunächst ein Schock und wirft viele Fragen auf: Welche Schritte sind nun zu gehen? Muss meine Brust entfernt werden? Muss ich mich einer Chemotherapie unterziehen? Wie sind meine Heilungschancen? In Anbetracht der Informationsflut zum Thema, unseriöser Quellen im Internet und beunruhigender Geschichten aus dem Freundeskreis greift die Brustkrebsspezialistin Elisa Port einfühlsam Ihre Ängste und Unsicherheiten auf und versammelt alle wichtigen Informationen zum Thema Brustkrebs, damit Sie Ihren Heilungsweg finden können. Die erfahrene Ärztin vom Mount Sinai Hospital in New York erklärt umfassend, differenziert und nach dem neuesten Stand der Forschung: - was die vielen verschiedenen Diagnosen genau bedeuten - welche Folgeuntersuchungen ratsam sind - nach welchen Kriterien Sie Ihren Arzt aussuchen sollten - welche bewährten und neuen Behandlungsformen sowie alternativen Heilmethoden es gibt

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 491

Bewertungen
4,6 (36 Bewertungen)
25
6
5
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Originalausgabe

1. Auflage 2018

© 2018 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Copyright der Originalausgabe: © 2015 by Elisa Port, MD

Die englische Originalausgabe erschien 2015 bei Ballantine Book unter dem Titel The New Generation Breast Cancer Book. How to Navigate Your Diagnosis and Treatment Options and Remain Optimictic in an Age of Information Overload.

This translation is published by an arrangement with Ballantine Books, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Birgit Walter

Redaktion: Matthias Michel

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: Shutterstock/Vanatchanan

Satz: inpunkt(w)o Haiger, www.inpunktwo.de

ISBN Print 978-3-86882-857-3

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-099-2

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-100-5

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1

Was jede Frau wissen sollteAllgemeine Risiken und die Vorteile von Vorsorgeuntersuchungen

Kapitel 2

Die Situation nach einem BefundWas ist, wenn weitere Untersuchungen vorgeschlagen werden?Was passiert bei einer Biopsie?

Kapitel 3

Wenn »positiv« nichts Gutes bedeutetDie ersten Schritte nach einer Krebsdiagnose

Kapitel 4

Auswahl der behandelnden ÄrzteSuchen Sie zuerst den richtigen Chirurgen

Kapitel 5

Diagnose BrustkrebsWas bedeutet das?

Kapitel 6

Eine der schwierigsten EntscheidungenLumpektomie oder Mastektomie?

Kapitel 7

BrustrekonstruktionDie moderne plastische Chirurgie eröffnet hervorragende Möglichkeiten

Kapitel 8

Den Pathologiebericht verstehenWelche Fachbegriffe sind relevant?

Kapitel 9

Chemotherapie und andere medikamentöse BehandlungenDie Betreuung durch einen internistischen Onkologen

Kapitel 10

StrahlentherapieWarum eine Bestrahlung auch nach der operativen Entfernung des Tumors notwendig ist

Kapitel 11

Klinische StudienKann ein in der Testphase befindliches Medikament der Behandlungsstandard der Zukunft sein?

Kapitel 12

Die Phase der RekonvaleszenzErholung und ärztliche Versorgung

Kapitel 13

LebensstilBesteht ein Zusammenhang zwischen Ernährung, Stress, Alkoholkonsum, Rauchen und Brustkrebs?

Kapitel 14

Alternative und komplementäre MedizinWelche Rolle kommt diesen Verfahren bei der Brustkrebsbehandlung zu?

Kapitel 15

Erbliche VorbelastungWelche Gene verursachen ein erhöhtes Brustkrebsrisiko?

Kapitel 16

Brustkrebs bei MännernEine wenig bekannte Form der Erkrankung

Kapitel 17

Brustkrebs und SchwangerschaftErkrankung und Kinderwunsch schließen sich nicht grundsätzlich aus

Kapitel 18

Rückkehr der ErkrankungVerzweiflung und der Weg zur Hoffnung

Kapitel 19

Die 10 ProzentFälle, in denen die Behandlung nicht anschlägt

Kapitel 20

Anlass zur HoffnungDer optimistische Blick in die Zukunft

Dank

Anhang 1Aufklärung verbreiteter Irrtümer

Anhang 2Von Familienangehörigen und Freunden häufig gestellte Fragen

Hilfreiche Internetseiten

Glossar

Wichtige Hinweise:

Was Sie in diesem Buch lesen, kann die diagnostische Expertise und den medizinischen Rat Ihres Arztes nicht ersetzen. Bitte wenden Sie sich an Ihren Arzt, bevor Sie eine Entscheidung treffen, die eine Auswirkung auf Ihre Gesundheit oder den weiteren Verlauf Ihrer Behandlung haben könnte. Dieses Buch soll Sie nur informieren.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags für externe Links ist ausgeschlossen.

Mit den Bezeichnungen Arzt, Internist, Chirurg etc. sind auch immer Ärztinnen, Internistinnen, Chirurginnen etc. gemeint.

Einleitung

Wenn man selbst oder ein geliebter Mensch die Diagnose Brustkrebs erhält, ist »Glück gehabt!« mit Sicherheit die am wenigsten erwartete Reaktion. Brustkrebs ist weitverbreitet: Unter den Krebsleiden machen Tumore der Brustdrüsen pro Jahr ein Drittel aller festgestellten Ersterkrankungen aus. Dennoch ist der Gedanke, mit diesem Schicksal nicht allein zu sein, wenig tröstlich. Die Wahrheit jedoch lautet: Wenn Sie die Diagnose Brustkrebs erhalten haben, haben Sie allen Grund, optimistisch zu sein, denn die Überlebenschancen sind so groß wie nie zuvor. Die Rate liegt inzwischen bei etwa 90 Prozent. Das bedeutet: Wenn bei Ihnen Brustkrebs festgestellt wird, werden Sie aller Wahrscheinlichkeit nach über- und gut weiterleben. Noch beruhigender ist die Tatsache, dass die Sterberate bei Brustkrebspatientinnen innerhalb des letzten Jahrzehnts von Jahr zu Jahr deutlich abgenommen hat und sich dieser Trend eindeutig fortsetzt.

Vermutlich ist Ihnen bekannt, dass durch Früherkennungsverfahren wie die Mammographie Brustkrebserkrankungen heute meist schon im Anfangsstadium festgestellt werden, woraus sich gute Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen ergeben. Dass auch Frauen, bei denen Brustkrebs im weiter fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird, ein stetig wachsendes Spektrum an modernen Therapien zur Verfügung steht, haben Sie vielleicht ebenfalls schon gehört. Möglicherweise ist Ihnen aber nicht geläufig, dass bei der immer erfolgreicher werdenden Behandlung von Brustkrebs zunehmend auf chirurgische Eingriffe verzichtet wird. Die daraus resultierenden Möglichkeiten der Brustrekonstruktion sind besser als je zuvor. Allerdings fällt es vielen Frauen schwer, diese optimistisch stimmenden Botschaften aus der Flut an Informationen herauszuhören.

Im Alter von 48 Jahren führte Katherine* ein erfülltes Leben, das aus ihrer Perspektive kaum Wünsche offenließ. Sie bekleidete bei einem großen Technologieunternehmen eine anspruchsvolle Position im Bereich des Personalmanagements. Ihre Arbeit beinhaltete – wie die ihres Mannes – viele Geschäftsreisen. Ihre beiden Töchter, 13 und 15 Jahre alt, durchliefen gerade die mit der Pubertät verbundenen seelischen Höhen und Tiefen. Katherines 76-jährige Mutter, die 800 Kilometer entfernt lebte, war vor Kurzem eine neue Herzklappe eingesetzt worden, und Katherine hatte die letzten Wochen damit verbracht, sich nach einer guten Krankenpflege für ihre Mutter umzusehen.

* Die in diesem Buch angeführten Fallbeispiele basieren auf den Krankengeschichten von Patientinnen, die sich bei mir in Behandlung begeben haben. Alle medizinischen Fakten sind korrekt wiedergegeben. Die Namen der Patientinnen und Charakteristika, die deren Identität erkennbar machen könnten, wurden zum Schutz des Persönlichkeitsrechts geändert.

Wie so viele von uns brachte sie all ihre Lebensaufgaben unter einen Hut, indem sie mit voller Energie zu Werke ging. Doch dann stand innerhalb von Sekunden ihr Alltag plötzlich still. Nach ihrer jährlichen Vorsorgeuntersuchung wurde ihr mitgeteilt, dass bei der Mammographie eine »Auffälligkeit« entdeckt worden sei und eine Biopsie vorgenommen werden müsste. Als die Ergebnisse der Biopsie vorlagen, musste ich Katherine die Nachricht übermitteln, die keine Frau hören will: »Sie sind an Brustkrebs erkrankt.«

Katherine reagierte auf diese Nachricht auf eine Art, die ich häufig bei Frauen beobachte und die vielleicht auch Sie gezeigt haben oder hätten: Nachdem der erste Schock überwunden war, saß sie lange an ihren Mann geschmiegt in meinem Büro, besprach mit mir ihre Behandlungsmöglichkeiten und traf einige wichtige Entscheidungen. Am Ende des Gesprächs war sie ausgelaugt, dank der gemeinsam entwickelten Strategie aber auch erleichtert. Die Besprechung hatte sie beruhigt und der Behandlungsplan machte ihr Mut. Sie konnte sich nun voll und ganz auf ihre Familie und die bevorstehende Operation konzentrieren. Sie verließ mein Büro mit Zuversicht und blickte optimistisch in die Zukunft.

Im Laufe der nächsten ein bis zwei Tage gerieten Katherine Beherrschtheit und Entschlossenheit jedoch ins Wanken. Da ich diese Entwicklung immer wieder erlebe, war mit sofort klar, was passiert war: Nachdem sie meine Praxis verlassen hatte und nach Hause gefahren war, hatte sie im Internet die Informationen gelesen, die ihr die Suchmaschine zu ihrer Diagnose lieferte, und daraus eigene Schlüsse gezogen und Vorhersagen abgeleitet. Zwei Tage nach unserem Gespräch rief sie mich an und erkundigte sich vorsichtig, ob ein weiteres Treffen möglich wäre, da sie nun eine lange Liste an Fragen habe, die ihr bei der ersten Konsultation noch nicht bewusst gewesen seien. Glücklicherweise konnte ich ihr einen Termin gleich am folgenden Tag anbieten. Katherine war völlig verändert. Mitgebracht hatte sie einen zehn Zentimeter hohen Stapel an Ausdrucken. Einige Seiten waren mit Post-its markiert, einzelne Passagen hatte sie mit Textmarkern in drei verschiedenen Farben hervorgehoben. Sie sah mich mit einem warmen Blick an, doch ihre rot geränderten Augen ließen vermuten, dass sie seit unserer letzten Begegnung kaum geschlafen hatte. Katherine wirkte vollkommen verunsichert und äußerst niedergeschlagen.

Sie begann, mir ihre Fragen zu stellen. Sie hatte von einem neuen Medikament gelesen, das vor der Operation verabreicht werden kann, um die Größe des Tumors zu reduzieren, und sie wollte wissen, was ich davon hielt (das Arzneimittel war bei ihrer Form der Erkrankung nicht wirksam). In einem angesehenen Forum gaben alle Frauen an, dass eine Mastektomie Katherine bessere Überlebenschancen böte als eine Lumpektomie (diese Aussage war definitiv falsch – statistisch gesehen waren in Katherines Fall die Erfolgsaussichten bei beiden Verfahren gleich). Katherine hatte ihrer Lektüre außerdem die Empfehlung entnommen, sich auch die nicht befallene Brust entfernen zu lassen, um die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der Erkrankung weitestgehend zu minimieren (auch dieser Ratschlag traf bei Katherines Form der Erkrankung nicht zu).

Katherines Fragen kamen für mich nicht unerwartet, da in jüngster Zeit nicht nur die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, dass Frauen trotz einer Brustkrebserkrankung ein langes, erfülltes Leben führen können, sondern auch die Anzahl an verfügbaren Informationsquellen zugenommen hat. Nachdem sie die Diagnose erhalten haben, bekommen Frauen aus ihrem Freundeskreis in helfender Absicht E-Mails zugeschickt, die Links zu bestimmten Websites enthalten. Auch Familienmitglieder empfehlen Bücher und Artikel zum Thema oder bestehen darauf, ein Treffen mit einer Freundin zu arrangieren, die einen hervorragenden Arzt kennt oder eine außergewöhnliche Genesungsgeschichte zu erzählen hat. Die Tatsache, an einer häufig auftretenden Erkrankung zu leiden, bringt also den Vorteil mit sich, dass viel über die Krankheit bekannt ist, hat aber auch den Nachteil, dass jeder etwas über Brustkrebs weiß, zu wissen glaubt oder jemanden kennt, mit dem man unbedingt sprechen sollte.

Wenn vor 30 Jahren eine Frau aus der Generation unserer Mütter und Großmütter die Diagnose Brustkrebs erhielt, nahm sie das Wort »Krebs« nicht in den Mund oder flüsterte es bestenfalls. Zu jener Zeit war es noch nicht einmal gestattet, in Werbeanzeigen in Hochglanzmagazinen das Wort »Brust« zu verwenden. Als ich mich vor 20 Jahren mit der Behandlung von Brustkrebs zu beschäftigen begann, standen der Öffentlichkeit nur wenige Informationsquellen zur Verfügung. Das Internet lieferte kaum Hinweise und es gab nur wenige Bücher zu diesem Thema. Auch die Behandlungsmöglichkeiten waren wesentlich eingeschränkter.

Heutzutage ist das anders: Frauen, die die Diagnose Brustkrebs erhalten, stehen zahlreiche fundierte Informationsquellen zur Verfügung, darunter auch dieses Buch. Das Internet hat die Situation jedoch nicht nur zum Positiven verändert. Wenn man in eine Suchmaschine das Wort »Brustkrebs« eingibt, bekommt man buchstäblich Millionen von Seiten angezeigt. Im World Wide Web wird über dieses Thema auch nicht mehr nur im Flüsterton gesprochen. In Blogs und auf Twitter schildern Frauen offen ihren Behandlungsverlauf und posten während der Chemotherapie aufgenommene Selfies, die alle Nutzer einsehen können. Ich zolle diesen Frauen größten Respekt dafür, dass sie mithilfe dieses modernen Mediums einen Weg gefunden haben, mit ihrer Erkrankung umzugehen und anderen Betroffenen zu helfen, indem sie sie an ihrem Erleben teilhaben lassen.

Heutzutage ist also nicht mehr der fehlende Zugang zu Informationen, sondern die Fülle an Informationen – genauer gesagt die Menge an ungefilterten Informationen – problematisch. Manche Quellen, die man online findet, sind glaubwürdig, andere nicht. Einige Erkenntnisse sind für die jeweilige Erkrankung relevant, die meisten jedoch nicht. Tatsächlich ist die Menge an Informationen, die man benötigt, um für sich selbst auf die konkrete Diagnose bezogen die richtige Entscheidung zu treffen, im Vergleich zur Vielzahl der allgemein kursierenden Hinweise relativ gering. Der Zugriff auf Informationen sollte Klarheit schaffen und Handlungsmöglichkeiten eröffnen, doch wenn eine Anleitung zur Gewichtung der Fakten fehlt, entsteht der gegenteilige Effekt.

Katherine und ich nahmen uns die Zeit, all ihre Fragen zu klären, und sprachen ihren Behandlungsplan noch einmal durch. Ich würdigte den Fleiß und die Sorgfalt, mit der sich Katherine mit der allgemeinen Problematik beschäftigt hatte, lenkte ihr Augenmerk aber zurück auf den zentralen Aspekt: ihr konkretes Krankheitsbild. Unser Gespräch machte Katherine deutlich, dass ihre persönliche Recherche zwar ein bedeutender Bestandteil des Umgangs mit ihrer Erkrankung war, die von ihr gesammelten Hinweise jedoch einen Nachteil aufwiesen: Ohne fachliche Anleitung ist es schwierig, die Relevanz der einzelnen Informationen für die eigene Erkrankung einschätzen zu können. Diese Bewertung mussten wir gemeinsam vornehmen. Wir setzten unser Gespräch so lange fort, bis Katherine ihre Zuversicht und ihr Vertrauen in den ursprünglich vereinbarten Therapieplan wiedergewonnen hatte. Ich versicherte ihr noch einmal, dass die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten in ihrem Fall mit großer Wahrscheinlichkeit äußerst erfolgreich sein würden. An diesem Tag verließ Katherine mein Büro erneut mit der Gewissheit, dass in ihrem Fall hervorragende Aussichten auf Heilung bestanden und sie auf dem besten Weg in ein gesundes Leben war. Tatsächlich trifft diese Perspektive inzwischen auf die Mehrheit der an Brustkrebs erkrankten Frauen zu.

Die Erfahrungen von Katherine und von buchstäblich Tausenden anderen Frauen, die ich in den vergangenen Jahren behandelt habe, haben mich dazu veranlasst, dieses Buch zu schreiben. Der mentale Drahtseilakt, den Frauen vollführen müssen, um einerseits den Vorteil von rund um die Uhr zur Verfügung stehenden Informationen zu nutzen und sich andererseits von der überbordenden Fülle an Hinweisen abzugrenzen, kann an die Grenzen der persönlichen Belastbarkeit führen. Frauen, die heutzutage die Diagnose Brustkrebs erhalten, bewegen sich zweifelsohne in einer ganz anderen Welt, als es in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war. Meiner Erfahrung nach ist die Mehrheit der Frauen für ein wenig Orientierungshilfe dankbar. Anders als Katherine erhalten viele Betroffene erst nach einiger Zeit einen Beratungstermin. Oft vergehen mehrere Tage oder sogar Wochen, bis eine Frau, die mit dem Befund Brustkrebs konfrontiert wurde, auf den Arzt trifft, der sie und ihre Angehörigen mit den für ihren Fall relevanten Informationen versorgt. Viele Patientinnen haben mir berichtet, dass sie die Zeit zwischen dem Erhalt der Diagnose und dem ersten Gespräch mit dem Arzt zur Ausgestaltung des Therapieplans als besonders belastend empfanden. Verunsichert durch die vielen offenen Fragen durchforsten die Frauen und ihre Familienmitglieder dann oft nächtelang (nach der Diagnose ist ohnehin an Schlaf nicht zu denken) das Internet und suchen verzweifelt nach verständlichen Informationen.

Dieses Buch möchte in dieser Situation Hilfestellung geben. Ob Sie beunruhigt sind, weil sie einen Knoten ertastet haben, ob bei Ihnen bereits Brustkrebs diagnostiziert wurde oder ob Sie sich Sorgen um eine Freundin machen – es ist möglich, den vor Ihnen liegenden Weg in der Gewissheit zu gehen, dass Sie allen Grund haben, optimistisch zu sein. Wie in meinen Patientengesprächen verfolge ich mit diesem Buch das Ziel, in allen Phasen der Krebsbehandlung mit Fachwissen zu beraten. Dieses Buch gibt Ihnen die Möglichkeit, sich auf jedem Abschnitt der Wegstrecke zu vergewissern, die richtige Richtung eingeschlagen zu haben, sodass Sie am Ende gesund und mit einer positiven Prognose hervorgehen, statt in der belastenden Flut an Eindrücken unterzugehen. Ich werde Sie dabei unterstützen, Prioritäten zu setzen und Ihre gedankliche Auseinandersetzung mit dem Thema Krebs auf jene Aspekte zu beschränken, die in Ihrem Fall von Bedeutung sind. Außerdem möchte Ich Ihnen dabei helfen, ein Gespür dafür zu entwickeln, welche Fragen Sie im Verlauf einer Brustkrebsbehandlung immer wieder stellen sollten.

Damit Sie sich eine Strategie zurechtlegen können, möchte ich Ihnen vorab einige wichtige Ratschläge an die Hand geben. Ich werde die hier angeführten Themen und Vorschläge in den einzelnen Kapiteln dieses Buches ausführlicher erläutern, doch scheint es mir wichtig, Ihnen gleich zu Beginn Ihres Entscheidungsprozesses und Faktensammelns einige zentrale Orientierungshilfen zu geben.

Wählen Sie die richtigen Ärzte aus

Die Behandlung von Brustkrebs ist multidisziplinär. Das bedeutet, dass im Verlauf der Behandlung mehrere Ärzte aus unterschiedlichen medizinischen Fachbereichen (Chirurgie, Innere Medizin, Strahlentherapie, Plastische Chirurgie) tätig werden. In Deutschland sind allerdings nicht die Chirurgen, sondern die Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe die richtigen Ansprechpartner, an die Sie sich zuerst wenden sollten.

Die Anzahl der Ärzte und der Fachrichtungen, denen sie angehören, variiert jedoch von Fall zu Fall: Nicht alle Frauen müssen alle der möglicherweise beteiligten Fachärzte konsultieren. Die Tatsache, dass die Brustkrebsbehandlung mehrere Disziplinen vereint, trägt dazu bei, dass vielen Betroffenen der Verlauf unübersichtlich und verwirrend erscheint. Mit der richtigen Anleitung ist der Weg jedoch leicht gangbar. Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass die Behandlung von Brustkrebs in der Regel sequenziell erfolgt. Wenn in Ihrem Fall zum Beispiel ein chirurgischer Eingriff, eine Chemotherapie und eine Bestrahlung erforderlich sind, finden diese Behandlungsschritte nicht gleichzeitig, sondern nacheinander statt, und in den einzelnen Phasen ist jeweils ein anderer Facharzt für Sie zuständig. Doch welche Maßnahme wird zuerst angewendet? Und wie nehmen Sie am besten mit den einzelnen Ärzten Kontakt auf? Ab Kapitel 4 wird Ihnen die wahrscheinliche Reihenfolge der einzelnen Behandlungsschritte vorgestellt. Die Information, zu welchem Zeitpunkt welcher Facharzt – Chirurg, Plastischer Chirurg, Onkologe, Radiologe et cetera – von Ihnen benötigt wird, ist für Sie aller Wahrscheinlichkeit schon kurz nach der Diagnose relevant, denn sicher möchten Sie sich ein Ärzteteam zusammenstellen, dem Sie vertrauen. Ich werde Ihnen erklären, wie das funktioniert.

2. Setzen Sie alles daran, von auf Brustkrebs spezialisierten Ärzten behandelt zu werden

Patientinnen, die von Ärzten betreut werden, die häufig Brustkrebsbehandlungen vornehmen – zum Beispiel in Kliniken mit hohen Fallzahlen – haben bessere Erfolgsaussichten. Eine in den USA durchgeführte Studie, die den Zusammenhang zwischen Fallzahlen und Ergebnisqualität untersuchte, ergab, dass nur 7 Prozent der Chirurgen eine »große Anzahl« an mammachirurgischen Eingriffen (also mehr als 50 Operationen pro Jahr) vornahmen und nur 25 Prozent der Patientinnen von Operateuren behandelt wurden, die dieses Kriterium erfüllten. Die restlichen 75 Prozent wurden von Chirurgen versorgt, die mit mittlerer bis geringer Häufigkeit Brustkrebsbehandlungen durchführten. Einige dieser Ärzte nahmen sogar nur ein- bis zweimal pro Monat Brustoperationen vor!

Die Studienergebnisse sind insofern relevant, als den Patientinnen, die in der Obhut von Chirurgen waren, die Brustkrebserkrankungen in hoher Fallzahl betreuen, wesentlich häufiger die modernsten Operationstechniken angeraten wurde. Ihnen wurde also die bessere Behandlung zuteil.** Das zugrunde liegende Prinzip leuchtet ein: Je häufiger und regelmäßiger man eine Tätigkeit ausübt – sei es beim Haareschneiden, bei Geschäftsverhandlungen oder im Bereich der Chirurgie –, umso erfahrener ist man darin und umso größer sind die Aussichten auf Erfolg. Bei Brustkrebsbehandlungen spielt diese Relation eine besonders große Rolle: Angesichts der rasanten Fortschritte und der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten ist es von zentraler Bedeutung, über breites Wissen zu verfügen und stets auf dem Laufenden zu bleiben (auf meinem Nachttisch liegt stets ein Stapel aktueller Fachzeitschriften und Publikationen).

**A.M.McDermott,D.M.Wall,P.S.Watersetal. (2013):Surgeonandbreastunitvolume-outcomerelationshipsinbreastcancersurgeryandtreatment.In:AnnalsofSurgery.

Umgehen Sie also, wenn irgend möglich, Ärzte, die sich lediglich »zwischendurch auch mal« an Brustkrebsbehandlungen versuchen. Ärzte, die die Behandlung von Brustkrebs nur als Teilbereich ihres Leistungsspektrums ausüben und pro Monat oder Jahr nur wenige Patientinnen behandeln, verfügen unter Umständen nicht über den aktuellen Kenntnisstand, um Ihnen die besten Maßnahmen zu empfehlen. Die meisten Ärzte erreichen einen Umgang mit hohen Fallzahlen, indem sie sich spezialisieren.

In den USA kann eine Spezialisierung erfolgen, indem ein Mediziner nach dem Abschluss seines Studiums eine Weiterbildung in einem bestimmten Fachbereich absolviert oder indem er sich in seiner Praxis auf eine spezifische Form der Erkrankung oder ein Organsystem konzentriert. In Deutschland erfolgt die Spezialisierung nach der Approbation durch die Facharztweiterbildung. Zudem sind in Deutschland die Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe für die Mammacarcinompatientinnen zuständig. Innerhalb des Fachgebiets gibt es weiterer Spezailisierungen beispielsweise zum Gynäkoonkologen oder zertifizieten Brustoperateur.

Brustkrebspatientinnen erhalten also die beste Form der Behandlung von Ärzten, die sich ausschließlich mit dieser Erkrankung beschäftigen – in all ihren Facetten und mit sämtlichen Möglichkeiten der Bekämpfung. Bei der Zusammenstellung Ihres Teams an behandelnden Ärzten empfiehlt es sich also, wenn irgend möglich, auf Spezialisten zurückzugreifen: auf Mediziner, die sich innerhalb ihres Fachgebiets überwiegend oder ausschließlich mit der Behandlung von Brustkrebs beschäftigen. Spezialisten ausfindig zu machen, die in ihrem Fachbereich eine hohe Anzahl an Fällen betreuen, trägt dazu bei, sich der bestmöglichen Behandlung zu versichern.

3. Wählen Sie während des gesamten Behandlungsverlaufs Ärzte aus, die Ihnen Entscheidungsfindungen erleichtern

Nach einer Brustkrebsdiagnose müssen Sie viele Entscheidungen treffen: Lumpektomie oder Mastektomie? Chemotherapie oder keine Chemotherapie? Welche weiteren Behandlungsformen sind angeraten? In Entscheidungen, die bei einer Brustkrebserkrankung zu treffen sind, fließen in besonders hohem Maße neben fachlichen auch persönliche Kriterien ein. Oft sage ich zu meinen Patientinnen: »Ich bin Expertin in der Behandlung von Brustkrebs, doch in allem, was Sie persönlich anbelangt, sind Sie die Expertin.« Da Brustkrebs eine Körperregion betrifft, die für jedermann wahrnehmbar und für das Selbstverständnis einer Frau oft von zentraler Bedeutung ist, steht bei der Behandlung viel auf dem Spiel. Die benötigten Informationen vom richtigen Spezialisten zu erhalten, beruhigt und stimmt optimistisch. Diese Gefühlslage bietet Ihnen die beste Basis, die richtigen Entscheidungen für den Behandlungsverlauf und für Ihre Zukunft zu treffen.

4. Denken Sie daran, dass eine Krebstherapie keine Notfallbehandlung ist

Es fällt schwer, sich von der Vorstellung zu lösen, dass ein bösartiger Tumor, minütlich, stündlich oder täglich wächst. Die meisten Frauen und deren Angehörige gehen nach einer Krebsdiagnose davon aus, dass Eile geboten ist. Es ist mehr als hilfreich zu wissen, dass das Wachstum von Krebsgeschwülsten anderen Gesetzen folgt: Auch ein Tumor, der urplötzlich aus dem Nichts aufgetaucht zu sein scheint, ist über Monate hinweg gewachsen. Mit einigen seltenen Ausnahmen ist eine Krebserkrankung also kein medizinischer Notfall. Es spricht nichts dagegen, nach der Diagnose erst einmal tief durchzuatmen und in Ruhe einen Behandlungsplan zu entwickeln. Wenden Sie sich nicht in Panik an den Arzt, der Ihnen als Erster einen Termin anbieten kann. Sie gehen kein Risiko ein, wenn Sie einige Tage oder Wochen warten, bis Sie mit den richtigen Ärzten in den richtigen Therapiezentren sprechen können.

5. Seien Sie sich stets bewusst, dass es keine Einheitslösungen gibt und kein Fall dem anderen gleicht

Die in Ihrem Fall richtigen Entscheidungen können Sie nur treffen, indem Sie die relevanten Fakten sammeln, diese mit einem Arzt besprechen, dem Sie vertrauen, und dann vor allem auf Ihre innere Stimme hören. Jede Brustkrebserkrankung ist individuell zu betrachten. Selbst bei zwei Frauen, die scheinbar die gleiche Diagnose erhalten haben, können sich die Fälle in Nuancen unterscheiden, die große Unterschiede in den Behandlungsmöglichkeiten oder -empfehlungen nach sich ziehen. Aufgrund dieser Tatsache sind die Rückschlüsse, die man aus einer Recherche im Internet, der Lektüre eines Fachartikels oder den Ratschlägen einer Freundin, die anscheinend »dasselbe Problem« hat, auf die eigene Situation ziehen kann, begrenzt. Bei Brustkrebserkrankungen kann man meiner Ansicht nach mit Sicherheit davon ausgehen, dass es keine Einheitslösungen gibt – tatsächlich variieren die Maßnahmen beträchtlich. Eine meiner Patientinnen, Jane, formulierte ihr Erleben nach der Brustkrebsdiagnose so: »Wenn mir noch einmal irgendjemand erklärt, was er tun würde, wenn er an meiner Stelle wäre, dann drehe ich durch! Niemand kann sich sicher sein, wie er sich verhalten würde, wenn er in meiner Situation steckte. Und selbst wenn er sich in derselben Situation befände, würde er anders empfinden als ich!« Dieses Buch wird Ihnen aufzeigen, wie Sie an die für Ihren konkreten Fall relevanten Informationen gelangen und damit die Möglichkeit erhalten, die richtige Behandlung einzuleiten.

6. Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche und blenden Sie alle anderen Informationen aus

Diese Aufgabe erscheint angesichts der Vielzahl an verfügbaren Quellen nicht leicht. Die Erwartung, dass sich Krebspatienten gegen die Flut an auf sie einstürmenden Informationen und Ratschlägen gänzlich abschirmen können, ist unrealistisch. Dieses Buch eröffnet Ihnen jedoch einen Weg, trotz des Ansturms optimistisch zu bleiben und eine positive Grundhaltung zu bewahren. Zunächst einmal gilt es, einige Informationen an sich abprallen zu lassen, Fakten von Fiktion zu unterscheiden und sich mit den vielen Mythen vertraut zu machen, die sich um Krebserkrankungen ranken, um diese anschließend ausräumen zu können. Nach dieser Analyse bleibt eine begrenzte Anzahl an Fragen übrig, die zu klären für Sie persönlich relevant ist. Zusätzlich zu Ihrer eigenen Recherche stehen Ihnen gemäß der in diesem Buch erteilten Empfehlungen zuverlässige, vertrauenswürdige Spezialisten zur Seite, an die Sie sich mit Ihren Sorgen wenden können.

Es ist wichtig, sich die genannten Strategien in jeder Behandlungsphase zu vergegenwärtigen. Innerhalb dieses Buches werden sie immer wieder im jeweiligen Kontext aufgegriffen. Die ersten Kapitel beschäftigen sich mit Vorsorgeuntersuchungen, Diagnostik und Vorbeugung. Die anschließende Erläuterung der einzelnen Schritte, die Sie nach einer Brustkrebsdiagnose aller Wahrscheinlichkeit nach erwarten, beinhaltet eine Beschreibung der verschiedenen Tumorarten und der daraus resultierenden Konsequenzen für die Behandlung. Danach stelle ich Ihnen die verschiedenen Operationsmethoden, medikamentösen Behandlungen und Strahlentherapien vor, zu denen man Ihnen unter Umständen raten wird. Heutzutage besteht unter den Patientinnen auch ein großes Interesse an den Möglichkeiten der Teilhabe an Forschungsergebnissen, an den Auswirkungen des individuellen Lebensstils auf die Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen sowie an der Rolle, die ergänzende oder alternative Heilmethoden und Spiritualität während oder nach einer Therapie spielen. Einzelne Kapitel dieses Buches widmen sich diesen wichtigen Themen.

Weitere Kapitel beschäftigen sich mit den Auswirkungen einer Brustkrebsdiagnose auf die Familienmitglieder und deren Risiko, ebenfalls an Krebs zu erkranken, sowie mit den selten auftretenden Fällen von Brustkrebs bei Männern. Viele Frauen denken bereits unmittelbar nach der Diagnose und in den frühen Phasen der Behandlung über das Ende der Therapie hinaus. Dieses Buch wird Antworten darauf geben, welche Nachsorgeuntersuchungen stattfinden und was passiert, wenn die Erkrankung erneut auftritt. Im Anhang finden Sie ein Glossar, das die in den einzelnen Kapiteln auftauchenden Fachbegriffe erklärt, sowie einen Katalog mit häufig von Angehörigen und Freunden gestellten Fragen.

Innerhalb der einzelnen Kapitel werden unter den Überschriften WISSENSWERTES und WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN spezifische Aspekte genannt, die Ihnen entscheidende Impulse für Ihre Behandlung geben. Am Ende eines jeden Kapitels führt Ihnen eine Zusammenfassung noch einmal die wichtigsten Aussagen vor Augen.

Ich komme täglich mit Frauen in Kontakt, bei denen medizinische Untersuchungen erstmals die Diagnose Brustkrebs ergeben haben, und versuche, so viel wie möglich über sie zu erfahren, um sie in bestmöglicher Weise durch eine Zeit zu führen, die fraglos zu den anstrengendsten ihres Lebens gehört. Ich spiele für kurze Zeit für Menschen, denen ich eben erst begegnet bin und die ich kaum kenne, eine zentrale Rolle, indem ich sie dabei unterstütze, lebensverändernde Entscheidungen zu treffen. Bei Brustkrebs gibt es, wie gesagt, keine Einheitslösung und auch keine Überlebensgarantie. Immer noch sterben Frauen – zu viele Frauen – an dieser potenziell tödlich verlaufenden Krankheit. Viel zu oft gibt es kein Happy End, doch die Heilungschancen sind heutzutage besser denn je. In der überwiegenden Zahl der Fälle kann ich meinen Patientinnen die Botschaft überbringen, dass es bei Anwendung des richtigen Behandlungsansatzes berechtigt ist, optimistisch zu sein. Die heutige Medizin hat bei Ersterkrankungen sehr viel zu bieten. Dank der Forschung und moderner Technologien steht eine stetig wachsende Zahl an immer besseren Behandlungsmethoden zur Verfügung. Die Überlebensraten steigen, während gleichzeitig immer weniger auf operative Eingriffe gesetzt wird. Die stärkere Berücksichtigung von kosmetischen Aspekten führt zu exzellenten Ergebnissen. Zahlreiche hoch spezialisierte Kliniken bieten in allen Bereichen die besten Therapiemöglichkeiten an.

Um noch einmal auf Katherine zu sprechen zu kommen: Sie verließ nach unserem zweiten Gespräch gestärkt mein Büro und verbrachte in den darauffolgenden Tagen viel Zeit mit ihrer Familie. Am Tag der Operation betrat sie gefasst und unverzagt den Behandlungsraum. Sie lächelte mich an und sagte: »Legen wir los.«

Kapitel 1

Was jede Frau wissen sollteAllgemeine Risiken und die Vorteile von Vorsorgeuntersuchungen

Es gibt sehr viele Gründe, warum Sie dieses Buch gerade lesen. Vielleicht sind Sie ganz allgemein daran interessiert, mehr über Brustkrebs zu erfahren (schließlich handelt es sich dabei um die häufigste Krebsart bei Frauen). Vielleicht gehen Sie davon aus, dass bei Ihnen ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung besteht und möchten sich vorausschauend mit zuverlässigen Informationen versorgen. Vielleicht hoffen Sie, mit den beim Lesen gewonnenen Erkenntnissen eine an Krebs erkrankte Angehörige oder Freundin unterstützen zu können. Das wahrscheinlichste Szenario aber ist, dass Sie dieses Buch zur Hand nehmen, weil der Verdacht besteht, dass Sie selbst an einer Brustkrebserkrankung leiden oder diese Diagnose bei Ihnen bereits gestellt wurde. Wenn dies der Fall ist, sind Sie vermutlich versucht, dieses Kapitel zu überspringen. Warum sollten Sie sich über das Brustkrebsrisiko und die Methoden zur Identifizierung einer Erkrankung informieren, wenn bei Ihnen das Vorhandenseins eines Tumors bereits festgestellt wurde? Tatsächlich ist dieses Kapitel dennoch für Sie relevant: Die Kenntnis der Risikofaktoren, die unter Umständen zum Auftreten der Erkrankung beigetragen haben, kann hilfreich sein. Außerdem liefert Ihnen dieses Kapitel Informationen über die Mammographie und andere bildgebende Verfahren, die in der Brustkrebstherapie über die Erstdiagnostik hinaus immer wieder Anwendung finden.

Mammographie

Bei vielen Frauen wird das Vorhandenseins eines Tumors im Rahmen einer Mammographie entdeckt. Diesen Frauen ist meist bewusst, welch unverzichtbare Rolle die Mammographie bei der Früherkennung von Brustkrebs spielt. Seit einigen Jahren kursieren jedoch widersprüchliche Ansichten über diese Form der Diagnostik, wodurch weithin Verunsicherung entsteht. Als auf die Behandlung von Brustkrebs spezialisierte Chirurgin werde ich häufig eingeladen, in öffentlichen Vorträgen über einzelne Aspekte der Früherkennung, Therapie und Nachsorge zu sprechen. In den anschließenden Gesprächsrunden werden mir zum Thema Mammographie häufig Fragen wie diese gestellt:

»Bei meiner Schwester wurde Brustkrebs diagnostiziert, nachdem sie einen Knoten ertastet hatte. Eine vier Wochen zuvor durchgeführte Mammographie hatte keinen Befund ergeben. Welchen Grund hätte ich, mich vorsorglich dieser Untersuchung zu unterziehen, wenn diese bei meiner Schwester doch offenkundig versagt hat?«

»Eine Freundin von mir erhielt im Alter von 38 Jahren die Diagnose Brustkrebs. Regelmäßige Mammographien werden erst ab einem höherem Lebensalter empfohlen. Sollte man Frauen nicht schon früher dazu raten?«

»Ich habe gehört, dass die Mammasonographie und die Magnetresonanztomographie bei Frauen mit dichtem Brustgewebe bessere Erfolge zeitigen als die Mammographie. Warum werden diese Verfahren nicht allen Frauen zur Früherkennung empfohlen?«

Die Tatsache, dass viele Frauen Fragen zur Mammographie stellen, erscheint mir nicht überraschend: Sie suchen nach Antworten zu einigen höchst kontrovers diskutierten Themen.

Wie jede andere Untersuchungsmethode liefert die Mammographie nicht immer fehlerfreie Ergebnisse. Das Verfahren wurde sowohl dafür kritisiert, dass Krebserkrankungen unterdiagnostiziert werden, also unerkannt bleiben, als auch dafür gerügt, Überdiagnosen hervorzubringen, sprich Erkrankungen festzustellen, die sich ohne die Untersuchung nicht bemerkbar gemacht und nicht zu Beschwerden geführt hätten. Aus diesen Kritikpunkten resultierte eine Debatte, ob und unter welchen Voraussetzungen die Mammographie überhaupt als Vorsorgeuntersuchung angewendet werden sollte. Tatsächlich ist die Mammographie trotz all dieser Variablen bei den meisten Frauen die wirksamste Methode zur Früherkennung von Krebs.

Es ist wichtig, sich die Fakten genau vor Augen zu führen: Die Mammographie ist das einzige Verfahren, das nachweislich die Gefahr, an Brustkrebs zu sterben, verringert, indem die Erkrankung frühzeitig erkannt wird. Bei Frauen im Alter von 40 bis 70 Jahren reduziert sich die Anzahl der Sterbefälle durch Anwendung dieser Untersuchungsmethode um mindestens 15 Prozent. Hinzu kommt, dass bei 80 bis 90 Prozent der Frauen, die an Brustkrebs erkranken, keinerlei Risikofaktoren vorliegen: keine vormaligen Erkrankungen innerhalb der Familie, keine genetische Vorbelastung et cetera. Das bedeutet, dass Brustkrebs bei jeder Frau auftreten kann und eine angemessene Vorsorge mittels radiologischer Verfahren in jedem Fall anzuraten ist.

Die Tatsache, dass die Heilungschancen bei Brustkrebs innerhalb der letzten Jahrzehnte signifikant gestiegen sind, ist zu einem großen Teil auf die verbesserte Früherkennung zurückzuführen, die wiederum auf der Anwendung von bildgebenden Verfahren und dabei vor allem der Mammographie basiert. Heutzutage werden 60 Prozent der Brustkrebserkrankungen in einem frühen Stadium erkannt. Meist werden die Tumore mittels Mammographie entdeckt und lokalisiert, bevor sie durch Abtasten der Brust seitens der Frau oder ihres Arztes erkennbar sind. Angesichts der zahlreichen widersprüchlichen Informationen gilt es also, das Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren: Die Mammographie trägt wesentlich dazu bei, Krebserkrankungen frühzeitig zu erkennen und Leben zu retten.

Ablauf einer Mamographie

Die Mammographie ist ein radiologisches Verfahren zur Diagnostik der Brust. In der Regel wird eine beidseitige Mammographie vorgenommen, so auch bei den in jährlichen Abständen erfolgenden Vorsorgeuntersuchungen, die älteren Frauen angeraten werden.

In Deutschland wird dieses sogenannte Mammographiescreening bei Patientinnen zwischen 50 und 70 Jahren routinemäßig durchgeführt. Abgesehen vom Lebensalter kann eine Indiaktionsstellung zur Mammographie aber auch durch den behandelnden Frauanarzt erfolgen, wenn dieser etwas Auffälliges getastet oder sonographisch gesehen hat. Dann handelt es sich allerdings nicht um ein Screening, sondern um eine gezielte Untersuchung vor allem bei Veränderungen.

Bei einer Mammographie werden beide Brüste geröntgt. Von jeder Brust werden zwei Aufnahmen aus verschiedenen Richtungen angefertigt, sodass am Ende vier Röntgenbilder vorliegen. Für die alleinige Untersuchung der linken oder der rechten Brust – entsprechend werden nur zwei Röntgenaufnahmen gemacht – kann es verschiedene Gründe geben: Wenn eine bilaterale Mammographie einen auffälligen Befund ergibt, wird gelegentlich die betroffene Brust nach einiger Zeit – in der Regel nach drei bis sechs Monaten, bei befunden, die höchstwahrscheinlich gutartig sind, auch nach zwölf Monaten – noch einmal untersucht, um zu überprüfen, ob Veränderungen festzustellen sind. Frauen, denen aufgrund einer Krebserkrankung eine Brust entfernt wurde, erhalten nur eine Mammographie der erhaltenen Seite. Wenn eine Frau einige Monate nach einer beidseitigen Mammographie, die keinen pathologischen Befund ergab, einen Knoten ertastet, reicht es in einigen Fällen aus, nur die betroffene Brust noch einmal zu röntgen.

Bei einer Mammographie wird die Brust während der Aufnahme zwischen dem Objekttisch und einer Plexiglasplatte zusammengedrückt, damit sich das Brustgewebe flacher verteilt. Es dauert etwa eine Minute pro Bild beziehungsweise einige Minuten pro Brust, bis der Vorgang der richtigen Positionierung abgeschlossen und die Aufnahme getätigt ist. Es ist zweifelsohne nicht unbedingt angenehm, wenn die Brust von zwei Platten zusammengepresst wird. Einige Frauen empfinden eine Mammographie als schmerzhaft oder zumindest als unbehaglich. Oft wird gescherzt, dass Männer eine vergleichbare Untersuchung eines bestimmten Körperteils wohl kaum aushalten würden. Die während einer Mammographie empfundenen Beschwerden sind jedoch in der Regel von kurzer Dauer und bewegen sich in einem erträglichen Rahmen – vor allem, wenn die Untersuchung von einer erfahrenen, routinierten Fachkraft durchgeführt wird. Frauen mit empfindlichen Brüsten ist zu empfehlen, eine Mammographie nicht unmittelbar vor oder während der Menstruation durchführen zu lassen, da das Schmerzempfinden in dieser Zeit besonders hoch ist.

Auf den getätigten Aufnahmen zeichnen sich Mammakarzinome, das heißt in der Brust befindliche Krebsgeschwülste, meist als weiße Flecken mit unregelmäßiger Begrenzung vor dem dunklen Fett- und Bindegewebe der Brust ab. In dichtem Brustgewebe, das auf den Röntgenbildern ebenfalls weiß erscheint, lassen sich die Krebsgeschwülste nur schwer erkennen – es ist in etwa so, als würde man versuchen, einen Eisbären im Schnee ausfindig zu machen. Für Frauen, die ein dichtes Brustgewebe haben (wie es oft in jüngerem Alter der Fall ist), empfiehlt es sich, zusätzlich auf Verfahren wie die Mammosonographie zurückzugreifen und darauf zu bestehen, dass bei ihnen eine digitale Mammographie durchgeführt wird. Es ist erwiesen, dass die digitale Mammographie bei jüngeren Frauen mit dichtem Brustgewebe bei der Krebserkennung bessere Ergebnisse liefert. Mammographieaufnahmen werden außerdem auf Anzeichen von Kalkablagerungen untersucht, die auf eine Krebsvorstufe hindeuten können. Kalkablagerungen erscheinen als kleine Ansammlungen von weißen Punkten – sie sehen aus, als hätte man einige Salzkörner zusammengeschoben. Außerdem wird auf Asymmetrien geachtet: Wenn das Gewebe, vor allem im Vergleich zur anderen Brust, an einer Stelle verdichtet oder verzerrt erscheint, kann dies ebenfalls Anzeichen einer Krebserkrankung sein.

Die 3D-Mammographie zählt zu den vielversprechendsten Neuentwicklungen im Bereich der Krebsdiagnostik. Das Verfahren bringt zwar den Nachteil einer höheren Strahlenbelastung mit sich, liefert aber eine Serie von höchst detaillierten Schichtaufnahmen, die sich zu einem 3D-Bild der Brust zusammensetzen lassen. Auf den Bildern, die man wie die Seiten eines Buches durchblättern kann, lassen sich Krebsgeschwülste, die zwischen sich überlagernden dichten Gewebestrukturen liegen, besser erkennen. Durch Anwendung dieses Verfahrens reduziert sich außerdem die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zur Abklärung eines Befunds – und damit die Anzahl beunruhigender Telefonanrufe und nervenzehrender Perioden des Abwartens für die Patientinnen. Die 3D-Mammographie wird bereits in vielen Praxen angewendet, ist aber noch nicht allgemein verbreitet.

___________________________________

WISSENSWERTESWie oft sollte eine Frau eine Mammographie durchführen lassen?

Mein Ratschlag, der den Empfehlungen zahlreicher auf die Behandlung von Brustkrebs spezialisierter Ärzte in den USA, der American Cancer Society, des American College of Radiology und des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) entspricht, lautet: Frauen sollten erstmals im Alter von 40 Jahren und anschließend jährlich eine Mammographie durchführen lassen. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, liegt bei Frauen bis zum Erreichen eines Lebensalters von etwa 80 Jahren im Durchschnitt bei 10 bis 12 Prozent. In der Regel steigt das Risiko mit zunehmenden Alter an – die meisten Frauen, die an Brustkrebs erkranken, sind um die 60 Jahre alt.

___________________________________

IRRGLAUBE: »Wenn es innerhalb der Familie bisher keine Brustkrebserkrankungen gab, liegt kein Risikofaktor vor und es ist nicht erforderlich, ab einem Alter von 40 Jahren regelmäßig zur Mammographie zu gehen.«

Die allgemein empfohlenen Untersuchungszyklen sind auf Frauen mit durchschnittlichem Erkrankungsrisiko zugeschnitten. Die Tatsache, dass bei 80 bis 90 Prozent der an Brustkrebs Erkrankten keine besonderen Risikofaktoren vorliegen, bedeutet, dass für jede Frau die Gefahr besteht, an Brustkrebs zu erkranken. Deshalb ist eine angemessene Vorsorge mittels radiologischer Verfahren für alle Frauen sinnvoll.

Warum wird der Beginn regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen nicht früher angesetzt?

Frauen, bei denen ein erhöhtes Brustkrebsrisiko vorliegt, müssen den Beginn einer regelmäßigen Untersuchung tatsächlich früher ansetzen (siehe unten). Für die Mehrheit der Frauen reicht es wegen des durchschnittlichen Risikos jedoch aus, im Alter von 40 Jahren die erste Mammographie durchführen zu lassen. Manche Ärzte raten jüngeren Patientinnen mit durchschnittlich ausgeprägtem Risiko zu einer »Basismammographie«. Ihre Empfehlung ist meist dadurch motiviert, dass sie in ihrer Praxis schlimme Erkrankungen bei sehr jungen Frauen beobachtet haben. Diese Erlebnisse prägen sich ein. In dem Bestreben, niemals irgendein Anzeichen einer Krebserkrankung zu übersehen, und verleitet von den außergewöhnlichen Fällen ordnen diese Ärzte für all ihre Patientinnen eine Mammographie bereits vor dem üblicherweise angesetzten Zeitraum an.

In Deutschland werden Basismammographien oftmals auch aus dem Grund durchgeführt, um für spätere Mamographien eine Vergleichsmöglichkeit zu haben. Sie wird lediglich Frauen mit überdurchschnittlichem Risiko empfohlen.

Allein aus der Erfahrung heraus, mit einer Brustkrebserkrankung bei einer 35-Jährigen konfrontiert gewesen zu sein, auch allen anderen Frauen dieses Alters zum Beginn der Früherkennungsuntersuchungen zu raten, ist jedoch wenig sinnvoll: Der Anteil der Frauen, die im Alter von 30 bis 40 Jahren an Brustkrebs erkranken, beträgt nicht einmal 1 Prozent. Frauen, die der allgemeinen Empfehlung folgen und vor Erreichen des 40. Lebensjahres keine Mammographie durchführen lassen, gehen also nur ein äußerst geringes Risiko ein, eine Brustkrebserkrankung nicht frühzeitig zu erkennen.

Falls Ihnen zu einer Mammographie geraten wird, obwohl Sie jünger als 40 Jahre sind und in Ihrer Familie keine Brustkrebserkrankungen bekannt sind, empfehle ich Ihnen, sich die unten aufgeführten Vor- und Nachteile eines früheren Beginns der Vorsorgeuntersuchungen anzusehen und anschließend mit Ihrem Arzt durchzusprechen.

Warum wird der Beginn regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen nicht später angesetzt?

Viele halten es für berechtigt, Frauen erst ab einem Alter von 50 Jahren zu regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen zu raten. In den USA ist die über die Mammographie geführte Debatte zum Teil zurückzuführen auf die im November 2009 von der U. S. Preventive Services Task Force (USPSTF) ausgesprochene Empfehlung, den Beginn der Vorsorge später anzusetzen. Die USPSTF hatte damals die von ihr ausgegebene Richtlinie von 40 auf 50 Jahre korrigiert. Die U. S. Preventive Services Task Force ist ein unabhängiges Gremium von im Bereich der medizinischen Grundversorgung und der Vorsorge tätigen Experten. Sie beurteilt anhand von empirischen Belegen die Effizienz von Behandlungsmethoden und erteilt medizinischen Einrichtungen Empfehlungen. Diese Ratschläge haben auf viele Ärzte und Patienten großen Einfluss.

Wie viele andere Ärzte, Institutionen und Organisationen, die auf die Behandlung von Brustkrebs spezialisiert sind, empfehle ich aus folgenden Gründen dennoch, Frauen bereits ab einem Alter von 40 Jahren regelmäßig zu einer Mammographie zu raten: Vereinfacht gesprochen halte ich die hinter der neuen Richtlinie der USPSTF stehende Begründung für nicht akzeptabel. Die USPSTF stützte ihre Entscheidung allem Anschein nach auf statistische Erhebungen, die besagen, dass bei Frauen im Alter von 40 bis 50 Jahren eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, nach einer Mammographie zu weiteren Untersuchungen aufgefordert zu werden. Die nachfolgenden Röntgenbilder oder Biopsien entlarven die Entdeckung, die auf den ursprünglichen Aufnahmen gemacht wurde, dann oft als »falsch positiven Befund«. Ein falsch positiver Befund ist in der Radiologie (und überhaupt in der Diagnostik) so etwas wie ein Fehlalarm: Eine Auffälligkeit auf einem Röntgenbild, die auf eine Krebserkrankung hindeuten könnte, stellt sich als harmlos heraus. Die USPSTF argumentierte, dass vielen Frauen unnötige Untersuchungen und die damit verbundenen Belastungen (darunter auch das sorgenvolle Warten auf die Ergebnisse) erspart werden, wenn bei der Altersgruppe zwischen 40 bis 50 Jahren auf Mammographien verzichtet wird. Anschlussuntersuchungen, vor allem Biopsien, können für Frauen tatsächlich belastend und unangenehm sein. Meines Erachtens sprechen die unter Umständen umsonst erlittenen Strapazen dennoch nicht dafür, bei Frauen im Alter von 40 bis 50 Jahren keine Mammographien durchzuführen. Ich halte die Tatsache, dass in dieser Altersgruppe durch die regelmäßige Anwendung der Mammographie die brustkrebsbedingte Sterblichkeitsrate um mindestens 15 Prozent reduziert wird, für wesentlich bedeutender. Eine Reduktion von 15 Prozent bedeutet Zehntausende geretteter Leben pro Jahr. Ich stehe mit dieser Ansicht nicht allein: Die 2009 von der USPSTF ausgegebene Richtlinie wird von fast allen bedeutenden medizinischen Berufsverbänden, onkologischen Fachgesellschaften und Beratungsstellen in den USA vehement abgelehnt.

___________________________________

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN

Die große Anzahl geretteter Leben ist das zentrale Kriterium, das den Erfolg der Mammographie belegt. Dieses Verfahren bietet jedoch weitere Vorteile, die weniger bekannt und dennoch bedeutend sind: Eine Krebsgeschwulst, die auf einer Mammographieaufnahme entdeckt wird, noch bevor sie beim Abtasten der Brust spürbar ist, kann in der Regel mit geringerem chirurgischen Aufwand entfernt werden. Kleinere Eingriffe wie die Lumpektomie ziehen nur geringfügige Veränderungen des äußeren Erscheinungsbilds der befallenen Brust nach sich und bieten den Vorzug, dass sich die Patientin schneller erholt. Außerdem kommen bei Erkrankungen, die bereits im Frühstadium erkannt werden, seltener aggressive Therapien zur Anwendung. Die Früherkennung von Brustkrebs bringt also elementare Vorteile mit sich – und Mammographien sind das beste Mittel dazu. Auch wenn es gelegentlich weitere Untersuchungen nach sich zieht, die sich letztendlich als unnötig erweisen, ist dieses Verfahren von unschätzbarem Wert.

___________________________________

IRRGLAUBE: »Die Mammographie trägt nicht dazu bei, die Sterberate zu reduzieren.«

Manchmal höre ich Frauen behaupten: »Mammographie hilft, Krebs zu verhindern.« Diese Aussage ist nicht korrekt. Das Auftreten einer Erkrankung kann durch das Verfahren der Mammographie nicht verhindert werden, doch diese Untersuchungsmethode trägt dazu bei, das Risiko zu verringern, an Krebs zu sterben, da die Erkrankung in den meisten Fällen frühzeitig erkannt wird. Vielen Frauen sind Studien bekannt, die suggerieren, dass radiologische Untersuchungen keine Reduzierung der krebsbedingten Sterberate zur Folge haben. Diese Behauptung verleitet dazu, sich erst in späterem Lebensalter für eine Mammographie zu entscheiden oder sich ganz dagegen zu verwehren. Warum sollte man sich diesem Verfahren unterziehen, wenn es keine besseren Überlebenschancen verspricht?

Es gibt tatsächlich Studien, die anscheinend beweisen, dass die durch die Anwendung von radiologischen Verfahren erzielte Reduzierung der krebsbedingten Sterbefälle nicht weit genug reicht, um die derzeit empfohlene Frequenz von Untersuchungen zu rechtfertigen. Der aktuellste dieser Forschungsberichte stammt aus dem Jahr 2014. Er stützt sich auf die Ergebnisse einer Untersuchung zur Effizienz der Mammographie, die vor 30 Jahren in Kanada durchgeführt wurde. Fazit dieses Berichtes ist, dass eine regelmäßig durchgeführte radiologische Diagnostik nicht zu einer Steigerung der Überlebensrate führt.

In dem 2014 veröffentlichten Bericht wird allerdings nicht erwähnt, dass die Aussagekraft der in Kanada durchgeführten Studie in Fachkreisen stark angezweifelt wurde – unter anderem, da Röntgengeräte von minderer Qualität verwendet worden waren und die Randomisierung des Basismaterials Fehlerquellen nicht ausschloss. (Vermutlich war der Gruppe, bei der die Überlebenschancen bei regelmäßig durchgeführten radiologischen Untersuchungen bewertet wurden, eine größere Anzahl an offensichtlich an Krebs erkrankten Frauen zugeordnet worden.)

Trotz dieser Kritikpunkte machen die Ergebnisse Schlagzeilen und stellen den Nutzen der Mammographie infrage. Diejenigen, die wie ich bei der Krebsbehandlung an vorderster Front stehen, halten dem entgegen, dass eine vor 30 Jahren durchgeführte, mit Fehlern behaftete Studie nicht Anlass geben darf, von den Frauen heutzutage erteilten Empfehlungen abzurücken.

In welchem Alter muss man keine Mammographie mehr durchführen lassen?

Unter den Studien, die belegen, dass die brustkrebsbedingte Streberate durch regelmäßig durchgeführte radiologische Untersuchungen sinkt, berücksichtigen nur wenige die Altersgruppe ab 70 Jahren. Die meisten dieser Erhebungen stammen aus den 1970er-Jahren – in dieser Zeit hatten Frauen nur eine durchschnittliche Lebenserwartung von gut 70 Jahren. Die Tatsache, dass es kaum Belege dafür gibt, dass auch Frauen über 70 von regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen profitieren, ist also möglicherweise darauf zurückzuführen, dass diese Altersgruppe in den Analysen bisher nicht ausreichend berücksichtigt wurde.

Heute liegt die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen bei über 80 Jahren. Eine Frau, die das Lebensalter von 85 Jahren erreicht, wird sogar mit großer Wahrscheinlichkeit über 90 Jahre alt! Bei der Entscheidung, ob in dieser Lebensphase noch eine Mammographie anzuraten ist, ist neben dem chronologischen auch das biologische Alter zu berücksichtigen. Die zugrunde liegende Frage lautet: Ist die Patientin gesund genug, um weitere Untersuchungen und gegebenenfalls einen chirurgischen Eingriff zu überstehen, falls die Mammographie einen Befund ergibt? Wenn das nicht der Fall ist und die bestehenden gesundheitlichen Probleme darauf hindeuten, dass die weitere Lebenserwartung der Frau begrenzt ist, ist eine Mammographie zur Früherkennung von Krebs üblicherweise von begrenztem Nutzen. Besteht hingegen die Aussicht, dass sich die Patientin noch lange einer guten Lebensqualität erfreuen kann, spricht nichts dagegen, eine Mammographie als Früherkennungsuntersuchung zu empfehlen. Viele meiner Patientinnen sind auch im Alter von über 80 Jahren noch sehr gesund und agil. Aufgrund der Tatsache, dass diese Frauen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Lebensalter von über 90 Jahren erreichen, rate ich ihnen zu regelmäßigen Kontrollen mittels Mammographie. Die Entscheidung, ob bei Frauen fortgeschrittenen Alters weiterhin in gleichmäßigen Abständen radiologische Untersuchungen durchgeführt werden sollten oder nicht, lässt sich also nicht pauschal fällen – sie muss von jeder Frau in Absprache mit ihrem Arzt individuell getroffen werden.

Risikofaktoren, die einen früheren Beginn von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen erforderlich machen

Frauen mit durchschnittlichem Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, sollten, wie oben dargelegt, ab dem Alter von 40 Jahren regelmäßig eine Mammographie vornehmen lassen. Schon der Begriff »durchschnittlich« weist jedoch darauf hin, dass es Abweichungen gibt. Einige Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung.

Das im Einzelfall vorliegende Risiko zu bestimmen, ist allerdings schwierig. Oft werden zur Einschätzung mathematische Modelle herangezogen. Viele dieser Kalkulatoren sind online verfügbar, für Laien ist es jedoch mühsam, sich mit der Funktionsweise der Programme auseinanderzusetzen und die Daten korrekt einzugeben. Vor allem aber lassen sich mit fehlendem Fachwissen die erzielten Ergebnisse und deren Relevanz schlecht einschätzen. Da neben Brustkrebsspezialisten auch die meisten Hausärzte und Gynäkologen im Umgang mit diesen Programmen und der Interpretation der Resultate vertraut sind, empfehle ich, bei der Bestimmung des persönlichen Brustkrebsrisikos mit einem Mediziner zusammenzuarbeiten. In den USA bieten die meisten der auf die Behandlung von Brustkrebs spezialisierten Kliniken Frauen, die befürchten, dass bei ihnen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Erkrankung erhöht ist, eine spezielle Betreuung an: Nach der Bestimmung des individuellen Risikos werden von den Ärzten konkrete Empfehlungen für die Vorsorge erteilt.

Da Brustkrebs weitverbreitet ist und fast jeder jemanden kennt, der daran erkrankt ist, neigen die meisten Frauen dazu, die Wahrscheinlichkeit einer eigenen Erkrankung zu überschätzen. Daher ist die exakte Bestimmung des persönlichen Risikos als durchschnittlich, leicht erhöht, hoch oder sehr hoch von entscheidender Bedeutung. Ein Arzt kann anhand von gezielten Fragen zu Ihrer bisherigen Krankengeschichte und den in Ihrer Familie vorliegenden Erkrankungen sowie durch Anwendung eines mathematischen Modells Ihr persönliches Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, realistisch einschätzen und Sie in der Entscheidung, ob Sie den Beginn von Früherkennungsuntersuchungen früher ansetzen sollten oder nicht, unterstützen.

___________________________________

WISSENSWERTES

Frauen, in deren Familien vormalige Brustkrebserkrankungen bekannt sind, wird empfohlen, zu dem Zeitpunkt mit regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen zu beginnen, an dem sie zehn Jahre jünger sind als es die Jüngste ihrer Angehörigen war, als sie die Diagnose Brustkrebs erhielt. Wurde also zum Beispiel bei Ihrer Mutter im Alter von 47 Jahren Brustkrebs festgestellt, sollten Sie im Alter von 37 Jahren die erste Mammographie durchführen lassen.

___________________________________

Risikofaktoren, die einen früheren Beginn der Vorsorgeuntersuchungen nahelegen

1. Familiäre Vorbelastung

In den meisten Fällen ist ein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, auf die familiäre Krankengeschichte zurückzuführen: Sind innerhalb der Familie Fälle von Brustkrebs bekannt, steigt für die weiblichen Angehörigen das Risiko, ebenfalls daran zu erkranken. Allerdings variiert das Maß, in dem sich das Risiko erhöht. Bei manchen Frauen ergibt sich aus der familiären Vorbelastung nur ein minimal gesteigertes Risiko, das einen früheren Beginn der Vorsorgeuntersuchungen nicht erforderlich macht. In anderen Fällen liegt ein signifikant höheres Risiko vor und eine vorzeitige Kontrolle mittels Mammographie ist wichtig. Die Entscheidung, ob ein frühzeitiger Beginn der Vorsorgeuntersuchungen erforderlich ist, wird von den Ärzten anhand der folgenden Kriterien getroffen: Anzahl der an Brustkrebs erkrankten Frauen in der Familie, Grad der Verwandtschaft zu diesen Frauen (als besonders wichtig gelten Erkrankungen bei Verwandten ersten Grades wie Mutter oder Schwester, aber auch Brustkrebsvorkommen bei Familienangehörigen zweiten und dritten Grades, zum Beispiel bei Cousinen, ist noch Bedeutung zuzumessen) und das Lebensalter, in dem diese die Diagnose erhalten haben. Zwei Beispiele: Wurde bei Ihrer Großmutter im Alter von 77 Jahren Brustkrebs festgestellt, liegt bei Ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach nur ein geringfügig erhöhtes Risiko vor. Wenn zwei Ihrer Schwestern die Diagnose Brustkrebs erhalten, noch bevor sie das Alter von 45 Jahren erreichen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Sie daran erkranken, signifikant größer. In einigen Fällen lässt sich nicht eindeutig bestimmen, in welchem Maß die familiäre Vorbelastung Einfluss auf das eigene Krebsrisiko hat: Tritt zum Beispiel bei einer Tante im Alter von 50 Jahren Brustkrebs auf, können die Auswirkungen auf Ihr eigenes Erkrankungsrisiko durchaus unterschiedlich sein. In solchen Situationen empfiehlt es sich, die familiäre Krankengeschichte mit einem Spezialisten durchzusprechen und dabei auch weitere Risikofaktoren zu eruieren.

2. Atypien und LCIS

Wenn eine Mammographie einen auffälligen Befund ergibt oder eine Frau einen Knoten ertastet, wird oft eine Biopsie durchgeführt. Die Gewebeanalysen ergeben meist ein normales Bild. Manchmal werden bei einer Biopsie jedoch Zellveränderungen entdeckt, die zwar nicht auf einen Tumor schließen lassen, aber Anzeichen eines erhöhten Krebsrisikos sind. Atypien und LCIS sind zwei Formen solcher Veränderungen. Wird bei einer Frau eine Atypie diagnostiziert, bedeutet das, dass ihr Risiko, im Lauf ihres Lebens an Brustkrebs zu erkranken, bei etwa 15 Prozent liegt und damit leicht erhöht ist (das durchschnittliche Risiko wird mit 10 bis 12 Prozent veranschlagt).

Die Abkürzung LCIS steht für lobuläres Karzinom in situ (lobularcarcinomainsitu). Trotz der Bezeichnung »Karzinom« handelt es sich bei LCIS nicht um Brustkrebs, sondern es wird – genau wie das DCIS (dukalescarcinomainsitu) – als Vorstufe eines invasiven Karzinoms angesehen. Es hat in diesem Stadium noch keine Möglichkeit zur Metastasierung. Ein Karzinom in situ kann die Basalmembran noch nicht durchbrechen, was den Unterschied zum invasiven Karzinom ausmacht. Trotzdem sollte es entfernt werden.

Die Wahrscheinlichkeit einer späteren Erkrankung erhöht sich bei Vorhandensein eines solchen Karzinoms insitu auf etwa 20 Prozent.

3. Hormonelle Einflüsse und reproduktive Faktoren

Zu diesen Einflussfaktoren zählen ein früher Menstruationsbeginn, das Ausbleiben einer Schwangerschaft oder eine späte Schwangerschaft, ein Verzicht auf das Stillen, ein spätes Einsetzen der Menopause und bestimmte Hormonersatztherapien. Für sich allein genommen tragen diese Faktoren nur in geringem Maße zu einer Erhöhung des Brustkrebsrisikos bei. Kommen mehrere dieser Einflüsse zum Tragen, ergibt sich ein anderes Bild. Bei einer 45-jährigen Frau, die mit 10 Jahren ihre erste Periode bekam und bei der Geburt ihres ersten Kindes älter als 30 Jahre war, liegt das Risiko, im Lauf ihres Lebens an Brustkrebs zu erkranken, bei etwa 15 Prozent.

4. Problematische Bestimmung der familiären Vorbelastung

Schwierigkeiten ergeben sich zum Beispiel bei Frauen, die adoptiert wurden und keinerlei Kenntnisse über die Krankengeschichte ihrer biologischen Vorfahren haben. Bei Frauen, in deren Familie es seit Generationen keine weiblichen Vorfahren gibt (wenn beispielsweise die Mutter an einer anderen Erkrankung als Brustkrebs früh verstorben ist, die Mutter nur Brüder hatte und der Vater ein Einzelkind ist), kann eine Vorbelastung ebenfalls schwer zu eruieren sein. In Fällen wie diesen lässt sich durch ein Gespräch mit einem Arzt ermitteln, inwieweit das Fehlen von Kenntnissen über die Familiengeschichte Maßnahmen zur weiteren Abschätzung rechtfertigt.

5. Genetische Vorbelastung durch eine BRCA-1- oder BRCA-2-Mutation

Es gibt zwei Faktoren, die ein besonders hohes Brustkrebsrisiko bedingen. Eine BRCA-1- oder BRCA-2-Mutation ist einer davon. Bei Frauen, bei denen dieser Gendefekt vorliegt, beträgt das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, 80 Prozent. Außerdem tritt bei dieser Gruppe mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 40 Prozent Eierstockkrebs auf.

Während Brustkrebs bei der Mehrheit der Frauen in einem Lebensalter von etwa 60 Jahren diagnostiziert wird, erkranken Frauen mit einer BRCA-1- oder BRCA-2-Mutation im Durchschnitt 20 Jahre früher, also im Alter von rund 40 Jahren. Patientinnen mit ererbten BRCA-Mutationen ist anzuraten, bereits ab dem Alter von 25 Jahren regelmäßig eine Mammographie durchführen zu lassen. Innerhalb der Gesamtzahl an Brustkrebserkrankungen machen durch diesen Gendefekt ausgelöste Vorkommen jedoch nur einen kleinen Anteil aus, und selbst Frauen, die durch ihre familiäre Krankengeschichte vorbelastet sind, weisen selten eine BRCA-1- oder BRCA-2-Mutation auf. Deshalb ist es nicht erforderlich, dass sich jede Patientin, die an Brustkrebs erkrankte Familienmitglieder hat, einem Gentest unterzieht. Frauen, bei denen eine BRCA-Mutation festgestellt wurde, rate ich jedoch dringend an, bereits in jungen Jahren mit der Brustkrebsfrüherkennung zu beginnen. (Weitere Informationen zu BRCA-Mutation finden Sie in Kapitel 15.)

6. Bestrahlung der Brustwand, vor allem wenn diese in jungen Jahren stattfindet

Auch dieser Faktor zieht ein besonders hohes Brustkrebsrisiko nach sich. Viele Krebsbehandlungen machen es notwendig, »ein Loch aufzureißen, um ein anderes zu stopfen«: Um eine lebensbedrohliche Erkrankung zu heilen, muss oft auf Therapien zurückgegriffen werden, die das Risiko beinhalten, dass der Krebs an anderer Stelle wiederkehrt. Die Behandlung eines Hodgkin-Lymphoms, eines bösartigen Tumors des Lymphsystems, basiert auf Chemotherapie und/oder Bestrahlung. Ist bei Mädchen oder jungen Frauen zu Behandlung eines Hodgkin-Lymphoms eine Bestrahlung der Brustwand erforderlich, zieht das für die Patientinnen ein um das 40-Fache erhöhtes Risiko nach sich, an Brustkrebs zu erkranken. Besonders kritisch ist die Situation, wenn die Bestrahlung in der Phase der Brustentwicklung erfolgen muss. Wer sich im Teenageralter der Behandlung eines Hodgkin-Lymphoms unterziehen musste, sollte bereits ab einem Alter von etwa 20 Jahren regelmäßig zur Mammographie gehen – die Ausbildung von Brustkrebs lässt sich zum Teil schon acht Jahre nach der Strahlentherapie feststellen.

Vorbeugende Maßnahmen für Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko

Viele Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko beschäftigt die Frage, ob es Maßnahmen gibt, die Wahrscheinlichkeit eines Auftretens der Erkrankung dennoch zu reduzieren. Während zur Behandlung von Brustkrebs inzwischen viele Möglichkeiten zur Verfügung stehen, ist die Anzahl an wirkungsvollen Vorbeugungsmaßnahmen bedauerlicherweise begrenzt.

1.Da Fettleibigkeit und hoher Alkoholkonsum das Brustkrebsrisiko bei allen Frauen erhöhen, ist Frauen mit diagnostizierter erhöhter Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung auf jeden Fall zu empfehlen, diesen Faktoren entgegenzuwirken. (Weitere durch den Lebensstil bedingte Risikofaktoren werden in Kapitel 13 beschrieben.)

2.Eine vorbeugende Amputation der Brüste (prophylaktische Mastektomie) wird üblicherweise nur Frauen empfohlen, bei denen, zum Beispiel aufgrund einer BRCA-Mutation, ein besonders hohes Risiko vorliegt (siehe auch Kapitel 15).

3.Bei Brustkrebserkrankungen wird nach der operativen Entfernung des Tumors meist das Arzneimittel Tamoxifen verwendet, um die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens der Erkrankung zu verringern (siehe Kapitel 9). In den USA wird das Medikament bei einigen Hochrisikopatientinnen auch zur Krebsprävention eingesetzt.

Auch in Deutschland gab es solche Ansätze, jedoch bisher noch nicht als Standardprozedere. Es ist zudem zu beachten, dass das Medikament nur wirkt, wenn die Tumorzellen Östrogen-/Gestagenrezeptoren aufweisen. Es kann also auch nach der Operation nur dann verwendet werden, wenn die Tumorzellen dafür geeignet sind.

Tamoxifen reduziert das Risiko einer Erkrankung um etwa 50 Prozent. Die Einnahme von Tamoxifen setzt beispielsweise bei Frauen, bei denen ein lobuläres Karzinom in situ diagnostiziert wurde, die Wahrscheinlichkeit, im Lauf des Lebens an Brustkrebs zu erkranken, von rund 20 Prozent auf etwa 10 Prozent herab. Man sollte meinen, dass die Mehrheit der mit einem hohen Brustkrebsrisiko behafteten Frauen – durch die verständlicherweise große Angst vor einem Auftreten der Krankheit motiviert – nur allzu bereitwillig zu einem Medikament greifen würde, das die Gefahr einer Erkrankung so drastisch reduziert. Überraschenderweise nimmt jedoch nur ein kleiner Teil der Patientinnen, bei denen sich Tamoxifen als Mittel zur Krebsprävention eignen würde, dieses Medikament ein. Eine Ursache ist der mangelnde Kenntnisstand vieler Ärzte: Zahlreiche Mediziner sind mit den Faktoren, die ein erhöhtes Krebsrisiko bedingen, nicht ausreichend vertraut, um eine Behandlung mit Tamoxifen bei den infrage kommenden Patientinnen einzuleiten. In Studien wurde aber auch nachgewiesen, dass die Mehrheit der Frauen, denen die Einnahme von Tamoxifen empfohlen wird, darauf verzichtet. Diejenigen, die durch ein erhöhtes Brustkrebsrisiko belastet, aber ansonsten gesund sind, begründen ihre Entscheidung in der Mehrzahl mit der Angst vor den Nebenwirkungen des Medikaments. In meiner Praxis ermutige ich Patientinnen, bei denen eine Behandlung mit Tamoxifen infrage kommt, zu dieser Form der Therapie. Für mich sind aber auch die Scheu vor den Nebenwirkungen und ein daraus resultierender Verzicht auf die Einnahme nachvollziehbar. (Weitere Informationen über Tamoxifen und die Nebenwirkungen dieses Medikaments finden Sie in Kapitel 15.)

IRRGLAUBE: »Brustimplantate erhöhen das Krebsrisiko und erschweren eine Diagnose per Mammographie.«

Beides ist falsch: Brustimplantate bringen kein erhöhtes Krebsrisiko mit sich. Sie führen auch nicht dazu, dass sich Krebsgeschwülste auf einem Röntgenbild schlechter identifizieren lassen. In guten radiologischen Praxen beherrschen die Mitarbeiter das Verfahren, eine ordentliche Darstellung des Gewebes zu erzielen, indem sie die Implantate nach hinten gegen die Brustwand schieben. Allerdings müssen meist zusätzliche Aufnahmen gemacht werden, um das die Implantate umgebende Brustgewebe von allen Seiten gut sichtbar zu machen. Brustimplantate führen nur dann zu Komplikationen, wenn aufgrund einer in der Mammographie festgestellten Auffälligkeit eine Biopsie durchgeführt werden muss: Liegt die betroffene Stelle tief in der Brust, haben viele Ärzte verständlicherweise Skrupel, eine lange, spitze Nadel einzuführen, mit der sie das Implantat anstechen könnten. In diesen Fällen ist oft ein operativer Eingriff erforderlich, bei dem der direkte Blick auf das Gewebe die Gefahr eine Beschädigung des Implantats während der Entfernung des auffälligen Materials reduziert. Erfahrene Radiologen können Frauen mit Brustimplantaten, die sich einer Biopsie unterziehen müssen, zur richtigen Verfahrensweise raten.

Strahlenbelastung bei der Mammographie

Bei einer Mammographie wird die Brust mit Röntgenstrahlung durchleuchtet, um das Gewebe sichtbar zu machen. Vielen Frauen bereitet der Gedanke, sich aufgrund einer jährlich durchgeführten Mammographie (und gegebenenfalls weiterer radiologischer Untersuchungen nach einem auffälligen Befund) in erhöhtem Maße einer potenziell krebsfördernden Strahlenbelastung auszusetzen, verständlicherweise Sorge. Meiner Ansicht nach ist die Angst vor einer Krebserkrankung durch die in der Mammographie zum Einsatz kommende ionisierende Strahlung jedoch unbegründet und sollte nicht Anlass sein, auf eine regelmäßige Untersuchung zu verzichten. In unserem Alltag sind wir ständig Strahlenbelastungen ausgesetzt – Menschen, die in höher gelegenen Regionen leben, sogar in gesteigertem Maße, weil die Atmosphäre in diesen Lagen durchlässiger für elektromagnetische Wellen ist. Einer höheren Strahlenbelastung unterliegt man auch, wenn man regelmäßig Flugreisen unternimmt. Das Ausmaß der Belastung ist dennoch minimal und bedingt bei der Mehrheit der Frauen nicht das Auftreten von Krebs. Deshalb werden höher gelegene Regionen auch heute noch besiedelt und nach wie vor Flugreisen unternommen. Bei der Mammographie wird im Vergleich zu anderen Untersuchungsverfahren eine äußerst geringe Strahlendosis verwendet, die Belastung entspricht der von zehn Langstreckenflügen. Bei einer Diagnostik der Lunge mittels Computertomographie beispielsweise ist die Strahlenbelastung mehr als 20-mal so hoch wie bei einer Mammographie und entspricht der von 200 Langstreckenflügen.

Überdiagnosen

Dass mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung der Mammographie und anderer bildgebender Verfahren und der daraus resultierenden exakteren Darstellungsformen auch die Anzahl an Überdiagnosen und Übertherapien steigt, ist unbestritten. Es gibt zum Beispiel kleine, langsam wachsende Tumoren, die, wenn sie unentdeckt bleiben, über viele Jahre hinweg keinerlei Gefahr darstellen. Eine Frau mit dieser Art von Krebs verstirbt unter Umständen an einer damit nicht in Verbindung stehenden Krankheit. Oft findet man dann nur zufällig im Nachhinein durch eine Autopsie heraus, dass diese Frau an Brustkrebs erkrankt war. Selbstverständlich macht es keinen Sinn, diese kaum bedrohlichen Erkrankungen zu therapieren.

Die heutige Medizin ist aber noch nicht so weit, lebensbedrohliche Tumoren von harmlos bleibenden exakt zu unterscheiden. Außerdem verbleiben die wenigsten Krebsgeschwülste in einem ungefährlichen Zustand. Aus der Sorge heraus, durch Nicht-Behandlung die Bekämpfung einer lebensbedrohlichen Erkrankung zu versäumen, werden deshalb alle entdeckten Tumoren, wie klein und unbedeutend sie auch erscheinen mögen, therapiert. Mit Sicherheit wird es eines Tages Methoden geben, Krebsvorkommen, die einer Behandlung bedürfen, von jenen, die keine Therapie erfordern, abzugrenzen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das aber noch nicht der Fall. Ich gehe davon aus, dass der Medizin aufgrund der intensiven Forschungsarbeit in diesem Bereich in der Zukunft deutlich bessere Diagnosewerkzeuge zur Verfügung stehen werden. Bis dahin bleibt die Mammographie das zuverlässigste Verfahren.

___________________________________

Vorsorgeuntersuchung versus Abklärung eines Befunds

Bei der Mammographie und den anderen bildgebenden Verfahren, die im Bereich der Krebsdiagnostik eingesetzt werden, zum Beispiel der Sonographie und der Magnetresonanztomographie, ist zwischen zwei Anwendungsgebieten zu unterscheiden.

Vorsorgeuntersuchung