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Bumfidel spielt mit den anderen Lange-Lachen. Als er zehn Minuten gelacht hat, haben die anderen bereits genug. Bumfidel nicht. Er lacht sich eckig, scheckig und schief. Der Polizist auf der Straße fragt: Ist an mir was komisch? Lachst du mich aus? Bumfidel schüttelt den Kopf. Er lacht … Eine Neuauflage aller Bumfidel-Geschichten aus den drei rotfuchs-Büchern «Bumfidel lacht sich krank», «Bumfidel ist geplatzt» und «Bumfidel bleibt Bumfidel».
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Seitenzahl: 145
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Marieluise Bernhard-von Luttitz
Bumfidel-Geschichten
Bumfidel lacht sich krank / Bumfidel ist geplatzt / Bumfidel bleibt Bumfidel
Ihr Verlagsname
Bilder von Friedrich Kohlsaat
Bumfidel spielt mit den anderen Lange-Lachen. Als er zehn Minuten gelacht hat, haben die anderen bereits genug. Bumfidel nicht. Er lacht sich eckig, scheckig und schief. Der Polizist auf der Straße fragt: Ist an mir was komisch? Lachst du mich aus? Bumfidel schüttelt den Kopf. Er lacht …
Eine Neuauflage aller Bumfidel-Geschichten aus drei rotfuchs-Büchern.
Marieluise Bernhard-von Luttitz (1913–1997): Buchhändlerin; freie Journalistin; Auslandsaufenthalte; nach dem Krieg Dozentin für Frauenfragen (Bremen); freie Schriftstellerin.
Friedrich Kohlsaat (1924–2008): Studium an der Kunsthochschule Bremen; veröffentlichte Bilderbücher und illustrierte Kinder-, Jugend- und Sachbücher; außerdem Mitarbeit als Zeichner bei Zeitschriften und beim Fernsehen.
Bumfidel hat einen Kopf wie ein Fußball mit Henkelohren. Und Augen, die ziemlich dicht an der Nase stehen. Eins ist grün und das andere braun. So was kommt vor. Auch mit dem Wachsen nimmt er sich Zeit. Er ist klein und dick. Nein, dick eigentlich nicht. Eher stramm, könnte man sagen. Die Waden sind das reinste Muskelpaket. Und die Arme auch, wenn er sie beugt.
Manche Leute sehen Bumfidel mitleidig nach. «O je», sagen sie. «Der kann froh sein, daß er kein Mädchen ist.»
«Warum?» fragt Bumfidel, wenn er es hört.
Er selbst gefällt sich gar nicht so schlecht. Wo er einen Spiegel erwischt, guckt er hinein: «Was wollen die denn? Ich finde, ich sehe lustig aus.»
Besonders lustig, finden auch andere Kinder, wenn er mit seinen Ohren wackelt. Das kann er nämlich. Oder abwechselnd mit dem grünen und dem braunen Auge blinzelt. Das kann er auch. Oder wenn ihm beides auf einmal gelingt: wackeln und blinzeln, und er dann auch noch die Nase hochzieht.
Bumfidel lacht, daß er den Bauch mit den Händen hält.
Seine Mutter nicht. Sie sagt, daß Bumfidel das nicht machen soll: solche Fratzen schneiden.
«Nein?» sagt er. «Warum denn nicht? Das macht doch Spaß. Andere Leute lachen gern über andere. Und ich lache eben gern über mich.»
Bumfidel mag sich. Doch er mag auch andere. Eigentlich mag er die ganze Welt.
Er mag sogar, wenn es regnet. «Da wird man so schön naß», sagt er. Und er mag, wenn die Sonne scheint. Denn dann kann er draußen spielen.
Bumfidel erfindet gern eigene Spiele.
Er spielt zum Beispiel «Reicher Mann, der anderen was schenkt». Er steht dann am Wegrand und verteilt Steine. Hübsche, kleine, glatte Steine, die er zuvor gesammelt hat. Einfarbige, mehrfarbige, gestreifte, gesprenkelte. Manchmal ist auch ein durchsichtiger dabei.
Bumfidel drückt sie den Leuten in die Hand, die meistens nicht wissen, was sie mit den Steinen anfangen sollen. «Behalten», sagt Bumfidel, der reiche Mann. «Einfach behalten und anschauen. Steine sind schön.»
Etwas später spielt er dann «Armer Mann». Jetzt hält er den Leuten die Hand entgegen. Die leere Hand. Aber ihm tut keiner etwas hinein. Nicht einmal einen kleinen Stein. Bumfidel wundert das nicht.
«Deswegen bin ich ja arm», sagt er.
Bumfidel ist oft allein. Manchmal fast den ganzen Tag. Auf die meisten Kinder paßt dann einer auf. Entweder die Mutter oder der Vater oder die Oma oder der Opa. Oder eine Tante. Oder sonst irgendwer. Vielleicht auch das Fräulein vom Kindergarten. Manchmal auch eine Nachbarin.
Auf Bumfidel nicht. Auf Bumfidel paßt keiner auf. Es gibt einfach keinen, und die Mutter kommt erst am Spätnachmittag heim. Aus der Fabrik.
Bumfidel stört das nicht. Er kommt gut mit sich selbst zurecht. Aber andere, vor allem die, die es selbst nicht tun wollen, regen sich auf: «Hat denn keiner ein Auge auf dich?»
«Doch», erwidert Bumfidel freundlich. «Ich selbst. Gucken Sie mal.»
Er rückt mit dem einen Auge, dem grünen, noch etwas näher an die Nase heran und sieht damit über die Nase hinweg auf das andere, das braune, das etwas weiter absteht.
Jetzt schlagen die Leute die Hände zusammen. «Du lieber Schreck! Du schielst ja, Junge. Sieh bloß zu, daß du eine Brille bekommst.»
Bumfidel nickt. «Die hätte ich auch gern. Mit einer Brille sieht man hübsch aus, nicht wahr? Nur, wer hat dann ein Auge auf mich?»
Bumfidel geht im grünen Gras. Genau gesagt, auf einer Wiese, die eingezäunt ist. Nur daß die Kühe noch fehlen, die das Gras später abfressen sollen. Bumfidel sucht etwas. Nichts, was er verloren hat. Etwas, was er erst finden will. Ein Glückskleeblatt für die Mutter sucht er.
Plötzlich kommen Leute vorbei. Spaziergänger. Bumfidel setzt sich auf die Erde. Er hockt mit gekreuzten Beinen. Er rührt sich nicht. Seine Ohren leuchten wie Paprika.
Die Leute gucken. «Was macht der denn da?»
«Nichts», sagt ein kleines Mädchen. «Er sitzt.»
Die Spaziergänger gehen weiter. Sie kehren in der nächsten Gaststätte ein. Doch als sie heimwärts wandern, sitzt Bumfidel immer noch da. (Immer noch, denken sie.) Und jetzt rufen sie: «He da, Kleiner, was ist denn mit dir? Was hast du denn?»
Bumfidel wendet den Kopf. Langsam genug. Er legt den Finger auf den Mund. «Pscht», macht er. «Ich höre das Gras wachsen. Stört mich doch nicht.»
Die Leute schütteln den Kopf. «Ein kleiner Verrückter», sagen sie. Auf das Schild, auf dem steht, daß das Betreten der Wiese verboten ist, achten sie nicht.
Bumfidel spielt mit seinen Freunden «Wer am längsten aushält ernst zu sein». Bis auf ihn hält es meistens gar keiner aus. Sie sprudeln im gleichen Augenblick los, daß man einen Regenschirm aufspannen könnte. «Gut», sagt Bumfidel. «Dann drehen wir die Sache mal um. Wie lange einer lachen kann, ohne aufzuhören.»
Als er zehn Minuten gelacht hat, haben die anderen bereits genug. Bumfidel nicht. Bumfidel lacht in einem fort. Er lacht sich eckig, scheckig und schief. Er platzt fast vor Lachen. Aber er lacht.
Der Polizist auf der Straße fragt: «Ist an mir was komisch? Lachst du mich aus?»
Bumfidel schüttelt den Kopf. Er lacht.
Alle Leute sehen ihm nach. Ein Schwanz von Kindern läuft hinter ihm her. Bumfidel lacht.
Die Mutter guckt aus dem Fenster. Bumfidel schlottert mit Armen und Beinen wie ein Hampelmann. Er ist drauf und dran, sich kaputtzulachen.
Die Mutter ruft: «Bumfidel! Mach dich nicht lächerlich.» Es nützt nichts. Bumfidel lacht.
Nach einer Stunde hat er sich krank gelacht, und der Doktor, der kommt, zieht ganz schnell eine Spritze auf.
Der Doktor sagt: «Der Fall ist ernst. Es hat sich schon manch einer totgelacht.»
Totlachen will sich Bumfidel nicht. Auf gar keinen Fall.
Bumfidel ächzt: «Ich lache doch nur noch, weil ich so lachen muß.»
Bumfidel hat sich auf den Teppich gesetzt. Bumfidel hat auf den Knopf gedrückt. Bumfidel wartet, was es im Kinderfernsehen gibt. Ein bißchen Flimmern. Dann kommt das Bild. Kommen tausend Bilder oder noch mehr.
Die Polizei jagt einen Mann. Der Mann ist ein Dieb. Er hat eine Leberwurst gestohlen, die er sich um den Hals gehängt hat. Er rennt in ein Haus. Da versteckt er sich. Der Funkwagen fährt an dem Haus vorbei. Der Dieb war zu schnell und der Wagen auch. Bumfidel springt vom Boden hoch.
Er zeigt mit dem Finger. «Da!» ruft er. «Da ist doch der Mann! Da! In dem Haus!»
Doch die Polizisten hören ihn nicht. Das kommt daher, daß Bumfidel draußen und die Männer drin im Fernsehkasten sind. Darum springt Bumfidel auch hinein. Er fängt den Dieb und wird gleich zum Hauptwachtmeister ernannt. Mit einer prächtigen Uniform, die sofort für ihn geschneidert wird.
«Bumfidel», sagt die Mutter am Abend. «Die Geschichte hast du dir ausgedacht. Die ist nicht wahr. Du schwindelst ja.»
Bumfidel wackelt mit den Ohren. «Ich schwindle nicht. Das ist echt erlebt.»
Bumfidel läuft durch die Straßen, und ein Hund läuft auch durch die Straßen. An der Kreuzung treffen sie sich. Beide bleiben stehen. Sie sind gleich groß.
«Na», sagt Bumfidel zu dem Hund.
«Na», sagt der Hund auf die Art, wie Tiere mit Kindern sprechen.
«Wenn es dir nichts ausmacht», schlägt Bumfidel vor, «könnten wir ein Stückchen zusammen gehen.»
Dem Hund macht es nichts aus. Im Gegenteil. Aber dann verlaufen sie sich. Bis in den Wald.
Bumfidel sagt: «Das ist dumm. Wenn wir hier weitergehen, schießt der Jäger auf dich. Es ist Hunden nämlich verboten, allein im Wald spazierenzugehen.»
«Aber ich bin doch gar nicht allein», sagt der Hund. «Ich bin doch mit dir.»
Da kriecht der Jäger schon aus dem Gebüsch, mit dem Gewehr, das ihm über der Schulter hängt. Er blitzt Bumfidel an: «Willst du deinen Hund wohl ganz schnell an die Leine nehmen!»
«Nein», sagt Bumfidel, «das will ich nicht. Weil es nämlich gar kein Hund ist. Es ist ein liebes kleines Schaf. Es sieht nur manchmal so aus wie ein Hund.»
«Ach so», sagt der Jäger. «Dann entschuldige bitte.» Er grüßt freundlich und geht seines Weges.
(Die Geschichte hat Bumfidel freilich nur seinen Freunden erzählt. Der Mutter nicht.)
Bumfidel fragt seine Mutter: «Kann ich die Wäscheleine haben?» Eines sehr schönen Morgens fragt er es.
«Was willst du denn mit der Wäscheleine?» möchte sie wissen.
«Mich anseilen, weil ich einen Berg besteige. Den höchsten Berg, den es gibt.»
«Ach so», sagt die Mutter. «Dann nimm sie dir. Ich habe sie im Keller an den Haken gehängt. Aber was willst du denn auf dem höchsten Berg?»
«Oben sein. Und runtersehen. Ich will auf alle runtersehen. Ich will selber der Höchste sein.»
Die Mutter mahnt: «Gib acht, daß die Leine nicht schmutzig wird.»
Bumfidel besteigt den Berg. Es ist die Schutthalde bei der Stadt. Leider kann er nicht auf die Welt heruntersehen, außer auf ein paar Leute, die da gehen und fahren. Im Gegenteil. Er sieht immer weiter zu ihr hinauf. Denn Häuser mit 30 Stockwerken sind da im Bau. Rundherum.
Bumfidel bringt sein Seil fast sauber zurück, und die Mutter erkundigt sich: «Wie war es denn auf dem höchsten Berg?»
Bumfidel zögert ein bißchen. Dann antwortet er: «Es könnte sein, daß es nur der zweithöchste war.»
Bumfidel kauft für die Mutter ein und für andere Leute auch manchmal. Das tut er gern. Wenn er zu den hohen Regalen nicht hinaufreichen kann, bittet er die Verkäuferin. Dann steht Bumfidel an der Kasse an. Er bezahlt für: Butter und Schmalz. Eier und Salz. Wurst und Käse. Und für Majonäse. Auch für Milch und Brot. Und für Obst, das macht die Wangen so rot. Und noch für allerlei anderes. Bumfidel gibt sehr genau acht, daß das Fräulein sich nicht vertippt. Er kennt sich mit Zahlen schon recht gut aus.
Bumfidel hat eigene Taschen dabei. (Die Mutter hält viel von Umweltschutz.) Vier sind platzvoll. Eine fünfte halb. Bumfidel winkt dem jungen Mann, der auch anderen behilflich ist. Er zeigt auf die Beutel. «Können Sie mir die bitte zu meinem Wagen bringen? Die sind so schwer.»
Doch der junge Mann faßt die Taschen gar nicht erst an. Er tippt sich an die Stirn. An die eigene, obwohl er Bumfidel meint.
«Machst du Witze, Freundchen? Du willst doch nicht behaupten, daß du schon einen Wagen fährst?» Bumfidel reckt sich. «Das will ich», sagt er und zieht seinen Leiterwagen herbei. «Oder ist das kein Wagen?» sagt er. «Ist das ein Bett?»
Bumfidel hat Meerschweinchen. Bumfidel hat einen Goldhamster (unter dem Bett). Bumfidel hat weiße Mäuse (im Käfig) und seit kurzem noch einen Frosch (im Glas). Und die Schildkröte (im Kasten auf dem Balkon). Nur die Ringelnatter ist tot. Die hat die Katze vom Nachbarn geholt.
«Wenigstens die», sagen die Leute im Haus. Ein Mietshaus sei doch kein Zoo. Sie behaupten, daß es im Treppenhaus stinkt. Von Bumfidels Tieren.
Bumfidels Mutter seufzt. «Ich fürchte, sie müssen weg», sagt sie.
Bumfidel hat nichts dagegen. «Die können ja woanders hinziehen.»
Bumfidel meint die Leute. Die Mutter hat die Tiere gemeint. Trotzdem bringt sie noch einen Hund mit heim. Schon am nächsten Tag. Einen kleinen Hund, einen ganz jungen. Die Rasse ist nicht genau zu erkennen. Die Mutter hat ihn vom Tierheim geholt.