Bunburry - Gefährliche Nähe - Helena Marchmont - E-Book

Bunburry - Gefährliche Nähe E-Book

Helena Marchmont

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Beschreibung

Folge 13: Für Alfie McAlister geht es aufwärts. Er kommt gut voran mit der Renovierung seines Cottages - und hat Verwandte gefunden, von denen er nichts wusste! Als seine Schwester und seine Nichte Alfie in Bunburry besuchen, wendet sich seine Nichte Ruby allerdings mit einem Problem an ihn: Sie hat einen anonymen Stalker, der sie bedroht. Alfie bietet ihr natürlich sofort seine Unterstützung an. Doch diesmal ist er auf sich gestellt, da Liz und Marge ihre eigenen Probleme haben und Constable Emma Hollis sich neuerdings rarmacht. Und nicht allein Ruby schwebt in großer Gefahr, denn der Stalker ist gefährlich nahe bereit, alles zu riskieren, um ihr nah zu sein ...

Über die Serie:

Frische Luft, herrliche Natur und weit weg von London! Das denkt sich Alfie McAlister, als er das Cottage seiner Tante in den Cotswolds erbt. Und packt kurzerhand die Gelegenheit beim Schopfe, um der Hauptstadt für einige Zeit den Rücken zu kehren. Kaum im malerischen Bunburry angekommen, trifft er auf Liz und Marge, zwei alte Ladys, die es faustdick hinter den Ohren haben und ihn direkt in ihr großes Herz schließen. Doch schon bald stellt Alfie fest: Auch wenn es hier verführerisch nach dem besten Fudge der Cotswolds duftet - Verbrechen gibt selbst in der schönsten Idylle. Gemeinsam mit Liz und Marge entdeckt Alfie seinen Spaß am Ermitteln und als Team lösen die drei jeden Fall!

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Inhalt

CoverBunburry. Ein Idyll zum Sterben – Die SerieÜber diese FolgeDie ProtagonistenÜber die AutorinTitelProlog1 Eine Begegnung2 Anne McAlister3 Zurück in Bunburry4 Die Besucherinnen5 Kennenlernen6 Oxford7 Rubys Wohnung8 Samstagmorgen9 Samstagnachmittag10 Samstagabend11 Ein Notfall12 Lauter Taxifahrten13 Der SchuldigeImpressum

Bunburry. Ein Idyll zum Sterben – Die Serie

Frische Luft, herrliche Natur und weit weg von London! Das denkt sich Alfie McAlister, als er das Cottage seiner Tante in den Cotswolds erbt. Und packt kurzerhand die Gelegenheit beim Schopfe, um der Hauptstadt für einige Zeit den Rücken zu kehren. Kaum im malerischen Bunburry angekommen, trifft er auf Liz und Marge, zwei alte Ladys, die es faustdick hinter den Ohren haben und ihn direkt in ihr großes Herz schließen. Doch schon bald stellt Alfie fest: Auch wenn es hier verführerisch nach dem besten Fudge der Cotswolds duftet – Verbrechen gibt selbst in der schönsten Idylle. Gemeinsam mit Liz und Marge entdeckt Alfie seinen Spaß am Ermitteln und als Team lösen die drei jeden Fall!

Über diese Folge

Für Alfie McAlister geht es aufwärts. Er kommt gut voran mit der Renovierung seines Cottages – und hat Verwandte gefunden, von denen er nichts wusste! Als seine Schwester und seine Nichte Alfie in Bunburry besuchen, wendet sich seine Nichte Ruby allerdings mit einem Problem an ihn: Sie hat einen anonymen Stalker, der sie bedroht. Alfie bietet ihr natürlich sofort seine Unterstützung an. Doch diesmal ist er auf sich gestellt, da Liz und Marge ihre eigenen Probleme haben und Constable Emma Hollis sich neuerdings rarmacht. Und nicht allein Ruby schwebt in großer Gefahr, denn der Stalker ist gefährlich nahe bereit, alles zu riskieren, um ihr nah zu sein …

Die Protagonisten

Alfie McAlister entflieht der Londoner Hektik und tauscht sie gegen die Ruhe und Stille der Cotswolds ein. Leider ist die Idylle im Herzen Englands tödlicher als erwartet…

Margaret »Marge« Redwood und Clarissa »Liz« Hopkins leben schon ihr ganzes Leben lang in Bunburry. Sie sind bekannt für den besten Karamell der Cotswolds. Zwischen dem Afternoon Tea und dem abendlichen Gin sind sie kleineren Schnüffeleien nicht abgeneigt.

Emma Hollis liebt ihren Beruf als Polizistin. Was sie jedoch gar nicht liebt, sind die ständigen Verkupplungsversuche ihrer Tante Liz.

Betty Thorndike ist eine Kämpferin. Vor allem kämpft sie für Tierrechte. Sie ist das einzige Mitglied von Bunburrys Grüner Partei.

Oscar de Linnet lebt in London. Er ist der beste Freund von Alfie und versucht ihn zurück in die Stadt zu locken. Schließlich »kann auf dem Land jeder gut sein. Dort gibt’s keine Versuchungen.«

Augusta Lytton ist Alfies Tante. Auch nach ihrem Tod ist sie immer für eine Überraschung gut…

Harold Wilson zieht ein (oder zwei) Pint seinem Job als Polizeichef vor.

BUNBURRY ist ein malerisches Dorf in den englischen Cotswolds. Doch hinter der perfekten Fassade lauern finstere Geheimnisse…

Über die Autorin

Helena Marchmont ist das Pseudonym von Olga Wojtas. Die schottische Schriftstellerin hat 2015 den Scottish Book Trust New Writers Award gewonnen. Auf Englisch sind von ihr neben zahlreichen Kurzgeschichten bislang die Romane »Miss Blaine's Prefect and the Golden Samovar« und »Miss Blaine’s Prefect and the Vampire Menace« erschienen.

HELENA MARCHMONT

Gefährliche Nähe

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

 

»Anfangs lieben alle Kinder ihre Eltern. Wenn sie älter werden, urteilen sie über sie. Und manchmal vergeben sie ihnen.«

Oscar Wilde

Prolog

Der Mann stand verborgen im Eingang eines Ladens, der für den Abend geschlossen hatte.

Wo war sie? Er hatte gesehen, wie alle ihre Kollegen weggegangen waren. Gewöhnlich nahm sie sich lieber Arbeit mit nach Hause, statt länger im Büro zu bleiben.

Ah, da kam sie! Sie hatte eine prall gefüllte Aktentasche bei sich. Doch sie ging nicht auf die Bushaltestelle zu, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Der Mann runzelte die Stirn. Er hatte erwartet, dass sie direkt nach Hause fahren würde, weshalb er absichtlich nahe der Haltestelle geparkt hatte.

Dies hier gefiel ihm nicht. Sie könnte mit jemandem verabredet sein. Einem Mann, den sie über eine Dating-App kennengelernt hatte. Das gefiel ihm ganz und gar nicht.

Als sie in sicherer Entfernung war, trat er aus dem Ladeneingang und folgte ihr; allerdings blieb er dabei auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er wurde richtig gut in dem hier. Sie hatte keine Ahnung, dass er da war. Irgendwann würde er dafür sorgen, dass sie seine Gegenwart fühlte. Aber jetzt noch nicht. Nicht heute.

Nun schritt sie durch eine Seitenstraße. Blieb vor einer Weinbar stehen. Ging hinein.

Eilig lief er ihr nach. Er hatte Glück. Die Bar war nach vorn komplett verglast, sodass man mühelos hineinsehen konnte. Wen traf sie? Er beobachtete aufmerksam, wie sie zwischen den Tischen hindurchging.

Es war in Ordnung. Kein Mann. Ein paar Freundinnen. Sie umarmten sich, schwatzten bereits lebhaft miteinander, als sie sich hinsetzte. Er sah, wie sie sich ein Glas Wein bestellte. Nur ein kleines, stellte er wenig später zufrieden fest. Oder sollte es das erste von vielen sein?

Wieder hatte er Glück. Als sie ihr Glas ausgetrunken hatte, stand sie auf. Und nachdem sie sich von ihren Freundinnen verabschiedet hatte, kam sie mit ihrer Aktentasche aus der Bar heraus.

Er folgte ihr in einigem Abstand, während sie zu ihrer Haltestelle ging. Dort nahm sie den Bus, der sie nach Hause bringen würde – anscheinend hatte sie noch eine Menge zu arbeiten.

Er stieg in den kleinen grauen Wagen, der in der Nähe parkte, und als der Bus vorbeikam, fuhr er ihm nach, wobei er darauf achtgab, hinter ihm zu bleiben.

Als sie schließlich ausstieg, fuhr er an ihr vorbei. Er kannte den Weg. Als sie ihre Haustür erreichte, hatte er bereits gewendet und ein kleines Stück entfernt angehalten. Sie hatte ihn nicht bemerkt – wie immer.

Er ließ ihr Zeit, in ihre Wohnung zu gehen, dann schickte er ihr eine Textnachricht. Siehst gut aus, Süße. Ich mag dich in dieser grünen Bluse. Du solltest kürzere Röcke tragen, damit ich mehr von deinen hübschen Beinen sehe.

Eines Tages, und zwar bald, würde er ihr diese Dinge persönlich sagen. Er holte den neuen Schlüsselbund aus seiner Tasche. Bald.

1 Eine Begegnung

Im kalten Novemberwind klappte Alfie McAlister seinen Jackenkragen hoch. Zwar war es ein schöner, sonniger Tag, doch in Aberdeen, fünfhundert Meilen nördlich von Bunburry, war es deutlich kälter als in den Cotswolds.

Er hatte nicht gewusst, was er von dieser fernen schottischen Hafenstadt an der Westküste zu erwarten hatte, einem Hauptumschlagplatz der Offshore-Ölindustrie. Doch schon jetzt war er völlig fasziniert von den silbernen Granitbauten, die in der Sonne glitzerten, der eleganten Hauptstraße, nur einen Katzensprung von den Uferstraßen entfernt, und den schreienden Möwen.

Die Stadt wäre der ideale Ort für einen Urlaub, nur dass er hier nicht im Urlaub war. Er war lediglich nach Norden gereist, weil er aus dem Windermere Cottage verbannt war, solange dort ein Heer von Handwerkern arbeitete, um das Haus zu renovieren, das er von seiner Tante Augusta geerbt hatte. Als er das erste Mal seit seiner Kindheit nach Bunburry gekommen war, hatte er sich zunächst ein Zimmer im Drunken Horse Inn genommen. Dessen direkt angeschlossenes luxuriöses Bad sollte die Vorlage für sein neu gestaltetes Badezimmer im Cottage sein – wo endlich die avocadogrüne Einrichtung einer praktischen und stilvollen weichen würde.

Das Problem im Horse jedoch war das Essen – oder vielmehr die Köchinnen. Zwischen Edith, der Mutter des Wirts, und Carlotta, seiner Frau, herrschte eine leidenschaftliche Rivalität. Ediths Spezialität war die traditionelle englische Küche, während Carlotta nicht bloß Gerichte aus ihrem Geburtsland Italien vorzog, sondern sich neuerdings auf vegane Gerichte spezialisierte. Deshalb hatte Alfie in der letzten Zeit so viele Abende wie möglich bei seinen Freundinnen Liz und Marge verbracht und war auch manchmal zum From Bombay to Bunburry geflohen, dem indischen Restaurant im Dorf.

Beim Frühstück indes gab es kein Entrinnen. Alfie liebte Ediths klassisches englisches Frühstück: Schinkenspeck, Eier, Würstchen, gegrillte Tomaten, in der eigenen Küche zubereitete gebackene Bohnen und sautierte Kartoffeln, dazu Vollkorntoast mit Biobutter und Orangenmarmelade. Doch um den Frieden zu wahren, musste er jeden zweiten Morgen Carlottas veganes Frühstück wählen – mal Schnittlauchwaffeln mit Pilzen, mal Tofu-Pfannkuchen mit Kompott aus schwarzen Johannisbeeren, mal Porridge mit Hanfmilch, Blaubeeren und Kiwi, heruntergespült mit einem exotischen Smoothie. Es mochte nicht seine erste Wahl sein, war aber immer köstlich, und Alfie hätte nichts gegen die Abwechslung gehabt. Doch jeden Morgen blieben die beiden Frauen in seiner Nähe und beobachteten ihn aufmerksam – auf der Suche nach Anzeichen, dass er ein Frühstück mehr genoss als ein anderes.

Nach einer Woche hatte Alfie befürchtet, dass er entweder Verdauungsstörungen oder ein Magengeschwür bekommen würde, wenn er noch länger bliebe. Also hatte er beschlossen, in seine Londoner Wohnung zu wechseln, wo er unbeobachtet essen konnte, was immer er wollte.

Er hatte kaum ausgepackt, da läutete sein Telefon.

»Hier ist Oscar de Linnet«, erklang eine vornehme Stimme am anderen Ende der Verbindung. »Ich bin auf der Suche nach einem gewissen Alfie McAlister, gerade erst eingetroffen vom Lande. Mir war, als sollte ich ihn mit ein wenig Kultur bekannt machen.«

»Oscar, ich war letzten Monat erst zu dem Beethoven-Konzert in der Royal Festival Hall hier«, erwiderte Alfie trocken.

»Und heute Abend wirst du Don Giovanni im Royal Opera House sehen. Vergiss nicht, deine Gummistiefel und die Latzhose abzulegen – man achtet dort auf einen gewissen Standard.«

Alfie blickte hinab zu seiner maßgeschneiderten Hose aus der Savile Row und den edlen italienischen Schuhen. »Ich werde mich bemühen, dich nicht zu blamieren.«

Seine Freundschaft mit Oscar erstaunte ihn bis heute manchmal, bedachte man, dass sie aus gänzlich unterschiedlichen Welten kamen. Oscar war ein ehemaliger Etonschüler und Aristokrat, der zweifellos schon im Royal Opera House gewesen war, als er noch kurze Hosen trug. Alfie war mit seiner alleinerziehenden Mutter in Hackney aufgewachsen und viele Jahre später durch den Verkauf seines Start-ups zum Multimillionär geworden. Er mochte mit Oscar mithalten, was die maßgeschneiderte Garderobe und die handgemachten Schuhe betraf, nur hatte er beides nie für selbstverständlich genommen. Er gab zu, dass er teure, stilvolle Kleidung mochte, aber diese Vorliebe rührte vor allem daher, dass er früher ausschließlich Sachen von Marktständen oder aus Wohlfahrtsläden getragen hatte.

Wie immer hatte Oscar die besten Plätze in der Oper ergattert, und die Aufführung war großartig. Doch hinterher, als sie zu einem späten Abendessen nach Soho gingen, stellte Alfie fest, dass er vor den Menschentrauben, dem ohrenbetäubenden Verkehrslärm, dem lauten Hupen der Autos und dem Heulen der Polizei- und Krankenwagensirenen zurückschrak. Als Junge im East End war es für ihn ein Abenteuer gewesen, in die Innenstadt zu gehen und die Lichter und Menschenmengen zu sehen. Jetzt jedoch, nach drei Jahren auf dem Lande, strapazierte der endlose Trubel seine Geduld, und es war für ihn eine große Erleichterung, als sie das Restaurant erreichten.

»Und du behauptest, dass du nur vierzehn Tage hierbleibst?«, fragte Oscar, sobald sie in dem kantonesischen Lokal saßen und eine Kanne Oolong-Tee vor sich hatten. »Du weißt, dass Handwerker nie zu dem von ihnen genannten Zeitpunkt fertig sein werden, oder? Du wirst noch zu Weihnachten hier sein, wenn nicht gar zu Ostern.«

»Ich habe eine hervorragende Architektin vor Ort; sie überwacht die Arbeitskräfte, die alle aus der Umgebung kommen. Es ist alles unter Kontrolle.«

»Mir gefällt das mit dem Garten nicht, den du planst«, sagte Oscar. »Du wirst noch anfangen, Grünkohl anzubauen und Ziegen zu halten.«

»Selbstverständlich werde ich das nicht tun«, entgegnete Alfie. »Ich will ihn nach dem Vorbild der Gärten in Versailles gestalten.«

Oscar beugte sich erwartungsvoll nach vorn. »Wirklich?«

»Nein«, antwortete Alfie und verkniff sich den Ausdruck »du Tölpel«, obwohl Oscar ihn durchaus häufiger so titulierte. »Er wird Versailles insofern ähneln, als in ihm Blumen und Gräser wachsen werden, aber damit erschöpfen sich die Parallelen auch schon.«

Tante Augusta hatte den Garten verwildern lassen, und das nicht gerade auf eine hübsche Weise. Hauptsächlich wohl, weil er hinter dem Windermere Cottage lag und keinen direkten Zugang hatte. Deshalb beinhaltete jede Art von Gartenarbeit, dass man zunächst zum Ende der Love Lane marschieren und dann über einen Zaun klettern musste. Folglich handelte es sich gegenwärtig um ein Stück mit Unkraut überwuchertes Land, das zum Cottage gehörte.

Doch jetzt würde Alfie eine Hintertür bekommen, die direkt in den neu gestalteten Garten führte. Neben Blumen und Gras gäbe es eine Terrasse, auf der er morgens seinen Kaffee trinken könnte. Bei dem Gedanken sehnte er sich erst recht nach Bunburry, aber vorher musste er zwei Wochen in London aushalten.

Die Ankunft ihres Essens munterte ihn auf. Oscar hatte gut gewählt: Riesengarnelen mit Black-Bean-Soße, gedämpftes taiwanesisches Hühnchen, kurzgebratenes Rindfleisch mit Ingwer und Frühlingszwiebeln sowie Bratreis mit Ei.

»Die Hauptarbeiten sind die Hintertür und das Bad«, berichtete er, während er ihnen Tee nachschenkte und Oscar das Essen auffüllte. »Was alles andere im Haus anbelangt – es ist nur eine Frage von Anstreichen und Dekorieren.«

Oscar, der gerade Reis in seine Schale löffelte, hielt in der Bewegung inne.

»Alfie, das wirst du doch nicht machen lassen«, brachte er entgeistert heraus.

»Was soll ich nicht machen lassen?«, fragte Alfie unschuldig.

»Das Wohnzimmer … die Tapete …«

»Die mit diesem scheußlichen, Migräne verursachenden, psychedelischen Muster? Die verschwindet als Erstes«, erwiderte Alfie und zog sich die Schale mit den Garnelen heran.

»Nein!«, rief Oscar entrüstet aus. »Das darfst du nicht! Die ist großartig! Ein Meisterwerk des Siebzigerjahrestils. Ich verbiete dir, sie anzurühren.«

Alfie runzelte die Stirn. »Tut mir schrecklich leid. Als ich sagte: ›Die verschwindet als Erstes‹, meinte ich nicht, sie würde als Erstes heruntergerissen, sondern dass dies bereits geschehen ist. Bis auf den letzten Fitzel.«

Oscar starrte ihn entgeistert an. »Barbar!«, zischte er. »Vandale! Wie kannst du so etwas tun?«

»Ganz leicht«, antwortete Alfie. »Nachdem ich eine identische Vintage-Tapete aufgetrieben hatte, um sie zu ersetzen. Das Wohnzimmer wird eine noch überwältigendere Ansammlung von Lila, Pink, Schwarz und Weiß sein, denn die Farben auf der alten Tapete hatten nach fünfzig Jahren allmählich ihre Strahlkraft verloren.«

»Alfie«, hauchte Oscar ehrfürchtig, »wie viel hat das gekostet?«

»Mehr, als du dir wahrscheinlich vorstellen kannst«, gestand Alfie. »Aber ich habe beim Gästezimmer gespart. Es wird in ruhigen, neutralen Farben gestrichen. Keine verlaufenden Rhomben in Braun und Orange mehr. Ich halte eine Siebzigerjahretapete nur in einem einzigen Raum aus.«

»Oh«, sagte Oscar ein wenig bedauernd. »Aber du behältst die Lavalampe, oder?«

»Die kommt ins Wohnzimmer. Ich denke, dort wird sie glücklicher.« Als er nach einer Garnele griff, sah er Oscars gerunzelte Stirn. Um zu verhindern, dass sein Freund gleich von ihm verlangen würde, die Lavalampe an Ort und Stelle stehen zu lassen, fragte Alfie rasch: »Was meinst du zu dem Dirigenten heute Abend?«

Oscar hatte stets sehr klare Ansichten zu allen Aufführungen, die er sah, und auf diese Weise konnte man ihn leicht vom Thema »Windermere Cottage« ablenken.

Alfie hingegen beschäftigte es weiter – auch dann noch, als der Abend mit Oscar zu Ende gegangen war. Windermere Cottage war ein Geschenk des Himmels gewesen. Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin Vivian war Alfie in London halb wahnsinnig vor Trauer geworden. Zeitweise konnte er nicht glauben, dass sie tot war, in anderen Momenten wollte er ohne sie nicht weiterleben.

Er hatte sich unmöglich vorstellen können, sich jemals wieder auf etwas zu freuen. Doch jetzt, drei Jahre später, empfand er eine gewisse Vorfreude dabei, Windermere Cottage nach seinen Wünschen zu gestalten. Und er hatte das Gefühl, sein Leben könnte eine neue Wendung nehmen.

Er hatte Oscar noch nichts von der unerwarteten Verbindung nach Aberdeen erzählt. Ebenso wenig hatte er entschieden, was er mit ihr anfangen sollte.

Dann, nach seiner ersten Woche in London, die aus einem hektischen Kreislauf aus Treffen mit Freunden, Konzert-, Theater- und Museumsbesuchen gewesen war, erhielt er einen Anruf.

Es war die Architektin. »Ich fürchte, Sie müssen Ihre Rückkehr verschieben«, sagte sie. »Handwerker sind nie dann fertig, wenn sie sagen, sie wären es. Aber ich bin recht zuversichtlich, dass eine weitere Woche genügen sollte.«

Alfie versuchte, sich mit dem Gedanken an eine dritte Woche in London anzufreunden, als ihm klar wurde, dass er es nicht musste. Stattdessen könnte er nach Aberdeen reisen. Die Stadt war zwar weit entfernt, doch er könnte gemächlich hinfahren und unterwegs an anderen interessanten Orten haltmachen.

Nach dem Verkauf seines Start-ups hatte er die Welt bereist, kannte aber quasi nichts von Großbritannien. Dies war die ideale Gelegenheit, um Versäumtes nachzuholen.

Und nun, umgeben von dem glänzenden Granit Aberdeens, machte der sonnige Tag die Kälte wett, und Alfie wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Eine weitere musste er noch treffen, aber die könnte bis nach seinem Besuch auf dem Friedhof warten.

Die Hotelrezeptionistin hatte ihn mitfühlend angesehen, als er sich nach dem Weg erkundigte. »Sind Sie zu einer Beerdigung hier?«, fragte sie.

»Nein, ich möchte nur eine familiäre Verbindung überprüfen«, hatte er lächelnd geantwortet. Wahrscheinlich war es besser, ihr nicht zu sagen, dass er nach seinem Vater suchte, dem er nie begegnet war.

Es war ein weiter, aber angenehmer Weg durch Straßen voller Bungalows mit gepflegten Gärten. Schließlich erreichte er den Friedhofseingang, der viel prächtiger war, als Alfie gedacht hätte. Imposante, geschwungene Eisenpforten zwischen hohen Granitsäulen. Das Haupttor war geschlossen, aber eine kleinere Seitenpforte stand offen. Alfie holte tief Luft und ging hindurch.

Sein erster Gedanke war: Wie hübsch doch dieser Friedhof aussieht. Überall gab es stattliche Bäume und ordentliche Kieswege zwischen den begrünten Gräbern. Sämtliche Grabsteine waren aus Granit, manche in dem Silber der Stadtbauten, andere in hellem Rosa und einige in Schwarz.

Alfie holte sein Mobiltelefon hervor, um nachzusehen, wohin er gehen musste. Lorna Fielding, die Privatdetektivin, die von ihm mit der Suche nach seinem Vater beauftragt worden war, hatte ihm eine klare Beschreibung gegeben. Er wanderte in die Nordwestecke, wo er den Grabstein finden würde, den Lorna für ihn fotografiert hatte. Die goldene Inschrift auf dem schwarzen Granit lautete: »Calum McAlister, geliebter Ehemann von Linda und Vater von Anne.«

Nicht »Calum McAlister, geliebter Ehemann von Verity und Vater von Alfie«, obwohl der Verstorbene und Alfies Mutter praktisch vor den Augen des gesamten Dorfs in der Kirche von Bunburry getraut worden waren. Calum war noch vor Alfies Geburt fortgegangen, und jetzt könnte er ihn nie mehr fragen, warum. Vielleicht war es gut so. Es könnte sein, dass er die Erklärung seines Vaters nicht hören wollte.

Als der Weg zwischen den Bäumen eine Biegung machte, konnte Alfie die Grenzmauer des Friedhofs sehen. Er musste jetzt fast da sein. Ein Stück weiter vorn stand eine Gestalt an einem der Gräber. Eine Frau, groß, schlank, mit braunem Haar. Alfie war unsicher, ob er sie begrüßen sollte. Womöglich war es besser, einfach an ihr vorbeizugehen.

Als er näher kam, sah er, dass sie zu einem schwarzen Grabstein blickte. Einem schwarzen Stein mit goldener Inschrift im Gedenken an Calum McAlister.

Die Frau musste das Knirschen der Kieselsteine gehört haben, denn sie drehte sich um. Und in dem Augenblick, in dem sie Alfie erblickte, stieß sie voller Entsetzen einen stummen Schrei aus. Dann knickten ihre Knie ein, und sie fiel in Ohnmacht.

Alfie eilte zu ihr und versuchte verzweifelt, sich zu erinnern, was man tun musste, wenn jemand ohnmächtig war. Doch kaum war er bei ihr, öffneten sich ihre Augenlider flatternd, und sie richtete sich auf. Doch als sie bemerkte, dass er immer noch da war, wich sie vor ihm zurück.

»Erschrecken Sie bitte nicht«, bat er sie. »Ich bin Alfie, Alfie McAlister. Ich glaube, ich bin Ihr Bruder.«

2 Anne McAlister

Nach einer Tasse Tee nahm Annes Gesicht langsam wieder Farbe an.

Alfie saß ihr in einem Café gegenüber und staunte immer noch, wie sehr sie beide sich ähnelten. Selbst wenn sie nicht am Grab seines Vaters gewesen wäre, hätte er sie sofort erkannt. Und sie hatte die Familienähnlichkeit gleichfalls wahrgenommen, wenn auch nicht ganz auf die gleiche Weise.

»Es tut mir wirklich so leid«, sagte er wieder.

Nun konnte sie lächeln. »Hör auf, dich zu entschuldigen. Es war nicht deine Schuld, sondern ich war dumm.« Ihr Akzent war englisch, nicht schottisch. »Dich plötzlich so zu erblicken … Du siehst genauso aus wie Dad, als er jünger war. Ich dachte, dass ich einen Geist sehe.«

Von Lorna Fielding wusste er, dass er eine Halbschwester hatte. Im Verlaufe ihrer diskreten Nachforschungen hatte die Privatdetektivin Calum McAlisters zweite Ehefrau Linda aufgespürt, die in einem Pflegeheim in Aberdeen lebte.

»Sie hat Alzheimer, und ich fürchte, es wird nicht möglich sein, mit ihr zu sprechen«, hatte Lorna berichtet. »Aber sie hat eine Tochter namens Anne, die momentan nicht in der Stadt ist. Möchten Sie, dass ich Kontakt zu ihr aufnehme?«

»Nein, ist schon gut«, war Alfies Antwort gewesen. »Geben Sie mir nur ihre Daten. Ich kontaktiere sie selbst.«