4,49 €
Der achtjährige Calvin hat es gerade sehr schwierig: Nachdem er seine Mama verloren hat, muss er mit Papa in eine neue Stadt ziehen. Der einsame autistische Junge wartet sehnsüchtig und nervös zugleich auf den Schulbeginn: Er möchte doch endlich einen Freund finden... Eine rührende Geschichte über Verlust und Einsamkeit, über Hoffnung und Freundschaft.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 22
Veröffentlichungsjahr: 2015
In der Reihe Autistic Heart erscheint:
Eine wie keine. AsperGerdi
Einer wie keiner. AsperGerry
Für Sylvi.
Am Ende des Sommers zog Calvin mit seinem Papa in eine Kleinstadt, um dort ein neues Leben anzufangen. Das neue Haus befand sich am Rande der Stadt. Umgeben von Rosen, Lavendel und großen Nussbäumen stand das kleine, hellgelbe Haus versteckt im Garten.
Calvins Papa hatte eine ganze Woche freigenommen, damit sich die beiden gemütlich einrichten konnten. Während er im Kinderzimmer die schmalen Regale montierte, auf denen Calvins Radiergummisammlung Platz bekommen würde, bildete Calvin aus seinen Radierern eine schnurgerade Linie, die aus dem Wohnzimmer durch den Korridor bis zur Küche reichte.
Nachdem er fertig war, betrachtete er kurz sein Werk, das aus 347 Stücken bestand, und ging in den Garten. Dort setzte er sich in den Schatten eines Nussbaums. Es flogen Schmetterlinge und Libellen umher und die Vögel zwitscherten um die Wette, doch all dies interessierte ihn nicht. Calvin hatte nur Ohren für die Grille. Ihr Zirpen fand er beruhigend und es erinnerte ihn an vergangene Sommernächte, als die Welt noch in Ordnung war. Er lauschte den Klang der Grille, bis es Abend wurde. Der Wind streichelte Calvins hellbraunen Haare und kühlte seine Wangen ab. Seine dunkelgrünen, grau gesprenkelten Augen durchsuchten konzentriert die Wolken.
*
Bald würde die Schule beginnen und Calvin in die zweite Klasse kommen. In seine alte Schule war er gerne gegangen, doch beim Gedanken an die neue Schule wurde ihm ganz flau im Magen. Das Gefühl war eine Mischung aus Angst und einem kleinen Fünkchen Hoffnung. Vor dem Unterricht hatte er keine Angst, denn Calvin war ein ausgezeichneter Schüler. Mit vier konnte er schon lesen und rechnen. Er verschlang so ziemlich alle Bücher, die ihm in die Quere kamen. Angst hatte er vielmehr vor den anderen Kindern, weil er nicht wusste, wie sie auf ihn reagieren würden. In seiner alten Schule hatten ihn seine Mitschüler als einen schrulligen Streber akzeptiert und in Ruhe gelassen. Freunde hatte er jedoch keine gehabt.
Nun hegte er einen kleinen Funken Hoffnung, dass es in der neuen Schule anders sein könnte. Manchmal wurde der Funke ganz blass und durchsichtig und verschwand fast, aber er war immer noch da. Calvin gab die Hoffnung nicht auf, doch noch einen echten Freund zu finden.
*