Captain Future 09: Jenseits der Sterne - Edmond Hamilton - E-Book

Captain Future 09: Jenseits der Sterne E-Book

Edmond Hamilton

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Beschreibung

Band 9 der kultigen Space Opera rund um Captain Future mit Illustrationen, Leserbriefen und Zusatzmaterial aus den Original-Pulps Merkur ist in Gefahr: Luft und Wasser sind knapp und ein Großteil der Bevölkerung muss dringend evakuiert werden, doch die Einheimischen wollen ihre Heimat nicht verlassen. Captain Future verspricht ihnen, den Planeten zu retten. Gemeinsam mit seinen Freunden Grag, Otho und dem Gehirn Simon Wright begibt sich Curtis Newton auf Suche nach der Quelle der Materie, denn die soll Gerüchten zufolge irgendwo im Zentrum der Milchstraße liegen. Ob es ihm und seinen Futuremen gelingt, Luft und Wasser zurück auf den Merkur zu bringen?

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Seitenzahl: 248

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Ähnliche


Titel

Impressum

Edmond Hamilton

CAPTAIN FUTURE 9 – Jenseits der Sterne

Vorlage für die Übersetzung war der Erstdruck

»Quest Beyond the Stars«

in CAPTAIN FUTURE MAGAZINE (Winter 1942)

© 1941 Edmond Hamilton

Den Anhang übersetzte Anne-Marie Wachs

1. eBook-Ausgabe 2020

Neuausgabe

© 2020 Golkonda Verlag in Europa Verlage GmbH, München

Published in Arrangement with Huntington National Bank

as trustee of the Estate of Edmond Hamilton

Dieses Werk wurde vermittelt durch die

Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen

Lektorat: Angela Hermann-Heene

Korrektorat: Matthias Warkus

Gestaltung: s.BENeš [www.benswerk.wordpress.com]

unter Verwendung eines Motivs von Earle Bergey

E-Book-Erstellung: Hardy Kettlitz

ePub-ISBN: 978-3-96509-013-2

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Alle Rechte vorbehalten.

www.golkonda-verlag.de

Inhalt

Inhalt

Titel

Impressum

Inhalt

Vorbemerkung

JENSEITS DER STERNE

1. Kapitel: Verfallende Welt

2. Kapitel: Ein kosmisches Geheimnis

3. Kapitel: Gefährliche Nebel

4. Kapitel: Dunkles Geheimnis

5. Kapitel: Schiffbrüchige Sternenreisende

6. Kapitel: Die Stadt unter dem Eis

7. Kapitel: Aufbruch in die kosmische Staubwolke

8. Kapitel: Die Welt der grünen Sonne

9. Kapitel: Im Palastkerker

10. Kapitel: Festmahl in Kor

11. Kapitel: Der Kampf im Palast

12. Kapitel: Das große Mysterium

13. Kapitel: Vergangene Helden

14. Kapitel: Kampf der Welten

15. Kapitel: Die Welt der Wächter

16. Kapitel: Die Spur der Sterne

VORBEMERKUNG ZUM ANHANG

The Worlds of Tomorrow

The Futuremen

Under Observation

The Future of Captain Future

Captain Future bei Golkonda

Vorbemerkung

Wie auch schon die bereits erschienenen Bände der CAPTAIN FUTURE-Reihe hat es sich der vorliegende neunte Roman der Neuausgabe um Curtis Newton zum Ziel gesetzt, Edmond Hamilton als Klassiker der Science Fiction ernst zu nehmen. Alle Texte werden vollständig und mit größtmöglicher Werktreue ins Deutsche übertragen.

Im Original auftretende Widersprüche, die nicht selten den Entstehungsbedingungen der Texte geschuldet sind, werden übernommen. Allerdings bemüht sich die Übersetzung auch, die Eleganz, das gezielt eingesetzte Pathos und die unterschwellige Ironie der Sprache zu erhalten. Edmond Hamilton war einer der Begründer dessen, was wir heute als »Space Opera«, als große Weltraumoper kennen. Er hat diese Form der abenteuerlichen SF nicht nur mitbegründet, er hat sie auch zu einem ersten Höhepunkt geführt. Dem möchten wir in jeglicher Hinsicht gerecht werden.

Die Redaktion

JENSEITS DER STERNE

1. Kapitel:Verfallende Welt

Der allgegenwärtige Staub eines sterbenden Planeten lastete auf der Stadt. Es war totenstill. Tief am Himmel hing riesig und rot die Sonne, spähte wie ein gigantisches Auge über den Horizont und beobachtete die Tragödie, die sich in der uralten Metropole auf dem kleinen Planeten Merkur abspielte. Dünn und kalt war die Luft. So dünn, dass man sie in fiebriger Hast einsog, damit genügend Sauerstoff in die Lungen gelangte, um zu überleben. Und so trocken, als müsste die Haut bei der bloßen Berührung dahinwelken. Seit Jahren ging es mit Luft und Wasser dieser kleinen Welt bergab, bis heute …

Eine klägliche Parade schlängelte sich zwischen den chromglänzenden Türmen der Stadt hindurch, die mitten in der Zwielicht-Zone lag. Merkurianische Männer, Frauen und Kinder, dunkelhäutig und von schwachem Wuchs, die wie betäubt auf den Raumhafen zuschlurften, ihre wertvollsten Besitztümer fest an sich gepresst.

»Bitte weitergehen«, mahnten uniformierte Planetenpolizisten gedämpft, aber unaufhörlich.

Die Dahinschlurfenden mit ihren traurigen Augen gaben darauf keine Antwort. Und auch die vielen Merkurianer, die in dichten Pulks die Straßen säumten und die Prozession vorüberziehen sahen, wahrten tiefes, von Qual erfülltes Schweigen.

»Bitte weitergehen!«

Die klägliche Parade erreichte den Raumhafen, in dem mehrere gewaltige, zigarrenförmige Raumkreuzer warteten.

Auf einmal wurde das tiefe, tragische Schweigen unterbrochen. Ein angespannt aussehender Merkurianer, einer der ersten in der Prozession und in Begleitung seiner Frau und zweier kleiner Kinder, blieb urplötzlich stehen und fuhr herum.

»Warum müssen wir gehen?«, schrie er, die Stimme rau vor Verzweiflung. »Warum müssen ausgerechnet wir unsere Heimatwelt verlassen?«

Ein alter Mann mit traurigen Augen antwortete ihm.

»Wir wurden durch die große Lotterie ausgewählt, Than Thabar. Diesmal sind wir es, die nach Ganymed gehen müssen.«

»Aber warum muss überhaupt irgendwer den Merkur verlassen?«, begehrte Than Thabar störrisch auf. »Wir leben seit Ewigkeiten hier. Wir kennen keine andere Welt als diese. Und doch hält die Regierung des Systems alle paar Monate diese verfluchte Lotterie ab und verurteilt Tausende von uns dazu, fortzugehen nach Ganymed, unseren Heimatplaneten für immer zu verlassen.«

Ein Planetenpolizist, ein gut aussehender Aphrodit von der Venus, eilte herbei. Mit mitfühlender Miene ermahnte er den Verzweifelten.

»Sie müssen es so empfinden, das ist mir klar«, sagte er zu ihm. »Aber es geht nicht anders. Sie wissen ebenso gut wie ich, dass es keinen anderen Ausweg gibt als die Umsiedlungen. Wasser und Luft dieses Planeten schwinden dahin, es reicht für immer weniger Menschen.«

Das stellte Than Thabar jedoch nicht zufrieden. Wütend zeigte er auf einige gewaltige, würfelförmige Gebäude nahe des Raumhafens, aus denen riesige Schlote in den dunklen Himmel ragten.

»Die Atmosphärewandler funktionieren doch noch!«, rief er. »Seit Generationen bewahren sie unser Volk vor dem Untergang, sie haben uns nie im Stich gelassen. Diese Zwangsumsiedlungen sind unnötig!«

Seine Worte wirkten wie ein Funke auf die Menschenmenge hinter ihm. Die merkurianischen Aussiedler griffen in ihrer Hoffnung, die Heimatwelt doch nicht verlassen zu müssen, nach jedem Strohhalm. Sie nahmen Than Thabars Protest auf, getrieben von ihrer verzweifelten Angst davor, ein uraltes Band zu zerschneiden.

»Than Thabar hat recht! Die Atmosphärewandler funktionieren noch, und es gibt überhaupt keinen Grund, uns zu zwingen, den Merkur zu verlassen!«

»Das alles ist ein Geheimplan der Systemregierung – sie wollen Ganymed besiedeln, und deshalb zwingen sie uns Merkurianer unter einem Vorwand dazu!«

Die Jüngeren stimmten einen neuen wilden Ruf an.

»Weigern wir uns einfach, fortzugehen! Los, wir schlagen die Schiffe kurz und klein, dann sehen sie ja, wie ernst es uns ist. Wir bleiben hier!«

Zustimmendes Gebrüll brandete auf, nicht nur unter den verzweifelten Aussiedlern – jetzt sprang der Funke der Rebellion auch auf die Menschen am Straßenrand über, die sich versammelt hatten, um dem traurigen Zug zuzusehen.

»Schluss mit den Umsiedlungen nach Ganymed! Merkurianer, haltet zusammen! Sie können uns nicht zwingen, unsere Heimatwelt zu verlassen! Schlagt die Schiffe in Stücke!«

Die Aussiedler ließen ihre Bündel fallen. Man griff nach Knüppeln und Steinen. Hier und da zückte sogar jemand eine Strahlenpistole. Eine bedrohliche Woge aus Menschenleibern wogte auf die Raumkreuzer zu.

Vergeblich versuchte die schwache Verteidigungslinie der Planetenpolizei, sie aufzuhalten. In der Miene ihres aphroditischen Kommandanten zeichnete sich Bestürzung ab. Er konnte seinen Leuten nicht befehlen, ihre Strahlenpistolen auf diese Menschen abzufeuern, das würde eine Revolte auslösen, die den ganzen Merkur erfasste. Aber wenn er diesen Aufstand nicht in den Griff bekam, würde in Zukunft niemand mehr den Anweisungen der Systemregierung Gehör schenken.

»Merkurianer, hört mich an!«, brüllte er der tobenden Menge entgegen. »Das dürft ihr nicht tun. Die Entscheidungen der Regierung …«

Die Menge fegte ihn beiseite wie ein lästiges Insekt und ergoss sich auf den Raumhafen, fest entschlossen, die Schiffe auseinanderzunehmen.

Aus entgegengesetzter Richtung rannte eine einsame Gestalt ebenfalls auf die Schiffe zu. Der Mann kam von Westen her, wo die Atmosphärewandler aufragten. Er erreichte die Kreuzer als Erster und sprang mit einem gewaltigen Satz aufs Heck eines der Schiffe, das Gesicht der Menge zugewandt.

Der Mann war eine imposante Erscheinung, jung und hochgewachsen; sein durchtrainierter Leib steckte in einem graubraunen Overall, und das rote Haar leuchtete feurig im trüben Sonnenlicht. Dieses rote Haar wies ihn als Erdling aus.

Seine Stimme war klar und weithin zu hören.

»Merkurianer, wollt ihr eure Frauen und Kinder sterben sehen?«

Diese Frage drang zu den Menschen durch. All diese tobenden Männer … sie waren Ehegatten und Väter. Sie blieben stehen und blickten zu dem hochgewachsenen, unerschrockenen Erdling auf.

Was sie sahen, war ein junger Mann, dessen gebräuntes, gut geschnittenes Gesicht scharfe Intelligenz verriet. Der aufrichtige Blick seiner klaren grauen Augen schlug sie in den Bann.

»Wollt ihr, dass eure Familien an Sauerstoffmangel und Durst zugrunde gehen?«, fragte der junge Mann eindringlich. »Denn genau das wird geschehen, wenn ihr euch weigert, nach Ganymed umzusiedeln, wie die Regierung es verlangt. Auf dem Merkur gibt es nicht genug Luft und Wasser für euer Volk. Die Schwächsten unter euch, die Alten und die ganz Jungen, werden als Erste sterben.«

Es war Than Thabar, der Mann, der die Unruhe ausgelöst hatte, der ihm antwortete: »Warum sollte das geschehen? Die Atmosphärewandler funktionieren heute noch genauso, wie sie es immer getan haben.«

Der hochgewachsene junge Erdling schüttelte energisch den Kopf. »Die Umwandler arbeiten nicht mehr effizient. Sie können nicht mehr effizient arbeiten, weil die benötigten Rohstoffe fehlen.« Seine Stimme erhob sich über die Menge. »Ihr alle wisst über die besonderen Probleme Merkurs Bescheid. Ihr wisst, dass dieser kleine Planet aufgrund seiner geringen Masse nur wenig Schwerkraft besitzt, sodass sich die Luftmoleküle beständig ins All verflüchtigen. Diesem Prozess versucht man mit den Atmosphärewandlern entgegenzuwirken; sie produzieren auf synthetischem Wege Luft und Wasser, indem sie mineralische Oxide umwandeln. Aber die Vorräte an Oxiden gehen zur Neige.

Es ist unmöglich, die benötigten Oxide von anderen Planeten einzufliegen. Sämtliche Sternenschiffe des ganzen Systems zusammen könnten nicht ausreichend Oxide heranschaffen. Deshalb ist momentan die einzige Lösung, dass ein Teil der Bevölkerung nach Ganymed umgesiedelt wird, bis man eine Möglichkeit findet, die Produktion von Sauerstoff und Wasser zu steigern. Dann könnt ihr alle auf den Merkur zurückkehren.«

»Und woher wissen wir, dass die Systemregierung jemals einen Weg findet, das zu tun?«, verlangte ein noch immer rebellischer Merkurianer.

»Sie arbeitet mit aller Kraft daran, das Problem zu lösen«, versicherte ihm der Erdling aufrichtig. »Wir finden einen Weg. Ich verspreche euch, dass ich nicht ruhen werde, bis ich herausgefunden habe, wie die ausgelaugte Atmosphäre und Hydrosphäre des Merkurs wieder aufgefrischt werden kann.«

»Und wer sind Sie, dass Sie meinen, Ihre Versprechungen hätten für uns irgendeinen Wert?«, rief ein skeptischer Rebell.

»Mein Name«, antwortete der Erdling ganz schlicht, »ist Curtis Newton. Einige von Ihnen werden unter anderem Namen bereits von mir gehört haben. Man nennt mich Captain Future.«

»Captain Future!«

Ein leiser Ausruf des Erstaunens brach von den Lippen der versammelten Menge. Sie starrten zu dem Mann hinauf, der dort oben auf dem Heck stand, seine Gestalt zeichnete sich gegen das rote Glühen der riesigen Sonne klar und deutlich ab.

Dieser Mann war eins der großen Mysterien des Sonnensystems. Jeder kannte seinen Namen, aber nur wenige hatten ihn je zu Gesicht bekommen. Überall erzählte man sich die Geschichten seiner unglaublichen Heldentaten als Wissenschaftler und Raumfahrer. Er galt als kühnster Mann des gesamten Sol-Systems. Er und seine drei eigentümlichen Gefährten, die Futuremen, waren weithin bekannt.

Aber wohl noch nie hatte er vor einer so großen Menschenmenge seine Identität offenbart. Kurz verdrängte Staunen die Verzweiflung der Menschen. Und Curt Newton nutzte diese Gelegenheit geistesgegenwärtig zu seinem Vorteil.

»Ich bin auf Bitten der Regierung hier auf dem Merkur, ich soll nach einem Weg suchen, die verbrauchte Atmosphäre wieder aufzufrischen«, teilte er ihnen mit. »Irgendwie und irgendwo werde ich eine Lösung finden! Dann wird der Merkur wieder leben, und ihr alle könnt hierher zurückkehren.

Doch bis dahin«, fuhr er rasch fort, »müsst ihr den Anweisungen der Regierung Folge leisten. Wer von euch für die Umsiedlung ausgewählt wurde, muss nach Ganymed gehen. Dort seid ihr mit euren Familien in Sicherheit, bis es an der Zeit ist, nach Hause zu kommen.«

Seinen Worten folgte verunsichertes Schweigen. Die Blicke der Menge ruhten auf dem Mann, der ihnen gerade ein Versprechen gegeben hatte. Und irgendetwas in Captain Futures kraftvoller Haltung, etwas in seinen ruhigen grauen Augen, schien sie zu überzeugen.

»Wir werden gehen, Captain Future.« Es war Than Thabar, der das Wort ergriff. »Wir alle haben von den Heldentaten gehört, die Sie auf anderen Planeten vollbracht haben, und wir wissen, dass Sie Ihr Versprechen halten und dem Merkur wieder zu neuem Leben verhelfen werden.«

Er wandte sich zu seinen Gefährten um. »Auf, Freunde – wir gehen jetzt besser an Bord.«

Binnen einer halben Stunde befanden sich alle Aussiedler auf den Schiffen. Ein Raumkreuzer nach dem anderen hob ab und verschwand in den dunklen Himmel, schoss mit Donnergetöse in die Leere davon, mit Kurs auf den Jupitermond.

Curt Newton stand am Rand des Raumhafens und sah den Schiffen hinterher, in Gesellschaft eines seltsam aussehenden Geschöpfs, das keinem Volk der bekannten Planeten anzugehören schien.

Es war ein geschmeidig wirkender Mann mit gummiartiger weißer Haut. Die grünen Augen in dem scharf geschnittenen, ausdrucksvollen Gesicht standen auffallend schräg. Sein Schädel war vollkommen kahl, und als er das Wort an Curt richtete, lag in seiner angespannten Stimme ein eigentümliches Zischen.

»Chef, du musst verrückt gewesen sein, ihnen solche Versprechungen zu machen! Oh, ja, es hat sie besänftigt, dieses Versprechen, dass du die Merkur-Atmosphäre wieder aufleben lassen wirst, aber wie im Namen von zehntausend Sonnenkobolden willst du das tun?«

»Ich wünschte, darauf hätte ich eine Antwort, Otho«, erwiderte Curt reumütig. Mit einem belustigten Funkeln in den grauen Augen fügte er hinzu: »Das wird ein hübsches kleines Problemchen.«

»Ein hübsches kleines Problemchen«, knurrte Otho. »Zum Teufel mit diesem Problemchen. Jetzt müssen wir in Labor und Werkstatt schwitzen, statt einen Ausflug zum Pluto zu machen, wie ich es eigentlich vorhatte.«

Otho gehörte zu den Futuremen. So seltsam die anderen auch waren, er war wohl der seltsamste von ihnen: ein künstlicher Mensch oder auch Androide. Othos Körper war vor langer Zeit in einem Labor hergestellt worden. Er war ein mentales Genie, und an körperlicher Gewandtheit, Beweglichkeit und Geschwindigkeit übertraf er jeden anderen im gesamten Sonnensystem um ein Vielfaches. Mit einem gewöhnlichen Menschen hatte er wenig gemein.

Ja, er unterschied sich von allen anderen, und tief im Innern seines Verstandes konnte er diese Andersartigkeit niemals vergessen. Sein heiteres, spöttisches Auftreten und die verwegene Nach-mir-die-Sintflut-Attitüde, die er zur Schau trug, waren wie ein Schutzschild gegen sein eigenes beständiges Grübeln.

»Wie willst du das anstellen?«, hakte er nach. »Wir waren uns doch einig, dass diese Atmosphärewandler uns nicht weiterhelfen – sie sind ohne ausreichend Oxide schlicht nicht imstande, genügend Sauerstoff oder Wasser zu erzeugen.«

»Ja, das stimmt wohl«, gab Curt Newton zu und ließ den Blick nachdenklich über den dunklen Raumhafen schweifen. »Im gesamten System gibt es nicht genug Oxide, um den Merkur langfristig mit ausreichend Luft und Wasser zu versorgen.«

»Und woher willst du Luft und Wasser für diesen Planeten dann nehmen?«, erkundigte sich Otho verärgert. »Du kannst schließlich keine Materie aus dem Nichts erschaffen.«

Plötzlich leuchteten Curts graue Augen auf. »Nein, Materie aus dem Nichts zu erschaffen ist unmöglich«, murmelte er langsam. »Oder … kann man es vielleicht doch?«

Er machte auf dem Absatz kehrt und zog den verdatterten Androiden mit sich, quer über den Landeplatz und auf ein kleines Raumschiff zu, das ganz am anderen Ende stand. »Otho, du hast mich auf eine Idee gebracht. Wir fliegen nach Hause und beraten uns mit Simon und Grag. Ich glaube, ich habe da ganz eventuell die Ahnung einer möglichen Lösung.«

»Und wie sieht diese Lösung aus?«, wollte der verwirrte Otho wissen.

Curt zeigte in den dunklen Himmel hinauf. »Dort oben finden wir sie, Otho – irgendwo jenseits von allem, was wir kennen, wenn ich mich nicht irre. Irgendwo dort draußen, wohin bisher nicht einmal wir uns vorgewagt haben. Na los, komm schon – wir müssen so schnell wie möglich nach Hause.«

2. Kapitel: Ein kosmisches Geheimnis

In ihrem einzigartigen Zuhause unter der Mondoberfläche hielten die vier bedeutendsten Wissenschaftsabenteurer ihrer Zeit eine Konferenz ab. Curt Newton hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt, und durch das Glassit-Oberlicht fiel gedämpftes Sonnenlicht auf das von vielen Raumreisen gebräunte Gesicht. Seine Stimme war ruhig, fast beiläufig.

»Jetzt wisst ihr also Bescheid«, beendete er seine Rede leise. »Die Atmosphäre des Merkurs muss erneuert werden, denn sonst hören diese Zwangsumsiedlungen niemals auf, bis zum bitteren Ende. Ich habe mein Wort gegeben, dass wir eine Lösung für dieses Problem finden werden.«

»Aber du hast uns immer noch nicht gesagt, wie du das eigentlich anstellen willst«, stellte Otho fest.

Der Androide, rastlos wie immer, war während Curts Rede unaufhörlich auf und ab gelaufen. Das Zimmer, in dem sie tagten, war groß; der größte Raum in dieser unterirdischen, in den Fels geschlagenen Anlage unterhalb des Kraters Tycho. Wohin man auch sah, erblickte man Teleskope, Generatoren, Transformatoren und sonstige technische Ausrüstung von verwirrend komplexer Bauart. Es handelte sich um das Hauptlabor der Futuremen.

Die beiden anderen Mitglieder von Captain Futures berühmtem Gefährtentrio hatten ihm aufmerksam gelauscht. Sie waren ein noch eigenartigerer Anblick als Otho. Einer von ihnen war Grag, ein Roboter, und der andere war Simon Wright, das lebende Gehirn.

Grags gewaltige Gestalt zog stets alle Blicke auf sich. Er war ein metallener Riese, über zwei Meter groß, und seine gewaltigen Arme und Beine verfügten über ungeheure Kräfte. Der gewölbte Kopf mit den glühenden fotoelektrischen Augen und dem lippenlosen Stimmresonator barg ein schwammartiges Metallgehirn, das sich in Verstand und Geist durchaus mit dem eines Menschen messen konnte.

Der dritte Futureman war eine ganz andere Erscheinung. Streng genommen besaß er gar keinen eigenen Körper. Früher einmal war er Dr. Simon Wright gewesen, einer der besten Wissenschaftler der Erde. Als er alt und krank und sein Tod unausweichlich wurde, war sein Hirn operativ aus seinem sterbenden Körper entfernt und in den rechteckigen Kasten aus durchsichtigem Metall implantiert worden, den er jetzt bewohnte. Innerhalb dieses Kastens zirkulierten verschiedene Flüssigkeiten, die ihn am Leben hielten, und auf der Vorderseite befanden sich Stielaugen, Mikrofon-Ohren und ein Stimmresonator zum Sprechen, außerdem mehrere Transportstrahl-Düsen, mit deren Hilfe er sich ausbalancieren und bewegen konnte.

»Otho hat recht«, sagte das Gehirn mit seiner monotonen, blechernen Kratzstimme. Seine Stielaugen richteten sich auf Curts Gesicht. »Du hast doch sicher irgendeinen Plan im Hinterkopf, Junge.«

Captain Future zögerte. »Ich habe einen Plan. Ihr haltet ihn aber vielleicht für ein bisschen abenteuerlich …«

»Lass hören«, dröhnte Grag. Die Stimme des riesigen Roboters ließ überall im Labor kleinere Instrumente erzittern.

Curts graue Augen waren von großem Ernst erfüllt. Im Grunde seines Herzens war er ein Idealist. Unter seiner Vorliebe für riskante Abenteuer und seinem Humor verbarg sich die tiefe Überzeugung, dass sein Leben einer Bestimmung geweiht war – dass er die Kräfte, die ihm dank der einzigartigen Umstände seiner Geburt und seiner ungewöhnlichen Erziehung zur Verfügung standen, zum Wohl der Bevölkerung des Sol-Systems einsetzen musste.

»Es geht ja nicht nur um den Merkur. Ja, heute ist es der Merkur, der um sein Überleben kämpft, weil seine Atmosphäre zusammenzubrechen droht. Aber irgendwann werden die Bewohner anderer Planeten den gleichen Schwierigkeiten gegenüberstehen. Und diesem Problem ist durch die Notlösungen, die schon dem Merkur nicht helfen konnten, nicht beizukommen. Der Versuch, durch chemische Umwandlung Sauerstoff aus bestimmten Mineralien zu gewinnen, ist ein Fehlschlag.

Was wir brauchen …« Mit leuchtenden Augen sah er in die Runde. »Was wir brauchen, ist eine Methode, um unbegrenzte Mengen Sauerstoff und Wasser aus dem Nichts zu gewinnen. Und ich glaube, ich habe eine Idee, wie wir das bewerkstelligen können.«

Simon Wright lauschte Curts Worten mit einem eigenartigen Stolz. Für das Gehirn und auch die beiden anderen Futuremen war Curt nicht nur Anführer, sondern auch Sohn. Die drei nichtmenschlichen Geschöpfe hatten ihn aufgezogen, hatten miterlebt, wie aus dem hilflosen Baby von einst der außerordentlich bemerkenswerte Mann wurde, der heute vor ihnen stand.

Vor vielen Jahren war Roger Newton, ein junger Wissenschaftler von der Erde, zum Mond gereist, gemeinsam mit seiner jungen Braut und seinem Kollegen Simon Wright. Gemeinsam hatten sie diese unterirdische Anlage erbaut, die zugleich als geheimes Labor und als Heimstatt diente. Und hier hatten sie ihr großes Experiment in Angriff genommen: Die Erschaffung künstlicher Intelligenz. Hier war Grag erschaffen worden, der intelligente Roboter, und Otho, der synthetische Mensch. Hier war Curt Newton geboren worden.

Und genau in diesem Labor waren bald darauf Curtis Newtons junge Eltern von Feinden brutal ermordet worden. Gemeinsam hatten das Gehirn, der Roboter und der Androide das Waisenkind aufgezogen, hier in ihrer Festung auf dem kargen, luftlosen Trabanten. Hatten ihm eine Bildung von unvergleichlicher Tiefe und Komplexität zukommen lassen. Diese Bildung und sein ererbter Verstand hatten aus dem jungen Curt Newton den unerschrockenen, brillanten Wissenschaftsabenteurer und Kreuzritter gemacht, den man im ganzen Sonnensystem als Captain Future kannte.

»Du willst unbegrenzte Mengen Sauerstoff und Wasser aus dem Nichts gewinnen?«, wiederholte Otho ungläubig. »Wie im Namen der Sonne willst du das anstellen?«

»Materie«, erinnerte ihn Curt, »ist im Wesentlichen Elektrizität. Elektronen sind Teilchen, die zugleich Bestandteil immaterieller Elektrizität sind. Warum also sollte man nicht aus Elektrizität Materie gewinnen können?«

»Kann ja sein, dass das theoretisch ginge«, brummte Grag, der nicht überzeugt klang. »Aber getan hat das noch nie jemand.«

»Noch kein Wissenschaftler, das ist richtig«, korrigierte ihn Curt ruhig. »Aber geschehen ist es bereits, und es geschieht jetzt, während wir uns unterhalten, und zwar durch das Wirken der Natur.«

Er deutete durch das Oberlicht in den Himmel empor. Das Fenster rahmte einen Kreis voller brennender Sterne und leerem Raum ein, in dem groß und blau die Erde schwamm und die hell gleißende Sonne.

»Inmitten unserer Galaxie mit all ihren Sternen, Tausende Lichtjahre weit fort, wird unablässig Materie aus elektrischer Energie gewonnen, und zwar in gewaltigen Mengen.«

»Sprichst du von der Wiege aller Materie?«, schnarrte das Gehirn verblüfft. »Dem Ort, wo Materie geboren wird?«

Curt nickte. »Genau daran habe ich gedacht, Simon. Wenn wir die Geheimnisse dieser Wiege der Materie ergründen könnten …«

»Was für eine Wiege? Wovon redest du denn da, Chef?«, grollte der riesige Grag ratlos.

Curt antwortete mit einer Frage: »Kennst du die Theorie, die Millikan damals im 20. Jahrhundert aufgestellt hat und die später bewiesen wurde – die Theorie vom zyklischen Wechsel zwischen Strahlung und Materie?«

»Na klar, das weiß sogar ein dämlicher Roboter wie Grag«, mischte sich Otho ungeduldig ein. »Die Materie der Sonnen unserer Galaxie schmilzt beständig dahin und verwandelt sich in Strahlung, Hitze und anderweitige elektromagnetische Energieformen. Eine Zeitlang glaubte man, dieser Prozess würde sich fortsetzen, bis sämtliche Materie verschwunden ist. Dann erriet Millikan die Wahrheit. Dass nämlich irgendwo in der Galaxis ein Punkt existiert, an dem Strahlung auf irgendeinem Wege wieder in Materie retransformiert wird und die sogenannte kosmische Strahlung sozusagen der ›Geburtsschrei‹ neugeborener Materie ist.«

»Das ist korrekt.« Captain Future nickte. »Und später fand man heraus, dass diese Wiege der Materie irgendwo im Zentrum unserer Galaxis liegt, irgendwo in der Region hinter Sagittarius, dort, wo sich Sternhaufen und Nebelflecken zusammenballen. Von diesem Punkt aus strömen regelrechte Wellen kosmischen Staubs in die Galaxis, die aus neugeborener Materie bestehen, und von dort geht auch ihr ›Geburtsschrei‹ aus, die kosmische Strahlung.

Wir haben keine Ahnung, wie sich dort in dieser Wiege Strahlung in Materie verwandelt«, fuhr Curt fort, so gelassen, als würde er gerade etwas ganz Alltägliches verkünden und nicht etwa den kühnsten Vorschlag, den es in der Geschichte dieses Sonnensystems je gegeben hatte. »Aber wenn wir uns dorthin begeben, können wir es möglicherweise herausfinden. Und wenn wir das Geheimnis erst gelüftet haben, dann können wir aus Strahlung unbegrenzte Mengen Materie gewinnen, was das Problem mit der Merkur-Atmosphäre lösen würde.«

»Das ist deine Idee?«, japste Otho fassungslos auf. Vor Verblüffung hatte der Androide die schlitzförmigen grünen Augen weit aufgerissen. »Dich muss der Weltraumschlag getroffen haben, Chef. Dieser Punkt in der Galaxis, wo wir die Wiege vermuten, ist Tausende Lichtjahre weit fort!«

»Wie sollen wir jemals dort hingelangen?«, fiel Grag mit ein. »Unsere Komet mag ja das schnellste Schiff des ganzen Systems sein, aber selbst ihr Antrieb bringt uns niemals all diese Millionen um Millionen Kilometer weit. Selbst mit Höchstgeschwindigkeit wären wir Hunderte Jahre unterwegs!«

»Nicht mit dem Vibrationsantrieb, an dem wir vergangenes Jahr herumexperimentiert haben«, entgegnete Curt. »Ihr erinnert euch – der Antriebsring für das Heck des Schiffs, den Simon und ich entwickelt haben, um die Komet mittels reaktivem Schub und hochfrequenter elektromagnetischer Vibrationen anzutreiben. Unseren Berechnungen zufolge müssten sich mit seiner Hilfe Geschwindigkeiten erreichen lassen, die das Vielfache der Lichtgeschwindigkeit betragen.«

»Euren Berechnungen zufolge, ja«, betonte Otho nachdrücklich. »Aber ihr habt es noch nie gewagt, den Vibrationsantrieb zu testen. Weil kein Lebewesen eine solche Beschleunigung überleben könnte.«

»Otho hat recht, Junge«, schnarrte das Gehirn. »Wir mussten das Projekt aufgeben, weil erste Tests zeigten, dass die Beschleunigung, die zur Erreichung derart hoher Geschwindigkeiten notwendig wäre, zuerst zu Bewusstlosigkeit führt, dann lebenswichtige Organe zerdrückt und am Ende den gesamten Körper zerschmettert.«

»Ich weiß«, gab Captain Future ungeduldig zu, »aber du wirst dich sicher erinnern, dass ich eine Methode gefunden habe, diesen Effekt zu umgehen. Wir müssen unsere Körper in Stasis versetzen, innerhalb eines Kraftfelds, das uns vollumfänglich vor dem Beschleunigungsdruck schützt. Aber ehe ich einen entsprechenden Stasis-Kraftfeldgenerator fertigbauen und testen konnte, bekamen wir es mit dem Marsmagier zu tun, und seitdem gab es keine Gelegenheit mehr, mich dem Projekt zu widmen. Aber ich bin sicher, dass es funktioniert. Und dann sind wir in der Lage, solche Geschwindigkeiten zu erreichen, dass wir durchs ganze sternerfüllte Universum rasen können, wenn wir nur wollen.«

Der Androide, schon immer der Verwegenste und Abenteuerlustigste ihres Quartetts, war Feuer und Flamme. »Kosmische Teufel, was für ein Abenteuer das wäre, wenn wir das tatsächlich schaffen würden!«, sagte er eifrig. »Wir könnten unser Sonnensystem verlassen, könnten das verborgene Herz des Universums erkunden, neue Sonnen und Welten und Nebelflecken …«

»Es geht hier nicht um eine aufregende Vergnügungsreise, du schlitzäugiger Sohn eines Reagenzgläschens«, grollte Grag. »Dem Chef geht es um diese armen Merkurianer und ihre sterbende Welt.«

Simon Wright hatte die ganze Zeit geschwiegen. Nun jedoch erhob das Gehirn seine schnarrende, blecherne Stimme, um seinen Zweifeln Ausdruck zu verleihen.

»Junge, ich fürchte, diese Ehrfurcht gebietende Reise, die du vorschlägst, liegt außerhalb unserer Möglichkeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Stasis-Kraftfeld, das du entwickelt hast, einem derartigen Beschleunigungsdruck standhalten kann. Und dann …«

»Und dann wären wir Leichen, die ziellos durch den interstellaren Raum treiben«, gab Curt Newton zu. Seine Miene wurde ernst. »Simon, deine Befürchtung ist durchaus realistisch, das ist mir klar. Aber ich hoffe, dass ich uns davor schützen kann. Wollen wir es riskieren? Oder sollen wir eine ganze Welt einfach sterben lassen, sodass ihre Bewohner heimatlose Fremde auf anderen Welten werden müssen?«

»Natürlich versuchen wir es«, antwortete das Gehirn ruhig. »Ich wollte nur auf die Risiken hinweisen. Für mich persönlich wiegt der wissenschaftliche Wert einer Expedition zur Wiege der Materie jedes Risiko auf.«

»Dann lasst uns sofort an die Arbeit gehen«, rief Curt eifrig. »Denn es wird eine Menge Arbeit nötig sein, um die Komet startklar zu machen.«

In den nächsten Tagen konzentrierten die vier Futuremen ihre unvergleichlichen wissenschaftlichen Fähigkeiten voll und ganz auf die notwendigen Vorbereitungen. Othos großes handwerkliches Geschick, Grags übermenschliche Stärke und Präzision, das unerschöpfliche technische Wissen, über das das Gehirn verfügte – das waren die Instrumente, mit denen Curt Newtons genialer Verstand arbeitete.

Der unterirdische Hangar der Komet war der Hauptschauplatz der Betriebsamkeit, die den ganzen langen Mondabend und bis tief in die Nacht andauerte. Die vier schweren zylindrischen Generatoren des Vibrationsantriebs wurden ins Innere des stromlinienförmigen Sternenschiffs eingebaut. Der Terbium-Schubring wurde an das sich verjüngende Heck des Schiffs angepasst und knapp vor den Schubdüsen montiert, anschließend mittels Koaxialkabeln mit den Generatoren verbunden.

Captain Future selbst arbeitete an dem Kraftfeldprojektor. Er war das Herzstück ihres ganzen Plans, denn ohne das Stasisfeld würden ihre Körper der gewaltigen Beschleunigung, die sie erreichen wollten, keine Sekunde lang standhalten. Er versenkte den Projektor im Boden des Kontrollraums – nur die flache Silberscheibe, von der das Kraftfeld ausgehen würde, war noch zu sehen.

»Es scheint alles perfekt zu funktionieren«, verkündete Curt, nachdem er den Stasis-Effekt einem Test unterzogen hatte.

»Falls es nicht funktioniert, werden wir es sehr bald wissen«, brummte Otho. »Wenn das Stasisfeld zusammenbricht, verteilt uns der Druck übers ganze Schiff.«

Das Gehirn sagte nichts. Aber aus seinem Schweigen schloss Curt, dass Simon noch immer von Zweifeln geplagt wurde.

Während Grag und Simon die letzten Vorräte, Wasser- und Sauerstofftanks auf die Komet luden, überprüfte Captain Future ein letztes Mal penibel die Anzeigen des Schiffscomputers.

»Nein, Grag, das tust du nicht«, rief er plötzlich. »Du wirst auf gar keinen Fall Eek an Bord schummeln – ich habe doch gesagt, dass er und Oog diesmal zu Hause bleiben müssen.«

Ertappt blieb Grag stehen, mitsamt seinem Haustier: einem kleinen, grauen, bärenhaften Mondwelpen, den er unter den Kisten versteckt hatte, die er gerade an Bord brachte.

»Aber Eek wird einsam sein«, protestierte der Roboter besorgt.

»Er hat doch Oog, der ihm Gesellschaft leistet.« Curt zeigte auf das fette, kleine weiße Mimentier, das Otho gehörte. »Der automatische Futterspender wird sich um die beiden kümmern. Auf einer gefährlichen Reise wie dieser wären sie uns nur im Weg.«

Während Grag nur zögernd beide Haustiere von Bord brachte, musterte das Gehirn Captain Future nachdenklich.

»Junge, sollten wir nicht unsere Freunde auf der Erde über unseren Plan in Kenntnis setzen? Joan Randall, Marschall Ezra Gourney und die anderen?«

»Ich halte es für klüger, ihnen nicht Bescheid zu sagen«, erwiderte Curt sachlich. »Sie und die gesamte restliche Planetenpolizei arbeiten Tag und Nacht, um den reibungslosen Ablauf der Merkur-Umsiedlungen zu gewährleisten. Und ich will nicht, dass sie sich allzu große Hoffnungen machen.«

Die letzten Kisten waren auf dem Schiff verstaut. So lässig, als hätten sie nichts weiter vor als einen ganz gewöhnlichen interplanetarischen Ausflug, gingen die vier an Bord. Im nächsten Augenblick öffneten sich die riesigen Hangartore über ihnen, und mit dröhnenden Schubdüsen erhob sich die Komet über die Mondoberfläche.

Captain Future saß im Kapitänssessel. Mit dröhnenden Schubdüsen stieg das Schiff steil über die zerklüftete, öde Landschaft auf. Die Erde stand am Himmel und badete alles in einen sanften grünen Schimmer. Curt blickte an dem Planeten vorbei zu den fernen Sternen, die sich nahe Sagittarius zusammenballten.

»Zehntausende Sonnen, Planeten, erloschene Sterne, Nebelflecken, alles dicht an dicht gedrängt dort im Herzen der Galaxie«, murmelte er. »Der dichteste, gefährlichste Teil des ganzen Universums, in dem sich das große Geheimnis der Wiege der Materie verbirgt. Vielleicht ist es Wahnsinn, zu glauben, dass wir …«

»Dass wir dieses Geheimnis lüften können?«, fragte das Gehirn mit seiner blechernen Stimme. »Das liegt jetzt ganz in der Hand der Weltraumgötter, Junge.«