Carnivora - Ben Weber - E-Book

Carnivora E-Book

Ben Weber

4,8

Beschreibung

Während eines Superbebens mit Epizentrum in der Schweiz und Österreich sterben in Zentraleuropa etwa elf Millionen Menschen. Weite Teile Europas werden dabei völlig zerstört und in Schutt und Asche gelegt. In den benachbarten Regionen werden Versorgungspunkte errichtet, um die überlebenden Zivilisten vorerst mit dem Nötigsten zu versorgen. Das Rettungsteam von Commander Dawn, die sechste Task Force, wird in eines der Krisengebiete entsandt, um dort nach dem Rechten zu sehen. Nicht nur das sie umgebende Chaos erweist sich als Herausforderung der besonderen Art. Bald zeigt sich, dass sich in den Trümmern und Ruinen der Stadt eine viel schrecklichere Bedrohung herumtreibt. Dies ist die Geschichte von Commander Dawn und seinem Team.

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Seitenzahl: 599

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Widmung

Für meine Ehefrau Manuela, die mich unaufhörlich mit ihrer Liebe, ihren Ideen, ihrer Kritik, ihrem Scharfsinn und ihrem Beistand unterstützt, motiviert, gefordert und gefördert hat. Ohne dich wäre dieses Buch und auch vieles andere niemals Wirklichkeit geworden.

Für meine Kinder Elisa und Martin, die mir täglich zeigen, dass das Leben schön und kostbar ist und besonders auch kleine Dinge etwas ganz Besonderes und Wertvolles sein können.

Inhalt

Prolog

KAPITEL 1 // Ankunft

KAPITEL 2 // Die Ausbreitung

KAPITEL 3 // Der Flughafen

KAPITEL 4 // Elvis und Dimitra

KAPITEL 5 // Das Berghotel

KAPITEL 6 // Der Tauchershop

KAPITEL 7 // Frank und die Sägerei

KAPITEL 8 // Franks Flucht

KAPITEL 9 // Bissfest

KAPITEL 10 // Die Walking Mind Corporation

KAPITEL 11 // Hoffnung

KAPITEL 12 // Metamorphose

Dank

Danke an meinen Bruder Sebastian, der mich vor allem in der Anfangsphase mit einigen ungewöhnlichen Ideen und Vorschlägen bereichert hat.

Danke an Mr. P., den es in der Realität tatsächlich gibt, der einer meiner besten Freunde ist und der sich immer wieder über neue »eigene« Szenen gefreut hat und mit seiner typischen, persönlichen Art unbewusst viel zu »seiner« Figur beigetragen hat. »Semper Fidelis Perseo« (Solo i più forti sopra vivono) und danke, alter Bär.

Danke an meinen Kumpel Marco, der mich zur Rolle von Mark inspiriert hat.

Danke an meinen Cousin Rouven, der mich mit tollen Ideen zu »seiner Figur« motiviert hat.

Herzlichen Dank den wenigen Freunden und Bekannten, die überhaupt von meinem »nächtlichen Hobby« gewusst haben, die nachgefragt und mich mit Ideen bereichert haben und die wie ich immer daran geglaubt haben, dass diese Geschichte eines Tages fertiggeschrieben werden wird.

Und zu guter Letzt danke ich der Leserin und dem Leser für das Interesse an diesem Buch. Ich hoffe sehr, dass dir die Geschichte gefällt und wünsche dir gute Unterhaltung!

Prolog

Wir schreiben das Jahr 2021. Als die Erde etwa zwei Monate zuvor von einem Superbeben der Stärke 9,9 auf der Richterskala erschüttert worden war, hatte sich die afrikanische Kontinentalplatte mit solcher Wucht unter die europäische geschoben, dass sich der gesamte Alpenkamm gehoben und gesenkt hatte wie die Wogen des Meeres. Das Beben brachte der Alten Welt die Apokalypse. Bergflanken stürzten ein und begruben ganze Städte und Dörfer unter ihren Massen. Staudämme barsten, und riesige Flutwellen ergossen sich durch die Alpentäler. Beschauliche Dörfer und blühende, jahrhundertealte Städte wurden innerhalb kürzester Zeit ausgelöscht, als hätten sie nie existiert, oder stürzten in die Tiefe, ohne eine Spur zurückzulassen. Kein Stein stand mehr auf dem anderen. Im gesamten Gebirgszug zeigte sich ein Bild vollständiger Zerstörung. Die Schweiz und Österreich existierten nicht mehr, sämtliche Regierungsmitglieder waren verschollen, und von heute auf morgen war jegliche Infrastruktur verschwunden. Strassen, Stromleitungen, Krankenhäuser, Schulen und Einkaufszentren: Alles war komplett zerstört.

Der Westen Frankreichs sowie Süddeutschland, weite Teile Tschechiens und Norditalien waren ebenfalls massiv zerstört. Ganze Stadtteile waren in sich zusammengestürzt oder in den gigantischen Erdspalten verschwunden. Bis zu tausend Kilometer weit waren die Ausläufer des Bebens vorgestossen, zum Teil bis tief in die umliegenden Länder hinein. Wie würden die Länder Europas einer Katastrophe solch ungeheuerlichen Ausmasses Herr werden können? Würde es überhaupt möglich sein? Sämtliche Regierungsgeschäfte wurden sofort eingestellt, um sich nur noch der Katastrophenbewältigung widmen zu können. Die ehemaligen Staatsgebiete der Schweiz und Österreichs, an deren Stelle sich nun ein gewaltiges Loch von Tausenden Quadratkilometern befand, wurde sofort zum Sperrgebiet erklärt. Deutschland, Frankreich, Italien und Tschechien erklärten ihre zerstörten Regionen zum Katastrophengebiet. Jeder andere europäische Staat schloss sich einem dieser vier Länder an, um ihnen jede mögliche Hilfe zur Bewältigung der Krise zur Verfügung zu stellen. Aber was sollte mit dem Sperrgebiet geschehen?

Man einigte sich darauf, dass Grossbritannien und die skandinavischen Länder, die selbst weitgehend vom Beben verschont geblieben waren, die Zuständigkeit darüber übernehmen sollten. Diese Länder verfügten über hochmoderne militärische Mittel und waren es gewohnt, in Krisengebieten zu arbeiten. Denn es war klar, dass trotz der vollständigen Zerstörung dieses gewaltigen Gebiets Menschen überlebt haben mussten und dass diese kaum eine Chance haben würden, längere Zeit ohne Hilfe zu überleben. Diese Menschen zu finden und mit dem Notwendigsten wie Lebensmitteln, Trinkwasser, Zelten und Decken zu versorgen, war das primäre Ziel. Genauso verhielt es sich mit den Zonen, die um das Sperrgebiet herum lagen. Die Notversorgung der überlebenden Bevölkerung musste koordiniert werden – und nicht zuletzt mussten Abertausende von Toten geborgen werden, um das Ausbrechen von Seuchen und Krankheiten zu verhindern.

Nach einigen Wochen begannen die Regierungen sogenannte Versorgungsstützpunkte mit minimaler Infrastruktur aufzubauen. Zwar traf eine unglaubliche Menge an Hilfsgütern, Personal, Maschinen und Geräten aus allen Ecken der Welt ein, doch es zeigte sich, dass es unmöglich war, die Versorgung der Bevölkerung auf einem so grossflächigen Gebiet zu gewährleisten. Alleine das Koordinieren der Hilfsgüter benötigte Hunderte von Personen. Wer und was wo benötigte wurde, war das eine – wie man es an die betreffenden Orte bringen sollte, das andere. Bald war klar, dass es die Versorgung der notleidenden Bevölkerung enorm erleichtern würde, wenn sich ein Teil davon in die Nähe der Versorgungspunkte begeben würde. So wurde vereinbart, in einem Ring um das gesamte Sperrgebiet alle hundert bis hundertfünfzig Kilometer einen Versorgungspunkt mit minimaler Infrastruktur aufzubauen. Zu diesem Zweck wurden Städte ausgewählt, in denen es noch einige grosse bewohnbare Gebäude gab.

Dort sollte eine medizinische Grundversorgung eingerichtet werden und die Verteilung der Lebensmittel und anderer Hilfsgüter wie Zelte, Decken und Kochgeschirr stattfinden. Auf Flugblättern und mit durch die Städte fahrenden Fahrzeugen, die mit Lautsprechern ausgerüstet waren, wurde die Bevölkerung informiert, wo sich die Versorgungspunkte befanden, zu denen sie sich so schnell wie möglich begeben sollten.

Während des Superbebens mit Epizentrum in der Schweiz waren in Zentraleuropa rund elf Millionen Menschen gestorben. Weitere drei Millionen Menschen kamen in den darauffolgenden Tagen im Chaos der Trümmer ganzer Städte ums Leben. In der näheren und weiteren Umgebung stürzten Hochhäuser in sich zusammen, und Brücken brachen ein. Strassen wiesen Risse auf, in denen Lastwagenkolonnen, sogar ganze Stadtteile ohne Weiteres verschwanden. Einstige Dörfer sahen aus wie frisch gepflügte Äcker. Auch in grösserer Entfernung vom Epizentrum hatten die letzten Ausläufer so viel Schaden angerichtet, dass ganze Gebäude in Schutt und Asche gelegt oder so stark beschädigt worden waren, dass sie kurz vor dem Zusammenbruch standen. Die öffentlichen Gebäude, Infrastrukturen, ganze Regionen waren bis zu achtzig Prozent zerstört.

Das Militär war für die Bergung und Rettung der Betroffenen zuständig, wobei keinerlei Mühen gescheut wurden. Tag und Nacht wurde nach Überlebenden gesucht, doch für die meisten kam jede Rettung zu spät. Bald schon füllten sich die Leichenhallen, und die Zahl der Toten stieg immer weiter an. Es mussten Unmengen an provisorischen Leichenhäusern errichtet werden, damit die Toten zumindest aus dem Blick der Öffentlichkeit gebracht werden konnten.

Auch die Grundversorgung der Überlebenden mit Strom und Nahrung wurde vorerst durch das Militär gewährleistet. Schutzräume und sanitäre Anlagen wurden improvisiert und über Solarzellengeneratoren am Laufen gehalten. Nach zwei Monaten erlosch jede Hoffnung, weitere Überlebende zu finden. Die Lager wurden abgebaut, und die militärischen Einheiten zogen allmählich ab.

Die Regierungen der angrenzenden Länder waren immer noch mit der Beseitigung der Toten beschäftigt. Es wurden eiligst Krankenhäuser, Supermärkte und Unterkünfte gebaut und zu guter Letzt etliche Massengräber in allen Teilen des Katastrophengebietes ausgehoben. Natürlich alles auf provisorischer Basis, in so kurzer Zeit war schlicht und einfach nicht mehr zu machen.

Bei einer Routineüberprüfung, leider viel zu spät, entdeckte das Militär, dass bei einem erst kürzlich geschlossenen Massengrab das Erdreich von Chemikalien durchtränkt und von Bakterien verseucht worden war und informierte daraufhin umgehend die regional einzige noch intakte medizinische Einrichtung, das SinAid, sich wohl bald schon auf noch mehr erkrankte Personen, nämlich die Grubenarbeiter, vorzubereiten. Die nahe an das verseuchte Massengrab angrenzenden Gebäude sowie der Hauptkomplex der dortigen Walking Mind Corporation, eines riesigen Forschungszentrums für Chemikalien und Bakterien sowie für Gentechnik und militärische Kampfstoffe, war bei dem Superbeben grösstenteils zerstört worden. Vier der hundertdreissig Mitarbeitenden hatten überlebt, die anderen waren unter den Trümmern des Gebäudes nach dessen Einsturz gestorben. Ein Überlebender erzählte Dr. Schreier, dem leitenden Arzt des SinAid-Hospital, er habe einige der Wissenschaftler und Angestellten noch an den Fenstern gesehen. Schreiend und mit dem Entsetzen vor dem bevorstehenden Tod im Gesicht hätten sie an die Fenster geschlagen, als der gesamte Westtrakt in sich zusammenbrach und alles unter sich begrub. Dabei wurden einige der Tanks und Silos für Chemikalien und Bakterien, die unter den eingestürzten Laboratorien angelegt waren, zerstört. In diesen Silos sollen nach Angaben des Angestellten unter anderem Chemikalien und Bakterienstämme zur Kreuzung verschiedener Gewebe und Materialien eingelagert gewesen sein. Man war dabei, ein Mittel zu entwickeln, um Gewebe und Materialien robuster und widerstandsfähiger zu machen. In einer weiteren Phase wurde die Formel so angepasst, dass sie – ähnlich wie das Klonverfahren – die behandelte Struktur hätte befähigen sollen, sich selbst wieder zu aktivieren, Verletzungen selbst zu versorgen oder zu heilen, ja sogar Abgestorbenes wiederzubeleben. Zuerst habe man es an toten, anorganischen Objekten und an Pflanzen versucht. Da diese aber keine geeignete Struktur oder einen zu geringen Stoffwechsel aufwiesen, habe man als nächstes die Leichen einiger verstorbener Häftlinge benutzt, die sich freiwillig dafür zur Verfügung gestellt hätten. Als auch dies nicht die gewünschten Ergebnisse zu Tage gebracht habe, habe man sich für Versuche am lebenden Organismus entschieden. Zuerst arbeitete man mit Tieren, da diese aber immer zu grauenhaften Bastarden und Bestien mutierten und zudem enorm aggressiv wurden, wollte man die Kreuzungsformel mit verschiedenen Techniken und Tricks wieder etwas abmildern. Die entsprechenden Versuche waren bis dahin jedoch immer gescheitert. Die »Ergebnisse« verkümmerten, verstümmelten sich selbst auf grausame Weise oder starben innerhalb weniger Wochen nach den Eingriffen. Schliesslich wollte man die Formel mit positiv geladenen chemischen Lösungen anreichern, um damit die Spannung und Aggression der Versuchsobjekte in den Griff zu bekommen. Diese Entwicklung hatte aber ganz am Anfang gestanden und nicht die gewünschte Wirkung auf die angewandten Spezies gebracht. Wie dem auch war – die Chemikalien, die dabei zum Einsatz gekommen waren, tränkten nun schon seit einiger Zeit das Erdreich, in dem eines der Massengräber angelegt worden war.

Bald schon erkrankten die ersten Grubenarbeiter an den aus der Grube aufsteigenden toxischen Dämpfen. Das Sterben ging weiter. Trotz der unermüdlichen Einsätze und Behandlungen der Ärzte erlagen viele ihren Vergiftungen. Es gingen Gerüchte um, dass einigen der Verseuchten Teile von Gliedmassen oder ganze Arme und Beine abfaulten. Andere wiesen zum Teil grossflächige Nekrosen und zersetzte Stellen und Flecken am gesamten Körper auf. Andere erbrachen schwallweise Blut und fielen in Delirien, bis sie schliesslich ihrem Schock erlagen.

Die Leichen verwesten so schnell, dass umfassende Untersuchungen beinahe unmöglich waren. Bald schon gab es Engpässe mit der Entsorgung der Leichen, und die Zahl der Toten stieg weiter und weiter an. So wurden letztendlich nur noch die Totenscheine ausgefüllt und die Leichen rasch in die umliegenden Leichenhallen, Krankenhauskeller und Massengräber abtransportiert. Auch die vier Überlebenden der Walking Mind Corp. verstarben nach weniger als einer Woche auf grausame Weise. Laut des medizinischen Berichts war der gesamte Hinterkopf eines dieser Mitarbeiter über Nacht verfault und eingefallen. Aus dem klaffenden Loch im Hinterkopf seien Teile seiner inneren Organe gequollen.

Der Commander der Militärbasis, die rund um das SinAid errichtet worden war, wurde von Doktor Schreier über die extrem herausfordernde Situation unterrichtet und dass sie Unterstützung und Mithilfe in der Analyse und der Bewältigung dieser Katastrophe benötigten. Daraufhin wurde ein Einsatztrupp von sechs Mann bestellt, vom Waffen- und Sprengexperten über Elektronik- und Computerspezialisten bis hin zu analytischen und medizinischen Fachkräften. Jeder war ein Spezialist auf seinem Gebiet, hervorragend ausgebildet und mit jahrelanger Erfahrung in Kampf und Taktik. Das Rettungsteam von Commander Karl Dawn, der sechsten Task Force, wurde in das Krisengebiet entsandt.

Dies ist ihre Geschichte.

KAPITEL 1 // Ankunft

Der Flug war ruhig, die Landung jedoch etwas holpriger als erwartet. Doch sie lagen noch immer gut in der Zeit. Es war ein schöner, ruhiger Morgen, als Commander Dawn und sein Team aus der Maschine stiegen. Lieutenant Peebody nahm sie in Empfang und begleitete sie zu seinem Wagen. Während der Fahrt informierte er sie über die neuesten Geschehnisse und wie weit man schon mit der Wiederherstellung der Infrastruktur und der Versorgung der Verwundeten und Kranken sei.

»Leider wird das Ganze durch die geografischen Gegebenheiten erschwert«, berichtete Lt. Peebody. »Das Tal wird durch das Gebirge, das u-förmig darum herumliegt, auf drei Seiten vom Rest der Welt abgetrennt. Auf der anderen Seite, jenseits des Flughafens, sind die Risse im Erdreich so gewaltig, dass es auf normalem Wege, sei es zu Fuss oder mit einem Fahrzeug, kein Entkommen gibt. Im Moment ist die Versorgung ausschliesslich über den Luftweg möglich. Immerhin ist der Flughafen noch soweit in Betrieb und mit Personal besetzt, dass eine minimale Versorgung möglich ist.«

Sie fuhren eine Weile quer durch die Stadt, vorbei an einem alten Militärmuseum, an der ehemaligen Mülldeponie, die nur noch aus Ruinen bestand, einem Einkaufszentrum und etlichen Kleinläden. Alles sah sehr mitgenommen aus. Während sie auf dem schnellsten Weg zum SinAid, ihrem Ziel, fuhren, kamen sie an Dutzenden Baumaschinen vorbei, die in der staubigen Luft mit der Beseitigung der Trümmer und dem Einreissen der einsturzgefährdeten Gebäude beschäftigt waren. Die Aufräumarbeiten waren überall in vollem Gange.

An ihrem Ziel angekommen, stiegen Dawn und sein Team aus dem Wagen. Im selben Moment kam ein völlig aufgewühlter junger Mann aus dem Krankenhaus geeilt. Er stürzte fast vornüber die Treppen herab, konnte sich aber im letzten Moment noch mit einem Glücksgriff am Geländer vor einem Sturz bewahren. Der von den Aufräumfahrzeugen aufgewirbelte Staub kratzte in ihren Augen.

»Das muss Philip Doring sein, unser Kontaktmann«, bemerkte Charles und deutete in Richtung des SinAid-Hospitals.

Doring war in solch einer Hast unterwegs, dass er am Treppenende doch noch zu Fall kam, während er sich, mit den Blicken wild nach den Ankömmlingen suchend, in alle Richtungen drehte. Als er sie entdeckte, mühte er sich auf die Beine und setzte seine hastigen Schritte schnell in ihre Richtung fort.

»Commander Dawn«, rief er schon auf halber Strecke, »wer von Ihnen ist Commander Dawn? Ich bin Philip Doring, medizinischer und analytischer Assistent von Doktor Schreier. Ich suche Commander Dawn. Man hat uns gesagt, dass er kommen werde.«

»Seht euch das an, Jungs«, schmunzelte Teddy sichtlich amüsiert über die etwas ungeschickte Art von Doring, »hier hat einer aber mächtig die Sau rausgelassen.«

»Wow Leute«, meinte Eddy, der sich noch am ersten Eindruck des um sie herum herrschenden Chaos ergötzte, und fügte sarkastisch hinzu: »Hier sollte aber mal einer eine Putzfrau einstellen, Mann.«

»Jungs, nehmt euch zusammen«, mahnte Commander Dawn die beiden zur Ordnung, nachdem er sich ebenfalls umgeschaut hatte. »Wir sind hier nicht zum Kaffeekränzchen eingeladen. Wir werden hier mit unserer Analyse starten und uns dann weiter auf die Auswirkungen konzentrieren.«

Teddy, der von den anderen wegen seiner Vorliebe für Blues und Rock und insbesondere für den »King of Rock ’n’ Roll« und dessen Tolle nur Elvis genannt wurde, sah sich um.

»Wow, seht ihr diese Zerstörung? Hier liegt wirklich praktisch alles in Schutt und Asche. Dieses Beben muss ein Heidenspektakel gewesen sein«, staunte er.

Endlich hatte Doring es bis zu ihnen geschafft. Er war völlig ausser Atem, als er sie erreichte.

»Commander Dawn? Sind Sie Commander Dawn?«

Dawn drehte sich zu ihm um und liess dabei nochmals seinen Blick über die zerstörte Gegend streifen.

»Ja, der bin ich. Und Sie müssen Doring sein, Philip Doring, unser Kontaktmann. Man hat uns doch angemeldet, nicht wahr?«

Doring wischte sich eiligst die Schweissperlen von der Stirn, während er nach Luft rang, um Antwort geben zu können.

»Sie werden dringendst erwartet, Commander. Doktor Janick Schreier erwartet Sie schon seit heute früh in seinem Büro«, keuchte er weiter.

Dawn bedankte sich bei ihm und wandte sich an sein Team.

»Auf, Männer. Hier herrscht ein riesiges Chaos. Wir werden sehen, was wir bewirken können. Wurden die Einrichtungen schon wieder mit Strom versorgt? Wie weit befinden Sie sich mit der Analyse der Leichen? Wir benötigen zusätzliche Instrumente und Geräte für unsere Analysen. Wurde dafür gesorgt?«, wollte er von Doring wissen.

Doring ging ihnen voraus, während er weitersprach.

»Ja Sir, aber das ist im Moment nicht das grösste Problem.«

Commander Dawn drehte sich um.

»Was?«, fuhr er Doring brüskiert an. »Sie nennen das hier kein Problem? Die vielen Menschen, die überall um uns herum unter den Trümmern liegen, was ist mit denen? Sind die auch kein Problem? Die Menschen wollen Antworten haben. Und Ihre vielen Kranken in allen Teilen dieses Gebietes – wer erklärt das den Angehörigen, und wie? Ohne diese Geräte können wir in unserer Analyse nicht schnell genug zu Ergebnissen kommen. Wissen Sie, was hier los ist, warum all diese Menschen krank werden – und woran sie erkranken?«

Etwas verschreckt und bemüht, die Fassung zu bewahren, musste Doring beschämt verneinen.

»Nein, Sir. Aber für alles, was Sie gewünscht haben, ist gesorgt worden. Kommen Sie doch bitte herein. Der Doktor wird Ihnen alles genau erklären«, fuhr er fort und hielt Dawn und seinen Männern die Türe auf.

In der Eingangshalle des Krankenhauses, das wie durch ein Wunder fast unbeschädigt geblieben war, tummelten sich etliche Verwundete und Kranke. In den Fluren bildeten sich immer grösser werdende Gruppen von Kranken, Verwundeten und Verletzten, die ungeduldig auf Neuigkeiten und einen sie behandelnden Arzt warteten. Auch beim Wasserspender standen Scharen, überall wurde eifrig diskutiert, und man beschwerte sich lautstark über die Zustände und das Tempo der Bemühungen. In der riesigen Halle gab es kaum einen freien Platz auf irgendeiner Bank oder einem Stuhl. Jeder freie Zentimeter wurde zum Rasten, Liegen oder Sitzen benutzt. Der Fussboden war überall mit schlafenden, jammernden und vor Schmerzen klagenden Personen übersät. Die Eingangshalle war gleichzeitig als Wartesaal des Krankenhauses genutzt worden. Nun diente sie all diesen Menschen, es waren hundert oder mehr Personen, als sichere Versorgungsstätte.

Das SinAid-Krankenhaus war 1974 gebaut worden. Ein Riesenbau, zwanzig Stockwerke hoch. Mit seinen zweitausend Zimmern und rund fünftausend Patientenbetten war es eine der grössten medizinischen Einrichtungen weit und breit. Zeitweise waren vierzig Ärzte und etwa fünfhundert Krankenschwestern und Pfleger im Einsatz. Zwei der zwanzig Etagen wurden meistens an wissenschaftliche und andere Forschungsorganisationen vermietet. Diese wussten die hervorragende Infrastruktur des Krankenhauses sehr zu schätzen.

Doring liess die Haupttüre zufallen und ging den anderen voran.

»Hier gibt es fast alles, was das Herz begehrt. Wir haben einige der allerneusten und besten Geräte hier«, sagte er.

Commander Dawn und sein Team folgten Doring durch die klagende Menge. An unzähligen auf Bänken liegenden Verwundeten, Kranken und Überlebenden vorbei bahnten sie sich einen Weg in Richtung der Tür, auf die Doring zusteuerte. Der Lärm der Baumaschinen, die noch immer mit der Beseitigung der Trümmer beschäftigt waren, war in der Wartehalle erheblich leiser zu hören, als Dawn erwartet hatte. Der Bau schien gut isoliert worden zu sein.

Aus einer der Ecken drang lautes Schluchzen und Weinen. Offenbar war gerade etwas geschehen, oder es war wieder eine arme Seele ihren Leiden erlegen. In der vom Staub und von der spärlichen Beleuchtung getrübten Sicht war auf die Distanz kaum etwas von dem Geschehen in der Ecke zu erkennen. Einige Personen waren nähergetreten, eine von ihnen versuchte die klagende Frau, die ihren sterbenden Mann in den Armen hielt, zu beruhigen. Doch sie begann heftig zu weinen.

»Nein, neiiin, Miro«, schrie sie, »nein, das darf nicht sein. Bitte, du darfst nicht sterben.«

Die Frau wurde immer hysterischer, bis sie schliesslich aus Erschöpfung das Bewusstsein verlor und schlaff zusammensackte. Vom anderen Ende der Halle aus hatten Mitarbeiter der Notaufnahme das Geschehen beobachtet. Nun machten sie sich mit einer Trageliege in ihre Richtung auf den Weg.

»Das sind Amos und Raul«, stellte Doring ihnen die beiden beim Vorbeigehen vor, »zwei unserer fähigsten medizinischen Rettungskräfte.«

Sie begrüssten Doring und die Task Force mit einem Nicken und machten sich weiter auf den Weg zu der Stelle, an der die Frau bewusstlos am Boden lag. Die Schneise, die Amos und Raul hinterliessen, ermöglichte es Dawn und seinen Leuten, zügiger durch die Menge in Richtung Tür zu gelangen.

Doring zwängte sich vorsichtig an einer Gruppe von Verletzten vorbei und deutete dabei auf einige von ihnen, die gerade von einer Krankenschwester versorgt wurden.

»Sehen Sie? Wir sind für so ziemlich alles gut ausgerüstet. Wir hoffen aber natürlich immer, dass wir es nicht auch brauchen.« Nach einigen weiteren Schritten blieb Doring direkt vor der Türe, die er angesteuert hatte, stehen. Er drehte sich um, sah Dawn und dessen Männer ernst an und verkündete dann feierlich: »Entschuldigen Sie bitte.« Dann wandte er ihnen wieder den Rücken zu, um sich einem kleinen elektronischen Codeschloss zu widmen. Hastig tippte er die Kombination in die Zahlentastatur ein und drehte sich anschliessend wieder zu Dawn und seinen Männern um. »Vorsichtsmassnahme«, sagte er und zwinkerte ihnen zu. Ein leises, aber scharfes Klicken signalisierte ihnen, dass sich die Sperrvorrichtung der Tür geöffnet hatte. Mit einer angedeuteten Verbeugung und den Worten »Bitte sehr, die Herren …« winkte Doring sie hinein.

Dawn und sein Team traten durch die Tür und gelangten in eine Art Aufzugsvorraum. Der fensterlose, etwa fünf Meter lange Raum war gut beleuchtet – bis auf eine Leuchtstoffröhre, die munter vor sich hin flackerte. Vor ihnen erhob sich eine Aufzugstüre, die bündig zur Wand eingelassen war und aus massivem Stahl zu bestehen schien. Doring betätigte den Aufzugsrufknopf, der sich Sekunden später mit einem »Pling« zurückmeldete. Die Aufzugstüren wichen fast geräuschlos zur Seite, und aus dem Innenraum des Aufzugs drang leise die Stimme von Freddy Mercury, der gerade die zweite Strophe der »Bohemian Rhapsody« zum Besten gab. Der Aufzug war gross genug, um fünfzehn Personen gleichzeitig zu befördern.

Charles nickte den Takt des Stücks gleich leicht mit dem Kopf mit.

»Das ist Musik«, meinte er.

»Ja, nicht schlecht«, gab Elvis zurück, »aber leider nicht vom King.«

Etwas eingeschnappt entgegnete Charles: »Na hör mal, Freddy war einzigartig.«

Doring betätigte den Knopf für die 21. Etage, und die Aufzugstüren schlossen sich ebenso geräuschlos, wie sie sich zuvor geöffnet hatten. Mit einem leichten Ruck setzte sich die Kabine nach oben in Bewegung, und auf der einstmals sicherlich supermodernen Digitalanzeige blinkten schwach die Zahlen der Etagen auf, an denen sie vorüberglitten. Ein leichtes Ruckeln und das darauffolgende »Pling« begleiteten das Anhalten des Aufzuges. Seine Türen öffneten sich und gaben den Blick auf ein grossräumiges Büro frei.

Doring schritt ihnen voran und verkündete erneut in feierlichem Ton: »Meine Herren, Sie betreten nun das Büro und Labor von Doktor Schreier. Die meisten von uns nennen es allerdings nur das Penthouse.«

Die 21. Etage oder eben das »Penthouse« wurde von Doktor Janick Schreier genutzt. Der leitende Arzt hatte hier sein Büro, in das er sich für seine Analysen und Aufgaben zurückziehen konnte. Er bemerkte Doring und dessen Begleitung erst, als die Gruppe schon mitten im Raum stand. Erfreut und doch etwas überrascht legte er die Unterlagen, die er in den Händen hielt, beiseite, stand auf und kam mit ausgestreckter Hand um den Schreibtisch herum auf sie zu. Ein älterer Herr mit noch vollem, grau meliertem Haar und sportlicher Statur stand vor ihnen und begrüsste sie freundlich.

»Guten Tag. Ich bin Doktor Schreier. Ich bin hier der leitende Arzt und der Gesamtleiter dieser Einrichtung. Es freut mich, dass Sie so schnell kommen konnten.«

Er führte Dawn und sein Team in einen Raum neben dem Büro, der sich als speziell eingerichtetes Analyselabor erwies, und bat sie, es sich auf den dort stehenden Sofas bequem zu machen, während er sie über die neusten Ergebnisse und den Stand der Dinge informieren würde. Nachdem sich Doring verabschiedet und auf den Weg zum Aufzug gemacht hatte, positionierte sich der Doktor in der Mitte des Raumes, damit er sich jedem seiner Besucher gut zuwenden konnte, und begann zu erzählen.

»Meine Herren! Ich bin sehr erfreut, dass Sie es so schnell geschafft haben, hierherzukommen. Die Zahl der Kranken wächst täglich und hat nun einen Stand erreicht, der die ordentliche medizinische Versorgung und Betreuung bei weitem überschreitet. Wir haben so gut wie jedes verfügbare Bett belegt, ganz zu schweigen von den Tausenden von Toten, die hier gelagert und täglich abtransportiert werden. Wir erfuhren von einem der Überlebenden aus der Walking Mind Corporation vor seinem Ableben, dass es sich bei vielen der Stoffe um toxische Chemikalien, diverse gefährliche Bakterienstämme und militärische Kampfstoffe handelt. Genauere Angaben konnte er bis zu seinem Tod nicht machen. Zuerst fiel unser Verdacht auf Erreger, wie Ebola zum Beispiel. Doch nach etlichen Untersuchungen und Vergleichen mussten wir uns eingestehen, dass uns die Stammzellen, die wir zum Teil isolieren konnten, völlig fremd sind. Auch die Obduktionen, die wir daraufhin durchführten, bestätigten unseren Verdacht auf Ebola nicht, obwohl an etlichen Leichen einige sehr typische Ebola-Symptome entdeckt wurden. Daraufhin haben wir verschiedene andere Erreger und Stoffe wie Milzbrand und ähnliche getestet. Doch auch hier: Fehlanzeige. Die Menschen hier werden krank und sterben wie die Fliegen, jeden Tag sind es mehr und mehr.«

Er reichte jedem der Männer eine Akte mit den Informationen der letzten Tage und den Ergebnissen und Beschreibungen der einzelnen Kranken und Verseuchten.

»Vor einigen Tagen«, fuhr er fort, »hatten wir einen besonderen Fall, falls man das so nennen darf. Einer der Kranken verweste stellenweise über Nacht – sehen Sie bitte auf Seite 39 nach. Dabei quollen seine Innereien teilweise durch die entstandene Öffnung nach aussen.«

Der Doktor drehte sich einmal um sich selbst, um zu sehen, ob jemand eine Frage hatte. Als sich niemand meldete, fuhr er fort: »Bei diesem Fall war das Ausmass etwas anders als bei den vorherigen Opfern. Zum ersten Mal wurde hier beobachtet, in welchem Zeitraum die Verwesung einsetzte und wie diese Veränderung die körperliche Anatomie massiv beeinträchtigte. Ich gehe stark davon aus, dass die Chemikalien und wer weis was sonst noch alles in diesem Massengrab steckt, in dieser verseuchten Zone auf dem Gelände der Walking Mind Corporation, hier seinen Teil dazu beigetragen hat. Genaueres kann ich ihnen leider zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht sagen. In Ihrem Dossier können Sie alles, was wir bis jetzt in Erfahrung bringen konnten, in Ruhe nachlesen.«

Das Labor des Doktors war mit vielen medizinischen Geräten ausgestattet. Vom Hochleistungsrechner bis zum Biolab war alles da, was ein Ärzteherz begehrte. Doring hatte ihnen also nicht zu viel versprochen. Der Doktor führte sie in sein Büro hinüber, als ihnen von dort eine sehr attraktive, gut gekleidete Frau mit kurzen, dunklen Haaren, einem sexy Jupe, einer hellen Bluse und High Heels entgegengeeilt kam. Sie hatte lange Beine und eine super Figur.

»Doktor Schreier«, sagte die Frau, »ich habe hier die neusten Ergebnisse der Versuche mit dem Milzbrand-Typus. Die ersten Resultate sind allerdings alles andere als zufriedenstellend. Keinerlei Anzeichen auf positive Reaktionen.« Sie wandte sich dem Commander und seinen Männern zu und musterte sie erst ein wenig kritisch, bevor sie das Team mit den Worten »Guten Tag, meine Herren« begrüsste.

Schreier war sichtlich enttäuscht von den Resultaten und warf die Ergebnisunterlagen achtlos und genervt auf seinen Schreibtisch.

»Mist, wieder ein Fehlschlag.« Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich in seinen hohen Lederstuhl. Gedankenversunken und mit ins Leere gerichtetem Blick sah er Dawn an, bis ihm plötzlich einfiel, dass er noch etwas vergessen hatte.

»Ehe ich es vergesse – Frau Doktor Dimitra Lobotov, darf ich Ihnen Herrn Dawn von der Special Task Force vorstellen? Sie werden uns bei unseren Untersuchungen behilflich sein und selbst einige Nachforschungen machen. Ich wäre froh, wenn Sie das Team nach Kräften unterstützen würden.«

Dimitra nickte beistimmend und wandte sich an den Commander: »Angenehm. Nennen Sie mich Dimitra. Und wenn Sie etwas brauchen, melden Sie sich bei mir oder hinterlassen Sie eine Nachricht bei Doktor Schreier.«

Dawn nahm ihr Angebot dankend an und nutzte die Gelegenheit, um sich und seine Männer vorzustellen: »Ich bin Karl, und das sind meine Männer: Mark, Elvis … ähm Ted, Ed, José und Charles.«

»Meine Herren«, sagte Doktor Schreier, wieder ganz aus seiner Trance zurückgekehrt, »ich werde Ihnen während Ihrer Anwesenheit mein Büro und sämtliche Geräte zur Verfügung stellen. Hier können Sie ungestört arbeiten. Das Labor verfügt über die meisten benötigten Geräte. Ich arbeite selbst viel hier oben. So vermeiden wir nebenbei neugierige Blicke und Fragen der Betroffenen und Angestellten«, erklärte er.

»In Ordnung. Dann können wir uns ja gleich an die Arbeit machen«, meinte Dawn.

»Ich werde Ihnen gleich die ersten Proben aus dem Labor holen gehen«, sagte Dimitra, durchquerte mit schnellen, eleganten Schritten das Büro und war Sekunden später durch die Tür verschwunden.

Nachdem ihnen das »Pling« signalisiert hatte, dass der Aufzug seine Fahrt mit Dimitra an Bord nach unten angetreten hatte, wandte sich Doktor Schreier mit ernster Mine an Dawn und seine Männer.

»Meine Herren, ich muss Ihnen leider gestehen, dass wir bis jetzt noch völlig im Dunkeln tappen. Wir haben bis jetzt keine Ahnung, mit was wir es hier zu tun haben. So etwas habe ich in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt. Ich verlange absolute Diskretion in dieser Sache.«

Während sich José im Büro umsah, bemerkte er fast beiläufig: »Dies scheint mir ein sehr massiver Bau zu sein. Auch Ihr Büro wirkt irgendwie …«

»… wie ein Bunker, statt wie ein normales Büro?«, meinte Schreier leicht amüsiert.

»Genau«, nickte José. »Irgendwie so.«

»Das liegt wohl daran«, führte Schreier aus, während er in seinem Büro auf- und abschritt, »dass das SinAid im Jahr 1974 mit dem Hintergedanken gebaut wurde, im Ernstfall vom Militär als Kriegs- und Katastrophenversorgungspunkt oder Basis genutzt werden zu können. Auf dem Dach haben wir einen Helikopter, der immer startbereit ist, und hier oben im Büro haben wir zwei Räume voller Notreserven. Alles wird jedes Jahr auf seine Tauglichkeit geprüft. Es gibt hier auch einen Notaufzug, der bis in die 20. Etage fährt und sich im Feuertreppenhaus öffnet, gleich am Ende des Treppenhauses neben der Zugangstür zur 20. Etage. Das Feuertreppenhaus lässt sich nur vom Treppenhaus her öffnen – ausser natürlich, wenn Feueralarm ausgelöst wird. Dann entriegeln sich die Türen selbständig, und das Treppenhaus kann von der Etage her geöffnet und betreten werden.«

Verblüfft schaute Elvis die Wände genauer an. »Und so etwas ist nötig?«, fragte er.

Schreier zuckte die Achseln. »Bis jetzt war es das noch nicht«, antwortete er. »Aber beim Bau damals war es wohl eine der Vorschriften. Zudem sind alle Türen feuerfest und mit einem Panzerglasfenster ausgestattet, das den Rettungskräften den Einblick auf die jeweilige Etage ermöglicht. Man möchte ja im Notfall die Tür nicht öffnen und sich dann einer Feuerhölle gegenüber sehen.

Die Etagen sind, von oben gesehen, in sechs Sektoren und eine Etagenlobby aufgeteilt. Die Sektoren sind von links oben nach rechts unten von eins bis sechs angeordnet, und die Etagenlobby befindet sich jeweils in der Mitte des Gebäudes, dort, wo die ganzen Aufzüge sind.«

Nach einem kurzen Rundgang und der Besichtigung der Reserven ging Doktor Schreier wieder seinen Untersuchungen nach, und Dawn und sein Team begannen ihrerseits, ihre Geräte aufzubauen und sich einzurichten. Eddy und José wollten gerade mit den Gerätetests beginnen, als Dimitra die ersten Proben vorbeibrachte.

»Hier sind die aktuellsten Proben. Ich hoffe, es ist für den Anfang genug Material, ansonsten bestellen Sie bei mir oder Doktor Schreier weitere zur Analyse.«

Der Commander bedankte sich und wollte von ihr wissen, ob es sich dabei um die noch zu testenden Milzbrand-Typen handle.

»Ja«, nickte sie. »Einige Stämme haben wir noch nicht analysiert. Die Resultate mit den Vorgängertypen waren allerdings alle negativ. Vielleicht sind wir die Sache auch von einer falschen Richtung her angegangen. Es könnte ja auch eine Mutation des Stamms sein. Wir konnten uns bis jetzt lediglich auf den Hauptstamm konzentrieren.«

Dawns Team gab gerade die ersten Proben in den Stammzellenspektrografen zur Analyse ein, als Doktor Schreier sie bat, ihn in den Obduktionsbeobachtungsraum zu begleiten. Dort würde jeden Moment die Obduktion von Miro Sollik beginnen, was bestimmt einige Fragen klären – oder weitere aufwerfen würde.

»Die Frau von Miro Sollik, Jelena Sollik, ist nach ihrem Zusammenbruch zur Überwachung in die Notaufnahme des Krankenhauses gebracht worden«, erklärte er, während er die Männer aus seinem Büro in Richtung der Aufzüge führte. »Ihr Zustand hat sich aber massiv verschlechtert. Sie wurde vor einigen Minuten auf die Intensivstation verlegt.«

KAPITEL 2 // Die Ausbreitung

Der Obduktionsbeobachtungsraum bot ihnen einen hervorragenden Blick von oben durch eine pyramidenförmige Glaskonstruktion in den Obduktionsraum hinunter. Doktor Schreier erklärte ihnen, dass der Fall Miro Sollik absolute Priorität habe, da dieser noch frischer sei als der des Walking-Mind-Angestellten, und zudem habe Sollik in dem dortigen Massengrab, welches nun als verseuchte Zone bekannt und gesperrt worden war, gearbeitet.

»Die Chancen stehen gut, neue Anhaltspunkte zu entdecken«, erklärte er ihnen.

Die mit Bewegungsmeldern ausgestattete vollautomatisierte pneumatische Tür unter ihnen öffnete sich mit einem leisen Zischen, und Miro Solliks Leichnam wurde von zwei Pathologen auf einer Rollliege in den Obduktionsraum gerollt und auf den abgenutzten und matt gewordenen Obduktionstisch gelegt.

»Guten Morgen, Harvey, Martin«, begrüsste Doktor Schreier die beiden Pathologen und winkte kurz zu ihnen hinunter.

»Morgen, Doktor Schreier«, nickte Harvey zurück.

»Na, so früh schon wieder Arbeit für uns?«, meinte Martin mit einem aufgesetzten Lächeln.

»Ja, leider«, zuckte Doktor Schreier schuldbewusst mit den Schultern. »Und bestimmt nicht zum letzten Mal, wie die Situation im Moment aussieht …«

Martin legte die Instrumente für die bevorstehende Obduktion bereit und kontrollierte, ob auch alles vorhanden sei und funktionierte, was sie benötigen würden. Harvey zog sich die obligate Schürze, die Handschuhe und den Mundschutz an und fixierte den Brustkorb der Leiche auf dem Obduktionstisch mit den dafür vorgesehenen Lederriemen. Er blickte abwartend zu ihnen in den Beobachtungsraum hoch, nachdem er von Martin die Bestätigung erhalten hatte, dass alles bereit für den Eingriff war.

»Wir wären dann so weit, Doktor Schreier«, sagte Harvey.

»Na dann, legt los«, wies Doktor Schreier die Pathologen an.

Harvey schritt langsam um den Obduktionstisch herum, während er den Leichnam inspizierte. Routinemässig sprach er die Daten für die Tonbandaufzeichnung, die bei solchen Eingriffen obligatorisch waren.

»Name des Toten: Miro Sollik. Alter: 44 Jahre laut den Papieren, die er bei sich hatte. Körpergrösse: 186 Zentimeter. Gewicht: 92 Kilogramm. Physische Reaktionen: negativ. Todeszeit: zirka neun Uhr morgens am Freitag, 24. September 2021. Nach Aussagen seiner Frau Jelena war Miro Sollik bis zwei Tage vor seinem Tod kerngesund. Er weist keine physischen Traumata auf, ausser an der linken Hand. Die linke Hand weist Spuren fortgeschrittener Verwesung auf sowie nässende nekrotische Stellen an Daumen, Zeige-, Mittelfinger und Unterarm. Martin, wir entnehmen einige Proben für die Analyse und führen dann eine Amputation des linken Unterarmes durch. Bereite die Instrumente und Behälter für die Proben vor.«

»Okay Harvey, wird sofort erledigt«, entgegnete Martin und machte sich gleich an die Arbeit, um alles für den Eingriff Notwendige vorzubereiten. »Nehmen wir unser Lied dazu, was meinst du?«

»Klar, wieso nicht«, stimmte Harvey ihm zu.

»Sie hören sich während ihrer Arbeit gerne klassische Stücke an«, klärte Doktor Schreier Dawn und dessen Team auf. »Das sei entspannend und inspirierend. Verkrampft zu arbeiten sei schlecht für die Konzentration, sagen sie. Kürzlich hörten sie sich Beethovens Fünfte an, als sie gerade eine Leiche untersuchten, die dem Brand im Magic Bill’s, einem Fastfood-Restaurant, zum Opfer gefallen war. Sie haben es vielleicht auf Ihrem Weg vom Flughafen hierher gesehen. Es steht … ähm … stand gleich gegenüber des Einkaufszentrums.«

Die ersten sanften Töne von »Peter und der Wolf« erfüllten den Raum unter ihnen, und sie konnten es den beiden Pathologen direkt ansehen, dass sich diese schon ganz in ihrer eigenen Welt befanden.

»Wundervoll, genau mein Geschmack«, schwärmte Charles, der die Augen geschlossen hatte und leicht mit dem Rhythmus mitwippte. »Peter und der Wolf, eines meiner Lieblingsstücke.«

Elvis hingegen meinte mit abschätziger Miene: »Meine Fresse, was ist denn das für Müll. Da lob ich mir aber meinen King allemal.«

»Ihr müsst euch das ja nicht anhören«, mischte sich Eddy in die Diskussion mit ein. »Passt jetzt besser mal auf, ihr zwei, sonst verpasst ihr ja noch die ganze Show.«

»Schluss jetzt mit dem Gerede«, zischte Dawn und warf den beiden einen Blick zu, der nicht hätte deutlicher sein können. »Wir sind hier nicht, um zu diskutieren, sondern um einen Job zu erledigen. Verstanden Jungs? Etwas Aufmerksamkeit, bitte!« Er trat näher an die Scheibenpyramide, um eine gute Sicht auf die Obduktion zu haben. Sein Team tat es ihm gleich.

Harvey blickte zu Doktor Schreier auf.

»Doktor Schreier, wir wären dann so weit.«

»In Ordnung Harvey, beginnen Sie mit dem Standardprozedere«, gab Doktor Schreier ihnen grünes Licht.

Harvey und Martin zogen Schürzen, einen Mundschutz und reissfeste Latexhandschuhe an, die ihnen bis über die Ellbogen gingen. Dann schaltete Martin das Tonband für die weiteren Angaben zur Obduktion wieder ein. Harvey nahm sich als erstes den linken Unterarm vor.

»Aktuelle Zeit: 9.35 Uhr«, sprach er. »Die linke Hand sowie Teile des linken Unterarms weisen Spuren akuter starker Verwesung auf. Die linke Hand sowie der linke Unterarm sind grün-schwarz gesprenkelt und weisen zahlreiche verfärbte Hämatome auf. Die nekrotischen Stellen an Daumen, Zeige- und Mittelfinger sowie am Unterarm sind nässend.«

Während Harvey die zu amputierende Gliedmasse, den linken Unterarm, weiter untersuchte und für den Eingriff abdeckte, bereitete Martin die Instrumente und Geräte für die Amputation vor.

»Die beiden sind ein gutes Team und sehr erfahren auf ihrem Gebiet«, erklärte Doktor Schreier Dawn und dessen Männern stolz. »Sie haben schon einiges zusammen gemacht und sind voll aufeinander eingespielt.«

Martin fixierte den Arm auf dem Obduktionstisch, während Harvey ein letztes Mal die chirurgische Minikreissäge auf ihre Funktion kontrollierte. Dann wechselten die beiden einen letzten Blick.

»Alles bereit?«, fragte Harvey.

»Alles bereit«, antwortete Martin.

Harvey setzte die Säge an und startete sie. Das abrupt aufheulende schrille Geräusch übertönte die im Hintergrund laufende Musik von Sergej Prokofjew genauso brutal, wie die Säge nun in den toten Körper drang. Langsam und gleichmässig trennte Harvey den linken Arm oberhalb des Ellbogens ab. Die Schreie der Säge wurden leicht gedämpft, als sie immer tiefer und tiefer in das Fleisch des Armes drang und wurden schliesslich von einem feinen, dumpf hämmernden Knacken begleitet, als sie sich durch den Knochen durcharbeitete. Blut und kleine Knochensplitter flossen aus dem Schnitt und verschwanden als Rinnsal in dem kleinen Abfluss, der dafür auf einer der Seiten des Obduktionstisches angebracht war. In diesem Moment begann die Leiche von Miro Sollik plötzlich zu vibrieren, ja richtiggehend zu zittern.

»Was war denn das gerade?«, fragte Harvey, der gerade mit dem Abtrennen des Armes fertig geworden war, erschrocken und warf Martin einen fragenden Blick zu.

»Reflexe?«, erwiderte Martin ebenso überrascht.

Harvey schüttelte den Kopf. »Doch nicht so lange nach dem Eintritt des Todes.«

Martin begab sich zu Harvey auf der anderen Seite des Obduktionstisches und musterte die Leiche noch einmal gründlich.

»Hat sich möglicherweise die Vibration der Säge über die Knochen auf sein Skelett übertragen?«

»Möglich wär es schon«, bestätigte Harvey, »aber er hat ja noch weiter vibriert, als ich die Säge schon abgesetzt hatte. Er hat bestimmt fünf oder zehn Sekunden länger vibriert. Doktor Schreier, haben Sie das auch gesehen?«

»Ja, Harvey«, nickte Schreier. »Ich habe es auch gesehen. Machen Sie einen speziellen Vermerk in der Akte und notieren Sie alles bis ins kleinste Detail. Versorgen Sie den Stumpf, und fahren Sie dann mit dem zerebralen Neurocheck weiter. Kontrollieren Sie bitte auch gleich die übrigen Nervenreizleitungen auf Reflexe, nur um sicherzugehen, dass wir nichts übersehen.«

Harvey bestätigte den Auftrag und gab Martin das Zeichen zum Weitermachen. Dann versorgte er den noch frischen Stumpf des abgetrennten Armes, damit dieser möglichst sauber blieb. Martin bereitete sich und die Geräte inzwischen für den Neurocheck vor. Sie brachten einige Klebeioden am Torso und am Kopf der Leiche an und testeten verschiedene Stromreize in diversen Stärken. Die Tests aber ergaben leider keine besonderen Resultate.

»Neurocheck negativ«, gab Harvey zu Band. »Martin, versuchen wir es noch mit dem visuellen Check, mal sehen, ob dabei mehr rauskommt. In Ordnung, wenn wir so weiterfahren, Doktor Schreier?«

»Ja, in Ordnung«, entgegnete Doktor Schreier, nachdem er einen Moment lang überlegt hatte. »Versuchen Sie es, Harvey.«

»Dann beginnen wir jetzt mit dem visuellen Check. Martin, du fixierst den Kopf, und ich werde seine Augen ausleuchten und testen, ob irgendeine Reaktion folgt.«

Martin fasste den Kopf des Leichnams, während Harvey mit einer Taschenlampe die Augen auszuleuchten begann.

»Die Augen weisen kaum noch Pigmentierungen auf, sie sind fast vollkommen weiss. Man kann den Rand der Pupillen und der Linsen nur noch sehr schwach erkennen. Versuchen wir es mal …«, sagte Harvey und schwenkte die Taschenlampe kontinuierlich von links nach rechts, zurück zur Mitte und dann nach unten und nach oben, wie es bei visuellen Standardtests üblich war. Nach ein paar Sekunden hielt er mitten in der Bewegung inne.

»Was ist denn …«, fragte Martin, als er das Erstarren seines Kollegen bemerkt hatte. Die restlichen Worte des Satzes brachte er nicht mehr über seine Lippen. Er starrte nun ebenfalls gebannt auf das, was auch Harvey hatte erstarren lassen.

»Seine Augen …«, stammelte Harvey, »seine Augen bewegen sich zum Licht der Taschenlampe. Das ist doch unmöglich. Wie kann das nur sein.«

Die Augen bewegten sich in ihren Höhlen. Die blassen Linsen huschten nervös über die Augäpfel und schienen sie richtig zucken und zwinkern zu lassen. Zuerst wirkte der Ausdruck der Augen fragend, dann entsetzt, und daraufhin erfüllte Schmerz und Hass den Blick. Miro begann plötzlich leise Laute von sich zu geben, ein Grunzen und Jaulen, das sich immer schneller in lautes, schmerzverzerrtes Gekreische steigerte. Es dauerte nur wenige Sekunden an.

Während Martin den Kopf noch immer mit beiden Händen krampfhaft umklammert hielt, war Harvey erschrocken einen Schritt zurückgewichen und dabei gegen einige Geräte gestossen. Diese gewährten ihm etwas Halt, sodass er nicht stürzte. Doktor Schreier schien ebenfalls wie gelähmt zu sein, schaffte es aber schliesslich irgendwie, sich aus dem Bann zu lösen.

»Harvey, Harvey«, schrie er dem Pathologen zu, »mein Gott, was ist das? Wie konnte das passieren?«

Harvey, der erst nach einigen Sekunden merkte, dass er mit der Frage gemeint war, schaute verdutzt nach oben zu Doktor Schreier, zuckte mit den Schultern und setzte zu einem »Ich … äh …« an, da drehte sich der Kopf in Martins Händen mit einer schnellen Bewegung und biss wie wild um sich. Geifernd und mit animalischem Gekreische schnappte der Kopf um sich. Bei der zweiten Drehung war Martin von der Abruptheit überrascht, und leider stand er auch viel zu nah. Die Zähne schnappten zu und bissen sich durch den Handschuh tief in das Fleisch seiner rechten Hand. Ein kleiner Sprühregen aus Blut besprenkelte sofort das blasse und hasserfüllte Gesicht der Person, die einmal Miro Sollik gewesen war.

Martin versuchte seine Hand aus dem Biss zu lösen und zerrte wie wild an seinem Handgelenk herum. Doch vergebens. Harvey schreckte ein paar Schritte zurück und stiess dabei erneut gegen die medizinischen Geräte und Tabletts, auf denen chirurgische Instrumente für den Eingriff bereitlagen. Skalpelle, Tupfer, Pinzetten und Klemmen, alles fiel kreuz und quer zu Boden. Auch der abgetrennte Arm kam zu Fall. Das Klirren und Scheppern der Tabletts und Instrumente, die auf den Boden knallten, verschwand gänzlich in dem Geschrei, das Martin im Kampf um seine Hand von sich gab. Er riss weiter wie ein Irrer an seinem Handgelenk.

»Du verdammter Bastard, du verdammter Hurensohn«, fluchte er lautstark. Nach einigen weiteren kräftigen Versuchen gelang es ihm schliesslich, sich aus dem Biss zu lösen. Sein Daumen war vollständig abgebissen worden. Ein Stückchen Sehne ragte noch aus dem Stummel, auf dem sich zuvor sein Daumen befunden hatte.

Während Martin sich befreite, schrie Doktor Schreier Harvey zu, er solle Martin doch um Gottes Willen von dem beissenden Ungetüm entfernen und sich um seine Hand kümmern. Doch Harvey starrte immer noch wie hypnotisiert auf die Leiche, die alles andere als tot wirkte und sich jetzt immer mehr vom Obduktionstisch loszureissen versuchte. Währenddessen kaute sie geifernd und gierig auf dem Rest des Daumens herum, würgte diesen schliesslich runter und schnappte dabei weiter wild um sich und kreischte wie von Sinnen.

Doktor Schreier forderte aus der Notaufnahme medizinisches Personal an. Sie sollten sofort Raul und Amos, die beiden Sanitäter, nach oben schicken. Es gebe hier einen verletzten Mitarbeiter, der dringend versorgt werden müsse.

»Bisswunden«, erklärte er dem Telefonisten aus der Notaufnahme, der die Erstabklärung telefonisch entgegennahm. »Ja, in den Obduktionsraum«, bestätigte Doktor Schreier und beendete das Gespräch.

Martin stand inzwischen an der sich langsam öffnenden Tür und hämmerte fluchend auf sie ein. Sie solle verdammt noch mal endlich aufgehen, stöhnte er, während der wiedererwachte Leichnam von Miro schreckliche Laute ausstiess und nun wild an den Riemen zerrte, die ihn auf dem Tisch fixierten.

Die Tür war auf. Wenigstens soweit, dass es Martin gelang, sich hindurchzuzwängen und auf den Stationskorridor zu gelangen. Beim Durchschlüpfen betätigte er geistesgegenwärtig den Türknopf, der den Obduktionsraum wieder verriegelte. Somit war der Raum fürs erste sichergestellt. Kaum durchgestiegen, sprintete er hastig in Richtung der Aufzüge und war aus dem Blickfeld verschwunden.

Doktor Schreier schrie Harvey zu, er solle den Raum ebenfalls so schnell wie möglich verlassen und Martin folgen.

»Harvey, halten Sie Martin solange fest, bis die Sanitäter hier oben sind und sich um ihn kümmern können. Nun machen Sie schon«, drängte Doktor Schreier, der langsam nervöser und ungehaltener wurde. »Und Harvey, verriegeln Sie um Himmels Willen wieder die Tür, wenn Sie draussen sind. Nun machen Sie schon, bevor er sich losgerissen hat …!«

Endlich rührte Harvey sich und eilte auf die Tür zu. Als er sie schon fast erreicht hatte, wurde er vom Toten zurückgerissen und scharf attackiert. Niemand hatte in der ganzen Hektik bemerkt, dass er es geschafft hatte, sich ganz von seinen Fesseln zu befreien. Nun zerrte er wie wild an Harvey herum und schnappte mit seinen Zähnen gierig nach ihm. Harvey schlug und trat auf ihn ein und versuchte sich mit Händen und Füssen zu wehren, aber die Gier und die Aggression des Toten waren zu stark. Er erwischte Harvey mehrmals an dessen Armen und Händen und biss dort ganze Stücke Fleisch aus ihm heraus. Noch gieriger arbeitete er sich dann weiter Richtung Schulter vor, prügelte und schlug dabei wie von Sinnen um sich und biss auf alles ein, was ihm vor den Kiefer kam. Harvey schrie wie am Spiess und blieb mit an den Brustkorb gepressten Armen und vor Schmerzen geschüttelt stehen, da wurde er erneut attackiert. Er wurde zu Boden gerissen und richtiggehend zerfleischt, bis er nur noch leicht zappelnd, von zahlreichen Bisswunden übersät, in einer riesigen und immer grösser werdenden Blutlache auf dem Rücken liegenblieb. Der Untote begann sein Opfer aufzufressen, indem er Harvey die Gedärme aus dem Leib riss.

Doktor Schreier eilte zur Tür und befahl Dawn und dessen Team, ihm in sein Büro zu folgen. Von dort aus könne er jeden Raum über die Kontrollkonsole sperren und kontrollieren. Von dort aus könne er auch alles, was im Gebäude geschehe, über die Videokameras beobachten. In seinem Büro angelangt, eilte Doktor Schreier an die Kontrollkonsole, sperrte sofort den Obduktionsraum und schaltete die Videoüberwachungszentrale ein. Auf einem der Monitore war gerade zu erkennen, wie Martin sich in einen Aufzug stürzte und sich die Tür des Aufzugs schloss. Der Monitor, der den Obduktionsraum zeigen sollte, baute gerade das Bild auf, als ein schrilles Klingeln die hektische Situation noch mehr verschärfte.

»Das ist der Feueralarm«, rief Doktor Schreier und tippte hastig etwas in die Konsole ein. »Er wurde im Aufzug, in dem Martin nach unten fährt, ausgelöst.«

Martin stand im Aufzug und umklammerte sein rechtes Handgelenk. Als der Aufzug endlich das Erdgeschoss erreichte, brach er zusammen. Die Aufzugstüren öffneten und schlossen sich im Erdgeschoss, aber Martin lag bewusstlos am Boden. Nun hatten sich auch die grossen Feuertüren geschlossen, die bei einem Brand dafür sorgten, möglichst viele kleinere Bereiche voneinander abzutrennen, statt grosse Sektoren wie eine ganze Etage dem Feuer überlassen zu müssen. Vier Krankenschwestern, die nahe des Aufzugs plauderten, wurden auf den regungslosen Körper im Aufzug aufmerksam und eilten herbei, um Martin zu helfen. Doktor Schreier, Dawn und dessen Team hatten am Monitor verfolgt, wie Martin im Aufzug zusammengebrochen war und wie er jetzt von den Krankenschwestern Hilfe bekam.

»Kommen Sie, meine Herren«, sagte Doktor Schreier. »Ich führe Sie zum Aufzug, damit wir uns im Erdgeschoss selbst ein Bild machen können.« Er beteuerte ihnen, er überwache alles Weitere aus der Überwachungszentrale und gebe die Infos via CUs (»Communication Units») an sie weiter.

Im Erdgeschoss bemühten sich die Krankenschwestern, dem bewusstlosen Martin erste Hilfe zu leisten. Die Aufzugstüren öffneten und schlossen sich weiter ununterbrochen. Als die Türen sich wieder öffneten, stand Martin alleine im Aufzug, und alle vier Krankenschwestern lagen in eigenartiger Anordnung und Körperhaltung auf dem Boden der Aufzugskabine. Die Aufzugstüren schlossen sich erneut und öffneten sich daraufhin erneut mit ihrem typischen »Pling». Einige der in der Eingangshalle anwesenden Personen, die auf medizinische Hilfe hofften und das Geschehen beobachtet hatten, bewegten sich nun auf den Aufzug zu, um das Geschehen besser beobachten zu können. Als sich der Aufzug erneut mit seinem »Pling« zurückmeldete, standen zwei der Krankenschwestern neben Martin wieder auf den Beinen, allerdings in einer etwas ungewöhnlichen Haltung. »Pling« – der Aufzug schloss sich wieder und öffnete sich daraufhin sofort erneut. Die Leute waren inzwischen noch näher an den Aufzug herangetreten. Die dritte Krankenschwester war gerade dabei, sich vollends aufzurichten, während die vierte noch am Boden liegende Schwester ihren Kopf abrupt zu den Leuten in der Lobby drehte und gierig in deren Richtung keifte.

Martin, der mittlerweile eine Fratze aus Hass anstelle seines Gesichts hatte, liess einen schrillen Schrei aus seiner Kehle ertönen und hetzte aus dem Aufzug heraus und auf die versammelten Zuschauer los. »Pling« – die Aufzugtüren schlossen sich erneut und zerquetschten dabei Martins Kopf mit einem markigen Knacken. Der Druck der Türen war so stark, dass ein Auge aus Martins Kopf gequetscht wurde. Mit einem leisen Platsch fiel es vor dem Aufzug zu Boden. Die Menschen in der Lobby wichen erschrocken zurück, und mit einem erneuten »Pling« öffnete der Aufzug erneut seine Tore und gab nun den Blick auf alle vier geifernden Krankenschwestern frei.

Sie stürzten sich regelrecht aus dem Aufzug, stürmten in die Halle der Lobby und attackierten wild alles und jeden, der irgendwie zu fassen war. Die erste von ihnen, die aus dem Aufzug trat, trat dabei auf das am Boden liegende Auge und zerquetschte es so, dass es seitlich unter der Gummisohle ihres Sportschuhs als kleiner weisslicher Schwall über den Boden spritzte.

Als Dawn und sein Team im Aufzug nach unten in die Eingangshalle fuhren, hörten sie schon durch den Aufzugsschacht, wie die Menschen im Erdgeschoss schrien. Eine unglaubliche Hysterie schien dort zugange. Doktor Schreier stand wieder vor dem Monitor in der Beobachtungszentrale und sah, was für ein Spektakel in der Halle los war. Er warnte Dawn und dessen Männer über CU und konnte den Aufzug gerade noch ausschalten, als dessen Türen sich im Erdgeschoss schon um einige Zentimeter geöffnet hatten. So sahen Dawn und seine Leute den Horror, der sich in der Eingangshalle abspielte. Als sie erblickt wurden, versuchten vier oder fünf dieser Wesen sie auch gleich heftig anzugreifen. Sie versuchten sich durch den Spalt der Türen in den Aufzug zu zwängen und packten und griffen gierig kreischend nach Dawn und den anderen. Eines der Wesen versuchte gar, seinen Kopf durch den Spalt zu drücken, aber Dawn stand sofort einen Schritt zurück und trat dem Wesen mit voller Gewalt ins Gesicht. Dann packte er einen der durchgreifenden Arme und brach diesen ab.

»Scheisse! Zugriff Leute, Zugriff«, rief Dawn, und nun packte jeder von ihnen einen der Arme, die gierig nach ihnen griffen, und brach diese.

Charles hatte sich gerade einen zweiten Arm gepackt, als der Aufzug sich mit einem leichten Ruck zögerlich wieder nach oben zu bewegen begann. Er hielt den Arm der Bestie weiterhin fest umklammert, bis er am oberen Türrahmen des Aufzugs vom Boden des Aufzugs abgetrennt wurde. Ein wildes Gekreische ertönte, scheinbar realisierte die Kreatur den Verlust ihres Armes und dass sie ihre Gelegenheit auf einen »Imbiss« vertan hatte.

»Nix Häppchen, du verdammter Penner«, schrie Charles gegen den Grund des Aufzugs.

Als Dawn und seine Männer oben im Penthouse ankamen, wurden sie von Doktor Schreier, der den Aufzug nach oben geholt hatte, ungeduldig empfangen.

»Um Himmels willen, was ist denn da unten nur los?«, wollte er aufgebracht wissen.

Froh, dass sie es unbeschadet wieder nach oben geschafft hatten, klärte der Commander den Doktor über die Ereignisse in der Lobby auf.

»Es scheint, als hätten alle eine Art Tobsuchtsanfall. Sie zerfleischen einander gegenseitig regelrecht und weisen ein ungeheures Mass an Aggression und Brutalität auf. Was ist mit Harvey und Martin?«

Doktor Schreier setzte eine betroffene Miene auf. »Tot, glaube ich. Harvey liegt im Obduktionsraum, und Martin brach im Aufzug zusammen, kurz bevor er die Eingangshalle im Erdgeschoss erreicht hatte.«

»Tot, glauben Sie?«, fragte Dawn nochmals nach. »Sind Sie sich absolut sicher? Was wollte er denn eigentlich in der Eingangshalle, etwa zur Notaufnahme? Zu all diesen Menschen? Wenn eines dieser Biester durchbricht und zu uns vorstösst oder es sogar einzelne nach draussen schaffen, dann wird’s richtig hässlich.«

»Was haben denn Harvey und Martin mit dem Gemetzel in der Eingangshalle zu tun?«, wollte Doktor Schreier überrascht wissen. »Glauben Sie etwa, dass Harveys Unfall mit diesem Massaker in der Eingangshalle etwas zu tun hat?«

»Bei Harvey bin ich mir nicht sicher«, antwortete der Commander. »Aber Martin kommt ganz klar als Einziger in Frage, die Infektion übertragen zu haben. Nur er kann es sein. Er hatte als Einziger Kontakt mit der Kreatur und wurde dabei auch noch kontaminiert. Nur er konnte infiziert den Obduktionsraum verlassen. Er ist dann im Aufzug seinen Verletzungen erlegen, bevor er die Eingangshalle erreicht hat. Harvey wurde von Miros Leichnam im Obduktionsraum getötet. So wie es aussieht, hat Martin sich in der Zeit, als wir nach unten fuhren, in eine blutrünstige Bestie verwandelt. So wurde er zu einer Gefahr für die anderen und somit auch für uns«, fuhr er fort.

»Eine Gefahr für uns und andere?« Doktor Schreiers Stimme zitterte. »Sie reden hier über ehemalige Mitarbeiter von mir. Freunde, die nun als Tote auf die lebenden Menschen losgehen und diese fressen.«

»Moment mal«, meldete José sich zu Wort, »reden wir hier etwa von verdammten Zombies?! Untote, die warmes Fleisch zum Fressen brauchen? Hijo de puta! Meine Grossmutter hat mir als Kind immer davon erzählt, aber das sind Kindergeschichten, nichts Wirkliches, dachte ich zumindest immer.«

»Meinst du etwa damit, dass alle, die von diesen Biestern getötet und gefressen werden, auch zu diesen gefrässigen Zombies werden?«, wollte Dawn wissen.

»Ja, zumindest hat mir das meine Grossmutter immer so erzählt. Die Toten werden eines Tages kommen, um sich an den Lebenden zu rächen«, erklärte José. »Wie das genau vor sich gehen würde, wusste meine Grossmutter auch nicht«, fuhr er fort, als er sah, dass Charles, Commander Dawn und das restliche Team ihn mit fragenden Blicken ansah. »Sie benutzte nur häufig, wenn sie mir von den Untoten erzählte, ein Zitat aus einem dieser alten Kultfilme, die sie so liebte: Wenn es in der Hölle keinen Platz mehr hat, werden die Toten auf der Erde wandeln.«

»Und du glaubst, sie hatte recht? Woher konnte sie so etwas wissen?«, wollte Mark wissen.

»Was weiss ich«, rechtfertigte sich José, »ich war damals acht oder neun Jahre alt. Meine Grossmutter ist schon seit etlichen Jahren tot. Als Kind glaubt man noch so manches, was einem die Grossmutter oder der Grossvater erzählen.«

»Das klingt nach Arbeit, nach verdammt viel Arbeit«, fluchte Dawn leise vor sich hin. »Team, ich berufe eine Lagebesprechung ein. In fünf Minuten im Büro von Doktor Schreier. Abtreten.«

»Die Lage ist ernst«, begann Commander Dawn, als sich alle versammelt hatten. »Wie es scheint, haben wir es hier mit einer sehr schwierigen Situation zu tun. Nach dem ersten Eindruck, den ihr ja alle selbst bekommen habt, scheint es aussichtslos zu sein, mit diesen Wesen kommunizieren zu wollen. Sie greifen alles an, was lebt und sich bewegt. So wie es aussieht, scheint es momentan auch unmöglich zu sein, die Eingangshalle säubern zu wollen. Es sind viel zu viele dieser Untoten da draussen. Wenn wir nur eine Lücke haben und diese Kreaturen durchbrechen, ist es sofort aus mit uns. Unmöglich ist zurzeit meiner Meinung nach auch ein Zugriff von der zweiten Etage aus in die Eingangshalle. Wer weiss, wie viele dieser Dinger sich hier überall aufhalten und uns in den Rücken fallen könnten. Wir müssen also versuchen, das Gebäude von oben nach unten zu säubern. Daraus ergibt sich meiner Meinung nach nur eine Lösung für dieses Problem.« »Konsequente Vernichtung?«, fragte Elvis, ins Leere blickend.

Ed und José nickten beistimmend.

»Korrekt, Elvis«, pflichtete Dawn ihm bei. »Uns bleibt leider keine andere Wahl. Doktor Schreier hat mir zuvor erklärt, dass durch den Feueralarm, den Martin im Aufzug ausgelöst hat, die Feuertüren das Treppenhaus im ganzen Gebäude von den Etagen getrennt haben. Jede Etage wird durch mehrere weitere kleinere Feuertüren zusätzlich in sechs einzelne Sektoren und die Lobby, in der sich die Aufzüge befinden, unterteilt. So können grossflächige Brände vermieden und die Feuerherde eingedämmt und isoliert werden, wie uns Doktor Schreier bereits sagte. Doktor Schreier gibt uns noch den Hauptcode, damit wir die Feuer- und Sicherheitstüren bei Bedarf öffnen und schliessen können. So können wir uns Sektor für Sektor vorarbeiten, ohne auf Überraschungen zu treffen. Doktor Schreier wird unsere jeweiligen Einsatzzonen vom Kontrollraum aus über den Monitor beobachten und uns über die Geschehnisse in unserem Einsatzgebiet auf dem Laufenden halten. Und er wird uns natürlich warnen, falls eines dieser Biester plötzlich auftauchen sollte. Wir wissen nicht, ob einige der Infizierten in das Gebäude gelangt sind, bevor die Feuertüren die Etagen sicherten und wenn ja, wie viele es sind. Sicher ist nur, dass es im ganzen Gebäude an die fünftausend Patienten und rund fünfhundert Angestellte hat. Alle sind stark gefährdet oder möglicherweise schon von diesen Kreaturen angefallen worden. Wir können davon ausgehen, dass sie sich im Haupttreppenhaus bis ganz nach oben vorarbeiten können. Jedoch ist unklar, bis zu welcher Etage sie bislang eindringen und Menschen anfallen konnten. Fest steht: Wir müssen extrem vorsichtig vorgehen. Immer in Dreierteams, immer zusammen bleiben, einer schaut vorne, einer deckt hinten, und der in der Mitte inspiziert die Örtlichkeit oder die Räumlichkeit visuell. Macht keine ruckartigen Bewegungen oder unüberlegte Aktionen – schon gar nicht, wenn ihr Sichtkontakt zu einem dieser Zombies habt. Wir wissen nicht, auf was diese Dinger reagieren, gehen aber stark davon aus, dass sie sich hauptsächlich nach optischen und olfaktorischen Reizen orientieren und natürlich auch auf Geräusche reagieren.«

»Olfakt-was?«, wiederholte Mark mit fragendem Blick.

»Olfaktorisch bedeutet den Geruchsinn betreffend.«

»Dann reagieren sie also auf Gerüche, Geräusche und Sichtkontakt«, meinte Mark. »Toll.«

»Korrekt, Mark, korrekt«, nickte Dawn zustimmend und klopfte ihm auf die Schulter.

Elvis machte einen kleinen, für den King typischen Hüftschwung und meinte: »Na, dann hoffe ich doch, dass ihr alle geduscht habt, bevor ihr hier auf die Party gekommen seid.«

»Ruhe, Elvis«, ermahnte Dawn ihn scharf. »Die Lage ist ernst und verlangt Konzentration und Präzision. So wie diese Zombiewesen drauf sind, kann ein einziger kleiner Fehler, eine winzige Unachtsamkeit, tödlich für unser Team sein. Wir wissen noch nicht genau, wie wir sie erledigen können. Also seid wachsam, koordiniert euch und seid stets auf der Hut. Riskiert nichts und geht besser in eine sichere Zone zurück oder eröffnet das Feuer, bevor ihr plötzlich von diesen Dingern eingeengt werdet oder umzingelt seid. Noch Fragen? Dann kommen wir jetzt zur Teamaufteilung. José, du führst Team Alpha. Mark und Charles, ihr geht mit José. Team zwei sind Teddy … ähm … ich meine – Elvis und Ed, ihr kommt mit mir. Wir bleiben nonstop in Funkkontakt und halten uns ständig gegenseitig auf dem Laufenden, damit wir uns bei Gefahr so schnell wie möglich koordinieren und positionieren können oder uns gegebenenfalls auch aus dem Staub machen können. – Weitere Fragen? Keine? Na dann abtreten, Waffen fassen und ausrüsten. In fünf Minuten geht’s los«, befahl der Commander und liess seine Männer abrücken, um sich für den Einsatz bereitzumachen.

Nachdem sie sich mit Waffen und Munition ausgestattet hatten, machten sie letzte Checks.

»CU-Check, alle online? Team Alpha?«

»Ready«, bestätigte José klar und deutlich.

»Team Omega, ready«, meldete sich auch der Commander.

Doktor Schreier informierte sie, dass zur Zeit die 17. bis 20. Etage leer stünden, da dort gerade die jährlichen Desinfektions- und Renovationsarbeiten im Gange seien.

»Hier haben Sie den Code, den Sie benötigen, um die Feuer- und Sicherheitstüren zu öffnen«, fuhr er fort. »Er lautet zwei-zwei-sieben-sechs und funktioniert an jeder Tür im Gebäude.« Gerade als Doktor Schreier weitere Infos an Karl und dessen Team geben wollte, wurde er durch das Klingeln seines schnurlosen Haustelefons unterbrochen.

»Tag Doktor«, meldete sich Raul, der Sanitäter. »Sagen Sie mal, das hier im Obduktionsraum sieht aber nicht gerade nach einer kleinen Bisswunde aus. Da steht ein Typ drin, es scheint Harvey zu sein, und er sieht sehr ungehalten aus. Und, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, hungrig.«