Change Playbook - inkl. Arbeitshilfen online - Markus Müller - E-Book

Change Playbook - inkl. Arbeitshilfen online E-Book

Markus Müller

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Beschreibung

Veränderungsprozesse sind oft komplex und langwierig. Die üblichen Tools zur linearen Planung funktionieren da nicht mehr. Das "Change Playbook" zeigt, wie ein spielerisches und agiles Vorgehen umgesetzt werden kann: Das Kernstück ist der "Change Playkit". Dieser Werkzeugkasten umfasst zahlreiche Hilfsmittel, mit denen man Veränderungsprozesse visuell und spielerisch planen und gestalten kann. Zur Visualisierung dient die Change Canvas. Ein beispielhaftes Unternehmen ("EXEMPLIO AG") taucht mit einem fiktiven Veränderungsprozess immer wieder als "roter Faden" im Buch auf und zeigt, wie man am besten mit dem Change Playkit und der Canvas arbeitet.   INHALT - Wie man sich in komplexen Transformationen spielerisch an Lösungen herantastet - Human Centered Design als agiles Mindset im Veränderungsprozess - Prototyping im Veränderungsprozess - Kreativmethoden für einen Change - Das CHANGE POSTER für private Veränderungen

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Seitenzahl: 218

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[7]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort & Prolog1 Was sind Veränderungen?1.1 Ohne Veränderung, keine Entwicklungen und Innovationen1.2 Einfachheit als Kernfaktor1.3 Was ist Changemanagement?2 VUCA als Herausforderung, VUCA als Lösung2.1 Was genau bedeutet VUCA? 2.2 Weitere Dimensionen von VUCA2.3 Gefahr: Fehlende Empathie beim Changeprozess 3 Bevor wir starten …3.1 Verschiedene Prozessarten erkennen3.2 Die Vision im Veränderungsprozess3.3 Ein Blick auf die Philosophie des Human-Centred-Designs3.3.1 Die Phasen des »Design Thinkings«3.3.2 Vergleich Design Thinking – agiles Changemanagement3.4 Vier Kreativmethoden für die Phase der Vision- und Zielfindung4 Das Change Playkit4.1 CHANGE THIS POSTER!4.2 Die (vereinfachte) Arbeit mit dem Change Poster4.2.1 Das erste Feld: Visionen und Ziele4.2.2 Das zweite Feld: Akteure4.2.3 Das dritte Feld: Akzeptanz4.2.4 Das vierte Feld: Pains 4.2.5 Das fünfte Feld: Botschaften4.2.6 Das sechste Feld: Maßnahmen, Kanäle und Plattformen4.2.7 Das siebte und letzte Feld: Timeline4.3 Die (vertiefte) Arbeit mit dem Change Poster4.3.1 Visionen und Ziele4.3.2 Die Rollenklärung4.3.3 Die Akteure4.3.4 Akzeptanz4.3.5 Pains 4.3.6 Botschaften4.3.7 Maßnahmen, Kanäle und Plattformen4.3.8 Kreativmethoden für die Kommunikationsphase4.3.9 Timeline 4.4 Agiles Arbeiten und rollende Zeitplanung4.4.1 Leitsatz 1: Fokus auf Menschen4.4.2 Leitsatz 2: Wirksame Veränderung4.4.3 Leitsatz 3: Partnerschaftlichkeit4.4.4 Leitsatz 4: Prozessorientierung5 Prototyping in Veränderungsprozessen5.1 Arten des Prototypings im Wandel5.1.1 Rollenspiele 5.1.2 Haptische Prototypen5.1.3 Stellvertreterfiguren5.1.4 Beobachten und Impostor-Methode5.1.5 Provincial-Methode5.2 Die Königsdisziplin – Veränderungen visualisieren und erlebbar machen6 Typische Fallstricke in Veränderungsprojekten6.1 Keine Vision, zumindest keine gut formulierte6.2 Ungenügende Kompetenzen6.3 Nur das große Ganze sehen6.4 Keine Kommunikation6.5 Keine Kapazitäten6.6 Zu viel in ein Projekt packen6.7 Empathie! Aber bitte nicht nur6.8 Verharren Sie nicht zu lang im Gestern!6.9 Verfrühte Rückkehr zur Normalität6.10 Form follows function7 Die lange Phase der Integration7.1 Phase 1 – Forming7.2 Phase 2 – Storming7.3 Phase 3 – Norming 7.4 Phase 4 – Performing 7.5 Kreativmethoden für die Phase des Experimentierens 7.5.1 Prozesslandkarte7.5.2 Buyer Utility Map 8 Der Blick über alles hinweg9 Change Yourself!EpilogDer AutorLiteraturArbeitshilfen Online
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[6]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-14267-7

Bestell-Nr. 10556-0001

ePub:

ISBN 978-3-648-14268-4

Bestell-Nr. 10556-0100

ePDF:

ISBN 978-3-648-14270-7

Bestell-Nr. 10556-0150

Markus Müller

Change Playbook

1. Auflage, November 2020

© 2020 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © Daniel Berkmann, Adobe Stock

Icons: https://de.freepik.com/

Produktmanagement: Anne Rathgeber

Lektorat: Helmut Haunreiter

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/ Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

[11]Vorwort & Prolog

Vor rund drei Jahren habe ich begonnen, meine Coachingerfahrungen, die ich in zahllosen Veränderungsprozessen gesammelt hatte, in ein neues Projekt einfließen zu lassen: in die Erstellung eines Hilfsmittels, mit dem man komplexe Veränderungsprozesse einfach darstellen kann. So ist das Change Poster entstanden.

Schritt für Schritt war dann um das Poster eine kraftvolle Werkzeugsammlung entstanden, mit der man die Arbeit am Poster so vertiefen konnte, dass sich auch komplexere Prozesse detailliert planen und begleiten ließen. Daraus entstand dann das Change Playkit.

Zuletzt wuchs das Bedürfnis, eine Art Bedienungsanleitung und Arbeitsbuch zum Change Playkit zu schreiben. Ich durfte in den letzten Jahren bereits drei Bücher schreiben und herausgeben. Alle drei Schreibprojekte hatten eines gemeinsam: Wenn nicht ein gewisser Druck da war, gab es immer etwas Wichtigeres und vor allem Dringenderes, das zu erledigen war. Und das war auch diesmal der Fall. Bis mir der Haufe Verlag mit einer netten E-Mail mitteilte, dass er das Change Playbook verlegen würde. Die Freude war groß, und damit war auch der »gesunde Druck« und das Ziel da, das Buch nun wirklich zu vollenden.

Im Laufe der Schreibarbeiten ereignete sich etwas, das sich für mich als Ironie des Schicksals herausstellte. Den größten Teil des Buches habe ich während einer der schlimmsten Veränderungen in meinem Leben geschrieben: Der Corona-Krise (COVID-19-Virus). Ich habe während des Schreibens fast jede der im Buch beschriebenen Phasen durchgemacht. Vom Schockzustand über die Phase des Verneinens bis hin zur Akzeptanz, dass wir nun wohl auf lange Zeit mit dieser riesigen Veränderung werden leben müssen.

Das Buch ist in der Ich-Form geschrieben, weil ich von meinen persönlichen Erfahrungen berichte und meine Tipps gerne an Sie weitergebe. In diesem Sinne freue ich mich, wenn ich mit diesem Buch meinen Beitrag dazu leisten darf, dass Sie einen unumgänglichen Veränderungsprozess in Ihrer Organisation etwas besser oder spielerischer gestalten können.

[12]Was erwartet Sie in diesem Buch?

Nach einem allgemeinen Einstieg in das Thema »Veränderungen« stelle ich Ihnen das Herzstück des Change Playkits vor. Es handelt sich um das Change Poster – ein Poster, das aus sieben Feldern besteht.

Die Planung beginnt bei der Vision und bei den Zielen. Danach geht es um die Betroffenen. Wer ist von der Veränderung betroffen? Im dritten Feld ändert sich die Perspektive und es geht darum, wer von den betroffenen Akteuren die Veränderung gutheißen, wer Fragezeichen haben wird und wer das Vorhaben gar bekämpfen könnte. Die umfangreichste Arbeit in einem Veränderungsprozess ist wohl das »Ins-Boot-Holen« der kritisch eingestellten Personen. Das geschieht zum größten Teil über Botschaften, welche die Fragen der Akteure beantworten können. Botschaften, die über die am besten geeigneten Kanäle und Plattformen transportiert werden. Dieser Arbeit sind auf dem Poster gleich drei Felder gewidmet. Ich spreche immer wieder von agilen Veränderungsprozessen. Trotz Agilität ist die Zeitplanung wichtig. Und genau mit der Planung eines Veränderungsprozesses wird das Poster abgeschlossen.

Die Felder sind systematisch angeordnet. Jedes Feld baut auf den Erkenntnissen des vorhergehenden Feldes auf. Es ist daher wichtig, dass man die Chronologie einhält.

Ein überschaubarer Changeprozess kann allein mit dem Poster geplant werden. Die Lektüre dieses Buches hilft dabei, die Funktion der einzelnen Felder auf dem Change Poster zu verstehen. Viele Veränderungsprozesse sind aber so komplex, dass sie nicht einfach mit einem Poster allein geplant werden können. Deshalb gehören zum Poster zahlreiche begleitende und vertiefende Instrumente – die gewissermaßen in einem Werkzeugkasten gesammelt werden: dem Change Playkit. Zu diesen Instrumenten gehören zusätzliche Poster, Listen mit inspirierenden Fragen, die helfen, neue Impulse zu kriegen, und Kartensets, mit denen man auf spielerische Weise Veränderungsprozesse zielorientiert planen kann. Auch diese zusätzlichen Instrumente Change Playkit werden im Buch ausführlich beschrieben.

[13]

Abb. 1: Das Change Poster

[14]Die Lektüre dieses Buches wird Ihnen neue Einsichten in die Welt des »Changemanagements« geben und dabei helfen, künftig Veränderungen besser planen und begleiten zu können. Die damit einhergehende Beschäftigung mit den essenziellen Elementen eines Veränderungsprozesses wird Sie dabei unterstützen, einen Changeprozess erfolgreich zu gestalten.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.

[15]1Was sind Veränderungen?

Bevor ich zum Begriff »Changemanagement« komme, will ich einige Gedanken dazu formulieren, was Veränderungen überhaupt sind. Dauernd spricht man in meinem täglichen beruflichen Umfeld von »Changemanagement«. Und oft stelle ich fest, dass »Changemanagement« zu einem »Buzzword« geworden ist, das man gerne mal benutzt, ohne genau zu wissen, was Veränderungen überhaupt sind. Oder warum man Veränderungen braucht, um sich weiterentwickeln zu können und warum es nicht selten wichtig ist, diese Veränderungen systematisch zu begleiten.

Grundsätzlich unterscheide ich zwischen individueller, organisationaler und gesellschaftlicher Veränderung. Zwischen diesen Systemebenen gibt es noch kleinere Stufen, so könnten durchaus auch noch Systemebenen wie »Branche« oder »Wirtschaft« zwischen Organisation und Gesellschaft aufgeführt werden.

Veränderungen auf individueller Ebene können vielfältig sein. Das kann im Alltag damit beginnen, dass der Tante-Emma-Laden um die Ecke schließt und ich eine Einkaufsalternative benötige. Oder ich will endlich mit dem Rauchen aufhören oder mehr Sport treiben. Ich will/muss mich beruflich verändern. Oder es gibt eine (Veränderungs-)Situation, wie sie weiter unten beschrieben ist.

1.1Ohne Veränderung, keine Entwicklungen und Innovationen

Veränderungen sind notwendig, damit sich ein Mensch, eine Organisation oder die ganze Gesellschaft weiterentwickeln. Veränderungen können von außen kommen (sie werden aufgezwungen) oder sie sind intrinsisch motiviert, resultieren also aus einem inneren Bedürfnis nach Veränderung. Menschen mögen Veränderungen oft nicht, denn Wandel bringt meist eine gehörige Portion Unsicherheit mit sich. Unsicherheit wiederum verursacht Stress. Eine gesunde Portion Eustress (positiver Stress, der zu motivierter Aktion führt) ist gut. Was aber Distress (negativer Stress) auslösen kann, hat Franz Decker in seinem Buch »Die neuen Methoden des Lernens« vor über zwanzig Jahren schon sehr anschaulich beschrieben. Er hat das am Beispiel eines Zugausfalls auf einem Bahnhof beschrieben. Weil ich selbst oft reisen muss, regelmäßig auch mit dem Flugzeug, [16]möchte ich Deckers Beispiel anhand der analogen Situation auf einem Flughafen aufgreifen, denn so ähnlich habe ich es schon mehrfach erlebt.

Ich sitze im Flughafen und warte auf meinen Flug. Das Wochenende wartet auf mich und ich weiß, dass ich in 40 Minuten einsteigen kann und dann entspannt nach Hause geflogen werde. Ich bin in ein Buch vertieft und lese konzentriert eine spannende Geschichte, als ich plötzlich im Hintergrund eine Lautsprecherdurchsage höre. Irgendwie hört mein Unterbewusstsein mit und schnappt auf, dass Flug XY ausfällt. Ich werde unsicher … habe ich jetzt XY gehört? Das ist doch mein Flug. Ich höre nochmals genau hin, diesmal mit voller Aufmerksamkeit. Genau, das ist mein Flug. Ein kleiner Schock für mich! Aber nein, ich habe mich bestimmt verhört, das kann nicht sein, eben sah ich noch in meiner bevorzugten Flugverfolgungs-App, dass der Flug pünktlich sein wird. Ich stehe auf, gehe zum Informationsschalter. Dort wird mir mitgeteilt, dass diverse Flugzeuge eines bestimmten Typs aufgrund eines technischen Defektes sicherheitshalber auf dem Boden bleiben müssen und mein Flug definitiv gestrichen sei. Ich werde wütend. Auf die Fluggesellschaft. Auf die Person hinter dem Schalter, die mir die Nachricht überbringt. Auf den Flugverkehr generell. Und nicht zuletzt auch auf mich selbst, weil ich nicht den früheren Flug gebucht habe, den ich ursprünglich nehmen wollte, ihn aber letztlich nicht wählte, weil ich ganz entspannt ins Wochenende gehen wollte.

Dann beginne ich zu verhandeln. Ich müsse unbedingt nach Hause, weil ich morgen Samstag etwas Wichtiges vorhabe. Sie müssten mich unbedingt auf den nächstmöglichen Flug buchen. Egal wie sie es anstellen würden. Nach wenigen Minuten des konzentrierten Tippens in die Tasten des Computers meint die nette Person, dass es ihr wirklich schrecklich leid tue, es aber leider keine Alternativen mehr gäbe. Ich würde heute hier definitiv nicht mehr wegkommen. Aber sie könne mich auf einen Flug morgen Vormittag um elf Uhr buchen. Nachdem ich noch kurz die Varianten »Zug« und »Mietwagen« überprüft habe, willige ich ein.

Deprimiert fahre ich ins nächste Flughafenhotel und beziehe ein Zimmer. Ich werfe mich niedergeschlagen auf das Bett. Nach einer halben Stunde dusche ich, mache mich frisch, nehme mein Buch, begebe mich an die Hotelbar und genehmige mir ein frisch gezapftes Feierabendbier. Ich habe nun akzeptiert, dass ich erst morgen nach Hause komme. Und wenn ich dann morgen Mittag zu Hause angelangt bin und zurückblicke, empfinde ich [17]alles als gar nicht mehr so schlimm. Trotz der Änderung meines ursprünglichen Reiseplanes bin ich am Ziel angekommen – bloß vierzehn Stunden später als geplant. Doch ich konnte ausschlafen und bei einem gemütlichen Hotelfrühstück in den Samstag starten. Wenn einer eine Reise tut, kann er etwas erzählen. Eine Geschichte mehr in meinem reichhaltigen Storytelling-Fundus.

Abb. 2: Veränderungskurve nach Elisabeth Kübler-Ross

[18]Elisabeth Kübler-Ross, eine anerkannte Sterbeforscherin, interviewte viele Menschen auf dem Sterbebett und beschrieb mithilfe ihrer bekannten Veränderungskurve das emotionale Verhalten von Menschen in Krisensituationen. Spannend dabei ist, dass diese Kurve auf fast alle Arten von Veränderungsprozessen angewendet werden kann. In meiner kurzen Flughafengeschichte habe ich die einzelnen Phasen meiner Gemütslage hervorgehoben. Die Höhe der einzelnen Kurven auf der Y-Achse entspricht dem jeweiligen Energielevel. Wut macht mich aktiv, während mich Depression ruhig und zurückgezogen werden lässt.

Das Wissen um diese Phasen hilft einer Person, die sich aktiv mit Veränderungen auseinandersetzt, eine gewisse Distanz zu wahren und zu sehen, in welcher Phase des Prozesses man sich befindet. In Veränderungsprozessen hilft auch das Wissen, dass jeder Phase genügend Raum gegeben werden sollte. Dass man, speziell im organisationalen Umfeld, geschützte Räume und Plattformen schafft, die den Beteiligten helfen, ihrem Unmut Luft zu verschaffen.

Meine Flughafengeschichte beschreibt sinnbildlich, was eine »Veränderung« im persönlichen Umfeld – also auf der privaten Systemebene – bedeuten kann. In jenem Fall hätte ich vorab nichts dazu beitragen können, um die Veränderung aktiv zu organisieren. Diese Veränderung ist passiert, wurde mir also von außen aufgezwungen. Ich hätte mit mentalen Techniken aktiv Handlungsalternativen durchspielen können, damit mich die plötzliche Veränderung nicht so hart trifft. Dann hätte ich mich in Gedanken bereits auf mögliche Alternativen einstimmen können.

[19]

Abb. 3: Private und organisationale Systemebenen

[20]Veränderungen auf der Systemebene der Organisation hingegen sind ungleich komplexer, da nicht mehr bloß die Ebene »Ich« und mein direkt betroffenes Umfeld sowie ggf. noch meine familiäre Umgebung betroffen sind. Auf der organisationalen Ebene beginnt die Veränderung beim »Ich«, und betrifft zudem meist auch mein Team, meine Abteilung, oft das ganze Unternehmen, wenn nicht sogar noch die Kunden und Mitbewerber dazu. Noch umfassender werden Veränderungen, wenn die Anstöße aus höheren Systemebenen kommen. Wenn bspw. ein Megatrend wie die Digitalisierung die Systemebenen von oben nach unten durchdringt. Oder die Veränderungen in der Organisation erst wahrgenommen werden, wenn sie unmittelbar bevorstehen.

Solch komplexe Veränderungen erfordern die Fähigkeit einer Organisation, ambidextrisch zu denken und zu handeln. Organisationale Ambidextrie bedeutet, das bestehende operative Geschäft zu betreiben und gleichzeitig Neues zu erkunden, damit die Zukunft aktiv gestaltet wird und nicht erst in späten Stadien reagiert werden muss. Die Autoindustrie ist heute in besonderem Maß davon betroffen. Sie muss sich intensiv mit neuen Antriebstechnologien (Elektromobilität, Wasserstoffantriebe etc.) beschäftigen, ohne das bestehende Geschäftsfeld der klassischen Verbrennungsmotoren zu vernachlässigen.

Das verlangt eine innovative, lernfähige Organisation, die sich selbst immer wieder infrage stellt und eine Kultur der ständigen Veränderung pflegt. Gleichzeitig darf die Organisation dabei jedoch nicht vergessen, die destabilisierenden Wirkungen von Mikro-Veränderungen immer wieder in einen beständigen Betriebszustand zu überführen. Und sie muss das Verständnis mitbringen, dass konstante Veränderung nur mit Innovation funktioniert – und stetige Innovation wiederum nur gelingt, wenn man die Neuerungen geschickt begleitet.

Ich habe die Digitalisierung als Beispiel einer Veränderung zitiert, die »von oben« kommt. Im Wirtschaftskontext gibt es aber nicht bloß solch disruptive Innovationen, die einen großen Veränderungsbedarf hervorrufen. Klassische Auslöser für Veränderungen von weniger dramatischer Dimension sind bspw. die Globalisierung von Absatz- und Finanzmärkten, die Internationalisierung von einzelnen Branchen (das betrifft speziell kleinere und mittlere Unternehmen) oder Technologiesprünge, die immer kürzer werden. Manchmal sind die Auslöser aber auch politische Veränderungen, hervorgerufen durch neue Gesetze, oder Ressourcen, die immer knapper werden. Ebenso lösen soziale Entwicklungen, wie z. B. der anhaltende demografische Wandel, Veränderungen aus.

[21]In diesem Buch wird Sie das fiktive Beispielunternehmen »Exemplio AG« begleiten. Auch diese Organisation muss sich mit dem Thema Veränderung auseinandersetzen. Sie folgt sinnvollerweise einem Trend, der die Wirtschaft heute umkrempelt: Es geht um den Trend des »Arbeitens 4.0« oder auch »New Work« genannt. Um ein wenig Geduld bitte ich Sie aber noch, bevor ich Ihnen die Exemplio AG genauer vorstelle.

1.2Einfachheit als Kernfaktor

Im Kapitel 2 »VUCA als Herausforderung, VUCA als Lösung« beschreibe ich die heutige komplexe Welt. Ich habe mir in den letzten Jahren viele Gedanken gemacht, wie man komplexe Veränderungen vereinfachen kann, ohne sie so stark zu simplifizieren, dass sie nur noch oberflächlich sind und ohne Empathie begleitet werden.

Zum Thema Einfachheit gibt es schon viele Bücher und Publikationen. Zwei davon, die ich sehr mag, sind zum einen das Buch von John Maeda »Simplicity: Die zehn Gesetze der Einfachheit« und zum anderen vor allem die Publikation meiner lieben Autorenkollegen Michael Hartschen, Jiri Scherer und Chris Brügger »simplicity.: Starke Strategien für einfache Produkte, Dienstleistungen und Prozesse«. Letzteren gelingt es mit einem bestechend einfachen Vorgehen, einer systematischen Arbeit mit einer Art Checkliste, Einfachheit in komplexe Strukturen zu bringen. Die Methode umfasst fünf Prinzipien mit insgesamt vierzehn Vereinfachungsstrategien. Eine davon heißt bspw. »Bekannte Konzepte übertragen«, eine weitere »Bekanntes übernehmen« und eine dritte »Funktionen/Elemente verstecken«.

Diese drei Strategien haben sehr stark Einfluss auf die Arbeitsmethode des Change Playkits genommen. So wird bspw. das »Herz« des Change Playkits, das Change Poster, an eine bekannte und mittlerweile stark verbreitete Canvas-Methode, die ich später noch genauer beschreibe, angelehnt.

Die Binsenwahrheit, dass ein Bild auch heute noch mehr aussagt, als es tausend Worte vermögen, fließt nicht nur in das Change Playkit ein, auch im vorliegenden Buch will ich den Text mit vielen Grafiken und Icons anreichern und damit visuelles Arbeiten ermöglichen.

Das Change Playkit ist eine mächtige Toolbox, mit der auch umfassende und länger dauernde Veränderungsprozesse geplant, initiiert und begleitet werden können. Insofern bein[22]haltet der Werkzeugkasten viele begleitende Instrumente, Arbeitshilfen, Spiele und Checklisten. Herzstück bleibt das Change Poster, mit dem Sie Changeprozesse planen und begleiten können. Doch wenn Sie Teilprozesse oder Arbeitsbereiche ausführlicher bearbeiten wollen oder müssen, dann können Sie auf die ergänzenden Werkzeuge des Change Playkits zurückgreifen. Alle diese zusätzlichen Tools werden im weiteren Verlauf des Buchs ausführlich beschrieben.

1.3Was ist Changemanagement?

Den Ausdruck »Changemanagement« liest und hört man pro Woche gefühlte hundertmal. Google zählt mehrere Millionen Einträge. Auf amazon.de werden mehr als 70.000 Ergebnisse (Stand April 2020) angezeigt. Von einem Modebegriff kann man nicht sprechen, immerhin ist die Disziplin der »Begleitung von Veränderungen« schon über 50 Jahre alt.

Die Welt wird immer komplexer. Die Uhr tickt schneller und schneller. Das Arbeitsumfeld wird für das Individuum immer undurchschaubarer, weniger planbar. Undurchschaubarkeit und Unplanbarkeit sind Merkmale, die Stress sowohl auslösen als auch verstärken. Deshalb ist es sehr sinnvoll, die vielen kleinen und großen Veränderungen besser zu planen, zu steuern und zu begleiten.

Doch was ist Changemanagement genau?

Wikipedia.org sagt: Unter Veränderungsmanagement (englisch change management) lassen sich alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung – zur Umsetzung neuer Strategien, Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen – in einer Organisation bewirken sollen. (Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Veränderungsmanagement)

Wikipedia ist keine wissenschaftlich fundierte Plattform. Trotzdem mag ich sie, denn die meisten Einträge sind informativ, einfach und verständlich geschrieben. So wie diese Beschreibung über Changemanagement.

Derselbe Artikel enthält aber auch »Kritik an Theorie und Praxis«. Diese besagt, dass:

[23]»… die Change-Management-Forschung wie auch -Praxis trotz umfangreicher Forschung und Erfahrungen in den letzten Jahrzehnten weiterhin vor der Herausforderung steht, dass viele Change-Management-Projekte scheitern und teilweise zu starken Widerständen innerhalb der Belegschaft führen«.

Das Beratungsunternehmen McKinsey sprach vor einigen Jahren davon, dass rund 70 % aller Veränderungsprojekte nicht erfolgreich umgesetzt werden können. An den vielen Modellen und Changetheorien kann es nicht liegen. In ihrem Artikel »Warum Change Management scheitert« schreiben Anand Narasimhan und Jean-Louis Barsoux dazu: »Neben konzeptionellen Schwächen ist ein Hauptproblem der Praxis, dass leistungsfähige Konzepte dazu fehlen, wie man konstruktiv mit unterschiedlichen Vorstellungen über den Wandlungsprozess umgeht.« Und weiter führen sie aus, dass dies nicht nur die Frage betreffe, inwieweit die vom Wandel betroffenen Akteure unterschiedliche Vorstellungen über die Ziele und Mittel des Wandels hätten, sondern auch, ob sie den organisatorischen Wandel überhaupt wollen.

Genau bei diesen Aspekten setzt das »Change Playbook« an. Es soll helfen, die beschriebenen Widerstände zu mindern. Indem sich der Changemanager oder -agent intensiv mit diesen auseinandersetzt und so die Perspektive der Betroffenen einnimmt, erkennt und versteht er deren Befürchtungen früh und kann adäquate Maßnahmen (oft Kommunikationsmaßnahmen) ergreifen.

»Change Playbook« vs. »Change Playkit«

Das »Change Playbook« und das darin beschriebene »Change Playkit« ist keine neue Changemanagement-Theorie. Davon gibt es genug. Kurt Lewins 3-Phasen-Modell, Kotters Modell der 8-Phasen oder das 5-Stufen-Modell nach Krüger sind anerkannte Theorien, auf denen verschiedene weitere Modelle aufgebaut sind. Dazu gehört bspw. das sogenannte Eisbergmodell, erstmalig von Sigmund Freud eingeführt und von Paul Watzlawick und Edgar Schein weiterentwickelt. Insbesondere letztes Modell wurde schon x-fach grafisch dargestellt und damit leicht verständlich umgesetzt.

[24]

Abb. 4: Eisberg-Prinzip, angelehnt an das Eisberg-Modell der Kommunikation

Das Modell besagt, dass in Veränderungsprozessen rund 10 % auf der organisationalen und 90 % auf der Kulturebene abläuft. Sobald man auf der kulturellen Ebene arbeitet, kommen emotionale Komponenten ins Spiel. Das Unterbewusstsein wird tangiert, die emotionale Ebene kommt ins Spiel und bisherige soziale Gefüge können ins Wanken geraten. Das impliziert, dass die meisten Veränderungsprozesse nicht so einfach planbar sind. Empathie ist gefragt: Es ist wichtig, sich in die Rolle der Betroffenen hineinzuversetzen, zu verstehen, warum Ängste und Befürchtungen entstehen.

Fragen Sie einmal eine Person, die mit Veränderungen zu tun hat, wie man einen Veränderungsprozess angeht. Ich selbst habe diese Frage schon oft gestellt. Nicht selten legen mir die Befragten dann eines der aufgezählten Modelle auf den Tisch. Und sie legen mir dann implizit nahe, diese »Schablone« über jeden beliebigen Fall zu stülpen. Ich bin überzeugt, dass deshalb so viele Veränderungsprozesse scheitern, weil sie theoretisch aufgesetzt wurden und nicht mit der nötigen Empathie, dem notwendigen Feingefühl und zuletzt auch nicht mit einer großen Portion spielerischem Elan und visuellen Fertigkeiten.

Der Mensch ist von Kindesbeinen an ein »Homo ludens«. Die Fähigkeit, spielerisch zu arbeiten, wird in zahlreichen Publikationen als Schlüsselfähigkeit für die künftige Innovationsfähigkeit von Unternehmen genannt.

[25]Kinder lernen über das Spielen und ein Bild sagt auch heute noch mehr als tausend Worte. Das zweifelt wohl niemand an. Glücklicherweise werden in meinem Umfeld immer weniger unübersichtlich lange Konzepte geschrieben und »Bulletpoint«-Präsentationen gehalten. In der Wirtschaft strebt man immer mehr einfache, visualisierte Erklärungen an. Visuelles Management wird immer beliebter, vor allem um komplexe Sachverhalte ansprechend auszudrücken und komplizierte Dinge zu erklären. Ich weise an dieser Stelle auf die vielen Infografiken hin, die das Internet und andere Medien fast schon überschwemmen. Ich finde, das ist gut so, Infografiken vermögen meist, mit einfachsten Mitteln komplizierte Dinge begreiflich zu machen.

Auf all diese Tatsachen will ich mich in diesem Buch beziehen. Ich stelle Ihnen kein neues Changemodell vor, sondern einen stark praxisorientierten Werkzeugkasten, mit dem es gelingt, Veränderungsprozesse systematisch, visuell und spielerisch zu begleiten.

Alexander Osterwalder und sein Team waren mit ihren vor einigen Jahren veröffentlichten Werken »Business Model Generation« und »Value Proposition Design« gewissermaßen Vorreiter. Die Trends des »spielerischen«, »einfachen« und »visuellen« Arbeitens wurden in den Modellen allesamt miteinbezogen und das Resultat lässt sich sehen. Obwohl es eigentlich alter Wein in neuen Schläuchen ist, gehören die »Business-Model-« und die »Value-Proposition-Canvas« heute zur Grundausrüstung eines jeden Business Developers oder Innovationsmanagers.

Zur Erinnerung: Das »Change Playkit« ist eine Werkzeugbox. Sie liefert Grundlagen und Instrumente, mit denen Sie auf einfache Weise Veränderungsprozesse planen und begleiten können. Kern der ganzen Toolbox ist das »Change Poster«. Ein visuelles Instrument, um Veränderungen minutiös durchzuspielen. Einfache Veränderungsprozesse können durchaus »nur« mit diesem Poster geplant werden. Das gesamte »Playkit« ist eine ganzheitliche Toolbox, die in ihren Grundzügen auf ein systemisches Vorgehen aufsetzt. So können auch komplexe Projekte mit dem »Change Playkit« geplant, initiiert und begleitet werden. Insofern ist dieses Buch eine Anleitung für die Arbeit mit dem vollständigen »Playkit«. Zudem bietet es viele Praxistipps, Hilfsdokumente und Triggerfragen, die überraschen sollen und dabei neue Perspektiven eröffnen.

[26]Ich hoffe, Sie bekommen nach der Lektüre große Lust auf Veränderungen. Denn eines ist gewiss: Veränderungen passieren – ob wir wollen oder nicht. Die Welt und damit auch unser Umfeld verändern sich täglich und betreffen uns direkt oder indirekt. Deshalb steuern wir diese Veränderungen, sogar wenn sie oft zuerst wehtun, lieber selbst, als dass die Veränderung uns steuert.

[27]2VUCA als Herausforderung, VUCA als Lösung

Wissen Sie, mit wie viel mehr Information der Mensch von heute umgehen muss als der Mensch im Mittelalter? Selbstverständlich kann man keinen wissenschaftlich genauen Vergleich anstellen, da die Informationen von damals nicht dieselben sind, wie die von heute. Viele Informationen, die auf uns einfließen, erfordern eine Aktion. Wenn wir heute den Kleiderschrank öffnen, liegen im Regal vielleicht zehn Pullover. Diese Information löst im Prinzip zehn Handlungsalternativen aus. Vor 400 Jahren hatte der Mensch zwei oder drei Pullover zur Auswahl, also wesentlich weniger Handlungsspielraum.

Heute geht es aber nicht bloß um Kleidungsstücke. Allein im Straßenverkehr sind innerhalb von Sekunden Entscheidungen zu treffen. Werbung berieselt uns pausenlos und will, dass wir etwas mögen oder kaufen. Fast zu jeder Sekunde treffen neue Nachrichten aus aller Welt bei uns ein. Posts in sozialen Medien wecken unsere Aufmerksamkeit. Gleichzeitig kündigt eine virtuelle Glocke den Eingang der nächsten E-Mail an und das Handy klingelt auch noch in dieser Sekunde. Und nicht zuletzt platzt die Teamleiterin ins Büro und muss dringend die Resultate der letzten Umfrage haben. In allen eben beschriebenen Situationen werden Informationen vermittelt. Beinahe pausenlos werden wir mit solchen Informationen überhäuft.

Man kann – wie bereits erwähnt – keinen direkten Vergleich mit dem Mittelalter anstellen. Es gibt jedoch verschiedene Quellen, die Vergleichszahlen nennen. Wenngleich sich keine konkreten Zahlen nennen lassen, trifft folgende Aussage gewiss zu: Der heutige Mensch muss mit einer exorbitant größeren Menge an Information umgehen, wie der Mensch vor drei- oder vierhundert Jahren!

Ein Beispiel dafür, wie stark die Menge an verfügbarer Information zunimmt, sind die Zahlen zum Videomaterial, das auf youtube.com hochgeladen wird. Im Jahr 2016 sprach man von 400, 2018 bereits von 450 und aktuell bereits von 500 Stunden Videomaterial, das stündlich auf den Videokanal YouTube hoch[28]geladen wird (siehe https://www.statista.com/statistics/259477/hours-of-video-uploaded-to-youtube-every-minute/).

All diese Zahlen und Fakten führen zwangsläufig zu einer selektiven Wahrnehmung, da das menschliche Gehirn diese schier unfassbare Menge an Information nicht mehr bewältigen kann. Der Mensch muss sein Denken automatisieren, bewegt sich immer stärker innerhalb eines schmalen Segments seines bestehenden Wissens und denkt immer linearer, um den Alltag zu bewältigen.

Mein Zwölf-Sekunden-Test