Niemand sollte ohne Freunde sein - Jenny Pergelt - E-Book

Niemand sollte ohne Freunde sein E-Book

Jenny Pergelt

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Es war später Nachmittag, als Dr. Daniel Norden die wöchentliche Dienstberatung mit seinen Oberärzten ausklingen ließ. Entspannt sah er in die Runde. Alle leisteten hervorragende Arbeit, und es gab in den Abteilungen keine größeren Probleme. Der Krankenstand war niedrig, die Zufriedenheit der Patienten hoch. Dass sich sogar die Verwaltungsleitung positiv zu den Auslastungszahlen und der wirtschaftlichen Entwicklung der Klinik geäußert hatte, war ebenfalls gut, spielte aber für ihn nur eine untergeordnete Rolle. Daniel Norden war kein engstirniger Ökonom, dem der finanzielle Erfolg mehr bedeutete als ein Menschenleben. Nein, er war das, was die Allgemeinheit unter einem Arzt mit Herz verstand. Das Wohl der Patienten stand für ihn immer an erster Stelle. Dabei vergaß er allerdings nie, dass er auch seinen Mitarbeitern gegenüber Verantwortung trug. Ihre tägliche Leistung verdiente seine Hochachtung, und er achtete darauf, dass sie trotz der harten Arbeit nicht zu kurz kamen. Das war auch der Grund dafür, dass er Dr. Erik Berger, den Leiter der Notfallambulanz, am Ende der Sitzung zurückhielt. »Herr Berger, würden Sie bitte noch hierbleiben? Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen.« Der Angesprochene, ein gutaussehender, charismatischer Mann, verzog widerwillig sein Gesicht, nahm aber widerspruchslos Platz. Er ignorierte die bedeutungsschweren Blicke, die sich seine Kollegen zuwarfen, während sie den Raum verließen. Genau wie er meinten auch sie zu wissen, warum der Chefarzt der Behnisch-Klinik noch ein persönliches Gespräch mit ihm wünschte. Ruhig lehnte sich Erik auf seinem Stuhl zurück. Er kannte dieses Theater bereits.

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Chefarzt Dr. Norden – 1162 –

Niemand sollte ohne Freunde sein

Dr. Norden riskiert sein Leben für den Kollegen

Jenny Pergelt

Es war später Nachmittag, als Dr. Daniel Norden die wöchentliche Dienstberatung mit seinen Oberärzten ausklingen ließ. Entspannt sah er in die Runde. Alle leisteten hervorragende Arbeit, und es gab in den Abteilungen keine größeren Probleme. Der Krankenstand war niedrig, die Zufriedenheit der Patienten hoch. Dass sich sogar die Verwaltungsleitung positiv zu den Auslastungszahlen und der wirtschaftlichen Entwicklung der Klinik geäußert hatte, war ebenfalls gut, spielte aber für ihn nur eine untergeordnete Rolle. Daniel Norden war kein engstirniger Ökonom, dem der finanzielle Erfolg mehr bedeutete als ein Menschenleben. Nein, er war das, was die Allgemeinheit unter einem Arzt mit Herz verstand. Das Wohl der Patienten stand für ihn immer an erster Stelle. Dabei vergaß er allerdings nie, dass er auch seinen Mitarbeitern gegenüber Verantwortung trug. Ihre tägliche Leistung verdiente seine Hochachtung, und er achtete darauf, dass sie trotz der harten Arbeit nicht zu kurz kamen. Das war auch der Grund dafür, dass er Dr. Erik Berger, den Leiter der Notfallambulanz, am Ende der Sitzung zurückhielt.

»Herr Berger, würden Sie bitte noch hierbleiben? Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen.«

Der Angesprochene, ein gutaussehender, charismatischer Mann, verzog widerwillig sein Gesicht, nahm aber widerspruchslos Platz. Er ignorierte die bedeutungsschweren Blicke, die sich seine Kollegen zuwarfen, während sie den Raum verließen. Genau wie er meinten auch sie zu wissen, warum der Chefarzt der Behnisch-Klinik noch ein persönliches Gespräch mit ihm wünschte.

Ruhig lehnte sich Erik auf seinem Stuhl zurück. Er kannte dieses Theater bereits. Gleich würde der Chef ihm sagen, wessen Beschwerde diesmal auf seinem Tisch gelandet war. Berger machte sich nicht die Mühe, im Vorfeld zu überlegen, wem er in den letzten Tagen auf den Schlips getreten war. Irgendjemanden gab es immer, der sich über seine schlechten Manieren und seine scharfe Zunge beschwerte. Ihm war das egal. Er würde sich anhören, was der Chef zu sagen hatte, dann seine Meinung dazu kundtun und nach einer Weile etwas Reue zeigen, um anschließend zu seiner Arbeit zurückzukehren.

»Also, wer war es?«, fragte er, als er mit Daniel Norden allein war. »Wer hat sich bei Ihnen beklagt, dass ich nicht nett war?«

Daniel verkniff sich ein Lächeln. Das war so typisch für Berger. Er rüstete sich für den Gegenangriff, auch wenn es diesmal keinen Grund dafür gab. Jedenfalls nicht den, den der Notarzt vermutete. »Niemand hat sich beschwert, Herr Berger. Ich bin selbst überrascht. Die letzte Supervision, zu der ich Sie geschickt habe, scheint tatsächlich Wirkung zu zeigen.«

»Unsinn!«, entfuhr es Berger. Als Daniel Norden die Augenbrauen hochzog, ruderte er schnell zurück. Lammfromm sagte er: »Klar, das mit der Supervision war wirklich eine gute Idee von Ihnen gewesen, Chef. Danach war ich ein völlig anderer Mensch. Also von mir aus können wir das gern wiederholen. Ich habe …«

»Hören Sie auf, Herr Berger. Sie wissen, dass ich Ihnen das nicht abnehme. Sie hassen es, wenn ich Sie dort hinschicke.«

»Und trotzdem tun Sie es immer wieder«, beschwerte sich Erik Berger maulend.

»Natürlich, solange Sie mir immer wieder einen triftigen Grund dafür liefern. Sehen Sie zu, dass Sie mit Ihren Kollegen besser auskommen, dann kann ich mir das sparen. Kommen wir zum eigentlichen Grund Ihres Hierseins.«

Daniel öffnete eine Datei auf dem Computer und drehte den Monitor dann so, dass Berger ihn sehen konnte.

»Das ist der Urlaubsplan Ihrer Abteilung für dieses Jahr. Fällt Ihnen da irgendetwas Besonderes auf?«

»Nein«, sagte Erik lauernd.

»Wirklich nicht?«, fragte Daniel strenger werdend. »Also ich habe gleich gesehen, dass dort Ihr Name mal wieder nicht auftaucht. Alle haben ihren Urlaub eingetragen, nur der leitende Notfallmediziner fehlt. Hat das einen Grund?«

Erik verschränkte seine Arme vor der Brust. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Die ewige Diskussion darüber, ob und wann er seinen Jahresurlaub zu nehmen habe. Eine Aussprache wegen seines schlechten Benehmens wäre ihm da wirklich lieber gewesen.

»Sie wissen ja, wie das so ist, Chef«, begann er umständlich. »Kaum hat man seinen Urlaub fest geplant, passiert etwas Unvorhergesehenes und man muss ihn verschieben. Da kann ich mir die Planung auch schenken und nehme meinen Urlaub einfach dann, wenn es am besten passt. Zum Beispiel, wenn gerade niemand im Urlaub oder krank ist.«

»Das heißt, Sie wollen das so handhaben wie im letzten Jahr und in dem Jahr zuvor?«

»Äh … ja, das halte ich wirklich für sinnvoll. Spricht ja wohl nichts dagegen. Wäre prima, wenn alle Ärzte und Schwestern das so machen würden. Dann gäbe es sicher keinen Personalnotstand.«

»Dafür ausgebrannte Mitarbeiter, die am Ende ihrer Kräfte sind und kein Familienleben haben. Nein, Herr Berger, ich halte Ihre Lösung für denkbar schlecht. Ihr persönliches Engagement in allen Ehren, aber so geht das einfach nicht. Niemandem ist geholfen, wenn Sie hier irgendwann völlig entkräftet zusammenbrechen.«

»Das wird schon nicht passieren«, grummelte Erik genervt. »In den letzten Jahren habe ich höchstens fünf Tage Urlaub am Stück genommen. Das übrigens nur, weil Sie darauf bestanden hatten. Und? Bin ich hier zusammengebrochen? Nein, das bin ich nicht, und das werde ich auch nicht. Diese Diskussion können wir uns schenken!«

»Ich denke, diese Entscheidung sollten Sie mir überlassen! Und nur damit Sie sich schon mal darauf einstellen können: In diesem Jahr wird das anders laufen. Sie werden mir bis Freitag einen überarbeiteten Urlaubsplan einreichen, in dem Sie mit mindestens zwanzig Tagen auftauchen …«

»Zwanzig?«, unterbrach ihn Erik Berger entrüstet. »Das soll wohl ein Witz sein!«

»Sehen Sie mich lachen? Nein, das ist mein vollster Ernst, Herr Berger. Diese zwanzig Tage will ich am Freitag auf dem Plan sehen. Außerdem beurlaube ich Sie hiermit ab nächsten Montag für zwei Wochen, damit Sie wenigstens noch einen kleinen Teil des Vorjahresurlaubs nehmen können.«

Erik Berger verlor jetzt völlig die Fassung. Er sprang auf und tigerte im Raum umher. »Ich kann unmöglich zwei Wochen in den Urlaub gehen! Und das bereits ab nächstem Montag! Wie soll das funktionieren? Es wird alles drunter und drüber gehen, wenn ich nicht da bin! Sie können unmöglich die Notaufnahme sich selbst überlassen! Denken Sie denn gar nicht an die Patienten?«

»Selbstverständlich denke ich an sie«, warf Daniel ungerührt in eine Atempause Bergers ein. »Sie verdienen es nämlich, von einem ausgeruhten und erholten Mediziner behandelt zu werden. Wenn Sie nicht auf Ihre Gesundheit achtgeben, wird das für Sie irgendwann schwerwiegende Konsequenzen haben; ob Sie das nun einsehen wollen oder nicht. Da Sie zu unvernünftig sind, die Reißleine zu ziehen, werde ich das für Sie machen müssen. Ich trage hier nämlich nicht nur die Verantwortung für die Patienten, sondern auch für die Mitarbeiter.« Daniel stand auch auf. »Ab Montag sind Sie im Urlaub, Herr Berger. Mit Frau Rohde habe ich bereits gesprochen, Sie wird solange Ihre Aufgaben übernehmen. Freitagnachmittag übergeben Sie ihr alles.«

Sekundenlang standen sich die beiden Männer gegenüber und starrten sich schweigend an. Daniel konnte sehen, wie es in Bergers Gesicht arbeitete. Seine Züge verhärteten sich, die Kiefernmuskeln spannten sich an. Unterdrückte Wut blitzte in den Augen auf und noch etwas anderes: Schmerz, Trauer und … Verzweiflung? Was war nur los mit ihm? Warum war die Vorstellung, ein paar Tage auszuspannen, so furchteinflößend?

Daniel wünschte sich, mehr über diesen Mann in seinem Büro zu wissen. Doch Berger war verschlossen wie eine Auster, wenn es um persönliche Dinge oder um seine Gefühlslage ging. Er würde nie etwas von sich preisgeben. Daniel bedauerte das. Obwohl Erik Berger alles andere als ein freundlicher Mensch war, mochte er ihn. Er schätzte ihn für die gute Arbeit, die er leistete, und für seine schonungslose Ehrlichkeit –, auch wenn er es damit oft übertrieb und sich häufig im Ton vergriff.

»Eine Woche«, machte der Leiter der Notaufnahme ein Angebot. »Ich gehe für eine Woche in den Urlaub.«

Daniel überlegte. Sollte er auf Berger sauer sein, weil er sich nicht widerspruchslos in seine Anweisung fügte? Ober einfach nur froh darüber, dass er überhaupt bereit war, frei zu machen? Durch jahrelange Erfahrungen in seiner Position als Chefarzt wusste er, dass das Eingehen von Kompromissen keine Niederlage bedeuten musste. Manchmal führten nur Zugeständnisse zum Erfolg.

»Einverstanden«, entschied er deshalb. »Eine Woche. Und Sie haben die Wochenenden davor und danach keinen Dienst, also insgesamt neun Tage frei. Darüber werde ich nicht mit Ihnen verhandeln. Entweder das oder volle zwei Wochen. Ihre Wahl!«

Berger presste die Lippen so fest zusammen, dass sein Mund nur noch ein schmaler Strich war. Vielleicht gelang es ihm nur so, nicht zu widersprechen. Wie schwer ihm das fiel, konnte Daniel nur erahnen. Berger brummte schließlich leise ein Zeichen seiner Zustimmung und schickte sich dann an, das Büro zu verlassen.

»Ach, übrigens«, hielt Daniel ihn auf. »Denken Sie bitte daran, den Urlaubsplan zu überarbeiten. Bis Sie am Freitag Ihren Urlaub antreten, muss er fertig sein.«

Berger schnaufte auf und stürmte dann aus dem Büro.

Im Vorzimmer des Chefarztes saß Katja Baumann, Daniels Assistentin, an ihrem Schreibtisch. Sie sah sofort, wie es um die Stimmung des Notfallmediziners bestellt war. Es gab nur wenige Menschen, die wussten, dass Erik Berger einen weichen, verletzlichen Kern besaß und sein sprödes Wesen davon ablenken sollte. Katja gehörte dazu. Sie wusste von seiner inneren Zerrissenheit und seinem großen Kummer, der ihn so heftig quälte, dass kein Raum für Glück und Frohsinn blieb.

Als Berger wütend an ihr vorbeistampfte, schenkte sie ihm deshalb trotz seines grimmigen Gesichtsausdrucks ein aufmunterndes, sanftes Lächeln. »Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Dr. Berger.«

Diesmal hatte sie damit keinen Erfolg bei ihm. Seine ohnehin schon düstere Miene verfinsterte sich noch mehr. »Halten Sie bloß den Mund!«, blaffte er sie aufgebracht an. Er stürzte hinaus und schmiss die Tür so heftig hinter sich zu, dass die Fensterscheiben leise vibrierten.

Katja sah ihm mit offenem Mund nach, dann sprang sie auf und flitzte in das Büro ihres Chefs. »Was haben Sie mit ihm gemacht?«, fragte sie atemlos.

Daniel seufzte. »Ich habe ihn in den Urlaub geschickt.«

»Ach nein!«, rief Katja entsetzt aus. »Wie konnten Sie ihm das nur antun?«

*

Am Freitagnachmittag verließ Dr. Christina Rohde unter den mitleidigen Blicken der Schwestern und Pfleger die chirurgische Station, um in die Aufnahme zu gehen. Dr. Erik Berger erwartete sie. In der nächsten Stunde würde er ihr seinen Bereich übergeben und seinen Urlaub antreten. Alle wussten, dass er dies nicht freiwillig tat. Und alle waren sich sicher, dass es einer Bestrafung gleichkam, ihn vertreten zu müssen.

Niemand ahnte, dass Christina Rohde das nicht so sah. Sie freute sich sogar darauf. Als sie vor einigen Jahren die Facharztausbildung an ihrer alten Klinik in Dresden gemacht hatte, musste sie auch für ein längeres Praktikum in die Notaufnahme. Die anspruchsvolle und abwechslungsreiche Arbeit dort hatte ihr gefallen. Sie war etwas Besonderes gewesen und hatte mit den üblichen Abläufen einer Station nichts gemein. Hier traf sich alles: vom Säugling bis zum Greis; leichte und schwere Krankheitsfälle oder echte Ausnahmesituationen. Nicht selten ging es dabei um Leben und Tod. Da blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken und langem Abwägen.

Blitzschnell mussten Entscheidungen getroffen werden, die über ein Menschenschicksal bestimmen konnten.

Früher hatte sich Christina vorstellen können, ihr berufliches Leben ausschließlich der Notfallmedizin zu widmen. Sie hatte sogar eine zusätzliche Weiterbildung zum Notfallmediziner absolviert. Davon wussten nur wenige, nahestehende Menschen. Dr. Norden, ihrem Chef, war das natürlich auch bekannt. Das war auch der Grund, warum er sie als Vertretung für Dr. Berger ausgewählt hatte. Christina seufzte leise auf. Der unausstehliche Leiter der Notaufnahme war der einzige Wermutstropfen bei der Sache. Mit einem unguten Gefühl dachte sie an die bevorstehende Übergabe. Doch dann straffte sie die Schultern, strich ihr dunkles Haar zurück und betrat mit einer Mischung aus Vorfreude und erwartungsvoller Anspannung die Aufnahme der Behnisch-Klinik. Sie würde diese Stunde mit Berger schon überstehen. Und danach würde sie die Arbeit hier so richtig genießen.

Nur ein Blick in das missmutige Gesicht von Erik Berger, der sie bereits an seinem Schreibtisch erwartete, versetzte ihrer guten Laune einen spürbaren Dämpfer.

»Na endlich!«, schnauzte er die junge Ärztin an. Demonstrativ sah er auf die Uhr. »Wir hatten drei Uhr abgemacht und nicht zehn nach drei!«

Christina zog den Kopf ein. Eine dumme Angewohnheit, die sie manchmal überkam, wenn der Ton etwas rauer wurde. Doch sie hatte sich schnell wieder im Griff. Niemals würde sie diesem arroganten und ungehobeltem Kollegen zeigen, wie sehr sie sein rüdes Benehmen erschrecken konnte. Sie stellte sich aufrechter hin und sah ihn unerschrocken an.

»Irrtum, Herr Berger. Es war abgemacht gewesen, dass ich gegen drei vorbeikomme. Gegen drei, nicht um drei! Sie wissen, dass ich bis zum Schluss im OP zu tun hatte.«

»Na und? Was stört’s mich? Mich fragt ja auch keiner, was ich von diesem Schwachsinn halte. Und nun kommen Sie schon her! Sie können es bestimmt nicht abwarten, mich loszuwerden, um hier das Zepter schwingen zu dürfen!«

Nun war Christina richtig sauer. Warum griff Berger sie so an? Was hatte sie denn Schlimmes getan? Es wurde Zeit, ihm mal ordentlich die Meinung zu sagen.

»Und schon wieder irren Sie sich, Herr Berger«, erwiderte sie frostig. »Ich bin nicht freiwillig hier gelandet, sondern wurde dazu verdonnert. Nur zu Ihrer Information: Niemand ist scharf darauf, die Vertretung für Sie zu übernehmen. Und das liegt nur an Ihren unmöglichen Umgangsformen und Ihrer schlechten Laune.«