Wenn Träume wahr werden - Jenny Pergelt - E-Book

Wenn Träume wahr werden E-Book

Jenny Pergelt

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Dr. Daniel Norden, der Chefarzt der Behnisch-Klinik, warf noch einen letzten prüfenden Blick auf seinen aufgeräumten Schreibtisch, bevor er die Bürotür hinter sich zuzog. Endlich Feierabend! Der Tag war lang und anstrengend gewesen – so wie die meisten Tage in den vergangenen Wochen. Vielleicht wird es Zeit, eine kleine Pause einzulegen, überlegte Daniel, während er zum Fahrstuhl ging. Eine Pause, um sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen. Um das zu machen, was er seinen Patienten immer dringend ans Herz legte, wenn ihnen der Stress des Alltags und die nicht enden wollende Arbeit zu schaffen machten. Daniel drückte auf den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen, und unterdrückte dabei mühsam ein Gähnen. Als ärztlicher Leiter war Daniel Norden beinahe rund um die Uhr im Dienst. Zumindest fühlte es sich oft so an. Es verging kaum ein Abend, an dem kein Anruf aus der Klinik mit irgendeinem unaufschiebbaren Problem kam. Und selbst in den Nächten musste er damit rechnen, um seinen wohlverdienten Schlaf zu kommen, weil es einen Notfall gab, bei dem die Hilfe des Chefarztes erforderlich war. Seine Frau Fee, die als Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik arbeitete, drängte schon länger auf eine kleine Auszeit, und natürlich hatte sie – wie so oft – recht damit. Als sich die Fahrstuhltüren öffneten und er seine Frau darin entdeckte, vergaß er seine Müdigkeit. »Ich habe gerade an dich gedacht, und schon stehst du vor mir.« Lächelnd ging er zu ihr und gab ihr einen sanften Kuss. Fee hakte sich bei ihm ein und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. »Schön, dass du heute mal pünktlich Schluss gemacht hast. Ich hatte schon Angst, ich müsste dich wieder von deinem Computer wegzerren.« »Diesmal nicht, Feelein.

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Chefarzt Dr. Norden – 1185 –

Wenn Träume wahr werden

Daniel Norden erfüllt einen Herzenswunsch

Jenny Pergelt

Dr. Daniel Norden, der Chefarzt der Behnisch-Klinik, warf noch einen letzten prüfenden Blick auf seinen aufgeräumten Schreibtisch, bevor er die Bürotür hinter sich zuzog.

Endlich Feierabend! Der Tag war lang und anstrengend gewesen – so wie die meisten Tage in den vergangenen Wochen. Vielleicht wird es Zeit, eine kleine Pause einzulegen, überlegte Daniel, während er zum Fahrstuhl ging. Eine Pause, um sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen. Um das zu machen, was er seinen Patienten immer dringend ans Herz legte, wenn ihnen der Stress des Alltags und die nicht enden wollende Arbeit zu schaffen machten.

Daniel drückte auf den Knopf, um den Fahrstuhl zu rufen, und unterdrückte dabei mühsam ein Gähnen. Als ärztlicher Leiter war Daniel Norden beinahe rund um die Uhr im Dienst. Zumindest fühlte es sich oft so an. Es verging kaum ein Abend, an dem kein Anruf aus der Klinik mit irgendeinem unaufschiebbaren Problem kam. Und selbst in den Nächten musste er damit rechnen, um seinen wohlverdienten Schlaf zu kommen, weil es einen Notfall gab, bei dem die Hilfe des Chefarztes erforderlich war. Seine Frau Fee, die als Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik arbeitete, drängte schon länger auf eine kleine Auszeit, und natürlich hatte sie – wie so oft – recht damit.

Als sich die Fahrstuhltüren öffneten und er seine Frau darin entdeckte, vergaß er seine Müdigkeit.

»Ich habe gerade an dich gedacht, und schon stehst du vor mir.« Lächelnd ging er zu ihr und gab ihr einen sanften Kuss.

Fee hakte sich bei ihm ein und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. »Schön, dass du heute mal pünktlich Schluss gemacht hast. Ich hatte schon Angst, ich müsste dich wieder von deinem Computer wegzerren.«

»Diesmal nicht, Feelein. Ich habe endlich mal deinen Rat befolgt und mich nach Feierabend nicht mehr um meine Mails gekümmert. Sie haben Zeit bis morgen.«

Dafür hatte sich Daniel gleich noch einen Kuss von seiner Frau verdient. »Recht so, Dan. Ich bin stolz auf dich.«

In der Lobby trafen sie auf Dr. Bennet Lenz, den Oberarzt der Neurologie.

Der groß gewachsene dunkelhaarige Mann mit dem guten Aussehen eines Filmstars arbeitete seit einem halben Jahr an der Behnisch-Klinik. Seine Einstellung hatte sich für Daniel als Glücksgriff erwiesen. Dr. Lenz konnte nicht nur mit einem brillanten Fachwissen überzeugen, sondern auch mit seinen menschlichen und sozialen Kompetenzen. Für Daniel stand es außer Frage, dass er von dem Mann noch Großes erwarten durfte.

»Wie lief die Sprechstunde, Dr. Lenz?«, fragte Daniel und vergaß dabei seinen Feierabend. Die Parkinson-Sprechstunde, die Dr. Lenz wöchentlich abhielt, lag Daniel am Herzen. Er kannte viele Parkinson-Patienten persönlich und versäumte nie, sich nach deren Befinden zu erkundigen.

»Es gab keine Besonderheiten. Ich soll Sie aber herzlich von Herrn Pohl grüßen. Er meinte, Sie wären alte Freunde.«

»Ja, das stimmt. Cornelius und ich kennen uns schon viele Jahre. Er hatte früher eine eigene Hausarztpraxis in München, so wie ich. Wir haben uns damals regelmäßig getroffen. Anfangs nur, um uns über unsere Fälle auszutauschen und später, weil wir gute Freunde wurden. Leider ist die Freundschaft in den letzten Jahren ein wenig eingeschlafen. Wir haben uns kaum noch gesehen.«

»Cornelius musste einige Schicksalsschläge verkraften«, erklärte Fee dem Neurologen. »Erst starb seine Frau Margit, und kurz darauf bekam er die Diagnose Parkinson. Seitdem führt er ein zurückgezogenes Leben und geht kaum noch aus.«

Alte Erinnerungen kamen bei diesen Worten in Daniel hoch. Erinnerungen an gemeinsame Ausflüge mit Margit und Cornelius, an Familienfeiern, bei denen sie sich trafen, und an die unendlich vielen Fachgespräche, die sie geführt hatten. Er fand es schade, dass es ihnen nicht gelungen war, ihre Freundschaft zu pflegen und sich regelmäßig zu sehen.

»Ich glaube, wir sollten mal wieder bei ihm vorbeischauen, Fee. Es ist schade, dass wir nur noch von Cornelius hören, wenn uns sein behandelnder Arzt Grüße von ihm ausrichtet.«

Fee empfand genau wie Daniel und konnte ihm deshalb nur beipflichten. »Wir rufen ihn nachher an und machen gleich ein Treffen aus.«

»Das wäre sicher eine gute Idee. Nach dem, was mir Herr Pohl während der Sprechstunde erzählt hat, kann er ein wenig Ablenkung oder Trost gut gebrauchen.«

»Wieso? Was ist passiert?«, fragte Daniel sofort alarmiert nach.

»Er musste sich von einem großen Traum verabschieden. Seinem letzten großen Traum, wie er mir sagte.«

»Meinen Sie etwa seine Reise durch Lappland? Die Hundeschlittentour?« Als Bennet nickte, sagte Daniel: »Die plant er schon seit einer Ewigkeit. Bitte sagen Sie nicht, dass dieser Urlaub ins Wasser fällt!«

»Tut mir leid, aber genau das wird geschehen. Es gibt niemanden, der ihn begleiten kann.«

Daniel stutzte. »Was ist denn mit Dr. Niedermayer? Er wollte doch diese Reise mitmachen.«

»Dr. Niedermayer hat kurzfristig abgesagt, weil er von seiner Uni einen Forschungsauftrag bekommen hat. In den nächsten vier Monaten wird er sich in Peking aufhalten.«

Dr. Franz Niedermayer hatte vor einem halben Jahr die Behnisch-Klinik verlassen, um sich fortan der Lehre und Forschung zu widmen. Zuvor war er der behandelnde Neurologe von Cornelius Pohl gewesen. Die beiden Männer hatten sich gut verstanden, und zwischen dem Patienten und seinem Arzt ­hatte sich eine lockere Freundschaft entwickelt.

Franz Niedermayer wollte sogar Cornelius auf seiner beschwerlichen Reise nach Lappland begleiten, denn alleine könnte dieser sie nicht mehr antreten.

»Kann Cornelius niemanden finden, der statt Niedermayer mitkommt?« Fee mochte sich gar nicht vorstellen, wie groß die Enttäuschung für Cornelius sein musste. »Vielleicht einen Bekannten? Oder einen Studenten, der sich etwas dazuverdienen möchte?«

»Das wäre keine gute Idee«, sagte Bennet Lenz sofort. »Ich habe Herrn Pohl empfohlen, diese Reise nur mit ärztlicher Begleitung anzutreten.«

Eine steile Falte erschien zwischen Daniels Augenbrauen, als er das hörte. »Haben seine gesundheitlichen Probleme zugenommen? Ist die Krankheit so schnell vorangeschritten?«

»Das Problem liegt vielmehr darin, dass er sich nur schlecht medikamentös einstellen lässt. Ich musste erst vor einer Woche ein Medikament austauschen, weil er den Wirkstoff nicht vertrug. Ich bin immer noch dabei, die Dosierung ganz langsam zu erhöhen, um mögliche Nebenwirkungen zu minimieren. Es wird wohl eine Weile dauern, bis wir endlich bei der Erhaltungsdosis angekommen sind. Bis dahin macht ihm seine Parkinson-Erkrankung natürlich zu schaffen. In der letzten Woche hatte es ihn besonders heftig erwischt. Sein Tremor nahm dramatisch zu, und er konnte kaum noch laufen. Zum Glück ging es ihm rein körperlich schnell wieder besser, nachdem ich die Dosis geringfügig angepasst hatte.«

»Das klingt so, als hätte er jetzt mit psychischen Problemen zu kämpfen«, hakte Fee sofort besorgt nach. »Ist er depressiv?«

»Zumindest steckt er in einem Stimmungstief. Was mich nicht wundert. Immerhin hat er einen ersten Vorgeschmack auf das bekommen, was ihn vielleicht im späteren Verlauf der Krankheit erwartet. Als Arzt wusste er natürlich schon vorher, was auf ihn zukommen kann. Doch die Theorie macht einem nicht so viel Angst wie das, was er jetzt am eigenen Leib erfahren hat. Ich glaube, dieser Schub hat ihm gezeigt, wie schnell alles zusammenbrechen kann.«

»Umso wichtiger wäre es für ihn, diese Reise zu machen«, sagte Daniel. »Ich weiß nicht, ob er es Ihnen erzählt hat: Diese Tour auf einem Hundeschlitten durch Lappland plante er bereits mit Margit, seiner Frau. Sie sprachen oft davon und versuchten sogar, uns zu überreden mitzukommen. Doch bevor alles spruchreif werden konnte, ist Margit schwer erkrankt und nur kurze Zeit später verstorben. Cornelius hatte ihr damals versprochen, diese Reise auch ohne sie zu machen. Wenn er dieses Versprechen noch einlösen will, bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Es wäre jetzt vielleicht die letzte Gelegenheit.«

»Da gebe ich Ihnen recht. Schon im nächsten Jahr wäre er dazu möglicherweise nicht mehr in der Lage. Umso bedauerlicher ist es, dass Dr. Niedermayer nun absagen musste und aus der Reise wohl nichts wird.« Bennets Pager meldete sich. Nach einem kurzen Blick darauf sagte er: »Für mich wird’s Zeit. Die Notaufnahme wartet. Ich habe heute den Oberarzt-Dienst.« Bennet nickte dem Chefarzt und seiner Frau noch einmal zu und lief dann durch die Lobby in Richtung Aufnahme.

Fee und Daniel setzten ihren Weg schweigend fort. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

Sie brauchten nicht darüber zu reden, um zu wissen, dass sie dasselbe Problem beschäftigte: Wie konnte ihrem alten Freund geholfen werden? Auch während der Heimfahrt sprachen sie nur das Nötigste. Als Daniel den Wagen in der Einfahrt ihres Hauses parkte, stellte er zwar den Motor ab, konnte sich aber nicht entschließen auszusteigen. Der Kummer des Freundes lastete zu schwer auf ihm. Fee schien es nicht anders zu ergehen. Auch sie blieb auf ihrem Platz sitzen und sah angestrengt durch die Windschutzscheibe in die Dunkelheit hinaus.

»Und wenn du mit ihm fährst?«

»Ich?«, fragte Daniel zurück, ohne dass ihn Fees Worte überraschten. Auch ihm war dieser Gedanke schon gekommen. Allerdings war er weit davon entfernt gewesen, ihn laut auszusprechen.

»Ja, warum nicht?« Fee löste jetzt den Sicherheitsgurt und drehte sich zu ihrem Mann um. »Weißt du noch, wie begeistert du damals warst, als Margit meinte, wir sollten mitkommen? Du hast tagelang im Internet recherchiert und alles verfolgt, was irgendwie mit Lappland, Polarkreis oder Hundeschlitten zu tun hatte. Wäre Margit nicht krank geworden, hätten wir diese Reise schon längst gemacht.«

»Du meinst also wirklich, wir sollten Cornelius begleiten?«

Fee schüttelte lächelnd den Kopf. »Nicht wir. Nur du, mein Lieber. Wenn ich deinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen darf: Diese Begeisterung für die Schlittentour haben Margit und ich nur bedingt geteilt. Wir wären zwar mitgekommen, hätten aber einem Urlaub unter Palmen den Vorzug gegeben. Es war nicht Margit, die von dieser Reise geträumt hatte, sondern Cornelius. Es war immer sein großer Wunsch gewesen, durch Lappland zu fahren. Und dir hätte das auch gefallen. Also, warum machst du es dann nicht? Du hast doch selbst schon daran gedacht.«

»Ja«, gab Daniel seufzend zu. »Aber nicht, weil mich plötzlich die Begeisterung für Lappland neu gepackt hat. Ich denke dabei nur an Cornelius. An einen guten, alten Freund, für den die Reise zum Polarkreis das vielleicht letzte große Abenteuer sein wird und der damit endlich ein Versprechen einlösen kann.«

Fee lächelte und gab Daniel einen Kuss. »Dann steht es also fest. Du fährst mit.«

»So leicht lässt sich das leider nicht umsetzen. Ich habe eine Klinik zu leiten und kann nicht einfach meinen Koffer packen und verschwinden. Wer soll mich in dieser Zeit vertreten? Ich müsste meine Termine neu planen und Aufgaben verteilen. Und außerdem – bekomme ich meine Reise überhaupt so kurzfristig organisiert? Ich brauche ein Flugticket, muss mit dem Reiseleiter sprechen, mit Cornelius natürlich auch. Ach ja – und dann kann ich natürlich nicht …«

»Stopp!«, rief Fee leise lachend. »Ich bin mir sicher, dir fallen noch ganz viele andere Dinge ein, die dieser Reise im Wege stehen könnten. Glücklicherweise bin ich mir genauso sicher, dass du für alles eine Lösung finden wirst. Aber nicht hier im Auto; nicht, wenn uns die Kälte in die Knochen kriecht. Lass uns endlich ins Haus gehen.« Fee schüttelte sich. »Wir haben Ende Januar, mein Schatz, und wir sitzen hier bei Minusgraden im Wagen. In Lappland kann es wohl kaum kälter sein.«

*

Am nächsten Tag saß Daniel Norden an seinem Schreibtisch und dachte nach. Hier, in seinem Büro, konnte er das am besten. Dies war der Ort, an dem er schon für manches Problem eine praktikable Lösung gefunden hatte. Oder einen guten Kompromiss, wenn es gar nicht anders ging. Mit dem würde er sich auch heute zufriedengeben. Doch noch war keiner in Sicht.