Cherringham - Die geheime Partitur - Matthew Costello - E-Book

Cherringham - Die geheime Partitur E-Book

Matthew Costello

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Beschreibung

Folge 43 der britischen Erfolgsserie

Lampenfieber in Cherringham: Der Chor des beschaulichen Ortes soll in der Londoner Royal Albert Hall gemeinsam mit anderen Chören aus dem ganzen Land Händels "Messias" aufführen. Doch nur wenige Tage vorher wird einer der erfahrensten Sänger, der zurückhaltende Musiklehrer Arthur Chisholm, mitten in der Nacht ausgeraubt und niedergeschlagen. Und es bleibt nicht bei diesem einen Vorfall - auch bei anderen Chormitgliedern wird eingebrochen! Jack und Sarah versuchen fieberhaft, den Drahtzieher dieser Überfälle zu entdecken - werden sie den großen Auftritt des Cherringham-Chors noch retten können?

Über die Serie: "Cherringham - Landluft kann tödlich sein" ist unsere erfolgreichste Cosy-Crime-Serie. Jede Folge ist unabhängig lesbar und geeignet, in die Welt von Cherringham einzusteigen. Cherringham ist ein beschauliches Dorf in den englischen Cotswolds. Doch mysteriöse Vorfälle, eigenartige Verbrechen und ungeklärte Morde halten die Bewohner auf Trab. Zum Glück bekommt die örtliche Polizei tatkräftige Unterstützung von Sarah und Jack. Die alleinerziehende Mutter und der ehemalige Cop aus New York lösen jeden noch so verzwickten Fall. Und geraten das ein oder andere Mal selbst in die Schusslinie ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!


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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie

Die Hauptfiguren

Titel

1. Der Einbruch

2. Die Probe

3. Ein nagender Zweifel

4. Eine Verbrechenswelle

5. Die Tatorte

6. Eine Verbindung?

7. Der jäh geweckte Ray

8. Ein Geist aus der Vergangenheit

9. Unerwartete Besucher

10. Die letzte Probe

11. Ein Geheimnis und ein Plan

12. Auf nach London!

13. Die Royal Albert Hall

14. Verloren

15. Und gefunden

In der nächsten Folge

Über die Autoren

Impressum

 

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Über diese Folge

Lampenfieber in Cherringham: Der Chor des beschaulichen Ortes soll in der Londoner Royal Albert Hall gemeinsam mit anderen Chören aus dem ganzen Land Händels »Messias« aufführen. Doch nur wenige Tage vorher wird einer der erfahrensten Sänger, der zurückhaltende Musiklehrer Arthur Chisholm, mitten in der Nacht ausgeraubt und niedergeschlagen. Und es bleibt nicht bei diesem einen Vorfall – auch bei anderen Chormitgliedern wird eingebrochen! Jack und Sarah versuchen fieberhaft, den Drahtzieher dieser Überfälle zu entdecken – werden sie den großen Auftritt des Cherringham-Chors noch retten können?

Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie

»Cherringham – Landluft kann tödlich sein« ist eine Cosy-Crime-Serie, die in dem vermeintlich beschaulichen Städtchen Cherringham spielt. Regelmäßig erscheinen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch spannende und in sich abgeschlossene Fälle wie auch Romane mit dem Ermittlerduo Jack und Sarah.

Die Hauptfiguren

Jack Brennan hat jahrelang für die New Yorker Mordkommission gearbeitet – und fast genauso lange von einem Leben in den englischen Cotswolds geträumt. Mit einem Hausboot im beschaulichen Cherringham ist für ihn ein langgehegter Traum in Erfüllung gegangen. Doch etwas fehlt ihm. Etwas, das er einfach nicht sein lassen kann: das Lösen von Kriminalfällen.

Sarah Edwards ist Webdesignerin. Nachdem ihr perfektes bürgerliches Leben in sich zusammengefallen ist, kehrt sie mit ihren Kindern im Schlepptau in ihre Heimatstadt Cherringham zurück, um dort neu anzufangen. Das Kleinstadtleben ist ihr allerdings oft zu langweilig. Gut, dass sie in Jack einen Freund gefunden hat, mit dem sie auch in der vermeintlichen Idylle echte Abenteuer erleben kann!

Matthew CostelloNeil Richards

CHERRINGHAM

LANDLUFT KANN TÖDLICH SEIN

Die geheime Partitur

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

1. Der Einbruch

Arthur Chisholm lehnte sich in die Kissen zurück, legte die letzte Übungsklausur seiner Schüler zu dem Stapel auf seinem Bett und seufzte laut.

»Nenne ein charakteristisches Merkmal einer Mozart-Serenade«, sagte er und starrte an die Decke. Er erwartete nicht wirklich, dass seine Frau Harriet ihm antwortete. »Eine ziemlich simple Frage, sollte man meinen, nicht wahr?«

Doch obwohl Harriet in einen ihrer Krimis vertieft war – sie hatte den Kopf tief ins Kissen gedrückt und war schon halb eingeschlafen –, nahm sie zumindest zur Kenntnis, dass er geredet hatte.

»Hm?«, fragte sie, ohne den Blick von ihrem E-Book-Reader abzuwenden.

»Ich kann dir verraten, was definitiv kein Merkmal ist«, antwortete er. Ihm war bewusst, dass er eher mit sich selbst sprach. »Es ist keine ›kitschige Melodie‹, wie Ryan Lomax geschrieben hat. Eine kitschige Melodie, Ryan Dumpfmax? Denkst du allen Ernstes, das will der Prüfer lesen?«

»Was?«, entfuhr es Harriet, die immer noch nicht recht hinhörte. »Wovon redest du?«

»Ach, achte gar nicht auf mich. Ich quäle mich nur selbst«, offenbarte er. »Ich sollte mir wirklich die vielversprechendsten Kandidaten für den Schluss aufsparen. Die Überflieger. Nicht die Fußballer, die Musik als Wahlfach nehmen, weil sie denken: Das kann ja nicht so schwer sein. Dann könnte ich wenigstens mit ein wenig Vertrauen darauf einschlafen, dass es in diesem Kurs tatsächlich einige auf eine Eins bringen. Stattdessen …«

Er legte den Stapel korrigierter Arbeiten auf den Nachttisch und seinen grünen Kuli obenauf. (Kein roter, denn dieser Tage war Rot eine viel zu kritische Farbe, wie man ihm mitgeteilt hatte.)

»Aber nein! Ich höre immer mit dem musikalischen Bodensatz auf. Den Hoffnungslosen. Und deshalb – was noch zu beweisen wäre – schlafe ich mit einem wirklich entsetzlichen Gefühl ein.«

Er sah nach dem Wecker neben seinem Bett und seufzte wieder. Schon Viertel vor zwölf! Und er musste morgen um sechs Uhr aufstehen, um den Rest zu korrigieren und seine Zeugnisberichte fertig zu schreiben.

Nur noch zwei Wochen bis Weihnachten – was bedeutete, dass der Rest der Welt den Fuß vom Gas nahm, während die Lehrer sich überall die Nächte um die Ohren schlugen.

Alles musste geschafft sein, bevor man auch nur an die bevorstehenden Feiertage denken durfte!

»Arthur, es ist ungesund für dich, zu so später Stunde noch Übungsklausuren zu korrigieren«, ermahnte ihn Harriet, die endlich die Hülle ihres Readers zuklappte und sich zu ihm drehte.

»Ich weiß! Ich mache das ja auch nicht mit Absicht, oder? Aber der Tag hat nun mal nicht mehr als vierundzwanzig Stunden!«

»Deine Entscheidung, dieses Jahr den Messias zu singen«, sagte Harriet, die mit ihrer Pillendose rasselte, als sie die übliche Nachtdosis auslegte. »Die ist es, die deine ganze Zeit verschlingt.«

Arthur schaute zu, wie sie eine Tablette nach der anderen schluckte. Gegen Unruhe. Gegen Reflux. Hormone. Die kleinen pinken für ihr Blut … Nicht, dass er genau wüsste, was die jeweiligen Mittel taten.

Was wir nicht alles anstellen … nur um weitermachen zu können.

Ach, könnte man noch mal jung sein, dachte Arthur.

Als Harriet ihr medizinisches Ritual schließlich beendet hatte, entgegnete er: »Nur alle zehn Jahre singt der Cherringham-Chor den ganzen Messias. Und ich habe es noch kein einziges Mal versäumt, oder? Bei der Aufführung von Händels großem Meisterwerk dabei zu sein? Das würde ich um nichts auf der Welt verpassen wollen! Und ich habe es auch nicht, seit wir 1990 damit begonnen haben. Dreißig Jahre – ist dir das klar? Und jetzt, in diesem Jahr … wird es sogar noch spektakulärer! Allein der Gedanke, mit den Chören aus dem ganzen Land in der Royal Albert Hall zu singen! Auf gar keinen Fall werde ich das verpassen! Fünftausend von uns, stell dir das vor! Fünftausend Stimmen, die den großen Saal füllen!«

»Ja, ich bin mir sicher, dass es ziemlich … laut wird«, merkte Harriet dazu an.

Arthur starrte sie entgeistert an. Laut? Laut?

Lohnte es sich überhaupt, auch nur zu versuchen, es ihr zu erklären?

»Ich muss übrigens noch die Karte für dich besorgen«, sagte er. »Das darf ich nicht zu lange aufschieben. Viele aus dem Dorf wollen unbedingt hin. Und eine kostenlose Fahrt in einem Komfortbus ist inbegriffen.«

»Ja, ich weiß«, sagte Harriet. »Aber sie haben meine Schichten im Laden noch nicht bestätigt. Ich würde es wirklich gern hören. Nur ist das auch bei uns die Zeit, in der am meisten los ist, wie du weißt.«

»Ach ja, der Handel muss florieren, sicher. Aber es ist schon in einer Woche. Sogar nicht einmal mehr eine Woche. Du musst dich entscheiden!«

»Ich habe doch deutlich gesagt, dass ich es weiß. In Ordnung?«

Nach zwanzig Jahren Ehe wusste Arthur, dass er es jetzt gut sein lassen könnte. Und er wusste ebenfalls, dass Harriet keinerlei Interesse hatte, zur Aufführung mit nach London zu fahren – der geschäftige »Laden« war lediglich eine willkommene Ausrede für sie. Doch er musste das Spiel mitmachen.

Selbstverständlich muss ich dabei mitmachen.

Dieses ritualisierte Betteln, wann immer der Chor ein Konzert gibt.

Und ich muss so oft bitten, dass es klingt, als würde ich es ernst meinen.

»Natürlich«, stimmte er zu. »Das verstehe ich. Vielleicht sagen sie dir morgen Bescheid.«

»Ich kann nichts versprechen. Tja, lass uns morgen darüber reden … Du hast noch eine weitere Probe, oder? Gleich nach der Schule?«

»Stimmt, von sieben bis neun. Und mach dir wegen des Abendessens keine Gedanken. Ich werde schon irgendwas finden, wenn ich zu Hause bin.«

»Nimmt dich jemand von der Schule mit?«

»Ähm, ja, wahrscheinlich.«

Er sah, wie sie sich zur Seite lehnte und ihr Nachttischlicht ausschaltete, sodass das Zimmer in ein Halbdunkel getaucht wurde.

»Also, falls wir uns morgen früh nicht sehen sollten – versuch bitte, mich nicht zu wecken, wenn du nach Hause kommst«, ersuchte sie ihn, zog ihre Bettdecke höher und drehte sich weg von ihm. »Ich könnte wirklich mal eine Nacht ungestörten Schlaf brauchen.«

Wenige Sekunden lang betrachtete er ihren Hinterkopf, dann stand er auf, schlüpfte in seine Hausschuhe, nahm den Klausurenstapel und ging nach unten in sein Arbeitszimmer, um ihn sicher in seine Aktentasche zu stecken.

Als er zurück ins Schlafzimmer kam, schnarchte Harriet bereits.

Arthur stieg wieder ins Bett, steckte seine Schaumstoffohrstöpsel rein, schaltete seine Lampe aus und schlief ein.

Er träumte, dass er die New Yorker Philharmoniker dirigierte und sie durch die heiklen Takte des Finales von Mahlers achter Symphonie führte. Die erste Geige lächelte ihm auf ihre ganz besondere Art zu, und das Publikum hielt geschlossen den Atem an, als er etwas hörte …

Klirr!

Er schrak aus dem Schlaf.

Das ist zerbrechendes Glas gewesen. In der realen Welt.

Die Augen weit aufgerissen im pechschwarzen Zimmer, schaute er zu den Leuchtziffern des Weckers.

Drei Uhr morgens.

Rasch zog er die Ohrstöpsel heraus und horchte auf die Geräusche seiner Umgebung.

Das Klicken und Ticken der Zentralheizung, während die Heizkörper abkühlten. Draußen, irgendwo im Dorf, das Brummen eines Automotors.

Neben ihm das stete Auf und Ab von Harriets Atem. Ein leises Schnarchen.

Nichts Ungewöhnliches.

Aber dann … Ein dumpfer Ton, den er erkannte, wie man die Geräusche im eigenen Haus erkennt. Eine Art Audiokarte des Vertrauten.

Es klang definitiv wie die Kühlschranktür, wenn sie geschlossen wurde.

Es gab keinen Zweifel. Es war tatsächlich jemand im Haus.

Und das mitten in der Nacht. Dafür konnte es nur einen Grund geben.

Arthur schluckte und stellte fest, dass sein Herz raste. Seine Atmung war ebenfalls schneller als gewöhnlich.

Verdammt, sein Mobiltelefon war irgendwo unten. Wäre es hier im Schlafzimmer, hätte er damit die Polizei rufen können.

Rasch überlegte er, welche Möglichkeiten er hatte.

Harriet wecken? Nein, sie könnte etwas Lautes sagen und den Eindringling aufschrecken. Und wer vermochte schon einzuschätzen, was der Einbrecher tat, sollte er in Panik geraten?

Hierbleiben, leise sein, nichts tun? Nein – was, wenn diese Person nach oben kam, um nach Geld oder Schmuck zu suchen? Wenn wir hier liegen bleiben, sind wir einem Angreifer schutzlos ausgeliefert!

Aber was machte der Eindringling? Worauf hatte er es abgesehen?

Meine Gitarre? Wer würde denn eine Konzertgitarre stehlen?

Meinen Laptop? Vielleicht …

Verdammt! Sämtliche Zeugnisberichte, die er in den letzten zwei Wochen geschrieben hatte, waren da drauf und nicht extern gesichert. Das wäre eine Katastrophe!

Er setzte sich auf und schwang sich so leise wie möglich aus dem Bett. Dabei überlegte er, ob es im Schlafzimmer irgendeine Art Waffe gab. Er strich mit der Hand über seinen Nachttisch. Nichts, außer …

Die dicke Berlioz-Biografie? Ein beinahe sechs Zentimeter dicker Leineneinband.

Schwer genug ist sie, dachte er, als er sie anhob. Ein richtiger Klotz von einem Buch.

Beinahe musste er lachen: eine Berlioz-Biografie als Waffe gegen einen Einbrecher! Doch dann übernahm wieder seine Angst. Er zog das Band seiner Pyjamahose fester, bevor er aus dem Zimmer schlich – sorgsam auf knarzende Stellen achtend – und langsam die mit Teppich ausgelegte Treppe hinunter ins finstere Erdgeschoss ging.

Er hörte, dass Harriet sich oben rührte und erneut zu schnarchen begann.

Viel lauter jetzt!

Unten an der Treppe blieb Arthur stocksteif stehen und lauschte angestrengt, während er sich umblickte.

Die Diele war dunkel, doch durch die offenen Türen von Wohn- und Esszimmer konnte er im schwachen Licht der Stand-by-Leuchten an den Geräten sehen, dass beide Räume leer waren.

Niemand bewegte sich dort.

Wenigstens waren hier unten einige Gegenstände, die sich als Waffen benutzen ließen. Im Schirmständer befanden sich zwei Schirme und – ja! – Harriets Stöcke fürs Nordic Walking mit den spitzen Enden.

Die eignen sich gut für einen kräftigen Schlag und einen scharfen Stoß.

Behutsam legte er den Berlioz-Band auf den Dielentisch, nahm die Stöcke und ging langsam durch den Flur zum hinteren Teil des Hauses.

Der harte Fliesenboden war verteufelt kalt unter seinen Füßen.

Die Tür zur Küche mit der Frühstücksecke war offen. Arthur blieb stehen, holte tief Luft und spähte hinein.

Niemand da.

Puh! Ihm kam ein hoffnungsvoller Gedanke: Könnte der Einbrecher schon wieder weg sein? Sich zu lohnenswerteren Gefilden als diesem offensichtlich bescheidenen Haus aufgemacht haben?

Auf der Küchenarbeitsplatte, gleich neben dem Kühlschrank, sah er eine halb volle Milchflasche.

Die nicht dort gewesen war, als er zu Bett ging.

Und noch schlimmer. Neben der Spüle stand ein Glas, das innen noch einen Milchfilm hatte.

Wie bitte? Jemand ist eingebrochen, um die Milch zu stehlen? Das ergibt keinen Sinn.

Doch plötzlich hörte er ein neues Geräusch, von weiter hinten.

Aus seinem Arbeitszimmer. Wieder holte er Luft, um sich zu wappnen.

Er schlich weiter – konnte kaum etwas sehen, weil es so stockdunkel war – und streckte die Walking-Stöcke nach vorn, so wie ein Statist mit zwei Imitaten von Entermessern in einem Piratenfilm.

Die Arbeitszimmertür war nicht ganz geschlossen, nur angelehnt. Und durch den Spalt konnte er an der Unterkante der Tür ein flackerndes Licht sehen. Ein Handylicht? Oder vielleicht eine Taschenlampe?

Nun war noch ein vertrautes Geräusch zu vernehmen: das einer Schublade, die langsam geschlossen wurde. Das alte Holz seines Schreibtischs knarrte, als sie über die Schienen glitt.

Jetzt oder nie! Er musste den Eindringling stören.

Die Person erschrecken! Sie in die Flucht treiben!

Immerhin ist dies hier mein Zuhause, oder etwa nicht?, dachte er. Was für ein Mann lässt einen Eindringling einfach in seinen ureigenen heiligen Räumen umherstreifen? In seiner Burg!

Er wusste, dass er das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte. Wer das in seinem Arbeitszimmer auch immer sein mochte, konnte unmöglich wissen, dass er ein sanftmütiger Musiklehrer war. Er könnte ein Polizist sein. Oder ein Boxer. Oder sogar ein Berufsverbrecher!

Auch wenn Arthur wusste, dass in diesem ruhigen, baumgesäumten Straßenbogen mit den Einzelhäusern und ihren gepflegten Vorgärten keine Polizisten, Boxer oder Verbrecher wohnten.

Bloß »die vier M’s«, wie er sie gern nannte: Mittelschicht, mittleres Management, mittlere Einkommensklasse … und Muttis.

Arthurs Hände zitterten, als er die Stöcke fester umklammerte.

Noch nie hatte er sich so gefürchtet.

Er trat ganz nahe an die Tür und nahm die beiden Stöcke in eine Hand, denn er wollte mit der anderen das Licht im Arbeitszimmer einschalten – in der Hoffnung, den Einbrecher dadurch zu blenden.

Dann jedoch schwang die Tür wie von selbst weit auf!

Und Arthur sah nichts außer gleißendem Licht, das ihm direkt ins Gesicht schien, während eine Hand vorschnellte und gegen seine Brust schlug.

»Aaahh!«, stöhnte er und stolperte rückwärts durch den Flur.

In dem großen Dielenspiegel konnte er kurz seinen Angreifer sehen – eine schwarze Wollmaske über dem Gesicht, dicke Daunenjacke, vielleicht dunkle Jeans. Und dann stieß ihn wieder eine Hand, und die Stöcke verfingen sich in den Streben des Treppengeländers, wodurch er das Gleichgewicht verlor und rücklings hinfiel.

Er schlug hart mit dem Hinterkopf auf den kalten Fliesen auf, und alles wurde schwarz.

2. Die Probe

Sarah verließ ihr Büro, überquerte rasch die Straße und eilte auf das Gemeindezentrum zu, ihre Messias-Partitur unter dem Arm. Ihr war bewusst, dass sie spät dran war zur Probe.

Jeden Moment würde es vom Kirchturm sieben Uhr schlagen – und wenn sie als Letzte zur Probe kam, stand ihr der Spießrutenlauf zu den Sopranen bevor, bei dem Mrs Procter, die Chorleiterin, sie mit verschränkten Armen und leicht zusammengekniffenen Augen anstarren würde.

Wie macht die Frau das?, fragte Sarah sich. Sie schafft es, dass ich mich wieder zehn Jahre alt fühle!

Zugleich war Sarah eines nur allzu bewusst: Mrs Procter hatte es in diesem besonderen Jahr mit ihrer altmodischen Disziplin tatsächlich geschafft, den zusammengewürfelten Haufen aus Amateuren, festen Mitgliedern und Neuen so zu drillen, dass er sich allmählich wie ein richtiger Chor anhörte.

Sopranistinnen, Altistinnen, Tenöre und Bassisten sangen alle »oberhalb ihrer Liga« … Sofern das der korrekte Ausdruck ist.

Und sie meisterten die Herausforderungen der großartigen Händel-Partitur eine nach der anderen.

Ja, die alte Mrs Procter ist sehr streng, aber sie weiß, was sie tut.

»Auf dem letzten Drücker, was, Sarah Edwards?«, ertönte eine Stimme aus dem Dunkeln.

Sarah sah den korpulenten Pete Bull ins Licht der Straßenlaterne treten, umnebelt von einer Dampfwolke aus seiner E-Zigarette.

Pete – der beste Klempner in Cherringham und ein guter Freund – war mit seinem schönen Bass eine feste Größe im Chor.

»Ich dachte, du hättest den Quatsch aufgegeben, Pete«, sagte sie.

»Anders stehe ich diese Proben nicht durch«, antwortete er und nickte zu den oberen Fenstern. »Lenk sie noch kurz ab, ja? Dann versuche ich, mich reinzuschleichen, ohne dass sie mich bemerkt.«

»Da müsstest du aber schon eine Menge Glück haben«, meinte Sarah grinsend, ehe sie an ihm vorbeieilte. Dann ging sie schnell um den Dorf-Weihnachtsbaum herum, dessen Lichter so festlich funkelten, hastete zum Eingang und schließlich im Gebäude die hölzerne Prachttreppe hinauf zum Probenraum.

Durch die Flügeltüren des oberen großen Saals sah sie mit Erleichterung, dass die meisten Leute bisher noch nicht ihre Plätze eingenommen hatten. Sie standen in Gruppen zusammen und redeten, und es herrschte ein untypischer Lärm.

Noch mal davongekommen, dachte Sarah.

Doch das hier war ungewöhnlich. Sie fragte sich, was geschehen sein könnte, denn Mrs Procter bestand normalerweise auf unbedingter Pünktlichkeit.

Sarah ging hinüber zu den Stühlen der Soprane, wo Beth, ihre alte Freundin aus der Vorschule, mit Becky Butterworth redete, einer der Neuen.

»Na, da hast du dir ja den richtigen Abend ausgesucht, um zu spät zu kommen, Sarah«, sagte Beth.

»Was ist los?«, fragte Sarah.

»Hast du es nicht gehört?«, erwiderte Beth. »Der arme Arthur liegt im Krankenhaus. Er wurde letzte Nacht angegriffen. Angeblich ist er lebensbedrohlich verletzt!«

»Was?« Sarah war geschockt. »Meinst du etwa Arthur Chisholm?«

Sarah kannte Arthur von der Schule, wo er Chloe und Daniel, ihre beiden Kinder, unterrichtet hatte.

»Er hat einen Einbrecher überrascht«, antwortete Beth. »Sieht ganz übel aus.«

»Er kann von Glück reden, wenn er die Nacht überlebt, wie ich heute Vormittag im Huffington’s gehört habe«, berichtete Rosie, eine andere Sopranistin, die sich zu der kleinen Gruppe gesellte.

»Es heißt, dass er es nicht überlebt«, sagte eine weitere Sopranistin in einem pathetischen Tonfall und kam ebenfalls näher.

»Ach, papperlapapp! Bestimmt ist es nicht derart ernst«, gab Jen Buckland, die im Alt sang, rasch ihre Einschätzung zum Besten.

»Na, und was sagt Jessica?«, fragte Rosie, und Sarah sah, wie sich die ganze Gruppe zu den »Alt-Plätzen« umdrehte.

»Sie muss es sicher wissen«, meinte Becky mit einem bedeutungsschwangeren Grinsen.

Sarah hatte das Gefühl, dass sie hier unterschwellige Botschaften nicht mitbekam. Ihr war allerdings bekannt, dass Jessica Moore – ebenso wie Arthur – Musik an der Schule unterrichtete. Und nun saß sie ein wenig seitlich, den Kopf in ihre Noten vergraben.

»Ich habe sie nicht gefragt«, entgegnete Jen. »Die arme Frau ist sicherlich schon genug in Sorge um ihren Kollegen, ohne dass sie auch noch dauernd nach Neuigkeiten ausgequetscht wird.«

Und mit diesen strengen Worten kehrte Jen zu ihrem Platz zurück. Für Sarah war dies eine willkommene Gelegenheit, um sich ebenfalls von der kleinen Gruppe wegzustehlen. Bei Klatsch und Tratsch fühlte sie sich nie wohl, und dieses ganze Gerede über jemanden, den sie seit Jahren kannte … es verstörte sie.

Sie blickte hinüber zur anderen Seite des Raums, wo die Bässe und Tenöre versammelt waren.

Sarah wollte mit Jack sprechen und herausfinden, was tatsächlich geschehen war.

Sie konnte ihren Vater sehen – der sie in diesem Jahr für den Chor »rekrutiert« hatte – und winkte ihm zu. Bei ihm stand sein alter Freund Praveer, und da waren noch einige andere vertraute Gesichter.

Simon Rochester, ein etwas schmieriger Anlageberater, obwohl … Sind die das nicht alle? Cedric Cauldwell, der Geschäftsleiter des hiesigen Immobilienbüros. Und Pete Butterworth, Beckys Mann.

Der Chor wurde dieser Tage zu einem echten Dorfmittelpunkt. Doch es gab auch Neue wie Sarah, die sie bisher nicht kennengelernt hatte. Manche von ihnen waren erst kürzlich nach Cherringham gezogen, vermutete sie.

Und sind wahrscheinlich von der aufregenden Aussicht, in der Royal Albert Hall zu singen, zum Chor gelockt worden.

Sie hoffte, dass sie auf der Busfahrt nach London mehr von diesen Leuten kennenlernen würde.

Doch fürs Erste musste sie feststellen, dass sie Jack immer noch nicht sehen konnte. Bis …

Ah, ja! … Da ist er. Er stand etwas abseits und war in ein Gespräch mit ihrem alten Freund Tony Standish vertieft, dem Anwalt. Jack hörte Tony zu und nickte hin und wieder.

Als er aufsah, bemerkte er Sarahs Blick. Lächelnd winkte er ihr, als wollte er vorschlagen, dass sie zu ihnen kam. Doch dann …

Ein krachend lauter Klavierakkord hallte durch den Saal.