Cherringham - Die Leiche im See - Matthew Costello - E-Book

Cherringham - Die Leiche im See E-Book

Matthew Costello

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Beschreibung

Digitale Romanserie. Folge 7:

Der Gemeinderat von Cherringham lädt Laurent Bourdain, Bürgermeister eines französischen Dorfs an der Bretagne-Küste, zu einem Galaempfang ein, um eine Partnerschaft zwischen beiden Gemeinden zu besiegeln. Der Veranstaltungsort soll Lady Reptons Herrenhaus sein, das ihr Enkel in ein Tagungszentrum von Weltrang zu verwandeln hofft. Zu Ehren des französischen Würdenträgers wird ein prächtiges Dinner vorbereitet. Doch während der Abend dahingeht und der Wein fließt, verschwindet der Bürgermeister von der Feier, um bald darauf tot im nahen See gefunden zu werden. Ein Unfall, so scheint es - bis Jack und Sarah herausfinden, was wirklich mit dem Toten im See geschah ... "Cherringham - Landluft kann tödlich sein" ist eine Cosy Crime Serie in der Tradition des klassischen englischen Krimis für Fans von Miss Marple und Sherlock Holmes! Jeden Monat erscheint ein neuer, in sich abgeschlossener Fall mit Jack und Sarah.


eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 138

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Inhalt

Cover

Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie

Über die Autoren

Die Hauptfiguren

Die Leiche im See

Impressum

1. Kultivierte Gastgeber

2. Völkerverständigung

3. Die Insel im See

4. Der Morgen danach

5. Die Leiche

6. Simon

7. Das zweite Boot

8. Verdächtige

9. Von Puten und Plänen

10. Ein aalglatter Typ

11. Essen und Fragen

12. Simons Geschichte

13. Die Wahrheit

14. Herrenhausgeheimnisse

15. Tee am späten Nachmittag

16. Von wegen Völkerverständigung

17. Schicksalstreffen im Mondschein

18. Ein bisschen Wellness und Entspannung

In der nächsten Folge

Cherringham – Landluft kann tödlich sein – Die Serie

»Cherringham – Landluft kann tödlich sein« ist eine Cosy Crime Serie, die in dem vermeintlich beschaulichen Städtchen Cherringham spielt. Jeden Monat erscheint sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch ein spannender und in sich abgeschlossener Fall mit dem Ermittlerduo Jack und Sarah.

Über die Autoren

Matthew Costello ist Autor erfolgreicher Romane wie Vacation (2011), Home (2014) und Beneath Still Waters (1989), der sogar verfilmt wurde. Er schrieb für verschiedene Fernsehsender wie die BBC und hat dutzende Computer- und Videospiele gestaltet, von denen The 7th Guest, Doom 3, Rage und Pirates of the Caribbean besonders erfolgreich waren. Er lebt in den USA.

Neil Richards hat als Produzent und Autor für Film und Fernsehen gearbeitet sowie Drehbücher für die BBC, Disney und andere Sender verfasst, für die er bereits mehrfach für den BAFTA nominiert wurde. Für mehr als zwanzig Videospiele hat der Brite Drehbuch und Erzählung geschrieben, u.a. The Da Vinci Code und, gemeinsam mit Douglas Adams, Starship Titanic. Darüber hinaus berät er weltweit zum Thema Storytelling.

Bereits seit den späten 90er Jahren schreibt er zusammen mit Matt Costello Texte, bislang allerdings nur fürs Fernsehen. Cherringham ist die erste Krimiserie des Autorenteams in Buchform.

Die Hauptfiguren

Jack Brennan ist pensioniert und frisch verwitwet. Er hat jahrelang für die New Yorker Mordkommission gearbeitet. Alles, was er nun will, ist Ruhe, und da scheint ihm ein Hausboot im beschaulichen Cherringham in den englischen Cotswolds als Alterswohnsitz gerade richtig. Doch etwas fehlt ihm: das Lösen von Kriminalfällen. Etwas, das er einfach nicht sein lassen kann.

Sarah Edwards ist eine 38-jährige Webdesignerin und führte ein perfektes Leben in London samt Ehemann und zwei Kindern. Dann entschied sich ihr Mann für eine andere. Mit den Kindern im Schlepptau versucht sie nun in ihrer Heimatstadt Cherringham ein neues Leben aufzubauen. Das Kleinstadtleben ist ihr allerdings viel zu langweilig. Doch dann lernt sie Jack kennen …

Matthew CostelloNeil Richards

CHERRINGHAM

LANDLUFT KANN TÖDLICH SEIN

Die Leiche im See

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

beTHRILLED

Digitale Neuausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2014/2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dr. Arno Hoven

Projektmanagement: Michelle Zongo

Titelillustration: © shutterstock: Buslik │ David Crosbie │ Lsaloni

Titelgestaltung: Jeannine Schmelzer

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-5267-2

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

1. Kultivierte Gastgeber

Sarah bog von der Hauptstraße zum hohen Tor von Repton Hall ein. Sie blickte an den Steinsäulen hinauf, auf denen oben jeweils ein bronzener Hirsch prangte. Die riesigen Pforten aus Schmiedeeisen dazwischen waren geschlossen, doch als Sarah sich schon bereit machte, auszusteigen und …

… was zu tun? Klingeln? Hatten solche Anwesen überhaupt Türklingeln?

… öffnete sich das Tor wie von Zauberhand.

Sarah sah wieder zu den stuckverzierten Torbögen. Unter einem der Hirsche bemerkte sie eine unauffällig angebrachte Kamera. Jemand auf dem Anwesen, ein Sicherheitsmann vermutlich, hatte sie also auf seinem Monitor.

Offenbar hatte ihr alter RAV4 den Test bestanden, und jetzt begriff Sarah auch, warum Simon Reptons Sekretärin sie darum gebeten hatte, ihr Autokennzeichen mitzuteilen.

Als sie durchs Tor fuhr und an einem stilvollen Metallschild mit der Aufschrift »Repton Hall Country House and Conference Centre« vorbeikam, erinnerte sie sich wieder, dass erst vor ein paar Jahren das Gerücht umging, die Repton-Familie stehe kurz vor dem Bankrott und sei im Begriff, Haus und Grund zu verlieren.

Dies hier zeugte von einer beachtlichen Wende der ökonomischen Situation.

Wie es aussah, war die lange Auffahrt unlängst neu gepflastert worden, und als Sarah sie zum eindrucksvollen Queen-Anne-Herrenhaus hinauffuhr, das im nachmittäglichen Sonnenschein leuchtete, konnte sie außerdem sehen, dass man ein Vermögen in die Parkanlage gesteckt hatte.

Die Bäume waren in Form gestutzt, die weich abfallenden Rasenflächen säuberlich getrimmt und die Zäune frisch gestrichen. Seitlich vom Haus glitzerte der berühmte künstliche See.

Als Sarah das letzte Mal hier gewesen war – zu einer recht trübseligen Landwirtschaftsschau vor zwei Jahren –, war der See tot und von Algen bedeckt gewesen. Jetzt hingegen war das Wasser klar, und der georgianische Pavillon – ein klassischer Ziertempel – erhob sich wieder stolz auf der kleinen Insel in der Mitte des Gewässers.

Sarah lächelte. Zum Teil dürften Jack und sie mitverantwortlich sein für diese verblüffenden Neuerungen. Vor einiger Zeit hatten sie das geheimnisvolle Verschwinden eines römischen Artefakts aufgelöst, das auf Repton-Land gefunden worden war. Und die erfolgreiche Aufklärung des Falls hatte der gefürchteten Lady Repton angeblich eine halbe Million eingebracht.

Doch als Sarah nun seitlich am Haus vorbei zum »Gäste-Parkplatz« fuhr, vermutete sie, dass die Reptons zusätzlich noch mindestens eine Million aufgetrieben haben mussten, um diese Verwandlung möglich zu machen.

Hinter dem eleganten Herrenhaus erstreckte sich nämlich ein niedriger Anbau aus Ziegeln und Holz, der sich durch kühle, klare Linien auszeichnete, was auf einen teuren Architekten hindeutete.

Es war das Tagungszentrum, in dem Sarah in wenigen Stunden ihren kleinen Auftritt haben würde …

Der Parkplatz war beinahe voll. Doch sie erspähte noch eine Lücke, schnappte sich ihren MacAir, schloss den Wagen ab und ging zum Seiteneingang.

»Hey, gutes Timing!«, rief eine Stimme hinter ihr.

Sie drehte sich um und sah Simon Repton vom Haus her auf sie zukommen. Schlank, braun gebrannt und in einem maßgeschneiderten anthrazitfarbenen Anzug, strahlte Simon Geld, Selbstvertrauen, Charme und Erfolg aus.

Wenigstens glaubt er das, dachte Sarah.

Schleimi-Simey nannte ihre Assistentin Grace ihn immer, und Sarah musste aufpassen, ihn nicht versehentlich so anzusprechen.

»Simon«, sagte sie. »Wie nett, Sie wiederzusehen.«

Simon kam näher und küsste sie auf beide Wangen, wobei seine Lippen ein wenig länger als nötig ihre Haut berührten.

»Wir sind noch immer beim Schampus-Schlürfen, also haben Sie reichlich Zeit für den Aufbau.«

»Ist alles okay?«

»Absolument parfait!«, antwortete er mit einem übertriebenen typisch französischen Achselzucken, bei dem ihm sein jungenhafter Pony in die Augen fiel. »Unsere Gäste haben eine tres bonne temps!«

»Wie klasse, dass Sie Französisch sprechen«, sagte Sarah, weil sie annahm, dass sie diese Leistung rühmen sollte.

»Einer der Vorzüge einer schrecklich teuren Schulbildung, Sarah«, erklärte er. »Obwohl ich gestehen muss, dass die geschätzten Vertreter von St. Martin sur Mer besser Englisch sprechen dürften als das Gros unseres Personals.«

»Das ist gut, denn die Präsentation ist ausschließlich auf Englisch – manches sogar auf Cherringham-Englisch.«

»Ich bin sicher, dass Sie alles sonnenklar darstellen werden, Babe.«

Oh ja, Schleimi-Simey.

»Und ich würde mir keine großen Sorgen machen«, fuhr er fort. »Wie ich hörte, sind wir unter den Favoriten. Da wird Ihre kleine PowerPoint-Präsentation nur das Sahnehäubchen sein.«

»Wunderbar«, sagte Sarah und dachte an die Stunden, die Grace und sie geschuftet hatten. Eigentlich hoffte sie, es wäre mehr als nur das Sahnehäubchen.

»Nicht, dass wir auf sie verzichten könnten, versteht sich«, ergänzte Simon hastig. Offenbar sah er Sarah ihre Enttäuschung an. »Schließlich ist sie der offizielle Grund, weshalb sie hergeflogen sind!«

Sarah staunte, wie schnell er die Kurve bekam.

»Wie wäre es, wenn ich Sie zum Medienraum bringe, damit Sie sich schon mal verkabeln können?«

Er legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie zu einer Tür im neuen Anbau. Sarah wich ein Stück zur Seite, worauf Simons Arm für einen Moment in der Luft hing, ehe er nach unten sank.

»Übrigens werden Sie feststellen, dass alles das Neueste vom Neuesten ist«, sagte er. »Hat Granny ein Vermögen gekostet!«

Sie betraten das Gebäude, und Sarah sah den langen Korridor, der zum Haupthaus führte – makellos gestaltet mit Zedernparkett, heller Holzvertäfelung und Textiltapeten.

Auf der einen Seite hing eine Reihe von Porträts grimmig dreinblickender Reptons aus früheren und heutigen Zeiten, auf der anderen zeigten gerahmte Schwarz-Weiß-Fotos Armeen von Bediensteten, die sich auf der Eingangstreppe aufgereiht hatten.

»Familientradition«, sagte Simon, als Sarah sich näher zu einem der Fotos beugte. »Seit hundert Jahren haben die Bediensteten des Anwesens an jedem Zweiten Weihnachtstag ihren Bonus bekommen und sich hinterher dankbar zum Gruppenfoto aufgestellt.«

»Eine beachtliche Sammlung«, bemerkte Sarah.

»Aus Daddys Archiv«, erklärte Simon. »Ich habe die Fotos digital gespeichert. Besonders die Yankees lieben so ein Zeug.«

Dann dirigierte er sie mit einem Schultertippen in die andere Richtung zum »Medienraum«.

»Jede Menge Sitzbereiche zum Brainstorming«, sagte er unterwegs und wies zu diversen Räumlichkeiten, die vom Korridor abzweigten und jeweils mit Sofas, Kissen und niedrigen Tischen möbliert waren. »Und hier durch kommen wir zum Freizeitzentrum.«

»Sehr beeindruckend.«

»Ja, nicht? Das Schwimmbad und der Fitnessraum sind noch nicht eröffnet, aber Whirlpool, Dampfbad und Saunatrakt sind bereits in Betrieb. Ich hoffe, Sie gesellen sich nach dem Abendessen noch zu uns, um ein wenig auszuspannen?«

»Äh … hmm«, erwiderte sie rasch. »Sie wissen ja – berufstätige Mutter. Ich muss bis Mitternacht zu Hause sein.«

Simon wirkte enttäuscht.

»Zur Geisterstunde, häh? Ein Jammer. Ich hatte gehofft, dass Sie über Nacht bleiben. Schade …«

Träum weiter, dachte sie.

Er blieb an einer Tür stehen und öffnete sie. Dahinter war ein kleiner Vortragssaal mit Sitzreihen wie im Kino, einer Leinwand und einem Präsentationsbereich.

»Hier haben wir den Medienraum. Richten Sie sich in Ruhe ein, und ich bringe die Horde in einer Stunde.«

Mit diesen Worten machte er kehrt und verschwand – als wäre ihm schlagartig aufgegangen, dass anderswo mehr Spaß zu haben war.

»Ta-daa!«, sagte er im Gehen.

Die Tür fiel hinter ihm zu, und Sarah blickte sich im Raum um.

Könnte auch ein kleiner Kinosaal im West End sein, ging es ihr durch den Kopf, als sie ihren Laptop auspackte und ihn auf einen Tisch ganz vorne stellte.

Hoffentlich gefällt ihnen, was ich ihnen zeige …

Sarah bewegte sich mit selbstbewussten Schritten vor der Leinwand, wie sie hoffte, und klickte das nächste Bild an.

Öffentliche Präsentationen waren nicht ihre Stärke, aber diese schien recht gut zu laufen. Alle Augen waren auf sie gerichtet, und obwohl reichlich Champagner getrunken wurde, hatte sie den Eindruck, die volle Aufmerksamkeit ihres Publikums zu haben.

»Also, wir hier in Cherringham hoffen, Sie stimmen uns zu, dass die wirtschaftlichen Faktoren ebenso klar sind wie die sozialen und die kulturellen Zugewinne, die sich aus einer Partnerschaft ergeben würden. Unsere beiden Dörfer, St. Martin und Cherringham – die beide so stolz auf ihre lange Geschichte und so zuversichtlich sind, was die Zukunft betrifft –, passen perfekt zusammen. Sympathisch, weltoffen, gastfreundlich: Gab es je zwei bessere Kandidaten für eine Partnerschaft?«

Selbst im dämmrigen Licht sah Sarah die lächelnden Gesichter und das vielfache Kopfnicken.

Und sie wusste, dass die nicht allein den vielen Hors d’oeuvres und Schampusflaschen geschuldet sein konnten, mit denen Simons Heer von Bediensteten seit einer Stunde aufwartete.

»Zum Schluss sollen die zu Gehör kommen, die diesen schönen Anlass wohl besser abrunden dürften als jeder andere, nämlich die Kinder von Cherringham!«

Sie trat beiseite, klickte das letzte Video an und atmete erleichtert auf.

Auf der Leinwand erschienen die Schüler der Cherringham Primary, die sich die Seele aus dem Leib sangen, um eine schräge, liebevolle Darbietung eines »Offenen Briefes« an den Bürgermeister und die stellvertretende Bürgermeisterin von St. Martin zum Besten zu geben, worin es hieß, sie mögen »für die Kinder« jenen Vertrag »tut svit« unterzeichnen.

Sarah sah zum Publikum. Dort waren viele Gesichter, die sie wiedererkannte – die Großen und Wohltätigen von Cherringham: Tony Standish, ihr alter Freund und Familienanwalt; Cecil Cauldwell, der hiesige Immobilienmakler; Harry Howden, der allzeit nüchtern kalkulierende Besitzer von Howdens Holdings, einem der größten Landwirtschaftsbetriebe in der Gegend; June Rigby, Vorsitzende des Gemeinderats; Lee Jones, Vizevorsitzender. Es waren noch mehr bekannte Gesichter aus dem Dorf da – nur hatte sie deren Namen nicht auf Anhieb parat.

Alle hatten sich hier zu einem Wochenende bei Wein und gutem Essen eingefunden, um die von wirtschaftlichen Interessen geleitete französische Delegation zu überzeugen, dass eine Partnerschaft ihrer Dörfer kommerziell von Vorteil wäre – nach einem guten Jahr harter Vorbereitungsarbeit.

Sarah betrachtete die beiden Gäste aus St. Martin – den Bürgermeister und seine Stellvertreterin.

Laurent Bourdin hatte die Statur eines Bullen und war wohl eher durch viele Cognacs und Gauloises als von seinen Lebensjahren gealtert.

Marie Duval hingegen war schmal, elegant, distanziert und schön.

Beide lächelten. War das ein gutes Zeichen? Könnte sein … Angeblich waren sie beide richtig harte Nüsse.

Sarah hoffte, dass ihr Beitrag sie endgültig überzeugt hatte, sich zu entscheiden.

Beim letzten schmetternden Akkord gingen die Lichter wieder an, und Sarah stellte begeistert fest, dass sich das Publikum lachend und applaudierend erhob.

Simon kam klatschend von der Seite auf sie zu.

»Meine Damen und Herren, Madame et Monsieur le maire – unsere Sarah Edwards hat Ihnen soeben auf wahrhaft bewegende Weise vorgeführt, warum wir alle hoffen, dass Sie uns dieses Wochenende Ihren Segen zu unserer historischen und ehrgeizigen Partnerschaft geben!«

Der Applaus ging weiter.

»Wenn Sie sich dann jetzt alle in den Queen-Mary-Raum begeben wollen – das Dinner wird gleich serviert!«

Sarah wartete, während Simon die Menge nach draußen scheuchte. An der Tür drehte er sich zu ihr um.

»Absolut genial, Sarah – ohne Fehl und Tadel. Großartig!«

»Danke, Simon.«

»Jetzt kommen Sie! Machen wir die Froschfresser betrunken, drücken ihnen einen Stift in die Hand und zwingen sie, zu unterschreiben!«

Sarah konnte ihm seinen Enthusiasmus nicht verübeln. Ob er nun aus eigennützigen Gründen dabei war, für die Reptons oder für das Dorf – Simon gab ohne Zweifel alles für die Sache.

2. Völkerverständigung

»Die EU verlassen? Auf keinen Fall, Laurent! Da lässt sich immer noch einiges an Geld machen, stimmt’s nicht, Harry?«

Lee Jones, Vizevorstand des Cherringham-Gemeinderats und Besitzer eines Luxus-Geländewagenhandels, grinste Harry Howden zu, wandte sich zu Sarah neben ihm um und zwinkerte.

»Harry wird erst froh sein, wenn seine Marshmallow-Stieleise jeden Tiefkühler in Europa füllen«, fuhr Lee fort.

Gegenüber am Tisch erhob Laurent Bourdin sein Glas und sagte zu Lee: »Solange ich sie nicht essen muss, Messieurs …«

»Da stimme ich Ihnen zu, Monsieur Bourdin«, erklärte Tony, der weiter unten am Tisch saß. »Ist nicht böse gemeint, Harry, alter Knabe.«

»Weiß ich doch«, sagte Harry Howden und hob sein Glas mit einem, wie Sarah fand, sehr verhaltenen Lächeln. »Aber ich finde nichts dabei, ein wenig modernes Know-how über Nahrungsmittel an unsere Freunde in St. Martin weiterzugeben.«

»Und wir nehmen es mit Freuden an«, antwortete Marie Duval.

Sarah blickte zu der stellvertretenden Bürgermeisterin, die nicht Harry Howden vornehm zulächelte, sondern Lee.

»Und im Gegenzug dürfen wir Sie vielleicht mit einigen der besonderen Vorzüge französischer Kultur bekannt machen.«

»Ich freue mich schon darauf«, sagte Lee und prostete ihr zu.

»Wäre das vor oder nach dem Cricket-Spiel?«, fragte eine Stimme vom Tischende.

Die sind alle ziemlich angeheitert, stellte Sarah fest. Entspannt. Zu Scherzen aufgelegt.

Noch …

»Nein, das verbiete ich!« In gespielter Entrüstung schlug Laurent die Hand auf den Tisch. »Kein Cricket in St. Martin – non!«

»Schreib das in den Vertrag, Tony!«, rief Simon von der Tischspitze.

»Nicht noch eine Klausel!«, kam eine Stimme von irgendwo.

»Was Brüssel kann, können wir schon lange!«

»Legen Sie noch eine Kiste von diesem Roten drauf, und ich unterschreibe alles«, sagte Lee. »Fantastisch!«

Sarah stimmte in das Gelächter ein und bemerkte kaum, dass ihr Glas nachgefüllt wurde.

Nun war es zu spät, den Wein abzulehnen.

Irgendwann zwischen Fisch, Sorbet und Fleischgängen hatte Sarah ihren Vorsatz aufgegeben, keinen Alkohol zu trinken. Heute Abend wurde ein richtig guter Tropfen ausgeschenkt! Wie konnte sie da Nein sagen?

Ja, sie musste morgen früh raus, um Daniel zum Fußball zu fahren; ja, sie hatte die Hausarbeit der ganzen Woche zu erledigen; und, ja, sie hatte versprochen, Chloes Aufsatz über »Antonius und Cleopatra« durchzusehen. Ihr stand also ein ziemlich anstrengender Sonntag bevor.

Aber ihr war schnell klar geworden, dass das Essen – und das Trinken – noch ewig weitergehen würde, und das stand sie nun einmal nur durch, indem sie sich mit dem Fluss treiben ließ.

Der Wein jedenfalls floss in Strömen.

Es waren zwanzig Plätze an der großen Tafel, und Simon hatte sich nicht lumpen lassen. Der Kronleuchter funkelte, das Silber blitzte, das Kristall glitzerte, und das Essen war selbst für französische Maßstäbe hervorragend.

Aber jetzt, nach drei Stunden, schwand jeder Schein von Förmlichkeit, und die Zungen aller waren nicht bloß gelöst, sie schlackerten geradezu.