Cherubino und Celestini - Alexandre Dumas - E-Book

Cherubino und Celestini E-Book

Dumas Alexandre

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Beschreibung

Dieses eBook: "Cherubino und Celestini" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Aus dem Buch: "Nunmehr senke das Haupt und werfe deine Blicke in gerader Richtung in eine Tiefe von ungefähr fünfzehn Fuß hinab, auf jene Gebirgsplatte, die so von rötlichen Felsen, grünen buschigen Eichen und gelben verkrüppelten Korkbäumen umgeben ist, dass man gerade so über ihr stehen muss, wie wir, um zu erraten, dass sie nur irgend in der Welt existiert; nicht wahr? du wirst hier zuerst vier Männer gewahren, die mit den Vorbereitungen zum Abendessen beschäftigt sind, indem sie Feuer anzünden und ein Lamm abziehen; dann vier andere, die ihre Mora mit einer solchen Schnelligkeit spielen, dass du den Bewegungen ihrer Finger nicht zu folgen vermagst, zwei weitere stehen auf der Wache so unbeweglich, dass du dieselben für Felsstücke halten möchtest, denen der Zufall eine menschliche Form gegeben; daneben sitzt eine Frau, und wagt nicht, sich zu bewegen, aus Furcht, ein in ihren Armen schlafendes Kind zu erwecken; endlich seitwärts wirst ein Räuber die letzte Schaufel voll Erde auf ein frisch gemachtes Grab." Alexandre Dumas (1802-1870) war ein französischer Schriftsteller. Heute ist er vor allem durch seine zu Klassikern gewordenen Historienromane bekannt, etwa Die drei Musketiere und Der Graf von Monte Christo.

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Alexandre Dumas

Cherubino und Celestini

e-artnow, 2017 Kontakt: [email protected] ISBN 978-80-268-8012-7

Inhaltsverzeichnis

I
II
III

I

Inhaltsverzeichnis

Was ich dir jetzt erzählen werde, mein Leser, ist eine Räuberszene; Nichts weiter; folge mir in das vordere Calabrien; ersteige mit mir einen steilen Vorsprung der Apenninen, und auf dessen Gipfel angekommen wirst du, gegen Mittag blickend, zu deiner Linken Cosenza, rechts Santo-Lucido, und gerade vor dir, in einer Entfernung von ungefähr tausend Schritten, einen Weg haben, der, an den Seiten des Bergs selbst sich steil in die Höhe ziehend, in diesem Augenblick durch eine große Zahl von Feuern erhellt ist, um welche bewaffnete Männer sich lagern. Diese Männer sind in der Verfolgung des Räubers Giacomo begriffen, mit dessen Bande sie so eben nicht wenig Flintenschüsse gewechselt haben; allein von der Nacht überfallen wagen sie es nicht, sich durch weiteres Vordringen bloßzustellen, und sie warten den Tag ab, um das Gebirge zu durchstreifen.

Nunmehr senke das Haupt und werfe deine Blicke in gerader Richtung in eine Tiefe von ungefähr fünfzehn Fuß hinab, auf jene Gebirgsplatte, die so von rötlichen Felsen, grünen buschigen Eichen und gelben verkrüppelten Korkbäumen umgeben ist, dass man gerade so über ihr stehen muss, wie wir, um zu erraten, dass sie nur irgend in der Welt existiert; nicht wahr? du wirst hier zuerst vier Männer gewahren, die mit den Vorbereitungen zum Abendessen beschäftigt sind, indem sie Feuer anzünden und ein Lamm abziehen; dann vier andere, die ihre Mora [Ein Spiel, das darin besteht, seinem Gegner die Hand mit einer immer wechselnden Anzahl geöffneter oder geschlossener Finger vorzuhalten. Um zu gewinnen, muss man die Zahl der offenen Finger erraten.] mit einer solchen Schnelligkeit spielen, dass du den Bewegungen ihrer Finger nicht zu folgen vermagst, zwei weitere stehen auf der Wache so unbeweglich, dass du dieselben für Felsstücke halten möchtest, denen der Zufall eine menschliche Form gegeben; daneben sitzt eine Frau, und wagt nicht, sich zu bewegen, aus Furcht, ein in ihren Armen schlafendes Kind zu erwecken; endlich seitwärts wirst ein Räuber die letzte Schaufel voll Erde auf ein frisch gemachtes Grab.

Dieser Räuber ist Giacomo; jene Frau ist seine Geliebte, und die Männer, die auf der Wache stehen, spielen, und das Essen bereiten, sind, was er seine Bande nennt; der im Grabe Ruhende? es ist Hieronimo, der Stellvertreter des Hauptmanns: eine Kugel hat ihm so eben den Galgen erspart, der für Antonio, den zweiten Lieutenant, welcher die Dummheit beging, sich fangen zu lassen, schon aufgerichtet ist.

Nachdem du jetzt mit Menschen und Örtlichkeiten bekannt bist, lass mich erzählen:

Als Giacomo das Begräbnis vollbracht hatte, ließ er seinen Händen die Hacke entsinken, der er sich bedient hatte, und kniete nieder auf die frisch aufgeworfene Erde, in der seine Knie wie in Sand einsanken; hier blieb er beinahe eine Viertelstunde unbeweglich betend; dann zog er aus seiner Brust ein silbernes, durch ein rotes Band am Halse befestigtes Herz hervor, worauf das Bild der heiligen Jungfrau mit dem Jesuskind war, und küsste es fromm und ehrfurchtsvoll, wie es einem ehrlichen Banditen geziemt: jetzt stand er langsam auf, und ging gesenkten Hauptes, um mit gekreuzten Armen sich an den Grundpfeiler des Felsens zu lehnen, dessen Böschung die vorbeschriebene Gebirgsplatte beherrscht.

Giacomo hatte diese Bewegung mit solcher Stille und Traurigkeit ausgeführt, dass Niemand ihn den Platz einnehmen hörte, den er nun inne hatte. Doch mochte diese Unachtsamkeit der Wache ihm mit den Gesetzen der Mannszucht im Widerspruch geschienen haben; denn nachdem er den Blick auf seiner Umgebung hatte umherschweifen lassen, zog er seine Augenbrauen zusammen, und sein weiter Mund öffnete sich, um den grauenvollsten Fluch auszustoßen, der je seit Räuber gedenken den Himmel in Entsetzen gebracht hatte:

— »Sangue di Christo. . . .«

Die das Lamm zerschnitten, fielen in die Knie, wie wenn sie einen Stockstreich in die Seite bekommen hätten; den Spielern starrten unbeweglich die Hände in der Luft; die Wachen drehten sich so plötzlich um, dass Einer dem Andern vor dem Gesicht stand; die Frau zitterte, und das Kind fing an zu weinen.

Giacomo stampfte mit dem Fuß auf die Erde.

— »Maria bring das Kind zum Schweigen, ruft er aus.«

Maria öffnet schnell ihr scharlachrotes mit Gold gesticktes Mieder, bringt die Lippen ihres Söhnchens dem runden braunen Busen näher, der die Schönheit der Römerinnen ist, beugt sich auf ihn herab, und schlingt wie zu seinem Schutze die beiden Arme wirklich um ihn. Das Kind nahm die Brust an und schwieg.

Giacomo schien zufrieden mit diesem Zeichen des Gehorsams; sein Gesicht rerlor den strengen Ausdruck' der es einen Augenblick umwölkt hatte, um einen tieftraurigen Charakter anzunehmen; dann gab er seinen Leuten mit der Hand ein Zeichen, dass sie fortfahren sollten.

— »Wir haben aufgehört, zu spielen, sprechen die Einen.«

— »Der Hammel ist zerlegt, sagen die Andern.«

— »Es ist gut, esst! antwortet Giacomo.«

— »Und Ihr? Hauptmann!« — »Ich werde nicht essen.«

— »Ich auch nicht, sagt die sanfte Stimme der Frau.«

— »Und warum nicht, Maria?. . . «

— »Ich habe keinen Hunger.«

Diese letzten Worte wurden so leise und schüchtern ausgesprochen, dass der Bandit von ihrem Ausdruck so tief gerührt wurde, als seine Natur ihm erlaubte; er ließ seine sonnverbrannte Hand auf den Kopf seiner Geliebten sinken: sie ergriff dieselbe, und drückte ihre Lippen darauf.

— »Du bist ein gutes Weib, Maria.«

»Ich liebe dich, Giacomo.«

— »Wohl an, sei klug und komm, wir wollen essen.«

Maria gehorchte, und Beide nahmen an der Strohmatte Platz, auf der Stücke Hammelfleisch, welches die Räuber an den Ladestock eines Karabiners gesteckt und so gebraten hatten, Ziegenkäse, Haselnüsse, Brot und Wein aufgetragen waren.

Giacomo zog aus der Scheide seines Dolchs ein Messer und eine Gabel hervor, die er Maria übergab; er selbst genoss Nichts als eine Schale reinen Wassers, die er an der nächsten Quelle selbst schöpfte; die Furcht von den Bauern vergiftet zu werden, die allein ihm Wein liefern konnten, hatte ihn schon seit langer Zeit bewogen, diesem Getränke zu entsagen.

Jetzt machte Jeder sich ans Werk mit Ausnahme der zwei Wachen, die von Zeit zu Zeit den Kopf drehten, und einen ausdrucksvollen Blick auf die Nahrungsmittel warfen, welche mit erschreckender Schnelligkeit verschwanden.

Diese Bewegungen der Unruhe wurden immer häufiger und schneller, je mehr die Mahlzeit vorrückte, so dass es am Ende scheinen mochte, sie seien eher beauftragt, das Essen ihrer Kameraden zu belauern, als den Bivouak des Feindes.

Während dieser Zeit war Giacomo traurig, und man bemerkte wohl, dass sein Herz von peinlichen Erinnerungen erfüllt war. Plötzlich schien er denselben nicht mehr widerstehen zu können, er fuhr mit der Hand über die Stirne, stieß einen Seufzer aus und sprach:

— »Kinder! ich muss euch eine Geschichte erzählen. Auch ihr Übrigen, setzte er hinzu, sich an die ausgestellten Wachen wendend, könnt herankommen; sie werden es um diese Stunde nicht wagen, uns hier aufzureiben; zudem glauben sie, es seien unserer nur noch zwei.«

Die Schildwachen ließen sich diese Einladung nicht zweimal wiederholen, und ihre Mitwirkung brachte in das Mahl, welches schon lauer betrieben wurde, wieder etwas Tätigkeit.

— »Willst du, dass ich ihre Stelle einnehme? fragt Maria.«

— »Danke; es ist nicht der Mühe wert.«

Maria schob schüchtern ihre Hand in die Giacomos. Die mit ihrem Abendbrot fertig waren, schickten sich an, die Stellungen einzunehmen, die ihnen am bequemsten schienen, um die Erzählung anzuhören. Die, welche aßen, häuften so viel Proviant vor sich, als sie davon bekommen konnten, um nicht nötig zu haben, Etwas zu verlangen, und jeder hörte der hier folgenden Erzählung mit jener Teilnahme zu, welche überhaupt Menschen eines herumziehenden Lebens dem Laufe einer Geschichte schenken.

— »Es war im Jahr 1799. Die Franzosen hatten Neapel in Besitz genommen, und eine Republik daraus gemacht; die Republik ihrerseits wollte Calabrien wegnehmen: per Baccho! das Gebirge den Bergleuten nehmen! es war keine leichte Sache, besonders für Heiden. Mehrere Banden verteidigten Calabrien, wie wir es noch verteidigen; denn das Gebirge gehört uns, und auf die Köpfe der Anführer dieser Banden waren Preise gesetzt, wie jetzt auf den meinigen; der Kopf des Cesaris unter Anderen galt 3000 neapolitanische Dukaten.

In einer Nacht, wo man während des ganzen Abends einige Flintenschüsse gehört hatte, wie man diesen Abend welche hören konnte, verzehrten zwei junge Hirten, die ihre Heerdeun in dem Gebirge von Tarsia hüteten, ihr Abendbrot bei dem Feuer, das sie angezündet hatten, weniger um sich zu wärmen, als die Wölfe abzuhalten: es waren zwei schöne Jungen, zwei wahre Calabrier, halb nackt, und statt jeder Kleidung nur ein Schaffell um die Lenden gegürtet, Sandalen an den Füßen, ein Band, um an ihren Hals das Bild des Jesuskindes zu hängen, und damit war Alles abgetan. Sie waren beinahe von demselben Alter; weder der Eine noch der Andere kannte seinen Vater, indem man sie beide in einer Entfernung von drei Tagesreisen auseinander, den Einen zu Tarent, den Andern zu Reggio ausgesetzt gefunden hatte, was wenigstens bewies, dass sie nicht aus einer Familie waren. Bauern von Tarsia hatten sie aufgenommen; und man nannte sie gewöhnlich nur die Kinder der Madonna [Figli della Madonna.]wie man Findelkinder zu nennen pflegt. Ihre Taufnamen waren Cherubino und Celestini.

Diese Kinder liebten einander, denn sie standen Beide gleich verlassen da. Die, welche sie zu sich genommen hatten, verbargen ihnen nicht, dass sie nur aus Mitleid und in der Hoffnung, das Paradies zu gewinnen, diese gute Handlung vollbracht hätten; beide wussten, dass sie Nichts auf der Erde besaßen, und liebten sich darum nur um so mehr.

Sie waren also, wie ich euch so eben gesagt habe, zur Bewachung ihrer Herde im Gebirge, aßen von demselben Stück Brot, tranken aus Einer Schale, zählten die Sterne des Himmels, und waren sorglos und glücklich, als wenn das Schlaraffenland ihr Besitztum gewesen wäre.

Plötzlich hörten sie ein Geräusch hinter sich, und sie wandten sich um: ein Mann, auf einen Karabiner gestützt, sah ihnen zu, wie sie aßen.