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Aimees Leben war nicht immer leicht. Schon früh wollte sie ihren eigenen Weg gehen und beweisen, dass sie alles überwinden kann. Als jüngste Partnerin in ihrer Firma läuft ihr Leben genau so, wie sie es sich immer erträumt hatte. Doch dann trifft sie auf Remy - erfolgreich und höllisch attraktiv. Und sie merkt, was ihr eigentlich im Leben fehlt.
Remy lebt ein Leben, für das andere Männer töten würden: Als erfolgreicher CFO eines großen Unternehmens liegen ihm die Frauen scharenweise zu Füßen - und er lässt nichts anbrennen. Doch dann lernt er Aimee kennen und ist fasziniert von ihrer Stärke. Sie beginnen eine lockere, aber leidenschaftliche Affäre. Als Remy merkt, dass Aimee mehr von ihm verlangt, hält er sie auf Abstand. Eine Beziehung ist das Letzte, was er im Leben will - oder?
Band 2 der mitreißenden CEO-Romance-Reihe der New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin S. Moose - für alle Leserinnen, die heiße und dramatische Geschichten lieben. Band 1: Chicago Bad Boss - Why I’m Yours
Das sagen die Leserinnen und Leser in der Lesejury:
»Ein Bad Boss und eine toughe Anwältin. Welten, die aufeinander prallen. Heißes Knistern oder fliegen zwischen ihnen doch die Fetzen?« (Jana_Paul)
»Dieses Buch verdient mehr als fünf Sterne. Holt euch das Buch, denn sonst versäumt ihr eine wunderschöne Liebesgeschichte.« (Aloegirl)
»Emotionen pur: Es ist eine wundervolle Geschichte mit super Charakteren, einer interessanten und manchmal taschentuchreifen Handlung uuund ganz super doll viel Gefühl.« (IsabelRe)
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Seitenzahl: 378
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Epilog
Danksagung
Über die Autorinnen
Weitere Titel der Autorinnen
Impressum
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Aimees Leben war nicht immer leicht. Schon früh wollte sie ihren eigenen Weg gehen, um zu beweisen, dass sie alles überwinden kann. Als jüngste Partnerin in ihrer Firma läuft ihr Leben genau so, wie sie es sich immer erträumt hatte. Doch dann trifft sie auf Remy – erfolgreich und höllisch attraktiv –, und sie merkt, was ihr eigentlich im Leben fehlt.
Remy lebt ein Leben, für das andere Männer töten würden: Als erfolgreicher CFO eines großen Unternehmens liegen ihm die Frauen scharenweise zu Füßen – und er lässt nichts anbrennen. Doch dann lernt er Aimee kennen und ist fasziniert von ihrer Stärke. Sie beginnen eine lockere, aber leidenschaftliche Affäre. Als Remy merkt, dass Aimee mehr will als das, hält er sie auf Abstand. Eine Beziehung ist das Letzte, was er im Leben will – oder?
Aus dem Amerikanischen von Rabea Güttler
AIMEE
Das mechanische Piepen der Maschinen hält mich wach. Meine Hand liegt auf seiner weichen, warmen Hand, während meine andere auf meinem flachen Bauch ruht. Mit angezogenen Beinen sitze ich neben seinem Krankenbett und starre ihn an. Mein Herz und meine Gedanken drehen sich im Kreis bei allem, was gerade passiert, aber ich sage mir, dass ich stark bleiben muss.
Remy. Remy.
Er ist der Vater unseres Babys.
Eine einsame Träne fällt. Ich wische sie nicht weg und spüre, wie sie meine Wange hinunterläuft und mir vom Kinn tropft. Ich habe Angst, mich zu bewegen. Zu weinen. Etwas zu tun, das ihn aufwecken könnte. Im Moment muss er schlafen und sich erholen, und ich werde die ganze Zeit genau hier an seiner Seite sein. In der Stille des Raums kann ich mir überlegen, wie ich diese Bombe am besten platzen lassen kann.
Wir werden Eltern sein. Eltern!
Ich kann nichts weiter tun als hier zu sitzen, nachzudenken und zu reflektieren. Ich versuche immer noch herauszufinden, wie das passieren konnte, vor allem, da ich gewissenhaft bin, was meine Antibabypillen angeht. Dazu kommt, dass wir nicht in einer festen Beziehung sind, also habe ich nicht die geringste Ahnung, wie er reagieren wird. Alles wirbelt in meinem Kopf herum. All die Fragen und möglichen Antworten und all die Wies und Warums.
Das alles ergibt keinen Sinn.
Ich nehme meine Pille jeden Tag um dieselbe Uhrzeit. Ich habe noch keinen Tag verpasst.
Keinen einzigen.
Ich bin gerade erst Partnerin in der Anwaltskanzlei geworden, für die ich arbeite. Ich soll mir in der Welt der Gerechtigkeit einen Namen machen und vor Gericht für Furore sorgen, um all den Ungläubigen zu zeigen, dass eine Frau auch Fälle gewinnen und rocken kann und wird. Jetzt ist es an mir, zu glänzen, die Zügel in die Hand zu nehmen und meinen Wert zu beweisen. Zu beweisen, dass ich stark und loyal bin und mit den Besten mithalten kann.
Die Rechtswissenschaft ist überwiegend eine Männerwelt. Es ist schwer, bekannt und gesehen zu werden. Es ist meine treibende Kraft, immer die Beste zu sein. Meine Eltern haben mich in der Schule dazu angehalten, erfolgreich zu sein und niemals aufzugeben. Scheitern ist keine Option. Ich wurde erzogen, daran zu glauben.
Ich lehne mich zurück und traue mich nicht zu blinzeln, aus Angst, dass ihm sonst etwas zustoßen könnte. Er sieht so friedlich aus. Und so attraktiv wie eh und je.
Ich hatte nicht vor, mich in ihn zu verlieben. Remy sollte bloß eine unbedeutsame Liebelei sein. Jemand, den ich mitten in der Nacht anrufe und dessen Wohnung ich dann sofort verlasse, sobald wir fertig sind. Eine schnelle Nummer nach einem langen, stressigen Tag, quasi Stressabbau, ein Loslassen, das mir hilft, einen anstrengenden Fall zu überstehen.
Aber dann mussten sich dumme Gefühle und mein dummes Herz einmischen, und jetzt merke ich, wie viel mir an ihm liegt.
Wie sehr ich ihn liebe.
Ein Verlangsamen des Piepsens der Geräte erregt meine Aufmerksamkeit. Ich bin zwar kein Arzt, aber ich glaube nicht, dass sich die Vitalzeichen verlangsamen sollten. Ich will gerade aufstehen und die Schwester rufen, als Remy sich bewegt.
»Remy?«, flüstere ich und warte auf eine Reaktion von ihm. »Ich bin’s. Aimee.«
Seine schönen dunkelblauen Augen öffnen sich, und im ersten Moment sieht er verwirrt aus, dann scheint er ganz zu sich zu kommen und blinzelt ein paarmal, bevor er sagt: »Ich weiß, dass du es bist.« Es liegt kein Lächeln und keine Wärme in seinem Gesicht. Er klingt fast kalt. »Was ist passiert?«
»Zane hat Reagan auf der Toilette aufgelauert. Du und Drew habt versucht zu helfen, und in dem ganzen Tumult hat er dir ein Bein gestellt. Du bist gefallen, auf dem Marmor aufgeschlagen und ohnmächtig geworden.«
»Was zum Teufel«, murmelt er. »Scheiße. Ich fange an, mich wieder zu erinnern. Warst du die ganze Zeit hier?«
»Ja, natürlich. Ich wollte nicht, dass du allein bist, wenn du aufwachst.«
»Hat Zane dir wehgetan?« Remys Atmung beschleunigt sich ein wenig, und seine Stimme wird etwas tiefer.
»Mir geht es gut. Versprochen. Brauchst du etwas? Ich kann eine Schwester oder einen Arzt holen, wenn du willst. Sag einfach, was du brauchst.« Ich rutsche näher an die Stuhlkante, damit er mich besser sehen kann. »Wie geht es dir? Ich meine, ich weiß, du bist wahrscheinlich verwirrt und fühlst dich nicht gut. Lass mich eine Schwester holen. Die sollte wissen, dass du wach bist.«
»Mir geht es gut. Du brauchst nichts zu tun.«
»Oh, okay. Das ist gut, dass du dich gut fühlst. Bist du sicher, dass ich dir nichts bringen kann? Möchtest du einen Schluck trinken?«
»Aimee«, murmelt er und reibt sich mit der Hand übers Gesicht. »Mir geht’s gut.«
»Oh. In Ordnung. Ich habe nur gefragt …«
»Ich weiß.« Er setzt sich langsam auf, und ich strecke die Hand aus, um ihm zu helfen. In dem Moment, in dem meine Hand seinen Arm berührt, spüre ich, wie er zusammenzuckt, und vor Schmerz bekomme ich kaum Luft. »Ich schaff das allein.«
»Okay.«
Mir fehlen die Worte. Nichts, was ich sage oder tue, scheint ihm zu helfen. »Ich weiß, dass du bewusstlos warst und eine Gehirnerschütterung hattest und dich bestimmt gerade nicht sehr gut fühlst, aber … habe ich irgendwas falsch gemacht?«
»Nein.«
»Warum bist du dann so kalt zu mir?«
Er schüttelt den Kopf und drückt den Knopf, der Hilfe herbeiruft. Bevor ich ihm eine weitere Frage stellen kann, kommt eine Krankenschwester herein, und Remy bittet mich, das Zimmer zu verlassen, damit sie ihn untersuchen kann.
»Schon okay, Mr. Lockwood, Ihre Freundin kann bleiben. Ich brauche nicht lange.«
»Sie ist nicht meine Freundin«, antwortet er, »und ich hätte gern etwas Privatsphäre.« Er starrt mir in die Augen, und ich verstehe den Wink mit dem Zaunpfahl.
»Ich sehe mal nach Drew und Reagan. Ich komme später noch mal vorbei.«
»Okay.«
Ohne mich noch einmal zu ihm umzudrehen, verlasse ich das Zimmer und ziehe die Tür hinter mir zu, lehne mich mit dem Rücken dagegen und atme tief durch, um mich zu beruhigen. Aber es hilft nicht. Im Gegenteil. Krankenhausgeruch schlägt mir entgegen, und ich presse mir rasch eine Hand auf den Mund. Sehe mich hektisch um, auf der Suche nach der nächstgelegenen Toilette, sprinte den Flur entlang und eile in die erste freie Kabine. Ich mache mir nicht die Mühe, sie abzuschließen. Mein Magen krampft sich zusammen. Ich fühle mich einfach entsetzlich. Er weist mich ab, als ob ich ihm nichts bedeute. Als wäre ich ihm nicht wichtig.
War ich ihm denn jemals wichtig?
Mein Magen krampft sich erneut zusammen. Diesmal tränen meine Augen, und ich muss würgen. Ich schnappe nach Luft und versuche mein Bestes, um wieder zu Atem zu kommen, bevor ich erneut huste.
Ich war nichts weiter als ein warmer Körper für ihn. Offensichtlicher hätte er das gerade nicht zeigen können.
Mühsam rapple ich mich auf und greife nach einem Stück Toilettenpapier, um mir den Mund abzuwischen. Dann stütze ich mich an der Kabinenwand ab und atme ein letztes Mal tief durch, bevor ich hinausgehe. Noch etwas unsicher auf den Beinen, wanke ich vorsichtig zum Waschbecken und wasche mir die Hände. Spritze mir kühles Wasser ins Gesicht und versuche, meine Gedanken zu ordnen. Das kalte Wasser ist erfrischend, aber mein tiefes Unbehagen vermag es nicht zu vertreiben.
Nachdem ich die Toilette verlassen habe, mache ich mich auf den Weg zurück zu Remys Zimmer. Ich werde das Krankenhaus nicht verlassen, ohne mit ihm gesprochen und ihm mitgeteilt zu haben, dass wir ein Baby bekommen. Er muss es wissen, und ich muss wissen, was los ist. Ich lasse mich nicht abwimmeln, ehe er es mir nicht gesagt hat.
Die Tür zu seinem Zimmer steht einen Spalt offen, und ich will gerade hineingehen, als ich eine Frauenstimme höre und stehen bleibe. Sobald ich sie wiedererkenne, ist es, als bebe der Boden unter mir, und ich muss mich zurückhalten, um nicht einfach hineinzustürmen.
»Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Du fragst dich bestimmt, wie es Reagan geht. Ihr geht es gut. Ich habe Drew gesehen, und er ist bei ihr. Du bist ein Held, Rem.«
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Zoey. Mir geht es gut. Aber danke, dass du gekommen bist. Ich weiß, es ist schon spät.« Es entsteht eine Pause, die mich nervös macht.
Küssen sie sich? Legt sie sich zu ihm ins Bett?
Warum zum Teufel kümmert mich das?
»Du brauchst mir nicht zu danken, Remy. Ich werde immer für dich da sein.« Zoeys Stimme wird immer leiser, und ich kann nicht länger zuhören.
Ich drehe mich um, lege eine Hand auf meinen Bauch und eile zu Reagans Zimmer, weg von dem einzigen Mann, den ich je geliebt habe.
»Wir schaffen das schon, Kleines«, flüstere ich. Ein Versuch, mich selbst zu beruhigen, denn das ist das Einzige, was mich noch zusammenhält.
***
»Schon wieder zu spät, Aimee«, sagt Trent belustigt und grinst mich großspurig an. »Das ist das dritte Mal diese Woche.« Er wedelt mit dem Finger vor mir rum, als wäre ich ein Kind, das gemaßregelt werden muss. »Sieht nicht gut aus, wo Sie doch gerade Partnergeworden sind.”
»Was wollen Sie, Trent?« Ich tue mein Bestes, mir meine Verärgerung nicht anmerken zu lassen. »Zu Ihrer Information, ich war nicht zu spät. Ich habe die morgendlichen Telefonkonferenzen zu Hause erledigt, da ich fast jede Nacht bis nach Mitternacht hier im Büro bin. Um wie viel Uhr gehen Sie nach Hause? Wenn ich mich nicht irre, haben Sie angegeben, bis sechs Uhr abends gearbeitet zu haben, allerdings habe ich gesehen, dass Sie um vier Uhr nachmittags auf Facebook gepostet haben, dass sie zur Happy Hour in einer Bar waren.« Ich verschränke die Arme vor der Brust und schenke ihm mein süßestes, aber auch unheilvollstes Leg-dich-nicht-mit-mir-an-Lächeln.
»Ganz ruhig. Ziehen Sie die Krallen ein, Kätzchen.«
Da sehe ich rot.
»Trent, wagen Sie es ja nicht, mich mit einem Spitznamen anzureden. Ich heiße Aimee. Nicht Kätzchen. Nicht Süße. Nicht Babe. Aimee. A. I. M. E. E. Habe ich mich klar ausgedrückt? Oder wollen Sie lieber für den Rest des Tages nach Hause gehen, und ich teile den Partnern mit, dass ihr strahlender Stern ein Idiot ist, der der Firma lediglich Zeit stiehlt und den ganzen Tag nur herumalbert? Sie wollen sich wirklich nicht mit mir anlegen.«
Er tritt einen Schritt zurück und nickt. »Natürlich nicht, Aimee. Entschuldigen Sie. Wenn Sie etwas brauchen, lassen Sie es mich bitte wissen.« Er schaut auf meine Tasse hinunter. »Sie brauchen mehr Tee. Was für einen trinken Sie?«
Ich schnaube belustigt. »Ich brauche nichts, Trent. Und Sie sollten jetzt besser sofort gehen.«
Sobald Trent weg ist, breche ich zu einer weiteren Besprechung auf. Ich gebe mein Bestes, mir die Schwangerschaft nicht anmerken zu lassen, aber zwischen Morgenübelkeit und ständiger Erschöpfung fällt mir das immer schwerer. Am liebsten würde ich Reagan davon erzählen und sie um ihren Rat fragen, aber ich kann mich nicht dazu durchringen, es ihr zu sagen. Nicht jetzt. Sie hat schon genug um die Ohren, und ich weiß, dass sie sich nur noch mehr Sorgen um mich machen würde.
Als der Arbeitstag endlich zu Ende geht und ich nach Hause komme, ist es fast neun Uhr abends, aber ich muss noch ein paar Fälle durchsehen und das eine oder andere wegen Reagans Hochzeit klären.
Reagans Hochzeit.
Meine beste Freundin heiratet.
Ich lege eine Hand auf meinen Bauch und tue alles, um nicht zu weinen. Es ist jetzt drei Wochen her, dass ich Remy gesehen habe. Ich vermisse ihn jeden Tag und wünschte, er wäre hier bei mir. Im nächsten Moment komme ich mir immer wie ein Idiot vor, weil ich überhaupt daran gedacht habe, dass aus ihm und mir mehr werden könnte. Öfter, als ich sollte, wünsche ich mir, dass er mich ebenfalls liebt und mich so sehr will, wie ich es verdiene, geliebt und gewollt zu werden.
Nun, manchmal ist das Leben einfach nicht fair, und wir müssen das auf die eine oder andere Weise akzeptieren und irgendwie weitermachen.
REMY
»Na, wie geht es meinem Trauzeugen?«
Ich blicke von meinem Schreibtisch auf, als sich Drew auf den Stuhl mir gegenüber fallen lässt. Eigentlich sollte ich auf sein breites Grinsen nicht derart gereizt reagieren, denn wenn jemand Glück verdient, dann er. Aber leider empfinde ich nicht so, wie ich es gern täte. Ich habe schon seit Wochen schlechte Laune, und auch wenn ich weiß, dass es nicht richtig ist, kann ich meine Frustration nicht bezähmen.
Bisher habe ich es geschafft, es gut zu überspielen. Wenn ich mir anmerken lasse, dass etwas nicht stimmt, wird Drew versuchen, den Grund dafür herauszufinden. Aber als Drew mich jetzt forschend anblickt, frage ich mich, ob ich es wirklich so gut überspielt habe, wie ich dachte.
»Was ist los mit dir?«
Ich sehe in die Augen des Mannes, der mich schon mein ganzes Leben lang kennt, und mir wird klar, dass ich seine Frage nicht ehrlich beantworten kann. Warum nicht? Weil ich keinen blassen Schimmer habe, was mit mir los ist. Die gleiche Frage habe ich mir ja selbst auch schon oft gestellt. Mir fehlt es an nichts. Ich habe tolle Freunde, einen Traumjob, Geld im Überfluss, eine Junggesellenbude, für die die meisten Männer meines Alters töten würden – und trotzdem fühle ich mich unvollständig. In mir spüre ich eine hallende Leere, und egal, was ich tue, ich kann sie nicht füllen. Jeder, der mich von außen betrachtet, würde mein Leben für erfüllt und mich für erfolgreich halten, aber er sieht nicht, was sich hinter der Fassade verbirgt, die ich mir in jahrelanger Arbeit aufgebaut habe. Weiß nichts von der List, die ich mir ausgedacht habe, um mich vor den inneren Dämonen zu schützen, die mich verfolgen. Von den Fragen, die mir unablässig im Kopf herumschwirren, den Visionen, die sich so wirklich anfühlen, als würde sich das, was geschehen ist, tatsächlich in diesem Augenblick noch einmal wiederholen.
Mein Leben war nicht immer so, und die Vergangenheit verfolgt mich jeden Tag. Erinnert mich daran, dass ich ein beschissener Verlierer bin und niemals glücklich sein sollte. Das Gefühl, unwürdig zu sein, umgibt mich wie eine dunkle Decke und verhindert, dass ich heile.
»Ich bin einfach nur müde. Es ist gerade so viel zu tun, und ich will den Überblick behalten«, antworte ich schließlich, während ich den Blick abwende. Ich weiß, dass er mich durchschauen wird, wenn ich zu viel sage, und ich kann es nicht gebrauchen, dass er Fragen über Aimee stellt. Darüber, was das mit uns beiden eigentlich ist.
Drew ist nicht nur mein Cousin und bester Freund. Er ist der einzige Mensch, der mich besser kennt als ich mich selbst. Er weiß es, wenn ich lüge. Es spielt keine Rolle, wie viel Mühe ich mir bei meinen Ausreden gebe – früher oder später durchschaut er mich.
»Hast du mit Aimee gesprochen?«
»Nein«, sage ich, ohne zu zögern. Allein der Klang ihres Namens verursacht ein flaues Gefühl in meinem Magen. Ich hätte mich von ihr fernhalten sollen, bevor ich sie überhaupt je berührt habe. Sie verdient mehr, als ich ihr je geben könnte, aber die Versuchung war zu stark. Ich brauchte sie, ich sehnte mich nach ihr, und jetzt habe ich Angst, dass ich einen Keil zwischen uns getrieben habe, der uns für immer voneinander trennt. Seit ich in jener Nacht im Krankenhaus gesagt habe, dass sie nicht meine Freundin sei, und sie dann um Privatsphäre gebeten habe, geht mir nicht mehr aus dem Kopf, wie sie mich angesehen hat, wie sie vor Schmerz schlagartig erblasst ist. Ich wollte nicht zugeben, dass ich sie an meiner Seite brauche. Oder in meinem Leben.
Der Schaden liegt viel zu tief.
»Und Zoey?«
Schuldgefühle pulsieren durch meine Adern, und ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter. Ihren Namen zu hören löst mehr Scham aus, als ich ertragen kann.
Ich nicke, unfähig, Drew anzusehen, weil ich weiß, was ich dort sehen werde.
Enttäuschung.
»Was zum Teufel soll das, Remy?« Drew beugt sich vor, und ich habe keine andere Wahl, als seinen Blick zu erwidern. »Du musst damit aufhören.« Er lässt den Kopf hängen und schüttelt ihn missbilligend. Ich würde es nie laut zugeben, aber Drews Zustimmung – oder in diesem Fall Missbilligung – bedeutet mir sehr viel. »Du kannst so nicht mehr weitermachen, Mann. Du kannst nicht ständig zu Zoey rennen, nur um Aimee aus dem Weg zu gehen. Du musst entscheiden, was du willst, und aufhören, dir die Schuld für das zu geben, was damals nun mal passiert ist. Und versuch mir jetzt nicht zu erzählen, dass du das nicht tust. Ich kenne dich zu gut.« Es entsteht eine kleine Pause. Ich weiß, dass Drew auf meine Antwort wartet, aber mir fehlen die Worte. »Du warst noch ein Kind, und diese Scheiße ist nicht deine Verantwortung. Es ist eine Last, die du jahrelang mit dir herumgetragen hast, und du hast zugelassen, dass sie jedes Glück zerstört, das du haben kannst oder hättest haben können. Du verdienst mehr als das. Der Mann, den ich hier vor mir sehe, ist ein Fremder. Ich weiß nicht mehr, wer du bist. Du denkst, du verdienst kein Glück und keine Liebe. Wenn du so weitermachst, bleibst du für immer allein.«
»Lass gut sein«, warne ich ihn, denn über meine verkorkste Kindheit zu reden ist das Letzte, was ich jetzt will. »Das geht dich nichts an. Tu nicht so, als wüsstest du, was ich durchmache oder was in meinem Kopf vorgeht.«
»Genau da liegst du falsch«, sagt Drew. »Du trägst diesen Selbsthass in dir wegen der Scheiße, die du als Kind erlebt hast. Du musst ihn loslassen.«
Ein kleiner Junge, der sich nach der Liebe seiner Mutter und seines Vaters sehnte … die beide der Ansicht waren, dass er diese Liebe nicht verdiente. Alkohol, Drogen und Sex … das sind die einzigen Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend. Sosehr ich mich auch ums Vergessen bemühe, ich kann nicht vergessen, was ich mit angesehen habe. Die Erinnerungen sind tief in mir eingebettet und erinnern mich daran, warum ich niemals jemanden in mein Herz lassen kann. Was ich gesehen habe, hat mir bewiesen, dass es so etwas wie Liebe nicht gibt. Denn wenn meine Eltern mich nicht lieben konnten, wie sollte es dann jemand anderes tun?
Alles endet, alles vergeht. Das Neue, die Liebe, die man zu spüren glaubt, all das ändert sich, und am Ende bleibt nichts als ein beschissenes, kaputtes Leben und Narben, die ein Leben lang bleiben.
Ich war nie genug, um sie zum Aufhören zu bewegen. Die Liebe, die sie für ihr Kind hätten empfinden sollen, hat sie nicht dazu veranlasst, sich zu bessern. Also werde ich alles tun, was nötig ist, damit sich die Geschichte nicht wiederholt. Denn dieses Risiko kann ich nicht eingehen.
»Ich habe alles im Griff«, versichere ich Drew schließlich, obwohl er sofort weiß, dass ich lüge. »Aimee und ich hatten Spaß, mehr war es nicht. Sie wusste von Anfang an, was Sache ist, und sie war damit einverstanden. Und Zoey kennt mich fast so gut wie du, also erwartet sie nichts, von dem sie weiß, dass ich es ihr nicht geben kann. Es ist mein Leben, und ich werde es so leben, wie ich es will.«
»Und das ist die Geschichte, an der du festhältst?«
Er wartet, während ich seinen Blick erwidere und schließlich nicke. So war es nun mal für alle das Beste. Drews Anblick erinnert mich daran, wie glücklich er mit Reagan und ihrer kleinen Familie ist. Ihre Liebesgeschichte ist episch. Aber so etwas ist die Ausnahme, nicht die Regel. Nicht alle haben das Glück, dass unser Leben eine solche Wendung nimmt. Er betet den Boden an, auf dem sie geht, und hat es fertiggebracht, ihr sein Herz zu öffnen. Nach allem, was seine Ex-Frau ihm angetan hat, hat mich das überrascht, aber nachdem ich Reagan besser kennengelernt habe, verstehe ich es. Die beiden sind füreinander bestimmt.
Aimee und ich passen nicht zusammen. Ich weiß, dass sie mehr will, aber ich kann ihr nicht geben, was sie braucht. All die Nächte, die wir zusammen verbracht haben, und die Art, wie sie sich um mich gekümmert hat … ich bin ein Arschloch, weil ich die Beziehung aufrechterhalten habe. Weil ich nicht bereit war, sie loszulassen.
Ich darf nicht länger so selbstsüchtig sein und sie daran hindern, das zu bekommen, was sie verdient. Auch wenn es mich umbringt, sie nicht zu sehen oder mit ihr zu sprechen, zu wissen, dass irgendwann ein anderer Mann tun wird, was ich nicht tun konnte: Es ist das einzig Richtige.
Ihr verletzter Blick in der Nacht im Krankenhaus, als ich ihr sagte, sie solle gehen, spielt in meinem Kopf auf Dauerschleife. Ich konnte quasi sehen, wie ihr Herz brach. Meinetwegen. Ich wollte sie nicht wegstoßen. Ich tue das für sie. Wenn ich sie festhalte, dann versaue ich ihr Leben, und das kann ich nicht zulassen. So ist es am besten. Ich liebe Aimee so sehr, dass ich sie gehen lasse, damit sie ihr Glück mit jemand anderem finden kann. Ich werde sie von der Seitenlinie aus beobachten, aus dem Schatten, wo ich hingehöre.
AIMEE
Wer auch immer gesagt hat, eine Schwangerschaft seien die besten neun Monate des Lebens, oder dass man in dieser Zeit förmlich leuchtet … dem würde ich am liebsten den Fuß so tief in den Arsch schieben, dass er monatelang nicht mehr sitzen kann. Ich bin in der achten Woche schwanger, und ich habe keine Ahnung, wie ich die restliche Schwangerschaft überstehen soll. Mir wird von allem schlecht, und darüber hinaus muss ich mir auch noch Kaffee abgewöhnen. Dabei brauche ich Kaffee, um zu funktionieren.
Ich bin so schwach und erschöpft. Zwischen meinem Arbeitspensum in der Firma, der Sorge um meinen nächsten Lebensabschnitt und der Sehnsucht nach Remy schlafe ich kaum.
Remy.
Es ist vier Wochen her, dass wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben. Ich lenke mich so gut wie möglich ab, damit ich nicht an ihn denken muss. In der Nähe von Reagan und Drew fällt mir das allerdings schwer, weil sie mich an Remy erinnern und daran, was hätte sein können. Sie glücklich und verliebt zu sehen, sollte mich ebenfalls glücklich machen. Ich finde es so toll, dass sie ihre Hochzeit planen. Aber ich bin auch neidisch, dass sie Drew hat. Er ist alles, was eine Frau sich wünschen könnte.
Immer, wenn wir zusammen sind, möchte ich Drew fragen, wie es Remy geht, aber ich halte mich zurück. Ich habe versucht, mit Remy zu reden, als ich hörte, dass er entlassen wurde. Ich war sogar bei ihm zu Hause, aber meine Anrufe und Nachrichten blieben unbeantwortet. Er geht mir aus dem Weg.
Ich lasse den Kopf gegen die Badezimmerwand sinken und lasse den Tränen freien Lauf. Es scheint gar nicht mehr aufhören zu wollen. Ich versuche verzweifelt zu verstehen, was schiefgelaufen ist.
Ich hatte mir vorgenommen, keine Gefühle für ihn zu entwickeln.
Ich habe mir selbst gesagt, es sei nur Sex.
Aber wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass es nie nur das war. Es war immer so viel mehr. Mit Remy habe ich mich so lebendig gefühlt.
Ich ziehe mich vom Badezimmerboden hoch, umklammere das Waschbecken und lasse den Kopf hängen. Das Wort Abtreibung taucht vor meinem geistigen Auge auf, und ich greife mir an die Brust und stoße einen gequälten Schrei aus.
»Hör auf, Aimee! Hör. Auf.« Ich reibe mir den Bauch und flüstere: »Tut mir leid, Kleines. Mommy hat einen anstrengenden Morgen, also sei heute bitte nett zu mir, ja? Tante Reagan und dein Cousin Dawson kommen gleich vorbei.« Ich kann ihr wirklich nicht sagen, dass ich schwanger bin. Noch nicht. Ich atme tief ein, lasse den Atem langsam entweichen und reiße mich zusammen.
Ich schaffe das allein.
Ich brauche niemanden.
Ich brauche Remy nicht.
Ich werde Remy auch in Zukunft nicht brauchen.
Die Tränen schießen aus meinen Augen, strömen nur so über mein Gesicht, aber ich tue alles, um nicht wieder zusammenzubrechen.
Ich kann ihn nicht zwingen, das Gleiche für mich zu empfinden, und ich werde nicht zulassen, dass er sich verpflichtet fühlt, mit mir zusammen zu sein. Mit uns zusammen zu sein. Nur, weil ich mit seinem Baby schwanger bin. Daran werde ich mich immer wieder erinnern, damit ich stark bleibe. Ich werde das mit hoch erhobenem Kopf und intakter Würde durchstehen. Ich bin ein Girl Boss. Ich bin knallhart und fürchte keine Herausforderung.
Ich habe keine Angst.
Die Idee, mit der ich herumgespielt habe, ist wieder da, so gern ich sie umsetzen würde, ich kann es nicht tun. Es gibt andere alleinerziehende Mütter als mich, die es ebenfalls schaffen. Und ich bin ja nicht einmal ganz allein, ich habe Freunde, die mich unterstützen werden. Meine Schwangerschaft ist ein Segen. Mein Baby ist ein Wunder. Er oder sie ist ein Geschenk, und ich sage mir immer wieder, dass ich stark sein und weitermachen muss.
Es klingelt an der Tür, und ich verlasse das Bad. Ich werfe einen Blick in den Flurspiegel und kneife mir in die Wangen, damit ich etwas Farbe bekomme. Zufrieden mit meinem Aussehen öffne ich die Tür und werde von einem lachenden Dawson begrüßt, der auf mich zugestürmt kommt und mir die Arme um die Taille schlingt.
»Tante Aimee!”
»Hey, Kumpel.« Ich lasse mich auf die Knie sinken, damit ich auf Augenhöhe mit ihm bin. »Wie geht es meinem kleinen Lieblingsmann?«
»Gut.« Er schaut über seine Schulter zu Reagan und dann wieder zu mir. »Mom und ich haben eine Überraschung für dich.«
Mein Herz schmilzt. Dawson nennt Reagan seit ein paar Wochen Mom. Seine eigene Mutter – und ich verwende diesen Begriff hier sehr großzügig – hat ihre Rechte aufgegeben, und niemand hat sie seitdem gesehen oder von ihr gehört. Ich schätze, nicht jeder ist dafür geschaffen, Mutter zu sein.
»Was ist die Überraschung?«
»Komm mit!«, sagt Reagan lachend, und die beiden nehmen mich an der Hand und ziehen mich aus meiner Wohnung. Nun, zum Glück bin ich präsentabel angezogen.
»Ich dachte, wir wollten hier abhängen.« Ich bleibe stehen, und die beiden halten auch inne. Ich sehe Reagan an. »Kann ich kurz mit dir reden?«
Offenbar sieht sie mir an, dass es mir ernst ist.
»Na klar.« Sie wendet sich an Dawson. »Schatz, Tante Aimee und ich müssen uns kurz unterhalten. Geh und hol dir in Tante Aimees Küche was zu essen. In der Vorratskammer gibt es ein paar Snacks. Aber iss nicht zu viel.«
Seine Augen leuchten auf, als er das Wort Snacks hört. »Klar!«
Als wir wieder drinnen sind, gehe ich zum Fenster und lehne mich seitlich an das kühle Glas. Dies ist mein Lieblingsplatz in der Wohnung. Der Ausblick auf die Stadt ist atemberaubend, und ich kann den Himmel so klar sehen. Es hilft mir immer, hier zu sein, wenn ich Frieden und Ruhe oder Zeit zum Nachdenken brauche.
»Was ist los?«, fragt Reagan behutsam.
»Ehrlich gesagt, wollte ich nur ein paar Minuten mit dir reden.« Ich lächle und drehe mich zu ihr um. »Ich denke darüber nach, für eine Weile aus Chicago wegzugehen. Vielleicht besuche ich Aiden in South Carolina.«
Reagan schnappt nach Luft und ergreift meine Hände. »Was ist los? Da stimmt doch etwas nicht. Du würdest jetzt auf keinen Fall weggehen. Nicht einmal für einen kurzen Besuch. Du liebst Chicago. Du liebst deinen Job. Du hasst den Strand. Und darf ich dich daran erinnern, wie sehr du die Luftfeuchtigkeit verabscheust? Sie lässt dein Haar grässlich aussehen, und dein Make-up, nun ja, du kannst keins tragen, was entsetzlich ist.« Ihr dramatischer Ausbruch bringt mich fast zum Lachen. Fast. »Was ist los, Aimee?«
»Nichts.« Es macht mich fertig, meiner besten Freundin auf der ganzen Welt nichts von meiner Schwangerschaft zu erzählen oder davon, was mit mir und Remy los ist. »Ich brauche eine Veränderung. Die Arbeit macht mir zu schaffen, und ich habe ein paar Wochen Urlaub angesammelt. Die kann ich ja einfach mal nutzen.« Davon, dass ich vorhabe, die nächsten eineinhalb Jahre in South Carolina zu bleiben, erzähle ich ihr nichts. Das braucht sie nicht zu wissen.
Wichtig ist erst mal, aus Chicago wegzukommen. Mein Bruder Aiden ist Arzt und kann mir bei meiner Schwangerschaft helfen. Ich habe mehr als genug Geld angespart, um mir eine Auszeit zu nehmen, und ich bin sicher, dass der Vorstand damit kein Problem haben wird. So was passiert immer wieder. Ich weiß, wenn ich hierbleibe, komme ich von Remy nicht los. Er wird herausfinden, dass ich schwanger bin, und dann wird er an meinem Leben teilhaben wollen, weil er die Art Mann ist, und da ich in ihn verliebt bin, werde ich es zulassen, obwohl ich weiß, dass er eigentlich nicht mit mir zusammen sein will. Offensichtlich habe ich keine Selbstdisziplin, wenn es um Remy Lockwood geht. Aber ich will auf keinen Fall, dass jemand aus Pflichtgefühl und nicht aus Liebe mit mir zusammen ist.
»Du lügst mich an, Aimee Renee. Du lügst mich nie an. Was ist los? Bitte sag es mir. Ich bin deine beste Freundin, und du solltest mir alles sagen können. Du weißt, ich bin für dich da. Ich kenne dich, und ich weiß, dass du denkst, dass du alles alleine machen musst. Aber stoß mich nicht weg. Was auch immer es ist, wir können es gemeinsam durchstehen. Du bist diejenige, die mir das beigebracht hat.«
Meine Gefühle überwältigen mich, und ehe ich mich versehe, platze ich mit allem heraus, und dann liege ich auf der Couch, den Kopf auf Reagans Schoß. Ihre Hand liegt auf meinem Bauch, und sie sagt mir, dass alles gut werden wird.
»Du schaffst das, Aimee. Du musst jetzt stark sein für meine Nichte oder meinen Neffen. Ich weiß, du hast Angst, und ich weiß, du glaubst, dass du das nicht packst. Aber das stimmt nicht. Und ich und Drew werden dir helfen.«
»Ich weiß«, flüstere ich und wische mir die Tränen weg. Dann richte ich mich auf und reiße mich zusammen. »Es ist nur so schwer. Ich wollte, dass Remy an meiner Seite ist.«
»Und du bist sicher, dass du es ihm nicht sagen willst?«
Darüber muss ich gar nicht erst nachdenken. Ich nicke heftig. »Ganz sicher. Er hat mich im Krankenhaus abgewiesen und mich wochenlang ignoriert, als ich versucht habe, mit ihm zu reden. Ich werde ihn damit nicht zwingen, zu bleiben. Das ist nicht das, was er will.«
Reagan drückt meine Hände. »Solange du dir sicher bist, dass du das willst. Ich werde deine Entscheidung unterstützen.«
»Danke. Das musste ich nur gerade hören. Aber genug davon, ich bin bereit für eure Überraschung.«
»Ach, nein. Wir brauchen nicht zu gehen. Wir können auch hierbleiben.« Reagan schaut weg, und ich weiß, dass sie etwas verheimlicht. »Lass uns thailändisches Essen bestellen und Filme gucken. Dawson wird es nichts ausmachen.«
»Ach, hör auf. Du weißt genauso gut wie ich, dass du nicht hierbleiben willst. Dawson, Schatz, lass uns gehen.«
Dawson kommt ins Wohnzimmer gelaufen, mit Schokolade an den Mundwinkeln, und ich unterdrücke ein Lächeln. Er nimmt uns an den Händen und zieht uns gegen Reagans plötzlichen Widerstand mit sich und zur Tür hinaus.
»Bekomme ich einen Tipp?«, frage ich.
»Nein«, antwortet Dawson. »Das wird eine coole Überraschung.«
»Wie cool?«
»Richtig cool.«
»Also gut, ich bin bereit!«
Sobald wir draußen sind, wird mir das Herz schwer, und ich sehe an seinem Blick, dass es ihm ebenso geht.
Remy.
REMY
Es gibt im Leben eines jeden Menschen wichtige Momente, die über seinen weiteren Weg bestimmen. Entscheidungen, die einen verändern. Entscheidungen, mit denen man sich selbst neu erfindet.
Manche wissen, welche Wahl sie treffen würden, wenn sich ihnen eine bestimmte Gelegenheit bieten würde. Sie können den richtigen Weg sehen, den sie wählen würden, praktisch vor sich sehen.
Manche stecken fest und sind zwiegespalten.
Manche wählen den falschen Weg.
Ich hatte einen solchen Moment mit Aimee. Ich hätte mich dem Glück hingeben sollen, das ich in ihrer Gegenwart empfand. Wenn wir zusammen waren, fühlte ich mich heil und ganz. Die Gefühle waren überwältigend, aber ich hieß sie willkommen. Es war schön, mit jemandem zusammen zu sein, der mich als Menschen sah und nicht bloß meinen Reichtum und Status. Sie scherte sich nicht um so etwas. Sie wollte mit mir zusammen sein. Ich hätte sie in jener Nacht im Krankenhaus nicht so wegstoßen sollen. Als sie mir geschrieben und mich angerufen hat, hätte ich antworten sollen. Eines Abends ist sie sogar bei mir vorbeigekommen. Ich habe sie auf der anderen Seite der Tür gehört, nur wenige Zentimeter trennten uns voneinander, aber ich konnte mich nicht überwinden, die Tür zu öffnen.
Ich habe es geschafft, Aimee aus dem Weg zu gehen, seit ich mich an jenem Tag im Krankenhaus ihr gegenüber wie ein Arschloch verhalten habe. In ihre Augen zu schauen, die Aufrichtigkeit und vielleicht sogar Liebe darin zu sehen, aber sie zurückzuweisen … schwerer ist mir kaum etwas in meinem Leben je gefallen. Es hat mir fürchterliche Angst gemacht. Solche Gefühle wie die, die ich für sie empfinde, konnte ich bei jeder anderen Frau bisher vermeiden. Bei jeder Frau außer Aimee. Sie war anders, und ich wollte nicht, dass sie es war. Ich wollte die Vorzüge dieser umwerfenden Frau, aber auch gleichzeitig die Möglichkeit, Gefühle dabei außen vor zu lassen. Ich weiß, das macht mich zu einem Arsch.
Also hatte ich keine andere Wahl, als das zu tun, was ich am besten kann: Ich habe sie von mir gestoßen und dafür gesorgt, dass sie sich von mir distanzierte. Ich wollte sie verschonen. Ich bin nicht die Art von Mann, die den Wert der Liebe versteht. Ich wusste, wenn ich blieb, würde ich sie zerstören. Das konnte ich am besten. Ein Mann wie ich hat eine Frau wie Aimee nicht verdient. Ihre Schönheit, ihr großes Herz und ihre Seele wären gestorben, wenn sie mit mir zusammengeblieben wäre. Ich bin der Meister der Zerstörung. Distanz war das Beste für sie. Sie sollte sich dringend von mir fernhalten, um sich selbst zu schützen.
Und doch sind wir jetzt hier, stehen uns von Angesicht zu Angesicht gegenüber, unfähig, die Verbindung zwischen uns zu leugnen. Ich beobachte, wie sich ihre Augen weiten, als wollte sie mich anflehen, die Ketten abzuschütteln, die mich zurückhalten, und sie zu der Meinen zu machen. Ich weiß, wir beide spüren es. Das Bedürfnis, den anderen zu berühren, zu küssen, zu schmecken. Doch wir haben beide beschlossen, den Abstand zwischen uns zu wahren.
»Hey.« Fast hätte ich eine Grimasse gezogen, so kindisch klingt meine Begrüßung. »Wie geht’s?« Scheiße, ich bin so ein Idiot.
Statt einer Antwort zwingt sie sich zu einem Lächeln und wendet dann den Kopf, um zu Dawson hinunterzuschauen, der vor Freude auf und ab hüpft. »Also, Dawson …« Aimee meidet meinen Blick und konzentriert sich ganz auf den kleinen Kerl. »Was ist das für eine Überraschung, die du geplant hast?«
»Papa hat gesagt, heute darf ich entscheiden, was wir machen.« Stolz blickt er zu mir auf. Trotz meines Unbehagens kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Seine Freude ist ansteckend. »Ich darf auch entscheiden, wer mitkommt, und ich habe mich für dich und Tante Aimee entschieden.«
Ich hasse es, wie mein Herz beim Klang ihres Namens losrast. Sie wirft das lange Haar über die Schulter und schenkt Dawson ein warmes Lächeln. Ihr hellblaues Kleid schmiegt sich an jede Kurve ihres Körpers. Eines Körpers, den ich nicht vergessen habe.
»Ich möchte ins Aquarium gehen und die Delfine und Wale bei ihren Kunststücken beobachten. Und dann möchte ich die Stachelrochen sehen, denn die mag ich am liebsten.« Beim reden hat Dawson die Augen weit aufgerissen und gestikuliert vor wild mit den Händen. Vor lauter Aufregung über seinen sorgfältig durchdachten Ausflug wippt er auf den Fußballen auf und ab. »Aber wir müssen uns beeilen, sonst bekomme ich keinen Platz in der ersten Reihe, und ich muss doch ganz nah dran sein.«
Er greift nach meiner Hand, schnappt sich auch Aimees und zieht uns zum Escalade, der am Straßenrand wartet. Ich werfe Aimee einen kurzen Blick zu, nur um festzustellen, dass sie stur geradeaus starrt. Nur ein einziges Mal fällt sie aus der Rolle und wirft Reagan einen bösen Blick zu. Ich kann die Anspannung in ihren Schultern sehen und ihre nervöse Energie regelrecht spüren. Sie tut ihr Bestes, um mich nicht anzuschauen. Ich sollte froh darüber sein, dass sie mir hilft, einen sauberen Schlussstrich zu ziehen. Aber ich bin ein selbstsüchtiger Mann, und ich liebe es zu wissen, dass sie immer noch Gefühle für mich hegt.
Drew sitzt im Geländewagen und lächelt wissend, jetzt, da der Plan aufgedeckt wurde. Er hat mich blind ins Messer laufen lassen. Ich wusste nur, dass ich Dawson zu Aimee bringen sollte. Vielleicht bin ich ein Trottel, aber er ist das einzige Kind – oder besser gesagt, der einzige Mensch –, zu dem ich nicht Nein sagen kann, egal, wie sehr ich es versuche.
Dawson lässt meine Hand los und zerrt Aimee zu Reagan. Ich trete zu den beiden Frauen und beobachte, wie sie einen wissenden Blick austauschen. Ich schwöre, in Aimees Augen liegt ein Flehen, das Reagan bemerkt, denn sie nickt ihrer Freundin beruhigend zu, bevor sie auf den Vordersitz klettert, während Dawson auf den Rücksitz springt, zu seinem Autositz krabbelt und sich allein anschnallt.
Mit Aimee und Dawson in der mittleren Sitzreihe bleibt für mich nur, auf den hintersten Rücksitz zu klettern. Mit meiner großen Statur ist das fast unmöglich. Ich stöhne, verrenke mich und stoße mir den Kopf, aber schließlich habe ich es geschafft und sitze. Ich höre ein belustigtes Schnauben und weiß, dass es von Aimee kommt, obwohl sie es gut verbirgt, als ich aufschaue. Mein Blick wandert weiter und begegnet den amüsierten funkelnden Augen von Drew, der vor unterdrücktem Lachen zittert.
Ich zeige ihm den Mittelfinger, worauf ein lautes Keuchen ertönt und ein: »Du hast deinen schlechten Finger hochgehalten!« Dawson, der bald sechs wird, schaut mich mit großen Augen an. Beschämt lasse ich den Kopf sinken. Dieser Tag wird einfach immer besser und besser.
Als das Auto losfährt, beuge ich mich vor und hoffe, dass Aimee sich umdreht und mit mir spricht. Als sie vorhin aus ihrer Wohnung getreten ist, habe ich sofort ihre Erschöpfung und die dunklen Ringe unter ihren Augen bemerkt. Auch ihre Körperhaltung ist nicht so aufrecht, wie ich es von ihr kenne.
Sie spürt offenbar, dass ich sie beobachte, und sieht mit gerunzelter Stirn zu mir herüber. »Was?«
»Du siehst aus, als würdest du nicht genug Schlaf bekommen.«
»Charmant wie immer, Remy.« Ihre Worte triefen vor Sarkasmus. »Du schaffst es, dass ich mich mit jedem Wort, das du sagst, schöner fühle, und vergessen wir nicht deine Taten, denn die allein sprechen Bände. Was soll eine Frau bloß tun, wenn sie einen Mann wie dich an ihrer Seite hat?« Sie wendet sich von mir ab und verschränkt die Arme vor der Brust. Erst jetzt wird mir klar, wie furchtbar meine Worte geklungen haben müssen, aber es ist zu spät, der Schaden ist bereits angerichtet.
AIMEE
Liebes Universum,
womit verdammt noch mal habe ich das verdient? Kannst du zur Abwechslung mal jemand anderen ärgern und mich in Ruhe lassen? Ich bin ein guter Mensch, und ich arbeite hart. Ich spende für wohltätige Zwecke und bin ehrenamtlich tätig. Was erwartest du noch von mir? Ich bin vielleicht nicht perfekt, und ja, es gibt so manches, was ich in meiner Vergangenheit getan habe und gern rückgängig machen würde, wenn ich könnte, aber komm schon – echt jetzt? Soll das ein Scherz sein?
LASS. MICH. IN. FRIEDEN.
Mit freundlichen Grüßen
eine stinksaure und hormongeschüttelte Schwangere, die so tut, als würde sie den Vater ihres ungeborenen Kindes mögen, der übrigens noch keine Ahnung von seinem Glück hat. Okay, okay, ich liebe ihn, aber er hat diese Liebe nicht verdient. Weil ich seit Wochen nicht mehr für ihn existiere. Und jetzt sind wir hier, und das Einzige, was er sagen kann, ist, dass ich im Grunde scheiße aussehe. Was für ein Arsch.
Wir sind jetzt schon geschlagene zwei Stunden im Aquarium, und ich tue alles, was ich kann, um jeden Kontakt mit Remy zu vermeiden.
Als Drew und sie uns abgesetzt haben, hat Reagan mich angelächelt und gesagt, ich solle ihr schreiben, wenn ich sie bräuchte, dann würde sie mit Drew zurückkommen und mich zurück zu meiner Wohnung bringen. Ich wusste, dass sie Zeit für sich haben wollten, also versicherte ich ihr, dass alles in bester Ordnung sei. Kurz darauf stand ich mit Remy und Dawson vor dem Eingang zum Aquarium.
Ich spüre, wie Remy mich anstarrt, und ich gebe alles, um seinem Blick auszuweichen, obwohl ich eigentlich dringend will, dass wir endlich miteinander reden und herausfinden, was hier los ist. Dawson hält uns auf Trab, indem er uns die Tiere erklärt, von Reagan und Drew und seinen Großeltern erzählt, sich darauf freut, ein großer Bruder zu sein, und darauf besteht, dass das Baby ein Junge sein wird. Das alles ist eine willkommene Ablenkung.
»Und, wie läuft’s?«
Ich drehe mich um und sehe mich dem unverschämt anziehenden Lächeln gegenüber, das mich die letzten Wochen in meine Träume verfolgt hat. Er starrt mich mit leidenschaftlichem Blick an. Ich widerstehe dem Drang, mich in seine Arme zu werfen und ihm zu sagen, was ich empfinde. Alles in mir krampft sich zusammen. Ich versuche, mich gegen die Wirkung seiner Worte und überhaupt seiner Gegenwart abzuschotten. »Gut.«
»Können wir reden?« Remy nimmt sanft meine Hand in seine, und ich entziehe sie ihm rasch. Das wird auf keinen Fall passieren. Nicht heute. Und auch sonst nicht. »Bitte.«
»Wirst du mir erzählen, was im Krankenhaus passiert ist, und erklären, warum du mich geghostet hast?« Ich sehe, wie er sich windet, und kenne die Antwort. »Dann nein, Remy, wir können nicht reden. Ich will Antworten, und ich weiß, dass du zu keiner Art von Kommunikation fähig bist.«
Das ist gut. Behalte den Du-bist-mir-egal-Ton bei. Zeig ihm die kalte Schulter. Du schaffst das, Mädchen. Lass ihn nicht, ich wiederhole, lass ihn nicht wissen, dass er dir noch was bedeutet.
Gott. Warum muss er bloß so gut aussehen?
Meine Nervosität wird immer schlimmer, und nach der kurzen Berührung breitet sich Hitze in mir aus, verbrennt meine Wangen und meinen ganzen Körper. Warum reagiert mein Körper auf diese Weise auf ihn? Er hat es schon immer geschafft, mit der einfachsten Berührung tiefes Verlangen in mir auszulösen, und im Moment kann ich ehrlich sagen, dass ich es verabscheue, wie ich auf ihn reagiere. Was auch immer er mir sagen will, er kann es vergessen. Ich will nichts hören, was dieser Mann zu sagen hat. Es ist mir egal.
»Tante Aimee, geht es dir gut? Du siehst sehr müde aus.«
»Mir geht es gut, Liebling. Hast du Spaß?«