Christoph Blumhardt Briefe -  - E-Book

Christoph Blumhardt Briefe E-Book

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Beschreibung

Christoph Blumhardt ist als Nachfolger seines Vaters Johann Christoph Blumhardt als Seelsorger, Freund und Berater ein begnadeter Briefschreiber. Seine Briefe werden über Generationen hinweg gesammelt und aufbewahrt. Aus der Fülle dieser Dokumente liegt jetzt ein Querschnitt als Veröffentlichung vor. Die Blumhardt Bewegung hat in Bad Boll ihren Ausgang genommen. Die Hoffnung auf das Reich Gottes hat wesentliche Impulse gegeben für die Entwicklung der Religiös Sozialen Theologie und die Dialektische Theologie des vergangenen Jahrhunderts. Die Briefe zeigen den Wurzelboden der Theologie, aus der dann wesentliche Druckwerke hervorgegangen sind. Beide Blumhardts haben den nachfolgenden Frauen und Männern Sprache gegeben. Diese Verbindung wartet auf Entdeckung.

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Seitenzahl: 304

Veröffentlichungsjahr: 2022

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In dieser Sammlung

Die Briefedition stellt einen Querschnitt dar aus dem gesamten Briefnachlass von Christoph Blumhardt. Für die Auswahl leitend waren die Gesichtspunkte:

Informationen zum Leben von Christoph Blumhardt

Seine psychische und seelische Verfassung

Dokumente seiner Seelsorge und Beratung

Dokumente seiner Theologie und Weltanschauung

Das Miteinander und Ineinander

von Tradition und Interpretation

bezogen auf

die Möttlinger Ereignisse um Gottliebin Dittus

Notizen des Herausgebers:

Robert Lejeune, der Herausgeber der umfangreichen Sammlung von Predigten und Ansprachen Christoph Blumhardts, wählt vier Abschnitte zu übergeordneten Gesichtspunkten seiner Auswahl:

1880 – 1888Jesus ist Sieger!Predigten Band 11888 – 1896Sterbet, so wird Jesus leben!Predigten Band 21896 – 1900Ihr Menschen seid Gottes!Predigten Band 31907 - 1917Gottes Reich kommt!Predigten Band 4

Die Zeit der Abgeordnetentätigkeit 1900 - 1906, in der sich Blumhardt die Mitschrift seiner Reden verbat, spart Lejeune aus. Doch auch in dieser Zeit korrespondierte Blumhardt.

Die Zeitspannen korrelieren mit den Zeitabschnitten der Briefedition:

1863 – 1888Sohn eines berühmten VatersBriefe Band 11888 – 1894Pfarrer einer GemeindeBriefe Band 21895 – 1907Freund der ArbeiterschaftBriefe Band 31907 – 1919Seelsorger im HintergrundBriefe Band 4

So können sprachliche Verwandtschaften und Verwurzelungen untersucht werden. Welche Gedanken bewegen Christoph Blumhardt in den Briefen und finden so auch Eingang in seine zeitgleich gehaltenen Predigten und Ansprachen?

Ausführliche, grundsätzliche und über die gewöhnliche Länge seiner Briefe hinausgehende Schreiben finden sich im

Band 5 ein gefragter Lehrer

in chronologischer Reihenfolge geordnet.

Die Fußnoten zu den einzelnen Briefen geben Auskunft über den Empfänger, den Fundort und bereits vorhandene Veröffentlichungen.

Nennung des Adressaten

[Fundort des Originals, der Abschrift bzw. Fotokopie]

teilweiser oder vollständiger Abdruck

Die heutigen Rechtschreiberegeln des Duden wurden behutsam bei den Abschriften der Briefe angewandt. So wird »ß« mit »ss«, das »th« mit »t« wiedergegeben und damals übliche Vokalisierungen dem heutigen Sprachgebrauch angeglichen. »Hülfe« wird z.B. zu »Hilfe«, «Gleichgiltigkeit« zu »Gleichgültigkeit«. Beibehalten wird hingegen die Eigenart der beiden Blumhardts Fürwörter, bzw. besitzanzeigende Fürwörter, wenn sie von Gott, Jesus Christus oder dem heiligen Geist reden, mit einem Großbuchstaben zu beginnen. Allerdings schrieb man die Adjektive »heilig« und »neutestamentlich« usw. noch nicht als Eigenname bzw. als stehender Begriff in Großschreibung.

Obwohl es um die Zeit der Briefabfassung als Regel galt, die Anreden mit einem Großbuchstaben zu beginnen, wurde die offensichtliche Eigenart Christoph Blumhardts im Singular »du« bzw. »dein« beibehalten, lediglich im Plural »Ihr« wie im Original mit einem Großbuchstaben beginnend wiedergegeben. Getrennt-schreibung wurde entsprechend heutigen Sprachempfinden aufgehoben.

Das handschriftliche + wird durch »und« wiedergegeben.

Die Leserinnen und Leser sollen Christoph Blumhardt und seiner Gedankenwelt möglichst ohne eine befremdliche Schreibweise begegnen. Neben der Authentizität kommt es auf die korrekte Wiedergabe seiner Aussagen an.

Die Unterstreichungen (in den Veröffentlichungen sonst durch Fettdruck wiedergegeben) werden beibehalten und geben vielfach einen Hinweis auf die emotionale Beteiligung des Briefschreibers, der beim wiederholten Durchlesen die Bedeutung einzelner Worte »mit einem Federstrich« unterstreicht.

Band 2 der Briefedition Pfarrer einer Gemeinde

Wie dem Vater so wird auch dem Sohn Christoph Blumhardt das Recht erteilt, die Sondergemeinde Bad Boll, bestehend aus den Bewohnern, den Gäste und Bediensteten, als Pfarrer zu versorgen. Das religiöse Leben hat weiterhin die Struktur einer Kirchengemeinde mit sonntäglichen Gottesdiensten und Wochenandachten, mit Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Bestattungen auf dem neu errichteten Bad-Friedhof.

Die Besucherströme und die umfangreiche Korrespondenz ratsuchender Frauen und Männer bestehen fort. Auch wunderbare Heilungen ereignen sich. Christoph Blumhardt zweifelt jedoch mehr und mehr an dieser Art des religiösen Lebens. Nicht mehr »Jesus ist Sieger« soll das Motto der Bewegung in Bad Boll sein, sondern »Sterbet, so wird Jesus leben.«

Nach der Geburt ihres zehnten Kindes (Gottliebin) muss sich Emilie Blumhardt wegen einer vergrößerten, die Luftröhre einengenden Schilddrüse in Bad Boll einer Operation unterziehen. Ihre Luftröhre ist lebensbedrohlich in Mitleidenschaft gezogen. Sie bedarf beständig einer Kanüle (eine von außen eingeführte Röhre zur Luftzufuhr), um weiterleben zu können. Christoph Blumhardt gerät in eine schwere Lebenskrise.

Den Erwartungen der Menschen, die Bad Boll aufsuchen, entzieht er sich durch eine Italienreise mit seiner Frau Emilie. Während der Reise hält er den Kontakt mit Bad Boll durch einen lebhaften Briefwechsel mit dem Sohn von Gottliebin und Theodor Brodersen: Theophil Brodersen, genannt Dodo, seinem Sekretär und Vertrauten.

Nach der Rückkehr beginnt eine Umstrukturierung in Bad Boll. Die Rechte einer Kirchengemeinde gibt er an die Landeskirche zurück und gliedert die Hausgemeinde in die Kirchengemeinde des Dorfes Boll ein, deren Pfarrer sein Bruder Theophil inzwischen geworden ist. Den Heilungswünschen der Besucher verweigert er sich zusehends.

Inhaltsverzeichnis

1889 – 1894

Bad Boll, 3. Februar 1888

Bad Boll 14. Februar 1888

Bad Boll, 29. Februar 1888

Bad Boll, 3. März 1888

Bad Boll, 23. März 1888

Bad Boll, 11. April 1888

Bad Boll, 12. April 1888

Bad Boll, 18. April 1888

Bad Boll, 5. Mai 1888

Bad Boll, 8. Mai 1888

Bad Boll, 12. Mai 1888

Bad Boll, 14. Mai 1888

Bad Boll, 26.6.1888

Bad Boll, 4. Juli 1888

Bad Boll, 14. August 1888

Bad Boll, 28.8.1888

Bad Boll, 31. August 1888

Bad Boll, 7. September 1888

Bad Boll, 21. September 1888

Bad Boll, 22. September 1888

Bad Boll, 26. September 1888

Bad Boll, 17. Oktober 1888

Bad Boll, 24. Oktober 1888

Bad Boll, 27. Oktober 1888

Bad Boll, 21. November 1888

Bad Boll, 26. November 1888

Bad Boll, 29. November 1888

Bad Boll, 2. Dezember 1888

Bad Boll, 5. Dezember 1888

Bad Boll, 8. Dezember 1888

Bad Boll, 22. Januar 1889

Bad Boll, 5. Februar 1889

Bad Boll, 20. Februar 1889

Bad Boll, 22. Januar 1889

Bad Boll, 23. Februar 1889

Bad Boll, 15. März 1889

Bad Boll, 9. April 1889

Bad Boll, 9. April 1889

Zürich, 13. April 1889

Locarno, 13. April 1889

Locarno, 15. April 1889

Locarno, 16. April 1889

Locarno, 17. April 1889

Locarno, Hotel Pension Reber, 17. April 1889

Locarno, 18. April 1889

Locarno, 19. April 1889

Arona, den 20. April 1889

Arona, Hotel Gottardo, 22.4.1889

Arona, 23. April 1889

Arona, 24.4.1889

Arona, 25. April 1889

Arona, 27. April 1889

Arona, dominica 28. April 1889

Arona, 28. April 1889

Arona, 30. April 1889

Arona, Hotel Gotthardo, 1. Mai 1889

Arona, 1. Mai 1889

Arona, 2. Mai 1889

Arona, 3. Mai 1889

Milano, 4. Mai 1889

Nervi, 6. Mai 1889

Nervi, 6. Mai 1889

Nervi, Hotel Victoria, 6. Mai 1889

Nervi, 9. Mai 1889

Nervi, 10. Mai 1889

Nervi, 11.5 Mai1889

Nervi, 11. Mai 1889

Nervi, 12. Mai 1889

Nervi, 14. Mai 1889

Nervi, 16. Mai 1889

Nervi, 16. Mai 1889

Nervi, den 16. Mai 1889

Nervi, 18. Mai 1889

Nervi, 20. Mai 1889

Nervi, 20. Mai 1889

Trient, 23. Mai 1889

Innsbruck, 24. Mai 1889

Bad Boll, 2. Juni 1889

Bad Boll, 7. Juni 1889

Bad Boll, 7. Juni 1889

Bad Boll, 12. Juni 1889

Bad Boll, 14. Juni 1889

Bad Boll, 24. Juni 1889

Bad Boll, 2. Juli 1889

Bad Boll, 2. Juli 1889

Bad Boll, 15. Juni 1889

Bad Boll, 30. Juli 1889

Bad Boll, 12. August 1889

Bad Boll, 6. Dezember 1889

Bad Boll, 8. Januar 1890

Bad Boll, 23. Januar 1990

Bad Boll, 2. Februar 1890

Bad Boll, 6. Februar 1890

Bad Boll, den 25. Februar 1890

Bad Boll, 2. April 1890

Bad Boll, 5. April 1890

Bad Boll, 17. April 1890

Bad Boll, 14. Mai 1890

Bad Boll, 24.5.1890

Bad Boll, 18. Juni 1890

Bad Boll, 10. Juli 1890

Bad Boll, 11. Juli 1890

Bad Boll, 14. Dezember 1890

Bad Boll, 16. Januar 1891

Zürich, 19. Januar 1891

Bad Boll, 15.2.1891

Bad Boll, 19. Februar 1891

Bad Boll, 19. Februar 1891

Bad Boll, 21. Februar 1891

Bad Boll, 27. Februar 1891

Bad Boll, 3. März 1891

10. März 1891

Bad Boll, 15.5.1891

Bad Boll, 31. Mai 1891

Vertrauliche Blätter für Freunde von Bad Boll

Bad Boll, 30. Juni 1891

Bad Boll, 16. Juli 1891

Bad Boll, 20. Juli 1891

Bad Boll, 29. Juli 1891

Bad Boll, 28. September 1891

Bad Boll, 28. September 1891

Bad Boll, 23. Oktober 1891

Bad Boll, 12. Dezember 1891

Bad Boll, 9. Januar 1892

Bad Boll, 13. Januar 1892

Bad Boll, 25. Januar 1892

Bad Boll, 26. Februar 1892

Bad Boll, 9. März 1892

Bad Boll, 28. März 1892

Bad Boll, 5. April 1892

Bad Boll, 5. Mai 1892

Bad Boll, 7. Mai 1892

Bad Boll, 13. Juni 1892

Boll, 20. Juni 1892

Bad Boll, 23. Juni 1892

Bad Boll, 15. Juli 1892

Bad Boll, 29. Juli 1892

Bad Boll, 6. August 1892

Bad Boll, 27. August 1892

Bad Boll, 29. August 1892

Bad Boll, 20. September 1892

Bad Boll, den 4. Oktober 1892

Bad Boll, 7. Oktober 1892

Venedig, 30. Oktober 1892

Bad Boll, 16. November 1892

Bad Boll, 26. Dezember 1892

Bad Boll, 12. Januar 1893

Bad Boll, 30. Januar 1893

Bad Boll, 4. Februar 1893

Bad Boll, 5. April 1893

Bad Boll, 13. Juni 1893

Bad Boll, 29. Juni 1893

Bad Boll, 10. Januar 1894

Bad Boll, 14. Januar 1894

Bad Boll, 9. April 1894

Bad Boll, 18. April 1894

Bad Boll, 22. Mai 1894

Bad Boll, 12. Juni 1894

Bad Boll, 28. Juli 1894

Bad Boll, 23. August 1894

Bad Boll, 2. September 1894

Bad Boll, 19. September 1894

Bad Boll, 21. Oktober 1894

Bad Boll, 17. November 1894

Bad Boll, 22. November 1894

Bad Boll, 24. Dezember 1894

Literatur

1889 – 1894

1888

Berliner Vorträge

1889

Italienreise von Christoph und Emilie Blumhardt nach der Rückkehr Neuordnung in Bad Boll

1890

Kur in Wörrishofen

1894

Abgabe des Gemeindestatus von Bad Boll Verzicht auf gottesdienstliche Formen

Siehe Übertragung 28.7.1894.

Bad Boll, 3. Februar 18881

Lieber Bruder!

Deinen Brief habe ich zu Herzen genommen und auch mit deinem Bruder in Göppingen darüber gesprochen, und er ist mit mir einig, dir zu sagen, dass wenn es nicht nur Handelsgeschäfte sind, zu denen du gelangst, sondern dir auch Gelegenheit gegeben ist, dich an der eigentlichen Missionsarbeit nach und nach zu beteiligen, so wollen wir dich nicht aufhalten, wenn du dich nach Afrika senden lässt. Es muss freilich in dir selber das Entscheidende von Gott gegeben werden. Ohne rückwärts zu schauen2, muss es mit ganzem Sinn und Herzen dein Entschluss sein. Der Herr kann mit dir sein und dich zu einem gesegneten Werkzeug der Mission werden lassen, auch ohne dass du eigentlicher Prediger bist. Tüchtige Glieder der Gemeinde, die im Geist stehen und unter dem Volke leben, müssen schließlich das Leben ausmachen einer Gemeinde Christi. Mich soll es freuen, wenn du dich entschließen kannst, und ich werde dich mit meinem Gebet begleiten, dass dich der Heiland ausrüste mit Geist in aller Geduld und in allem Glauben. Schwerer ist’s im Geist im Leben sein als auf der Kanzel, aber wenn dir’s gelingt umso höher.

Grüße den Gottlieb Fischer und Hegelau.

Besondere Grüße bitte ich an Herrn Inspektor auszurichten, dessen Entschluss zu reisen mich sehr freut.

Mit herzlichem Gruß dein Christoph Blumhardt.

1 An Hermann Gölz. [Akademie-Archiv Bad Boll]

2 Lk 9, 62.

Bad Boll 14. Februar 18883

Liebes Fräulein!

Es ist gewiss natürlich, wenn Sie sich nicht schnell zurechtfinden und in allerlei Verlegenheit stehen. Das macht die Ungewohnheit, solchen großen Haushalt zu führen. Darum aber geht’s doch. Denken Sie sich nur nichts Besonderes dabei und reden Sie, wie‘s recht ist bei Gelegenheit, und sonst lassen Sie die Sachen laufen und zeigen sich da und dort mithelfend, dass sie immer zusehen, so kann der Heiland alles im rechten Gang erhalten. Es bedarf nur eines treuen Sinnes, keiner besonderen Begabung. Doch liegt mehr in Ihnen, als Sie fühlen.

Jugend setzt sich wohl meist über Todesfälle schnell weg, wenn nicht schon tieferes Geistesleben geweckt ist. Ich bleibe in treuer Fürbitte und herzlicher Gemeinschaft.

Ihr Christoph Blumhardt.

3 An Elisabeth von Ungarn-Sternberg. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34] MFG, S. 45.

Bad Boll, 29. Februar 18884

Durchlauchter, lieber Fürst!

Es ist mir eine große Freude gewesen, aus ihrem Brief zu erkennen, dass der Herr mächtiger ist als die Anfechtungen und Krankheitsanwandlungen. Und in treuer Gemeinschaft steh ich Ihnen bei mit Gebet und Fürbitte hoffend, dass wir nur immer ehr stille Hilfe des Herrn gerade in schweren Zeiten erleben dürfen. Es tut schon not in unserer gefahrvollen Zeit viel innere Kraft zu gewinnen und des Schutzes Gottes ganz teilhaftig zu sein.

Meine Reise nach Berlin liegt noch schwer vor mir. An und für sich ist mir’s nicht leicht, mich in den dortigen Parteiungen frei zu halten und nur das zu bleiben, was ich bin und dann komme ich doch auch schwer von hier weg. Es liegt immer viel hier vor. Da darf ich auch nicht dran denken, dass meine liebe Frau mit mir geht, auf der seit dem Tode unserer lieben Mama die Hauptlast liegt, In Berlin hoffe ich, in 10 Tagen fertig zu sein und muss dann am 18ten abends nach München reisen, um dort am 19ten eine Predigt zu halten, So ist mir’s unmöglich, bei Ihnen abzusteigen, was wir ja große Freude wäre. Aber es begibt sich wohl ein andermal.

Ihres lieben Sohnes gedenke ich mit viel Interesse. Krieg ist ja in Sicht, aber noch habe ich den Eindruck, dass es nicht sein darf von Gott aus- Es liegt gar nicht in eines Menschen Hand. Freilich kann sich‘s im Himmel auch wenden, aber wir bitten, dass der Herr es verhüten möchte. Sein Geist muss und kann es zuletzt ausrichten, was bis jetzt durch gewaltsame Explosionen geschehen musste gerichtsweise.

Indem ich Sie und ihre Frau Gemahlin herzlich grüße bleibe ich in treuer Liebe und Verehrung Ihr ergebener Christoph Blumhardt.

4 An Fürst zu Solms-Lich. [Akademie-Archiv Bad Boll]

Bad Boll, 3. März 18885

Lieber Freund!

Du musst mir in deinen Briefen auch das Du sagen. Wir sind ja Brüder und haben einen Meister: Christum. Und ich sage dir gleich, auch wollen wir einander dienen und Zion bauen, d.h. Gemeinschaft haben, in welcher sich der Heiland offenbaren kann. Das ist ja doch die Hauptsache im geistlichen Amte, dass der Heiland sich offenbart und Leben schafft, das uns dann entgegenkommt und das wir bedienen und pflegen dürfen. Wenn dir die jungen Leute zu Herzen gehen, die Jünglinge besonders, so hast du ganz recht. Es ist eine schwere Sache, wenn nicht auch Junge ein Neues anfangen, dass sie nicht mehr sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Da müssen wir beten und flehen vor Gott, denn die Gemeinde Christi besteht aus Neugeborenen, die nicht von der Welt sind. Wir können etwas dazu beitragen, indem wir mit Liebe uns hergeben und die Leute um uns sammeln, und das tue nur. Möglichst heimelig und gemütlich und regelmäßig, dass sie bei dir eine gewisse Heimat haben. Aber freilich, damit ist’s nicht getan. Es muss Geist von Gott ausgehen und schöpferisch wirken. Das sei unsere Bitte und Gebet. Ausdauer im Flehen vor Gott durch Christum schafft doch Frucht. Der Heiland segne dich dazu.

Deiner lieben Frau gedenke ich täglich. Sie soll bezüglich des Lebens, das in ihr geboren ist, an den Schöpfer denken, der auch erhält, was Er erschaffen hat, und unbesorgt sein. Der Herr weiß alle Hindernisse wegzuräumen.

Die Schwermütige will ich mit dir dem Heiland vor Augen stellen. Er kann helfen und büßen und erretten.

In herzlicher Liebe bin ich dir verbunden, und was du von früheren Zeiten mir sagtest von zauberischem Wesen, soll vertilgt sein. Das alles ist vergangen, es ist neu geworden. Der Herr (sei) mit dir zu viel Leben in Seiner Gnade, dein Christoph Blumhardt

5 An Howard Eugster-Züst [Nr. 4 in Specker, S. 51]

Bad Boll, 23. März 18886

Lieber Bruder!

Nachdem ich zu Hause bin, drängt es mich, dir und deiner lieben Frau ein herzliches Dankeswort zu senden, denn ich bin noch bewegt von all Eurer Liebe und Gemeinschaft, die mir durch Euch zuteilgeworden ist. Es ist mit von größtem Wert, deine Arbeit kennengelernt zu haben und im Geiste mich auch in die Schwierigkeiten versetzen zu können, mit denen du zu kämpfen hast. Der Herr sei mit dir, dass die Gemeinde, die sich um dich versammelt hat, immer mehr ausgerüstet werde durch innere Kraft in der Wahrheit und Freiheit des Evangeliums, so wird auch der Feinde Kraft unvermögend sein. Was Sache Gottes ist, siegt eben doch, und der Herr streitet selbst dafür.

Meine Reise über München ist mir vollständig gelungen, und ich habe dort Freude gemacht mit meinem Besuche. Aber mein Haus traf ich in tiefer Trauer, da einige Stunden vor meiner Heimkehr mein treuester Mitkämpfer heimgegangen ist7. Es war mir ein herber Schlag, ihn nicht mehr zu treffen, und ich stehe nun auch in Trauer, dabei unsäglich viel Arbeit. So hat die Reise ihre eigentümlichen Nachwehen, unter denen ich wohl lange werde zu leiden haben. Doch wird der Herr auch da durchhelfen

Besonders herzlich dankend für alle Liebe und dich mit deiner lieben Frau und all deinen Mitgenossen grüßend in treuer Freundschaft und im Gebet dein Christoph Blumhardt.

6 An Adolf Stöcker, Berlin. [Nachlass Adolf Stöcker (Dep.), Nr. 20 im Geheimen Staatsarchiv PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe]

7 Tod des Hans Georg [Hansjörg] Dittus. siehe: Harder H1, S. 138

Bad Boll, 11. April 18888

Liebe Frau von Göler!

Meiner lieben Gottliebin herzlichen Gruß. Sie soll nur denken, dass ich auch bei ihr bin und mit ganzem Ernste mich ihrer annehme, dass dem Übel gesteuert werde. Ich meine, es müsse weichen. Der Heiland gebe uns Gnade und Hilfe, wenn wir ihn suchen.

Ihrem lieben Mann tausend Grüße. Gerne hätte ich auch Stöcker gesehen, kann aber nicht abkommen; denn ich habe viele Gäste, die ich nicht verlassen kann. Aber ich lasse Stöcker auch grüßen und wüsste gerne, wie es ihm geht und um ihn steht. – Mir geht es gut, Ich darf nicht anders sagen. Der Heiland tut viel an mir und lässt mich Kraft finden und sicherlich auch Weg und Steg, dass ich nicht irren möge. Für alle Ihre Liebe herzlichen Dank. Der Herr vergelte es Ihnen.

Mit viel Grüßen Ihr Christoph Blumhardt.

8 An Hanna von Göler. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34] MFG, S. 27.

Bad Boll, 12. April 18889

Lieber Bruder!

Herzlichen Dank für deinen Brief. Ich freue mich sehr, wenn die Leute anfangen, zu dir zu laufen um Fürbitte. Ich meine, es sei das Einzige, mit dem wir tiefer mit den Leuten in Verkehr kommen, und die Leute auch mit ihren Dummheiten kommen, wir haben doch Gelegenheit, ihnen zu dienen. Und unter viel Sand ist auch einmal ein Goldkorn. Der Herr rüste dich aus mit viel Kraft! Bei der Fürbitte ist der Augenblick, da du zu den Bittenden sprichst, entscheidend und auch ferner geltend. Dein stilles Wissen um eine Sache gilt als Gebet, und es bedarf keiner besonderen Zeit und Worte der Wiederholung, wenn’s nur in deinem Herzen liegt und im Geist vor Gott kommt.

Deine Tante Hindemann glaubt, schon frei zu sein; sie fühlt sich ganz anders, aber es kam doch wieder Aufregung. Ich hoffe jedenfalls auf eine wesentliche Besserung.

Bismarcks Politik ist nach und nach einseitig geworden durch die Verhältnisse. Es muss alles herhalten zum einen Gedanken, mit Geschicklichkeit die bewaffneten Völker umeinander kreisen zu lassen. Wie lang das ohne Zusammenstoß geht, weiß kein Mensch. Es läuft aber viel Ungerechtigkeit mit, so auch die Schmeichelei gegen das Untier Russland, ebenso wie die gemachte Diskreditierung der Schweiz. Wir sind aber mit dem Tod des Kaisers in eine andere Zeit gekommen. Die ideale Sphäre ist weg, und wer weiß, wie’s geht. Gott sei Dank, dass wir einem höheren Reiche angehören.

In Berlin ging mir’s gut, und ich bin überall durchgedrungen zur Verbindung mit vielen. Es war eine bedeutende Zeit und für mich von etlicher Tragweite.

Mit herzlichem Gruß dein Christoph Blumhardt.

9 An Paul Christ-Siber, Pfarrer. [Akademie-Archiv Bad Boll] siehe auch Harder: H1, S. 140 – 141.

Bad Boll, 18. April 188810

Verehrte Frau!

Ihren Brief habe ich zu Herzen genommen und sehr bewegt hat mich Ihr Lei-den. Leider bin ich so beschäftigt immer, dass ich erst heute antworten kann. Aber Hilfe kommt ja nicht von mir, sondern von oben herab, und von da wird sie Ihnen auch kommen.

Lassen Sie den Mut nicht sinken und schließen Sie nicht zu viel aus dieser Krankheit auf Ihr inneres Leben. Es kann Ihre Sache und Ihr Herz ganz recht stehen vor Gott, und dennoch können Sie solchen Kampf auf sich nehmen müssen. Und Sie haben dabei auch nichts weiter zu tun, als den Sturm vorübergehen zu lassen. Mit Reden und Anstrengungen ist nicht viel gewonnen, aber ich habe schon öfters eine völlige Genesung in dieser Krankheit erlebt, die durch das periodische Auftreten schwer ist. Ich will nun in herzlicher Teilnahme und Gemeinschaft bleiben und hoffe, Gottes Gnade und Hilfe werde sich offenbaren in gemeinsamem Gebet. Wir sind ja darauf angewiesen und haben darin unsere Verheißung. Möchte es Ihnen gegeben werden, bald eine Kraft zu spüren, in der Sie wenigstens mit Ruhe die sichere Hilfe in Aussicht nehmen können.

Mit herzlichen Grüßen empfehle ich mich Ihnen und Ihrem verehrten Mann

Ihr

Christoph Blumhardt.

10 An Frau Schädelin. [Akademie-Archiv Bad Boll]

Bad Boll, 5. Mai 188811

Mein lieber Freund!

Jos. Freund hat mir noch nie sein Herz aufgedeckt. Aus früherer Zeit erinnere ich mich, dass er sich meinem Vater in Fürbitte empfahl und mir empfiehlt er nur andere Leute (besessene?), dass es bei ihm so unsauber steht, weiß ich nur von dir. Du hast recht, ganz offen mit ihm zu verfahren, wenn du seiner Sache gewiss bist. Denn solcher Schmutz darf allerdings nicht sein. Es ist ein Jammer, wie die Christenheit in Schande gebracht werden darf.

Deine Schilderung der anderen Besprechung hat mich sehr interessiert und amüsiert. Es ist ja gewiss gut, dass man einmal offen sich ausgesprochen hat. Der Geist Gottes kann dann läuternd wirken. Ich wäre gar zu gern auch dort gewesen.

Mit herzlichem Gruß bin ich dein Christoph Blumhardt.

Ich bin recht begierig, wie es deiner Tante gehen wird. Es ist viel an ihr geschehen; aber sie muss es jetzt hüten. –

Lässt du dich nach Basel wählen?

Bad Boll, 8. Mai 188812

Liebes Fräulein!

Wir harren des Herrn. Lassen Sie sich einstweilen das dunkle Tal gefallen. Es geht schon wieder durch. Der Heiland fehlt nicht und schafft schnell wieder Licht. Ich gedenke Ihrer mit vollem Herzen.

In treuer Liebe Ihr Christoph Blumhardt.

11 An Paul Christ-Siber, Pfarrer. [Akademie-Archiv Bad Boll]

12 An Elisabeth von Ungarn-Sternberg. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34] MFG, S. 45.

Bad Boll, 12. Mai 188813

Liebe Mama Haugwitz!

Täglich gedenke ich deiner und danke Gott, der doch freundlich dich an der Hand hat. Glaube an das Himmelreich auch bei Euch, und der Heiland wird ein Nestchen bauen mit Eurer Geduld im Glauben. Dann mögt Ihr’s »Klein-Boll« nennen. Doch ist alles mit Stille und Geduld zu erwarten, was der Herr tut.

Unsere Clara ist himmlisch heimgegangen. Wir können nicht trauern. Sie ist uns zweimal geschenkt, und der Heiland wird auch ihren Heimgang an uns segnen. Die Beerdigungsrede und Lebenslauf sende ich dir seinerzeit. – Mir geht’s besser. Ich sehe wenigstens aus dem Tunnel hinaus, und das Loch wird ausgefüllt.

Sei unserer Gemeinschaft versichert und freu dich, dass du mir Freude bist über deinem Daheimsein, wo der Heiland dich noch segnen wird.

Grüße deinen lieben Wilhelm.

Mit Liebe von uns allen dich grüßend,

dein Christoph Blumhardt.

13 An Frau von Haugwitz. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

Bad Boll, 14. Mai 188814

Liebe durchlauchte Fürstin!

Mit großer herzlicher Freude hat mich Ihr Brief erfüllt, in welchem Sie mir die Mitteilung machten, dass Ihr Sohn zu Ihnen kommt. So hat doch Gott Ihre Geduld erhört und schenkt Ihnen Sieg und Hilfe. Ich nehme daran auch teil, denn auch meine Hoffnung erfüllt sich damit, die ich für Sie hatte und ich hoffe auf mehr. Der Herr kann noch viel tun, dass auch Ihr Sohn eines Segens teilhaftig werde, welcher der ganzen Familie zugutekommen kann. Es ist mein herzliches Anliegen, und wir dürfen alles glauben, alles hoffen. Der Herr erweist sich groß, wenn wir ihm vertrauen, und dass Sie noch viel erfahren dürfen, soll stets mein Gebet sein.

Mit auf ausgezeichneter Hochachtung Sie grüßend bleibe ich Ihr ergebener Christoph Blumhardt.

Bad Boll, 26.6.188815

Liebe Freundin!

Deinen Brief habe ich stets beherzigt. Aber schreiben! Wie schwer komme ich dazu. Aber mein tägliches Gebet ist, dass du nur Kraft bekommst, immer wieder fortzumachen und in Ruhe eins ums andere zu tun, wie es eben geht. Lass immer auch den Heiland machen, wenn dir’s an Kraft gebricht, und sorge nicht! Rosa [?] kann leider nicht kommen. Leider! Sie würde dir auch wenig helfen können, da sie öfters leidend ist.

Ich gedenke deiner Anliegen. Aber kommen kann ich nicht. Ich stehe in großen inneren und äußeren Entwicklungen und möchte mich am liebsten verschlupfen16. Bricht einmal Neues nicht hervor – dann.

In treuer Liebe dein Christoph Blumhardt.

Bad Boll, 4. Juli 188817

Lieber Freund!

Dein Brief hat mich als Verbindungszeichen herzlich gefreut, wie ich mich auch freute, Deine Schwester zu sehen und in Haiger [?]einen Eindruck bekommen zu haben vom Stand des dortigen Christenwesens. In den Herzen des Volkes ist mancher Funke, der belebt werden kann. Die Armut des Geistes aber ist leider überall so auch da bemerkbar. Daher auch das starre Festhalten an gegebenen Sätzen und Formen. Ich entschuldige das und bleibe beim Suchen und Bitten. Ich meine doch auch du seist berechtigt, die menschliche Ordnung, an deren Stelle noch keine andere gesetzt werden kann, anzuerkennen, ohne im Geist gebunden zu sein. Es führt zu nichts, weder innerlich, noch äußerlich in der Sehnsucht nach Neuem die alten Schläuche wegzuwerfen18, ehe der Wein für die neuen da ist. Darum hast du [das]Recht, die Ordination auf dich zu nehmen, wie Jesus untertan wurde dem Gesetz der Beschneidung. Sonst sei geduldig. Mit der Zeit klärt sich vieles. Der Herr lebt, und Lebendiges kommt zum Vorschein bei dem, der in Ihm Leben sucht.

In treuer Liebe dein Christoph Blumhardt.

14 An Fürstin Thurn und Taxis. [Akademie-Archiv Bad Boll]

15 An Frau von Haugwitz [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

16 Verstecken.

17 An Theodor Schneider. [LKA Stuttgart; Teilnachlass Theodor Schneider, D 35)]

18 Mt 9, 17; Mk 2, 22; Lk 5 37 – 38.

Bad Boll, 14. August 188819

Lieber Freund Benn!

Mit obigem Gedankengang stimme ich überein. So wird es kommen, Wir müssen es aber in der Stille gemeinsam bewegen und von Zusammenkünften absehen. Letztere sind hinderlich, ehe ein deutlicher Ruf des Herrn kommt. Er wird aber kommen in nicht ferner Zeit. Warten wir die Reife ab. Die meisten Bewegungen sind an dem gescheitert, dass sie unreif in Berührung mit fremden, anders gerichteten Geistern gekommen sind. Ich grüße herzlich. Es wird der Herr im Himmel ein Gemeinschaftsdach bauen unsichtbar, aber fest über alle Redlichen, die er kennt, und zur rechten Zeit kommt der Ruf für sie, die jetzt müßig am Markte stehen.20 Dass er nur müßige Leute finden möchte, und nicht nur Leute, die sich vor ihm in eigene Arbeit geworfen haben, das ist meine Bitte. Der Herr mit uns allen!

Dein Christoph Blumhardt.

19 An Pastor Benn, Berlin (Vater von Gottfried Benn). [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

20 Mt 20, 6.

Bad Boll, 28.8.188821

Liebes Fräulein!

Den Leib kann man nicht hergeben, wenn der Geist nicht ganz mitgehen kann. Wollten Sie heiraten, so müsste der ganze Mensch dabei sein und ohne Reue dabei bleiben können. Zur Ehe gehört eine volle ganze Bestimmtheit des Menschen, dann geht’s, auch wenn Schwierigkeiten zu überwinden sind. Zieht aber ein Teil zurück, so geht’s nicht ohne Unglück. Ist Ihr Brief der Ausdruck Ihres Herzens, so geht es in diesem Fall nicht.

Mit herzlichem Gruß Christoph Blumhardt.

Bad Boll, 31. August 188822

Lieber Freund!

Ich freue mich recht deiner Aussprache bezüglich der gewollten Übernahme einer solchen Anstalt. Da wird man überschwemmt von Gesundheitschristen, und der Geist soll dem Fleische dienen in frommem Wunderschein, und doch ist nur Gefahr der Ablenkung vom Göttlichen. Uns tut Gesundheit der Seelen not und eine Anbetung Gottes. Nicht Gott soll uns dienen, sondern wir Ihm, und wir wollen sterben, dass nur Jesus lebe.23 Dass du Erlösung nahefühlst, begreife ich und freue mich dessen. Mein Herz ist auch, trotz der Hindernisse im Fleische, die ich sehe, getrost und sicher. Nur bedarfs der Stille, dass nicht wieder, wie von jeher, durch menschlichen Sturm alles Göttliche verpufft wird. Die Stelle in Ludwigsburg ist eine gesegnete, und wehe dem Menschen, der da den Verächter gemacht hat! Es ist mir schrecklich. Aber auch ein Zeichen, was es um unser Christentum ist. Viele Leute wussten‘s schon lange und taten den Mund doch nicht auf, wie ich hörte. Man hat Angst vor Menschen statt vor Gott. Es würde dich diese Stellung mit einer Menge Menschen durch ganz Württemberg zusammenführen. Aber ob du die Stelle bekommst? Es ist ein Geist dagegen, und namentlich ich muss schweigen. Aber ich bete und befehle es dem Herrn an, damit verderbe ich nichts, und der Wille Gottes geschehe!

Mit herzlichem Gruß dein Christoph Blumhardt.

Bad Boll, 7. September 188824

Komm nur, lieber Freund, Raum genug ist in der Hütte25. Wir wollen uns trösten. Nicht lange mehr, so wird der Löwe brüllen aus Zion. Lass dir das Herz nicht schwermachen über die Christenheit, sie ist am Sterben, der neue Keim ist aber schon drin, und der geht auf zur rechten Zeit. Einstweilen ist Sterben unsere Sache, und das ist ja nicht leicht; doch wenn man weiß, dass Jesus lebt, wird der Todeskampf nicht zu arg.

Mit herzlichem Gruß dein Christoph Blumhardt.

21 Marie Gruner, Schwester der Anna Gruner. [Akademie-Archiv Bad Boll]

22 MFG, S. 39.

23 Der besondere Akzent der zweiten Phase in Blumhardts Wirken, siehe dazu Predigten Band 2.

24 An Paul Christ-Siber, Pfarrer, Postkarte. [Akademie-Archiv Bad Boll]

25 „Raum ist in der kleinsten Hütte für ein glücklich liebend Paar.“ Schiller, Friedrich: Der Jüngling am Bache [1803]

Bad Boll, 21. September 188826

Lieber Sohn!

Wir gedenken deiner ernstlich und bleiben verbunden im Sterben. Im Himmel ist große Bewegung und Freude und Fortschritt, Ich erlebe überwältigend viel. Es muss aber auch viel sterben, namentlich auch unser Angeborenes, das oft wie göttlich erscheint. Es muss alles hergegeben werden, dass es aus Gott neu herauskomme und er im Heiland Vater werde unser aller. Wir brauchen aber nichts Besonderes zu tun, nur kindlich und willig sein, alles zu opfern und an nichts festhalten. Was wir aber vom Geist bekommen, das halten wir fest, und dem Fleisch geben wir den Tod im Glauben, nicht mit Werken und äußerlichem Tun, sondern frei im Geist, einstweilen auch noch uns schickend in Forderungen der jetzigen Welt, den notwendigen Tribut bezahlend, dass wir dann umso freier sind. Der Heiland liebe dich in Kraft seines Namens und sei mit deiner ganzen Familie.

In herzlicher Liebe dein Christoph Blumhardt.

26 An N.N. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

Bad Boll, 22. September 188827

Lieber Freund!

Lass dich doch nicht von der Welt trübe machen. Hast du es nicht behalten: Wir sollen uns zurückhalten und nichts danach fragen, was andere Leute treiben, und nicht wirken wollen. Stürmen wir vor der Zeit, so verzehren wir uns. Ist unsere […] fertig, dann wird’s schon angehen. Predige und lass alles dann in der Hand Gottes. Es ist unmöglich, jetzt eine (seine) Gemeinde zu befreien; genug, wenn wir frei werden und ganz den Heiland erleben. Vorher kann nichts geschehen an der Welt.

In treuem Gebet mit dir verbunden

dein Christoph Blumhardt.

27 An N.N. Briefkarte. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

Bad Boll, 26. September 188828

Lieber Freund!

Dein Brief hat mich sehr interessiert, und besonders freut es mich, dass du den Herzen nah[e]gekommen bist. Einer Rednergabe bedarf es nicht. Eine solche hindert vielmehr die Ausbildung des Charakters und ist bei vielen eine kolossale Verlegenheit, weil man stets versucht ist, über das hinaus zu reden, was man ist. Was man nicht ist, soll man nicht scheinen. Wir haben darum so viel Schmach in der christlichen Kirche, die mit fast unheilbar vorkommt mehr und mehr. Unser Glaube soll unser Nichts zudecken; aber man kommt eben doch dahinter, und wo nicht Wahrheit und Recht personbildend aus Glauben kommt, da ist das Glauben eitel. Ich komme oft auch recht ins Gedränge in der heutigen Christenheit. Eine Menge rechtschaffen Volk will nichts mehr von uns und mit vielen das Ihre Suchenden und nicht das Christi soll man brüderlich sein. Du hast ein rechtes Bild der Christenheit an deinem reichen Pfarrer. Da ist nicht mehr viel zu hoffen. Doch bei Gott ist unsere Hoffnung, und Christus ist etwas anders als Christenheit.

Der Herr führe dich in Seiner Wahrheit und erhalte dich frei und aufrichtig auf dem Markt, bis Er dich ruft29.

Ob das derselbe Schmidthenner ist, weiß ich nicht. Nehmet jetzt die Gelegenheit mit Freuden wahr.

In treuer Liebe gedenke ich deiner und deiner ganzen Familie. Grüße deine Schwester.

In treuem Andenken dein Christoph Blumhardt.

28 An Theodor Schneider. [LKA Stuttgart, Teilnachlass Theodor Scheider, D 35]

29 Mt 20, 3.

Bad Boll, 17. Oktober 188830

Lieber Freund!

Mit ganzem Herzen sind wir dir nahe; aber der Heiland selbst auch, und sein Auge wacht, dass nichts geschieht, was nicht ganz zu unserer Stellung zu ihm passt. Wir aber bleiben die allezeit Sterbenden, und siehe, wir leben31, die alles Opfernden und allezeit Gesegneten.

Seine Hand sei mit dir!

In dieser Woche sind wir einen Schritt weiter. Im Himmel hat das Ende angefangen. Nun entwickelt sich alles aufs Ende, und wir stehen auch im Ende. Wir zwar harren noch, ohne viel zu sehen, und doch sind wir ganz drin und werden zur rechten Zeit auch schauen. Zurück kann’s jetzt nicht mehr.

Mit herzlichem Gruß dein Christoph Blumhardt.

30 An N.N. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

31 1 Ko 15,31; 2 Ko 6, 9.

Bad Boll, 24. Oktober 188832

Geehrte Frau!

Es freut mich herzlich, dass Sie den Posaunenstoß in den […] gehört haben.

Ich hoffe, es darf bald ein weiterer folgen. Der Heiland wird nicht mehr ruhen. Aber umso ernster wird’s für uns. Werden wir bestehen können? Wir wollen jedenfalls alles vorher in den Tod vor Gott opfern, auch unser feines Fleisch, den Sinn, der in uns ist und oft einen nur verwerflichen Charakter hat und darum wehe tut. Der Heiland wolle auch bei Ihnen einen Sieg geben, dass nicht mehr Sie leben, sondern Er in Ihnen. Man meint oft, es müsse dies und jenes Äußerliche sein und doch liegt nur das Ich des Fleisches darin. Da müssen wir sterben und lieber eine Unordnung werden lassen um Gottes willen. Er wird’s dann schon zurechtbringen.

Schwach sein, nichts sein, sei unsere Losung, dass Er alles sei.

Mit herzlichem Gruß, Ihr Christoph Blumhardt.

32 An Frau von Mayenburg. [LKA Stuttgart; Nachlass Eugen Jäckh, D 34]

Bad Boll, 27. Oktober 188833

Lieber Sohn!

Ich fühle mit dir, wie du eigentlich allein stehst in der Fremde, solange unser Bund nicht hervortritt, und wenn ich könnte, würde ich dich herziehen. Wir müssen eben noch Geduld haben ein wenig. Der Heiland aber ist bei dir wie bei uns und im Stillen legen sich Keime auch bei dir in die Herzen, die zur rechten Zeit aufgehen werden. Wir erleben viel Fortschritt, die Endentwicklungen sind in vollem Gang, was von Toten in der Erde ist, hört schon die Posaunen34 und in Scharen gehen sie in Zion ein auf dem Weg des Friedens35