Clone Designer - Till Symon - E-Book

Clone Designer E-Book

Till Symon

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Beschreibung

2984 Eintausend Jahre später überwachen Großkonzerne den Genpool der Menschen, ihre Wiedergeburt, und Lebensverlängerung gibt es nur über Bonuspunkte. Doch es herrscht Konsummüdigkeit. In der größten Weltwirtschaftskrise züchten Allsa Unternehmer mit einem Gen Cocktail den Supermanager Castello heran, der jedoch entgleist und sich selbst zum Herrscher des Universums machen möchte. Sein Erfolgskonzept liegt in einem Geheimprojekt namens Multirecon Plus. Dafür verschwinden 100 Top Clone Designer auf mysteriöse Weise. Till Symon beschreibt in seinem Debüt Roman beängstigend nachvollziehbar den Kontrollwahn machtgieriger Geschäftemacher, wenn ihnen die technischen Möglichkeiten der Zukunft in die Hand gegeben werden. Mit skurrilen und witzigen Einlagen, in einer rapiden Handlung, lässt dieser Roman nicht nur nachdenklich werden, sondern auch schmunzeln.

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Seitenzahl: 453

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Ähnliche


Clone Designer 2984

Titel Seite

Clone Designer -

TIll Symon

Clone Designer

2984

Science Fiction Thriller

Inhaltsverzeichnis:

2984 – PrologSeite 5

Conestar 64Seite 9

AllsaSeite 12 

Dr. Mel Eli ThomsenSeite 19

IserisSeite 29

Jasper van DykeSeite 37

Dr. Broke Eli Castell0Seite 40

InsiderSeite 46

Positive ConceptSeite 56

FortunaSeite 69

RomanSeite 82

FeliceSeite 104

TrüffelSeite 116

Flucht von FortunaSeite 130

Triple ASeite 162

Goliath 900Seite 177

TruffSeite 204

Average CitySeite 220

ScatorSeite 225

SarahSeite 242

Fort StellaSeite 250

FI – Family InstituteSeite 258

JustusSeite 268

Multirecon PlusSeite 293

BettySeite 316

Plurien HumanusSeite 357

Dummheit und Ignoranzsind die Schutzfaktoren des Menschen,wenn Wahrheit und Erkenntnisdas Leben unerträglich machen könnten.

Clone Designer – 2984 Deutsche Originalfassung 1. Auflage © 2019 Till Symon Alle Rechte vorbehalten Keine Weiterverbreitung – auch nicht teilweise – ohne Genehmigung Korrektorat: Dr. phil. Frank Weinreich Covergestaltung: Till Symon Images: iStockphoto Weitere Infos, Hörspielausschnitt und Trailer unter www.clone-designer.com

2984 - Prolog

»Da kommt Mel.«

Jaimie stieß Clark mit dem Ellenbogen an, als sie zum Eingang blickte. Mel sah verschlafen aus und schaute etwas irritiert in die Runde. Dann entdeckte er Clark und Jaimie, die mit irgendwelchen sieben Männern an einem Tisch saßen. Verdutzt ging er auf sie zu. »Clark, was machst du denn hier? Bist du wieder bei Allsa?«

Ungläubig schaute er Jaimie an. Sie hätte er erst recht nicht hier erwartet. Er setzte sich zu ihnen und schaute mit skeptischem Blick auf die Männer. »Wie war dein Backup?« fragte Clark. »Anstrengend, ich fühle mich anders als sonst. Als wenn ich gestern die Nacht durchgesoffen hätte.«

Jaimie und Clark grinsten sich an. Mel versuchte, die unerwartete Situation zu begreifen. »Clark, Allsa zu verlassen, war eine kluge Entscheidung. Dieses Projekt stinkt. Es stinkt von oben bis unten, hörst du?« Er stockte und schaute missmutig auf die Männer. »Mel, keine Geheimnisse, sie wissen alle Bescheid und sind vertrauenswürdig«, sagte Clark. »Wer sind die?« Mel wusste nicht, was er glauben sollte.

»Verdammt, Clark, ich versuche, aus diesem Ding mit aller Mühe rauszukommen und du springst einfach wieder mit rein. Wieso ziehst du da auch noch Jamie mit in die Sache?« Er strich sich mit den Händen durchs Gesicht und schüttelte verständnislos den Kopf. »Mann, ich habe gerade Sarah mit größter Mühe aus der Schusslinie gebracht. Ich hatte gehofft, dass du aufgewacht bist, Clark. Haben die euch alle schon so fest im Griff?« Clark bemühte sich, Mel zu beruhigen, griff ihn am Arm und lächelte ihn selbstzufrieden an. »Nein, Mel, wir haben die Situation schon alle richtig verstanden.« Alle am Tisch nickten und lächelten. Mel zeigte sich unbeeindruckt. »Ihr habt alle nichts verstanden. Er holt sich jetzt jeden von uns, hörst du? Jeden.«

»Keiner von uns macht da noch mit, Mel. Wir sind alle ausgestiegen. Wir haben ein neues Projekt. Es ist gut finanziert und eine große Herausforderung. Wir haben freie Hand, niemand wird uns stören.«, sagte Clark. »Mel, die Ecopoesis auf der Fortuna ist kritisch«, sagte Jaimie.

»Verstehe. Ihr seid evakuiert worden.«

»Nein, nein, so schlimm ist es noch nicht. Aber der Format wird immer trockener«, antwortete sie. »Natürlich wird er das«, brauste Mel auf. »Sie haben die völlig falschen Kulturen angesetzt. Niemanden hat das interessiert. Solange man da noch atmen kann, ist für die noch alles in bester Ordnung.«

»Genau darum geht es, Mel«, sagte Clark. »Wir müssen eine neue Sorte entwickeln und neu ansetzen. Wir haben die Exklusivrechte und können das Patent für uns anmelden.«

»Wie hoch ist das Budget?«

»Unbegrenzt, bis wir fertig sind«, sagte Jaimie.

»Die geben uns ein unbegrenztes Budget für einen Individualisten Formaten? Wie habt ihr das geschafft?«

»Sie waren mit unseren Ergebnissen hier auf der Iseris sehr zufrieden. Der Format gedeiht so gut, wie kein anderer zuvor. Für Allsa ist er eine Goldgrube.« Mel winkte ab und schüttelte den Kopf. »Moment mal, Moment mal, Clark. Seid wann machst du in Ecopoesis?«

»Das war eine ganz spontane Entscheidung. Ich bin da zufällig auf etwas gestoßen, habe hier Tests gemacht und – Boom! Es dehnte sich mit zehnfacher Geschwindigkeit aus.«

»Warum warst du gestern nicht mit im Seminar?«

»Ich habe mein eigenes Labor und bin raus. Die Seminare interessieren mich nicht mehr.« Mel war skeptisch. Er dachte an einen Trick, dass sie auf ihn angesetzt wurden, ihn reinlegen wollten. Der Barkeeper kam mit einem Tablett zu ihnen und servierte Getränke. »Hey, Mel, mein Vater würde gerne an dem Projekt teilnehmen, falls du noch einen guten Mann brauchst.«

»Mel, wir brauchen dich«, sagte Jaimie mit flehender Stimme.

»Du und Sarah seid für das Projekt freigegeben«, sagte Clark. »Nur seid ihr dann keine Elite mehr.«

»Umso besser«, lachte Mel und überlegte einen Moment. Dann sprang er auf. »Also gut, ich bin dabei.«

»Dann lass uns sofort los«, sagte Jaimie.

»Was denn, jetzt sofort? Ich muss dann aber noch einmal kurz auf die Station …«

»Nein, nein, Mel, ich habe deine Sachen schon geholt. Du solltest nicht mehr auf die Station gehen.«

Mel spürte, dass etwas nicht stimmte und zögerte. Bisher hatte Clark mit seinen Ideen aber immer richtig gelegen. Er musste an seine Tochter Sarah denken. Vielleicht war das gerade der richtige Moment, den Exit zu finden. Allsa entlässt sie aus der Elite und sie haben ihr Leben wieder selbst in der Hand. Das wäre das, was er sich gewünscht hatte. Aber nun dieser plötzliche Wandel. Sie würden sie einfach so gehen lassen? Clark war nun schon lange bei der Konkurrenz. Vielleicht hatte er einen goldenen Weg gefunden. Mit einem Seufzer stand er auf. Jaimie und Clark winkten den Männern zu. Mel blickte sie noch einmal alle an. Sie hatten alle so zufriedene Gesichter. Es passte so gar nicht in die gegenwärtige Situation, aber er kannte sie ja auch nicht.

Als sie draußen waren, stutzte Mel wieder. »Wohin geht ihr? Die Rampe liegt in diese Richtung.« Er zeigte mit dem Finger in die entgegengesetzte Richtung. Clark zog ihn in die andere Richtung.

»Mein Schiff steht hinter der Siedlung.«

»Wieso steht es nicht auf der Rampe?«

»Ich habe eine Außenlandegenehmigung.«

»Wozu? Kann mir das vielleicht mal einer erklären?«

Jaimie nahm Mel in den Arm. »Ja, Mel, auf der Fortuna wirst du mehr erfahren und jetzt komm. Wir fangen ein neues Leben an.« Mel blieb wieder stehen. »Hier stimmt doch was nicht.«

Zwei Männer kamen auf sie zu und wollten in die Bar gehen. Sie begrüßten ihn freundlich. Es waren Designer aus seinem Team. Auch ihre Gesichter wirkten locker und entspannt. Hatte Allsa ihnen vielleicht Drogen verabreicht? Wieder stutzte Mel, als er vor seinem Schiff stand. »Das ist nicht das Schiff, das ich von dir kenne.«

»Es ist eine Ecolight III.« Mel staunte. »Deine Geschäfte müssen ja wirklich gut laufen.«

Als sie abhoben und über den Formaten schwebten, bewunderte er die vielen grünen Ecospots auf der Oberfläche. Er war fasziniert. »Als ich hier vor ein paar Tagen ankam, waren die noch wesentlich kleiner. Das ist ja wirklich unglaublich, wie sich das ausbreitet. Wenn dir das gelungen ist, Clark, dann glaube ich an deine Patente. Damit wird man reich. Nur verrate mir eins. Warum hast du dich nicht viel früher gemeldet?« Clark überlegte einen Moment, was er sagen sollte. Auch Jaimie schaute etwas verlegen, suchte nach einer passenden Antwort.

»Weißt du, Mel, der Weg dahin kann ganz schön steinig sein. Und du weißt ja, wie riskant es ist, wenn man wichtige Patente allein umsetzen möchte. Ich wollte erst mal auf der sicheren Seite sein, bevor ich dich einlade und du Risiken ausgesetzt wirst.«

Mel nickte andächtig. »Weißt du eigentlich, was sie mit Aussteigern machen?« Clark musterte Mels Schädeldecke, die eine makellos reine Haut aufwies. »Doch, Mel, ich glaube, ich weiß, was die alles machen«.

Conestar 64

Clark hatte seinen Pilotensessel in die Ruheposition gebracht. Seit 16 Stunden befand er sich nun im Dämmerschlaf. An seiner Stirn hafteten kaum spürbar zwei Elektroden, die diesen Prozess der Entspannung, zwischen Schlafen und Wachen auslösten. Es war das einzige Mittel, die langen Phasen des Gleitens durch den Weltraum zu überbrücken, in denen einfach nichts zu passieren schien. Bis auf ein leises Rauschen der Klimatisierung und das gelegentliche kurze Surren der Steuerungsdüsen, die das Schiff auf dem vorgegebenen Kurs hielten, würden die Stille und Eintönigkeit bald jeden verrückt machen. Besonders wenn man ganz allein unterwegs war, so wie Clark.

Im Dämmerschlaf nahm er das alles nicht mehr wahr. Er war eine Art Psychotrip, der das Zeitgefühl abschaltete und das Gehirn mit sanften Reizen in eine belanglose Traumwelt versetzte. Immer wieder hatte Allsa versucht, diese Systeme zu manipulieren. Pops wurden sie in der Fachsprache der Designer genannt. Jene kleinen Botschaften, die dich unbemerkt auf ein Allsa-Produkt lenken sollten und eigentlich illegal waren. Doch Allsas größte Herausforderung war es, allen die Legalität täglich neu zu erklären. Aber Clarks System war sauber. Als Clone Designer der Semi Elite hatte er schließlich jahrzehntelang in der Allsa-Gruppe alle Raffinessen kennengelernt. Er wusste genau, wie man solche Systeme aushebelt und säuberte.

Solange es keine Zwischenfälle gab, schaltete der Dämmerschlaf erst vier Stunden vor dem Ziel wieder ab, um die Aufwachphase einzuleiten. Auf einer Transitstrecke konnte man in dieser Phase wenigstens den immer größer werdenden Planeten, Mond oder Formaten bewundern. Doch Clarks Ziel lag weitab von diesen Standard Routen. Es war ein Satz bedeutungsloser Koordinaten, die ihn mitten in die Dunkelheit des Nichts steuerten, zu einem kleinen Ziel, von dem er nur wissen konnte, ob es überhaupt existierte, wenn er dort angekommen war. So weitab von den Transitstrecken konnte ihn niemand mehr orten und er war völlig auf sich selbst gestellt. Dennoch blieb er entspannt und überbrückte die Zeit mit klassischen Opernarien. Sie hatten so etwas Mächtiges, Erhabenes. Clark glaubte, dass diese Musik früher extra für das Weltall geschrieben worden war.

Als er den Sessel wieder in die Sitzposition gebracht hatte, ließ er sich noch einmal jeden einzelnen Satz und jedes Wort von Dave durch den Kopf gehen. Dave hatte ihn auf diese Reise geschickt und kurz vor dem Ziel war durch die Frontscheibe noch immer nichts erkennbar. Fast wäre er wieder eingenickt, als sich Daisy, seine elektronische Assistentin, aus Bordsystem meldete. »Clark, wir nähern uns dem Identifikationsbereich des Zielobjektes.«

»Kann ich das mal näher sehen?«

Die Frontscheibe des Raumschiffes verdunkelte sich und ging in den Displaymodus über. Bis auf eine schemenhafte Silhouette ließ sich durch den Konturenmarker lediglich ein Objekt erahnen. Clark zog die Augenbraunen hoch.

»Ist das alles? Das sieht ja finster aus«

»Das Zielobjekt gibt keinen Koordinatenabgleich.«

»Ja, aber diese Station gibt es wirklich. Glückwunsch, Dave, du hast recht gehabt.«

»Das Zielobjekt ist kritisch. Es sind auch keine Archivdaten vorhanden.«

»Diese Ruine ist also nirgendwo registriert?«

»Nicht in den offiziellen Archiven. Andere Daten sind nicht verfügbar.«

»Gibt es eine Systemkommunikation?«

»Ja, aber die Daten über die Stationssysteme können nicht verifiziert werden. Offiziell meldet sich die Station als endgültig abgeschaltet. Die Analyse zeigt aber eingeschränkte Aktivität. Atmosphäre und Gravitation normal, aber unzuverlässig. Gefahrenstoffe unbekannt. Insgesamt kritisch.«

»Gibt es Hinweise, was hier mal stattgefunden hat?«

»Verarbeitung von metallischen Rohstoffen.«

Clark wirkte erleichtert. Es passte genau zu dem, was Dave ihm erzählt hatte. Mittlerweile konnte er auf dem Display einzelne Details der Station erkennen. »Eine stillgelegte Fabrik, wo der Letzte vergessen hat, das Licht auszumachen.« Daisy hatte die Angewohnheit auch Sätze, die Clark vor sich hinmurmelte, zu kommentieren.

»Negativ. Die Station wurde vor sechsundzwanzig Jahren und zwei Tagen vollständig abgeschaltet, und vor vier Jahren, elf Monaten und acht Tagen wieder auf Stand-by geschaltet. Es wurde jedoch nicht mehr produziert.«

»Interessant, nach zwanzig Jahren gelten die Fabriken als endgültig verschrottet, aber warum hat man sie dann ganz aus den Verzeichnissen genommen? Ungewöhnlich. Irgendjemand hat sich hier eine Höhle gebaut. Das bedeutet, dass er tatsächlich hier ist.«

»Wer soll hier sein?«

»Mel Thomsen, unser vermisster Elite Designer.«

»Negativ, das Stationssystem meldet keine organischen Stoffe an Bord.«

»Das glaube ich erst, wenn ich es selbst gesehen habe. Wozu schaltet man die Atmosphäre wieder ein, wenn dort keiner mehr wohnt?«

»Offiziell meldet sich die Station als stillgelegt. Das System kann sich also ohne Vorwarnung jederzeit eigenständig wieder abschalten. Die Station kann nur im Schutzanzug betreten werden.«

»Nein, da wohnt jemand, der auf jeden Fall am Leben erhalten werden soll. Ich gehe so rein.«

Die Details wurden deutlicher. Nirgendwo war Licht in der Station zu sehen.

Allsa

Sie war eine dieser typischen potthässlichen Fabriken, von denen im Weltall an die Tausend gebaut worden waren. Die meisten gehörten natürlich zur Allsa-Gruppe. Man hatte sie in eine 24-Stunden-Rotation versetzt, um den dort arbeitenden Menschen das Zeitgefühl zu erleichtern. Hervorragende Energieversorgung durch die Sonne; extreme Temperaturen und Vakuum kostenlos. Die meisten Produktionen wurden aber auch in den Weltraum verlegt, um Spionage zu verhindern. Allsas größter Feind waren die zahlreichen Organisationen der Individualisten, die nur acht Prozent der Menschheit ausmachten. Nach der letzten Weltwirtschaftskrise war ihnen die Autonomie gelungen. Sie hatten eine eigene Regierung gegründet, mit eigenen Präsidenten, autarken Camps und Gesetzen. Für die restlichen 92% Industrialisten waren sie eine zurückgebliebene, minderwertige Einheit. Eine Art Sekte, mit einer längst überholten Weltanschauung, die in jedem technischen Fortschritt das Böse sah.

Clark hatte seine eigene Weltanschauung, ließ es sich jedoch kaum anmerken. Trotzdem fiel er immer wieder durch zynische Bemerkungen auf. Er gehörte zu den Besten der Clone Designer und konnte sich viel leisten, denn man wollte auf ihn nicht verzichten. Das genoss er und provozierte ständig die Hierarchien. Während fast jeder Industrialist davon träumte, in den Elite Stand erhoben zu werden, drückte sich Clark vor diesem Status mit dem Unsterblichkeitspass und den vielen anderen Privilegien. Denn einmal in der Elite angekommen, gab es kein Zurück mehr. Zwar war Clark dadurch der Weg zu vielen hochbezahlten Arbeiten versperrt, doch er wollte ohnehin nur an Projekten arbeiten, die halbwegs durchsichtig und zu verantworten waren. Vieles, was Allsa in den Geheimprojekten betrieb, war äußerst nebulös und ständig für Spekulationen gut. Also beließ er es bei einem, Dr. Clark Seli Ashton, denn die Semi Elite hatte immer noch die Option, aus jedem Unternehmen auszusteigen, wozu Clark sich vor fünf Jahren entschieden hatte, und zur Clonedake Share gewechselt war. Clonedake war eines der wenigen noch verbliebenen Großunternehmen, die nicht zur Allsa-Gruppe gehörten, der mächtigste Konzern des Universums, dessen Firmengeflecht kaum ein Mensch noch überblicken konnte.

Zumindest eines hatten alle Konzerne gemeinsam. Sie alle kämpften mit der Konsummüdigkeit der Menschheit. Jeder konnte sich fast alles leisten, und nur der Weltraum war den Privilegierten vorbehalten. Als Semi Elite und den wechselten Einsatzorten im Weltraum, zierte Clarks ID am Ende die beiden Buchstaben SL. Space Licence. Von seinen vielen Patenten konnte er sich ein Schiff leisten, eine Conestar Ecolight II. Conestar gehörte zur Allsa-Gruppe, aber das war ihm egal. Über die ständigen Dispute zwischen Individualisten und Industrialisten konnte er häufig nur schmunzeln.

Lebe dein Leben und die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte; auf einer Skala, deren Ende wir weder Links noch Rechts erblicken können. Das hält die Konsumenten beschäftigt. Wahrheitsfindung ist wie eine Offenbarung, für eine neue Palette zahlreicher Produkte. Also griff Allsa regelmäßig Konkurrenzprodukte an, heizte die Gemüter der Menschen auf, deren Produktbekenntnisse wie ein religiöser Wahn zum Bestandteil ihrer Selbstfindung wurden. Irgendeine Individualistenorganisation fand dann immer schnell heraus, dass das monierte Konkurrenzprodukt ebenfalls aus dem Hause Allsa stammte, über Scheinfirmen vertrieben wurde und nur den Zweck erfüllte, einen Glaubenskrieg zwischen den Konsumenten auszulösen. Diese Deppen spielten dieses Spiel brav mit. Allsa glaubte, dieses Karussell endlos drehen zu können. Dann kam der Zusammenbruch. – Der Anfang der größten Wirtschaftskrise der Geschichte.

Die Schuldigen waren schnell ausgemacht. Die Individualisten, da war sich Allsa sicher, hatten durch gezielte Manipulation der Märkte ein hervorragend funktionierendes Wirtschaftsystem geschaffen und die Konsumenten völlig verunsichert. Es wäre höchste Zeit, die Menschheit von ethnischen Minderheiten zu befreien, deren Lebensinhalt offensichtlich nur in der Behinderung von Fortschritt und Wohlstand lag. Eingliederung, nannte Allsa die angestrebte Zwangsumsiedlung der Camps. Fast wäre es gelungen, denn das Weltkomitee, Hüter der Verfassung, bestand überwiegend aus liniengetreuen Allsa-Leuten. Doch von den erforderlichen 75% für eine Verfassungsänderung stimmten im Weltkomitee nur 68% zu. Das hatte Signalwirkung. Es kam zu zahlreichen Überläufern zu den Individualisten. Darunter viele Know-how-Träger aus der Semi Elite.

Clark war damals noch bei Allsa geblieben, weil er die Strukturen und Projekte weiter studieren wollte und sich dort eigentlich doch recht wohl fühlte. Außerdem interessierte ihn das politische Gerangel einfach nicht. Mit 62 Jahren war er noch sehr jung, und der beste Weg, sich das Leben zu versauen, wäre die Politik, dachte er sich.

Er ließ es einfach an sich abprallen:

Als Allsa anfing, zahlreiche Unternehmen zu liquidieren, sie einfach aushungern ließ und in den Konkurs trieb, wenn auch nur ein Teilhaber existierte, der nicht als linientreu eingestuft wurde. Es kam ihm eher lustig vor, wie Allsa ihre Tentakeln immer weiter in die Behördensysteme streckte, Probleme entdeckte die keine waren und für deren überflüssige Lösung wieder ein Allsa-Produkt zur Verfügung stellte.

Wie Menschen verunsichert Berater aufsuchten, aus Angst die falsche Wahl eines Produktes zu treffen, um gesellschaftlich nicht missverstanden zu werden.

Wie sich ein Dr. Broke Eli Castello als Chef Designer zur Kultfigur machen ließ, um mit seinem Charisma und Ratschlägen den Menschen großzügig eine Identität wieder zu geben, die er ihnen vorher genommen hatte.

Dass 91 % von 70 Milliarden Menschen eigentlich nur noch wie eine empfindliche biologische Masse funktionierten, die in einer Nahrungskette namens Wirtschaft, möglichst keimfrei, steril und stets hungrig gehalten werden sollte.

Wie sie diese biologische Masse ständig manipulierten, als würden sie Bakterienkulturen züchten, die einen stinkenden Kadaver zersetzen sollten, der dann als wohlriechende Brühe durch alle Kanäle der Welt lief.

Wie er als Clone Designer täglich neue Gencocktails anrührte, die dann wie Impfstoff in diese biologische Masse injiziert wurden, damit die Geruchsorgane der Welt so manipuliert wurden, dass auch der Letzte diesen Duft ausweglos schön, erhaben und entspannend fand. Nein, diese Menge dürfte ohne diesen Duft nicht mehr überlebensfähig sein. Theoretisch eigentlich kein Problem, aber nach der Verfassung verboten. Und immer dann, wenn Clark dieser erhabene Duft doch die stinkender Kadaver in die Nase kroch, wechselte er die Projekte.

So schwappte diese Brühe an 8% Individualisten vorbei, die sich zum Großteil eine eigene Welt auf fernen Formaten aufbauten. Clark gehörte zu den 1% Semi Elite und Elite, die die Freiheit hatten, das riechen zu dürfen, was sie riechen wollten, dafür aber einen hohen Preis bezahlten. Sie mussten sich zunehmend der absoluten Hörigkeit ihrer Konzerne unterwerfen. Aber das war für die meisten eigentlich Ehrensache, wenn man zu denen gehörte, die nicht in dieser Welt lebten, sondern diese Welt formten, um sich dabei eigene Freiräume zu schafften.

Clark fand sich damit ab, dass seine Frau Jaimie sich von ihm trennte, zur erzkonservativen Individualistin konvertierte und seit nunmehr 40 Jahren auf einem Formaten lebte, auf dem vor 12 Jahren seine Tochter Patricia geboren wurde. Nein, das war eigentlich gut so, denn Patricia wuchs mit Gerüchen auf, die auf der Erde noch vor tausend Jahren herrschten. Niemand, der verstanden hat, wie diese heutige Brühe wirklich stank, wollte seine Kinder damit aufwachsen lassen.

Den immer stärker tobenden Wirtschaftskrieg betrachtete Clark wie ein Schwarm aufgescheuchter Fische im Aquarium. Als ihm die Brühe dann doch zu sehr bei Allsa stank, wagte er den Sprung zur Clonedake Share. Für seinen ehemaligen Vorgesetzen Castello, einen exzellenten Strategen, war er ein charakterloser Verräter. Er bewunderte Clarks Leistungen und aus dieser Bewunderung entstand ein tiefer Hass zwischen den beiden. Clonedake war für Clark die beste Option, denn das traditionsreiche Unternehmen hatte Geschichte geschrieben und wurde von allen respektiert. Hier wagte Castello sich nicht rein. Noch nicht. Zu groß war die Gefahr, dass er sein Ansehen als Gutmensch in der Öffentlichkeit verlieren könnte. Clonedake war Castello schon immer ein Dorn im Auge und seine größte Herausforderung gewesen.

Fünf Jahre waren nun vergangen und alles, was Clark von Allsa vermisste, waren ein paar alte Freunde, zu denen der Kontakt zunehmend abriss. Sonst lief alles wie am Schnürchen. Clarks Arbeit bei Clonedake war leichte Kost an Dhymatik Rechnern. Zwei weitere Patente wollte er sich noch sichern, um dann ganz auszusteigen und was Neues anzufangen. Was, wusste er noch gar nicht so genau. Er wollte nur eine goldene Regel befolgen: Wenn es am besten läuft, sollst du aufhören.

Nur lief es bei Clonedake plötzlich gar nicht mehr gut. Da wurden Topdesigner abgezogen, die eigentlich dringend gebraucht wurden. Die Stimmung unter den Kollegen wurde zunehmend frostig. Kaum einer machte noch Witze, und gerade Clark war für seinen trockenen Humor bekannt. Er konnte Gags bierernst vortragen, die nur Insider verstanden. Während die Leute erstaunte Gesichter machten, brach das Kollegium in schallendes Gelächter aus. Doch es war niemanden mehr zum Lachen zumute. Clonedakes Kurse brachen immer tiefer ein. Das passte zu Allsas neuer Strategie, die Castello euphorisch dem jubelnden Volk zurief.

»Genug ist niemals genug. Wir wollen alles. Wir sind die Stärksten. Wir sind nur für euch da. Ihr habt mit eurem Qualitätsbewusstsein neue Maßstäbe gesetzt. Weil ihr so klug seid, weil ihr Verstand habt. Dafür danken wir euch. Wir danken euch mit neuen, noch besseren Produkten. Ihr habt sie verdient. Wir sind eine Einheit. Wir sind Allsa!«.

Und wieder schwamm der Schwarm Fische aufgescheucht im Aquarium umher. Diesmal prallte es an Clark nicht ab. Bisher hatte es immer noch so etwas wie Wettbewerb gegeben. Doch der sollte nun ausschließlich zur Selbstinszenierung von Allsa werden. Sie begannen nach jedem, selbst dem kleinsten Unternehmen zu greifen und saugten alles auf, wie ein trockener Schwamm. Es würde Jahre dauern, bis das Weltkomitee über die Flut an Kartellklagen entschieden hätte. Und bis zur Entscheidung würde es die Kläger längst nicht mehr geben.

Der Trick war einfach. Allsa zog immer wieder die eigenen Leute aus dem Weltkomitee ab, die sich für Kritik offen zeigten. Plötzlich quittierten sie ihre Mandate. Allsa begründete das zynisch mit dem Vorwurf der Individualisten, dass doch das Weltkomitee zu sehr von Allsa-Getreuen unterwandert sei. So erzeugten sie eine permanente Handlungsunfähigkeit und sämtliche Verfahren stagnierten. Zahlreiche unabhängige Unternehmen standen mit dem Rücken an der Wand. Nun forderte das Weltkomitee die Neubesetzung der Mandate und die Welle schwappte zurück. Um die Verfahren voranzutreiben blieb den gebeutelten Unternehmern nichts anderes übrig, als jedem neuen Mandat zuzustimmen. Ausschließlich linientreue Allsa-Leute, die dann überraschend alle Klagen zuließen, um großzügig viele bedrohte Existenzen zu retten. Es ging nicht um die Unternehmen.

Allsas Ziel war die radikale Änderung der Verfassung!

Vorangetrieben von einem vom Größenwahn besessenen Chef Designer: Dr. Broke Eli Castello. Es rumorte in den eigenen Reihen und viele, sonst so erhabene Designer, gerieten in Panik. Bei Clonedake ging es für Clark nicht mehr weiter. Spontan hatte er sich entschieden, nun eine eigene Firma zu gründen. Für die Umsetzung seiner Patente fiel ihm nur ein geeigneter Partner ein. Mel Thomsen. Seit Clark bei Allsa weggegangen war, hatte er keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Es war ein Kodex unter Freunden, die bei konkurrierenden Unternehmen arbeiteten, keinen Kontakt zu halten, denn das hätte den Vertrauensstatus belastet. Aber Mel würde sofort aussteigen und mitmachen, da war er sich sicher. Sie hatten sich bestens verstanden und immer die richtigen Ideen im richtigen Moment gehabt.

Clarks Versuch, mit Mel in Kontakt zu treten, endete in Ernüchterung. Mel Thomsen gab es bei Allsa nicht mehr. Er war seit über vier Jahren spurlos verschwunden und mit ihm seine Tochter Sarah. Bei allen Nachfragen traf er auf betretenes Schweigen. Er wollte sich verändern, hieß es nur. Fast hatte er ihn schon abgeschrieben, irgendwo zurückgezogen auf einem Formaten vermutet, als sich ein gewisser Dave aus einem Camp bei ihm meldete, der dringende, wichtige Informationen anzubieten hatte.

Dr. Mel Eli Thomsen

»Er ist da, ich bin mir sicher.« Clark griff nach dem Gürtel mit seiner Grundausrüstung. Er konnte es kaum erwarten, die Station zu betreten. Als er versuchte, den nur schwach durch ein paar Sterne angeleuchteten Schriftzug zu entziffern, stellte sich die Station mit einer Ansage selbst vor. »Sie befinden sich in der Identifikationszone der Conestar 64 von Conestar Limited. Schalten Sie ihre Kennung ein. Identifizieren Sie sich.« Clark musste lachen. Er war es nicht gewohnt, mit Schrottplätzen zu diskutieren und nahm die Kommunikation nicht ganz ernst.

»Ja, Conestar 64, hier ist das Alien vom Orion.«

»Schalten Sie bitte ihre Transponderkennung ein.«

»Und was ist, wenn nicht?«

Er besann sich auf einen alten Grundsatz. Diskutiere nicht mit Rechnern. Da lief wohl irgendeine Schleife ab, die längst nicht mehr relevant war. Nur Daisy nahm die Sache noch ernst. »Das ist nicht zulässig. Stillgelegte Stationen müssen immer zugänglich bleiben.«

»Ich glaube das interessiert hier niemanden. Kannst du dem Stationssystem irgendwie klarmachen, dass wir Einlass begehren? Tor 1 gefällt mir richtig gut.« Es rührte sich nichts, bis auf eine weitere Ansage. »Für die Schleusenöffnung sind Ihre Identifizierung und Ihr Code erforderlich.« Für Notfälle gab es vier Minitorpedos an Bord. Gelassen tippte Clark auf seinem Display und nahm das Tor 1 ins Visier. »Hier ist das Alien vom Orion und hier kommt mein Code.« Es war nur eine kleine Druckwelle und ein schwacher Blitz. Tor 1 war gesprengt. Dahinter befand sich die Schleuse.

»Daisy, können wir das äußere Schleusentor von hier öffnen?«

»Nein, nur manuell.«

»Dann schick den Bot raus.«

Nach drei Minuten öffnete sich die Schleuse und Clark flog ein. »Atmosphäre ist normal, die Schleuse ist aber instabil, durch den Schuss auf das Tor. Hohes Risiko«, meldete Daisy. »Der Weltraum war noch nie ohne Risiken. Ich zieh die Notweste an und gehe raus. Halte die Systeme auf Blitzstart, Daisy. Lass den Bot eine Funksteuerung herstellen und schicke ihn mir dann nach.«

Die Innenbeleuchtung der Schleuse lieferte nur ein fahles Notlicht. Als sich das Schleusentor schloss, schaltete Clark die Triebwerke ab. »Gravitation und Atmosphäre normal«, meldete Daisy.

Die Schiffsluke öffnete sich und Clark schritt langsam die Treppe hinab. Dann öffnete er manuell das Innentor der Schleuse und betrat die Station. Die Luft war muffig und roch nach Schwefel. Seine Schritte hallten durch den hohen, grau-grünen Raum, von dem drei Gänge zu den ersten Fertigungshallen führten. Es war der typische Anblick jener trostlosen, nur auf Funktionalität gebauten Fabriken. Noch nie hatte Clark eine solche Station erlebt, wie sie menschenleer und ohne jegliche Aktivität war. In der schummrigen Notbeleuchtung wirkte alles unwahr. Aus der Ferne konnte Clark das Dröhnen der Gravitations- und Klimaaggregate hören. Ihre Vibrationen spürte man überall auf der Station.

Die Conestar Stationen waren alle gleich aufgebaut. Drei sternförmig angeordnete Tore, von denen es durch ein endlos erscheinendes Gewirr an Fertigungshallen, Lagern, Büros, Kontrollräumen und Gängen ins Zentrum ging. Dort befanden sich die Energiequellen und der zentrale Schaltraum. Daisy hielt ständig Kontakt zu Clark. »Dein Körper verhält sich normal, etwas erhöhter Puls.«

»Hier steht die Luft wie in einem alten Bergwerk.« Clark lief mit langsamen Schritten in den ersten Gang hinein. »Hallo, ist hier wer? ... Mel bist du da?« Mit seinem Handscheinwerfer leuchtete er die Wände ab. »Es ist zu dunkel hier. Daisy, kannst du irgendwo eine Schaltzen-trale ausmachen?«

»Zwanzig Meter rechts vor dir ist ein Sektorblock« Clark schaltete die Beleuchtung ein. Der ganze Sektor stand nun in hellem Licht. Vor ihm lag die erste Fertigungshalle. Alles wirkte recht aufgeräumt, so als würden jeden Augenblick die Bots und Stationsleiter ihre Arbeit wieder aufnehmen. »Clark, ich schicke jetzt den Bot zu dir«, meldete Daisy.

In der Fertigungshalle befanden sich die Verpackungsstraßen, getrennt von einem Labyrinth mit Gängen aus meterhohen Regalwänden. Trotz der Sektorbeleuchtung war es zwischen ihnen etwas schummrig. Sie waren etwa 30 Meter lang und Clark leuchtete mit seinem Scheinwerfer in jeden Gang rein. »Mel? … Mellie? … Mel, bist du hier? Ich muss mit dir reden.«

Plötzlich glaubte er, ein Geräusch gehört zu haben und leuchtete in die entsprechende Richtung. »Ist hier jemand? Daisy, kannst du was orten?«

»Keine organischen Lebenszeichen.«

»Mel, ich weiß, dass du hier bist.« Sein Rufen hallte aus den Gängen. »Clark, irgendetwas bewegt sich in den Gängen. Es ist nicht genau zu orten, aber da ist etwas. Etwa 30 Meter vor dir, 10 Uhr Position.« Wieder hörte er Geräusche. Es war ein leises, kurzes Surren. »Das ist vielleicht ein alter Bot, der sich nicht abgeschaltet hat, Daisy.«

»Nein, der würde sich identifizieren. Es ist etwas anderes.« Clark lief in zügigen Schritten auf den Gang zu, wo er die Geräusche vermutete und leuchtete mit dem Scheinwerfer rein. »Mel, bist du hier drin? Mel?« Wieder diese Geräusche. Diesmal etwas lauter und in kurzen Intervallen. »Wo ist es jetzt Daisy?«

»Ich kann es nicht genau orten. Es müsste etwa 10 Meter rechts von dir sein.« Entschlossen lief Clark auf die Position zu. Es müsste der zweite Gang rechts vor ihm sein. Gerade wollte er in den Gang hineinleuchten, als ein seltsames Vehikel auf Rädern aus dem Gang hervorschoss und direkt vor ihm zum stehen kam. Clark erschrak.

»Was ist denn das hier?«

Wie versteinert stand er vor dem Gerät, das er bisher noch nie gesehen hatte. Es sah aus wie ein überdimensionaler Mistkäfer auf Rädern, circa ein Meter fünfzig lang und achtzig Zentimeter breit. »Bist du erfreut, mich zu sehen?« Clark erkannte seine Stimme. »Mel Thomsen?« Langsam rollte das Vehikel bis auf 10 Zentimeter an Clark heran und hob seinen insektenartigen Kopf an. Mels Stimme klang gedemütigt. »Ein grauenvoller Anblick, nicht?«

»Was, ... was ist mit dir geschehen?« Verwirrt schaute Clark in alle Richtungen der Fertigungshalle. »Mel, wo bist du? Komm raus und lass den Blödsinn mit diesem Vehikel, oder was das hier ist«.

Er schaute nach oben auf die zahlreichen Brücken und scannte jede einzelne Scheibe der Kontrollräume. Warum zeigte er sich nicht? Gerade glaubte er einen Schatten gesehen zu haben, als er bemerkte, dass der metallene Insektenkopf leise Atemgeräusche abgab. Erst jetzt begann Clark ihn genauer zu studieren und schaute in die wie Augen angeordneten kleinen Kameralinsen. Wie versteinert begriff er so langsam, was er sah. »Ich stehe vor dir Clark, oder besser das, was von mir übrig geblieben ist. Schau dir diesen Insektenkopf an. Siehst du die beiden Gläser? Was siehst du darin?« Clark schluckte.

»Ein Gehirn«

»Nicht ein Gehirn, mein Gehirn. Dieses Vehikel hier enthält die Langzeiterhaltungssysteme« Clarks entsetzen verwandelte sich in Wut. »Wenn ich mir dieses ekelhafte Design anschaue, kann das nur einer gewesen sein ...«

»Ja, so widerwärtig kann nur ein Broke Castello sein. Er hat mir zwei Greifzangen und ein paar Räder zur Vorwärtsbewegung gelassen. Per Lautsprecher kann ich sogar sprechen. Ist das nicht großzügig?« Clark setzte sich auf einen leeren Regalboden. Tausend Dinge schienen ihm gleichzeitig durch den Kopf zu jagen. Diese vielen angestrebten Änderungen in der Verfassung, welche zum Teil schon umgesetzt wurden. Castello trieb das alles voran und das Ausmaß seiner Ziele konnte er nun an seiner Brutalität erahnen.

»Warum hat er das getan und wo ist dein Körper?«

»Warum bist du hierhergekommen und wie hast du mich gefunden?«

»Das ist doch erst einmal egal.«

»Nein, das ist nicht egal. Es ist unmöglich, diese Station hier zu finden. Und es ist noch viel unmöglicher mich hier zu vermuten. Ich kann dir nicht trauen. Was willst du von mir?« Clark seufzte. Über vier Jahre als lebendiges Etwas, in einem kleinem Vehikel, in totaler Einsamkeit und Isolation. Mel konnte sehen und sprechen, aber nicht fühlen, riechen und schmecken. Wie viel Hass und Misstrauen muss wohl in einem solchen Gehirn stecken. Wie sollte er ihm die schlagartigen Ereignisse der letzten Jahre erklären? »Also gut. Ich bin raus aus dem Geschäft. Clonedake steht vor dem Konkurs ...« Mel brauste auf.

»Hör doch auf, willst du mich für dumm verkaufen? Die mächtige Clonedake geht Konkurs. Du willst meine Tochter, genauso wie Castello. Du versuchst es halt nur anders. Verschwinde hier!«

»Das Weltkomitee hat gerade die erste Resolution verabschiedet. Alle F.I.s werden privatisiert. Die gesamte Allsa-Gruppe hat sich offiziell zusammengeschlossen. Sie kontrollieren jetzt auch jedes einzelne Family Institute«

»Haben sie es also geschafft, diese Bastarde?«

Clarks Stimme wurde wieder etwas ruhiger. »Ja, Mel. Der Druck durch die Wirtschaftskrise war zu groß. Du warst zu lange weg und bekommst hier nichts mit. Es war der größte Coup, den sich Weltunternehmen je geleistet haben. Sie haben massenweise Unternehmen in den Ruin getrieben und das Weltkomitee aufgeweicht. Auch Clonedake wurde unterwandert und ist jetzt so gut wie pleite. Die Individualisten rebellieren. Auf der Erde brodelt es zurzeit.« Mel rollte ein Stück näher an Clark ran.

»An welcher Stelle komme ich nun ins Spiel?«

»Allsa sucht jetzt jeden Clone Designer, den sie finden können. Castello ist Chef Designer geworden und sucht sich jetzt mit allen Mitteln seine Truppe zusammen. Er weiß, dass ich bei Clonedake keine Zukunft mehr habe. Aber ich mache da nicht mit.«

»Sei froh, dass du nicht so geendet bist, wie ich.« Clark schlug wütend mit der flachen Hand auf das Regal. »Bisher hat mich noch die Clonedake geschützt. Offiziell bin ich dort noch beschäftigt. Auch mich hat Castello auf der Liste, aber es wird noch etwas dauern, bis er merkt, dass ich weg bin. Mensch Mel, ich habe mir noch zwei hervorragende Patente gesichert und wollte dich zum Partner machen. Wir hätten groß abräumen können, um uns dann auf irgendeinem Formaten zur Ruhe zu setzen. Du und deine Tochter, ihr seid nun mal Spitzen Designer. Wir hätten noch einmal richtig aufdrehen können. Jetzt ist das alles vorbei. Die Zukunft der Menschheit heißt nur noch Allsa.« Mel nickte zustimmend.

»Zu mir sind sie vor fünf Jahren gekommen, kurz nach dem du weggegangen warst. Erst waren sie freundlich, boten mir viel Geld, Luxus und gaben mir die Elite Klasse. Doch ich war eigentlich nur Nebensache. Es ging ihnen in erster Linie um meine Tochter. Castello hat alles versucht, um auch noch Sarah zu kriegen. Sie selbst weigerte sich, überhaupt mit ihm zu reden und lehnte ab. Dann setzte er uns immer mehr unter Druck und Sarah musste untertauchen. Sie ist an einem sicheren Ort«

»Was ist mit dir passiert, Mel? Was weißt du?«

»Da war plötzlich dieser Unfall in einer Bot-Kolonie. Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Als ich zu mir kam, war ich in diesem Vehikel. Castello hat mich hierher gebracht, um mich zu quälen. Meinen Körper hat er vernichtet. Er brauchte ja nur mein Hirn. Wenn ich ihn zu Sarah führe, will er mir einen neuen Körper klonen und wir müssen beide für ihn als Elite arbeiten. Die Unsterblichkeit habe ich ja schon. Eingesperrt in diesem Mistkäfer auf Rädern, mit dem unendlich quälenden Gedanken, ob er nicht schon meine Tochter hat. Die schlimmste Folter ist die endlose Folter, wenn du niemals aufhören darfst zu leiden.«

»Warum hast du dich nicht schon längst vernichtet? Sarah ist klug, er wird sie nicht finden und ohne dich kommt er an sie nicht ran.« Mel rollte ein Stück zurück und seufzte. »Was nützt es. Er hat wahrscheinlich mein Backup. Ich kann mich so oft vernichten, wie ich will. Er wird ein neues Gehirn klonen und es immer wieder einsetzen. Begreife die Perversion der Unsterblichkeit. Sie ködern dich mit einem endlosen Leben in endlosem Luxus. In Wirklichkeit dient ihnen das aber nur dazu, dich so lange am leben zu erhalten, wie sie dich brauchen.« Clark schüttelte den Kopf und lief einige Schritte auf und ab. »Ein Hirn zu klonen, ist ein aufwendiger Prozess. Er kann das nicht unkontrolliert machen und braucht das Elite Komitee dafür. Das ist immer noch neutral und wird von der Elite selbst scharf überwacht. Hier geht es den Machthabern um sich selbst.«

»Ich bin mir nicht sicher, aber du hast keine Ahnung was sie schon alles illegal gebastelt und mutiert haben. Castello hat viele Alleingänge gemacht und wird von der Elite selbst oft misstrauisch beobachtet.« Wieder schüttelte Clark den Kopf. »Einen einzigen Verstoß gegen den Index und Castello ist weg vom Fenster. Nur weil Allsa den Industrialisten jeden Scheiß verkauft, kann er noch längst nicht machen was er will. Die haben auch angst.«

»Die Raumstationen werden doch kaum noch kontrolliert. Sie haben alle auf den Tag gewartet. Jetzt ist der Index aufgehoben und sie nutzen ihren Vorsprung. Wir sind obendrein auch noch erpressbar und konnten noch nicht einmal auspacken.«

»Wir? Sarah auch?«

Mel senkte den Kopf. »Sie haben Sarah damals an einem illegalen Projekt arbeiten lassen, ohne dass sie es wusste. Als Sarah es bemerkte, ist sie ausgestiegen und mit ihr das Königswissen. Sie haben heimlich Beweise gegen sie gesammelt. So haben sie es mit allen gemacht. Dann kannst du es dir aussuchen. Verurteilt, lebenslänglich in einer Strafkolonie unter schlechten Bedingungen, oder lebenslänglich für die Allsa Gruppe unter guten Bedingungen. Sterben ist verboten. Du wirst immer wieder reanimiert und zu deiner Pflicht gerufen. So funktioniert das System. Wie hast du mich gefunden?«

»Es gab viele Designer, die damals bei Allsa ausgestiegen sind. Einer von ihnen hieß Dave. Ein Anfänger, Semi Elite, aber gut. Er kündigte seinen Elite Status und ließ beim Elite Komitee sein Backup und seine Masterdatenbank löschen, damit er endgültig sterben konnte. In die Individualistencamps traut sich Allsa bis heute nicht rein. Dort beging er Selbstmord. Er wusste viel über dich, hatte Zugang zu geheimen Archiven und dort ein wenig rumgeschnüffelt. Dabei stieß er auf die Koordinaten dieser Station hier und gab mir einen Tipp.«

»Es gibt etliche ausrangierte Stationen. Warum ausgerechnet diese hier?«

»Irgendetwas muss hier auf der Conestar 64 vorgefallen sein, sonst hätte man sie nicht stillgelegt. Werkstofffabriken laufen in der Regel eigentlich immer gut und kostengünstig. Dave war sich sicher, dass es dich noch gibt und ich dich hier finden würde. Aber ich sollte nicht nur dich finden, sondern auch deine Tochter. Sie ist offensichtlich der Schlüssel zu dem ganzen Spuk hier. Sagt dir ein Projekt namens Multirecon Plus etwas?«

»Ja, das war das Projekt, aus dem Sarah ausgestiegen ist. Sie weiß aber nicht viel über die Zielsetzung. Nachdem sie haufenweise Routinen entwickeln musste, deren Ausführung alle auf dem Index standen, hatte sie Lunte gerochen. Ihr war klar, dass das, woran sie theoretisch arbeitete, bald auch praktisch umgesetzt wird.«

»Aber den Index gibt es jetzt größtenteils nicht mehr und man braucht euch jetzt, um ganz legal an den Schweinereien weiterzuarbeiten.«

»Sarah hat mir alle Routinen gezeigt. Ich habe zum Teil die logischen Zusammenhänge erkannt. Wenn sie und ich damals ausgepackt hätten, woran man theoretisch schon gearbeitet hat, wäre die Umsetzung, die jetzt gekommen ist, abzusehen gewesen. Dann hätte man selbst unter dem Wirtschaftsdruck den Index größtenteils bestehen lassen. Deshalb hat man uns kaltgestellt. Das war alles langfristig und strategisch eingefädelt.« Clark bewegte sich in Richtung Schleuse und Mel rollte wie ein treuer Hund neben ihm her. »Mel, du musst hier weg. Wir müssen dir wieder einen Körper verschaffen. Ich kenne eine Klinik, die das machen kann. Wir können deinen Unfall legal ausnutzen.« Mel stoppte für einen kurzen Augenblick. Seine Stimme klang gereizt. »Ich will keinen geklonten Körper. Es widert mich an.« Mel rollte weiter. »Außerdem wird Castello bald wieder hier auftauchen. Er war lange nicht mehr da. Wenn ich weg bin, wird er sofort auf deine Spur kommen. Castello verfügt über Netzwerk wie eine Armee und wird dich überall finden. Es wäre also nicht gut, wenn er von deinem Einsatz hier erfährt. Du musst so lange wie möglich unentdeckt bleiben.« Clark verzog das Gesicht. »Das wird schwierig werden, denn ich habe bereits meine Visitenkarte hinterlassen und das Tor 1 aufgebrochen. Andernfalls wäre ich hier nicht reingekommen.«

»Du machst mir mehr Probleme als ich schon habe.«

»Wo ist deine Tochter?«

»Egal, was passiert, das werde ich erst verraten, wenn mein Backup vernichtet ist. Wer verfügt jetzt über die Braincloner?«

»Immer noch das Elite Komitee. An dein Backup wird Castello vielleicht rankommen, aber nicht an die Braincloner. Diese Hürde will er gerade nehmen und der größte Widerstand kommt aus den eigenen Reihen.«

»Castello würde mich beliebig reanimieren können. Was ist mit Code5?«

»Immer noch auf dem Index. Backups dürfen nicht dupliziert werden. Wo und wann war dein letzter Backup, Mel?«

»Ich war auf der Iseris in einer Bot Kolonie, namens Positive Concept. Kurz vor meinem Unfall hat Castello mich zu einem außergewöhnlichen Backup geschickt.« Mels Stimme wurde flehend. »Du musst ihm zuvorkommen und mein Backup vernichten. Dann kann ich mich selbst zerstören und der Teufelskreis ist durchbrochen.«

Clark und Mel waren vor der Schleuse angekommen. Sie standen für einen Moment da und schwiegen. Clark versuchte, sich in die Lage von Mel zu versetzen. Diese lange grausame Einsamkeit, als eine Art Querschnittsgelähmter, dessen Sinne auf Hören, Sehen und Sprechen beschränkt waren. Mels Stimme wurde leise, zitterte. »Du musst jetzt verschwinden. Ich muss hier bleiben ... und bitte ... lass mir den Bot da.« Clark schluckte. »Ich weiß, du hast Angst. Aber Castello würde ihn sofort identifizieren. Er ist offiziell auf mich registriert. Er schadet dir nur. – Daisy, Normalstart vorbereiten.«

Clark betrat die Schleuse. Für einen Moment schaute er noch Mel in die Kameraaugen. »Clark, bitte hilf mir ... es ist unerträglich.« Das Schleusentor fuhr herunter und Clarks Schiff startete. Mel konnte es durch eine Scheibe als einen immer kleiner werdenden leuchtenden Punkt sehen, bis er ganz erlosch und für ihn wieder die totale Einsamkeit entflammte.

Iseris

Auch Clark schaute noch einmal unruhig zurück. Es dauerte nur ein paar Sekunden, und als von dem Koloss der Conestar 64 in der Dunkelheit des Weltalls nichts mehr zu sehen war, geriet Clark ins grübeln. Hätte er Mel nicht doch besser mitnehmen sollen? Bis Castello bemerkte, dass Mel weg war, hätte er einen erheblichen Vorsprung aufbauen können. Doch er kannte Mel zu gut und wusste, dass ein Sturkopf wie er nicht davon abzubringen wäre, seinen Entschluss zu ändern. Vielleicht war es sogar der richtige. Clark wartete bis zum verlassen der Identifikationszone bis er das Ziel angab.

»Daisy, unser Ziel ist die Iseris. Bot Kolonie Positive Konzept.«

»Negativ, die Kolonie Positiv Konzept gibt es nicht mehr. Die Iseris ist ein Format für Agrarwirtschaft und Wellness der Allsa-Gruppe.«

»Sie haben also schon angefangen, alle Spuren zu beseitigen und bauen den Formaten zum Wellnesspark um?«

»Negativ. Das Terraforming war bereits vor 140 Jahren mit einer Ecopoesis zur Agrarwirtschaft und Wellness angelegt. Die Botkolonie wurde nur vorübergehend genutzt, als die Ecopoesis noch nicht abgeschlossen war.«

»Dann haben die schon viel länger vorausgeplant als angenommen. Was befindet sich jetzt an der Stelle, wo früher die Kolonie war?«

»Ein Badesee.«

»Wie tief?«

»Er ist mit 10 Metern an der tiefsten Stelle angegeben. Ich messe aber 100 Meter.«

»Dann werde ich wohl auf Tauchstation gehen müssen.«

»Negativ. Wenn du in den Badesee eintauchst, wirst du sofort verhaftet und dein Schiff konfisziert. Es ist ein geschützter Bereich.«

»Das weiß ich auch. Ich dachte mehr an eine persönliche Freizeitgestaltung.«

Clark grinste. Immer wenn es für Allsa heikel wurde, verstand man es exzellent, kritische Zonen zu kaschieren. Damals war es für ihn das ganz normale Business gewesen. Doch jetzt hatte er das Bild von seinem hilflosen, gedemütigten Freund Mel vor Augen. Die Positive Concept in einem Badesee versenkt. Wellness. Dieser Zynismus passte zu Castello. Der Ort, an dem Mels grausames Schicksal begann, wird nun ausgerechnet von einem Wohlfühlparadies geschützt.

Als Clark aus seinem Dämmerschlaf erwachte, füllte die Iseris bereits die gesamte Frontscheibe. Es waren solche Momente, wo jeder ein hohes Maß an Ehrfurcht und Respekt verspürte über das, was der Mensch alles erschaffen hat. Formaten, diese künstlich angelegten Planeten, sind die größten Baustellen im Universum und wohl auch sein größtes Faszinosum. Ein Prozess, der drei bis vierhundert Jahre bis zur Formation braucht und noch einmal weitere hundert Jahre, bis eine stabile Atmosphäre herrscht, um dann langsam mit der Bewirtschaftung zu beginnen. Auch die Iseris war so eine planetarische Rohmasse. Aus der Ferne wirkte sie wie ein Wüstenplanet mit Masern. Diese Ecospots waren riesige Feuchtgebiete und über den ganzen Formaten verteilt, die mit Plankton und Bakterienkulturen jenen Prozess auslösten, der die Atmosphäre produzierte. Die Ecopoesis.

Clarks Ziel war an der Nordkappe platziert und von einem dünnen Wolkenband verhüllt. Er war beeindruckt, als er es durchstieß. Vor ihm erstreckte sich ein gigantisches Erholungsgebiet, mit wunderschönen Parks und einer farbenprächtigen Botanik. Nichts wirkte hier gedrungen. Die Hotel- und Veranstaltungsanlagen waren locker und unscheinbar verteilt. Das Herz bildete ein malerischer See in leuchtendem Türkis von 10 Kilometern Durchmesser. Am südlichen Ende lag die Rampe für die Raumschiffe und die Empfangshalle. Nie wäre es Clark in den Sinn gekommen, an einer solchen Massenveranstaltung teilzunehmen. Und es waren Massen, die im ständig pendelndem Verkehr an- und abreisten. Rund eine Millionen Menschen konnte das Gebiet aufnehmen, aber sie verloren sich in dem enormen Platzangebot. Das gesamte Wellnessgelände war eingezäunt. Umliegend befanden sich einige Siedlungen mit Service- und Produktionsanlagen für die Agrarwirtschaft.

Wie bei allen Formaten war Wasser das größte Problem. 95% der Iseris bestanden noch aus Wüste. Soweit es die Erschließung des Formaten zuließ, wurden riesige Felder angelegt. In den Wüstengebieten war die Luft noch so dünn, dass sich ein Mensch dort nicht lange aufhalten könnte. In tausend Jahren wäre die Ecopoesis so weit fortgeschritten, dass 30% des Formaten nutzbar wären, sollte die Atmosphäre nicht plötzlich kippen, wie bei anderen Formaten, die dann als Leichen durch das Weltall schwirrten. Im Extremfall blieben dann nur wenige Wochen, um einen ganzen Formaten zu evakuieren. Aber die Iseris schien gut zu gedeihen. Um die dunkel-grünen Ecospots bildeten sich immer breiter werdende hellgrüne Halos. Ein Zeichen, dass sich die Ecopoesis ausdehnte. Eine überfreundliche Stimme meldete sich per Intercom.  »Guten Tag. Wir möchten Clark auf Rampe 11 begrüßen.«

Natürlich war man immer bemüht, hochtechnische Anlagen unauffällig in das Landschaftsbild einzufügen. Doch was man hier auf dem riesigen An- und Abfluggelände kreiert hatte, war an Kitsch durch nichts zu überbieten. Das Servicepersonal flog mit großen, bunten Flügeln wie Schmetterlinge durch die Gegend und die Versorgungsfahrzeuge wirkten wie überdimensionales Kinderspielzeug. »Daisy, wir bleiben immer auf Intercom. Scan die Leute hier, vielleicht findest du etwas besonderes. Ich nehme den Bot mit.«

Clark war gelandet und verließ sein Schiff. Während er über die Rampe in Richtung Empfangshalle lief, säumte eine Schar junger Frauen und Männer seinen Weg. Alle von makellosem Antlitz, als wären sie aus einem alten Wachsfigurenkabinett entlaufen. »Clark, wir freuen uns, dass du hier bist. Clark, wir lieben dich«, riefen sie euphorisch und applaudierten. Dazu bunte Lichteffekte, eine dramatische Musik wie aus dem Opening eines alten Filmklassikers und es rieselten unaufhaltsam zarte Blüten vom Himmel. Clark fand diesen Zirkus nur peinlich. In der Empfangshalle angekommen, hörte er nur wenige Meter vor dem Rezeptionstresen über Lautsprecher seinen Namen. »Dr. Clark Seli Ashton, wir sind so glücklich, dich bei uns zu haben.« Spontan applaudierten zahlreiche anwesende Gäste.

»Hier gibt es wohl alles, außer Anonymität«, murmelte er vor sich hin, als er vor dem Tresen angekommen war. Jeder hatte dieses Dauergrinsen im Gesicht. Wer nicht auffallen wollte, musste fröhlich mitgrinsen. Clark versuchte es eine Weile und trug dabei einen Gesichtsausdruck, als hätte ihm jemand zwischen die Beine getreten und befohlen gleichzeitig zu lächeln. Natürlich fiel er auf. Nicht nur durch seinen unpassenden Gesichtsausdruck, sondern auch weil er seinen Bot mitgenommen hatte. Ihm gegenüber stand eine routinierte Dame, die nicht nur seinen auffallenden Gesichtsausdruck elegant überspielte, sondern ihn mit gleichbleibender Professionalität abfertigte, als wäre er der einzige Gast hier und die Anlage nur für ihn gebaut.

»Willkommen Clark, ich bin Cora.«

Sie ließ sich auch nichts anmerken, als Clark sie einen Moment mit durchdringendem Blick musterte. Sie war schon etwas reiferen Alters und wohl diverse Male runderneuert. In ihrer Gesichtspartie strahlten zwei makellos weiß-blau leuchtende Augen, die nicht zum Rest passten und wohl vor einigen Monaten ausgetauscht wurden. Ein typisches Allsa-Modell. Während im Hintergrund die Durchsagen liefen, wie viele tausend Gäste gerade auf der Iseris wieder an- und abreisten, sich Scharen von Menschen wie Ameisenpfade vor den Check Ins anhäuften, waren Coras Bewegungen und Gesten von einer Gelassenheit, als wäre er in einem Meditationstempel angekommen. Clark konnte von seinem verkrampften Gesichtsausdruck nicht ablassen. Wo er hier doch wie ein kleiner Gott gefeiert wurde, denn schließlich ist er ja Semi Elite.

Cora war zweifelsfrei auch Semi Elite, wenn nicht sogar Elite, nur würde dies ein Gast niemals erfahren. Clark bemerkte, dass er mit seinem Auftreten gepatzt hatte und ganz offensichtlich nicht den typischen Urlauber gab. Es wäre zu spät gewesen, den Kurs noch schnell zu korrigieren, also beließ er es bei einem schlechten Laune Muffel, der nicht weiß, wie schön Urlaub auf der Iseris ist und der eine Allsa-Wellness-Anlage als groß angelegte Volksverdummung sieht. Als Semi Elite hatte er ein Recht auf eine solche Arroganz. Das machte ihn eher wieder glaubwürdig. Cora schien darauf einzugehen und versuchte, ihn aufzumuntern.

»Clark, für die Semi Elite haben wir ein ganz besonderes Programm mit ...«. Clark unterbrach.

»Nein, ich möchte meinen Urlaub individuell gestalten, ohne von deinen Animatoren genervt zu werden.«

»Natürlich, du kannst dich völlig unabhängig und unkontrolliert hier bewegen.«

»Gibt es ein Tauch Programm?«

Cora zuckte ganz kurz mit den Augen.

»Nein, Tauchen ist aus Sicherheitsgründen hier nicht gestattet, aber du kannst …«, wieder unterbrach Clark.

»Wo der See doch hundert Meter tief ist.«

Nun wurde Cora doch ein wenig nervös und sprudelte unermüdlich über die Schönheit des Sees. Das man nach zwanzig Metern noch stehen kann, der Quarzsand höchster Güte ist, für Kinder künstliche Delphine schwimmen und nachts die Leuchtkarpfen ein wunderschönes Farbenspiel bieten. Die Sache mit der ungewöhnlichen Tiefe war für sie schnell erledigt. »Der See wird in der Winterpause auf 10 Meter aufgefüllt, dann bleibt das Wasser auch länger warm.« Clark hatte sich mit seiner Tiefenangabe als Schnüffler geoutet, aber das war ihm egal, denn es würde ohnehin nur eine Frage der Zeit sein, bis Castello ihn aufgespürt hätte. Solange sollte Cora noch rätseln, wer er war. Dafür hatte er jetzt die Bestätigung, dass er mit dem See zweifelsfrei den wunden Punkt getroffen hatte. Nur würde jemand, der darin rumschnüffeln wollte, dies wohl nicht gleich so offenkundig an der Rezeption mitteilen. Es war Clark gelungen, Cora aus dem Konzept zu bringen. Ein Controller von Allsa? Ein wichtiger Teilhaber? Eine verdeckte Sicherheitskontrolle?

»Wie lange möchtest du bleiben?« fragte Cora.

»Weiß ich noch nicht«, frotzelte Clark.

»Nun, dann werde ich dich erst einmal für eine Woche einbuchen. Du kannst jederzeit verlängern, wenn dir das Allsa Wellness Programm gefällt.«

»Oh, ganz bestimmt. Ich finde Allsa klasse«, provozierte er laut-stark.

»Clark, wir finden dich auch klasse«, tönte es mit tosendem Applaus aus den Lautsprechern durch die Halle. »Ich dachte, ich bin hier völlig unkontrolliert?« Clark und Cora grinsten sich nun an, als würden zwei Kollegen sich über Interna lustig machen. Irgendwie empfand sie für ihn Sympathie. »Hier ist dein Chip. Suite 4031 im Westflügel.«

Kaum hatte er nach dem Chip gegriffen, als plötzlich neben ihm, mit einer kleinen Melodie, eine 3D-Holographie in Gestalt eines vor Glückseligkeit nur so strotzenden jungen Mannes erschien. »Hallo Clark, ich bin Ronald, dein persönlicher Prominator. Du hast soeben 800 Bonus Punkte beim Allsa-Bonus-Programm erhalten.« Clark riss die Mundwinkel bis zu den Ohren hoch, ließ seine weißen Zähne blitzen und machte ein Gesicht, als würde er Cora jetzt etwas Liebes sagen wollen.

»Kann man dieses Scheißding auch abstellen?«

»Entschuldigung, Clark, aber ich hatte dich so verstanden, dass du als Elite anonym bleiben möchtest. Ich nehme dich aus dem Animationsprogramm raus, wenn du möchtest.«

Da hatte sie wohl recht. Die Elite erkannte man meistens daran, dass sie eben nicht ständig von diesen virtuellen Werbefiguren behelligt wurde. Noch einmal schauten sich die beiden mit der gleichen Frage im Kopf an. Wer bist du?

Clark bewegte sich in Richtung Haupteingang und dachte, »Jetzt springst du zu dem Schwarm Fische ins Aquarium.« Er schaute sich eine Weile um, blickte verschiedene Gäste an und versuchte, ihr penetrantes lächeln zu kopieren. Es gelang ihm bis zum Haupteingang, als eine Diskussion mit einem Betreuer begann.

»Deinen Bot musst du hier leider abgeben.«

»Nein, ich brauche ihn«, muffelte Clark.

»Tut mir leid, aber Bots sind grundsätzlich im Wellness-Bereich verboten. Außerdem wird er von uns zwischenzeitlich gewartet. Den Code für deinen Bot, bitte.«

Clark wurde aggressiv. Sein Bot war ihm heilig.

»Er war gerade erst zur Wartung.«

»Die Wartung ist kostenlos.«

»Er braucht keine Wartung.«

Clark wurde immer aggressiver und lauter. Einige Leute schauten ihn schon entsetzt an.

»Gut, dann bleibt er hier in deinem Schließfach.«

»Nein, ich schicke ihn zum Schiff zurück.«

»Wie du meinst, gute Erholung.«

Cora beobachtete die Szene aus der Ferne und warf dem Betreuer nun einen scharfen Blick zu. Clarks Bot schwebte in Richtung Raumschiff und der Betreuer grübelte, was er in dieser Situation wohl falsch gemacht haben könnte. Kaum war Clark auf dem Wellness Gelände verschwunden, da stürzte Cora zur Intercom. Ihre Gesichtszüge verwandelten sich, als wäre sie eine andere Person geworden.

»Scott, ich habe hier eben einen seltsamen Gast eingecheckt.«

»Dr. Clark Seli Ashton? Der ist Designer bei Clonedake und wahrscheinlich frustriert, weil er bald arbeitslos ist. Seinen Seli-Titel ist er wohl auch bald los.«

»Er hat sich sehr für den Badesee interessiert.«

»Ich werde ihn im Auge behalten.«

Jasper van Dyke

Clark hatte in einer Bar Platz genommen und sich einen Iseris Tropical bestellt. Das Getränk war schnell gewählt. Lediglich das Glas in dem es serviert werden sollte, artete in ein Beratungsgespräch durch den Kellner aus und brachte Clark wieder zur Weißglut. Dieser Schwarm Fische lebt in einer Welt von zwanghaften Lebensverbesserern und es gab nicht einen Teller oder ein Glas mit der ursprünglichen Funktion eines simplen Behälters. Für den Ernährungsbewussten zeigte der Tellerrand jeweils den Nährwert an, dazu praktische Tipps, in Form von kleinen Spots, die auf dem Teller abliefen. Lehrreich, unterhaltsam, spannend. Der absolute Hit war ein Glas, das die Viskosität einiger Drinks veränderte, je nachdem, an welcher Stelle man es gerade anfasste. Aber das Modell Selbstfindung sei zweifelsfrei die beste Wahl, war der Kellner überzeugt. Clark dachte an die Abteilung bei Allsa, die mit gut tausend Designern nur mit der Schöpfung neuer Geschmacksrichtungen beschäftigt war. »Der passende Behälter für dieses Zeug wäre ein Reagenzglas«, raunte er den Kellner an, »aber bring mir mal ruhig die Selbstfindung.« Kaum war das Glas serviert, ertönte neben Clark die kleine Melodie und Ronald erschien, Clarks persönlicher Prominator. »Glückwunsch, für diesen herrlichen Iseris Tropical schreibt dir Allsa 10 Bonuspunkte gut.« Diesmal musste Clark laut lachen. Ihm fiel die Parodie ein, die sie mal bei Clonedake auf den Allsa Prominator geschaffen hatten und dem man eine reinhauen konnte, bis dieser sich dann vor Schmerzen krümmte. Plötzlich meldete sich Daisy über Intercom. »Clark, eben ist ein Versorgungsschiff gelandet und ein älterer Mann mit weißen Haaren ausgestiegen. Ich kann ihn aber nicht zuordnen.«

»Na, vielleicht kann ich das ja. Ich schau mal, ob ich ihn finde.«

Gerade wollte er aufstehen und zurück in die Empfangshalle gehen, um nach diesem Mann zu suchen, als dieser die Bar betrat und ein paar Tische weiter Platz nahm. Der Blickkontakt war schnell hergestellt. Clark nahm sein Glas in die Hand, stand auf und ging zu ihm rüber. »Darf ich mich zu dir setzen?« Der Mann nickte stumm und machte ein skeptisches Gesicht, blieb jedoch freundlich.

»Jasper van Dyke.«

»Angenehm, Clark.«

»Mal richtig ausspannen und relaxen?«

»Ja, Selbstfindung«, schmunzelte Clark und schaute auf die kitschigen Animationen, die auf seinem Glas abliefen.

»Ja, Selbstfindung mit Allsa, dein Lebenselixier« erwiderte Jasper zynisch und runzelte die Stirn. Die beiden waren offensichtlich auf einer Wellenlänge. »Bist du allein hier?«, fragte Jasper. »Nein, Daisy ist noch bei mir. Aber man hat sie nicht reingelassen. Sie macht sich auch nicht viel aus Wellness.« Jasper verstand, was gemeint war, beugte sich nach vorn, machte ein ernstes Gesicht und sprach mit leiser Stimme. »Hast du deinen Bot etwa abgegeben? Mach das nie. Meinen kriegen sie auch nicht. Hast du ein Klasse1 Modell? Behalte es. Sie sind schwer kontrollierbar. Du wirst ausgetrickst, hörst du? Sie sammeln sie ein und wollen sie angeblich warten. Dann erzählen sie dir was von Sicherheitsmängeln und geben dir kostenlos ein neues Allsa-Modell. Ich traue den Dingern nicht. Ich traue überhaupt nichts mehr, was von denen kommt.« Clark schüttelte den Kopf und lächelte. »Nein, ich habe ihn in meinem Schiff gelassen.« Jasper zuckte zusammen.

»Du hast ein Schiff? Bist du Elite? Allsa? Habe ich mir jetzt Ärger eingefangen?«

»Nein, hast du nicht«, beschwichtigte Clark, »warum bist du hier?«

»Das gleiche wollte ich dich auch gerade fragen.«

Clark stütze die Ellenbogen auf den Tisch, faltete seine Hände zusammen und legte sein Kinn darauf. Er spürte, dass Jasper etwas über die Ereignisse auf der Iseris wusste und starrte ihn mit einem eingefrorenen lächeln in die Augen. »Ich bin auf Empfehlung eines alten Freundes hier und wollte eigentlich einen Tauchkurs im Badesee machen.« Jasper räusperte, beugte sich näher an Clark und nuschelte fast flüsternd einen Satz, den er gerade noch verstehen konnte. »Du hast da eben ein paar Begriffe genannt, mit Badesee und Tauchen.«

»Na und?« Jasper ließ sich in seinen Sessel zurückfallen, schaute in den Saal hinein und erhob seine Stimme. »Weil ich mit dem Allsa-Wellness-Programm sehr unzufrieden bin.« Aus den Lautsprechern ertönten plötzlich lautstark die Stimmen einer Menschenmenge mit einem fast weinerlichen »Ooh«, gefolgt von einer sanften aber eindringlichen Frauenstimme. »Jasper, alle deine Freunde hier auf der Iseris werden jetzt darüber nachdenken, wie wir dir den Aufenthalt verbessern können. Bedenke, wie traurig deine Allsa-Freunde werden, wenn sie wissen, dass du dich  auf der Iseris nicht wohl fühlst.« Dann ertönte die bekannte kleine Melodie und Ronald erschien neben Jasper. »Hallo Jasper, Ronald, dein persönlicher Prominator, wird dir in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit schenken. Als kleine Entschädigung für deine Unzufriedenheit schreibt dir die Allsa-Gruppe 50 Bonuspunkte gut.« Clark spielte das Spiel demonstrativ und laut mit. »Verstehe, vielleicht sollten wir irgendwo hingehen und an einem Allsa-Programm teilnehmen, das uns besser gefällt?« Jasper lächelte. »Ja, komm mit, wir gehen in das Casino.«

Dr. Broke Eli Castello

    In seinem Gesicht stand dieses dauerhaft süffisante und selbstgefällige Grinsen, das so typisch für ihn war. Auf seinem kahlgeschorenen Schädel reflektierten die Bordlichter seines Cockpits. Als er die Silhouetten der Conestar 64 erkannte, regte sich in ihm eine Freude, als würde er mit drei geklonten Weltraumköniginnen zum Wochenende einchecken. Doch kaum hatte ihn das Stationssystem identifiziert, kam eine Meldung, die ihn verwirrte. »Die Conestar 64 begrüßt Dr. Broke Eli Castello. Landung in Schleuse 3. Tor 1 ist defekt.« Castello brauste auf. 

  »Wieso ist das defekt? Tor 1 bitte auf den Schirm.«

  »Tor 1 ist gesprengt worden«, antwortete sein Bordsystem. Er wurde nervös. 

  »Jemand war hier. Gibt es Aufzeichnungen?«

  »Negativ, im Stand By Modus wird nichts mehr protokolliert.«

  »Ich hätte die Station wieder ganz hochfahren sollen.«

  »Dann hätte sie hier jeder orten können. Offiziell gibt es sie nicht mehr.«

  »Für irgendjemanden hat es sie wohl doch noch gegeben und ich habe auch schon eine leise Ahnung, für wen.« Gefolgt von sechs Bots marschierte Castello wie ein Feldherr durch die Fertigungshallen der Conestar 64. »Mel, bitte erspare mir diesmal das Versteckspiel und komm raus. Ich muss dich sonst wieder bestrafen.« Mel beugte sich seinem Schicksal und rollte direkt vor Castello. »Was ist?«, fragte er verächtlich. Castello schlug einen Tonfall an, als würde er gerade seinen kleinen Enkel besuchen. 

  »Ja, freust du dich denn gar nicht mich zu sehen? Wo es doch hier so einsam ist und man sich über jeden Besuch freut.«

  »Was willst du von mir? Ich habe dir doch gesagt, ich weiß nicht wo meine Tochter ist.«