Codename E.L.I.A.S. - Spur aus dem Nichts - Mila Roth - E-Book

Codename E.L.I.A.S. - Spur aus dem Nichts E-Book

Mila Roth

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Beschreibung

Nach wie vor ohne Identität, Job und Geld, ist der ehemalige C.I.A.-Spion Michael Cavenaugh in seiner Heimatstadt Los Angeles gestrandet. Bis auf die mysteriöse Botschaft von E.L.I.A.S. auf einer Visitenkarte gibt es keinerlei Anhaltspunkte, wer Michaels Leben zerstören will. Um sich über Wasser zu halten, erklärt er sich bereit, der jungen Tricia Bloomberg zu helfen, die, ohne es zu wollen, in das Netz ihres kriminellen Arbeitgebers verstrickt worden ist. Michael und seine beiden noch verbliebenen Freunde Luke Tanner und Brianna Wagner versuchen gemeinsam, dessen Machenschaften aufzudecken, müssen aber bald erkennen, dass sie sich damit in höchste Gefahr begeben. Während die drei versuchen, ihr Leben und das von Tricia zu retten, taucht bei Michael ein Mann aus seiner Vergangenheit auf, der ihn auf eine Spur führt, die aus dem Nichts zu kommen scheint. Um ihr zu folgen, muss Michael sich entscheiden, ob er auf ein Angebot eingehen soll, das seine Identität unwiderruflich und für immer auslöschen könnte. Band 2 der Action-Thrillerserie Codename E.L.I.A.S.

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Table of Contents

Buchtitel

Impressum

Personenverzeichnis

Was zuvor geschah ...

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Über Mila Roth

Danke

Mila Roth

 

Codename E.L.I.A.S.

Spur aus dem Nichts

 

Band 2

Impressum

 

Deutsche Erstausgabe

2. Auflage, Oktober 2020

Copyright © 2017 by Mila Roth

Herausgeberin: Petra Schier, Lerchenweg 6, 53506 Heckenbach

Cover-Design: Judith Kühl

Cover-Abbildungen:

#60454691 - Downtown Los Angeles, California Cityscape © SeanPavonePhoto www.fotolia.de

#40232845 silhouette man portrait with gun © snaptitude www.fotolia.de

#48262832 sexy detective woman holding aiming gun silhouette © snaptitude www.fotolia.de

Lektorat: Barbara Lauer

ISBN 978-3-96711-043-2

 

Alle Rechte vorbehalten.

Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin möglich.

 

Die Personen und Handlungen im vorliegenden Werk sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Personenverzeichnis

 

 

Hauptpersonen

 

Michael Cavenaugh: Spion für die CIA

 

Brianna Wagner: Michaels Ex-Freundin, Hehlerin

 

Luke Tanner: Ehemaliges Mitglied der Special Forces, Kopfgeldjäger

 

 

Michaels Familie

 

Helen Cavenaugh: Michaels Mutter

 

Joe Cavenaugh: Michaels Vater

 

Daniel Cavenaugh: Michaels jüngerer Bruder

 

 

Briannas Familie

 

Conrad Wagner: Briannas Vater

 

James (Jim) Wagner: Briannas Großvater

 

Matt Wagner: Briannas älterer Bruder

 

 

Sonstige Personen (alphabetisch)

 

Axel Bloomberg: Automechaniker

 

Tricia Bloomberg: Axels Schwester

 

Harvey Callahan: Michaels früherer Partner bei der CIA

 

Milan Hovkovicz: Tricias Arbeitgeber

 

Tylor McKenzie: Besitzer einer Autowerkstatt in Boyle Heights

 

Benson Wainwright: Geschäftsmann, Mafioso

 

Gwyneth Wainwright: Bensons Schwester

Was zuvor geschah ...

 

»Hier spricht Michael Cavenaugh. Stellen Sie mich bitte zu Jake Middleton durch.«

»Michael wer?«

»Cavenaugh. Ich muss dringend mit Middleton sprechen. Mein letzter Einsatz ist etwas aus dem Ruder gelaufen, und jemand hat ...«

»Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Sie müssen falsch verbunden sein.«

»Falsch ver... Was?« Er zog die Stirn in tiefe Falten. »Natürlich kennen Sie mich. Kommen Sie, wie oft war ich schon in Middletons Büro? Nun holen Sie ihn mir bitte ans Telefon.«

»Sie sind wirklich falsch verbunden. Hier gibt es keinen Mitarbeiter namens Middleton.«

»Natürlich gibt es den. Er ist seit sechs Jahren mein Kontaktmann und Vorgesetzter.«

»Es muss sich um eine Verwechslung handeln.«

Michaels Kehle schnürte sich zu. »Überprüfen Sie meinen Sicherheitsstatus: Alpha-Delta-1-3-6-5-1. Michael Cavenaugh. Mit C.«

Im Hintergrund hörte er eine Tastatur klappern. »Es tut mir leid, dieser Sicherheitscode existiert nicht. Auf Wiederhören.«

»Nein, nicht aufl...! Mist.« Zornig starrte Michael das Handy an, wählte die Nummer erneut. Diesmal klingelte es nicht, sondern eine Computerstimme verkündete, dass die gewählte Nummer nicht vergeben sei.

Brianna sah ihn kurz von der Seite an. »Hast du dir in Langley Feinde gemacht?«

Er klemmte das Handy zurück in die Halterung und legte ratlos den Kopf in den Nacken. »Sieht fast so aus. Ich habe allerdings keine Ahnung, womit.«

»Muss aber eine größere Sache sein, wenn sie dich anscheinend nicht mal mehr kennen.«

Brianna hatte recht. Das war kein simpler Computerfehler. Jemand schien zu versuchen, ihn auszuschalten.

Als sie das Motel erreichten, stieg er umgehend aus dem Wagen. Brianna tat es ihm gleich und wollte ihm zu seinem Zimmer folgen, doch er hielt sie zurück. »Fahr nach Hause, Bri. Ich muss erst mal herausfinden, was hier vorgeht.«

»Ich könnte dir dabei Gesellschaft leisten.«

»Nicht jetzt. Du weißt selbst, dass es hier um Geheimnisse geht, die ich nicht mit dir teilen kann.«

»Kannst oder willst?« Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

»Im Augenblick beides.«

»Wenigstens bist du ehrlich.« Sie presste kurz die Lippen zusammen. »Auf Wiedersehen, Michael.« Sie stieg wieder ein, die Fahrertür knallte zu. Mit zu viel Gas und quietschenden Reifen fuhr sie davon.

Michael blickte ihr nach, bis sie um eine Ecke bog. »Wunderbar.« Er rieb sich resigniert übers Gesicht. Bri hatte sich nicht verändert – und er hatte es wieder einmal in Sekundenschnelle geschafft, sie gegen sich aufzubringen. Ganz wie in alten Zeiten.

 

Ж Ж Ж

 

»Mike?« Luke war an die Balkontür getreten und blickte angestrengt nach draußen. »Kann es sein, dass da ein Typ in einem grauen Sedan sitzt und das Loft beobachtet?«

»In einem grauen Sedan?« Nun trat auch Brianna an die Glastür. »Gehört der vielleicht zu dem unbekannten Kettenraucher von neulich nachts?«

Michael gesellte sich zu den beiden. Seit jenem Abend hatte er den Wagen nicht mehr gesehen. »Das werden wir gleich herausfinden.« Er zog seine Waffe, prüfte gewohnheitsmäßig das Magazin und war bereits auf dem Weg nach draußen. »Gebt mir Deckung!« So schnell er konnte, lief er die Stufen vor seiner Eingangstür hinab und rannte auf den Parkplatz zu. Der Motor des Sedans sprang an, der Wagen setzte zurück. Im selben Augenblick knallte ein Schuss. Die Kugel hatte den linken Vorderreifen getroffen. Dennoch fuhr der Sedan weiter schlingernd rückwärts. Hinter sich hörte Michael Lukes Schritte, dann auch die von Brianna. Er blieb stehen, zielte auf den Sedan und schoss auf den Kühlergrill. Er wollte den Fahrer nicht umbringen, sondern lediglich aufhalten.

Der Wagen hielt an, der Motor erstarb. Der Mann, der ausstieg, war groß, blond und athletisch gebaut. Und er war schnell. Michael hielt sich selbst für fit und gut trainiert, doch mit diesem Kerl konnte er nicht mithalten. Der rannte wie der Leibhaftige und verschwand kurz darauf um eine Hausecke. Als Michael sie erreichte, war von dem Mann nichts mehr zu sehen.

»Verdammt!« Wütend schlug er mit der rechten Faust in seine linke Handfläche.

»Wo ist er hin?« Brianna und Luke schlossen zu ihm auf.

»Keine Ahnung. Er ist weg.« Achselzuckend machte Michael sich auf den Rückweg.

»Vielleicht finden wir einen Hinweis in seinem Auto.« Brianna beschleunigte ihren Schritt.

Als sie den Parkplatz erreichten, war der graue Sedan verschwunden.

»Das gibt’s doch nicht.« Luke blickte sich verblüfft um. »Wollen die uns verscheißern?«

Michaels Blick fiel auf ein kleines, weißes Kärtchen am Boden. »Nein, ich glaube, das wollen sie nicht.« Er hob es vorsichtig auf.

»Was ist das?« Neugierig trat Brianna näher.

Michael drehte die Karte zwischen den Fingern. Auf der Vorderseite stand in einfachen schwarzen Lettern:

 

E.L.I.A.S.

 

Auf der Rückseite hatte jemand handschriftlich notiert:

 

Wir sehen uns.

 

Brianna nahm ihm die Karte aus der Hand, studierte sie eingehend. Dann reichte sie sie an Luke weiter. »Wer oder was ist Elias?«

Michael nahm die Karte wieder an sich und sah sich nach allen Seiten um. Außer ihnen war weit und breit niemand zu sehen. »Ich habe keine Ahnung.«

1. Kapitel

 

In der einen Hand eine Tüte mit Lebensmitteln, in der anderen einen nagelneuen Werkzeugkoffer stieg Michael Cavenaugh die Stufen zum Eingang seines Lofts über einer Lagerhalle in der South Mission Road hinauf. In zwei Tagen war Weihnachten, deshalb hatte er ärgerlich lange an der Kasse des Supermarkts warten müssen und dann noch einmal so lange im Baumarkt. Die Einkäufe waren jedoch wichtig gewesen, denn erstens wollte er über Weihnachten nicht verhungern und zweitens musste er unbedingt ein paar Reparaturen durchführen, was aber ohne Werkzeug nicht möglich war. Das Loft war schon seit Jahren nicht mehr bewohnt worden und entsprechend heruntergekommen sah es aus.

Schon auf den letzten beiden Stufen der Stahltreppe sah er, dass die Tür nicht verschlossen war und sogar einen Spalt weit offenstand. Michael hielt inne, stellte seine Einkäufe vorsichtig ab und lauschte. Es war kein Geräusch aus dem Loft zu vernehmen, was die Alarmglocken in seinem Kopf nur noch lauter schrillen ließ. Er griff nach seiner Para Ordnance, Kaliber 45, die er im hinteren Hosenbund unter seinem grauen Jackett verborgen trug. So leise wie möglich entsicherte er sie, dann stieß er die Wohnungstür sachte auf, lauschte wieder.

Die Waffe fest in beiden Händen, betrat er das Loft und sah sich um. Ein offener, rechteckiger Raum von gut zweihundert Quadratmeter Grundfläche mit Fensterfronten auf beiden Längsseiten lag vor ihm. Zwei eckige Stahlbetonsäulen stützten das Dach und bildeten einen Durchgang, der den Raum optisch in zwei Hälften teilte. Die wenigen Einrichtungsstücke, die Michael bisher besaß, standen in der Mitte des Raumes und waren mit einer großen, durchsichtigen Plastikplane abgedeckt – ein paar alte Schränke und Regale, ein Ess- und ein Couchtisch, sechs zusammengewürfelte Stühle, von denen zwei erheblich wackelten, zwei leicht durchgesessene Sessel und ein ebenfalls schon recht abgenutztes Sofa sowie eine komplette, wenn auch mindestens zwanzig Jahre alte Küchenzeile aus an den Ecken abblätterndem Furnierholz mit den passenden, ebenfalls nicht mehr ganz jungen Elektrogeräten. An einigen Stellen verunzierten Graffiti die Wände. Eine doppelflügelige Glastür, ein Stück neben dem Eingang, führte auf einen stählernen Balkon.

Michael warf einen kurzen Blick hinaus, doch die Balkontür war fest verschlossen. Dort konnte sich niemand verbergen. Auch hinter oder zwischen den Möbeln befand sich niemand. Also stieg er lautlos die Stufen der Stahltreppe hinauf, die zu der großen Galerie führten, auf der sich sein Bett und ein Kleiderschrank ohne Tür befanden. Letztere lehnte noch an der Wand, weil beim Abbau und Transport die Scharniere herausgebrochen waren. Das Bett war groß genug für zwei Personen. Offenbar hatten die Brüder Marco und Ramón Santos gemeinsam darin geschlafen, denn das einzelne Bett in Ramóns Zimmerchen hatten sie ohne Matratze vorgefunden und zurückgelassen. Das Doppelbett, für das Michael in einem Restpostenmarkt eine olivfarbene Tagesdecke gekauft hatte, damit er wenigstens tagsüber nicht die schreiend bunte Bettwäsche mit Motorradmotiven sehen musste, hätte ein gutes Versteck bieten können, doch ein Blick darunter verriet Michael, dass sich kein Eindringling hier oben verbarg.

Ein leises Klappern erregte Michaels Aufmerksamkeit, also stieg er die Stufen wieder hinab und umrundete die fast drei Meter hohe Mauer, auf der die Galerie ruhte. Dahinter befanden sich ein Abstellraum und das Badezimmer. Die kleine Kammer war dunkel und leer, doch aus dem Bad war nun erneut ein deutliches Klappern zu vernehmen. Michael spannte jeden Muskel im Körper an, dann stieß er die Tür auf und betrat, die Waffe vorgestreckt, den Raum.

Ein leicht korpulenter blonder Mann und ein halbwüchsiger Junge, beide in Overalls mit dem Aufdruck Monty’s Plumbing, fuhren zu ihm herum und starrten ihn erschrocken an. Langsam hoben sie die Hände.

Michael runzelte die Stirn und ließ die Waffe sinken. »Wie sind Sie hier hereingekommen?«

»Entschuldigen Sie, Sie sind Mr. Cavenaugh, nicht wahr?« Der Ältere ließ sichtlich erleichtert die Hände sinken, behielt die Waffe jedoch im Auge. »Ich bin Harold Monty und das ist mein Sohn Tim. Tylor von der Werkstatt gegenüber hat uns hergeschickt, damit wir uns Ihre sanitären Anlagen mal ansehen. Ihre Freundin hat uns vorhin geöffnet. Sie musste aber wohl noch mal kurz weg, also ...«

»Brianna war hier?« Die Furchen auf Michaels Stirn vertieften sich noch eine Spur. Er konnte sich nicht erinnern, ihr einen Schlüssel zu seiner Wohnung gegeben zu haben. Also war sie eingebrochen. Was sonst.

»Sie hat sich uns nicht vorgestellt. So eine kleine Schlanke mit hellbraunen Haaren. Ziemlich sexy.«

Michael nickte leicht. »Brianna. Und Sie sind also der Klempner, von dem Tylor gesprochen hat.«

»Eigentlich hätte ich vor Weihnachten keine Zeit mehr gehabt herzukommen, aber Tylor sagte, er schuldet Ihnen was und es wäre wichtig. Na ja, so wie es hier aussieht, ist das noch untertrieben. Meiner Meinung nach gehört hier alles rausgerissen, inklusive der Fliesen.«

Michael nickte zustimmend. »Das sehe ich genauso. «

Die Miene des Klempners hellte sich auf. »Sie wünschen also eine komplette Neuinstallation des Badezimmers?«

Michael schüttelte den Kopf. »Nein. Bauen sie eine neue Toilette ein und kümmern Sie sich um die Dusche und das Waschbecken. Da müssen neue Armaturen eingebaut werden. Alles andere bleibt, wie es ist.«

Harold Montys Miene blieb gleichbleibend freundlich, doch ihm war die Enttäuschung deutlich anzusehen. »Ich werde Ihnen einen Kostenvoranschlag zukommen lassen. Gleich morgen.«

Inzwischen hatte Michael seine Pistole wieder gesichert und zurück in den Hosenbund geschoben. »Sind Sie hier fertig oder brauchen Sie noch etwas Zeit?«

»Wir haben alles ausgemessen, notiert und Fotos gemacht, also sind wir hier fertig, Mr. Cavenaugh.« Harold Monty sah ihn neugierig und zugleich wachsam an. »Ein schönes Loft hat Tylor Ihnen hier vermietet, das muss ich schon sagen. Es wundert mich, dass er es so lange leerstehen ließ.«

»Ja, mich auch.« Michael trat zur Seite und ließ Harold und Tim voraus zum Ausgang gehen. Nachdem sie sich verabschiedet hatten, wollte er gerade die Tür schließen, als er Briannas dunkelrote Limousine der Marke Kia vorfahren sah. Sie hielt direkt neben dem Aufgang.

Er schnappte sich seine Einkäufe und trug sie ans hintere Ende des Lofts, wo sich in Kürze die Küche befinden würde. Momentan stand dort nur eine große weiße, zweiflügelige Kühl- und Gefrierkombination frei im Raum. Während er Milch, Joghurt, Käse und Gemüse auspackte und im Kühlschrank verstaute, hörte er Brianna hereinkommen.

»Da bist du ja, Michael. Ich hatte mich schon gewundert, wo du so früh morgens steckst. Weihnachtseinkäufe?«

»Supermarkt.« Er drehte sich zu ihr um und musterte sie gereizt. In ihrem hautengen schwarzen Hosenanzug wirkte sie tatsächlich verboten sexy. Sie war nur 1,62 Meter groß, kompensierte dies aber mit Plateauschuhen, deren Absätze ihm Schwindelgefühle verursachten. Ihre zierliche, durchtrainierte Gestalt vibrierte wie immer vor Energie. »Du bist hier eingebrochen, Bri.«

Sie zuckte mit den Achseln und stellte eine giftgrün bedruckte Papiertüte auf den mit Folie bedeckten Tisch in der Raummitte. »Tu nicht so, als würde dich das überraschen. Abgesehen davon ist das Schloss an deiner Tür ein Witz. Jedes Kleinkind kann es mit einem Dietrich öffnen.«

Er verdrehte die Augen. Eine Diskussion, das wusste er aus Erfahrung, würde überhaupt nichts bringen.

»Ich habe uns etwas zu essen mitgebracht. In Nico’s DeliDiner zwei Straßen weiter gibt es ausgezeichnete Salate. Ich habe uns den mit Thunfisch ausgesucht und Luke auch gleich einen mitgebracht.«

»Du hast an Luke gedacht? Seit wann seid ihr Freunde?«

»Sind wir nicht, Gott bewahre, aber er ist mit leerem Magen noch weniger zu ertragen als satt.«

Lukas Tanner war ein alter Freund und Kollege von Michael; ein Sonnyboy, ständig auf der Suche nach anregender weiblicher Gesellschaft. Zumindest tat er meistens so. Wenn er sich eine Dame seines Herzens ausgesucht hatte, blieb er für eine Weile bei ihr und amüsierte sich nicht nebenher noch anderweitig. Als ehemaliger Special Forces-Mann war er auch mit siebenundvierzig noch sportlich gebaut und mit seinen hellbraunen Locken und dem gleichmäßigen Gesicht samt gepflegtem Dreitagebart durchaus attraktiv. Die Frauen flogen auf ihn und Michael gönnte es ihm. Dass Luke vor sieben Jahren bei einem Einsatz in Afghanistan durch eine Granate den Großteil seines linken Fußes verloren hatte, bemerkte man so gut wie gar nicht, denn seine Unfallversicherung hatte ihm eine der besten Fußprothesen finanziert, die es derzeit gab. Seit diesem Unfall lebte er als Veteran auf Kosten des Staates. Wenn ihm das Geld ausging, betätigte er sich als Kopfgeldjäger. Im Augenblick jedoch versuchte er herauszufinden, wer hinter Michaels vollständigem Identitätsverlust steckte. Mit Brianna war er noch nie gut ausgekommen, denn ihre Tätigkeit als Hehlerin widersprach sämtlichen seiner Grundsätze.

Brianna hob drei Styroporboxen mit dem Salat aus der Tüte, legte Plastikbesteck dazu und zog dann drei Stühle unter der Folienabdeckung hervor. »Es wird Zeit, dass das Loft ein bisschen wohnlicher wird.«

»Ich will hier keine Wurzeln schlagen, Bri.«

»Da Marco und Ramón dir ihre Möbel überlassen haben, kannst du sie auch aufstellen, finde ich.«

»Erst mal müssen ein paar Reparaturen ausgeführt werden, das weißt du genau. Du hast den Klempner hier alleingelassen. Hältst du das für sicher?«

Sie lächelte ihr katzenhaftes Lächeln. »Harold und seinen Sohn Tim? Die sind wirklich nett, findest du nicht?«

»Zukünftig lässt du keine Fremden alleine hier.«

»Glaubst du etwa, sie hätten dich ausgeraubt?« Vielsagend ließ sie den Blick über das trotz der abgedeckten Möbel kahle Loft schweifen.

»Das nächste Mal ist es vielleicht nicht der Klempner, sondern ein verkleideter Killer.«

Sie lachte. »Den hätte ich sofort erkannt.«

Er seufzte genervt. »Was ist an dem Wort verkleidet schwer verständlich?«

»Michael.« Sie stemmte die Hände in die Seiten. »Du existierst offiziell nicht mehr und bist aus sämtlichen Datenbanken verschwunden. Woher sollte ein Killer wohl wissen, dass er dich hier finden kann? Und selbst wenn«, fuhr sie rasch fort, ehe er etwas erwidern konnte. »Ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Harold Monty und sein Sohn waren nun wirklich weit davon entfernt, Ähnlichkeit mit einem Mordkommando zu haben. Außerdem hat Tylor mir vorhin schon gesagt, dass die beiden heute herkommen. Du warst ja unterwegs, sodass er dir nicht Bescheid geben konnte. Hast du deiner Mom wenigstens ein Weihnachtsgeschenk gekauft?«

»Meiner Mom?« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Weshalb sollte ich?«

»Weil sich das so gehört.« Langsam kam sie auf ihn zu. »Schließlich sind wir zum Weihnachtsessen eingeladen.«

»Wir sind eingeladen?« Verärgert kniff er die Augen zusammen. »Seit wann? Nein, lass mich raten, dahinter steckst du.«

»Ich habe gestern mit Helen telefoniert, um zu hören, wie es ihr geht. Sie hofft sehr, dass du Weihnachten mit ihr, deinem Dad und deinem Bruder verbringst. Na ja, und bei der Gelegenheit hat sie auch mich eingeladen. Sie glaubt, wir wären ...«, sie gestikulierte vieldeutig, »nun ja.«

»Du hast sie nicht korrigiert.«

»Sie freut sich schon so auf uns, Michael. Mach ihr doch diese Freude.« Allmählich wurde auch Briannas Stimme eine Spur schärfer. Dennoch lächelte sie weiter. »Sie hat eine Ewigkeit auf dich verzichten müssen. Zwölf Jahre! Allein dafür gehört dir eins mit dem Baseballschläger übergebraten.«

»Es gibt gute Gründe dafür, das weißt du genau.«

»Vielleicht. Aber deine Mom vermisst dich, und mit deinem Dad kommen wir schon irgendwie klar.«

»Oder auch nicht. Er hat meine Mom geschlagen, nachdem ich neulich dort war. Wenn ich ihm das nächste Mal begegne ...« Er ballte die Hände zu Fäusten.

»Du bist ein besserer Mann als er, Michael. Zeig ihm das. Wir sorgen dafür, dass er deiner Mom nichts mehr antut.«

»Schon wieder wir?«

Sie hob die Schultern, diesmal ohne zu lächeln. »Da ich schon mal hier bin, kann ich genauso gut helfen. Eigentlich tue ich das ja sowieso schon die ganze Zeit. So wie neulich im Lagerhaus von Wong Ltd. in der Madison Street ...« Vielsagend musterte sie ihn. »Und bei Mastersen und Sohn, Backboyd, dem Fahrradlager, dem PC-Reparaturbetrieb«, zählte sie all die Firmen auf, denen sie zwei Nächte zuvor heimliche Besuche abgestattet hatten, um an die Videobänder oder Daten der Überwachungskameras zu gelangen. »Man sollte übrigens meinen, dass ausgerechnet eine Firma, die mit Computern zu tun hat, bessere Sicherheitsvorkehrungen trifft.« Spöttisch schüttelte sie den Kopf. »Nun ja, nicht dass auch nur einer dieser Einbrüche etwas gebracht hätte. Deine neuen Elias-Freunde waren gründlich. Nicht ein einziges Band oder auch nur das kleinste Bit an Material zu finden, alles gelöscht.«

Das war eine Sache, die ihn ebenfalls fuchste. Die Leute, denen er während einer Mission für die CIA vor einer guten Woche das Erlebnis einer Explosion verdankte, waren bei der Gelegenheit so unfreundlich gewesen, sein gesamtes bisheriges Leben vollständig von der Bildfläche – und aus den Datenbanken der Behörden – verschwinden zu lassen, und hatten obendrein sämtliche noch so kleine Spuren meisterhaft verwischt. »Ich weiß, Bri, und ich bin dir für deine Hilfe dankbar. Aber es wäre besser, wenn du dich aus meinen Familienangelegenheiten heraushieltest.«

Inzwischen war sie so nah an ihn herangetreten, dass sie den Kopf heben musste, um ihm in die Augen zu sehen. »Komm schon, es ist immerhin das Fest der Liebe.«

Michael hatte Mühe, sich nicht in ihren dunkelblauen Augen zu verlieren, die unverwandt auf ihn gerichtet waren. Er spürte, wie die Luft zwischen ihnen zu knistern begann. Sicherheitshalber machte er einen Schritt rückwärts. »Du gibst mal wieder keine Ruhe, bis du deinen Willen hast.«

»Es geht um deine Familie.«

»Die nie eine Familie gewesen ist.«

»Trotzdem braucht deine Mom dich.«

Darauf wusste er nichts zu erwidern, was ein Lächeln auf Briannas Lippen zauberte.

»Ich habe Helen gesagt, dass wir gegen sechs Uhr abends dort sind.« Sie hob lauschend den Kopf. »Da kommt jemand.«

Michael trat an die Balkontür, von der aus man den Hinterhof sehen konnte. Er sah einen dunkelblauen Buick Century hinter Briannas Kia parken. »Das ist Luke.«

»Fein, dann können wir ja essen.« Briannas Ton klang ätzend.

Michael achtete nicht darauf. »Hoffentlich bringt er gute Nachrichten.«

 

Ж Ж Ж

 

»Wenn man es genau nimmt, bringe ich überhaupt keine Nachrichten«, berichtete Luke wenig später, während sie sich über den Thunfischsalat hermachten. »Nirgendwo findet man auch nur die winzigste Spur von Michael Cavenaugh. Es sieht tatsächlich so aus, als ob es dich niemals gegeben hätte. Selbst die Fotos aus der Chronik deiner ehemaligen High-School wurden entfernt oder verändert. Da hat sich jemand die allergrößte Mühe gegeben, dich von der Bildfläche verschwinden zu lassen.«

»Und was ist mit diesem Elias? Gibt es da wenigstens Hinweise?«

Luke schüttelte den Kopf. »Nichts, was mit dir oder dem Geheimdienst zu tun hat. Dafür jede Menge andere Firmen und Institutionen, die sich so oder ähnlich nennen. Aber nichts, was ins Auge sticht.«

Michael stocherte in seinem Salat herum. »Beschränk dich erst mal auf die Spuren, die in Richtung der Geheimdienste führen. Möglicherweise auch ausländische. Wir können nicht ausschließen, dass es sich um einen ehemaligen Gegner handelt, der sich an mir rächen will.«

»Dann ist die Liste aber verdammt lang, Michael«, warf Brianna sarkastisch ein.

»Irgendwo müssen wir ja anfangen.«

Luke räusperte sich. »Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, aber Brianna hat recht. Ganz zu schweigen davon, dass man an Geheimdienstinformationen ja nicht mal eben einfach so herankommt.«

»Versuch es trotzdem weiter.«

»Bitte«, setzte Michael nach kurzem Zögern hinzu, weil ihm bewusst wurde, dass sein Ton ziemlich barsch geworden war.

Luke schien es ihm allerdings nicht weiter übelzunehmen. »Selbst wenn du nicht mein Freund wärest, würde mich die Sache interessieren. Die vollständige Löschung einer Identität ist schließlich mehr als ein Dummejungenstreich. Dahinter stecken viel Arbeit und Know-how.«

»Ihr könntet auch einfach warten, bis sie von sich aus Kontakt aufnehmen.« Brianna legte ihre Plastikgabel in die geleerte Schüssel und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Immerhin stand doch auf der Karte, dass sie sich bei dir melden werden.«

»Ich wäre aber gerne vorbereitet, wenn es so weit ist.« Auch Michael schob seine Schale beiseite, obgleich noch ein Rest Salat übrig war.

»Wie auch immer, wir sollten uns überlegen, wie wir die Wartezeit sinnvoll nutzen«, wechselte Brianna das Thema. »Ich würde vorschlagen, wir kümmern uns erst mal um das Loft, damit man nicht dauernd das Gefühl hat, in einem Lagerhaus zu sitzen.«

»Bri, es ist ein Lagerhaus.« Michael lächelte ihr schmal zu.

»Nein, das Lagerhaus ist unten. Ob es dir nun passt oder nicht, du wirst dich eine Weile hier einrichten müssen. Also liegt es doch nahe, wenigstens so zu tun, als wärest du ein normaler Mensch mit einem Mindestmaß an ästhetischem Anspruch.«

Luke nickte zustimmend. »Brianna hat recht.«

»Schon wieder!« Sie lächelte erfreut.

Luke warf ihr einen genervten Blick zu. »Abgesehen davon kannst du mir nicht weismachen, dass du dich hier wohlfühlst.«

»Ich bin nicht hier, um mich wohlzufühlen, sondern um ...«

»Ein Dach über dem Kopf zu haben, bis sich die Lage klärt, ja. Aber wenn das hier so was wie ein Hauptquartier sein soll, bin ich auch dafür, es nicht nur wohnlicher, sondern vor allem auch sinnvoller einzurichten.«

»Schon gut, schon gut. Ich sage ja nicht, dass es so bleiben muss, wie es jetzt aussieht. Was glaubt ihr, wozu ich den Werkzeugkoffer besorgt habe? Aber wir müssen es auch nicht gleich übertreiben.«

»Davon war auch keine Rede, Michael.« Brianna lächelte triumphierend. »Wenn wir hier fertig sind, sehen wir uns nach einem neuen Job um, denn ohne Geld wirst du nicht lange überleben. Ganz zu schweigen von den Schulden, die du noch bei mir hast.«

»Ich weiß, Bri.« Er verdrehte die Augen.

»Gut, ich wollte nur sichergehen, dass du es nicht vergisst.« Sie wandte sich an Luke. »Das gilt auch für dich. Du schuldest mir so einiges.«

»Ich schulde dir überhaupt nichts.« Luke verschränkte die Arme vor der Brust. »Du spinnst ja.«

»So? Und was ist mit den Geschäften in Europa, die du mir versaut hast? Soll ich die Verluste einfach so hinnehmen?«