Scharade mal drei - Mila Roth - E-Book + Hörbuch

Scharade mal drei E-Book und Hörbuch

Mila Roth

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Beschreibung

Ein Wochenende zum Verlieben?!  Der neueste Fall für Geheimagent Markus Neumann ist besonders heikel: Er soll einer Kollegin helfen, die seit zwei Jahren verdeckt gegen ein Rüstungsunternehmen ermittelt, das im Verdacht steht, Staatsgeheimnisse zu stehlen und an den Meistbietenden zu verkaufen. Als Treffpunkt dient ein Landhotel, in dem gerade ein Ehevorbereitungsseminar stattfindet. Damit Markus sich dort unauffällig bewegen kann, spielt Janna Berg seine Verlobte. Doch kaum sind sie angekommen, als ihnen auch schon eine Leiche vor die Füße fällt. Außerdem wird ihr gemeinsames Zimmer abgehört und von ihrer Zielperson fehlt jede Spur. Markus und Janna müssen ihre Tarnung aufrechterhalten, koste es, was es wolle, denn in diesem Hotel ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Wird es ihnen gelingen, ihre Rollen so glaubhaft zu spielen, dass sie ihre Gegner überzeugen und die Undercover-Agentin retten können? Fall 9 für Markus Neumann und Janna Berg

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Seitenzahl: 176

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Zeit:4 Std. 10 min

Sprecher:Saskia Kästner

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Table of Contents

Buchtitel

Impressum

Personenverzeichnis

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Über Mila Roth

Danke

Mila Roth

 

Scharade mal drei

 

Fall 9 für Markus Neumann und Janna Berg

 

 

 

 

Allen Serienjunkies gewidmet.

 

Impressum

 

Scharade mal drei ‒ Fall 9 für Markus Neumann und Janna Berg

eBook Edition, 4. Auflage, August 2022

Copyright © 2015 by Mila Roth

Petra Schier, Lerchenweg 6, 53506 Heckenbach

Cover-Design unter Verwendung von Adobe Stock:

© illustrart / © paunovic / © adidesigner23/ © Ortis / © dohee

Lektorat: Barbara Lauer

ISBN 978-3-96711-032-6

Alle Rechte vorbehalten.

 

Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin möglich.

Die Personen und Handlungen im vorliegenden Werk sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Erwähnungen von historischen bzw. realen Ereignissen, realen Personen oder Orten sind rein fiktional.

 

 

 

Personenverzeichnis

 

Hauptpersonen

 

Janna Berg: Pflegemutter von neunjährigen Zwillingen, betreibt selbstständig einen kleinen Schreib- und Büroservice

 

Markus Neumann: Agent

 

 

Geheimdienst (alphabetisch)

 

Alexa Baumgartz: Agentin

 

Walter Bernstein: Leiter der Abteilung für nationale und internationale Einsätze für die Bereiche Terrorabwehr und organisiertes Verbrechen (Abteilung 7)

 

Gerlinde Bernstein: Ehefrau und Chefsekretärin von Walter Bernstein

 

Dr. Jochen Schwartz: Leiter der Abteilung für interne Angelegenheiten

 

Melanie Teubner: Agentin

 

Tommy Wörner: Agent

 

Hinnerk Schmitz: EDV-Spezialist

 

Murat Coskun: EDV-Spezialist

 

 

Sonstige Personen

 

Felicitas (Feli) Berg: Jannas jüngere Schwester

 

Inge Stromholz: Seminarleiterin

 

Hilde: Vorarbeiterin der Zimmermädchen im Landhotel Zum Schönberg

 

Kai: Undercover-Agentin

 

Luisa und Karl: Paar, Seminarteilnehmer

 

Bettina und Mike: Paar, Seminarteilnehmer

 

Bianca und Peter: Paar, Seminarteilnehmer

 

Jennifer und Ralf: Paar, Seminarteilnehmer

1

 

Bonn, Kaiserstraße

Institut für Europäische Meinungsforschung

Donnerstag, 29. März, 16:30 Uhr

 

»Sie wollten mich sprechen, Walter?« Markus Neumann trat durch die Glastür in das Büro seines Vorgesetzten und hob überrascht die Augenbrauen, als er in einem der beiden blauen Besuchersessel den Leiter der Abteilung für interne Angelegenheiten erkannte. »Guten Tag, Herr Dr. Schwartz.«

»Herr Neumann.« Schwartz nickte ihm nur knapp zu.

»Setzen Sie sich, Markus.« Walter Bernstein wies auf den zweiten Sessel vor seinem Schreibtisch. Er war ein mittelgroßer Mann Mitte fünfzig von kräftiger Statur und mit dunkelbraunem Haar, das an den Schläfen langsam ergraute. Auf Außenstehende wirkte er ein wenig wie die väterliche Instanz in der Abteilung für nationale und internationale Einsätze in den Bereichen Terrorabwehr und organisiertes Verbrechen. Im Gegensatz zu ihm besaß Schwartz mit seiner schlanken, drahtigen Figur, dem militärischen Kurzhaarschnitt und dem durchdringenden Blick eine kalte und analytische Ausstrahlung.

Nachdem Markus der Aufforderung gefolgt war, fuhr Walter fort: »Wir haben einen neuen Auftrag für Sie. Er unterliegt der Geheimhaltungsstufe eins, deshalb habe ich heute Vormittag im Team-Meeting nichts davon gesagt.«

Markus richtete sich interessiert auf. »Worum geht es?«

»Um einen Karriere-Pusher«, übernahm Schwartz unvermittelt das Wort. »Sind Sie hierbei erfolgreich, können Sie in nächster Zeit für eine Beförderung in Betracht gezogen werden.«

»Ach?«

Walter verzog ein wenig gequält die Lippen und warf Dr. Schwartz einen ungehaltenen Blick zu. »Es ist so, dass die bereits seit Längerem angekündigten Umstrukturierungen des Instituts in Kürze umgesetzt werden sollen. Unserer Abteilung Sieben wird eine weitere Abteilung angegliedert. Intern heißt sie zunächst Sieben A. Es handelt sich um eine Gruppe von vier bis sechs Agenten, die hauptsächlich, aber nicht nur, auf nationaler Ebene als Sondereinsatzteam auf besonders schwierige Fälle angesetzt werden soll. Die Details sind noch in Arbeit. Grundsätzlich könnte man sagen, dass wir dieses Team überall da einsetzen wollen, wo es brennt. Auch kurzfristig.«

»Als Feuerlöscher?« Markus kräuselte die Lippen.

»So ähnlich. Wie gesagt, das ist noch in Planung, aber ich habe Sie für den Posten des Teamleiters vorgeschlagen.«

»Ich bin kein Teamplayer, Walter. Das wissen Sie.« Markus verschränkte die Arme vor der Brust, obwohl ihm die Ehre durchaus schmeichelte.

»Das ist uns nur allzu bewusst«, antwortete erneut Dr. Schwartz. »Wir beobachten Sie schon lange, Herr Neumann, und nicht unbedingt immer mit wohlwollendem Blick. Sie gehen zu viele Risiken ein, wenn Sie auch meistens erfolgreich arbeiten. Erfreulicherweise hat Ihr Hang zu gefährlichen Alleingängen in den letzten acht Monaten deutlich abgenommen. Herr Bernstein hält große Stücke auf Sie, dennoch möchte ich Sie gerne noch ein Weilchen im Auge behalten, bevor ich eine Entscheidung bezüglich des offenen Postens treffe. Was die weiteren Teammitglieder angeht, die mittelfristig hinzukommen sollen, werde ich mir ebenfalls noch Zeit lassen.«

»Mittelfristig?« Überrascht hob Markus den Kopf. »Ich dachte, dieses Team soll sofort einsatzbereit sein.«

»Bestenfalls wird es das sein«, übernahm nun wieder Walter das Wort. »Wenn auch nicht gleich zu Beginn mit voller Mannstärke. Voraussichtlich werden es zunächst nur Sie und ein Partner oder eine Partnerin sein. Weitere Teammitglieder werden wir nach Bedarf und Personalverfügbarkeit hinzufügen. Leider sind uns finanziell momentan noch die Hände gebunden. Für die neue Abteilung sind bereits Gelder beim Bund beantragt, doch Sie wissen, wie langsam die Regierungsmühlen mahlen, wenn es ums liebe Geld geht. Falls Sie selbst einen Vorschlag machen möchten, mit wem Sie sich eine dauerhafte Zusammenarbeit vorstellen können, zögern Sie bitte nicht, mir oder Herrn Dr. Schwartz die betreffenden Namen zu nennen.« Auffordernd sah er Markus an, lächelte dann aber leicht, als keine Antwort kam. »Lassen Sie sich Zeit, darüber nachzudenken. Noch ist ja nichts in trockenen Tüchern. Zunächst bat mich Herr Dr. Schwartz darum, Sie auf den aktuellen Fall anzusetzen, dessen Tragweite bereits in das Profil der zukünftig für die neue Abteilung geplanten Einsätze passt. Hier vor Ort werden Ihnen Melanie Teubner sowie zwei bis drei Leute aus der IT-Abteilung zur Seite stehen, die jedoch nicht über den gesamten Fall informiert werden, sondern nur über die Bereiche, die zwingend notwendig sind. Thomas Wörner und ein Spezialteam werden außerdem die Peripherieüberwachung übernehmen, ebenfalls auf Need-to-know-Basis.«

»Und worum geht es genau?«

»Um eine Agentin, die seit knapp zwei Jahren undercover gegen die Firma Guttensen & Bräuchner ermittelt.«

»Gegen die Rüstungsfirma?«

»Ebendie.« Schwartz nickte ernst. »Wir hegen schon seit Langem den Verdacht, dass jemand in der Firma Staatsgeheimnisse verkauft und unserem Land damit immensen Schaden zufügt, sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Kai wurde von uns dort eingeschleust, um die Täter dingfest zu machen.«

»Kai?«

»Das ist der Deckname der Agentin«, erklärte Walter. »Sie hat sich über einen toten Briefkasten im Internet bei uns gemeldet und darum gebeten, sie heimzuholen. Offenbar wird ihr Einsatz zu gefährlich. Außerdem gehen wir davon aus, dass sie mittlerweile genügend belastendes Material zusammengetragen hat, um Anklage gegen den oder die Täter zu erheben. Um Kais Leben zu schützen, müssen wir äußerst vorsichtig vorgehen, denn die Zielpersonen sind gut vernetzt, vor allem in Geheimdienst- und Regierungskreisen. Wir dürfen keinerlei Risiko eingehen.«

»Was soll ich also tun?« Fragend blickte Markus zwischen seinen beiden Vorgesetzten hin und her. »Diese Kai irgendwo abholen und zu einem sicheren Haus bringen?«

»Im Großen und Ganzen ist das der Auftrag, ja.« Walter faltete die Hände auf der Schreibtischplatte. »Es gibt einen Treffpunkt, einen Zeitraum, in dem sie Kontakt aufzunehmen wünscht, sowie einen Erkennungscode.«

»Ein Blind Date also?«

»Die Parisienne-Version.«

»Das klingt zwar nicht einfach, aber auch nicht wesentlich schwieriger als meine sonstigen Einsätze«, befand Markus und entspannte sich ein wenig. »Wann und wo soll die Sache stattfinden?«

»Beginn des Einsatzes ist bereits morgen Nachmittag.« Walter räusperte sich. »Allerdings ist dies kein Soloauftrag. Sie müssen zwingend mit einer Partnerin arbeiten.«

»Warum zwingend?«

»Der vereinbarte Treffpunkt ist ein Landhotel im Taunus, sehr schön gelegen übrigens. Herr Dr. Schwartz schlug vor, dass Sie mit Alexa Baumgartz zusammenarbeiten.«

»Mit Alexa?« Skeptisch verzog Markus die Lippen. »Als was, Ehepaar?«

»Nicht ganz.« Erneut räusperte sich Walter. »Das Hotel ist zum fraglichen Zeitraum, also von Freitag bis Dienstag, voll ausgebucht. Dort findet nämlich ein Ehevorbereitungsseminar der ökumenischen Stiftung Lebensschwingen statt.«

»Ein was?« Mit leichtem Entsetzten starrte Markus seinen Chef an. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«

»Mein voller Ernst, Markus.«

»Und wir müssen an dem Seminarzirkus womöglich auch noch teilnehmen?«

»Um Ihre Tarnung zu sichern, wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, fürchte ich.«

»Dann nicht Alexa.«

»Wie bitte?« Überrascht richtete Schwartz sich auf. »Was ist an Frau Baumgartz auszusetzen? Sie haben in der Vergangenheit schon mir ihr zusammengearbeitet.«

»Eben deswegen.« Markus fuhr sich durch sein kurzes braunes Haar. »Alexa ist nicht der Typ für so eine Rolle. Ganz abgesehen davon, dass es in der Vergangenheit, nun ja, ein paar persönliche Verwicklungen zwischen uns gab. Die Sache ist beendet, aber ...«

»Sie fürchten, das könnte ein falsches Signal senden?« Walter lächelte leicht. »Es freut mich, dass Sie so ehrlich sind, Markus. Was Ihre persönlichen Verwicklungen angeht, wie Sie es nennen, möchte ich mich nicht einmischen, aber ich teile Ihre Einschätzung, was Alexas Tauglichkeit für die Rolle der Verlobten angeht.« Er wandte sich an den Leiter der Abteilung für interne Angelegenheiten. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Dr. Schwartz, Frau Baumgartz ist eine hervorragende Agentin. Aber sie hat ein ausgesprochen einnehmendes Wesen, will ich mal vorsichtig formulieren. Wenn es sich um einen kurzen Einsatz handeln würde, bei dem sie mit Markus für einen Abend als Paar aufzutreten hat, würde ich sofort zustimmen. Aber einen Einsatz, der sich möglicherweise über mehrere Tage hinzieht, halte ich für schwierig. Sie ist nicht der Typ Frau, den man auf so einem Seminar treffen würde. Dazu ist ihre Persönlichkeit zu ... schillernd.«

Markus hustete, denn die Umschreibung war noch untertrieben. Alexa war ein blonder Vamp und versuchte permanent, ihren Willen durchzusetzen, ganz gleich, worum es ging. In letzter Zeit hatte sie es hauptsächlich darauf abgesehen, ihn zurück in ihr Bett zu locken. Einen Ort, den er allerdings mittlerweile mied wie der Teufel das Weihwasser. Sie war einfach zu besitzergreifend und abgesehen davon auch zu anspruchsvoll und anstrengend für seinen Geschmack. Das Abenteuer mit ihr vor etwas mehr als drei Jahren hätte Markus inzwischen liebend gerne rückgängig gemacht.

Etwas anderes jedoch stieß ihm an Walters Worten ungut auf. »Wollen Sie damit sagen, dass ich der Typ für so einen Eheseminar-Humbug bin?« Er runzelte die Stirn.

»Ehevorbereitungsseminar«, korrigierte Walter lächelnd. »Auf den ersten Blick vielleicht nicht, da haben Sie recht. Nein, im Grunde würde es mich sehr wundern, wenn ich Sie jemals wirklich bei so etwas antreffen würde. Aber mit der richtigen Partnerin könnten Sie die Rolle durchaus glaubhaft spielen, davon bin ich überzeugt.«

»Danke für die Blumen.«

»Wen schlagen Sie also vor?« Schwartz wippte ungeduldig mit dem rechten Fuß.

Walter warf Markus einen langen, bedeutsamen Blick zu, woraufhin der überrascht den Kopf hob und dann innerlich zusammenzuckte, als er begriff, worauf sein Vorgesetzter hinauswollte.

»Janna Berg?«

»Sie haben vor einigen Monaten sehr erfolgreich ein frisch verheiratetes Paar gemimt.«

»Sie ist keine ausgebildete Agentin.«

»Wir haben nicht behauptet, dass das notwendig ist, um den Einsatz durchzuführen.«

»Moment mal, Janna Berg? Ist das die zivile Hilfskraft, die Ihnen Weihnachten geholfen hat?« Schwartz verzog ein wenig unwillig die Lippen. »Halten Sie das für klug, Herr Bernstein? Der Einsatz ist nicht ungefährlich. Und wie gesagt, es handelt sich um die höchste Geheimhaltungsstufe. Ist die Frau vertrauenswürdig genug?«

»Hundertprozentig. Das hat sie bereits mehrfach bewiesen. Nicht wahr, Markus?«

Widerwillig nickte Markus. »Sie ist vertrauenswürdig.« Und im Gegensatz zu Alexa würde er sie geradezu mit Kusshand als Partnerin annehmen. »Aber woher wollen Sie wissen, ob sie so einfach dabei mitmacht?«

»Morgen beginnen die Osterferien.«

»Vielleicht fährt sie ja mit den Kindern in Urlaub.«

»Tut sie nicht, das habe ich bereits überprüft. Und Sie wüssten es ebenfalls, wenn Sie mit ihr in Kontakt stünden.« Walter legte den Kopf ein wenig schräg. »Wann haben Sie zuletzt mit ihr gesprochen?«

Markus zuckte die Schultern. »Am zweiten Weihnachtsfeiertag.«

»Also vor drei Monaten? Markus, Sie müssen nicht nur an Ihrer Teamfähigkeit arbeiten, sondern auch an Ihrem Sozialverhalten.« Walter schmunzelte. »Ich dachte, Sie verstehen sich mittlerweile recht gut mit ihr.«

»Und?«

»Rufen Sie sie an. Nein, fahren Sie hin und überreden Sie Janna Berg. Ich halte sie für die beste Option im Hinblick auf eine funktionierende Tarnung in diesem Fall. Sie nicht auch, Markus?«

Leichtes Unbehagen stieg in ihm auf. »Wie Sie meinen.«

2

 

Außenbezirk von Rheinbach

Gut Tomberg

Donnerstag, 29. März, 20:10 Uhr

 

»Janna, bist du hier?« Die Seitentür vom Hof zur Küche flog auf und wie ein Wirbelwind stürmte Felicitas Berg, Jannas sieben Jahre jüngere Schwester, herein. Sie warf ihre leuchtend blaue Windjacke über einen der Stühle am großen Familienküchentisch und schüttelte die langen blonden Locken, die vom Nieselregen feucht geworden waren und sich noch mehr ringelten als normalerweise. »Du glaubst nicht, was mir passiert ist.«

Janna, die gerade ein Blech Muffins in den Ofen schob, schaltete rasch Temperatur und Kurzzeitmesser ein, dann drehte sie sich zu Feli um. »Lass mich raten, du hast einen Job für das Magazin Zeitschritte in Köln an Land gezogen.«

»Mist, Mama hat es dir schon erzählt.« Feli lachte und hüpfte vergnügt im Kreis herum. »Ich bin vorgestern der Chefredakteurin über den Weg gelaufen. Absolut zufällig, beim Einkaufen. Stell dir vor, sie hat mich von der Fotoserie erkannt, die ich neulich für den Kölner Stadtanzeiger gemacht habe. Und jetzt will sie, dass ich so was für das Magazin mache. Ich! Felicitas Berg.«

»Du wirst berühmt.« Janna zog ihre Schwester in die Arme und drückte sie fest an sich. »Ich gratuliere dir. Das wird deinem Fotostudio zu grandiosem Erfolg verhelfen. Ganz bestimmt.«

»Im Juli soll es losgehen. Ich bin so aufgeregt!« Feli erwiderte die Umarmung, danach trat sie einen Schritt zurück und musterte Janna eingehend. Mit zwei Fingern zupfte sie an den üppigen kupferroten Locken, die sich knapp bis auf Jannas Schultern ringelten. »Du warst beim Friseur. Die neue Frisur steht dir wirklich besser als die alte.«

»Das erzählst du mir seit Monaten immer wieder. Keine Sorge, ich glaube es dir inzwischen.« Janna lachte. »Dummerweise muss ich jetzt immer alle sechs Wochen zum Nachschneiden fahren.«

»Na und, dafür schauen dir jetzt garantiert noch mehr Männer hinterher als früher schon.«

»Als ob ich es darauf anlegen würde.«

»Na hör mal, welcher Frau gefällt das wohl nicht? Sei ehrlich, Janna!«

»Na ja.« Janna zuckte die Schultern, lächelte dabei aber. »Es ist ein netter Nebeneffekt.«

»Ja, vor allem, nachdem wir ein paar der langweiligen Klamotten aus deinem Schrank verbannt haben. Wir müssen nächste Woche unbedingt noch mal zusammen shoppen gehen. Wenn Mama und Papa mit den Zwillingen im Fichtelgebirge sind, hast du doch Zeit, oder nicht?«

»Jede Menge Zeit.« Janna wurde wieder ernst. »Ich weiß noch gar nicht, was ich mit all der Freizeit anfangen soll.«

»Oh, da fällt mir bestimmt was ein.« Feli öffnete den Kühlschrank und entnahm ihm eine Flasche Orangensaft.

Janna reichte ihr ein Glas. »Das glaube ich gern. Aber es ist schon irgendwie komisch. Zwei Wochen ohne die Kinder. So lange waren wir noch nie getrennt.«

»Du brauchst die Auszeit, Janna. Ich finde es toll, dass Mama und Papa mit den beiden in die Ferien fahren. Wenn es einen Mann in deinem Leben gäbe, hättest du sogar sturmfreie Bude. Aber es gibt immer noch keinen, oder?«

Janna schüttelte den Kopf. »Nicht die Spur.« Ihre Gedanken, die unwillkürlich zu einem gewissen Geheimagenten wanderten, unterbrach sie, indem sie den Spieß rasch umdrehte. »Und was ist mit dir? Wie war denn dein Date mit diesem – wie war noch sein Name? Martin? Der Traummann?«

Feli hustete in ihren Saft, dann lachte sie erneut. »Der hat sich bei näherem Hinsehen eher als Albtraummann herausgestellt. Nein, im Ernst. Er war ziemlich langweilig und hat fast ununterbrochen von seiner Arbeit geredet. Na ja, und Banker haben jetzt nicht so einen wahnsinnig abwechslungsreichen Tagesablauf. Außerdem hat ihm offenbar niemand erzählt, dass man beim ersten Kuss seine Zunge bei sich behalten sollte. Zumindest in den ersten drei Nanosekunden.«

»Nein!« Janna kicherte. »So schlimm?«

»Gut küssen geht jedenfalls anders. Und einen Stromanschluss hatte er auch nicht.«

»Einen was?«

Feli grinste. »Erinnerst du dich nicht, dass du mal gesagt hast, man sollte sich fühlen, als ob man unter Strom steht, wenn man einem klasse Typ nahekommt?«

Janna stutzte und runzelte die Stirn. Dann erinnerte sie sich an das Gespräch vom vergangenen Herbst und spürte, wie sich ihre Wangen erwärmten. »Also war da kein Stromstoß zwischen dir und Mr. Küsst nicht gut?«

»Nicht mal eine statische Entladung.«

Sie lachten beide.

»Na, dann wirst du ihn wohl so schnell nicht wiedersehen.«

»Auf keinen Fall. Typen, die mir nur an die Wäsche wollen, noch dazu so plump, können mir gestohlen bleiben. Ist aber egal. Irgendwo wartet er noch auf mich, mein Traumprinz.« Feli zwinkerte Janna zu. »Und auf dich auch.«

»Was soll ich denn mit deinem Traumprinzen anfangen?«

»Pfff, du weißt genau, was ich meine.« Feli stieß ihr spielerisch den Ellenbogen in die Seite. »Und wenn er dir begegnet, wird es dir den Boden unter den Füßen wegziehen.«

»Du schaust dir zu viele romantische Hollywoodstreifen an.«

»Nein, ich lese zu viele Liebesromane.« Feli leerte ihr Glas und stellte es auf der Anrichte ab. »Trotzdem glaube ich daran, dass es die wahre Liebe auch im wirklichen Leben gibt. Du etwa nicht?«

»Würde ich gerne. Aber nach meinen Erfahrungen bin ich sehr vorsichtig geworden.«

»Erik.« Feli wurde ernst und seufzte abgrundtief. »Er war eine Niete im großen Lotterietopf der Liebe. Vergiss ihn. Das ist jetzt sechs Jahre her. Er ist es nicht wert, dass du einen Gedanken an ihn verschwendest.«

»Tu ich nicht.« Janna stellte die Saftflasche zurück in den Kühlschrank und warf routinemäßig einen Blick durch die Backofentür auf die Muffins, die gerade anfingen, die gewünschte Form anzunehmen.

»Hey, Janna, ich wollte dir nicht die Stimmung verderben.« Besorgt legte Feli ihr eine Hand auf den Arm.

Janna lächelte ihr zu. »Hast du nicht. Es ist bloß heute ...«

»O nein.« Feli schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Der Jahrestag! Es tut mir so leid.«

Heute vor sechs Jahren hatte Erik, Jannas langjähriger Freund und Verlobter, mit ihr Schluss gemacht. Dabei hatte er sie nicht nur verletzt, sondern bis ins Mark erschüttert. Und das zu einer Zeit, als sie ihn am meisten gebraucht hätte.

»Das muss es nicht, Feli. Wirklich. Ich habe gelernt, damit zu leben.«

»Du trauerst ihm nicht mehr nach?«

Vehement schüttelte Janna den Kopf. »Nein. Schon lange nicht mehr. Trotzdem kommen die Erinnerungen in schöner Regelmäßigkeit zurück. Daran kann ich nichts ändern.«

»O doch, das ändern wir sofort.« Entschlossen sah Feli sich in der Küche um, offenbar auf der Suche nach etwas, womit sie Jannas Laune aufheitern konnte. Dann grinste sie. Mit wenigen Schritten war sie an einer Schublade und entnahm ihr zwei hölzerne Kochlöffel. Einen davon reichte sie der verdutzten Janna und drehte das leise vor sich hin dudelnde Radio auf volle Lautstärke. »Los, Janna, Gesangseinlage. So wie früher. Weißt du noch?«

Natürlich erinnerte sie sich. Als sie noch jünger gewesen waren, Feli gerade dreizehn oder vierzehn und Janna Anfang zwanzig, hatten sie oft lauthals die Songs im Radio mitgesungen und dabei wilde Tänze aufgeführt.

»Du bist ja verrückt.« Janna wollte ihrer Schwester den Löffel zurückgeben. Doch Feli drückte ihn ihr erneut in die Hand. »Keine Widerrede. Ha, wenn man vom Küssen spricht!«

Gerade ertönten die ersten Takte von Chers Shoop Shoop Song.

»Does he love me, I wanna know«, sang Feli fast genauso gut wie Cher selbst.

Janna verdrehte die Augen und fiel mit ein: »How can I tell, if he loves me so?«

Von da an sangen sie immer abwechselnd die Verse des Songs. Janna empfand es anfangs noch als albern, aber schon bald löste sich die düstere Wolke, die über ihr gehangen hatte, wie von Zauberhand auf und sie sang mit Begeisterung weiter. Feli stieß sie mit der Hüfte an und bald tanzten sie ausgelassen durch die Küche, die Kochlöffel als imaginäre Mikrofone nutzend. Bei jedem It’s in his kiss legten sie die Wangen aneinander und grinsten beim Singen wie zwei Teenager.

 

***

 

Markus hatte gewartet, bis es dunkel wurde, bevor er nach Rheinbach fuhr und seinen nachtschwarzen Z3 auf einem Wandererparkplatz etwa zweihundert Meter von dem Gut entfernt parkte, auf dem Janna mit ihren Kindern lebte. Das schmiedeeiserne Tor stand weit offen, der Hof, die Büsche und Beete ringsum waren bereits für das anstehende Frühjahr vorbereitet und herausgeputzt. Hier und da blühten Stiefmütterchen und Primeln. Das kleine ehemalige Gesindehaus auf der linken Seite, in dem Janna bis vor Weihnachten mit ihren beiden Pflegekindern gewohnt hatte, lag im Dunkeln. Sie hatte mit ihren Eltern die Wohnungen getauscht, um für sich und die Zwillinge mehr Platz zu haben. Ziemlich gut erinnerte er sich noch daran, dass er im Herbst dabei geholfen hatte, eines der zukünftigen Kinderzimmer zu tapezieren. Eigentlich hatte er nur als Personenschutz für Janna fungiert, doch mit etwas hatte er sich ja beschäftigen müssen.

Das Auto der Eltern stand weder im Hof noch in der offenen Garage, Jannas dunkelblauer Golf V parkte neben dem Eingang zum Gutshaus. Daneben stand ein neuer grasgrüner VW Polo mit den Buchstaben FB auf dem Nummernschild. Der gehörte vermutlich Jannas Schwester, wenn er die Initialen richtig interpretierte.

Vorsichtig schaute er sich um, immer darauf bedacht, dass niemand ihn sah. Als er die Seitentür erreichte, die vom Hof direkt in die Küche führte, drang durch ein gekipptes Fenster plötzlich schreiend laute Musik zu ihm nach draußen. Er erkannte sofort Chers Shoop Shoop Song. Neugierig trat er seitlich an das Fenster und linste hinein. Als er sah, was in der Küche vor sich ging, konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.