Collaborative Organization -  - E-Book

Collaborative Organization E-Book

0,0
39,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In Collaborative Organizations steht die Zusammenarbeit im Fokus, ermöglicht durch ein wachsendes kollaboratives Mindset, Entscheidungen im Konsens, crossfunktionale Teams, offene Kommunikation, gepflegte Netzwerke und umfassende Talententwicklung. Das Werk von Katrin Glatzel und Tania Lieckweg zeigt, wie sich Unternehmen heute aufstellen müssen, um kollaboratives Arbeiten über Team- und Abteilungsgrenzen hinweg zu ermöglichen. Es führt in die Grundlagen einer Collaborative Organization ein, erläutert ihre verschiedenen Gestaltungsdimensionen und bietet praxisnahe und erprobte Führungs-Tools. Zahlreiche Best-Practice-Beispiele aus dem Unternehmensalltag runden das Buch ab. Inhalte: - Warum wir Collaborative Organizations brauchen - Collaborative Mindset – der unsichtbare Backbone der Collaborative Organization - Crossfunktionale Zusammenarbeit und verbindende Kommunikation gestalten - Empowerment & Contribution – vom Müssen zum Können - Data-driven – Daten als Treiber der Zusammenarbeit - Ecosystems – Zusammenarbeit im Außenraum der Collaborative Organization - Essenzielle Tools für Collaborative Organizations - Best Cases: Thoughtworks, MEVIS, ING, BKK Dachverband, GWQ, Bayer, Infineon, DHL, RTL

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 356

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtImpressumVorwortEinführung1 Warum brauchen wir Collaborative Organizations?2 Welche Dimensionen sind zu gestalten?3 Wie führt man eine Collaborative Organization?4 Ein Blick in die Praxis: Thoughtworks – eine echte Collaborative OrganizationGestaltungsdimensionen der Collaborative Organization5 Collaborative Mindset – der unsichtbare Backbone der Collaborative Organization 5.1 Das Collaborative Mindset als spezifische Konfiguration der Unternehmenskultur 5.2 Collaborative Mindset – was und wozu?5.3 Die Zutaten eines Collaborative MindsetSetting Sail: Gemeinsame Ziele und Visionen als wichtigste RichtschnurSharing is Caring: Diverse Informationen und Entscheidungen teilenWind of Change: Unsicherheit aushalten, lernen und sich anpassen könnenHaving Faith: Vertrauen und psychologische Sicherheit5.4 Zwischenspiel: Collaborative Mindset – hard to come by5.5 (Wie) Kann man ein Collaborative Mindset gestalten und fördern?Vorbildhaftes Führungsverhalten in Sachen KollaborationBelohnungssysteme etablieren, die Kollaboration in den Mittelpunkt stellenRäumliche und technische Gestaltung für ein Collaborative MindsetHeterogenität forcieren und produktiv nutzbar machen5.6 Fazit6 Cross-functional – crossfunktionale ­Zusammenarbeit gestalten6.1 Wie wird bereichs- und fachübergreifende ­Zusammenarbeit möglich?6.2 Organisationale Rahmenbedingungen für ­crossfunktionale Teams 6.3 Crossfunktionalität im Organisationsdesign verankern 6.4 Selbstorganisation als Basis für crossfunktionale ­Zusammenarbeit6.5 Crossfunktionale Teams und psychologische Sicherheit6.6 Spezifische Konfliktdynamiken in crossfunktionalen Teams6.7 Entscheidungsprozesse in der crossfunktionalen ­Zusammenarbeit6.8 Wie sich Führung auf den Erfolg crossfunktionaler Teams auswirkt6.9 Fazit7 Empowerment & Contribution – vom Müssen zum Können 7.1 Wie können Contribution und Collaboration ermöglicht werden?7.2 Fokus 1: Wie kann ich als Führungskraft mehr Collaboration und Contribution ermöglichen?Sechs Leitfragen, um den Empowerment-Bedarf zu klären1. Ergibt sich der Empowerment-Bedarf aufgrund des Purpose, der Vision, Strategie oder der Kundenbedarfe?2. Werden Entscheidungen dort getroffen, wo die größte Expertise ist?3. Wo stauen sich Entscheidungen und verhindern effektives Arbeiten?4. An welchen Stellen verhindert indirekte Kommunikation gute Lösungen?5. Empowerment to collaborate: Wie ermächtigen wir zu mehr Vernetzung nach innen (Kooperationen orchestrieren) und nach außen (Ecosystems)?6. Nutzen wir das Potenzial der Mitarbeitenden ausreichend?Entscheidungsspielräume und Entscheidungsprozesse an die richtige Stelle bringenSchritt 1: Was wird delegiert? Entscheidungs- und Handlungsspielräume pro Thema und Anlass klärenSchritt 2: Wo wird entschieden? Entscheidungen und Delegation besprechbar und verhandelbar machenSchritt 3: Wie wird entschieden? Die Klaviatur der Entscheidungsprozesse zieldienlich nutzen könnenContribution: Wie gelingt es, die Beiträge zu bündeln und einzuschätzen?Ein neuer Kontrakt? Bündelung der Beiträge durch Purpose, Vision, Werte oder StrategieBündelung durch BeteiligungsformateBündelung durch gemeinsames Lernen und WeiterentwickelnBündelung durch Contribution ContractsAuseinandersetzung über Quantität, Qualität und unsichtbare Beiträge7.3 Fokus 2: Empowerment – die Kraft eines ermächtigenden und kollaborativen FührungssystemsEmpowerment und vertikale Kooperation zwischen den HierarchieebenenDen Change zu mehr Empowerment miteinander zum Erfolg begleitenKollaborativ im Sinne von »Weg mit den Silos!«Organisationale Zielkonflikte bearbeiten und dysfunktionale Organisationsdynamiken reduzierenUnterschiedliche Organisationslogiken verstehen – das Zusammenspiel mit agilen Inseln7.4 Fokus 3: Ein ermächtigender organisationaler RahmenKurze, einfache Abstimmungs- und EntscheidungswegeFörderung von Teamarbeit in Steuerungs- und PersonalsystemenTransparenz zu Daten und InformationenDesign der horizontalen Kommunikation und Verbindungen7.5 Fazit8 Communication – verbindende Kommunikation gestalten 8.1 Die Kraft der Kommunikation nutzen 1. Offene, ehrliche und wertschätzende Kommunikation anregen 2. Transparenz schaffen 3. Kollaborationsplattformen nutzen 4. Echte Beteiligung ermöglichen 5. Vernetzung fördern 8.2 Welche Rolle spielen Führungskräfte bei der Gestaltung von Kommunikation?8.3 Fazit9 Ein Blick in die Praxis: Purpose-driven Selbstorganisation in der Wissenschaft – das Fraunhofer MEVIS als Collaborative Organization10 Consent & Governance – so viel ­Selbststeuerung wie möglich 10.1 Welchen Rahmen braucht die Collaborative Organization? 10.2 Governance und Steuerung als Bausteine der organisatorischen ArchitekturSpielarten der Organisation des unternehmerischen Erfolgs Kollaboration im Fokus der organisationalen ArchitekturVOPA als übergeordnetes Selbstverständnis moderner Governance- und SteuerungskonzepteVerlagerung von Zielkonflikten in die Teams10.3 Warum ist die Unternehmenskultur für die Steuerung einer Collaborative Organization bedeutsam?Pfadabhängigkeit als Prämisse für zukünftige EntscheidungenFührung kann nicht nicht steuernScaling Leadership: Everyone is a leaderTeams als Orte des Kulturwandels zur Selbststeuerung im kollaborativen UnternehmenWie die Zentralfunktionen in einem kollaborativen Unternehmen Governance sichern10.4 Fazit11 Data-driven – Daten als Treiber der ­Zusammenarbeit 11.1 Wie können wir Daten als Treiber für eine Collaborative Organization nutzen?11.2 Was ist eine datengetriebene Organisation?11.3 Was ermöglicht Datengetriebenheit für Organisationen?11.4 Wie unterstützt Datengetriebenheit die Collaborative Organization?11.5 Datengetriebenheit als Motor von Zusammenarbeit11.6 Führung in und hin zu datengetriebenen Organisationen11.7 Wie wird eine Organisation datengetrieben?11.8 Fazit12 Ecosystems – Zusammenarbeit im ­Außenraum der Collaborative Organization 12.1 Wie können die Chancen im Außenraum der Organisation genutzt werden?12.2 Relevanz und Grundverständnis von Organizational ­Ecosystems12.3 Spielarten und Beispiele von Organizational EcosystemsBusiness EcosystemsImpact Ecosystems12.4 Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen der ­EinflussnahmeEntwicklung einer Ecosystem-StrategieGestaltung der Zusammenarbeit im Ecosystem12.5 Implikationen für die Collaborative Organization12.6 Fazit13 AbschlussToolbox14 Essenzielle Tools für Collaborative Organizations14.1 Retrospektive 14.2 Review 14.3 Systemisches Konsensieren 14.4 Contribution Contracts 14.5 Delegation Cards 14.6 Empowerment-Check 14.7 Empowerment-Selfcheck 14.8 Radical Candor14.9 Fünf-Satz-Methode 14.10 Leadership-Feedback 14.11 Storytelling 14.12 Rollenradar 14.13 Unwritten Rules 14.14 Datenstrategie14.15 Entscheidungsdiagramm14.16 Reifegradmodell14.17 Ecosystem Strategy Map14.18 Mapping the SystemLiteraturverzeichnisAutorinnen und AutorenStichwortverzeichnis

Buchnavigation

InhaltsubersichtCoverTextanfangImpressum
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Alle Inhalte dieses eBooks sind urheberrechtlich geschützt.

Bitte respektieren Sie die Rechte der Autorinnen und Autoren, indem sie keine ungenehmigten Kopien in Umlauf bringen.

Dafür vielen Dank!

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-17750-1

Bestell-Nr. 12066-0001

ePub:

ISBN 978-3-648-17751-8

Bestell-Nr. 12066-0100

ePDF:

ISBN 978-3-648-17752-5

Bestell-Nr. 12066-0150

Katrin Glatzel/Tania Lieckweg

Collaborative Organization

1. Auflage, April 2025

© 2025 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG

Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg

www.haufe.de | [email protected]

Bildnachweis (Cover): © Studio Workshop, www.wrkshp.de

Produktmanagement: Kerstin Erlich

Lektorat: Maria Ronniger, Text + Design Jutta Cram

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Der Verlag behält sich auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Sofern diese Publikation ein ergänzendes Online-Angebot beinhaltet, stehen die Inhalte für 12 Monate nach Einstellen bzw. Abverkauf des Buches, mindestens aber für zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, online zur Verfügung. Ein Anspruch auf Nutzung darüber hinaus besteht nicht.

Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.

Dank

Wir bedanken uns bei unseren Gesprächspartnerinnen, Kunden, Kolleginnen und Freunden, die uns zum Thema Collaborative Organization bis hierher begleitet und immer wieder Einblicke in ihre Organisationen ermöglicht haben. Vielen Dank an Fabio Weimer für die Recherchen und die Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts. Danke an Julia Guther, Saira Hussein, Thomas und Renée Rapedius für die Grafik. Danke an die osb international für den organisationalen Rückenwind während des gesamten Projekts.

Vorwort

Dieses Buch stellt die nächste Etappe einer Reise dar, die vor über einem Jahrzehnt im Silicon Valley unter der Überschrift »Leading in the digital age« ihren Anfang genommen hat. Die Zeiten sind heute andere. Die Herausforderungen, mit denen sich Organisationen – und die Führungskräfte in ihnen – derzeit konfrontiert sehen, stehen weniger unter der Überschrift der digitalen Transformation, die in den 2010er-Jahren omnipräsent war. Vielmehr geht es heute um die Frage nach den Auswirkungen künstlicher Intelligenz, um multiple gesamtgesellschaftliche Krisensituationen und um die Protagonisten der Generation Z, welche die herrschenden Arbeitsbedingungen radikal infrage stellen. Es sind postpandemische Zeiten, die den gesellschaftlichen Blick auf Organisationen prägen.

Seit unserem Besuch im Silicon Valley und unserer sich anschließenden Recherchearbeit zur Frage, welche Führung Organisationen im Zeitalter der digitalen Transformation benötigen, hat sich unser Thema weiterentwickelt – und ist doch erkennbar es selbst geblieben. In vielen Unternehmen waren wir seither mit dem Thema Collaborative Leadership und dem 4C-Modell unterwegs. Wir haben Vorträge gehalten, Führungskräfte begleitet, große wie kleinere Veranstaltungen und Settings moderiert und immer wieder auf unser Buch zum Thema verwiesen (vgl. Glatzel/Lieckweg 2022). Eine Frage ist uns in dieser Zeit wiederholt begegnet: Ist das Thema Collaborative Leadership auch auf Organisationen übertragbar? Handelt es sich dabei womöglich um ein Organisationsmodell?

Die Antwort war immer dieselbe: Das 4C-Modell ist ein Führungskonzept – es zeigt, wie sich Führung weiterentwickelt – und kein Organisationskonzept. Gleichzeitig hat uns die Neugierde gepackt: Was heißt es, eine kollaborative Organisation zu führen? Welche Dimensionen müssen von der Führung ausgestaltet werden, wenn wir uns auf den Weg hin zu einer Collaborative Organization machen?

Ein kleiner Spoiler sei uns an dieser Stelle gestattet: Wir verstehen unter der »Collaborative Organization« eine Organisation, in der Zusammenarbeit im Mittelpunkt steht und sich die Organisation rund um die Ermöglichung der Zusammenarbeit organisiert. Für diese Organisationen sind Eigenverantwortung und Engagement die Voraussetzung. Und dafür braucht es eine Führung, die dies ausgestaltet.

Und so war die neue Etappe unserer Reise gesteckt: Eine Teamreise sollte es sein, in deren Verlauf die Prinzipien der Collaborative Organization von Anfang an auf uns selbst angewendet werden sollten. Wir haben also in unsere Organisation, die osb international, hinein gefragt, wer Energie, Interesse und Inspiration dazu hat, die Etappe rund um die Collaborative Organization mitzugestalten. Herausgekommen ist ein Entwicklungsteam bestehend aus den Beitragenden dieses Buches.

Ziemlich genau ein Jahr dauert der kollaborative Arbeitsprozess rund um unser Thema nun an. Ein wichtiges Zwischenziel – die Fertigstellung unseres Manuskripts zur Collaborative Organization – haben wir bereits erreicht. Damit kommen wir unserem eigentlichen Ziel, einen Beitrag zu den aktuellen Diskussionen rund um eine zeitgemäße Organisationsentwicklung zu leisten, einen Schritt näher. Wir alle, die wir zu diesem Herausgeberband beitragen, freuen uns heute schon sehr darauf (und sind zugegebenermaßen aufgeregt), ab dem Erscheinungstermin im kommenden Frühjahr die Diskussion zu verbreitern und das Ergebnis mit unserer Community zu teilen.

Tania Lieckweg und Katrin Glatzel

Dezember 2024

Einführung

Wir sind davon überzeugt: Organisation ist ein Schlüsselthema unserer Zeit. In digitalisierten und globalisierten Märkten lässt sich jede Technologie und jeder Produktionsvorteil binnen kurzer Zeit nachahmen – Zukunftssicherung erfolgt zunehmend über die spezifische Form der internen Koordination, die Kooperation und Kommunikation der Menschen innerhalb des Unternehmens (Hamel/Breen 2007). Das heißt, das Zusammenwirken der Menschen (wie auch das Zusammenwirken von Mensch und KI) in Organisationen wird zu einem Kernerfolgsfaktor. Dieses Zusammenspiel im Sinne einer angemessenen Beweglichkeit und Flexibilität der Organisation auszugestalten, ist die vornehmliche Aufgabe von Führung im kommenden Jahrzehnt.

1 Warum brauchen wir Collaborative Organizations?

In einer Welt der maximalen Unsicherheit und Herausforderung gelingt die Sicherung von Zukunftsfähigkeit nur über Kooperation (vgl. hierzu z. B. Bömelburg/Gassmann 2024). Eine Begrenzung auf das eigene Produkt, ein Thema, die eigene Branche, die Organisationsgrenze in Unterscheidung von dem jeweiligen Wettbewerb ist vielfach nicht mehr hilfreich. Im Gegenteil: es wird der Komplexität, dem Veränderungstempo und der Nicht-Prognostizierbarkeit von Entwicklungen einer VUCA, hyper VUCA world»hyper VUCA world« (vgl. Bömelburg/Gassmann 2024) nicht gerecht. Bömelburg und Gassmann sprechen von einer Ablösung der über Jahrzehnte hinweg postulierten Idee, welche die Performance eines Unternehmens gleichsetzte mit der dauerhaften Sicherung von Wettbewerbsvorteilen beispielsweise durch die Schaffung von Markteintrittsbarrieren und die ständige Optimierung von Wertschöpfungsketten (hierzu vgl. Porter 1985: 11–15). Stattdessen gehe es heute, so die Autoren, zunehmend darum, sich in offenen Ecosystems zu bewegen bzw. zur Etablierung solcher Ecosystems beizutragen. Sie prägen hierfür den Begriff des »Collaborative AdvantageCollaborative Advantage«, der definiert ist als »… the capability of an organization to create and capture value. In today’s world, openness and connectivity are the keys to success.« (Bömelburg/Gassmann 2024: 7).

Die Grenzen zwischen Innen- und Außenwelt werden durchlässiger, es entstehen Formationen, die von Anfang an nicht für die Dauer geschaffen sind, die Trennlinien zwischen Abteilungen und Teams verlieren an Schärfe. Wir begleiten täglich Organisationen, die sich mit der zunehmenden Durchlässigkeit befassen und auf der Suche nach Antworten auf die Frage sind, wie diese Entgrenzungen bzw. zunehmend netzwerkförmigen Strukturen bestmöglich zu gestalten sind. An dieser Stelle sollen internationale Forschungsverbünde in der Wissenschaft oder Co-Produktionen zwischen Industrie und Wirtschaft nur als zwei Beispiele unter vielen genannt werden.

Collaborative Organizations entstehen in Umfeldern mit komplexen Herausforderungen, in denen eine hohe Anpassungs- und Adaptionsfähigkeit gefragt ist. Transparenz, Sharing und Eigenverantwortung stellen zentrale Paradigmen der Organisationsgestaltung dar. Jeder und jede ist verantwortlich für das große Ganze, und so schafft es die Organisation vor der Welle zu sein – im Sinne der Sicherung der eigenen Zukunftsfähigkeit und Identität.

Doch nicht allein die Sicherung des eigenen Überlebens steht heute auf der Agenda von Führungskräften in Organisationen. Angesichts der großen Krisen und Problemlagen in der Welt (wir sprechen hier von den sogenannten Grand Challenges) entsteht eine doppelte Verantwortung, der sich Führung und Organisation zunehmend stellen: Neben die Verpflichtung auf den eigenen (wirtschaftlichen) Erfolg tritt die Verantwortung für das große Ganze – für Klima, Natur und Umwelt, für das Wohl der Menschen, für die Sicherheit, das Gemeinwesens, das gesellschaftliche Miteinander (osb international 2023).

Zusammengenommen haben wir es aktuell mit einer herausfordernden Gemengelage zu tun, die Organisationen dazu auffordert, sich immer wieder selbst zu hinterfragen und veränderungsbereit zu halten. Wir machen uns mit diesem Buch auf den Weg, die kollaborative Organisation zu beschreiben. Wir werden uns fragen, welche Dimensionen heute von Führung ausgestaltet werden müssen, wenn wir auf der Suche nach zukunftsfähigen, wirksamen und verantwortungsvollen Organisationsformen sind. Da gibt es vermutlich nicht das eine passende Organisationsdesign, aber wir können Haltungen, Praktiken und Perspektiven beschreiben, die von Führung für eine Collaborative Organization ausgestaltet werden müssen. Damit sind wie stärker in der Kultur der Organisation unterwegs und fragen nach, wie diese Kultur der Zusammenarbeit und Führung ausgestaltet werden kann.

2 Welche Dimensionen sind zu gestalten?

An dieser Stelle lohnt es sich, kurz innezuhalten und eine definitorische Frage zu beantworten, die wir als Entwicklungsteam uns zu Beginn des Buchprojekts gestellt haben: Was meinen wir genau, wenn wir von der Collaborative OrganizationCollaborative OrganizationCollaborative Organization, Definition sprechen?

Dazu haben wir die Antworten zusammengetragen, die uns in unseren Beratungsprojekten mit unterschiedlichsten Organisationen und Führungssystemen begegnen. Im Wesentlichen geht es bei der Collaborative Organization um eine Organisation, in der die Menschen im Sinne der Organisation und der gemeinsamen Ziele auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Ist doch heute selbstverständlich? Finden wir nicht! Und auch Rob Cross und Inga Carboni beschreiben die Gestaltung einer Collaborative Organization in einem Artikel für die MIT Sloan Management Review als große Herausforderung:

»By and large, leaders are unleashing their teams without establishing the conditions needed to support collaboration. Moreover, when collaborative efforts break down, leaders are relying on conventional interventions that may not address the true nature of their problems.

The consequences are wide ranging. Collaborative failure hinders organizational and employee performance and productivity. It creates obstacles to innovation, impeding both idea generation and implementation. It erodes employee engagement – contributing to stress, overload, and burnout.«

Carboni et al. 2021: 25–26 (Fußnoten weggelassen)

Wir verstehen unter einer Collaborative Organization eine Organisation, in der Zusammenarbeit im Mittelpunkt steht und sich die Organisation rund um die Ermöglichung der Zusammenarbeit organisiert. Dazu gehört es,

dass ein kollaboratives Mindset stetig weiterentwickelt wird,

dass zentrale Entscheidungen im Konsent getroffen werden,

dass crossfunktionale Zusammenarbeit selbstverständlich ist,

dass es eine transparente und aktivierende Kommunikation gibt,

dass es ein Netzwerk von Stakeholdern und anderen Organisationen gibt, das gepflegt wird, und

dass in die Talente der Organisation maximal investiert wird.

Gestaltungsdimensionen der Collaborative OrganizationCollaborative Organization, GestaltungsdimensionenDenn für diese Organisationen sind Eigenverantwortung und Engagement die Voraussetzung. Und dafür ist eine Führung nötig, die dies ausgestaltet. Aufgabe von Führung ist es dann nicht zuletzt, die inhärenten Zielkonflikte der Collaborative Organization auszuhalten und auszugestalten.

Unsere Recherchen, Gespräche und Diskussionen bestätigen, dass die vier Dimensionen, mit denen wir im Collaborative Leadership (hierzu vgl. Glatzel/Lieckweg 2022) gestartet sind, auch relevant für die Führung einer Collaborative Organization sind:

Contribution,

Creativity,

Consent und

Communication.

Hinzu kommen weitere Dimensionen:

Collaborative Mindset,

Cross-functional,

Data-driven und

Ecosystems.

Und das Ganze wird gehalten durch die Menschen in der Organisation, deswegen: »People are Key« für die Collaborative Organization. Die Menschen müssen dazu befähigt werden, ihren Beitrag zu leisten, sie müssen den Raum bekommen für ihre Perspektive, sie müssen ermächtigt werden – Empowerment ist hier das Stichwort.

Es entsteht ein Bild der sieben Dimensionen, die es in der Collaborative Organization durch Führung zu gestalten gilt:

Leading the Collaborative Organization

Wir haben uns mit jeder dieser Dimensionen ausführlich beschäftigt, unsere Erfahrungen zusammengetragen und ausgewertet, wir haben recherchiert, Praxisbeispiele erhoben, Interviews geführt und die Essenz aufgeschrieben. An dieser Stelle möchten wir einen kurzen Vorab-Einblick geben in das, was wir in den folgenden Kapiteln ausführlich beleuchten werden:

Ein Kernelement der Collaborative Organization ist das »Collaborative Mindset«. Unserer Kollegin Simone Ostermann taucht in ihrem Beitrag (Kapitel 5) ein in die Dimension »Collaborative Mindset« und stellt fest, dass wir es hier mit dem »unsichtbaren Backbone« der Organisation zu tun haben. Es handelt sich, so Simone Ostermann, um eine »kulturelle Konfiguration«, in der Zusammenarbeit der grundlegende und selbstverständliche Handlungsmodus ist. Es ist eine kollektive Haltungsfrage, in der nicht das Optimieren des eigenen bzw. lokalen Vorteils primärer Handlungsmotivator ist, sondern zuvorderst an das Gesamtziel in einer Gesamtverantwortung gedacht wird. Das Kollektive steht also im Zentrum und damit die grundlegende Überzeugung: Zusammen sind wir stärker als allein und mehr als die Summe der Einzelteile. Der Beitrag arbeitet vier fundamentale Eigenschaften eines Collaborative Mindset heraus und stellt mit vier »Mini-Checks« gleichzeitig ein Instrument zur Verfügung mit dessen Hilfe Sie als unsere Leserinnen und Leser herausfinden können, inwieweit in Ihren Organisationen ein Collaborative Mindset im Sinne eines dominanten Handlungsmusters bereits vorhanden ist, gelebt wird und wie Sie mit ihrem persönlichen Führungs- und Feedbackhandeln in Ihrer Organisation dazu beitragen können, ein solches Mindset entstehen zu lassen.

Das hierauf folgende Kapitel von Aldona Kihl und Hellmut Santer befasst sich mit dem zweiten Kernelement der Collaborative Organization (Kapitel 6): Es geht unter der Überschrift »Cross-functional« um eine Auseinandersetzung mit den Chancen und Herausforderungen der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Hierbei handelt es sich um ein Thema, das in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit erfahren hat. Im Beitrag wird deutlich, dass Crossfunktionalität ein Schlüsselfaktor für die Steigerung der organisationalen Flexibilität, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit ist. Dabei stehen crossfunktionale Teams im Mittelpunkt der Betrachtung. Wir erfahren, welche Rahmenbedingungen diese Teams benötigen, um wirksam zu werden, lesen Praxisbeispiele und Interviews, die uns an ihren Erfahrungen teilhaben lassen, und erfahren, welche Rolle die Themen wie psychologische Sicherheit, Umgang mit Konflikten und verschiedene Entscheidungsverfahren in der Einführung und dauerhaften Etablierung von crossfunktionalen Teams spielen.

Mit dem dritten Kernelement der Collaborative Organization »Empowerment & Contribution« haben sich Christiane Müller und Alexander Schmidt intensiv auseinandergesetzt (Kapitel 7). Der Beitrag arbeitet heraus, wie Organisation und Führung zu mehr Eigenverantwortung ermächtigen können. Dabei gehen die Autoren davon aus, dass wir es bei dem Anspruch, der uns aktuell in sehr vielen Unternehmen und Organisationen ­begegnet – »empowering to contribute and to collaborate« – mit einer geradezu paradoxen Handlungsanweisung zu tun haben. Gilt es doch, eine Ermächtigung zu mehr Contribution und Collaboration aktiv zu gestalten, ohne diese verordnen oder direkt steuern zu können. Nimmt man diese Paradoxie in den Blick, eröffnen sich Gestaltungsmöglichkeiten, die Müller und Schmidt in ihrem Kapitel entlang von drei Perspektiven beschreiben. Die Perspektive erweitert sich schrittweise, kommend von dem Gestaltungsspielraum der einzelnen Führungskraft, Empowerment-Bedarfe zu identifizieren und anzugehen, über das Führungssystem mit der Frage, wie ein ermächtigendes Zusammenspiel der Führungskräfte gelingen kann, bis zu dem ermächtigenden Organisationskontext und der Frage danach, wie Contribution im Rahmen des Organisationsdesigns auf die gesamte Organisation angewendet werden kann. Dabei arbeitet der Beitrag immer wieder mit hilfreichen Beispielen aus der Organisationspraxis und zeigt auf, dass es sich lohnt, Empowerment als einen neuen Kontrakt zwischen Mitarbeitenden und Organisation zu betrachten, der über den bekannten Deal »Arbeitszeit gegen Gehalt« weit hinaus geht.

Communication, das vierte Kernelement der Collaborative Organization, ist das pulsierende Herz jeder Organisation – immer präsent, voller Energie, aber manchmal auch überwältigend. So starten Carina Bayerdörfer und Aldona Kihl in ihr Kapitel und gehen dabei davon aus, dass eine Organisation ohne Kommunikation schlichtweg nicht existiert (Kapitel 8). Sie stellen sich und uns die Frage danach, was die Kommunikation in einer Collaborative Organization so besonders macht und von der Kommunikation in anderen, womöglich weniger kollaborativen, Kontexten unterscheidet. Die Autorinnen nehmen uns im weiteren Verlauf des Beitrags mit zu den fünf Gestaltungsprinzipien der KommunikationKommunikation, Gestaltungsprinzipien in der Collaborative Organization. Die fünf Prinzipien seien zur Einstimmung kurz erwähnt. Eine verbindende Kommunikation in der Collaborative Organization entsteht durch das Zusammenspiel von

offener, ehrlicher und wertschätzender Kommunikation,

der Schaffung von Transparenz,

dem Einsatz von Kollaborationsplattformen,

der Ermöglichung echter Beteiligung und

der Förderung von Vernetzung.

Im Kapitel selbst werden sie ausführlich beschrieben, mit Literatur und Beispielen unterlegt und durch ein Interview illustriert.

Wir unterbrechen mit dem darauffolgenden Kapitel die Beschreibung der Kernelemente der Collaborative Organization für einen tiefen Einblick in die Praxis: Der Case des Fraunhofer MEVIS zeigt auf, dass vom »Purpose getriebene Selbstorganisation in der Wissenschaft« möglich ist, wenn man es wirklich will (Kapitel 9). Der Gründer des Instituts war von sich selbst organisierenden Systemen fasziniert und hat das Konzept auf die Struktur des Instituts übertragen. Die heutige Institutsleitung hält aus Überzeugung daran fest und gibt im Interview wertvolle Einblicke in den Purpose, die Innovation, die Rolle von Führung und die Organisation von Zusammenarbeit am MEVIS.

Sebastian Passow und Frank von der Reith arbeiten in ihrem Kapitel zum Kernelement »Consent & Governance« (Kapitel 10) quasi en passant drei klar unterscheidbare Typen der Collaborative Organization heraus, die wir an dieser Stelle nur kurz skizzieren:

Typ 1 sind kollaborative Unternehmen mit einem klaren Entwicklungs- und Projektfokus und einem weitgehend kohärenten Geschäftsmodell. Diese findet man natürlicherweise besonders in projektorientierten IT-Organisationen.

Typ 2 sind kollaborative Unternehmen mit multiplen Geschäftsmodellen, häufig verbunden mit hohen regulatorischen Anforderungen. Hierzu zählen z. B. Banken und Versicherungen.

Typ 3 sind Organisationen mit starkem Kollaborationsfokus aus dem Non-Profit- und dem NGO-Bereich. Das Besondere an diesen Organisationen der Bildung und Wissenschaft, dem Gesundheitssektor und der breit gefächerten öffentlichen Verwaltung ist, das sie oft politisch mandatiert sind, Aufgaben und Leistungen für die Gesellschaft übernehmen und stark auf Stabilität, Souveränität und Handlungssicherheit ausgerichtet sind.

Konkret befassen sich die Autoren mit der Frage, welchen Rahmen, welche Orientierungsmuster und Handlungsoptionen Unternehmen benötigen, um den angestrebten organisationalen Zweck kollaborativ zu erfüllen. Sie fokussieren sich dabei auf drei Begriffe: Governance, Steuerung und Kultur. Wie das Zusammenspiel dieser drei Kräfte den Rahmen und das Erleben von Kollaboration prägt und warum es mit der DNA des Menschen vergleichbar ist, lesen Sie bei »Consent & Governance«.

Wenn wir in die Zukunft schauen, dann werden KI und die Verfügbarkeit und Nutzung von Daten in Organisationen immer wichtiger werden. Bereits heute sehen wir an vielen Beispielen, wie Organisationen Daten dazu nutzen, Kooperation innerhalb der Organisation zu stimulieren und zu ermöglichen. Das Thema »Data-driven« (Kapitel 11) steht immer noch am Anfang. Gleichzeitig war für uns aber klar, dass es für die Zukunftsfähigkeit von Organisationen eine immense Bedeutung haben wird. Deshalb widmen wir diesem Thema ein Kapitel in unserem Buch. Die Autoren Maik Arensmann und Oliver Haas erläutern, welche Mehrwerte Datengetriebenheit schafft, wie eine Organisation datengetrieben wird und welche Rolle Führung in diesem Zusammenhang spielt. Sie erhalten anhand von zwei Interviews Einblicke in die Entwicklung der Datengetriebenheit zweier großer deutscher Unternehmen.

Das siebte Kernelement der Collaborative Organization befasst sich mit den zunehmenden Fähigkeiten von Organisationen zur Kollaboration im Außenraum der Organisation. Die Autoren Heiko Hilse und Bernd Rolinck beobachten in ihrem Kapitel eine neue Qualität in der (Selbst-)Beschreibung und im Handeln von Organisationen, die häufig mit dem Begriff des »Ecosystem« oder einer »Ecosystem Economy« in Zusammenhang gebracht wird (Kapitel 12). Sie geben Einblick in Relevanz und Grundverständnis sowie verschiedene Typen organisationaler Ökosysteme. Neben der strategischen Auswahl und eigenen Positionierung im Außenraum der Organisation ist die Frage der Zusammenarbeit und Beziehungsgestaltung mit Partnern für die Collaborative Organization von elementarer Bedeutung. So wird die erfolgreiche Mitgestaltung und Nutzbarmachung organisationaler Ökosysteme gleichsam als Königsdisziplin der Collaborative Organization beschrieben: Je mehr sich Organisationen im Innenverhältnis bereits mit neuen Formen der Kollaboration und Selbstorganisation befasst haben, desto leichter tun sie sich mit den im Wesen ähnlichen Strukturen im Außenraum.

Der Ausblick auf die Beiträge in diesem Herausgeberband macht es deutlich: Die Collaborative Organization ist eine Organisation, die um Kollaboration herum gebaut ist. Sie richtet sich in allen Prinzipien darauf aus, Kollaboration zu ermöglichen und zu gestalten. Dabei beobachten wir Organisationen, die mit einzelnen Elementen experimentieren, und auch Organisationen, die für bestimmte Bereiche (wie z. B. die IT) auf diese Prinzipien umstellen. Wir sehen aber auch Organisationen, die versuchen, alle Elemente der Collaborative Organization umzusetzen, und das für die gesamte Organisation (vgl. Abbildung). Wir konzentrieren uns in unserer Beschreibung auf diese Ausprägung einer Collaborative Organization und möchten sie als Inspiration verstehen für alle, die sich auf den Weg machen und experimentieren, Bereiche umgestalten oder sich für ihren eigenen Verantwortungsbereich Anregungen holen möchten. Dabei ist uns eines sehr bewusst: »People are Key«. Die wichtigste Ressource der Collaborative Organization sind die Menschen, die sie ausmachen. Diese Menschen für die Organisation zu gewinnen, zu fördern, zu inspirieren und zu motivieren und an sich zu binden, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Ausprägungen der Collaborative Organization

Doch bevor wir uns einen ersten Case dazu anschauen, wie eine Collaborative Organization in Reinform aussieht, machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Thema Führung.

3 Wie führt man eine Collaborative Organization?

Collaborative Organization, Führung einer Collaborative OrganizationFührungSpätestens seit der intensiven Beschäftigung mit dem Thema Collaborative Leadership (hierzu vgl. Glatzel/Lieckweg 2022) ist für uns klar, dass wir es heute zwar keineswegs mit einer Abschaffung, wohl aber mit einer neuen Balance von Führung und Autonomie zu tun haben. Die Bedeutung einer hierarchischen Führung, die ihre Legitimation und ihre Entscheidungen auf dem Prinzip der Über-/Unterordnung aufbaut, nimmt in allen Organisationsformen und Unternehmen ab. Was zunächst als Entwicklung in der Welt der Digital Natives und der Start-up-Szene daherkam, hat heute längst in Behörden, Kliniken und Hochschulen Relevanz: Eine Führung, die ihre Legitimation zunehmend weniger aus einem disziplinarischen Rollenverständnis zieht, sondern sich gefordert sieht, eine möglichst breite Verantwortungsübernahme bis hin zu Formen der Selbstorganisation in ihren Verantwortungsbereichen zu befördern.

Hierbei spielt, so paradox dies auf den ersten Blick auch klingen mag, die obere Führungsebene eine entscheidende Rolle. Zwar stellten Ibarra und Hansen in einem viel beachteten Beitrag zum Thema »Collaborative Leadership« noch die individuelle Frage an die CEOs in den Vordergrund: »Are you a collaborative leader?« (Ibarra/Hansen 2011). Doch schon in diesem frühen Beitrag folgte einige Seiten später der deutliche Hinweis auf das Führungsteam: »Collaborate at the top first« (Ibarra/Hansen 2011: 6) begleitet von der Idee, dass C-Level-Teams nicht nur individuelle, sondern gemeinsame Verantwortlichkeiten und Ziele verfolgen sollten, sogenannte »joint responsibilities«.

Führung, VorbildfunktionHeute bilden Teams den zentralen Ort, an dem Leistung erbracht und Organisationskultur geprägt wird. Das gilt nicht zuletzt für sogenannte Top-Teams, die obersten Führungsteams eines Unternehmens. Im Rahmen ihrer Vorbildfunktion prägen sie das Bild effektiver Teamarbeit in ihren Organisationen – und stehen als solche unter scharfer Beobachtung. Eine aktuelle Studie von Bain beschreibt das so: »Effective leadership teams outperform even the most effective individual leaders. Every time. In almost every context« (LeStage et al. 2023). Im weiteren Verlauf des Textes wird deutlich, dass effektive Führungsteams sich ganz wesentlich auszeichnen durch ihre Fähigkeit zur Kollaboration:

»But a highly collaborative team is a crucible of effective focus, energy, execu­tion, and accountability. Teams that value collaboration share a ›win-together, lose-together‹ attitude. They’re grounded in personal and working relationships that help trust take root. They practice inclusion. As a result, they estab­lish the psychological safety necessary to innovate, fail, and give and receive feedback along the way.«

LeStage et al. 2023

Wenn dies gelingt, dann legt die oberste Führungsebene einer Organisation durch ihr Kommunikations- und Kooperationsverhalten die Grundlage für eine umfassende kollaborative Kultur.

Führung, Dynamic Shared OwnershipDass die Entwicklung weg von der Einzelrationalität der Führungskraft hin zu einer geteilten Verantwortung nicht zuletzt in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ein echtes Asset sein kann, zeigt sich an einem prominenten Beispiel: Bayer führt gegenwärtig unter großer Beachtung durch die Management-Profession ein neuartiges Organisationsmodell ein: Dynamic Shared OwnershipDynamic Shared Ownership (DSO). Im Kern geht es bei DSO darum, Entscheidungen künftig dort zu treffen, wo die eigentliche Arbeit gemacht wird und die Nähe zum Kunden gegeben ist. Bis zu 95 Prozent aller Entscheidungen sollen auf diese Weise vom Management auf die Mitarbeitenden übertragen werden. Dies hat massive Auswirkungen auf die Art und die Organisation von Führung im Unternehmen. Jede Führungskraft bei Bayer wird sich mit diesen Veränderungen auseinandersetzen müssen – es wird deutlich weniger Führungsebenen und damit deutlich weniger Managementpositionen geben. Derzeit liegen zwischen Vorstand und Kunden 13 Hierarchieebenen. Das soll sich radikal ändern. Führung wird künftig weniger »Kontrolle« und dafür stärker »Befähigung« von Mitarbeitenden heißen:

»Das ist aber unser Ziel: Führungskräfte sollen ihre Teams noch viel stärker dabei unterstützen, ihre Entscheidungen am Kundennutzen auszurichten, indem sie Hindernisse aus dem Weg räumen und ihnen beratend zur Seite zu stehen.«

Bayer 2024

Die Führungsprinzipien, die diesen Anspruch unterstützen sollen, lassen sich unter dem Akronym VACC zusammenfassen, wie Heike Prinz, Vorständin bei Bayer, im Video1 erläutert:

»Our radically new vision for leadership can be summarized by the acronym #VACC. This innovative way of leading is based on the transformation of lead­ers from managers that command and control to visionaries that guide teams in defining the outcomes to deliver on the mission; from planners to architects that shape a value-creating system to unleash the passion and energy of our people; from directors to catalysts that remove roadblocks to facilitate connection and collaboration; and from controllers to coaches that help teams learn and build the capabilities needed to create value for customers and stakeholders.«

Der Ausgang dieses globalen Transformationsvorhabens bei Bayer dürfte mehr als offen sein – er wird nicht zuletzt davon abhängen, ob es gelingt, das wirtschaftlich Notwendige mit einem Aufbruch in Richtung einer neuen Organisationskultur zu verbinden.

Bayer ist mit diesem Vorhaben nicht allein. In vielen Unternehmen beobachten wir aktuell, dass Führung den Fokus auf eine Transformation hin zu einer Collaborative Organization legt. Dies erfordert neben der Aufmerksamkeit für die Dimensionen, die es auszugestalten gilt und die wir in den folgenden Kapiteln dieses Buches ausführlich beschreiben werden, immer wieder auch eine Selbstreflexion der oberen Führungsebene. Eine kompakte Anleitung dazu, wie dies gelingen kann, findet sich beispielsweise bei Fernandez, Landiz und Lee (2024): »Recognizing the importance of a collaborative mindset, coaching becomes a powerful tool for transformation. Self-awareness is the first step toward breaking-down collaboration barrieres«. Das Autorenteam stellt einen Mini-Leitfaden mit Coaching-Fragen zur Verfügung, der (Führungs-)Teams dabei unterstützen soll, ihre gemeinsame Ausrichtung in den Blick zu nehmen, die Kollaboration zu verbessern und Ängste vor Rückschlägen zu überwinden. »Coach your team toward a collaborative mindset.«

Auch treffen wir in den letzten Jahren immer wieder auf Organisationen, die die Rolle eines Chief Collaboration OfficerChief Collaboration OfficerFührung, Chief Collaboration Officer (CCO) geschaffen haben. Die Idee ist nicht neu, Hansen und Tapp stellten bereits im Jahr 2010 die Frage: »Who should be your Chief Collaboration Officer?« (Hansen/Tapp 2010). Die Idee dieser Rolle war und ist es, ausgehend von Strategien, die zunehmend ein Denken und Handeln in Ecosystems über Organisations- und Branchengrenzen hinweg zum Gegenstand haben, die funktionsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Organisation nicht nur zu befördern, sondern zu einer Selbstverständlichkeit zu machen. Es geht um das Aufbrechen des bis heute weit verbreiteten Silodenkens und die Ermöglichung einer crossfunktionalen Zusammenarbeit über Bereichs-, Produkt-, Markt- und Business-Grenzen hinweg. CCOs sind explizit für die Förderung von Kooperation und Zusammenarbeit innerhalb einer Organisation (und darüber hinaus) verantwortlich (hierzu vgl. Schroder 2023). CCOs, so Schroder, spielen eine zentrale Rolle bei der Schaffung einer offenen, kollaborativen Arbeitskultur und der Verbesserung der internen Kommunikation. Wir denken, dies kann ein wirksamer unterstützender Schritt auf dem Weg zu einer Collaborative Organization sein. Es sollte jedoch nichts an der Grundhaltung ändern, welche die Beförderung einer Kollaborationskultur als eine gemeinschaftliche Führungsaufgabe versteht und in einer gemeinsamen Verantwortung lebt.

Führung, Loslassen von VerantwortungDie Collaborative Organization braucht eine Führung, die Eigenverantwortung und Engagement befördert, die Zielkonflikte und Paradoxien nicht etwa meidet, sondern zu deren produktiver Nutzung beiträgt, die sich zurücknehmen kann, um anderen Ideen und Beiträgen Raum zu geben und die doch genau weiß, wann sie aktiv gefordert ist. Das klingt gut und womöglich sogar leicht umsetzbar. Doch wer schon einmal versucht hat, die Verantwortung für ein Herzensprojekt wirklich abzugeben, wird wissen, dass auch und gerade das Loslassen eine ganz eigene Führungsherausforderung darstellt. Loslassen stellt eine Qualität dar, die für Führung in der Collaborative Organization unabdingbar ist. Kooperation, Selbstorganisation und Eigenverantwortung entstehen in Unternehmen dann, wenn Führung den Mut entwickelt, auf Kontrolle zunehmend zu verzichten – um vielmehr selbst zu einem Teil der Kooperation zu werden.

Das Alignment zu dieser Art der Führung muss in den Führungsteams wie auch in der Gesamtorganisation immer wieder hergestellt werden. Dazu braucht es explizite und regelmäßige Orte und Anlässe, an denen darüber gesprochen werden kann, wie wir in unserer Führung in der Collaborative Organization wirksam werden, was hilfreich ist und in welchen Situationen wir uns überfordert fühlen oder gescheitert sind.

1https://www.linkedin.com/posts/heike-prinz-5018877_leadership-vacc-teambayer-activity-7200787849539989504-_qVg/ (abgerufen am 26.7.2024)

4 Ein Blick in die Praxis: Thoughtworks – eine echte Collaborative Organization

Collaborative Organization, PraxisbeispielAuf der Suche nach einer Organisation, die unserem Verständnis einer Collaborative Organization entspricht, sind wir bei Thoughtworks fündig geworden. Thoughtworks ist eine Technologieberatung, die 1993 in Chicago gegründet wurde und heute mit über 10.000 Mitarbeitenden in 19 Ländern weltweit vertreten ist. Thoughtworks begleitet Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation und bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen an, die von Softwareentwicklung über Cloud-Lösungen bis hin zu künstlicher Intelligenz reichen. Im Mittelpunkt aller Projekte steht die Kundenorientierung.

Basis des Erfolgs ist eine Kultur, in der Zusammenarbeit zentral ist. Sie beginnt bei einzelnen Individuen, erstreckt sich auf die Teams, die gesamte Organisation, das Ökosystem und die Gesellschaft. Auf der Ebene des Einzelnen stehen Lernen, persönliche Entwicklung und Haltung im Vordergrund. Der eigens entwickelte Thoughtworks Collaboration Code beschreibt die Grundlagen der Zusammenarbeit wie folgt:2

Gemeinsame Ziele sind wichtiger als persönliche.

Wissen und Ressourcen sind gemeinsames Gut, kein Privateigentum.

Nicht abwarten, sondern aktiv handeln.

Kommunikation und Verhandlung erfordern mehr als Anweisung und Kontrolle.

Ständige Reflexion und Verbesserung – der Status quo ist nie ausreichend.

Gedankenvielfalt führt zu besseren Ergebnissen als Gruppendenken.

Beschreibungen von Mitarbeitenden spiegeln diese Prinzipien wider: »Die Menschen handeln passioniert, arbeiten in hohem Maß kollaborativ und sind sehr klug.« »Man kann von jeder Person, die man trifft, etwas lernen. Niemand urteilt über das, was man sagt. Es geht darum, zuzuhören und zu lernen.«3

Aileen Pistorius, Marketing Director Europe, drückt es so aus: »Wir arbeiten sehr individuell und dementsprechend selbstgesteuert. Die Verantwortung liegt bei den Mitarbeitenden« (Interview im Juli 2024).

Ein zentrales Thema bei Thoughtworks ist die Verlagerung der Entscheidungsmacht hin zu den Mitarbeitenden. Dieser Ansatz unterstützt die Idee, dass die direkt an der Arbeit Beteiligten am besten Entscheidungen über ihre Arbeit und Arbeitsweise treffen können. Thoughtworks bietet zahlreiche Ressourcen und Unterstützungssysteme, um die Mitarbeitenden in ihrer autonomen Arbeitsweise zu fördern. Dazu gehören Tools, Beratung durch Kolleginnen und Kollegen und definierte Rollen wie »Performance Partner«, die als Wegbegleitende dienen.

Die Organisation legt großen Wert auf individuelle Entwicklungspfade. Mitarbeitende können sich durch Selbsteinschätzung weiterentwickeln und ihren Entwicklungsplan aktiv gestalten, mit Optionen für individuelle Lernmaßnahmen und Coachinggespräche. Diese Struktur fördert Flexibilität und Selbstreflexion, wodurch Mitarbeitende ihre Karrierepfade basierend auf ihren Fähigkeiten und Interessen verfolgen können. Dazu sagt Barbara Hatzer, ehemalige Head of People bei Thoughtworks Deutschland: »Es gibt sehr viele Ressourcen, sei es auf der Tool-Ebene oder auch Menschen, die sich in ihrer Rolle als Wegbegleitende zur Verfügung stellen« (Interview Februar 2024).

Agilitätcrossfunktionale Zusammenarbeit, PraxisbeispielIm Kern der Organisation stehen crossfunktionale Teams, die nach agilen Prinzipien arbeiten, die Thoughtworks für sich angepasst hat. Die Teams bestehen aus Designerinnen, Entwicklern, Projektmanagerinnen und Vertretern anderer Bereiche, die für das jeweilige Produkt oder die Dienstleistung benötigt werden. Sie arbeiten an einem gemeinsamen Auftrag und Zweck, der für das Geschäft relevant ist. Thoughtworks hat umfangreiche Erfahrungen mit crossfunktionalen Teams gesammelt und identifiziert die folgenden Eckpunkte als entscheidend für deren Erfolg:4

crossfunktionale Zusammensetzung

Pair Programming

Team Solution Reviews

Retrospectives

schnelles Feedback und iterative Delivery

Test-driven Development

In unserem Interview im Juli 2024 beschreibt Aileen Pistorius die Arbeitsweise so:

»Wir arbeiten in crossfunktionalen Teams miteinander. Thoughtworks steht für Technologieexzellenz und dafür, dass wir unsere Erfahrungen und unser Wissen teilen. Das bedeutet in der Praxis z. B., dass unsere Mitarbeitenden Artikel oder Whitepaper selbst schreiben. Marketing und somit mein Team unterstützt die Technologinnen und Technologen sowohl inhaltlich – beim Brainstorming und Roten-Faden-Finden –, aber vor allem auch in der anschließenden Vermarktung. Dadurch kommen viele Menschen mit unterschiedlichen Professionen, in divergenten Rollen und mit unterschiedlichem Projekt-Background miteinander in Kontakt. Unsere Teams beim Kunden sind ebenfalls crossfunktional – das ist Teil unserer Methode und die Art, wie wir im agilen Umfeld arbeiten. Das gilt auch im Bereich Operations. Ich spreche täglich mit Community-Managerinnen, Office-Managern, Personen aus dem Finance Team, Leuten aus Design, Content oder eben auch Entwicklung oder dem Management. Kurzum, ich interagiere mit vielen unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Funktionen, als wäre es selbstverständlich – aber das ist es nicht. Im Vergleich zu früheren Arbeitgebern, bei denen Marketing möglicherweise nur mit Sales und Sales nur mit dem Tech-Team sprach, läuft es hier ganz anders. Hier ist alles vernetzt, was ich sehr positiv und sinnvoll finde. Man lernt täglich etwas Neues dazu. Das ist ein klarer Vorteil unserer Netzwerkorganisation.«

Hier zeigt sich die Anwendung agiler Prinzipien, angepasst an die Bedürfnisse von Thoughtworks. Dabei ist es Thoughtworks wichtig, dass nichts dogmatisch ist, wie Barbara Hatzer betont: »Im Prinzip gibt es eine innere Haltung und sogenannte sensible defaults, also vernünftige gute Practices, die man beachten und anwenden sollte, aber nichts sollte dogmatisch sein.« (Interview Februar 2024)

crossfunktionale Teams, TeamgrößeHeiko Gerin, Head of Technology Australia, betont außerdem die Bedeutung der Team- und Abteilungsgröße: Teams sollten aus fünf bis neun Personen bestehen, Abteilungen nicht größer als 150 Personen sein.5 Die positiven Effekte der Teamarbeit bei Thoughtworks sind eine bessere Produktqualität, eine höhere Kundenzufriedenheit, ein stärkerer Teamzusammenhalt, ein geringeres Projektrisiko und die Möglichkeit des Voneinander-Lernens.

Eine große Gefahr für die Funktionalität crossfunktionaler Teams sieht Thoughtworks in Hierarchien. Chief Scientist Martin Fowler beschreibt dieses Risiko so: »Viele Organisationen sind von Machtkämpfen geprägt, was die Fähigkeit der Menschen zur ehrlichen Kommunikation beeinträchtigt. Das funktioniert überhaupt nicht mit Agilität, die ein viel höheres Maß an Transparenz erfordert.«6 Deshalb gibt es bei Thoughtworks auch kein klassisches Line Management, wie Barbara Hatzer beschreibt: »Es gibt kein klassisches Line Management, sondern es gibt Führung in den Projekten, durch die Team Leads oder auch Projektleiter« (Interview Februar 2024). Passend dazu ist bei Thoughtworks jeder selbst für seine Entwicklung, die sogenannte Growth Journey, verantwortlich.

Thoughtworks setzt spezifische Prinzipien der Kollaboration auf organisatorischer Ebene um. Das Unternehmen ist überzeugt, dass Wertschöpfung nur durch reibungslose Zusammenarbeit im gesamten Unternehmen entstehen kann. Dies erfordert nicht nur flache Hierarchien, sondern auch die Nutzung digitaler Plattformen für die Zusammenarbeit. Diese Plattformen schaffen eine gemeinsame Basis und fördern kontinuierlich die Kooperation. Organisationen, die diese Plattformen nutzen, werden bei Thoughtworks »network-enabled organizations« genannt. Thoughtworks selbst ist dafür das beste Beispiel. Dabei ist es essenziell, dass der übergreifende gemeinsame Purpose im Mittelpunkt steht und auf den Plattformen sichtbar ist.

Business Ecosystem, PraxisbeispielDie kollaborative Grundhaltung von Thoughtworks spiegelt sich auch in den Beziehungen im gesamten Business- Ecosystem wider. Die Zusammenarbeit mit anderen digitalen Unternehmen ist für Thoughtworks unverzichtbar und erstreckt sich auf die gemeinsame Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen sowie auf Nutzer-Communitys. Doch Thoughtworks beschränkt sich nicht nur auf geschäftliche Beziehungen. Das Unternehmen engagiert sich auch aktiv für den gesellschaftlichen Wandel. Digitale Kompetenz ist in der modernen Gesellschaft unverzichtbar, und Thoughtworks leistet einen Beitrag, indem es mit Künstlerinnen und Künstlern, Schulen und NGOs zusammenarbeitet. Dazu hat Thoughtworks das sogenannte Social Impact Framework entwickelt.

Wie sieht nun Kommunikation in so einer Organisation aus? Dazu Barbara Hatzer in unserem Interview im Februar 2024:

»Jeder Mitarbeitende kann eigene Threads, also Chats zu bestimmten Themen, öffnen und gestalten. Dadurch entsteht eine starke Sensorik [eine bewusste Wahrnehmung der Stimmung] innerhalb des Unternehmens. Oft habe ich gesagt, wenn es um Themen ging, die Deutschland und unsere Mitarbeitende betreffen: Ich habe den größten Betriebsrat der Welt, weil alle Mitarbeitenden Mitbestimmung ausüben. Das geht jedem im Unternehmen nahe und sorgt für unmittelbare und direkte Kommunikation. Natürlich gibt es, wie in jeder Firma, einen Prozentsatz an lauten Mitarbeitenden, die meinungsbildend sind. Gleichzeitig gibt es viele, die im Hintergrund bleiben und nicht immer ihre wahre Meinung äußern.«

Interview mit Aileen Pistorius

Collaborative Organization, PraxisbeispielInterview, Aileen Pistorius (Thoughtworks)Als Europäische Marketingdirektorin bei Thoughtworks führt Aileen ein vielfältiges, über den gesamten Kontinent verteiltes Team. Mit ihrer strategischen Marketing-Expertise und ihrer Leidenschaft für Innovation treibt sie Veränderungen voran und liefert messbare Geschäftsergebnisse. Aileen verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung im integrierten Marketing. Sie ist spezialisiert auf die gezielte Ansprache von Kunden und Talenten, um Markenbildung, Marktentwicklung und Leadgenerierung in ganz Europa zu fördern.

Du hast Thoughtworks als »Netzwerkorganisation« beschrieben, was genau meinst du damit?

Aileen Pistorius: Wir haben sehr flache Hierarchien. NetzwerkorganisationNetzwerk, NetzwerkorganisationAuch wenn sich in den letzten Jahren die Anzahl der Hierarchieebenen leicht erhöht hat, sind wir immer noch sehr, sehr flach organisiert. Wenn ich zum Beispiel unserem CEO eine Frage stellen möchte, schreibe ich ihm einfach direkt, und er antwortet auch. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich neu im Unternehmen bin oder in einer Führungsposition arbeite.

Die Leute hier sind extrem offen. Wenn man ein Büro betritt, dauert es keine zwei Minuten, bis jemand fragt: »Hey, ich glaube, wir kennen uns noch nicht?« oder: »Dich habe ich ja schon länger nicht gesehen, hast du später Zeit und Lust auf einen Kaffee?«

Diese Offenheit und das ehrliche Interesse der Mitarbeitenden untereinander zeichnen unser Unternehmen aus. Die flachen Hierarchien ermöglichen kurze Kommunikationswege und fördern eine Kultur, die nach dem Motto »Ask for forgiveness, not for permission« lebt. Es gibt viel Miteinander und echtes Interesse am Austausch.

Und wie schafft man es, in so einer selbstorganisierten, eigenverantwortlich arbeitenden, auch in gewisser Weise verteilten Organisation, eine gemeinsame Ausrichtung hinzubekommen?

Aileen Pistorius: Eine Herausforderung ist sicher, ein umfassendes Alignment zu erreichen. Manchmal wünschte ich, es gäbe eine klare Top-down-Struktur – das wäre vielleicht manchmal einfacher. Das kommt allerdings sehr selten vor.

Entscheidungsfindung, PraxisbeispielWie kommen wir also zu Entscheidungen? Zunächst gibt es Leadership-Teams. Wir haben ein europäisches Leadership-Team, das letztes Jahr nach Industrien umstrukturiert wurde. Für jede Industrie gibt es eine verantwortliche Leitung, die ein Team aus verschiedenen Bereichen führt: jemanden aus dem technischen Bereich, aus dem Vertrieb, aus meinem Marketing-Team und aus dem Bereich Delivery. So stellen wir sicher, dass alle Aspekte berücksichtigt werden und die Kundenbedürfnisse im Fokus stehen.

Diese Personen definieren gemeinsam unsere Fokusthemen, basierend auf dem Feedback der Kunden und den Erfahrungen aus der Projektdurchführung. Letztlich trägt die Industrie-Leitung die Verantwortung für den Erfolg und hat die entscheidende Stimme. Der Prozess ist stark teamorientiert und bezieht verschiedene Organisationsteile ein, um zu einem gemeinsamen Verständnis zu gelangen.

Diese Struktur unterscheidet uns. Selbst innerhalb der Teams gibt es immer eine Mischung aus allen Geschäftsbereichen, die gemeinsam festlegt, in welche Richtung wir gehen. Auf globaler Ebene funktioniert es ähnlich: Es wird ein Ziel festgelegt, wie beispielsweise eine gewisse Umsatzhöhe, die es zu erreichen gilt, oder eine Fokussierung auf bestimmte Services. Wie wir das jeweilige Ziel erreichen, bleibt den Regionen und letztendlich den Industrien überlassen. In den jeweiligen Teams wird sich mit den definierten Zielen auseinandergesetzt und letztlich entschieden, was möglich ist und wie die Themen bestmöglich angegangen werden. Das ist der Weg, den wir gehen.

Wie schafft ihr es, dass möglichst viele auf dem gleichen Kenntnis- und Informationsstand sind und das gleiche Mindset haben?

Aileen Pistorius: Wissensmanagement