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2050 ist die Welt eine andere geworden. Die Geldmafia regiert die Welt. Ein Team junger Forscher stemmt sich dagegen, erst erfolglos. Durch Intensität und Forscherglück und durch ein fünfjähriges Mädchen ändert sich alles zum Guten.
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Seitenzahl: 200
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Für die Liebe Für die Freiheit Für unser Leben
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Die Menschheit hat die Weltkriege überstanden, auch den Kalten Krieg.
Als angeblich ewiger Kriegstreiber wurde Deutschland degradiert. Die Deutschen gewöhnten sich schnell an die neue Rolle. Als echte Belohnung dafür: Flüchtlinge, Finanzkrise und Ramstein mit all seinen Drohnen.
Unsere Politiker gewöhnten sich an die Adjutanten-Rolle. Sie beklatschten die Amerikaner, die immer wieder irgendwo einen neuen Krieg erfanden, und schimpften auf die Russen, die sich nicht an die Demokratie gewöhnen konnten.
Dann kam Corona X – die Stunde der deutschen Politiker. Das Adjutanten-Wesen wurde getauscht gegen die Bürokratie. Unsere Minister teilten sich auf in drei Sorten. Die erste Gruppe wollte möglichst keine Bürokratie; die hatten keine Chance. Dann die zweite Gruppe: nicht ganz so viel Bürokratie; sie kämpften wie Sancho Panza bei Don Quijote. Die echten Bürokraten indes waren die strahlenden Sieger. Bei jedem Murks klatschten sie sich auf die Schulter und merkten gar nicht, dass wir auf der Bestenliste der Corona-Kämpfer immer mehr nach unten rutschten. Als wir bei Stelle 101 ankamen, meinte unser Oberbürokrat: immer noch besser als der hundertneunundneunzigste zu sein.
Doch plötzlich wurde alles ganz anders. Die Geldmafia hatte die Nase voll von dem Hickhack in der Welt. Schaffte zwar die Bürokratie nicht ab aber dafür die Demokratie. Anstelle der Demokratie regierte jetzt das große Geld die Welt. Aus der einigermaßen schönen alten Welt wurde eine neue Scheißwelt. Hauptsache, einige verdienten kolossal an dem Elend der anderen. Die Welt teilte sich auf in Ciceronen und Hippokraten.
Die Ciceronen, also die Geldmafiosi mit ihren Handlangern, huldigten Cicero und seinem Ausruf: Keine Festung ist so stark, dass Geld sie nicht einnehmen kann.
Gleichzeitig folgte eine immer größer werdende Mehrheit dem Weisen Hippokrates, der sagte: Nichts ist beständiger als der Wechsel.
Der Verfasser dieses Buchs versucht nun herauszufinden, wer von den beiden wohl siegen wird.
Ich bin Friederike, Friederike Brinkmann. So heiße ich immer schon. Ich glaube, seit meiner Geburt. Doch das stimmt gar nicht. Schon vorher hieß ich so. Es war so gemütlich in Mamas Bauch – bis Oma kam. Die hieß auch Brinkmann, glaube ich.
Wie gesagt, alles war gemütlich. Mama hat mich immer gestreichelt und meistens dabei gesungen. Ich glaube Mezzosopran. Oh, wie war das schön! Seitdem liebe ich Mezzosopran. Papa hat nicht gesungen. Er hat mich nur gestreichelt und geküsst und er sagte mit seiner tiefen Stimme – ich habe krampfhaft überlegt, ob Bass oder Bariton – so was wie: »Ich liebe unsere Kleine, die wird bestimmt hübsch, vielleicht noch hübscher als du, Vanessa.« Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich damals schon den Kopf schütteln konnte, aber denken konnte ich bereits. Oh, Papa, du bist ein echter Blödmann. Mama blieb trotzdem ganz ruhig. Ich glaube aber nur äußerlich.
Dann kam Oma.
»Die Kleine heißt Friederike, so wie ich!«
Papa sagte: »Frieda, ich weiß, du magst Frieda nicht hören. Meinst du nicht, dass Friederike etwas altmodisch ist?«
Und Opa wollte auch etwas dazu sagen.
»Du hältst dich zurück, Eduard!«, meinte Oma, »Am besten, ihr beiden Männer haltet jetzt die Klappe. Ich regle das mit Vanessa, meiner Schwiegertochter.«
Seitdem hieß ich also trotzdem Friederike. Und Mama, irgendwie habe ich das gemerkt, sie hatte gelächelt, als sie mich streichelte.
»Du brauchst keine Angst zu haben. Ich nenne dich Rieke. Und wenn du anfängst zu sprechen, dann nennst du Oma nur Frieda, bitte, nur Frieda, damit sie sich ärgert!«
Irgendwann war ich erwachsen, saß im Café Monopol. Auf dem Tisch lag eine gelbe Nelke. Wir warteten, wir beide, die Nelke und ich. Auf wen eigentlich? Ah, er ist schon da – mit einer gelben Rose. Ganz passabel, nicht die Rose, er. Ungefähr zehn Zentimeter größer als ich, so etwa eins achtzig, ziemlich dunkle Haare, zumindest die, die noch dran waren.
»Entschuldige, bitte, ich bin drei Minuten zu spät, Friederike. Ich darf doch Friederike sagen?«
»Sag lieber Rieke zu mir.«
Ich dachte wieder an Oma. Die war immer lieb zu mir, zu allen übrigens. Und geschimpft hatte sie nie, nicht mal gemeckert. Komisch, irgendwie hatte sie so eine Ausstrahlung. Die Leute glaubten ihr schon, bevor sie überhaupt was gesagt hatte. Meinte zumindest Papa, ihr Sohn.
Sie wurde allerdings böse, wenn alle Rieke zu mir sagten anstatt Friederike.
»Die heißt Friederike, das bleibt so!«, sagte Oma, »ein schöner altdeutscher Name. Ich kann diesen modernen Schnickschnack nicht leiden.«
Oma wusste genau, was sie wollte. Mein Opa Eduard, mein Papa Robert und meine Mama Vanessa machten letztlich alles, was Oma Frieda wollte. Das glaubte sie zumindest.
Scheiße, ich hatte so viel von Oma geerbt. Meine ersten beiden Männer hielten das nicht aus und haben das Weite gesucht. Und jetzt dieser Isländer. Wie hieß der noch? Ich will den ja nicht als Mann. Es geht um unsere miese Welt, Politik und Wissenschaft. Ich bin unter anderem Journalistin geworden, Spezialgebiet Klima und Politik. Und er, der mit der gelben Rose, ist Erfinder und Professor, nicht in Reykjavík, sondern hier in Berlin. Verdammt, ich habe seinen Vornamen vergessen. Und dann hat er sogar dunkle Haare. Ich dachte, alle Isländer wären blond!
»Zu deiner Beruhigung, ich heiße Hekli. Nein, nicht richtig. Die nennen mich nur so. Korrekt heiße ich Kevin Sigurdson, aber nur auf dem Papier. Du kannst mich nennen, wie du willst.«
Mir egal, nur fehlt mir da etwas der Zusammenhang, modern ausgedrückt: der Kontext.
»Das ist eine saublöde Geschichte. Wir haben einen Vulkan namens Hekla, der ist immer noch aktiv, so alle zehn Jahre, hin und wieder. In der Schule war ich ziemlich ruhig. Ich dachte immer an was anderes, träumte von Erfindungen, zum Beispiel, wie man das Wetter auf Island wärmer machen könnte. Einer unserer Lehrer merkte das und meinte, er könnte mich etwas aufrütteln. Vor der Klasse verkündete er dann: ›Wir müssen den Kevin mal in Bewegung bringen wie den Hekla, mindestens einmal in zehn Jahren. Plötzlich wurde ich aktiv. Hekla mochte ich nicht, dann lieber Hekli. Es wurde abgestimmt, wie das auf Island so üblich ist. Ab da hieß ich Hekli. Du kannst dir das aussuchen, wie ich ja vorhin schon gesagt habe.«
Nun also Kevin alias Hekli. » Ich will mehr von dir wissen. Ich nehme an, die Schule hast du einigermaßen geschafft. Was dann? Ich möchte alles wissen.«
»Das wäre eine längere Geschichte. Die willst du doch gar nicht hören, oder? Allerdings, so richtig langweilig war das nie.«
»Los, erzähl. Ich sag dir hinterher, ob langweilig oder nicht.«
»Okay, dein Risiko. Also: Wir hatten einen Leichtathletikwettkampf der skandinavischen Länder bei uns in Reykjavík. Ich war ganz gut im Stabhochsprung, zumindest für isländische Verhältnisse. Einige hofften sogar, ich könnte das gewinnen. Nun gab es da eine Vorgeschichte. Am Abend davor hatte ich Streit mit meiner Freundin Annalena, der Tochter des deutschen Botschafters bei uns. Sie meinte, es hätte keinen Zweck mehr mit uns beiden.«
»Das passiert aber doch oft bei jungen Leuten. Habt ihr euch denn wieder vertragen?«
»Ja, aber wie! Aber erst mal zu Annalena. Logischerweise war sie hübsch, echt hübsch, sportlich und sie konnte vier Sprachen, neben Deutsch und perfektem Isländisch noch Dänisch und Englisch.«
»Chapeau, wie hat sie das denn fertiggebracht?«
»Als sie noch ganz klein war, hat ihr Vater als deutscher Botschaftsangestellter in Kopenhagen gearbeitet. Im Kindergarten hat sie automatisch Dänisch gelernt und dann in der Amerikanischen Schule natürlich Englisch. Zu Hause hat ihre Mama ihr vernünftige deutsche Rechtschreibung beigebracht.
Doch zurück zum Stabhochsprung. Es fing ganz gut an. Man muss eine ziemliche Strecke laufen, um den richtigen Schwung zu bekommen. Ich lief also los, aber unterwegs fiel mir Annalena ein: Die will nicht mehr mit mir. Was für eine Scheiße! Verdammt, ich muss ja noch springen. Tat ich auch, nur nicht über die Latte, sondern drunter. Zuschauer, die das nicht richtig mitbekommen hatten, klatschten schon, aber die meisten fingen an zu buhen, dann buhte das ganze Stadion.
Wie ein begossener Pudel versuchte ich wegzutrotten. Da stand plötzlich Annalena vor mir. Sie nahm mich in den Arm. Sie hauchte mir ins Ohr: ›Das war der grandioseste Stabhochsprung, den ich je gesehen habe. So elegant unten durch hat das noch niemand geschafft. Du bekommst eine Belohnung: Wir heiraten, so schnell wie möglich.‹
Selbst Papa der Botschafter fand das prima, dass seine Supertochter einen Studenten heiraten wollte.«
»Was ist das für eine schöne Geschichte! Und? Habt ihr geheiratet?«
»Ja, klar! Und als ich mit der Uni fertig war, kamen die beiden Babys, Zwillinge. Annalena hat ihre Babys aber nie kennengelernt. Fast das ganze Krankenhaus hat um sie gekämpft. Sie hat es leider nicht geschafft.«
»Das tut mir leid, sehr sogar. Aber wer hat sich um die Babys gekümmert?«
»In erster Linie ich. Die Uni hatte mir, ich war gerade Jungdozent geworden, ein Jahr Babyurlaub gegeben. Dann waren da die beiden Omas, die haben sich die Zeit geteilt. Meine Schwiegermutter reduzierte ihren Job in der Botschaft auf halbtags und die andere Hälfte des Tages übernahm meine Mama. Oft brachte sie meinen Vater mit. Der war schon etwas tüdelig, saß meistens nur vor den Kinderbettchen und sagte immer wieder: ›Was für ein Wunder!‹«
»Und wie habt ihr die beiden genannt? Anna und Lena?«
»Genau. Anna und Lena, im Andenken an ihre Mama. Beide bekamen noch einen zweiten Vornamen dazu, so wie ihre Omas hießen: Katharina, die Botschafterfrau, und Solay, meine Mama.
Als die beiden älter wurden, vielleicht zehn, schmiedeten sie mit den beiden Omas ein Komplott: Papa braucht eine Frau. Ich hatte mich mit Händen und Füßen gewehrt. Was sollte ich denn mit einer Frau? Ich hatte die beiden fast immer lieben Mädchen und zwei fast immer liebe Omas. Da noch eine mehr? An der Uni liefen schon genug davon rum. Irgendwann haben die es dann doch aufgegeben.«
»Hört sich toll an. Deine beiden Töchter sind doch jetzt erwachsen. Erzähl ein bisschen mehr davon!«
»Was interessieren dich die Geschichten von kleinen süßen Mädchen?«
»Du Blödmann, das ist doch echtes Leben. Bevor du Streit mit mir suchst, erzählst du weiter! Was ist aus den beiden geworden?«
»Die hatten das Talent meiner Frau geerbt. Beide konnten schnell Sprachen lernen. Annalenas Eltern sprachen natürlich Deutsch mit den beiden. So wuchsen sie zweisprachig auf, denn ich sprach selbstverständlich Isländisch mit ihnen.«
»Und Englisch? Ich glaube, gehört zu haben, dass alle Isländer irgendwie auch Englisch können.«
»Stimmt. Wir, also die beiden Omas und ich, hatten eine Schule ausgesucht, an der Englisch ein besonderer Schwerpunkt war. Damit waren wir aber noch nicht durch. Denn meine Schwiegermutter hieß zwar Katharina, aber dass sie Italienerin war, wusste ich gar nicht – bis mein Schwiegervater mich fragte, ob ich einverstanden wäre, es für die beiden mal mit Italienisch zu versuchen. Klar wollte ich. Das dauerte gar nicht lange, da brabbelten die schon in ihrer neuen Sprache. Und mich zogen sie damit auf, da ich kein Wort davon verstand. Ergänzend muss ich dazu sagen, dass sie ziemlich intensiv damit beschäftigt waren, mein Deutsch, was ich durch Annalena so einigermaßen gelernt hatte, richtig aufzupolieren.«
»Das haben die prima hinbekommen. Du hast noch keinen einzigen Fehler gemacht.«
»Du glaubst gar nicht, wie mühsam das ist. Ich dachte, mit ein paar Fehlern könnte man prima leben. Nobody is perfect und so. Das lief aber anders. Egal welche – eine von den beiden erklärte mir laufend: ›Isländisch kannst du ja, logisch, und dein Englisch ist ganz passabel. Du sprichst jetzt aber nun so lange Deutsch mit uns, bis du einen Fehler gemacht hast.‹«
»Und wie oft haben sie dich dabei erwischt?«
»Nicht so oft. Um sie zu beruhigen, habe ich absichtlich etwas Falsches eingeschoben. Dann hatte ich meine Ruhe.«
»Haben die dein Schummeln nicht bemerkt und es einfach so akzeptiert?«
»Von wegen. Hast du schon mal mit zwei fast erwachsenen Mädchen eine Kissenschlacht gemacht?«
»So etwas zu hören, macht mir richtig Spaß. Und was machen deine Mädchen jetzt?«
»Du hörst ja doch nicht auf, noch mehr hören zu wollen. Deshalb erzähle ich weiter. Als sie sechzehn waren, versuchten sie einen Deal mit mir: ›Papa, wir haben mit der Schule vereinbart, für ein Jahr als Austauschschüler nach Frankreich zu gehen. Wir kommen erst wieder zurück, wenn du eine Frau hast!‹«
»Hattest du eine oder hast du versucht, dich dadurch zu mogeln?«
»Gemogelt. Ich liebe Kissenschlachten.«
»Und was machen deine beiden Lieben jetzt?«
»Katharina ist Kinderärztin geworden, mit einem IT-Forscher verheiratet und lebt in Kalifornien. Ich werde bald Opa. Und Solay lebt als Spezialistin für Vulkane und Erdbeben in der Toskana, wo ihre Oma herkam. Italien hat zwar weniger Vulkane als Island, aber genügend Erdbeben haben alle beide. Ihr Freund ist Deutscher und macht dasselbe. Beide haben ein Gerät entwickelt, um Erbeben vorherzusagen. Testgeräte haben sie überall in Europa deponiert, auch auf Island. Sie leben in Florenz und haben einen Riesencomputer, der alles anzeigen soll. Ob Erfolg oder nicht – das hängt vom nächsten Erdbeben ab.«
»Geräte, um Vulkanausbrüche und Erdbeben vorherzusagen, gibt es, soweit ich weiß, zur Genüge. Ich glaube allerdings, dass Seismografen erst ein Erdbeben anzeigen, wenn es schon anfängt, richtig?«
»Stimmt. Sie helfen dadurch nicht wirklich. Es passieren immer wieder plötzliche Katastrophen. Solay und ihr Freund arbeiten mit Schwingungen. Die gibt es überall, auf und in der Erde inklusive der Erdkruste. Tektonische Veränderungen der Kruste verursachen Erdbeben, starke oder auch ganz schwache. Letztere gibt es selten auch in Deutschland: in der Eifel und in Südbaden. Am intensivsten sind sie bei den Feuerringen rund um die Welt und dazu gehören auch Island und Italien. Die Schwingungen der tektonischen Verschiebungen sollen früher angezeigt werden. An so etwas arbeiten die beiden.«
»Ich wünsch den beiden, dass es funktioniert. Das wäre ein Segen für die Menschheit!«
»Und was die Haare betrifft, liebe Rieke, in Island gibt es Typen mit sogar richtig dunklen Haaren. Woher das kommt? Vielleicht gab es dort ja eine Urbevölkerung, bevor die Wikinger so um 900 nach Christus dort einwanderten. Oder die kommen von den Galeerensklaven der Römer.«
»Und was macht ein solcher Sklavennachfahre hier in Berlin? Sklavenhandel ist doch seit einer Ewigkeit verboten!«
»Glaubst du! Anscheinend wird die Sklaverei wieder neu erfunden, zum Beispiel um die Menschheit durch spezielle Corona-Mutationen erneut ins Unglück zu stürzen. Können wir uns wehren? Oder bleibt es beim ›Fressen oder Gefressen-werden‹«?
»Als Ersatz für die Atomwaffen, die es ja nicht mehr gibt, hat man jetzt die Viren, um die Menschen auszunutzen oder auszurotten. Nein, ›ausrotten‹ wird gestrichen. Durch wen kann man denn sonst Kohle machen, wenn niemand mehr da ist!«
»Dass ich laufend darüber schreibe und diese Halunken verdamme, die die Menschheit mit Corona X beglücken, nur um damit Kasse zu machen, bringt überhaupt nichts, zumindest nicht in Deutschland. Hier haben wir weder die Macht noch die Mittel, etwas dagegen zu tun.
Aber ich wiederhole meine Frage: Weshalb bist du eigentlich in Berlin? Ich habe Hunger, wir essen was und dann erklärst du mir haargenau, wie ihr, du mit Berlin, diese Scheißwelt ändern wollt – verbessern natürlich.«
»Einverstanden, Rieke. Als Erstes eine spezielle Frage: Wir hatten doch Rosen vereinbart. Und du kreuzt hier mit einer Nelke auf. Sag bitte nichts, lass mich mal raten, du gehörst zu einer besonderen Sorte von Frauen, die so ihre eigene Meinung haben und die, wenn es sein muss, sogar dafür kämpfen. Ich habe gerade entschieden, mich da rauszuhalten.«
Ob der gemerkt hat, dass ich ein bisschen bin wie meine Oma? Soll ich dem was von meiner Oma erzählen? Lieber nicht! Also, ich musste zwei Pfeifen von Männern überstehen. Was jetzt? Einen Isländer oder die Rettung der Welt? Was ist wichtiger?
Er meinte: »Ich liebe solche resoluten Frauen, die sich der bedenklichen Auffassung hingeben, Männer seien höchstens ein notwendiges Übel. Versteh mich bitte nicht falsch: Wir sind doch hier, um ein politisch-wissenschaftliches Gespräch zu führen. Und wenn diese resolute Frau auch noch so attraktiv ist?«
Schluss jetzt! Es geht nur um Resultate. Verdammt. Irgendwie hatte ich mir die viel schlimmer vorgestellt.
Ich ihn auch. Doch man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
»Fangen wir mal mit den Tatsachen an. Corona war so gut wie besiegt. Jetzt tauchen Mutationen auf, die sich weder durch Medikamente noch durch Impfungen beeinflussen lassen. Wir müssen wieder ganz von vorne anfangen. Genauer gesagt, wir alle stehen vor einer neuen weltweiten Katastrophe, oder?«
»Hoffentlich nicht. Wir haben zwei Herausforderungen: erstens die Pandemie selbst und zweitens die Verursacher. Nummer zwei ist das Wichtigere und vielleicht das, womit wir anfangen sollten.«
»Verstehe ich. Bei der letzten Pandemie gab es immer wieder den Vorwurf, sie sei künstlich produziert worden. Das wurde ja nie bewiesen oder widerlegt. Trotzdem geht es nun wie aus heiterem Himmel wieder los. Nachdem wir so gut wie durch waren, taucht plötzlich diese Mutation auf – also das ganze Theater noch mal von vorne und alles nur wegen der vielen Kohle. Habt ihr jetzt eine Idee, was Vernünftiges dagegen?«
»Eben nicht, deshalb müssen wir doch versuchen, die Drahtzieher aus der Reserve zu locken.«
»Zwei simple Fragen: Wir sind ohne Medikamente und Impfstoffe für diese neue Variante. Wie soll das weitergehen? Und wozu braucht ihr da die Presse, also uns?«
»Ich fang mal mit dem pharmazeutischen Teil an. Da ist Berlin führend, deshalb bin ich hier. Wir forschen rund um die Uhr. Diese Mutation ist so völlig anders, auch wenn sie noch Corona heißt. Wir brauchen einfach mehr Zeit.«
»Verstehe. Aber jetzt pfeifen wir erste einmal auf alle Viren und versuchen, das Essen zu genießen.«
Rieke dachte nach.
Dieser Kevin alias Vulkan-Hekli tut mir leid. Seine Töchter sind flügge. Und Berlin erweist sich als Flop. Dieser Isländer, übrigens der erste dieser Gattung, den ich kennenlernen darf, scheint ganz nett zu sein. Quatsch, der ist richtig sympathisch, du liebe Zeit, der ist sogar supersympathisch. Rieke, Rieke! Nach der Pleite mit deinen beiden ersten Männern hast du dir doch geschworen, dich mit Männern nie wieder einzulassen. Und ausgerechnet Corona X serviert dir dann dieses Prachtexemplar!
Dieser verdammte Kerl, fast vom Nordpol. Bestimmt unbrauchbar. Der hat fast zwanzig Jahre nur für seine Töchter gelebt mit Mutter und Schwiegermutter als Zugabe. Der weiß vielleicht gar nicht mehr, wie das geht. Lass die Finger davon! Oder vielleicht doch mal versuchen? Nein, stolpere nicht in dein Unheil. Denk lieber nach. Worüber? Über Männer, den Nordpol und Corona!
Wie hatten die das mit der Abschaffung der Atombomben hinbekommen? Da hatte doch niemand mit gerechnet, auch nicht mit den positiven Folgen. Die ganze Welt wurde dadurch durcheinandergebracht, war aber plötzlich viel schöner.
Die USA wurden ohne Atomwaffen zum zahnlosen Papiertiger. China zerbröckelte in Einzelstaaten, nachdem ihnen deutsche Politiker das Supersystem Föderalismus schmackhaft gemacht hatten. Dadurch haben die jetzt ungefähr dreißig Ministerpräsidenten, alle mit eigenen echten Superideen, meinen die wenigstens: gute und schlechte, meistens schlechte. Die Chinesen wollen immer alles perfekt machen. Deshalb funktioniert der Föderalismus bei denen auch noch viel kurioser als in Deutschland. Der Staatspräsident hat dort kaum noch was zu sagen. China ist dadurch zum zweiten Papiertiger geworden.
Bliebe Europa: Russland begann, demokratisch zu werden. Der Versuch, Russland in die EU zu bekommen, folgte: von Gibraltar bis Wladiwostok. Deutschland wurde zum Repräsentanten der Technik und Russland für die vielen Rohstoffreserven. Unsere lieben Nachbarn, angeblich hatten wir neuerdings nur noch liebe, fingen an, sauer zu werden. Manche träumten schon vom Dritten Weltkrieg, um die Deutschen an die Kandare zu bringen. Resultat: letztlich geplatzt! Aber warum? Jeder versuchte, seine Einzelinteressen durchzusetzen. Aber am meisten fürchtete man die engere Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland. Unzählige Konferenzen, endeten meist im Streit.
Zwei Ereignisse brachten die halbintakte Welt aufs Neue durcheinander. Corona war also wieder da: eine Mutation, noch aggressiver als die ursprüngliche. Nichts half dagegen. Es begann In Mittelamerika, wanderte im Süden bis Brasilien und im Norden bis in die USA, dann ähnlich wie bei Corona I und II irgendwann in die ganze Welt.
Ereignis zwei: Das große Geld war wieder da und versuchte, die Welt zu dirigieren, besser gesagt: zu regieren. Durch den Wegfall der Atomwaffen und Waffen allgemein war die Welt plötzlich zu friedlich geworden.
Friedlichkeit bedeutete für die Geldmafia: keine Zukunft. Hier und da ein kleiner Krieg, dann ein großer, und schon wäre alles wie früher. So wünschten sich das die Geld-Haie.
Und jetzt saßen da zwei in Berlin, die quirlige Enkelin, die schon zwei Männer verbraten hatte, und der besonnene Isländer, der die Sache mit den Frauen eigentlich schon abgehakt hatte. Und die wollten die Welt retten?
»Im Moment deute ich das nur mal an. Aller Voraussicht nach haben wir einen Weg gefunden. Denk an den Spruch, der Weg ist das Ziel. Ich erkläre dir das genauer beim nächsten Mal. Und die Presse brauchen wir, um gewisse Meinungen weltweit zu verbreiten. Auch das erkläre ich dir beim nächsten Mal.«
»Du Idiot! Du lotst mich hierher nur wegen ein paar Andeutungen?«
»Nein, es gibt einen ganz anderen Grund. Willst du den wirklich wissen?«
»Ja, den möchte ich wirklich wissen.«
»Es könnte sein, dass dir das vielleicht gar nicht gefällt.«
»Könnte sein!«
»Okay, dein Risiko. Ich weiß, wer du bist. Es steht ja alles im Internet. Du bist immer höflich, cool, aber unerbittlich, wenn es um die Sache geht. Und dein Bild im Internet ist, ich sage das mal auf Englisch, klingt weniger grob, also shit. Du siehst, zumindest im Moment, viel besser aus. Und deshalb, last but not least, darf ich dich einmal küssen?«
»Das ist doch Beschiss hoch zwei. Ein hochdotierter Wissenschaftler lädt mich ein. Es ginge um etwas Hochbrisantes, Weltbewegendes. Was kommt dabei heraus? Dieser Mistkerl will mich nur küssen. Ich weiß schon, was als Nächstes kommt: ›Zu dir oder zu mir?‹ Ist das die isländische Tour, es bei mir auszuprobieren?«
»Erstens ist diese Tour, ich meine das Küssen, international. Zweitens, so etwas Blödes: Zum ersten Mal denke ich nicht mehr an Corona, sondern habe wie ein pubertierender Pennäler meine Gedanken ganz woanders.«
»Sehr interessant, äußerst interessant. Trotzdem zurück zu deinem Vorschlag: Riskant, aber egal … Küssen, also einmal nur, dann aber richtig.«
Eine Woche später.
Hekli lächelt. »Ich freue mich, dass wir uns schon wieder treffen. Ich hätte da einen grandiosen Vorschlag.«
»Und der wäre?«
»Wir fangen da an, wo wir das letzte Mal aufgehört haben.«
»Das könnte dir so passen. Ich nehme mal an, du bist als Isländer auch mit deinen Landessitten vertraut.«
»Richtig. Ich bin mit unseren Landessitten vertraut. Wäre traurig, wenn nicht. Ich gehe mal davon aus, du willst mich reinlegen, sonst würdest du nicht eine solch abwegige Frage stellen.«
»Abwegig ist das gar nicht. Also zurück zu euren Landessitten: Ihr Isländer seid doch so sozial eingestellt, stimmt’s? Also: Vor Hunderten von Jahren lebten die meisten Isländer noch alle in Dörfern. Und wenn einer dort krank wurde oder es ging ihm nicht gut, dann haben die anderen Dorfbewohner geholfen, es durfte schließlich niemand verhungern. Sobald er wieder gesund wurde, musste er