Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Dies ist die Geschichte eine kleines jungen Mädchens, das als Baby von zwei amerikanischen Soldaten vor dem Hungertod gerettet wurde und dann auf den Philippinen eine glückliche Kindheit erleben durfte. Erst später lernte sie ihre Mutter kennen und danach auch ihren Vater - alles in Liebe. Sie erlebte auch eine Entführung in China, wurde Kinderärztin in Deutschland und Mutter von drei quicklebendigen Kindern. Und dann noch der Wegfall der Atombombe. Die Völker fingen tatsächlich an, sich zu mögen. Alles in allem ist dies eine schöne und interessante Geschichte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 164
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
EPILOG
Dies ist die Geschichte eines kleinen jungen Mädchens, das als Baby von zwei amerikanischen Soldaten vor dem Hungertod gerettet wurde und dann auf den Philippinen eine glückliche Kindheit erleben durfte. Erst später lernte sie ihre Mutter kennen und danach auch ihren Vater – alles in Liebe.
Sie erlebte eine Entführung in China, wurde Kinderärztin in Deutschland und Mutter von drei quicklebendigen Kindern.
Und dann noch der Wegfall der Atombombe! Die Völker fingen tatsächlich an, sich zu mögen.
Alles in allem ist dies eine wundeschöne und interessante Geschichte.
Zwei völlig zerstörte Häuser. Zwei amerikanische Soldaten in einem Jeep, halten an.
»Was ist das denn? Der Krieg ist doch schon fast vorbei. Und die vielen Toten, in den Vorgärten und sogar auf der Straße. So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»Schau mal, da krabbelt was.«
»Sehe ich auch. Lass uns mal gucken.«
»Oh, Gott. Ein Baby, ein richtiges Baby krabbelt da. Wie fürchterlich! Was machen wir denn nun?«
»Ja, was machen wir denn nun? Das ist eine verdammt wichtige Frage! Wir prüfen erst einmal, ob es sich verletzt hat. Und dann nimmst du das Baby und ich fahre in den nächsten Ort, um dort Leute zu finden, die das Baby übernehmen können.«
Das Baby wirkte ganz apathisch. Sicherlich war es fürchterlich hungrig und natürlich auch durstig. Es jammerte aber nicht, schlang nur seine kleinen Ärmchen um den Hals des Soldaten.
»Los, fahr los, damit wir jemanden finden! Das Baby braucht unbedingt Hilfe. Oh Gott, wie ist das Baby süß. Fahr mal ein bisschen schneller!«
»Da vorn ist eine Apotheke. Die müssen doch Windeln und Babynahrung haben.«
Hatten sie. Ein ziemlich alter Apotheker nahm den beiden das Baby ab, machte Milch warm und sorgte für neue Windeln. Das Baby, ein Mädchen, erholte sich zusehends, fing an zu zappeln und gab Töne von sich, die sich nach ZufriedenheitZufriedenheit anhörten.
Die beiden jungen Soldaten und der alte Apotheker nickten, als wollten sie sagen, das haben wir richtig gut gemacht. Als der Apotheker dann noch einen Nuckel hervorkramte und das Baby vor Vergnügen kreischte, nicken die drei Männer wieder.
Als es rundum versorgt war, erkundigte sich der Apotheker in gutem Englisch, was denn zwei
Soldaten mit einem Baby machten. Die beiden erzählten ihm von ihrem Erlebnis. Da bat er die beiden, nochmals zurückzufahren, um vielleicht noch weitere Überlebende zu finden, eventuell sogar die Eltern des Kindes.
Als sie zurückkamen, schüttelten sie den Kopf.
Der Apotheker erklärte, er sei aber zu alt, um noch für ein Baby zu sorgen, und schlug deshalb vor, von Haus zu Haus gehen und zu fragen, ob jemand das Baby übernehmen würde.
Der eine Soldat überlegte lange. Schließlich schüttelte er den Kopf und sagte bestimmt:
»Das Baby übernehme ich.«
»Bist du verrückt?«, erwiderte der andere. »Du bist Soldat. Du kannst doch kein Baby übernehmen!«
»Doch, kann ich. Ich wollte mit dem Kriegsende sowieso mit dem Soldatendasein aufhören und in meine Heimat zurückkehren, auf die Philippinen. Das Baby wird meine Tochter. Die nehme ich mit.
Ich lass mich von niemandem davon abbringen, auch nicht von Euch!«
David Oponga beschloss einen Brief zu schreiben. An wen? Vielleicht hatte das Baby noch Verwandte? Hatte er das richtig gemacht, das süße Baby einfach mitzunehmen?
Er wartete auf eine Antwort und rechnete noch einmal nach. Wie lange brauchte wohl ein Luftpostbrief von den Philippinen nach Deutschland? Höchstens drei bis fünf Tage vermutete er. Und ob die Post in Deutschland schon wieder funktionierte?? Außerdem musste der Brief bei dem richtigen Beamten landen. Und wie viel Zeit brauchte der wohl, um den Brief überhaupt zu öffnen? Gedankenverloren verglich er die deutschen Beamten mit den einheimischen und resignierte: Es würde Wochen dauern, bis jemand anfing, sich mit der Sache zu befassen.
Doch schon nach zwei Wochen kam die Antwort aus Deutschland. Er wagte es erst nicht, den Brief zu öffnen. Wenn man so schnell antwortete, konnte es nur ein negativer Bescheid sein! Nach einigem Zögern öffnete er den Brief dann aber doch.
Diese Antwort hatte er nicht erwartet.
Der Bürgermeister dachte nach. Er erinnerte sich noch. Wie war das damals bloß? Ob in den zerstörten Häusern wirklich alles genau untersucht wurde?
Also organisierte er einen Suchtrupp. Der fand noch eine Person, eine Frau, die unter einer eingestürzten Mauer eingeklemmt war. Sie war ohnmächtig und wurde sofort ins nächste Krankenhaus gebracht.
Als sie zu sich kam, war ihr erster Satz: »Wo ist mein Baby? Wo ist mein Hannes?«
Eine Katastrophe! Wer sagte der Mutter nun, dass ihr Baby verschenkt worden war und jetzt auf den Philippinen lebt. Wer hatte den Mut dazu? Natürlich niemand
Der Bürgermeister erfuhr, dass man die Frau gefunden hatte, nicht sofort, sondern erst ziemlich später. Als er den Brief von David Oponga las, hatte er plötzlich den Gedanken, ob die Frau, die in der Ruine gefunden worden war, eventuell etwas mit dem Baby zu tun haben könnte? Nur: Wo fand er die Frau? Also fragte er beim Suchtrupp und dann im Krankenhaus nach. Es war ja einige Zeit vergangen. Das Personal hatte gewechselt. Weil Kriegsende war, wurde nichts aufgezeichnet und niemand konnte sich an das Personal von damals erinnern oder an die verletzte Frau.
Was blieb ihm also anderes übrig? Er plazierte eine Suchmeldung in verschiedenen Zeitungen und suchte übers Radio.
Julia Hartmann musste die Suchmeldung zweimal angucken, bevor sie begriff. Handelte es sich etwa um ihre kleine Henrietta?
Der Bürgermeister musste ihr den Brief von David Oponga zweimal vorlesen, bevor sie realisierte, dass es wohl ihre Tochter war – nein, ganz bestimmt ihre Tochter! David hatte eine Telefonnummer angegeben. Sollte sie dort jetzt etwa anrufen? Du liebe Zeit, es war mitten in der Nacht auf den Philippinen! Also beschloss sie, um punkt acht Uhr philippinischer Zeit dort ein Gespräch anzumelden. Ohne Anmeldung funktionierte noch kein Auslandsgespräch.
Aus irgendeinem Grund wusste David sofort, dass es sich um etwas Wichtiges handeln musste.
Wer rief schon morgens um acht Uhr an?
»Julia Hartmann hier. Ich habe Ihren Brief gelesen. Ich bin sicher, dass es sich bei Naomi um meine Tochter Henrietta handelt. Darf ich zu Ihnen kommen?«
»O Gott, was für ein glücklicher Zufall! Bist du wirklich die Mutter? Wie kommst du denn darauf, dass es sich um deine Tochter handelt?«
»Sie ist es garantiert. Ihr habt mich bei eurer Suche nach Überlebenden nicht entdecken können, da ich unter einer abgestürzten Mauer lag.«
»Und das hast du überstanden? Julia, bin ich froh, daß ich dich gefunden habe und vor allen Dingen, daß Naomi, also Henrietta, ihre Mutter bald wiedersehen kann! Du brauchst ein Visum. Ich glaube allerdings, dass in Deutschland vieles noch chaotisch ist, um solch ein Visum zu bekommen. Ich versuch das besser hier.
David überlegte. Die Philippinen waren noch eine halbe amerikanische Kolonie, also wendet er sich direkt an seine früheren Kollegen. Und an wen da? Am besten seines Vorgesetzten, General Meyers.
»Hi, General. Erinnerst du dich noch an mich? Ich war einer deiner Sergeant Majors.«
»Klar, dass ich mich an dich noch erinnere. Du warst mein bestes Pferd im Stall. Du hast uns jetzt ade gesagt und willst hier auf diesen Inseln wohnen, obwohl du Amerikaner geworden bist«
»Luzon ist doch meine Heimat. Aber ich habe eine ganz besondere Bitte an dich.«
»Da bin ich aber gespant. Los, schieß los.«
David erzählte dem General die ganze Geschichte, wie er Naomi gefunden und mitgenommen hatte.,
Und dann hätte er die Mutter von dem Baby ausfindig gemacht, und die möchte natürlich ihr Kind sehen.
Der General »Das ist eine ganz vertrackte Geschichte. Die Mutter ist bestimmt eine Deutsche, und für Deutsche kann ich im Moment, so kurz nach dem Krieg, überhaupt nichts tun.«
»Mon Général, denk doch bitte andie Menschlichkeit. Die junge Frau hat ihren Mann verloren, und ihre kleine Tochter lebt auf der anderen Seite der Welt.«
»Du hast recht. Diese verdammten Kriege bringen so viel Unheil auf völlig Unschuldige. Sag mal, kann diese junge Mutter, wenigstens ein bißchen Englisch?«
»Klar. Sie ist doch Dolmetscherin, logischerweise auch für Englisch.«
»Lass mich nachdenken. Ob sie wohl auch amerikanisches Englisch spricht?«
»Sicherlich, aber da frage ich lieber besser.«
David arrangierte ein Telefonat mit Julia.
»Sag mal, Julia, du bist also Dolmetscherin für Englisch. Nur Kings English?«
»Nein, natürlich nicht. Beim Simultandolmetschen bin ich auch für Standard American English zugelassen. Von den Dialekten kenne ich zumindest den Boston Accent. Ich bin ja noch vor dem Krieg angefangen zu studieren, und einer meiner Lehrer kam aus Boston.«
»Das ist prima. Hast du noch andere Sprachen?«
»Ja, nicht für Simultan, aber für einfaches Dolmetschen noch Französisch und Kisuaheli.«
»Kisuaheli ist das nicht eine afrikanische Sprache? Wie bist du denn an die gekommen?«
»Also Kisuaheli ist als Handelssprache in ganz Ostafrika bekannt. Sie ist erste Amtssprache in Tansania, und zweite Amtssprache in Kenia und Uganda, und sicherlich in noch einigen ostafrikanischen Ländern.«
»Aber, wie bist du darangekommen?«
»Ziemlich einfach. Wir hatten eine Haushaltshilfe aus Afrika. Die sprach ja ganz gut Englisch, aber fing jeden Satz erst einmal mit Suahelisch an. Mich hatten immer schon Sprachen interessiert und begriff die außerordentlich schnell. Nun fing ich gerade an zu studieren und wollte ausprobieren, wieviel Zeit ich brauchte, um eine fremde Sprache gänzlich aufzunehmen. Ich fragte Alvita, ob sie Lust hätte, mir dabei zu helfen. Hatte sie, und beide übten wir täglich, immer solange ich die fremde Sprache aufnehmen konnte.
Nach einem Jahr war ich soweit, die Dolmetscher-Prüfung für Kisuaheli zu überstehen.«
Das erklärte David seinem General. Der nickte.
»Du hattest um Menschlichkeit gebeten. Ich habe lange darüber nachgedacht, und folgenden Entschluß gefaßt, nämlich Julia einem amerikanischen Paß zu besorgen. Ihr Boston Accent hat diesen Entschluß bestätigt. Es wird in Berlin bestimmt noch ein Buchhändler geöffnet sein, der einen Stadtplan für Boston besitzt. Dort soll sie eine Adresse in einem guten Viertel aussuchen. Dann guckst du in deinem amerikanischen Paß, welche Angaben dort benötigt werden. Und wir brauchen ein Paßbild vor ihr. Das bringt sie an eine Adresse in Berlin, die ich dir noch aufgeben werde.
Das Paßbild wurde per Militärmaschine nach Manila gebracht, und der Paß wenige Tage später zurück nach Berlin.
Julia hatte schon gepackt. Die gleiche Militärmaschine brachte sie nach Manila, da ein normaler Flugverkehr von Deutschland noch nicht möglich war.
David wartet am Militärflughafen von Manila auf Julia.
Er dachte nach.
Naomi geht es gut, sehr gut sogar. Sie lebt in unserer Familie, fängt gerade an zu gehen und spricht schon ihre ersten Worte.
Sie ist eine ganz Lustige und lebt gerne bei uns.
Naomi war ein hübsches Kind geworden, mit blonden Locken, ganz anders als die Kinder hier. Sie war auch nie zickig. Er war ihr Papa und sie liebte ihn abgöttisch.
David hatte als US-Soldat gut verdient, alles gespart und konnte sich damit ein richtig schönes Haus kaufen, sogar erdbebengeschützt! Er war verheiratet und hatte zwei leibliche Kinder, die Naomi ebenfalls über alles liebten. Ihre Welt war in Ordnung. Er hatte das Mädchen nicht Naomi genannt, weil das auf den Philippinen gut klang, sondern weil er den Namen einfach toll fand.
Julia war besorgt, wie sie wohl mit einem Kind umgehen würde, das sie nur als kleines Baby gekannt hatte.
Es kam aber ganz anders. Naomi fiel ihr um den Hals, weinte und lachte zur gleichen Zeit, hörte gar nicht auf, sie zu küssen. David stand mit seiner ganzen Familie dabei. Sie begrüßten Julia herzlich. Das Eis, vor dem sich Julia so gefürchtet hatte, war damit gebrochen. David meinte, Naomi müsse später selbst entscheiden, wo sie leben wolle. Bis dahin solle sie beide Sprachen lernen: Tagalog und Deutsch. Er schlug vor, Julia solle so lange bleiben, bis Naomi richtig sprechen gelernt hätte und dann auf ihre Entscheidung warten.
Auf den Philippinen zu leben, erschien ihr tatsächlich besser zu sein als in Deutschland, so kurz nach dem Krieg. Als Übersetzerin zu arbeiten, erlaubte es ihr in Deutschland zwar, einigermaßen über die Runden zu kommen. Aber die Nachkriegszeit war alles andere als angenehm.
Um auf den Philippinen Entscheidungen treffen zu können, brauchte sie erst einmal einen Job. David suchte ihr einen beim amerikanischen Konsulat. Das suchte dringend einen Übersetzer für Französisch und Deutsch. Sie würde doppelt so viel verdienen wie in Deutschland und hätte darüber hinaus sogar sehr viel mehr Freizeit. Von solch einem Job hatte sie immer schon geträumt. Daher nahm sie dankend an.
Es erschien alles in Ordnung. Doch das war es nicht so ganz.
Denn Julia störte Naomis enges Verhältnis zu David. Sicher, er war es, der ihr das Leben überhaupt ermöglicht hatte. Dann hatte er noch die offizielle Bestätigung als Vater und Naomi ein inniges Verhältnis zu der Familie. Alles erschien ihr wie eine Bilderbuchfamilie, in die sie ebenfalls ohne viel Federlesen aufgenommen wurde. Sie erinnerte sich an Davids Aussage ganz am Anfang: dass Naomi selbst über ihre Zukunft entscheiden solle, wenn sie erst einmal Deutsch gelernt hätte.
Wie das bei Kindern so ist, lernen sie zwei Sprachen sehr schnell, wenn sie den richtigen Bezug dazu haben. Nach drei Monaten konnte sich Naomi schon ganz passabel auf deutsch verständigen, nach sechs Monaten perfekt.
Julia stand nun vor der Entscheidung, auch vor der, was sie selbst eigentlich wollte. Das Umfeld auf der Insel Luzon gefiel ihr sehr gut, zumindest besser als in Deutschland. Die Leute um sie herum waren freundlich, sogar freundschaftlich. Sie hatten ein gutes Auskommen. Es gab keine sozialen Probleme wie in anderen Teilen der Philippinen. Die Höhenlage produzierte ein herrliches Kima, tagsüber 25 und nachts 15 Grad. Dabei gab es genügend Regen. Und das Haus war erbebensicher gebaut. Ein schöner Ort zum Leben.
Julia genoss die Zeit wirklich. Alle waren nett zu ihr und sie konnte sich in ihrer Freizeit alles erlauben. Ganz schmerzlich waren die Momente, in denen sie an ihren Mann dachte, Naomis leiblichen Vater. Sie hatten eine gute Ehe geführt. Natürlich hatte es mal Streitigkeiten gegeben, aber die waren immer sofort geregelt worden. Und Hannes hatte so gut ausgesehen. Logisch, daß seine Tochter so hübsch war!
An dem Tag, an dem Hannes starb, hatte sie gerade Henrietta gewickelt. Es gab einen lauten Knall und sie wachte erst im Krankenhaus wieder auf. Sie versuchte immer wieder zu begreifen, weshalb es zu dieser Explosion gekommen war, fand aber keine Erklärung dafür.
David lebte in einem kleinen Dorf, ohne Kindergarten. Die Kinder spielten daher auf der Straße, die so holprig war, daß die Autos dort sehr langsam fahren mussten. Naomi genoss ihre Kindheit. Sie war nur selten krank. Auch für Julia war es eine besonders schöne Zeit. Sie war mit vielen Menschen befreundet und liebte es, zusammen mit Naomi zu sein. Sie befolgte Davids Rat, es Naomi zu überlassen zu entscheiden, wann sie mit ihrer Mutter die Zeit verbringe. So verging die Zeit.
Als Naomi in die Schule kam, wurde einiges anders.
»Mami, ich gehe nicht gerne zur Schule.«
»Naomi, warum das denn? Anfangs hast du das doch prima gefunden. Hast du Ärger mit deinem Lehrer oder was bedrückt dich?«
»Nein, der Lehrer ist sogar sehr nett. Es sind da drei Mädchen in der Klasse, die hetzen immer gegen mich. Das wird jeden Tag schlimmer.«
»Und warum? Was tun die?«
»Erst nur dieses Gerede, ich wäre eine Weiße. Die gehörten hier nicht her. Die Weißen hätten die Filipinos jahrhundertelang tribuliert und alle wären froh, dass sie nicht mehr da waren.
Dann fingen sie an, mich zu begrabschen. Und das wird täglich schlimmer. Ich gehe da am liebsten gar nicht mehr hin.«
»Da muss ich unbedingt mit deinem Lehrer drüber reden. Ich lebe hier doch seit einigen Jahren und finde alle Menschen ausgesprochen nett. Dagegen muss ich entschieden etwas unternehmen. Noch besser, ich spreche zuerst einmal mit den dreien.
Die zeigst du mir. Bist du damit einverstanden?«
»Ja, natürlich.«
Julia traf die drei auf dem Schulhof.
»Kann ich mit euch reden. Mit euch drei zusammen?«
»Selbstverständlich, was willst du denn von uns?«
»Das wisst ihr ganz genau: euer Verhältnis zu meiner Tochter, Naomi. Warum seid ihr alle drei so übel zu ihr?«
»Sind wir doch gar nicht. Wir sind doch alle nett zueinander. Du musst uns mit drei anderen verwechseln.«
»Naomi, ich habe mit den dreien gesprochen. Die waren ganz erstaunt und meinten, dass ich sie mit drei anderen verwechsle.«
»Verwechseln ist gut. Die drei sind nach dem Gespräch mit dir über mich hergefallen. Zuerst haben sie sich beschwert, dass ich sie verpetzt hätte. Dann haben sie versucht, mich zu schlagen. Das Schlimmste dabei ist, dass sie jetzt die ganze Klasse gegen mich aufgehetzt haben. Keiner will mehr neben mir sitzen. Ich gehe da nicht mehr hin!«
Julia sprach mit David darüber. Der war nicht sonderlich erstaunt.
»Es gibt eine kleine Partei, die ist gegen die Amerikaner. Damit kann das zusammenhängen.«
»Und warum?«
»Die Amerikaner haben uns zwar vor den Japsen gerettet, aber wir waren 50 jahrelang eine Kolonie der USA. Deshalb gibt es einige Aversionen. Ich glaube, Naomi muss die Schule wechseln.«
»Daran habe ich auch schon gedacht. Nur gibt es in diesem Ort nur diese einzige Schule. Was machen wir denn jetzt?«
»Darüber muss ich nachdenken.«
»Julia, ich sehe nur eine Möglichkeit: Ihr müsst umziehen. Nach Manila. Die Deutsche Botschaft sucht dort gerade händeringend eine Übersetzerin für Englisch und Französisch. Und Schulen gibt es in Manila jede Menge und jeder Art.«
»Für mich wäre das zwar sehr gut. Nur Naomi wäre dann ganz allein und ohne ihre Familie. Ich bin sehr überrascht, wie sehr sie alle liebt, besonders dich.«
»Wenn du das so sagst, strahlen meine Seele und mein Herz. Trotzdem wäre das die einzig richtige Lösung. Jedes Wochenende kommt ihr zu uns. Der Zug braucht nur eine halbe Stunde von Manila. Oder ihr braucht dieselbe Zeit mit dem Auto. Du verdienst hier schon super. Aber bei der Botschaft bekommst du so viel, dass du dir ein vernünftiges Auto leisten kannst. Überleg dir das in Ruhe.«
Julia bekam den Job bei der Botschaft und eine super Wohnung ganz in der Nähe. Mehrere Schulen für Naomi hatte sie nun zur Auswahl. Sie entschied sich für die Amerikanische Schule. Der Schulbus würde direkt vor ihrer Haustür halten.
Die Welt schien wieder in Ordnung zu sein. An den Wochenenden fuhren sie mit dem Bus. Der hielt unweit von ihrer Wohnung und beide genossen die Zeit.
Die Ganztagsschule gefiel Naomi richtig gut. Sie hatte dort schnell viele Freundinnen, Amerikanerinnen und Filipinas. Und Julia liebte ihren neuen Job.