Cottage mit Aussicht / Eine Liebe in den Highlands - Katie Fforde - E-Book
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Cottage mit Aussicht / Eine Liebe in den Highlands E-Book

Katie Fforde

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Beschreibung

Dieses eBook enthält die folgenden zwei Liebesromane der britischen Bestseller-Autorin Katie Fforde:

Cottage mit Aussicht: Zuhause ist, wo das Herz ist

Anna hat das große Los gezogen: Gerade ist sie stolze Besitzerin eines wunderschönen denkmalgeschützten Landhäuschens in der Nähe von London geworden. Endlich kann sie ihre Ideen verwirklichen, und voller Elan begibt sie sich an die Renovierung. Leider ist der Vorsitzende der Baubehörde, der raubeinige Rob, ebenfalls sehr kreativ, wenn es darum geht, Annas Pläne zu durchkreuzen ...

Eine Liebe in den Highlands

Nach einem furchtbaren Streit mit ihrem Freund fährt Jenny nach Schottland, um für einen ihrer Klienten eine Spinnerei auf Vordermann zu bringen. Doch der Aufenthalt auf dem Lande entpuppt sich bald als unerwartet turbulent. Jenny wird nicht nur für tausenderlei Arbeiten eingespannt, auch die häufigen Begegnungen mit dem unsympathischen Ross Grant bringen Jenny zusätzlich durcheinander ...

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Cottage mit Aussicht

Widmung

Danksagung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Eine Liebe in den Highlands

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Danksagung

Über dieses Buch

Cottage mit AussichtZuhause ist, wo das Herz ist

Anna hat das große Los gezogen: Gerade ist sie stolze Besitzerin eines wunderschönen denkmalgeschützten Landhäuschens in der Nähe von London geworden. Endlich kann sie ihre Ideen verwirklichen, und voller Elan begibt sie sich an die Renovierung. Leider ist der Vorsitzende der Baubehörde, der raubeinige Rob, ebenfalls sehr kreativ, wenn es darum geht, Annas Pläne zu durchkreuzen …

Eine beschwingte Liebesgeschichte von Bestsellerautorin Katie Fforde.

Eine Liebe in den Highlands

Nach einem furchtbaren Streit mit ihrem Freund fährt Jenny nach Schottland, um für einen ihrer Klienten eine Spinnerei auf Vordermann zu bringen. Doch der Aufenthalt auf dem Lande entpuppt sich bald als unerwartet turbulent. Jenny wird nicht nur für tausenderlei Arbeiten eingespannt, auch die häufigen Begegnungen mit dem unsympathischen Ross Grant bringen Jenny zusätzlich durcheinander …

Eine romantische Komödie mit Witz und Herz von Bestsellerautorin Katie Fforde.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

Über die Autorin

Katie Fforde hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht, die in Großbritannien allesamt Bestseller waren. Ihre romantischen Beziehungsgeschichten werden erfolgreich für die ZDF-Sonntagsserie »Herzkino« verfilmt. Katie Fforde lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und verschiedenen Katzen und Hunden in einem idyllisch gelegenen Landhaus in Gloucestershire, England.

Offizielle Website: http://​www.​katiefforde.​com/

Katie Fforde

Cottage mitAussicht—Eine Liebe in denHighlands

Zwei Liebesromane in einem eBook

Aus dem Englischen vonMichaela Link

beHEARTBEAT

Deutsche Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung von © Kozhadub Sergei/Shutterstock und © Olga Danylenko/Shutterstock

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN: 978-3-7325-7906-8

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Cottage mit Aussicht

Der Innenarchitektin Louise Ratcliffe,

die mich zu diesem Roman inspiriert hat,

in Liebe und Dankbarkeit

Danksagung

Die Idee zu diesem Buch kam mir bei einer größeren Überholung meines Hauses. Meine Eigenheit, nichts Selbsterlebtes ungenutzt zu lassen, machte aus allen im Folgenden Genannten außerordentlich wertvolle Informationsquellen.

Victoria Kingston und Hilary Johnson wiesen mich als Erste auf das Schicksal nicht mehr zum Rennen genutzter Greyhounds hin.

Wirklich hilfreich war mir jemand, der mit solchen »pensionierten« Greyhounds arbeitet, es aber klugerweise vorzieht, nicht namentlich genannt zu werden.

Melanie Foster war so freundlich, mir einen Großteil dessen anzuvertrauen, was sie über den Denkmalschutz weiß.

Hoher Anspruch, Liebe zum Detail und (meist) muntere Stimmung zeichnen Tim Poole und die Stroud Building Company aus.

Bill Thorne und Olly von Abacus Removal machten den grausigen Umzug für mich erträglicher.

Jonathan Early und danach Arthur Early waren meine Farbberater.

Briony Fforde muss jetzt ihrer Verantwortung gerecht werden.

Und wie immer ein Dankeschön meinem Liebsten und leiderprobten Ehemann Desmond Fforde.

Gleichfalls danke ich meinen wunderbaren Lektoren bei Random House - Kate Elton und Georgina Hawtrey-Woore. Die brillanten Grafiker und die kühnen, wundervollen Vertreter des Verlages haben nicht ihresgleichen. Und nicht zu vergessen die (in jedem Sinne) umwerfende Charlotte Bush, mit der ich jedes Jahr wieder viel Spaß habe.

Wie immer geht mein Dank an die peinlich genaue und doch verständnisvolle Richenda Todd.

Und ich danke Sarah Molloy von A. M. Heath, die mir ein Jahrzehnt lang eine große Hilfe war, sowie Sara Fisher, die es schwer haben wird, in Sarahs Fußstapfen zu treten, in die ich aber volles Vertrauen habe.

Ihr alle wart so großartig - vielen, vielen Dank.

Kapitel 1

Als die Kerze neben ihr flackerte, rutschte Anna vorsichtshalber auf der Sprosse der Leiter, auf der sie hockte, zur Seite. Langsam bedauerte sie, dass sie das Telefon so schnell hatte anschließen lassen. Der Handy-Empfang war sehr schlecht, und ohne Festnetz-Anschluss wäre sie fast unerreichbar gewesen. Aber wie die Dinge lagen, wurde ihr Ohr immer heißer und ihre Hand immer kälter, während ihre Schwester fortfuhr, sie zu verhören. Anna machte sich nicht die Mühe, ihr das Wort abzuschneiden - das würde später nur zu einem weiteren Telefongespräch führen. Also schob sie die freie Hand in ihren Ärmel und lauschte höflich. Ihre Latzhose war ziemlich warm, solange sie sich bewegte, doch jetzt begann sie, darin zu frieren.

»Warum bist du denn bloß noch mal dorthin gezogen?«, fragte Laura zum hundertsten Mal, wie es Anna schien. »Du weißt, dass Grundstücke hier oben in Yorkshire viel billiger sind. Wir hätten das Projekt gemeinsam in Angriff nehmen können. Das hätte viel mehr Spaß gemacht.«

Anna begann, von Neuem zu erklären - ziemlich geduldig, wie sie fand. »Ich wollte nicht so weit von London weg sein, und Amberford ist eine viel reizvollere Gegend. Von London aus gerade noch für Pendler erreichbar. Wir haben das alles schon besprochen.«

Laura seufzte. »Mir gefällt es einfach nicht, dass du das ganz allein tust, so weit von uns entfernt. Und ich wünschte wirklich, du hättest das Haus nicht so übereilt gekauft, ohne mir eine Chance zu geben, es mir zuerst anzusehen.«

Anna hatte tatsächlich leichte Gewissensbisse deswegen. »Es tut mir leid, aber ich musste mich sehr schnell entscheiden. Es gab noch jede Menge anderer Interessenten. Es war ein solches Schnäppchen.«

»Du warst eine Bargeldkäuferin«, stellte Laura gereizt fest.

Anna seufzte. »Ich weiß, und das habe ich zum Teil dir zu verdanken. Aber der andere Typ hatte ebenfalls Bargeld. Er hätte den Zuschlag bekommen, wenn ich nicht in der Lage gewesen wäre, sofort den Scheck für eine Anzahlung auszuschreiben.« Sie hielt inne. »Ich bin dir ewig dankbar, Lo. Ohne dieses Darlehen hätte ich es nicht kaufen können.«

»Du weißt, ich habe dir das Geld gern geliehen, und du bezahlst mir mehr Zinsen, als ich sie irgendwo sonst bekommen hätte. Aber ich vertraue einfach deinem Geschäftssinn nicht.«

»Das weiß ich«, sagte Anna, während sie sanft über ihre Frustration nachdachte. »Doch es wird Zeit, dass du damit anfängst. Du bist meine ältere Schwester, aber ich bin jetzt erwachsen, weißt du?«

»Siebenundzwanzig heißt nicht …«

»Doch, das heißt es.«

»Das meinte ich nicht, natürlich bist du erwachsen, doch das ist dein gesamtes Kapital und ein Teil von meinem. Es ist dein Erbe.«

»Ich weiß, dass das Geld nicht von der Zahnfee ist.«

Anna wünschte, sie hätte Bleistift und Papier und einen Platz zum Zeichnen - sie hätte einiges an Arbeit erledigen können, während dieses Gespräch sich in die Länge zog. Nicht dass das bei diesem Licht möglich gewesen wäre. Doch es war ihr einfach grässlich, Zeit zu verschwenden.

»Was ich sagen will, ist Folgendes«, fuhr Laura fort, »Du wirst dieses Geld nicht noch einmal von Granny bekommen. Und du könntest alles verlieren.«

Anna rutschte unbehaglich auf der Sprosse hin und her. »Ich sehe dieselben Fernsehsendungen wie du. Und ich bin mir genau wie du darüber im Klaren, dass es mit dem Grundstücksmarkt genauso bergab wie bergauf geht und all das. Ich habe die letzten fünf Jahre nicht mit einem Sack überm Kopf gelebt.«

Laura seufzte abermals. »Ich bin wahrscheinlich einfach eifersüchtig. Es hat so viel Spaß gemacht, die Wohnung in Spitalfields zusammen herzurichten.«

»Das stimmt«, gab Anna ihr recht, »doch ich bin jetzt ein großes Mädchen. Ich bin eine voll ausgebildete Innenarchitektin. Es wird Zeit für mich, etwas allein in die Hand zu nehmen.«

Schweigen folgte. Laura war offensichtlich immer noch nicht überzeugt. »Also, wie viel Geld hast du noch zum Leben übrig?«, versuchte sie es mit einer neuen Strategie. »Du wirst nicht alles selbst herrichten können, ganz gleich, wie geschickt du mit deiner Black & Decker und deinem Workmate bist - und ich gebe zu, du bist ziemlich geschickt. Und du musst immer noch die Hypothek abzahlen.«

»Ich habe eine etwas größere Hypothek aufgenommen, damit ich einen Teil davon benutzen kann, um sie abzuzahlen …«

»Das klingt nicht besonders vernünftig.«

»Aber ich hatte ohnehin vor, mir einen Teilzeitjob zu suchen«, sagte Anna besänftigend, bevor Laura weitersprechen konnte, »nur um Leute kennen zu lernen.«

»Ah! Du sorgst dich also bereits, dass du einsam sein könntest, und dabei hast du noch nicht einmal eine einzige Nacht in dem Haus verbracht! Verkauf es schnell, und dann versuchst du es mal hier oben, wo ich ein Auge auf dich haben kann. Vielleicht machst du ja sogar ein wenig Gewinn. Du könntest dich mit dem anderen Mann in Verbindung setzen, der Interesse hatte …«

»Nein, Laura! Ich liebe dieses Haus! Ich werde es nicht verkaufen.«

Laura stürzte sich auf sie wie eine Katze auf eine in Tagträumen versunkene Maus. »Ah! Ich wusste es! Du hast dich in ein Investitionsprojekt verliebt. Ein fataler Fehler.«

Wie hatte ihr dieses Wort nur entschlüpfen können! Anna verfluchte sich für dieses Zeichen von Schwäche. »Ich habe nicht ›verliebt‹ gesagt«, erwiderte sie, wohl wissend, dass sie ziemlich jämmerlich klang. »›Verliebt sein‹ ist etwas ganz anderes, als etwas zu lieben.« Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie abwartete, ob ihre Schwester dieses ziemlich fragwürdige Argument schlucken würde.

»In Ordnung.« Laura schien sich endlich damit abzufinden. »Versprich mir nur, dass du es verkaufen wirst, wenn es fertig ist. Sich zu verlieben, ist immer ein Fehler.«

»Ich weiß.«

»Ob in Männer oder in Immobilien«, fügte ihre Schwester ominös hinzu.

»Ich bitte dich, Laura! Du und Will, ihr seid über alle Maßen glücklich. Ihr beide und die Jungen könntet die perfekte Familie sein!«

Laura lachte, verstrickt in ihr eigenes Argument. »Ich weiß, aber …«

»Ihr habt alle gute Zähne und leuchtendes Haar. Ihr ernährt euch vernünftig …«

»Bei diesem Gespräch geht es nicht um Will und die Jungen«, erklärte Laura entschieden.

»Ich weiß«, gab Anna zu, »doch ich hatte gehofft, ich könnte das Gespräch in diese Richtung lenken. Wie geht es denn mit Edwards Rechtschreibung voran?«

»Anna!«

»In Ordnung, aber ich möchte wirklich wissen, ob Jacob dieses abscheuliche Lesebuch endlich losgeworden ist.«

»O ja.« Einen Moment lang war ihre Schwester von ihrem Vorhaben, Annas Leben zu organisieren, abgelenkt. »Endlich. Aber zurück zu dir und der Tatsache, dass du dich verliebt hast …«

Anna akzeptierte das Unvermeidliche. »Du vertraust nicht darauf, dass ich mich so vernünftig verlieben könnte, wie du es getan hast?« Will war der perfekte Ehemann: Er war nicht nur liebevoll, gut aussehend und ein zuverlässiger Versorger der Familie, er besaß obendrein beträchtliche Qualitäten als Heimwerker.

Laura schwieg einen Moment lang, wahrscheinlich, weil ihr klar wurde, dass es ein großes Glück war, wenn man sich in den richtigen Menschen verliebte. Anna genoss die Ruhepause.

»So wie du das ausdrückst, klinge ich furchtbar herrisch.«

Am anderen Ende der Leitung nickte Anna zustimmend.

»Aber ich passe lediglich auf dich auf«, beharrte Laura. »Mum ist in letzter Zeit ein wenig zu beschäftigt mit Peter und achtet nicht darauf, was du so treibst.«

»Mum hat jedes Recht, von ihrem Ehemann besessen zu sein. Ich bin erwachsen.« Obwohl Anna sich langsam fragte, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach, schien ihre Schwester außerstande zu sein, diese Tatsache zu akzeptieren.

»Und natürlich bist du genauso gut wie ich imstande, dich in den richtigen Mann zu verlieben. Solange ich ihn mir vorher gründlich angesehen habe.« Zumindest schwang jetzt ein Lächeln in Lauras Stimme mit.

»Schön. Ich verspreche, ich werde niemanden heiraten, ohne mich mit dir zu beraten. Oh, ich kann die Jungen hören. Du wirst gebraucht, Laura.« Niemals hatte das Kreischen ihrer Neffen so liebenswert geklungen.

»O ja, ich mache besser Schluss. Wir reden bald wieder miteinander!«

»Geht klar.« Anna nahm die gekreuzten Finger auseinander, dann legte sie den Hörer auf und schob den Apparat in die kleine Nische in der Wand. Es war nur eine Notlüge, sagte sie sich, während sie in den Flur trat. Und man musste sich ein klein wenig in ein Projekt verlieben, um wirklich mit ganzem Herzen bei der Sache zu sein. Was das andere betraf - dass sie sich in den richtigen Mann verlieben sollte -, dieses Schiff war ebenfalls in See gestochen. Anna hatte sich vor etlichen Jahren in den Falschen verliebt, und nicht einmal das Wissen, dass er der Falsche war, hatte einen Einfluss auf ihre Gefühle gehabt.

Einer der Gründe, warum sie sich das Haus überhaupt angesehen hatte, war Max gewesen und seine Bemerkung, dass seine Mutter hier in der Nähe lebe. Es war ihr als ein gutes Omen erschienen.

Anna blies die Kerze aus und ging dann vorsichtig rückwärts die Leiter hinunter, die ihr gegenwärtig als Treppe diente. Manchmal gestattete sie sich Tagträume, in denen sie seiner Mutter begegnete oder Max selbst, während er bei ihr zu Besuch war. Wenn sie diesem Traum nachhing, musste sie immer ein wenig kichern, auch wenn sie das eigentlich nicht wollte. Falls er ihr über den Weg lief, würde sie höchstwahrscheinlich Latzhosen und Sicherheitsstiefel tragen. Sie war zwar schon immer der Typ für Jeans und Pulli gewesen, doch jetzt trug sie praktische Sachen, die nur noch zweckmäßig waren und sonst gar nichts. Sie schwärmte schon sehr lange für ihn - seit Max als Gastdozent am College gewesen war -, und zwar immer noch mit gleicher Inbrunst.

Er war der heiße junge Architekt gewesen, der in seinem Unterricht auf sie eingegangen war und mit ihnen geredet hatte, und sie, Anna, war nur eine von vielen Studentinnen gewesen, die fleißig mitgeschrieben hatten. Sie wäre jede Wette eingegangen, dass sie nicht die Einzige war, die sich in ihn verliebt hatte. Er war so dynamisch gewesen und so vital. Nicht wirklich gut aussehend, aber mit einer so starken Persönlichkeit gesegnet, dass sein Aussehen keine Rolle spielte. Allerdings hatte sie niemals mit irgendjemandem über ihn gesprochen, ihre Schwester eingeschlossen, Gott sei Dank. Sie hatte nicht herausfinden wollen, dass er sich durch den halben Kursus geschlafen, sie selbst aber übergangen hatte.

Dann, bei ihrem Abschlussball, hatte er sie ausgewählt und mit ihr getanzt. Es war ganz am Schluss des Balls gewesen, und Anna hatte aufbrechen müssen, weil sie sich mit einer Gruppe von Kommilitonen ein Minitaxi für den Heimweg hatte teilen wollen. Max hatte gerade genug Zeit, seine Telefonnummer auf ein Zigarettenpäckchen zu schreiben. »Rufen Sie mich an«, sagte er mit einem heiseren Flüstern.

Anna hatte die feste Absicht, sich bei ihm zu melden, obwohl der Gedanke erschreckender war, als die Abschlussprüfungen es gewesen waren, aber dann zog irgendein grässlicher Bazillus sie für Tage aus dem Verkehr. Am ersten Tag, an dem sie wieder gesund genug war, um das Bett zu verlassen, war sie eben auf dem Weg zur Apotheke, als sie ihn sah - mit einer Frau. Anna lief nach Hause und zerriss und verbrannte das Stück von dem Zigarettenpäckchen. Erst zwei Tage später, als die letzten Reste des Bazillus sich verzogen hatten und sie sich wieder etwas sicherer auf den Beinen fühlte, wurde ihr klar, welche unglaubliche Dummheit sie begangen hatte. Die Frau konnte nur eine Freundin gewesen sein: seine Schwester, eine Kollegin, irgendjemand. Seither bedauerte sie ihre Torheit.

Anna ging in den einzigen Raum des Hauses, in dem sich der Elektrokessel und der Toaster hatten anschließen lassen. Außerdem hing dort ein kleines Handwaschbecken, sodass das Ganze als Küche durchgehen konnte. Um die Forderungen der Bank, einer ehemaligen Bausparkasse, zu erfüllen, hatte Anna den leicht angerosteten Herd und die rissige Spüle behalten, bis sie eine Hypothek bekommen hatte. Zu ihrem Glück hatte sich der Schätzer der Bank das Haus wegen dessen Lage und der relativ geringen Höhe der von ihr benötigten Summe nicht mit eigenen Augen ansehen müssen. Sich das Geld zu sichern, war gewissermaßen ein Spaziergang für sie gewesen.

Natürlich erschien ihr die Hypothek keineswegs klein, sondern riesengroß, aber vom Standpunkt der Bausparkasse aus betrachtet, handelte es sich um eine ziemlich unbedeutende Summe.

Während sie sich eine Tasse Tee kochte und die letzte Milch verbrauchte, zwang sie sich, nicht länger an den Mann zu denken, den sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte, und rechnete sich aus, wie lange es dauern würde, bis Laura nicht mehr an sich halten konnte und mit ihrem handwerklich begabten Ehemann im Schlepptau über sie herfallen würde, um »ihr auf die Sprünge zu helfen«.

Anna liebte ihre Schwester sehr, und während ihres Zusammenlebens waren sie wunderbar zurechtgekommen. Aber seit Laura nicht länger da war, um ihre Dates zu überwachen, ihre Garderobe zu korrigieren und sie ganz allgemein zu bemuttern, wurde das Wort »tyrannisch« immer zutreffender. Wenn sie gewusst hätte, wo Anna ihre erste Nacht in ihrem ersten eigenen Zuhause - ihrem Investitionsprojekt, korrigierte sie sich hastig - zu verbringen vorhatte, hätte sie einen Tobsuchtsanfall erlitten. Laura würde einen Schlafsack und eine Campingmatte gewiss nicht als passende Ruhestätte ansehen, selbst wenn Anna dazu noch auf einige Decken zurückgreifen konnte. Aber tyrannisch hin oder her - ohne Lauras zusätzliches Kapital wäre die Hypothek viel größer gewesen.

Und Laura konnte Anna doch gewiss nicht zum Vorwurf machen, dass sie sich in das Cottage verliebt hatte, zumindest ein klein wenig. Es war himmlisch … oder wäre es vielmehr gewesen, wenn es darin Böden, eine Treppe, eine richtige Küche und ein Badezimmer gegeben hätte. Die Vorbesitzer hatten all diese Dinge herausgerissen, und dann war ihnen entweder das Geld oder das Interesse ausgegangen. Der Makler war ziemlich verschlossen gewesen, was das betraf.

Während Anna auf den Bericht des Bauinspektors gewartet hatte, hatte sie eine Woche lang schlaflose Nächte verbracht. Sie war davon überzeugt, dass er irgendein schwerwiegendes Problem entdecken würde. Den Grund dafür, warum die früheren Besitzer etwas mit einem »derart großartigen Vermietungspotenzial«, wie der Makler es ausdrückte, einfach aufgegeben hatten.

Als aber der Bericht keine solchen Gründe offenbarte, entwickelte Anna ihre eigene Theorie: Wahrscheinlich war einfach zu wenig Substanz übrig geblieben, in der man Holzwurm oder Trockenfäule entdecken konnte. Aus dem Erdgeschoss war fast alles ausgeräumt worden, einschließlich der Dielenbretter. Wie gesagt, eine Treppe gab es nicht, daher war eine Leiter die einzige Möglichkeit, in den ersten Stock vorzudringen. Hier gab es zumindest einen Boden, auf dem man gehen konnte, aber kein Badezimmer. Und das oberste Geschoss, der Dachboden - Anna sah ihn vor ihrem inneren Auge bereits als wunderbare kleine Suite mit Schlafzimmer, Badezimmer und Ankleidezimmer -, schaute noch ziemlich genauso aus, wie er wohl schon vor Hunderten von Jahren ausgesehen hatte. Anna beabsichtigte, dort oben zu schlafen, sobald unten alles einigermaßen hergerichtet war - aber für den Augenblick hatte sie das Gefühl, dass es besser sei, sich nicht allzu weit vom eigentlichen Ort des Geschehens zu entfernen. Wenn sie auf dem Dachboden schlief, konnte der Rest des Hauses in Flammen aufgehen, und sie würde es erst bemerken, wenn es zu spät war. Sie hatte einen Rauchmelder gekauft und eingebaut, und das sogar ohne schwesterliche Ermahnungen.

Aufgrund des Mangels an Annehmlichkeiten war das Haus sehr günstig gewesen, wenn man seine Lage berücksichtigte - auf dem Land im Allgemeinen und in Amberford im Besonderen.

Es gehörte zu einer Reihe von Cottages, die im rechten Winkel von der Straße abzweigten. Ein Weg mit Blick auf das Dorf führte zwischen den Häusern und deren Gärten hindurch. Früher hatten die Gärten wahrscheinlich dem Gemüseanbau gedient und nicht Freizeitzwecken. Selbst heute wurde kein Platz für hohe Hecken oder Zäune zur Abgrenzung vergeudet, sodass das Gelände weitläufig und offen wirkte - was Anna gefiel. Laura würde sagen, dass die offene Anlage des Gartens den Wert minderte, aber direkt hinterm Haus gab es einen kleineren, abgeschlossenen Garten, und Kinder (wie Lauras zwei Söhne), die viel Platz zum Spielen brauchten, konnten dazu eine nicht allzu weit entfernte, ausgezeichnete öffentliche Fläche benutzen. Eine Kirche, eine Schule, ein Pub und der leicht erreichbare Bahnhof an einer Haupteisenbahnstrecke vervollständigten die Infrastruktur einer sehr erstrebenswerten Wohnlage. Es gab sogar einen Laden und ein Postamt und, nicht allzu weit entfernt, ein chinesisches Restaurant mit Straßenverkauf.

Allerdings hatte das Cottage nur zwei Schlafzimmer, und das, so würde Laura argumentieren, engte Annas Zielmarkt beträchtlich ein. Anna würde darauf vorbereitet sein. »So ist es als Wochenendhaus ideal«, würde sie entgegnen, obwohl ihr der Gedanke nicht gefiel, dass dergleichen aus blühenden Dörfern während der Woche recht gottverlassene Orte machte.

Sie hatte ihre Nachbarn noch nicht kennengelernt, und weil es bereits dunkel wurde und es Zeit war, in den Wohnungen Licht zu machen, würde ein Spaziergang entlang der Häuserreihe ihr verraten, welche Cottages dauerhaft bewohnt waren und welche nicht. Außerdem brauchte sie ohnehin einige Dinge aus dem Laden.

Es war eigenartig, so nahe an den Fenstern Fremder vorbeizugehen, und obwohl sie es sich nicht ganz verkneifen konnte, in die Häuser zu schauen, gestattete sie sich doch nur flüchtige Blicke. Glücklicherweise lag ihr Cottage am Ende der Reihe (sie würde ihrer Schwester erklären, dass ein »Endhaus« einem Mittelhaus stets vorgezogen würde, sodass niemand die Baustelle, die sie gegenwärtig ihr Zuhause nannte, allzu genauer Betrachtung unterziehen konnte.

Ihr unmittelbarer Nachbar lebte eindeutig dauerhaft im Dorf. Anna konnte Kinder hören, und es brannten überall Lampen. Im Vorbeigehen zeigte ihr ein Seitenblick durch das Küchenfenster ein tröstliches Maß an Unordnung. Annas Schwester war furchtbar penibel - der Punkt, der ihnen am häufigsten Streit beschert hatte. Anna wollte nicht Tür an Tür mit einem anderen Ordnungsfanatiker wohnen.

Das nächste Haus wurde als Ferienwohnung genutzt oder gehörte jemandem, der noch nicht von der Arbeit zurück war: einem Pendler möglicherweise. Die Vorhänge waren zwar geöffnet, aber nirgendwo im Haus brannte Licht. Was im Dämmerlicht erkennbar war, schien eine sehr elegante, moderne Küche voller teurer Geräte zu sein.

Das Haus neben diesem wurde offenkundig von einer älteren Dame bewohnt. Ihre Fensterbank war bedeckt mit Zierstücken aus Porzellan, die man vor dem bereits zugezogenen Vorhang sehen konnte. Auf der Veranda hockte eine Katze, die Anna offensichtlich als Eindringling ansah und ihre Freundschaftsangebote zurückwies.

Das erste Cottage in der Reihe und das letzte, an dem Anna vorbeikam, bevor sie die Hauptstraße erreichte, waren eindeutig Ferienhäuser. Die Weihnachtsdekoration war noch nicht abgenommen worden, obwohl vor zwei Wochen bereits der März begonnen hatte. Der Qualität des Schmucks nach kam sie zu dem Schluss, dass das Haus durchaus ordentlichen Leuten gehörte, die bisher nur nicht dazu gekommen waren, den Schmuck abzunehmen. Möglicherweise verbrachten sie den Winter irgendwo, wo es warm war.

Von den fünf Cottages waren einschließlich ihres eigenen anscheinend drei - vielleicht vier - bewohnt. Kein schlechter Schnitt, wenn man bedachte, wie klein die Häuser waren.

Die Ladenglocke klingelte einladend, als sie den kleinen Supermarkt mit einigen kurzen Regalreihen und einer Theke für Schinken und Käse betrat. Der Mann hinter der Theke blickte bei ihrem Erscheinen von seinem Kreuzworträtsel auf und lächelte. »'n Abend.«

»'n Abend.«

»Kann ich Ihnen helfen?«

»Ich denke, ich komme allein zurecht«, antwortete Anna ein wenig scheu. Sie war an die Anonymität der Londoner Geschäfte gewöhnt, in denen man nur angesprochen wurde, wenn man einen Laden sehr häufig besuchte.

»Nun, sagen Sie mir, wenn Sie irgendetwas nicht finden können. Sie sind gerade eingezogen, nicht wahr?«, fügte der Mann später hinzu, als Anna einige Dinge in ihren Korb gelegt hatte.

»So, das wär's. Ich brauchte nur einige grundlegende Vorräte.«

»Sie sind also in die Brick Row gezogen?«

»Ja. Woher wissen Sie das?« Es würde wohl ein Weilchen dauern, bis sie sich an diese Allwissenheit gewöhnt hatte.

Der Ladenbesitzer lächelte. »Dazu braucht man kein Detektiv zu sein. Wir wissen, dass das Haus an eine junge Frau verkauft worden ist. Ihre Kleidung verrät eindeutig, dass Sie vorhaben zu arbeiten; und wer sonst, den ich nicht kenne, würde zu dieser Zeit des Jahres kurz vor Ladenschluss hereinkommen?«

Anna erwiderte sein Lächeln. »Das klingt vernünftig.«

»Keine Sorge, wir sind hier nicht alle neugierig, und diejenigen, die es sind, meinen es im Großen und Ganzen gut.«

Anna stellte ihren Korb mit den Einkäufen auf die Ladentheke, sodass der Mann die Beträge eintippen konnte. »Davon bin ich überzeugt.«

Hochzufrieden ging sie nach Hause. In dem Laden bekam man kein frisches Fleisch und keinen Fisch, aber darüber hinaus schien er alles zu führen, was Anna vielleicht benötigen würde, und die Stadt Stroud war nur eine kurze Fahrradfahrt entfernt. Amberford war perfekt und einer Liebe auf den ersten Blick durchaus würdig. Falls es Probleme aufwerfen sollte, dass sie keinen Wagen hatte, würde sie sich darum kümmern, wenn es so weit war.

Als Anna zurückkehrte, stand vor ihrem Nachbarhaus eine junge Frau und schaute sich angestrengt um. Anna freute sich, sie zu sehen, denn bereits am Vortag hatten sie die drei kleinen, wie Orgelpfeifen aufgereihten Paar Gummistiefel auf dem Fenstersims der Veranda dieses Hauses fasziniert. Sie überwand ihre Schüchternheit und lächelte. Die junge Frau erwiderte ihr Lächeln freundlich.

»Hallo«, sagte sie. »Sie sind in Nummer fünf eingezogen? Wie mutig von Ihnen! Das Haus hat nicht einmal Böden, nicht wahr? Ich wollte Sie einladen, bei uns ein Bad zu nehmen, aber im Augenblick können wir nicht einmal selbst baden. Ich warte auf einen Klempner. Er wollte eigentlich schon vor zwei hier sein - sieht also nicht so aus, als käme er jetzt noch.«

»Oje, wo liegt denn das Problem?«, fragte Anna.

Drei kleine Jungen, die vermutlich ihre Stimme gehört hatten, ließen ihre Kriegsspielzeuge - Massenvernichtungswaffen, die Anna unbekannt waren - liegen und scharten sich um ihre Mutter, um festzustellen, mit wem sie sprach.

»Ein verstopfter Abfluss«, antwortete die Frau mit einer Grimasse. »Ich habe den Stöpsel rausgezogen, und es passiert einfach nichts. Die Wanne ist voll mit kaltem Seifenwasser. Wenn diese drei abends nicht in die Badewanne kommen, dauert es eine Ewigkeit, bis sie einschlafen. Außerdem fängt es langsam an zu stinken.«

»Hm, da könnte ich vielleicht helfen«, meinte Anna.

Das Gesicht der Frau leuchtete auf. »Wirklich? Wie?«

»Ich verstehe mich ganz gut auf handwerkliche Arbeiten, was angesichts des Zustandes meines Hauses wahrscheinlich ein Glück ist. Aber vor allem habe ich ein Werkzeug zur Reinigung von Abflüssen. Ich hole es rasch«, erbot sich Anna, »wenn Sie möchten.«

»Von Herzen gern! Ich werde den Kessel aufsetzen. Oder soll ich eine Flasche Wein öffnen?«

Anna grinste sie an. »Ich bin in einer Minute zurück.«

Anna brauchte dann doch ein wenig länger als eine Minute, um das Werkzeug zu finden, das sie und ihre Schwester in der Wohnung in Spitalfields so oft benutzt hatten. Als sie an die Tür des Nachbarhauses klopfte und hineingelassen wurde, fand sie dort ein beträchtliches Maß an Chaos vor.

»Ich bin Chloe«, sagte die Frau.

»Anna.«

»Und das sind Bruno, Tom und Harry. Zwei, vier und sechs, nur in umgekehrter Reihenfolge.«

»Hallo«, grüßte Anna, plötzlich wieder scheu angesichts dreier fragender Augenpaare. »Ich habe meine Ausrüstung. Wenn Sie mich nach oben begleiten wollen?«

Sie gingen allesamt die steile und enge Treppe in den zweiten Stock hinauf, wo das Badezimmer und die Zimmer der Jungen lagen. Die Jungs packten Anna und zerrten sie durch den Flur.

»Wir haben seit zwei Tagen nicht mehr gebadet!«, berichtete der Älteste, der wahrscheinlich Bruno war, aber auch Harry hätte sein können.

»Mein Mann ist nicht zu Hause«, fügte seine Mutter hinzu. »Er ist nie zu Hause, wenn wir hier einen Notfall haben.«

Anna fand nicht, dass ein verstopfter Badewannenabfluss unbedingt als Notfall durchging, akzeptierte aber, dass Chloe anderer Meinung war. Sie krempelte sich den Ärmel so weit wie möglich hoch, was nicht annähernd weit genug war.

»Ihr wollt nicht vielleicht alle nach unten gehen, während ich das erledige?«, schlug sie vor. »Ich möchte meine Pullover ausziehen.«

»Wir wollen zusehen«, verkündete einer der Jungen.

»Ja, das wollen wir«, sagte ein anderer.

Anna seufzte. »In Ordnung.« Sie streifte sich die Träger der Latzhose ab und zog sich die beiden Pullover über den Kopf, die sie über einem langärmeligen T-Shirt trug. Glücklicherweise ließ dieser Ärmel sich hoch genug aufkrempeln. Als Nächstes tauchte sie mit dem Arm in das kalte, schmutzige Wasser. »Also gut, wenn Sie mir jetzt meine Abflusspumpe geben würden?« »Echt cool«, murmelte Bruno.

»In dem Punkt hast du recht«, erwiderte Anna schaudernd. »Wirklich sehr kühl.«

Kapitel 2

Als die Badewanne leer und sauber war, füllte Chloe sie noch einmal und ging dann nach unten, um sich um das Abendessen zu kümmern, während Anna im Badezimmer auf dem Boden hockte und den Jungen Geschichten vorlas. Da sie Neffen hatte, war sie an kleine Jungen gewöhnt, und die Lektüre, die sich die drei ausgesucht hatten, ergötzte sie ungemein. Als der Kleinste schließlich erste Zeichen von Müdigkeit zeigte, trieb sie sie einen nach dem anderen aus der Wanne und wickelte sie in Handtücher. Dann schickte sie sie wie angewiesen nach unten, wo sie sich an den Kamin setzen sollten.

Als Anna die Badespielzeuge herausgefischt, die Wanne geschrubbt und ihr Bestes gegeben hatte, um den Boden zu trocknen, ging sie wieder nach unten. Die Jungen saßen in ihren Pyjamas am Tisch und aßen Spaghetti mit Fleischbällchen.

»Wenn mein Mann nicht da ist, nehmen wir es mit dem Essen nicht allzu genau«, erklärte Chloe. »Es ist besser, sie zuerst abzufüttern und dann zu baden, aber irgendwie kommt immer etwas dazwischen. Es war sehr nett von dir, dass du ihnen in der Badewanne vorgelesen hast. Das wäre mir nie eingefallen.« Ganz selbstverständlich waren Anna und sie zum Du übergegangen.

»Ich habe zwei Neffen, und als ich sie einmal übers Wochenende bei mir hatte, habe ich festgestellt, dass es eine ausgesprochen gute Idee war, ihnen etwas vorzulesen, während sie in der Badewanne saßen. Und dann haben wir Zahnarzt gespielt.«

»Was?« Chloe reichte Anna ein Glas Wein.

»Sie legen sich abwechselnd auf das Bett meiner Schwester, ich knipse die Leselampe an und fordere sie auf: ›Mund weit aufmachen und lange I sagen‹, während ich ihnen die Zähne putze.«

Chloe betrachtete ihre Söhne, von denen einer an einer Spaghetti lutschte, deren Ende ihm soeben um die Nase peitschte. »Das klingt nach einer großartigen Idee!«

Anna lachte. »Ich glaube nicht, dass meine Schwester allzu beeindruckt war, als sie Zahnpasta auf ihrer Bettdecke fand, aber sie war so glücklich, uns alle lebend anzutreffen, dass sie es übersehen hat.«

»Ich glaube, es wird uns wirklich Spaß machen, dich als Nachbarin zu haben, Anna.«

Während Chloe im oberen Stockwerk die neue Taktik im Zahnputzkrieg ausprobierte, räumte Anna die Spülmaschine ein, wischte alle Spuren von Spaghetti und Fleischbällchen vom Tisch und deckte ihn dann neu für ihr Abendessen mit Chloe. Nicht einmal unter dem Einfluss einer Wahrheitsdroge hätte sie das ihrer Schwester verraten, aber sie war begeistert davon, eine so fröhliche, freundliche Familie nebenan wohnen zu haben. Auf diese Weise würde es viel erträglicher sein, allein und auf einer Baustelle zu leben.

Chloe kam herunter und ließ sich auf das Sofa fallen. »Es ist so anstrengend, sie ins Bett zu bringen. Wenn Mike zu Hause ist, übernimmt er das. Mike ist mein Mann«, fügte sie hinzu.

»Und er ist im Moment nicht da?«, fragte Anna.

»Nein. Er ist Beratender Ingenieur und arbeitet recht oft im Ausland. Ich erwarte ihn ziemlich bald zurück, doch man kann nie sicher sein, wie lange ein Job dauern wird. Bevor die Jungen da waren, bin ich immer mitgefahren.«

»Vermisst du diese Reisen?«

Chloe überlegte kurz. »Nicht so sehr, wie ich all das hier vermissen würde. Mike fehlt mir natürlich, aber es war nicht nur die reine Wonne, immer irgendwo eine Fremde zu sein. Obwohl ich mein Leben lang als Aushilfe in Büros gearbeitet habe, war es meist nicht leicht, eine Stellung zu finden, wenn die Leute wussten, dass man schon bald wieder weiterziehen würde. Bei einer solchen Arbeit habe ich Mike übrigens kennengelernt«, fügte sie hinzu. Sie sah Anna an, und bei der Erinnerung an jene Zeit trat ein schelmischer Ausdruck in ihre Augen. »Ich habe in seinem Büro gearbeitet. Wir haben uns morgens kennengelernt, sind zum Mittagessen ausgegangen und nie mehr zurückgekommen! Ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich meine Arbeit normalerweise sehr ernst genommen habe.«

Anna lachte. Obwohl Chloe viel redete, machte es Spaß, mit ihr zusammen zu sein, und sie würde sich vielleicht als eine nützliche Informationsquelle erweisen. »Wie lange wohnt ihr schon hier?«

»Bruno - er ist der Älteste - war noch ein Baby, als wir hierher gezogen sind. Damals schien uns das Haus ideal zu sein. Jetzt, zwei Babys später, kommt es mir ein wenig eng vor.« Sie lächelte schläfrig. »Du könntest mir nicht vielleicht noch ein Schlückchen Wein nachgießen?«

Anna goss gehorsam nach.

»Ich bin keine Alkoholikerin oder so etwas - oder zumindest glaube ich das nicht -, aber es ist so schön, abends Gesellschaft zu haben, und ich trinke niemals, wenn ich allein bin.« Chloe nippte an ihrem Wein und sprach in vertraulichem Ton weiter: »Wir würden wahrscheinlich umziehen, wenn wir es uns leisten könnten, doch es hat schon unser ganzes Geld verschlungen, den Fuß auch nur auf die erste Sprosse der Hausbesitzerleiter zu setzen.«

»Ihr macht auf mich nicht gerade den Eindruck, als müsstet ihr euer Dasein in Armut fristen, wenn ich das sagen darf«, bemerkte Anna.

Chloe lachte. »Hm, nein! Pleite zu sein, kann sich zu einem faszinierenden Hobby entwickeln, und man wird schrecklich einfallsreich dabei.« Sie zog sich vom Sofa hoch und durchquerte den Raum. »Siehst du diesen Tisch?«

Anna nickte. Auf dem Tisch stand eine kleine Lampe.

»Das ist ein Windelkarton mit einer Decke darüber. Aber schau nicht so genau hin - der Stoff hat keinen Saum.«

»Wow! Was für eine großartige Idee«, erwiderte Anna.

Jetzt, da sie einmal aufgestanden war, leerte Chloe ihr Glas. »Ich werde den Kessel aufsetzen. Mikes Eltern halten mich für eine furchtbare Schlampe. In ihren Augen ist es kein Zeichen von Einfallsreichtum, wenn man Möbel aus Pappkartons basteln kann.«

»Ich sehe das anders, aber ich selbst benutze im Allgemeinen etwas haltbarere Dinge.«

»Du kommst wahrscheinlich nicht so leicht an Windelkartons wie ich.«

»Hm, nein.«

Chloe runzelte die Stirn. »Früher habe ich auch Stoffwindeln benutzt, doch wenn man drei Kinder hat … Also, Kaffee, Tee oder heiße Schokolade?«

»Kaffee, bitte.«

»Und erwachsene Plätzchen?«

»Ich wusste nicht, dass Plätzchen wachsen, ich dachte, sie hätten immer dieselbe Größe.«

Chloe lachte. »Du bist wirklich witzig. Ich meine Kekse, die ich den Jungen nur zu besonderen Anlässen gebe. Zu teuer.«

»Also, warum seid ihr hierher gezogen? Kommt ihr aus der Gegend?«, hakte Anna nach.

»Wir sind hier mehr oder weniger auf halber Strecke zwischen Mikes und meinen Eltern«, antwortete Chloe, während sie den Kessel füllte, »was in gewisser Weise ein Fehler ist, aber ich habe als Kind die Ferien hier verbracht und es immer wunderschön gefunden. Und ich muss sagen, auch wenn die Grundstückspreise geradezu obszön sind, ist es ein wunderbarer Ort zum Leben.«

»Das ist schön zu hören.« Anna erhob sich aus dem ziemlich niedrigen Sessel, in dem sie langsam Rückenschmerzen bekam, und setzte sich auf einen etwas aufrechteren Stuhl.

»O ja, man hat hier alles, was man sich nur wünschen kann«, rief Chloe aus der Küche. »Eine wunderschöne Landschaft, Ausblicke … und im Dorf gibt es eine wirklich gute Grundschule, Spielgruppen und dergleichen Dinge. Du kennst wahrscheinlich den Laden und das Postamt, aber samstags gibt es einen wunderbaren Markt im Ort, obwohl es natürlich in der Stadt noch einen weiteren gibt. Wir haben einen Pub, der ausgesprochen leckeres Essen serviert, und einen Chinesen in der Nähe …«

»Das weiß ich. An der Wand in meinem Haus hingen Speisekarten von dem einen wie von dem anderen.«

Chloe lächelte und stöberte im Schrank nach den »erwachsenen Keksen«. »Und wir haben hier gute Freunde gewonnen, alle in Kinderwagenreichweite, was großartig ist, wenn man miteinander essen geht: Man braucht nur Schlag zwölf nach Hause zu wanken, um den Babysitter abzulösen.« Chloe hielt inne und seufzte. »Entschuldige! Meine Zunge ist wieder mal vollkommen mit mir durchgegangen. Das passiert mir ständig. Mike schimpft mich deswegen immer aus, aber wenn er weg ist, fehlt mir abends manchmal doch die Gesellschaft eines Erwachsenen. Wenn ich dir auf die Nerven gehe, sag mir einfach, dass ich den Mund halten soll.«

Anna kicherte. »Daran würde ich nicht einmal im Traum denken! Ich fand die Aussicht, allein nebenan zu sitzen, nicht übermäßig verlockend, und du hast mich aufgenommen, mir zu essen gegeben, mich betrunken gemacht …«

Chloe sah sie schockiert an. »Das kann nicht sein!«

»Nun, dann eben beschwipst, doch es war ein wunderschöner Abend. Vielen Dank.« Sie lächelte glücklich. Es war eine echte Dreingabe, Chloe als Nachbarin zu haben. Sie war nett und witzig, und sie wusste einfach alles. Ihre neue Bekanntschaft bestätigte sie darin, dass es richtig war, das Haus zu kaufen.

»Da ist dein Kaffee«, meinte Chloe und stellte einen Becher mit dampfendem, schwarzem Kaffee vor Anna hin. »Milch? Zucker? Und du musst unbedingt einen Keks essen.« Anna bediente sich, während Chloe sich in dem unbequemen Sessel niederließ und den Teller mit Keksen neben sich auf den Boden stellte; einen anderen Platz gab es dafür nicht. Dann drehte sie sich zu Anna um. »Wirst du keine Angst haben, wenn du allein in diesem Haus schlafen musst?«

»Ich glaube nicht«, antwortete Anna. »Aber ich habe noch nie allein gelebt, daher wäre es nicht ganz ausgeschlossen.«

»Ich war ein hoffnungsloser Fall, bevor ich die Jungen hatte.«

»Die dich beschützen, falls der schwarze Mann kommt?«

Chloe lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, doch sie bedeuten trotzdem, dass ich nicht allein bin. Du solltest dir einen Hund anschaffen.«

»Einen Hund?« Angesichts der Tatsache, dass sie auf einer winzigen Baustelle von einem Cottage lebte, erschien ihr diese Idee nicht besonders praktikabel.

»Hm. Ich würde mir im Handumdrehen einen anschaffen, wenn das Haus nicht so klein wäre und ich nicht drei Kinder hätte.«

Anna sah sich in dem Raum um. »Ja, mir ist aufgefallen, dass hier ziemlich viele Bilder von Greyhounds hängen.«

Chloe nickte begeistert. »Ich bin wahrscheinlich die einzige Person, die sich für die Rettung von Greyhounds einsetzt, ohne selbst mehrere von diesen Hunden zu besitzen. Ich kenne eine Frau, die vier hat.«

»Ach du meine Güte!« Anna konnte nicht umhin, sich zu fragen, ob das vernünftig war.

»Ja«, fuhr Chloe aufgeregt fort. »Sie machen überhaupt keine Mühe. Sie schlafen den größten Teil des Tages und brauchen nur sehr wenig Auslauf.«

»Ich verstehe.« Anna glaubte ihr in diesem Punkt keinen Augenblick lang.

»Tatsächlich kenne ich einen Greyhound, der zurzeit verzweifelt nach einem Zuhause sucht.«

»Ach ja?« Anna konnte ihr Entsetzen nicht länger verbergen - es war auf schreckliche Weise durchschaubar, worauf Chloe hinauswollte.

»Hm. Eine ganz entzückende gescheckte Hündin. Ihre Besitzerin geht fort. Und wenn sie - oder wir - kein Zuhause für den Hund findet, wird man ihn vielleicht einschläfern müssen.«

»Könntest du das Tier nicht aufnehmen?« Inzwischen war Anna auf das Schlimmste gefasst. »Nur solange diese Frau in Urlaub ist?«

Chloe zog die Augenbrauen hoch. »Hast du mal einen Greyhound in Fleisch und Blut gesehen? Sie sind riesig. Dieses Haus platzt ohnehin schon aus allen Nähten. Wir könnten unmöglich einen Hund unterbringen - zumindest keinen Greyhound.«

»Nun, ich fürchte, ich kann auch keinen nehmen. Ich habe nicht mal in allen Zimmern einen Boden. Im Erdgeschoss habe ich nur in einem Raum Strom, und im Haus gibt's lediglich kaltes Wasser«, erklärte Anna.

»Dann brauchst du einen Hund als Gesellschaft, bis die Verhältnisse ein wenig zivilisierter sind«, erklärte Chloe triumphierend.

»Ich glaube wirklich nicht …«

»Ehrlich«, sagte Chloe schmeichelnd. »Du könntest sie ja erst einmal nur auf Probe nehmen. Wir arbeiten gerade eine neue Kraft ein, die für die Adoption eines Tieres zuständig ist, aber die Neue hätte bestimmt nichts dagegen einzuwenden, wenn die Hündin und du miteinander zurechtkämt.«

»Meine Schwester würde der Schlag treffen!« Tatsächlich führte dieser Umstand Anna ein ganz klein wenig in Versuchung.

»Es ist nicht ihre Angelegenheit, oder?« Chloe wirkte einen Moment lang verwirrt.

»Nein, doch das wird sie nicht daran hindern, mir ihre Meinung dazu zu sagen. Sie ist ohnehin schon sehr verärgert darüber, dass ich hier so weit von ihr entfernt ein Haus gekauft habe.«

»Es ist doch sicher eine großartige Investition, oder?«

»O ja, aber sie möchte nicht, dass ich es ohne sie in Angriff nehme. Wir haben zusammen ein Haus in Spitalfields renoviert und unsere Sache wirklich gut gemacht und das Haus zu einem Spitzenpreis verkauft. Von dem, was dabei herausgesprungen ist, werde ich das Haus nebenan herrichten. Das heißt, es sollte die Hälfte der Kosten abdecken, falls ich mein Budget nicht allzu sehr überziehe.«

»Wow, und das traust du dir alles ganz allein zu. Du bist doch allein, oder? Du hast keinen Freund?«

»Nein.«

»Du bist so mutig.«

Es gefiel Anna, als mutig bezeichnet zu werden, obwohl sie sich ganz und gar nicht so fühlte. Die Beschreibung ihrer Schwester - »töricht« - schien ihr bisweilen zutreffender zu sein. Sie streckte die Hand nach einem weiteren Schokoladenkeks aus; dabei fiel ihr Blick unbeabsichtigt auf ihre Armbanduhr. »Meine Güte, so spät ist es schon! Ich sollte besser nach Hause gehen. Aber es war ein wunderschöner Abend.«

»Ja, nicht wahr? Ich habe seit einer Ewigkeit nicht mehr so viel Spaß gehabt. Und danke, dass du die Badewanne in Ordnung gebracht hast. Du kannst sie benutzen, wann immer du möchtest.«

Als sie sich endgültig voneinander verabschiedet hatten, öffnete Anna die Tür zu ihrem eigenen kleinen Haus. Nach der Wärme und dem Leben nebenan kam es ihr sehr verlassen vor. Die Taschenlampe, mit deren Hilfe sie sich zum Wasserkessel vorarbeitete, warf gewaltige Schatten an die Wände, und bis Anna eine alte Leselampe eingestöpselt hatte, befürchtete sie tatsächlich, es könnte ein wenig beängstigend sein, die Nacht allein im Cottage zu verbringen.

Sobald jedoch mehr Licht brannte und sie eine Wärmflasche und mehrere Decken über ihren Schlafsack verteilt hatte, sahen die Dinge schon erheblich besser aus. Sie hatte ein tragbares Radio, das sie spielen lassen konnte. Das einzige Problem war der Umstand, dass sie die Lampe nicht in die Nähe des Schlafplatzes stellen konnte und dass der Raum ohne Licht furchtbar unheimlich wirkte.

Am Ende fand sie ein Teelicht, stellte es auf einen alten Unterteller und zündete es an. Als ihr klar wurde, dass sie sich wie ein Kind benahm, das sich vor der Dunkelheit fürchtete und ein Nachtlicht brauchte, dachte sie noch einmal über Chloes Vorschlag nach: Vielleicht wäre ein Hund doch gar keine so schlechte Idee.

Um halb zehn am Montagmorgen klopfte Chloe mit zwei Bechern Kaffee an Annas Tür. »Entschuldige, dass ich dich so früh störe, aber ich brenne einfach darauf, dein Haus zu sehen. Bruno ist in der Schule, und die beiden anderen habe ich gerade bei ihrer Spielgruppe abgesetzt. Ich wollte die drei nicht mitnehmen, sonst wäre ich gestern schon vorbeigekommen.«

Chloes Eifer entlockte Anna ein Kichern. »Du hast völlig recht. Es wäre im Augenblick noch zu gefährlich für die Jungen.« Und sie war ganz froh darüber, dass sie noch einen weiteren Tag Zeit gehabt hatte, um auch nur einen Anflug von Ordnung zu schaffen, bevor sie ihren ersten Besucher willkommen hieß. Sie nahm den angebotenen Kaffee und nippte daran. »Der ist köstlich. Komm herein.«

Chloe machte die beiden Schritte, die möglich waren, bevor die Dielenbretter endeten. »Es könnte wunderschön sein«, sagte sie schließlich, ohne die Tatsache zu erwähnen, dass kein normaler Mensch das Haus in diesem Zustand als bewohnbar betrachtet hätte. »Wie um alles in der Welt hast du eine Hypothek dafür bekommen?«

Anna lachte. »Das war der reinste Spaziergang. Glücklicherweise ist die Gegend so teuer, dass niemand allzu genau hinschaut, um festzustellen, ob ein Haus seinen Preis wert ist. Und am Ende wird es einfach zauberhaft sein. Es müssen einige tragende Balken ersetzt werden, und dann werde ich die Dielenbretter neu verlegen. Es sind ausgesprochen hübsche, breite Ulmenbretter, und sie werden fantastisch aussehen.«

»Nicht weit von hier gibt es eine Altmaterialverwertung«, meinte Chloe. »Ich könnte dir die Adresse geben.« Sie hielt inne. »Warum keine Treppe?«

Anna zuckte die Schultern. »Die früheren Besitzer haben sie entfernt, weil sie sie an einer anderen Stelle haben wollten, und dann ist ihnen das Geld ausgegangen. Zumindest glaube ich, dass es so war. Hast du die Leute gekannt?«

Chloe schüttelte den Kopf und umklammerte ihren Kaffee, als wäre er ihre letzte Verbindung zur Zivilisation. »Sie sind immer am Wochenende hergekommen und haben alles herausgerissen. Allerdings schienen sie kein allzu großes Interesse daran zu haben, irgendetwas wieder zusammenzubauen.« Sie balancierte über einen Balken zum rückwärtig gelegenen Teil des Hauses. »Das wird vermutlich einmal die Küche.«

Anna nickte. »Mit einer Doppeltür, die in den Garten hinausführt. Die Wand haben die Vorbesitzer bereits für mich eingerissen.«

»Und dafür haben sie die Genehmigung des Denkmalschutzes bekommen? Das überrascht mich. Die sind nämlich, gerade was diese Häuserreihe angeht, ziemlich kleinlich. Wir hatten beantragt, eine der Innentüren zu verlegen, aber da war nichts zu machen.«

»Oh.« Annas Freude darüber, ihrer neuen Freundin ihr Haus zeigen zu können, verblasste ein wenig. »Ich glaube nicht, dass die früheren Besitzer sich viel um solche Dinge geschert haben, oder?«

Chloe hob die Schultern. »Zwei Männer, die darauf bedacht waren, einen schnellen Gewinn zu machen? Wahrscheinlich nicht.«

Anna biss sich auf die Unterlippe und fluchte leise. »Ich möchte unbedingt alles ganz korrekt abwickeln, sonst könnte es beim Wiederverkauf Probleme geben.«

»Du könntest eine nachträgliche Genehmigung beantragen«, schlug Chloe vor. »Vielleicht solltest du mal hingehen und dich beraten lassen.«

»Hm. Ich glaube, ich warte, bis ich einige der Böden fertig habe, bevor ich mich wegen solcher Kleinigkeiten in eine Panik hineinsteigere.« Anna beschloss, sich darüber später den Kopf zu zerbrechen. »Kommst du mit Leitern zurecht? Möchtest du nach oben gehen?«

Chloe schwieg, während sie hinaufkletterte. Ihr war offensichtlich bewusst, dass ihre Ausführungen über die Rolle des Denkmalschutzes nicht gut angekommen waren.

Anna betrachtete sie einige Sekunden lang, dann lächelte sie. »Die Böden hier oben sind in Ordnung. Komm her und schau dir die Aussicht an.«

»Es ist wunderbar, nicht wahr? Ist das der Grund, warum du nach Amberford gekommen bist?«

»Zum Teil. Es ist eine so hübsche Gegend, und ich wollte etwas kaufen, das von London aus noch einigermaßen gut erreichbar ist.«

Chloe nickte. »Hier wohnen tatsächlich einige Pendler, obwohl das Hin- und Herfahren ein Vermögen kosten muss. Dann ist das Haus für dich also eine Investition? Oder möchtest du dauerhaft hier leben?«

Anna stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich kann es mir im Grunde nicht leisten, hier zu wohnen. Ich werde das Haus verkaufen müssen, um meine Schulden bei der Bank und bei meiner Schwester zurückzuzahlen. Ich habe mir einen Teil des Geldes von ihr geborgt.«

»Wie schade«, murmelte Chloe leise. »Ich hatte mich schon darauf gefreut, dich als Nachbarin zu haben.«

»Nun«, antwortete Anna lächelnd, »du wirst mich für ziemlich lange Zeit als Nachbarin behalten. Außerdem wirst du vielleicht auch nicht für immer hier bleiben.«

»Nein. Wenn Mike befördert würde, würde er nicht mehr so viel reisen müssen, aber er könnte von hier aus auch nicht pendeln.«

»Wollen wir auf den Dachboden steigen? Ich denke, dass ich dort schlafen werde, sobald ich die Leitungen habe verlegen lassen.«

Chloe ging die Treppe hinauf. »Kennst du jemanden, der sich auf solche Dinge versteht? Ich könnte dir einige Namen nennen, wenn du willst.«

»Ich hoffe, so viel wie möglich selbst erledigen zu können«, erwiderte Anna. »Natürlich müsste ich es dann von einem Fachmann abnehmen lassen.«

»Ich bin beeindruckt. Ich kann kaum eine Glühbirne auswechseln«, gestand Chloe ein wenig kläglich. »Nein, ich kann durchaus Glühbirnen wechseln, aber Mike sagt immer, ich hätte die falsche Wattzahl erwischt oder so etwas. Daher überlasse ich diese Dinge meistens ihm, um einen Streit zu vermeiden. Ich schätze, das macht mich auf Dauer unselbstständig. Wenn er weg ist, bessert sich das immer ein wenig.«

Anna nickte verständnisvoll. »Meine Mutter ist Witwe geworden, als meine Schwester und ich noch jung waren. Sie konnte eindeutig keine Glühbirne wechseln. Sie hat ständig die Ehemänner der Nachbarinnen bitten müssen, diese Arbeiten für sie zu erledigen. Damals habe ich mir vorgenommen, all das selbst zu lernen. Meine Schwester und ich haben in der Wohnung in Spitalfields fast alles selbst renoviert«

»Aber deine Schwester hat Kinder! Wie hat sie das geschafft?«

»Das ist jetzt einige Jahre her. Damals hatte sie noch keine Kinder.«

Chloe nickte. »Und was hast du in der Zwischenzeit gemacht? Entschuldige! Das klang furchtbar unhöflich. »Ich bin entsetzlich neugierig. Liegt wahrscheinlich an der Einsamkeit.«

Anna lachte. »Die Frage ist vollkommen berechtigt. Ich werde dir einen kurzen Überblick über meinen Lebenslauf geben. Ich habe eine Ausbildung als Innenarchitektin durchlaufen und konnte anschließend keinen Job finden …«

»Du beschäftigst dich mit so etwas wie die in der Fernsehserie Changing Rooms?«

Anna runzelte die Stirn. »Nicht ganz. Ich bin keine Dekorateurin oder Inneneinrichterin. Ich bin Innenarchitektin. Noch mal vier Jahre und ein Praktikum bei einem Architekten, und ich hätte selbst Architektin werden können.«

»Warum hast du es dann nicht getan?«

»Geld«, antwortete Anna unverblümt. »Meine Mutter konnte mich finanziell nicht unterstützen, und ich war es leid, während des Studiums in Bars oder so zu arbeiten. Ich wollte richtig Geld verdienen.«

»Und hast du das geschafft?«

Anna lachte. »Für eine Weile, bis ich überflüssig wurde. Wenn es auf dem Baumarkt zu irgendwelchen Einbrüchen kommt, sind die Innenarchitekten die ersten, die gehen müssen, noch vor den Architekten.«

»Und was hast du danach gemacht?«

»Ich hatte verschiedene Jobs, und dann haben meine Schwester und ich etwas Geld geerbt. Ziemlich viel Geld. Wir haben beschlossen, zusammen eine Wohnung zu kaufen, und wir haben gut dabei verdient. Natürlich hatten wir großes Glück, was den Zeitpunkt betraf - wir haben preiswert gekauft und dann teuer verkauft. Das spielt eine große Rolle. Und das ist auch der Grund, warum meine Schwester sich solche Sorgen macht, ich könnte mit diesem Haus mein Geld verlieren. Es waren damals goldene Zeiten für Grundstücksgeschäfte, und diese Zeiten sind vorbei.«

Chloe nickte abermals. »Deine Schwester hat also geheiratet und Kinder bekommen. Und du hast wieder als Innenarchitektin gearbeitet?«

»Mehr oder weniger, doch ich habe zwischendurch immer wieder an den Projekten anderer Leute gearbeitet. Ich habe die ganze Zeit gespart und Ausschau gehalten nach dem richtigen Objekt, aber schließlich wurde mir klar, dass ich es auf keinen Fall in nächster Nähe von London finden würde. Dort ist einfach alles zu teuer.«

»Und du hast dich nicht ganz schwach und verletzlich gefühlt, als du gesehen hast, wie viel Arbeit du in dieses Cottage würdest stecken müssen?«

Anna zuckte die Schultern. »Ein wenig beunruhigend war es schon, aber es war ein solches Schnäppchen. Ich konnte nicht widerstehen, trotz allem, was meine Schwester gesagt hat.«

»Nämlich?«

»Dass es besser gewesen wäre, etwas in ihrer Nähe zu kaufen, sodass sie mir hätte helfen können. Sie wohnt jetzt oben in Yorkshire, und dort hätte ich mir durchaus etwas Größeres leisten können als hier.«

»Aber du hast dich für Amberford entschieden?«

Anna war sich nicht sicher, ob Chloe nach weiteren Informationen fischte oder ob es nur ihr eigenes schlechtes Gewissen war, das sie nachhaken ließ. So oder so, ihre Freundschaft war noch ein wenig zu frisch, um ihr zu gestehen, dass Amberford ihr wie ein gutes Omen erschienen war. Es war ein solch lächerliches Geheimnis. Genau wie ihre Gefühle für Max, die zwar tief und dauerhaft sein mochten, die aber eindeutig lächerlich waren.

»Es ist so ein himmlisches Fleckchen«, entgegnete sie ausweichend.

»Das ist es.« Chloe gab sich damit zufrieden und wechselte das Thema. »Also, was hast du sonst noch mit dem Haus vor? Wie viele Schlafzimmer soll es geben?«

»Es ist schwierig, für mehr als zwei Platz zu schaffen, ganz gleich, wie man es betrachtet. Aber möchtest du vielleicht die Pläne sehen?«

Anna hatte ihr Reißbrett und andere Utensilien in einer Ecke des Dachbodens aufgestellt. Neben dem Zeichenbrett stand ein Tapeziertisch, der als provisorischer Schreibtisch diente. Außer ihren Stiften, Linealen, Schablonen und dem Reißpapier - dem Handwerkszeug ihres Gewerbes - lag darauf ein Stapel mit Zeichnungen. Jetzt zog sie die Staubschutzhülle vom Zeichenbrett und deutete auf den darauf gehefteten Grundriss.

Chloe kam näher und sah ihn sich bewundernd an. »Meine Güte, du hast jede Einzelheit ausgearbeitet.«

»Nicht jede Einzelheit, nur den allgemeinen Plan. Man muss wissen, wo die Abwasserrohre jetzt verlaufen und wo man sie haben will. Wenn man es vermeiden kann, ist es besser, sie nicht zu verlegen.«

»Eines verstehe ich nicht«, sagte Chloe, nachdem sie die Pläne eine Weile studiert hatte. »Du scheinst auf dem Dachboden Platz für ein Schlafzimmer mit Bad zu haben. Unsere Häuser müssen fast identisch sein. Hast du die winzige Toilette da nur mal probeweise eingezeichnet?«

Anna weigerte sich, gekränkt zu sein, und lachte nur. »Nein! Ich habe das alles genau ausgemessen. Ein Fehler in den Plänen kann später beim eigentlichen Umbau die reinste Hölle sein.«

»Woher hast du den Platz dafür genommen?«

»Ich habe ihn einfach hier und da abgezwackt. Natürlich ist es leichter, wenn man sich den Raum ohne irgendwelche Möbel vorstellt. Nur auf dem Papier. Aber es ist nur eine Duschkabine und eine Toilette und ein wenig Platz für einen begehbaren Kleiderschrank. Es ist alles im Grunde winzig, aber ich hoffe, dass es schön wird.«

»Was gäbe ich nicht für eine Duschkabine und eine Toilette! Ich hasse es, nachts diese steile Treppe hinuntersteigen zu müssen. Während meiner Schwangerschaft hätte ich sogar Zuflucht zu einem Nachttopf gesucht, wenn ich mich hätte hinhocken können.«

»Ich dachte, man bekommt seine Babys heutzutage ohnehin hockend.«

»Nur wenn man von robusten Helfern umgeben ist.« Chloe schauderte bei der Erinnerung. »Es ist so hübsch, das alles zu sehen«, fuhr sie fort, »aber ich sollte jetzt besser einkaufen gehen, bevor es Zeit wird, die Jungen abzuholen. Brauchst du irgendetwas?«

»Ich denke, ich bin für den Augenblick versorgt. Später werde ich noch selbst in die Stadt fahren müssen.«

»Oh.« Chloe hielt auf dem Weg die Leiter hinunter inne. »Was ich noch fragen wollte: Wo hast du deinen Wagen geparkt? Ich habe oben keinen gesehen.«

»Ich habe keinen Wagen«, erklärte Anna eine Spur abwehrend. »Ich habe ein Fahrrad.«

»Oh, mein Gott«, murmelte Chloe, als sie am Fuß der Leiter ankam. »Du bist wirklich verrückt!«

Als Anna ihr Fahrrad zwei Stunden später von der Stadt her den lang gestreckten Hang nach Amberbord hinaufschob, verstand sie Chloes Entsetzen schon ein wenig besser, aber sie war so lange mit einem Fahrrad ausgekommen, dass sie die schlimmsten Nachteile wahrscheinlich würde ertragen können. Schließlich, so hatte sie ihrer Schwester erklärt, als diese sie abermals mit Einwänden gegen ihr Projekt bombardiert hatte, konnte man von dem Geld, das man für einen Wagen ausgab, schrecklich viele Taxifahrten bezahlen.

Fürs Erste passten all ihre Einkäufe problemlos in ihre Radtaschen, und wenn sie Baustoffe kaufte, konnte sie sie sich liefern lassen. Allerdings war sie reichlich verschwitzt, als sie endlich ihr neues Zuhause erreichte.

Als sie am ersten Haus der Cottagereihe vom Rad stieg, rauschte ein Lieferwagen vorbei und hupte. Sie sah, dass es der Mann aus dem Laden war, und lächelte. Es war schön, erkannt zu werden.

Einige Tage später hatte Anna die Balken schließlich ersetzt, wozu erheblich mehr Arbeit notwendig gewesen war, als sie erwartet hatte, aber die Dielenbretter waren noch nicht wieder verlegt. Einstweilen mussten Gipsplatten genügen, bis sie Zeit hatte, sich darum zu kümmern.

Anna befestigte oben gerade Fußleisten, als sie Chloes Klopfen an der Tür erkannte. Chloe war inzwischen ein Stammgast, und Anna freute sich immer, sie zu sehen.

»Komm herein«, rief sie. »Ich bin oben. Ich bin in einer Minute bei dir!«

Chloe hatte anscheinend länger als gewöhnlich gebraucht, um hereinzukommen, aber sie hatte es sich angewöhnt, Kaffee von zu Hause mitzubringen, und vielleicht hatte sie auch Kekse dabei. Anna trieb vorsichtig einen weiteren Nagel in die Fußleiste; sie freute sich auf eine Pause und einen kleinen Koffeinschock.

Dann waren da weitere eigenartige Geräusche, Stimmen und schließlich ein seltsames Kratzen. Anna zog die Brauen zusammen. Was ging dort unten vor? Da es ihr jedoch widerstrebte, ihre Arbeit unvollendet zu lassen, fuhr sie damit fort.

Als sie dann endlich doch die Leiter hinabstieg und rückwärts in den unteren Raum vorstieß, der noch keinen Namen trug, stand ihr ein Schock bevor. In der Ecke kauerte zutiefst verängstigt der schönste Hund, den Anna je gesehen hatte - oder zumindest kam es ihr so vor, vielleicht weil die Furcht in seinen Augen sie wie riesige, dunkle Teiche aussehen ließ, die sich von den cremefarbenen braunen Streifen und den samtenen Ohren abzeichneten. Der Hund hatte sehr lange Beine, die hilflos in der Luft wedelten, da er auf dem Rücken lag.

»Oh, du armes Ding!« Anna ging auf ihn zu, dann blieb sie stehen. »Du bist ja ganz verängstigt! Was tust du hier?« Sie drehte sich zu Chloe um. Neben ihr stand eine Frau, deren Kleidung aus mehreren Schichten purpurfarbenem Musselin und gesponnener Wolle bestand.

»Ich habe Caroline mitgebracht, um euch miteinander bekannt zu machen«, begann Chloe zaghaft.

»Hallo, Caroline«, begrüßte Anna die Frau und hoffte, nicht so verwirrt und abweisend zu klingen, wie sie sich fühlte. Warum hatte diese Frau ihren äußerst ängstlichen Hund mitgebracht?

»Ich bin nicht Caroline, ich bin Star. Caroline ist der Hund. Sie ist ein Greyhound und früher Rennen gelaufen.«

Sie musste da wohl irgendetwas gehörig durcheinander gebracht haben, überlegte Anna - die Frau schien einen Hundenamen zu haben und der Hund einen Frauennamen - und fragte: »Aber warum haben Sie sie mitgebracht? Sie ängstigt sich halb zu Tode.«

»Wir haben … ähm … gehofft, dass Sie sie mögen würden«, antwortete Star zögernd. Dann fügte sie hinzu: »Ich gehe auf Reisen.« Sie blickte nervös auf ihre Hände hinab, und Anna bemerkte, dass die Fingernägel bis auf die Nagelhaut abgekaut waren.

»Sie ist entzückend, davon bin ich überzeugt. Aber sie können nicht auf Reisen gehen, wenn Sie einen Hund haben.« Anna fühlte sich ziemlich unbehaglich, als wäre ihr da irgendetwas entgangen.

»Man kann sein Leben nicht für einen Hund in eine Warteschleife legen«, entgegnete Star und klang dabei ganz so, als stammten die Worte ursprünglich nicht von ihr. »Und sie hat sich bei mir nie richtig eingelebt. Wenn Sie sie nehmen könnten … Natürlich nur, bis sie ein neues Heim fände … Ich wäre Ihnen wirklich dankbar.« Sie griff nach den winzigen Glöckchen, die an einem Zopf an ihrem Kleid baumelten, und schlang sie sich immer wieder um die Finger.

Endlich begriff Anna, was genau Star meinte. »Aber ich kann keinen Hund nehmen! Das habe ich dir doch erklärt, Chloe. Seht euch hier um! Außerdem habe ich noch nie im Leben einen Hund gehabt!« Anna gab Star reichlich Gelegenheit zu sehen, dass ihr Haus für einen Menschen unbewohnbar war und erst recht für einen Hund. Dann drehte sie sich zu Chloe um, die inzwischen ausgesprochen gequält dreinblickte.

»Ich habe dich Star gegenüber nur ganz flüchtig erwähnt«, versicherte Chloe schuldbewusst. »Sie hat mir erzählt, dass sie ins Ausland fährt und gefragt - nun ja, eigentlich hat sie gefleht -, ob du nicht Caroline nehmen könntest. Ich habe gesagt, es sei unwahrscheinlich, doch es scheint keine Alternative zu geben.«

Anna, die diese Erklärung nicht zufrieden stellend fand, erwiderte: »Chloe, das Haus eignet sich nicht für einen Hund! Und erst recht nicht für einen mit so langen Beinen!« Sie konnte nicht glauben, dass Chloe sie in eine derart peinliche Situation gebracht hatte.

Caroline lag nicht länger auf dem Rücken, sondern versuchte jetzt, sich so klein wie möglich zu machen. Obwohl sie auch zuvor nicht gerade geschrien hatte, senkte Anna die Stimme. Sie war mit einem Mal ein wenig verzweifelt. »Ich kann sie nicht nehmen, obwohl sie wunderschön ist. Das musst du doch einsehen.«

Noch bevor sie ausgesprochen hatte, wusste sie, dass diese Bemerkung ein schwerer Fehler war. Seufzend ging sie zu dem eingeschüchterten Hund hinüber. Sie hockte sich vor ihn hin, wobei sie reichlich Abstand zu der Schnauze des Tieres wahrte, für den Fall, dass Carolines Angst die Oberhand über sie gewann. »Hallo, Caroline. Wie geht es dir?«, fragte sie leise.

Ihr wurde bewusst, dass sie mit dem Hund in genau der gleichen Art und Weise sprach, in der sie mit Kindern redete, und da sie mit Kindern mehr oder weniger genauso sprach wie mit Erwachsenen, war dies wahrscheinlich nicht richtig. Aber da sie keine andere Möglichkeit kannte, fuhr sie fort:

»Du brauchst keine Angst zu haben, weißt du. Niemand wird dir wehtun.« Anna warf einen grollenden Blick auf Star - die Caroline zwar nicht wehtun mochte, die aber bereit war, sie im Stich zu lassen - und als Dreingabe auch noch einen auf Chloe.