Cotton Reloaded: Nemesis - 5 - Gabriel Conroy - E-Book

Cotton Reloaded: Nemesis - 5 E-Book

Gabriel Conroy

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Beschreibung

Agent Dillagio macht sich auf den Weg nach Berlin. Dort will er Cotton und Decker endlich festnehmen. Kann er dem Auftragskiller zuvorkommen, der auf die ehemaligen Agenten vom G-Team angesetzt ist? Diese besitzen einen neuen, beängstigenden Hinweis auf die geheimnisvolle Organisation der Hand Gottes. Doch selbst, wenn Cotton und Decker überleben: Reicht das, damit sie ihren Kopf aus der Schlinge ziehen können? Gleichzeitig braut sich in den USA ein verheerender Sturm zusammen ...

ÜBER DIE SERIE

COTTON RELOADED - NEMESIS: Der Beginn einer neuen Ära!

Das G-Team droht zu zerbrechen: Mr. High wurde suspendiert, Philippa Decker sitzt in der Todeszelle, und im Verborgenen lauert ein mächtiger Feind. Um zu überleben und sein Team zu retten, muss Cotton jede Regel brechen. Aber welchen Preis wird er dafür zahlen?

Härter, schneller, explosiver: So haben Sie Cotton noch nie gelesen!

COTTON RELOADED - NEMESIS besteht aus sechs Folgen. Die Serie erscheint als eBook und Audio-Download (ungekürztes Hörbuch). COTTON RELOADED ist das Remake der erfolgreichsten deutschen Romanserie JERRY COTTON.

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 146

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Inhalt

Cover

Cotton Reloaded: NEMESIS – Die Serie

Über diese Folge

Das G-Team

Über die Autoren

Titel

Impressum

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

In der nächsten Folge

Cotton Reloaded: NEMESIS – Die Serie

Der Beginn einer neuen Ära!

Das G-Team droht zu zerbrechen: Mr. High wurde suspendiert, Philippa Decker sitzt in der Todeszelle, und im Verborgenen lauert ein mächtiger Feind. Um zu überleben und sein Team zu retten, muss Cotton jede Regel brechen. Aber welchen Preis wird er dafür zahlen?

Härter, schneller, explosiver: So haben Sie Cotton noch nie gelesen!

COTTON RELOADED – NEMESIS besteht aus sechs Folgen. Die Serie erscheint als eBook und Audio-Download (ungekürztes Hörbuch). COTTON RELOADED ist das Remake der erfolgreichsten deutschen Romanserie JERRY COTTON.

Über diese Folge

Agent Dillagio macht sich auf den Weg nach Berlin. Dort will er Cotton und Decker endlich festnehmen. Kann er dem Auftragskiller zuvorkommen, der auf die ehemaligen Agenten vom G-Team angesetzt ist? Diese besitzen einen neuen, beängstigenden Hinweis auf die geheimnisvolle Organisation der Hand Gottes. Doch selbst, wenn Cotton und Decker überleben: Reicht das, damit sie ihren Kopf aus der Schlinge ziehen können? Gleichzeitig braut sich in den USA ein verheerender Sturm zusammen …

Das G-Team

Das G-Team ist eine Spezialeinheit des FBI, die bei besonders schwierigen Fällen eingesetzt wird. Offiziell existiert die Einheit nicht. Sollte einer der Agenten gefangen oder getötet werden, werden FBI und Regierung jegliche Kenntnis bestreiten.

Die wichtigsten Mitglieder des G-Teams:

Jeremiah Cotton ist Mitte dreißig und stammt aus einem Kaff namens Grinnell, Iowa. Als er seine Familie bei den Anschlägen am 11. September 2001 im World Trade Center verliert, entschließt er sich, Polizist zu werden. Er fängt als Streifenpolizist beim NYPD an, doch schon bald wird er als Quereinsteiger ins G-Team berufen – was nicht allen gefällt.

Philippa Decker ist Cottons Senior-Partnerin und in vielem sein genaues Gegenteil. Sie ist etwas älter als Cotton, kühler und berechnender als er. Ihr Vater ist der schwerreiche Rüstungsunternehmer Graham Decker, doch man sollte nicht den Fehler begehen, Philippa für ein verwöhntes Töchterchen zu halten.

John D. High ist der ehemalige Special Agent in Charge (SAC) und Chef des G-Teams. In Folge 50 (»Tödliches Finale«) wird er suspendiert, als sein Team der mächtigen Geheimorganisation »Die Hand Gottes« zu nahe kommt.

Deborah Kleinman: Die neue Special Agent in Charge des G-Teams. Eine eiskalte Karrieristin – was nicht heißt, dass sie ihren Job nicht gut macht.

Steve Dillagio ist Agent des G-Teams. Ein raubeiniger Ex-Soldat – schlagfertig, manchmal gewalttätig, doch stets loyal seinem Team gegenüber.

Zeerookah: Der ehemalige Hacker mit indianischen Wurzeln ist der IT-Spezialist des G-Teams.

Joe Brandenburg ist kein Mitglied des G-Teams, sondern Detective beim NYPD. Dort war er Cottons erster Partner als Streifenpolizist.

Über die Autoren

Gabriel Conroy ist das Pseudonym eines in Los Angeles lebenden Autors. Er studierte in Kalifornien Film und Journalismus und arbeitete lange in der Filmbranche. Unter seinem echten Namen schreibt er Romane und Artikel, übersetzt Bücher und unterrichtet Deutsch. Als Gabriel Conroy lebt er seine Vorliebe für Pulp, Thriller, Horror und Heftroman-Stories aus.

Timothy Stahl, in den USA geboren, wuchs in Deutschland auf, wo er beruflich als Redakteur für Tageszeitungen und als Chefredakteur eines Wochenmagazins tätig war. 1999 kehrte er in die USA zurück und arbeitet seitdem als Autor und Übersetzer. Timothy Stahl lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Las Vegas, Nevada.

Folge 5: Vor dem Sturm

Gabriel Conroy & Timothy Stahl

beTHRILLED

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Uwe Voehl

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.deUnter Verwendung von Motiven von © shutterstock: hxdbzxy | Miloje | ostill | guigaamartins

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-3898-0

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

1

Seneca Rocks, West Virginia, 15:50 Uhr. Vor zehn Jahren.

Sie war noch nicht lange tot. Sie lag auf dem Bett, die Gliedmaßen unnatürlich abgespreizt. Ihre Augen standen offen und starrten ins Nichts.

Als Dave ins Schlafzimmer kam und sie so daliegen sah, verstand er auf Anhieb, dass seine Mutter nicht mehr lebte. Wie eine Puppe lag sie da, wie etwas, das jemand achtlos hingeworfen hatte.

Für einen Augenblick stand die Zeit für ihn still. Es war, als würde sein Herz nicht mehr schlagen. Ein süßliches Gefühl von Übelkeit verbreitete sich in seinem Magen. Seine Knie hätten beinah nachgegeben, doch er hielt sich gerade noch am Türrahmen fest.

»Mom …?«, sagte er. Seine Lippen zitterten. Er spürte, wie ihm die Tränen kamen. »Mom!«

Er taumelte nach vorne, hinein in das Schlafzimmer seiner Eltern, auf das Bett zu. Seine Mutter trug ein halb offenes Negligé, war fast nackt. Aber das nahm Dave in dem Moment gar nicht wahr. Er wollte das, was er hier sah, nicht glauben. Es war unmöglich. Es durfte nicht sein.

Plötzlich hörte er etwas.

Ein Röcheln. So leise, dass es kaum wahrnehmbar war. Und er meinte, ein winziges Zucken am Augenlid seiner Mutter zu sehen. Als würde sie ihm zuzwinkern, im Moment des Todes.

Er keuchte auf, hastete vollends auf das Bett zu, presste das Ohr an ihre Brust. Doch er war sich nicht sicher, ob da noch ein Herzschlag war. Sein eigenes Herz raste, sein Atem ging rasselnd … verdammt, er war sich nicht sicher!

»Mom!«, presste er hervor, schüttelte ihren kalten Körper.

Keine Reaktion.

Jetzt schmeckte er die salzige Nässe der Tränen auf den Lippen. Auch seine Nase lief. Sein ganzer Körper zitterte. Es kam ihm vor, als hätte man ihm mit einem Vorschlaghammer in den Bauch geschlagen. Verzweifelt tastete er nach ihrem Handgelenk, wollte ihren Puls spüren, aber seine Bewegungen waren zu hektisch, ihr Arm entglitt ihm und kam mit einem klatschenden Laut auf dem Nachttisch auf, schlug dabei ein offenes Pillenröhrchen um, das auf den Boden fiel und wegrollte. Dave hielt inne und griff danach, hob es auf. Dimethyl-2 stand darauf. Schlaftabletten. Das Röhrchen war leer, nur ein oder zwei Pillen lagen noch auf dem Boden. Dave hatte sie aus Versehen zertreten.

»Mom …«, sagte er mit zitternder Stimme, wie ein Windhauch über kaltem Stein.

»Mom!«

Er hatte von Anfang an ein seltsames Gefühl gehabt, schon als er nach Hause gekommen war. Irgendetwas stimmte nicht. Er hatte es gewusst.

Er war in der Stadt gewesen, in Seneca Rocks, und hatte ein paar Sachen für Thanksgiving eingekauft. Obwohl seine Mutter mit diesem amerikanischen Feiertag nicht viel anfangen konnte und sein Vater auch dieses Jahr wieder arbeiten musste und erst später kommen würde.

Er war mit Moms altem Honda in das pittoreske kleine Dorf gefahren und hatte seine Einkäufe erledigt. Mom und Dad hatten ihr Ferienhaus in Seneca Rocks, nahe des Monongahela-Nationalparks in West Virginia, vor etwa fünfzehn Jahren gekauft, damals war Dave gerade mal zwei Jahre alt gewesen. Seitdem verbrachten sie im Winter immer wieder mal ein paar Tage, manchmal aber auch ein paar Wochen hier, je nachdem wie viel Zeit sein Vater freinehmen konnte. Viel war es meistens nicht. Seneca Rocks war inmitten einer herrlichen Berglandschaft gelegen, in den Appalachen, und ab und zu ging sein Vater mit ihm und Mom wandern – die Stunden, die sie bei diesen Wanderungen miteinander verbrachten, zählten zu den schönsten Erinnerungen, die Dave hatte. Besonders im Herbst war die Gegend herrlich, das Farbenspiel der Blätter in den Bäumen, das feurige Rot des Laubs vor dem blauen Himmel, die majestätischen Berggipfel … Und im Winter lag der Schnee manchmal kniehoch. Als Dave noch klein gewesen war, hatten er und seine Mom Stunden damit zubringen können, hinter dem Haus Schneemänner zu bauen.

Doch der eigentliche Grund, warum sein Vater seinerzeit das Haus gekauft hatte, war der kleine See dahinter. Im Winter fror er zu, und Mom konnte auf dem Eis ihrer Leidenschaft nachgehen. Sie war eine begeisterte Schlittschuhläuferin. Sie hatte erzählt, dass sie früher, als sie noch in Ostdeutschland gelebt hatte, sogar mal Profisportlerin werden wollte.

An ihr Leben in Amerika hatte sie sich nie so recht gewöhnt. Bei ihrem ersten Einkauf in einem amerikanischen Supermarkt, so hatte sie Dave erzählt, hätte sie fast einen Nervenzusammenbruch bekommen. Stocksteif hatte sie dagestanden, zwischen den riesigen, endlosen, kunterbunten Regalen, völlig verloren in einem Labyrinth des Überflusses. Sie hatte gegen die Tränen angekämpft, aber nicht gewusst, warum.

Und dann die Pillen. Immer wieder Pillen. Zahllose Antidepressiva, Lithium, Valium, Schlaftabletten … Im Lauf der Jahre war Mom zunehmend unberechenbarer geworden. Wenn sie ihre Pillen hatte, dann war alles gut. Aber wenn nicht …

Sein Vater war in diesen schwierigen Zeiten keine große Stütze. Vor knapp fünf Jahren hatte er die CIA verlassen und den Auftrag übernommen, für das FBI eine neue Einheit zusammenzustellen. Dave hatte das nur am Rande mitgekriegt, denn seinen Vater hatte er schon davor viel zu selten zu sehen bekommen. Aber seitdem waren die Special Agents zu Dads Familie geworden. Für die eigene Familie war John High nur noch ein Phantom. Unnahbar. Ein ferner, aber dennoch strenger Vater. Über seine Arbeit sprach Dad nie. Nicht ein Wort.

Dave hasste ihn. Früher, als er noch klein war, hatte er ihn respektiert, sogar gefürchtet. Doch jetzt, da er ein Teenager war, konnte er sehen, was für ein Mann sein Vater wirklich war …

Sein Vater hatte Mom in diesem Land der Freiheit gefangen gehalten. Nur seinetwegen war sie hierhergekommen. Nur wegen ihm hatte sie dieses Leben angenommen. Dieses falsche Leben.

Lediglich auf dem Eis fühlte sie sich noch richtig frei. Allein auf dem Eis konnte sie atmen.

Atmen …

Da!

Als Dave den Blick wieder auf den reglosen Körper richtete, sah er ein winziges Luftbläschen, das sich an ihrer Lippe gebildet hatte.

»Mom …«, flüsterte er.

Dann zerplatzte es.

Sie lebt, dachte er. Mein Gott, sie lebt noch!

Er hob seine Mutter vorsichtig an, wollte ihr auf die Beine helfen. Sie war völlig reglos, immer wieder entglitt ihm ihr Körper. Der winzige Funken, den er jetzt in ihren Augen sah, drohte zu erlöschen. Immer wieder sagte er »Mom! Mom, bitte, komm …«, als wolle und könne er sie ins Leben zurückrufen.

Dann kam ihm die Idee, sie nach draußen zu bringen. Die kalte Luft, die Bewegung … sicher würde ihr das helfen.

Das Eis, dachte er. Die Eisschicht auf dem See! Sie wird sich erinnern …

Er hob sie an, schlang ihren schlaffen Arm um seine Schulter. Dann ging er torkelnd mit ihr die Treppe hinunter. Er merkte nicht, dass der kleine Funke Leben immer schwächer wurde …

Sie war schwerer, als er gedacht hatte. Er musste mit ihr die Treppe hinunter, dann durch das Wohnzimmer und über die Holzveranda nach draußen. Seine Arme schmerzten. Sein Atem ging hektisch. Dann, endlich, war er unten.

Jetzt rammte er mit der Schulter gegen die Tür, ließ sich nach draußen fallen, schleifte seine reglose Mutter mit sich. Über die Veranda, durch den Schnee. Dann die Holzstufen nach unten, zum See hin …

Die Luft war eiskalt. Er zerrte sie ein paar Meter weiter, bis zum Ufer des kleinen Sees. Als er losließ, sank sie leblos in sich zusammen, direkt vor der spiegelglatten Eisschicht.

Ihr glasiger Blick ging vor und zurück. Ein heiseres Röcheln entrang sich ihrer Kehle, aber zu mehr war sie nicht fähig.

Dave gab ihr eine Ohrfeige, dann noch eine. Dann kam ihm die Idee, ihr Schnee ins Gesicht zu reiben, in der Hoffnung, auf diese Weise den Kreislauf wieder in Gang zu bringen.

Doch es nützte alles nichts. Bald sah er nichts mehr in ihren Augen. Bald war ihm klar, dass es vorbei war.

Aus …

Er presste sie weinend an sich, flüsterte ihr ins Ohr, dass sie durchhalten sollte. Dass sie bei ihm bleiben solle.

Aber da war nichts mehr.

Ihr Blick war gebrochen.

Irene Sommer war tot.

Noch lange kauerte Dave High neben der Leiche seiner Mutter. In seinen Schmerz mischte sich ein zweites, neues Gefühl: Wut.

Wut auf seinen Vater.

Wenn John D. High nicht so selbstsüchtig gewesen wäre. Wenn er für seine Familie, für seine Frau dagewesen wäre, dann …

Dave musste schlucken, hart und trocken. Trotz der Eiseskälte fühlte sich seine Haut heiß an.

Die langen Stunden seines Vaters im Büro. Die Einsamkeit seiner Mutter. Sie war ganz allein in diesem Land gewesen, war mit der Sprache nicht zurechtgekommen, hatte sich an die Kultur nie gewöhnen können. Die einzigen Menschen, die sie hier hatte, waren ihr Sohn und ihr Mann. Aber der war kaum anwesend gewesen, selbst wenn er dagewesen war. Tagelang verschanzte er sich in seinem Büro beim FBI, arbeitete immer an »wichtigen Fällen«, war immer nur für seine Kollegen und Untergebenen da … aber nicht für seinen Sohn und seine Frau, die ihn als Menschen brauchten. Er hatte eine Wand des Schweigens um sich aufgebaut.

Dave musste daran denken, wie viele Feste – Weihnachten, Thanksgiving – er und seine Mutter alleine verbracht hatten. Wie er selbst an seinem Geburtstag, damals war er gerade vier Jahre alt geworden, geweint hatte, weil sein Vater nicht da war, um mit ihm zu feiern.

Im Haus der Familie High hatte immer eine eisernere Disziplin geherrscht. John D. High war früher Marinesoldat gewesen, und bis zum heutigen Tag hatte er diese Rolle nicht abgelegt. Dave erinnerte sich an kaum ein zärtliches Wort, eine Geste der Zuneigung.

Der Hass wuchs in Dave an wie eine gewaltige Welle, und darunter kochte eine Glut, die sich zu entladen drohte.

Und als er in die toten Augen seiner Mutter schaute, fasste er einen Entschluss.

Er blickte auf.

Drunten im Tal sah er, noch weit entfernt, einen Wagen, der auf das hoch gelegene Haus zusteuerte. Wie ein Spielzeugauto sah er aus, der schwarze Mercedes seines Vaters, der langsam die gewundene Serpentine entlangfuhr, immer höher, immer näher …

Dave schaute nach oben, in den dunkelblauen Himmel. Die Dämmerung kam. Bald würde es Nacht sein.

Die letzte Nacht meines Lebens, dachte Dave.

Heute, das schwor er sich, heute würde nicht nur seine Mutter sterben. Heute würden sie alle sterben. Vielleicht gab es ein Danach. Eine bessere Welt, in der sie es noch einmal miteinander versuchen konnten. Mit mehr Erfolg. Denn weniger ging nicht.

Dave bettete seine Mutter vorsichtig auf den Boden, als wäre der Schnee ihr Totenbett. Er faltete ihre Arme über der Brust und gab ihr einen letzten Kuss auf die Stirn.

Wie in Trance stand er auf und ging ins Haus.

Er stieg die Treppe hoch, zum Arbeitszimmer seines Vaters, fand die Tür aber verschlossen vor. Er warf sich ein paar Mal dagegen, bis das Holz schließlich krachend nachgab.

Dave schaute sich um. Dann trat er vor den Schreibtisch und griff nach der Schublade, aber auch sie war verschlossen.

Sein suchender Blick tastete durch den Raum, dann fand er ihn, den metallenen Brieföffner. Er stemmte die messerartige Klinge in die Ritze zwischen der Schublade und der Schreibtischkante, dann drückte er. Erst vorsichtig, dann immer kräftiger, heftiger. Sein Herz hämmerte.

Und plötzlich brach die Schublade. Mit hastigen Griffen zog Dave die zersplitterten Holzteile hervor, dann fand er das, wonach er gesucht hatte: Eine der Dienstwaffen seines Vaters. Eine Glock 22, eine halb automatische Pistole, .40er-Kaliber.

Dave wusste auch, wo sein Vater die Munition aufbewahrte, in einer kleinen Schatulle, die ebenfalls in der Schublade lag. Auch die brach er auf. Mit zitternden Händen griff er nach den Patronen. Sein Vater hatte ihm schon früh beigebracht, wie man mit Schusswaffen umgehen muss. Er lud das Magazin der Glock und entsicherte die Pistole.

Sie wog schwer und kalt in seiner Hand, fühlte sich fremdartig an.

Daves Herz pochte in der Brust. Sein Vater hatte ihm immer gesagt, dass man, wenn man eine Pistole auf einen Menschen richtete, auch willens sein musste, wirklich zu schießen. Ohne zu zögern. Sonst machte man Fehler.

Ein paar Sekunden lang hatte Dave Zweifel. Noch war es nicht zu spät. Noch konnte er die Waffe einfach weglegen.

Doch die Wut war zu stark.

Seine Schläfen pulsierten.

Dave High stand langsam auf. Entsicherte die Waffe. Zog den Schlitten durch. Er schaute kurz hinaus, aus dem Fenster hinaus in die Landschaft. Wo seine Mutter tot im Schnee lag.

Ein schöner Tag zum Sterben, dachte er.

Er sah auch wieder den Wagen seines Vaters. Er war fast da.

»Ich hasse dich so sehr«, sagte Dave mit von Tränen erstickter Stimme.

Seine Hand zitterte. Er steckte die Waffe ein und ging wieder hinaus …

2

Über dem Ärmelkanal, 5:35 Uhr. Heute Morgen.

»… und, Agent Dillagio?«

»Ja, Ma’am?«

»Wagen Sie es nicht, mit leeren Händen zurückzukommen.«

Die Worte von SAC Deborah Kleinman, Leiterin des G-Teams, klangen Steve Dillagio noch im Ohr. Genau wie die von John D. High, als er ihn gefragt hatte, was ihn zum ausgebrannten Haus des durchgeknallten Milliardärs Christopher Alexander geführt hatte: »Vielleicht dasselbe wie Sie«, hatte sein ehemaliger Vorgesetzter gesagt.

Gut möglich. Immerhin waren sie beide auf der Suche nach Philippa Decker und Jeremiah Cotton.

Philippa Decker …

Dillagio seufzte schwermütig, während er den Blick vom Hintern der Stewardess nahm und stattdessen in die Nacht vor dem Bullauge des Flugzeugs hinaus richtete. Tief unter ihm glosten die Lichter einer Stadt wie glühende Kohle im Grill.

Ein anständiges Gericht von zwölf Geschworenen hatte Philippa Decker vor knapp zwei Jahren für schuldig befunden. Die ehemalige FBI-Agentin war des Terrorismus überführt worden. Unglaublich, aber wahr. Sie war in die Asservatenkammer des FBI eingebrochen und hatte einen Rucksack voll Plastiksprengstoff gestohlen. Tja, und damit hatte sie dann ein Kaufhaus in die Luft gejagt. Bang! Einfach so.