Cotton Reloaded - Sammelband 08 - Jack Lance - E-Book

Cotton Reloaded - Sammelband 08 E-Book

Jack Lance

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Beschreibung

Eine neue Zeit. Eine neue Mission. Ein neuer Held: Erleben Sie die Geburt einer neuen Legende! COTTON RELOADED ist das Remake der erfolgreichen Kultserie "Jerry Cotton". Drei spannende Thriller in einem Band:

Dollarmord:

Weltweit brechen die Aktienkurse plötzlich massiv ein. Es droht ein Zusammenbruch der gesamten Weltwirtschaft. Kurz darauf wird der Direktor eines der größten Geldanleger der Welt ermordet. Hat sein gewaltsamer Tod etwas mit dem Börsencrash zu tun? Die Zeit rennt, und die Welt droht ins Chaos zu stürzen ...

Die Unsterblichen:

Ein fanatischer Serienmörder treibt sein Unwesen in Kalifornien und lädt bestialische Videos auf einer Onlineplattform hoch. Die bestialischen Filme zeigen, wie seine Opfer von wilden Tieren bei lebendigem Leib aufgefressen werden ...

Wüste der Vergeltung:

Ein junger Cree-Indianer muss mitansehen, wie weiße Bauarbeiter seine ganze Familie und somit die Letzten seines Stamms auslöschen. Er rettet sich in eine Miene und ruft die Geister seines Volks, die ihm helfen zu überleben und die Mörder seiner Familie grausam bestrafen ...

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Inhalt

Cover

Was ist COTTON RELOADED?

Über dieses Buch

Die Autoren

Impressum

Cotton Reloaded 22 - Dollarmord

Cotton Reloaded 23 - Die Unsterblichen

Cotton Reloaded 24 - Wüste der Vergeltung

Was ist COTTON RELOADED?

Dein Name ist Jeremiah Cotton. Du bist ein kleiner Cop beim NYPD, ein Rookie, den niemand ernst nimmt. Aber du willst mehr. Denn du hast eine Rechnung mit der Welt offen. Und wehe, dich nennt jemand »Jerry«.

Eine neue Zeit. Ein neuer Held. Eine neue Mission. Erleben Sie die Geburt einer digitalen Kultserie: COTTON RELOADED ist das Remake von JERRY COTTON, der erfolgreichsten deutschen Romanserie, und erzählt als E-Book-Reihe eine völlig neue Geschichte.

Dieser Sammelband enthält die Folge 22-24 von COTTON RELOADED.

Über dieses Buch

Drei spannende Thriller in einem Band:

Dollarmord: Weltweit brechen die Aktienkurse plötzlich massiv ein. Es droht ein Zusammenbruch der gesamten Weltwirtschaft. Kurz darauf wird der Direktor eines der größten Geldanleger der Welt ermordet. Hat sein gewaltsamer Tod etwas mit dem Börsencrash zu tun? Die Zeit rennt, und die Welt droht ins Chaos zu stürzen …

Die Unsterblichen: Ein fanatischer Serienmörder treibt sein Unwesen in Kalifornien und lädt bestialische Videos auf einer Onlineplattform hoch. Die bestialischen Filme zeigen, wie seine Opfer von wilden Tieren bei lebendigem Leib aufgefressen werden.

Wüste der Vergeltung: Ein junger Cree-Indianer muss mitansehen, wie weiße Bauarbeiter seine ganze Familie und somit die Letzten seines Stamms auslöschen. Er rettet sich in eine Miene und ruft die Geister seines Volks, die ihm helfen zu überleben und die Mörder seiner Familie grausam bestrafen …

Die Autoren

Der niederländische Autor Jack Lance (Pseudonym von Ron Puyn) hat mehrere übernatürliche Thriller in der Tradition der Romane von Stephen King und Dean Koontz verfasst. Seine Bücher erschienen in zahlreichen Ländern, auf Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch, Russisch, Polnisch, Tschechisch, Rumänisch, Bulgarisch, Serbisch und Hebräisch. Weitere Sprachen sind in Vorbereitung. Bei Bastei Lübbe erschien sein Psychothriller Höllenfeuer. Seine Novelle Nachtogen(›Nachtaugen‹) wird in Hollywood für das Kino verfilmt, unter dem Titel Night Eyes (2014). Zuvor wurde auch seine Erzählung Tikken (2007) als niederländischer Kurzfilm umgesetzt.

www.jacklance.comwww.nighteyesthemovie.comFolgen Sie Jack auch auf Facebook.

Peter Mennigenwuchs in Meckenheim bei Bonn auf. Er studierte in Köln Kunst und Design, bevor er sich der Schriftstellerei widmete. Seine Bücher wurden bei Bastei Lübbe, Rowohlt, Ravensburger und vielen anderen Verlagen veröffentlicht. Neben erfolgreichen Büchern, Hörspielen und Scripts für Graphic Novels schreibt er auch Drehbücher für Fernsehshows und TV-Serien.

Timothy Stahl, geboren 1964 in den USA, wuchs in Deutschland auf, wo er unter anderem als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Jugendzeitschrift tätig war. 1999 kehrte er nach Amerika zurück. Seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf. Mit seiner Horrorserie WÖLFE gehörte er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags. Außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Er lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen in Las Vegas, Nevada.

BASTEI ENTERTAINMENT

Digitale Originalausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dr. Arno Hoven (»Dollarmord«), Wolfgang Neuhaus (»Die Unsterblichen« und »Wüste der Vergeltung«)

Projektmanagement: Nils Neumeier

Titelgestaltung: Sandra Taufer, München

Unter Verwendung von Illustrationen von © shutterstock: DmitryPrudnichenko|Rigucci|Pavel K|Andy Dean Photography und © iStockphoto/4x6

E-Book-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-1464-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Dollarmord

Jack Lance

aus dem Niederländischen vonHelmut W. Pesch

Seine Mutter war immer so bestimmend, fand der Junge. Wasch dich, putz dir die Zähne, iss deinen Toast, vergiss deine Schulbücher nicht! Das Einzige, was sie morgens tat, war, ihn herumzukommandieren, und er wünschte sich, dass sie ihm irgendwann einmal nicht so viele Befehle erteilen würde.

Josh aß sein letztes Stückchen Toast auf. Sein Vater kam aus dem Bad zurück, mit der Aktentasche in der Hand, so wie jeden Morgen.

»Dein Mittagessen«, sagte sie zu ihm und gab ihm in Silberfolie eingewickelte Butterbrote mit.

»Danke, Stefany«, sagte er und küsste sie. Dann winkte er ihnen und verabschiedete sich: »Bis heute Abend.« Danach drehte er sich um und verschwand durch die Tür.

Kurz darauf hörte der Junge das Auto losfahren.

Seine Mutter kam mit einer Serviette an. »So – jetzt erst den Mund abputzen.«

»Mama!«, beschwerte er sich. »Ich bin kein Baby mehr.«

»Wenn das so wäre«, erwiderte sie, »dann könntest du dir wohl selbst schon den Mund abwischen. Aber das klappt noch nicht so richtig, mein großer Junge.« Sie schmunzelte, während sie ihm mit dem Tuch die Brotkrümel aus den Mundwinkeln wischte.

Er ließ sie gewähren. Als sie fertig war, schüttelte er abwehrend den Kopf und stand auf.

»Hier, dein Schulranzen«, sagte sie.

Er hängte ihn sich über die Schultern.

»Und jetzt noch ein Küsschen«, forderte seine Mutter ihn auf. »Dann kannst du gehen.«

Mit einem Seufzer schlurfte er zu ihr hinüber und küsste sie auf die Wange.

»Nicht sehr überzeugend, aber ich lasse das mal gelten«, sagte seine Mutter.

Der Junge ging nach draußen. Es war ein milder Augustmorgen, und die Luft war schon warm. Bis zur Schule waren es nur ungefähr dreihundert Meter, und er lief diesen Weg jeden Tag, außer natürlich am Wochenende.

Er dachte an gar nichts, so wie jeden Tag. Zunächst bemerkte er auch nicht, dass neben ihm plötzlich ein langer weißer Lieferwagen am Straßenrand hielt. Der Fahrer hatte es offenbar eilig, denn der Wagen stand mit einem halben Rad auf dem Bürgersteig.

Auf der Seite des Transporters ging eine Schiebetür auf, und ein Mann sprang heraus. Darüber war der Junge höchstens ein wenig überrascht, mehr nicht. Bevor auch nur der Gedanke an Angst in ihm aufstieg, presste der Mann ihm schon mit einer Hand den Mund zu und zerrte ihn zum Lieferwagen. Der Junge fiel nach innen in den Laderaum, und die Schiebetür wurde sofort wieder zugezogen, während der Transporter lospreschte.

Erst jetzt wurde dem Jungen klar, was geschehen war. Und jetzt hatte er Angst.

Prolog

Der Geschäftsmann im grauen Anzug wartete vor dem Fußgängerüberweg, beschattete die Augen mit der Hand gegen die grelle Mittagssonne und spähte angespannt zur anderen Straßenseite hinüber. Die Fußgängerampel sprang auf Grün. Er wartete noch einen Augenblick, dann trat er mit festem Schritt auf den Asphalt. Auf der anderen Seite angekommen, ging er nach rechts zu dem Restaurant, das etwa zwanzig Meter entfernt lag. Taco’s Diner war auf der breiten Markise über dem Eingang zu lesen.

Er trat ein. Es war ein paar Minuten vor zwölf, Mittagessenszeit, und viele Tische waren bereits besetzt. Der Mann, mit dem er sich verabredet hatte, war bereits da und saß in einer Ecke. Der Geschäftsmann ließ sich ihm gegenüber nieder, ohne ihm die Hand zu geben.

»Da wären wir also«, eröffnete sein Gegenüber das Gespräch.

»Danke, dass du so kurzfristig Zeit hattest.«

»Für dich doch immer«, sagte der andere, scheinbar jovial und gut gelaunt.

Eine Kellnerin kam zu ihnen. Sie war jung, höchstens zwanzig, und hatte einen langen blonden Pferdeschwanz. Sie legte zwei Speisekarten für sie auf den Tisch und fragte, ob sie schon etwas zu trinken haben wollten. Der Geschäftsmann bestellte einen Kaffee, sein Gesprächspartner ebenso. Das Mädchen wandte sich um und ging fort. Ihr Pferdeschwanz wippte fröhlich auf und ab.

»Nun, was liegt an?«, fragte der Mann, der zuerst hergekommen war.

Der Geschäftsmann sah sich ein wenig ängstlich um, als fürchte er, belauscht zu werden. Er beugte sich vor. »Ich weiß Bescheid«, sagte er dann.

Auch wenn er flüsternd gesprochen hatte, kam es dennoch voller Überzeugung heraus, genau so, wie er es sich vorgenommen hatte. Sein Gesprächspartner runzelte die Stirn, antwortete jedoch nicht.

»Ich weiß alles. Deshalb bin ich hier.«

»Was in aller Welt willst du damit sagen?«, fragte sein Gegenüber.

»Tu nicht so, als wäre ich blöd!«, blaffte der Geschäftsmann. »Muss ich es dir buchstabieren? Ich möchte dich bitten, notfalls auf Knien anflehen: Lass es sein! Hör auf damit! Die ganze Sache ist schon viel zu weit gegangen. Muss es erst Tote geben?« Er stützte sich auf seine Ellenbogen und schob das Gesicht noch näher an das seines Gesprächspartners heran. »Du kannst vielleicht noch aus der Sache rauskommen. Lass mich dir helfen. Bitte!«

Der andere beugte sich gleichfalls vor. »Du redest Unsinn, mein Lieber. Ich sage es dir noch mal: Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«

Die Bedienung kam wieder an den Tisch. »Und wissen Sie schon, was Sie essen wollen?«

Der Geschäftsmann blickte von seinem Gesprächspartner zu ihr hinüber und versuchte, ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern. »Nein, wir sind noch nicht dazu gekommen. Na ja, bringen Sie mir einfach einen Hamburger mit Pommes und eine Cola. Was möchtest du?«

»Das Gleiche«, antwortete der andere.

»Schön«, sagte die Bedienung und verschwand mit den Speisekarten.

Das nur halb geglückte Lächeln verschwand vom Gesicht des Geschäftsmanns. »Hör mal, ich lass nicht zu, dass du damit durchkommst. Ich werde dich daran hindern.«

Er machte eine Pause und sah seinem Gegenüber direkt in die Augen. »Es ist vorbei. Begreif das doch, verdammt noch mal! Ich biete dir die letzte Gelegenheit, einen Rückzieher zu machen.«

Der andere schüttelte den Kopf. »Ich habe langsam das Gefühl, dass es keine so gute Idee war, deine Einladung zu diesem Mittagessen anzunehmen. Ich glaube, ich sollte besser gehen. Ich habe genug Gefasel gehört.«

Der Geschäftsmann streckte den Arm über den Tisch und legte die Hand auf die seines Gesprächspartners, als ob er ihm etwas ganz Persönliches mitteilen wollte.

»Nein«, sagte er. »Es wird zwar schwierig werden, für uns beide, aber wir können das schaffen. Wenn du nur dabei mitmachst. Ich lass dich nicht im Stich.«

Der andere zog seine Hand zurück. Ein Grinsen schien sein Gesicht zu spalten. »Was hast du mit mir vor? So kenne ich dich gar nicht, Mark.«

Mark Green, der Geschäftsmann, erwiderte nichts.

»Warum hast du überhaupt darauf bestanden, dass wir uns hier treffen?«, hakte der andere Mann nach. »Warum nicht eine etwas ruhigere Umgebung? Zum Beispiel bei dir oder bei mir zu Hause?«

Marks Gedanken mahlten. Er hatte dieses belebte Restaurant ausgesucht, weil er sich fürchtete. Nicht vor dem Mann, der ihm gegenübersaß, aber wohl vor den Leuten, mit denen dieser zusammenarbeitete. Mark hatte sich auf dünnes Eis begeben, als er um diese Unterredung gebeten hatte. Er gefährdete damit seine eigene Sicherheit, aber das bekümmerte ihn noch am wenigsten. Viel mehr beunruhigte ihn die Sorge um seine Frau und seine kleine vierjährige Tochter.

»Das ist unwichtig«, antwortete er. »Viel wichtiger ist, zu welcher Entscheidung wir jetzt kommen.«

Die Kellnerin mir dem blonden Pferdeschwanz kam schon wieder zurück. In jeder Hand trug sie ein Tablett mit einem Hamburger und Pommes frites. Sie stelle das Essen auf den Tisch.

»Die Cola bring ich noch. Wollen Sie vielleicht etwas mehr Ketchup? Oder kann ich Ihnen sonst noch was bringen?«

Mark versuchte wieder zu lächeln und erklärte, dass es so gut sei. Sein Tischgenosse nickte zustimmend.

Als die Bedienung sich hüfteschwingend entfernte, stand Marks Gesprächspartner auf. »Soweit es mich betrifft, ist die Sache klar, und Hunger hatte ich eigentlich sowieso nicht. Ich bin dann weg. Du zahlst?«

»Du spielst mit dem Feuer«, flüsterte Mark. Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit.

Sein Gast musterte ihn noch einen Augenblick nachdenklich. »Nein, das tust du«, sagte er dann, auch leise, aber bestimmt. »Hier sind Kräfte am Werk, mit denen du dich besser nicht messen solltest. Geh heim und halt die Füße still, das ist gesünder für dich.«

Anschließend drehte er sich um und ging. Mark sah ihm nach, bis er durch die Tür verschwunden war. Danach blickte er auf die beiden Hamburger. Er hatte auch keinen Hunger. Jetzt ganz bestimmt nicht mehr.

Die Bedienung brachte die Colas.

»Kann ich schon mal bezahlen?«, fragte Mark.

Mit Widerwillen aß er seinen Hamburger schnell zur Hälfte auf, obwohl er keinen Hunger verspürte. Wenige Minuten später verließ auch er das Restaurant und ging zurück über die Straße, die Hände in die Jackentaschen gesteckt und den Kopf gesenkt. Zwischen den roten Backsteinhäusern der New Yorker Downtown lief er zu seinem grasgrünen Chevrolet, der in einer Parkbucht am Straßenrand stand, und fragte sich, wie dieser Tag in Gottes Namen nur weitergehen sollte.

Mark seufzte tief, fischte den Autoschlüssel aus seiner Hosentasche und öffnete mit einem Druck auf den Knopf die Fahrertür. Er setzte sich hinters Steuer und steckte den Schlüssel in das Lenkradschloss.

Im Innenspiegel vermeinte er zwei Gestalten zu sehen, die halb schräg hinter dem Kofferraum des zweiten oder dritten Autos hinter ihm waren und zu ihm hinüberschauten. Als er über die Schulter blickte, war keiner mehr da.

Fing er nun an, unter Verfolgungswahn zu leiden?

Alles hatte sich geändert – seit gestern Abend. Er hatte die Nacht kein Auge zugetan. Die Last auf seinen Schultern war zu schwer und das Risiko, das er auf sich genommen hatte, war groß. Eigentlich viel zu groß. Es war daher unumgänglich, dass er von nun an selbst auf kleinste Details achten und sehr aufmerksam sein musste.

Mark schüttelte den Kopf. Nein, sein Leben war nicht mehr so wie früher. Das konnte man wohl sagen.

Er warf einen Blick auf die Uhr. Viertel vor eins. Die Sonne schien am wolkenlosen Augusthimmel. Es sah aus wie ein normaler schöner Tag in New York.

Er startete den Motor.

Dann folgte ein blendender Lichtblitz, eine Explosion.

1

Die Nachmittagssonne schien durch das offene Schlafzimmerfenster. Von der Straße, sieben Stockwerke tiefer, drang das Rauschen eines nie enden wollenden Stroms von Pkws und gelben Taxis auf dem dampfenden Asphalt herauf. Cotton roch Auspuffgase, vermischt mit dem scharfen Geruch gebratenen Fleischs von einem Imbissstand an der Straßenecke genau unter dem offen stehenden Fenster.

Es war nicht das Fenster seines eigenen Apartments. Bis vor wenigen Tagen war er hier noch nie gewesen. Dieses Apartment gehörte einer gewissen Tami Holmes, seiner neuesten Eroberung. Er hatte sie drei Abende zuvor im Iguana kennengelernt, einem Club, in dem er durch Zufall gelandet war. Seit jenem Abend hatte er nicht mehr in seinem eigenen Bett geschlafen.

Sie hatte Geschmack, diese Tami. An der Wand hingen moderne Gemälde, und im Schlafzimmer stand eine rostbraune abstrakte Skulptur, deren tiefere Bedeutung sich Cotton verschloss, aber sie sah recht geschmackvoll aus. Cotton hatte sich überlegt, dass er sich vielleicht ein bisschen mehr mit Kunst beschäftigen müsste.

Er lag in Tamis Bett, mit zurückgeschlagener Decke. Es half nichts gegen die drückende Hitze, und er stöhnte zum x-ten Mal, weil Tamis Klimaanlage kaputt war – und mehr noch darüber, dass er das blöde Ding gestern nicht zur Reparatur gebracht hatte. Dabei hatte er es ihr hoch und heilig versprochen.

Cotton hörte, wie in der Küche nebenan die Kühlschranktür bewegt wurde und Tami ein Liedchen summte. Er schaltete den Fernseher gegenüber vom Bett ein, griff nach der Fernbedienung und drückte auf eine Taste. Ein Werbeblock erschien auf dem Bildschirm. Er zappte zum nächsten Programm. Eine Soap. The Bold and the Beautiful? As the World Turns? Machte es einen Unterschied? Er schaltete weiter, bis er bei CNN hängen blieb.

Es gab wieder mal Aktuelles vom Tage. Auf dem Laufbalken am unteren Rand des Bildschirms las er, dass die Kurse an der Wall Street im freien Fall waren. Die Börse hatte häufiger einen schwarzen Tag, und so erschien ihm das nicht ungewöhnlich. Er hörte, was die Sprecherin sagte. Sie war offenbar neu. Er hatte sie jedenfalls noch nie zuvor gesehen.

»Unruhe an der New Yorker Börse«, sagte die Brünette aufgekratzt. »Während der letzten Stunde ist der Dow Jones um gut acht Prozentpunkte gefallen. Bis vor einer Stunde war es noch ein ruhiger Handelstag mit nur wenig Bewegung. Was ist dort nur los? Unser Berichterstatter James Whitemarsh ist vor Ort. James, was können Sie uns sagen?«

James erschien im Bild vor dem Hintergrund des Börsenparketts.

»Hallo, Rosie«, sagte er. »Ja, was da genau los ist, weiß eigentlich noch niemand. Es ist vollkommen unklar, warum der Index plötzlich so rapide ins Minus gerutscht ist. Es hat keine Anzeichen gegeben, dass so etwas passieren könnte. Einige Börsianer, mit denen ich gesprochen habe, vermuten, es könnten Befürchtungen dahinterstecken, dass die Eurokrise weiter um sich greift. Oder dass Anleger auf eine Senkung des Zinssatzes durch die Fed spekulieren. Aber ich sage noch einmal, es gibt momentan keinen, der es mit Sicherheit sagen kann.«

Rosie kam wieder ins Bild. »Okay, danke, James. Wir kommen in Kürze wieder auf Sie zurück.«

»Jerry!«, rief Tami.

Cotton, dachte er zum wievielten Mal. Ich heiße Cotton!

Sie stand neben ihm. Das Einzige, was ihre lilienweiße Haut bedeckte, war ein ebenfalls weißer String. Den musste sie zwischen Bett und Küche gefunden haben, denn sie war nackt von ihm weggegangen. Sie trug ein Tablett, auf dem zwei große Gläser Eistee standen, die zur Hälfte mit Eiswürfeln gefüllt waren.

»Herrlich«, sagte Cotton und griff nach einem der Gläser.

»Mach mal ein bisschen Platz«, forderte sie ihn auf. »Oder bin ich nicht mehr sexy?«

Cotton grinste breit. »Wie kommst du denn darauf?«

Er rutschte ein Stück zur Seite. Sie setzte das Tablett zwischen ihnen ab und glitt neben ihm auf die Matratze. »Ich wusste gar nicht, dass du dich für Aktien interessierst«, meinte sie nach einem kurzen Blick auf den Fernseher. »Hat das berufliche Gründe?«

Cotton setzt das Glas an die Lippen und trank es in einem Zug zur Hälfte leer.

»Das war eine tolle Idee!«, rief er. »Ich war ausgetrocknet.«

»Weich nicht wieder meiner Frage aus«, sagte sie. Diesmal klang es strenger als sonst.

Tami ließ nicht locker. Bislang hatte er noch nicht verraten, was er eigentlich beruflich machte und wer sein Gehalt bezahlte. Diese Information war geheim, und er hatte nicht die Absicht, es ihr anzuvertrauen.

Das Einzige, was er ihr mitgeteilt hatte, war, dass er im Polizeidienst stand. Das war unverfänglich. Es gab in New York Tausende Polizisten jeglicher Art.

Er machte sich keine Sorgen, dass er Tami gegenüber würde deutlicher werden müssen. Seine Beziehungen dauerten nie länger als ein paar Wochen, und warum sollte es in diesem Fall anders sein?

»Nein«, sagte er. »Von Geldsachen versteh ich nicht viel.«

»Wovon denn wohl?«, fragte sie. »Na ja, eine Sache gibt es, in der du ganz gut bist …« Sie grinste und äugelte nach seinen Shorts. »Leider weiß ich sonst so gut wie gar nichts über dich.«

Er beugte sich zu ihr und küsste ihre vollen kirschroten Lippen. »Das kommt noch. Mach dir deswegen mal keine Sorgen.«

Tami lächelte immer noch. »Lügner. Wie viele Frauen hast du schon betrogen?«

In diesen Worten hatte nicht so sehr Verbitterung durchgeklungen als vielmehr die Erkenntnis, was sie an Cotton hatte. Oder eben nicht hatte, besser gesagt. Sie schien sich schon mit dem Gedanken vertraut gemacht zu haben, dass dies wohl nicht mehr als ein kleines Abenteuer war. Ein paar Tage, vielleicht ein paar Wochen, allerhöchstens ein Monat sexuelle Befriedigung. Nicht mehr und nicht weniger. Anscheinend konnte auch sie damit leben.

Die folgenden Stunden waren nett. Tami konnte gut kochen, und er genoss das Steak, das sie gebraten hatte, und das ausgezeichnete Wok-Gemüse dazu. Eigentlich sollten mehrMenschen kochen können, dachte Cotton, während er sich verwöhnen ließ. Aber seine eigenen Fähigkeiten lagen auf anderen Gebieten.

Gegen halb neun ging sein Smartphone. Decker, sah er auf dem Schirm.

»Wer ist das?«, fragte Tami, die ihm gegenübersaß.

»Arbeit«, knurrte er.

»Arbeit?«

Das Telefon piepte weiter. Cotton stand auf und ging ins Bad, wo er reden konnte, ohne dass Tami das Gespräch mithörte.

»Cotton«, meldete er sich.

»Decker«, hörte er seine Seniorpartnerin sagen, »kommen Sie bitte ins Hauptquartier.«

»Warum? Gibt es was Dringendes?«

»Das werden Sie noch erfahren.«

»Ich bin nicht im Dienst«, sagte Cotton. »Das ist kein guter Augenblick …«

Deckers Seufzer war laut und deutlich hörbar. »Ich hab für so was jetzt keine Zeit, Cotton.«

Die Badezimmertür ging auf. Tami stand vor ihm mit verschränkten Armen. Sie zog die Brauen hoch, sagte aber nichts.

»Sie sind nicht allein, oder? Haben Sie wieder jemanden aufgerissen, Cotton?«, fragte Decker giftig, als ob in dem Apartment eine Kamera hinge, durch die sie alles mit ansehen konnte.

Cotton hielt wohlweislich lieber den Mund.

»Ich erwarte Sie in fünfzehn Minuten hier.«

Cotton legte den Kopf in den Nacken, seufzte tief und strich sich mit der Hand durchs Haar.

»Bin schon unterwegs.«

Er unterbrach die Verbindung. Tami drehte sich um und ging zum Bett, wo sie in den letzten Tagen einige Stunden zusammen verbracht hatten. Mit dem Smartphone noch in der Hand, folgte Cotton ihr und bewunderte noch einmal ihre sanft gerundeten Pobacken. Tami setzte sich auf den Bettrand und sah ihn an. Sie stützte ihr Kinn auf die Knöchel ihrer rechten Hand. Dadurch wirkte sie plötzlich wie eine Art weibliche Variante des »Denkers« von Rodin. Sie sah ihn verführerisch an.

»Und?«, fragte sie.

Er setzte sich neben sie.

»Ich muss gehen. Die Pflicht ruft.«

»Kommst du wieder?«

Es war eine direkte Frage, und er überlegte, wie sie das wohl meinte. Ob er heute Abend wiederkommen würde? Oder überhaupt noch einmal?

Er hatte schon wieder das Gefühl, dass sie ihn völlig durchschaute. Dass sie es ganz genau wusste: Er würde nicht wieder zurückkommen. Und dass sie wohl damit bereits gerechnet hatte.

Cotton nahm mit einem unangenehmen Gefühl Abschied von Tami Holmes.

2

Er trat in den großen zentralen Raum des G-Team-Hauptquartiers. Decker winkte ihm. »Wir warten schon auf Sie.« Ein wenig belämmert folgte Cotton ihr.

In dem verglasten Besprechungsraum saßen schon Zeerookah, Sarah Hunter, Steve Dillagio und Mr High. Decker ergriff das Wort. »Zur Einführung für diejenigen, die die Nachrichten nicht gehört haben, weil sie Wichtigeres zu tun hatten …« Sie warf Cotton einen scharfen Blick zu. »An der Wall Street sind die Kurse gestern Abend ganz plötzlich abgestürzt. Der Dow Jones hat um acht Prozent tiefer geschlossen. Zur gleichen Zeit sind auch die Kurse in Asien in den Keller gegangen. Ein regelrechtes Blutbad.«

Cotton erinnerte sich an die Breaking News vom Mittag im Fernsehen. Erneut fragte er sich, was daran so bemerkenswert war. Noch nie war ein Kurssturz an der Wall Street ein Fall für das G-Team gewesen.

»Was haben wir damit zu tun?«

Deckers Blick blieb an ihm hängen. »Normalerweise nichts. Aber heute ist etwas geschehen, was wir bislang noch aus den Nachrichten heraushalten konnten. Kurz nach Mittag ist ein Top-Mann von Silberman, einer der Direktoren, ermordet worden.«

Silberman war der größte Geldanleger der Wall Street, wahrscheinlich der ganzen Welt.

»Das Opfer heißt Mark Green, vierundfünfzig Jahre alt«, berichtete Decker. »Um Viertel vor eins war er in der West 37th Street. Als er sein Auto anließ, löste er damit eine Explosion aus. Die Bombe steckte vermutlich unter der Motorhaube.«

Decker drückte auf die Tastatur vor ihr, und auf dem Beamer erschien das Bild eines distinguierten Herrn. Er hatte graue Schläfen, aber noch volles, dichtes Haar. Das kantige Kinn vermittelte Entschlossenheit, und das Lächeln strahlte Vertrauen aus. Mark Green hatte die Statur, die man von einem erfolgreichen Geschäftsmann oder Bankier erwartete.

»Das NYPD hat erste Untersuchungen angestellt, aber es gibt noch keine konkrete Spur. Man hat uns den Fall übertragen«, sagte Decker.

John D. High, der am Kopf des Tisches saß, ergriff das Wort. »Seit heute Mittag lösen sich weltweit an den Börsen jede Minute Millionen in Luft auf«, erklärte er mit seiner vertrauten dunklen, ruhigen und zugleich befehlsgewohnten Stimme. »Wie Agent Decker schon gesagt hat, beträgt der Verlust an der Wall Street über acht Prozent. In Tokio liegt er bereits doppelt so hoch. Um sechs Uhr öffnen die Börsen in Europa. Wenn dort die Kurse auch einbrechen – und das wird geschehen, wenn die Panik weiter um sich greift –, kann das Folgen für die gesamte europäische Wirtschaft haben. Und nach Europa schwappt die Flutwelle wieder zu uns herüber. Experten befürchten bereits, dass es zu einer Wiederholung des Schwarzen Donnerstags von 1929 kommen könnte.«

Mr High hielt inne und sah jeden im Raum einzeln an. Sarah Hunter beugte den Oberkörper zur Seite, und Cotton, der neben ihr saß, fiel auf, dass sie nach Blumen roch. Er dachte wieder an Tami.

»Die Frage, die wir uns in diesem Moment stellen müssen und auf die ich heute Abend noch eine Antwort haben will«, fuhr High fort, »ist, ob der Mord an Mark Green mit der Krise an der Börse in Verbindung steht – und wenn ja, auf welche Art.«

Decker übernahm wieder das Wort. »Über den Anschlag sind noch wenige Fakten bekannt. Die Spurenuntersuchung vor Ort hat nichts ergeben. Das Auto, ein Chevrolet, ist völlig ausgebrannt. Die Zeugenaussagen, die uns vorliegen, sind wenig brauchbar. In der Wohnung des Opfers hat man auch keine Hinweise gefunden. Er war verheiratet und hatte eine kleine Tochter von vier Jahren. Man hat mit der Witwe gesprochen, aber sie war außerstande, etwas zur Aufklärung beizutragen.«

»Und was sagen seine Kollegen?«, fragte Cotton.

»So viel wir bis jetzt wissen, hat er niemandem auch nur das Geringste erzählt, was er gegen Mittag vorhatte. Heute Morgen war er anscheinend sogar noch im Büro.«

»Auf jeden Fall hatte er Feinde, das ist wohl klar«, warf Cotton ein. »Wo war er, bevor er in die Luft gejagt wurde? Und wohin wollte er?«

»Das wissen wir nicht«, erwiderte Decker.

Cotton schob seinen Stuhl zurück und stand auf.

»Okay«, sagte er zu Decker. »Irgendwo müssen wir anfangen. Schauen wir uns den Laden von Silberman mal an.«

*

Das Hauptquartier von Silberman lag an der Broad Street in Lower Manhattan. Das Glasgebäude zählte fünfundachtzig Stockwerke. Cotton hatte das Hochhaus oft gesehen, aber war noch nie drinnen gewesen. Er hielt nichts von den Mammutkonzernen der Finanzwelt, und es spielten wohl noch ein paar andere Dinge eine Rolle, weshalb er in der Regel einen Bogen um sie machte. Seit dem 11. September 2001 mied er generell größere Handelsgebäude, wenn dies möglich war.

»Green war Direktor«, sagte Cotton. »Wie hoch in der Hackordnung stand er?«

»Er war zwar nicht im Vorstand, aber nur eine Ebene tiefer«, erklärte Decker. »Und das in einem Unternehmen mit vierunddreißigeinhalbtausend Mitarbeitern. Das ist ziemlich hoch.«

Mark Greens Arbeitsplatz hatte im sechundvierzigsten Stock gelegen. In der großen zentralen Halle starrten Dutzende von Mitarbeitern, Schweißflecken unter den Achseln und Krawatten auf Halbmast, auf Bildschirme, die ein Zahlengewirr und steil fallende Kurse zeigten. Cotton und Decker waren vermutlich die Einzigen im Gebäude, die in diesem Augenblick kein Interesse an sich verflüchtigenden Millionen hatten.

Die Agents wurden durch Greens Sekretärin in Empfang genommen, eine Blondine um die dreißig mit etwas fülliger Figur. Sie hieß Susie und war noch im Büro gewesen, als ihr Chef ermordet wurde.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie.

Es war schon lange Abend, etwa zwanzig nach neun; dennoch war das Gebäude von Silberman noch gut besetzt. Das lag eher an der Finanzkrise, die immer weitere Kreise zog, als an dem Schock über den gewaltsamen Tod eines Direktors der Wall-Street-Firma. In den Medien war darüber noch immer nichts zu hören. Das NYPD hatte die Identität des Opfers vor der Presse bislang geheim halten können. Cotton wusste zu schätzen, dass längst nicht allen bei Silberman bekannt war, dass Green am Mittag in seinem Auto in die Luft gesprengt worden war und dass diejenigen, die davon Kenntnis hatten, es schafften, den Mund zu halten.

»Mr Green war heute Morgen noch im Büro, habe ich gehört«, sagte Cotton zu Susie.

»Ja.« Sie sah blass aus und hatte rote Augen. Wahrscheinlich erlebte sie gerade einen der schwersten Tage ihres Lebens. »Schon ziemlich früh. Als ich kam, saß er bereits hinter seinem Schreibtisch. Ich war auch früh dran. Eigentlich brauche ich erst um acht anzufangen, aber ich war heute eine Viertelstunde eher da. Er hatte da schon eine Tasse Kaffee getrunken.«

»War er häufiger früh im Büro?«, fragte Decker.

»Nein«, antwortete Susie. »Nur wenn es etwas Dringendes zu erledigen gab. Mr Green arbeitete lieber abends etwas länger, er war kein Morgenmensch. Nicht, dass er dann schlecht gelaunt gewesen wäre, aber er arbeitete einfach lieber abends als morgens früh.«

»Woran hat er heute Morgen gearbeitet?«, hakte Decker nach.

»Das haben die anderen Polizeibeamten heute Mittag auch schon gefragt«, erwiderte sie. »Ich weiß es nicht.«

»Sie führen doch sicher seinen Terminkalender. Was stand da für heute drin?«

»Das ist ja das Merkwürdige«, meinte Susie. »Heute hatte er keinen einzigen Termin. Gestern Abend hatte er alle Termine und Besprechungen für heute abgesagt. Er hat einen ziemlich vollen Terminkalender, und das hat er vorher noch nie getan. Außer das eine Mal – ich glaube vor zwei Jahren – als er sich den Magen verdorben hatte.«

»Wirkte er irgendwie krank, als er heute Morgen hier war?«

»Nein.« Susie schüttelte mit Bestimmtheit den Kopf.

»Sie haben ihn doch sicher gefragt, warum er all seine Termine abgesagt hat«, vermutete Cotton.

Susie nickte. »Er sagte nur, er hätte heute keine Zeit. Er schien ziemlich im Stress zu sein. Das konnte man deutlich sehen. Er war nervös, ganz anders als sonst.«

»Warum hatte er keine Zeit?«, wollte Cotton wissen.

Suzie zog die Schultern hoch.

»Und war er gestern auch schon so? Oder vorgestern?«

»Nein«, antwortete Susie. »Bis heute Morgen habe ich nichts Besonderes an ihm gemerkt. Darüber habe ich heute Nachmittag schon nachgedacht. Er war wie immer.«

»Dann gibt es auch nichts, was er in der letzten Zeit oder heute Morgen zu ihnen gesagt hat, was Ihnen aufgefallen ist.«

Susie blinzelte eine Träne weg. »Nur dass er keine Zeit hatte. Mr Green hatte ansonsten eigentlich immer Zeit. Er war ein freundlicher Mann und wurde von allen geschätzt. Nicht wie einige der anderen Direktoren hier. Ich arbeite seit drei Jahren für ihn – ich meine, ich habe für ihn gearbeitet –, und Mr Green hat immer an meinen Geburtstag gedacht und an den Sekretärinnentag; an dem brachte er mir immer ein Blümchen mit. Er war der Einzige, der so etwas machte!«

Susie wurde von ihren Gefühlen überwältigt. Sie zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich.

»War er wirklich so ein großartiger Mensch?« Decker hatte die Frage gestellt, und sie klang etwas ungläubig.

Greens Sekretärin nickte voller Überzeugung. »Ja. Ich habe mich oft gefragt, ob er hier wohl richtig am Platz war. Er war nicht so ein typischer, harter Geschäftsmann.«

»Wahrscheinlich hat er heute Morgen noch telefoniert oder Mails geschrieben«, sagte Cotton. »Können wir eine Auflistung der eingehenden und ausgehenden Anrufe sehen und seinen E-Mail-Wechsel?«

»Auch danach haben Ihre Kollegen heute Mittag schon gefragt. Mr Green hat keine Mails hinterlassen. Falls er welche geschrieben hat, dann hat er sie gelöscht. Es gibt zwar eingehende Mails, aber das ist übliche Geschäftspost. Nichts Besonderes.«

»Unser IT-Fachmann wird sich das gern einmal ansehen«, sagte Cotton.

Decker und er befragten noch andere Mitarbeiter, die über Greens Tod informiert waren. Sie sagten alle im Wesentlichen das Gleiche aus. Demnach war Mark Green ein liebenswürdiger Mann gewesen, jemand mit einer aufrechten Gesinnung und mit Gefühl: jemand, dem Normen und Werte mindestens so wichtig waren wie Geld. Es war ein völliges Rätsel, warum gerade dieser Mann ermordet worden sein sollte.

Cotton ging Greens Terminkalender sowie die Notizen der letzten Wochen durch, doch er fand nichts Verdächtiges.

Was der Mann am Morgen in aller Frühe an seinem Schreibtisch getan und zu welchem Termin er sich anschließend begeben hatte, blieb ungeklärt.

»Um welche Uhrzeit ist er gegangen, Susie?«, fragte Cotton zum Schluss.

»Gegen elf«, antwortete sie. »›Bis später‹, hat er noch gesagt. Das ist das Letzte, was ich von ihm gehört habe.«

Cotton und Decker verließen das Gebäude von Silberman.

»Zeerookah sollte seinen Mail-Account durchforsten«, sagte Decker. »Aber ich glaube kaum, dass er da was finden wird.«

»Green hat seine Spuren sehr sorgfältig verwischt«, pflichtete Cotton ihr bei. »Ich frage mich, was er zu verbergen hatte.«

»Ja«, sagte Decker. »Ich mich auch.«

3

Cotton und Decker standen auf der von Hochhäusern aus Backstein gesäumten West 37th Street hinter dem gelben Band, das den Ort absperrte, wo Mark Green und sein Auto in die Luft geflogen waren. Eine Handvoll Polizisten hielt Wache. Cotton kannte einen von ihnen. Sogar sehr gut.

Joe Brandenburg löste sich von seinen Kollegen und kam auf ihn zu.

»He, Cotton, wieso laufen wir uns immer über den Weg, wenn die Kacke am Dampfen ist?«

Cotton schüttelte ihm die Hand. »Das gehört wohl zum Geschäft.«

Brandenburg zog eine Packung Marlboro aus der Hosentasche. Geschickt tippte er gegen die Schachtel, sodass eine Zigarette herausfuhr, und zündete sie an.

»Was treibt euch denn hierher?«

»Ich habe gehört, es hätte bei dem Anschlag Zeugen gegeben«, sagte Cotton, ohne auf die Frage seines ehemaligen Kollegen einzugehen.

»Ja«, antwortete Brandenburg. »Drei, um genau zu sein. Eine ältere Frau und zwei junge Männer. Sie haben die Explosion nicht direkt gesehen, aber wohl, dass das Auto in Flammen stand.«

»Haben sie irgendwelche verdächtigen Personen bemerkt?«

Brandenburg schüttelte den Kopf. »Wenn das so wäre, hätten wir schon die Fahndung aufgenommen, um die Verdächtigen aufzuspüren. Du hältst uns wohl für Anfänger, Cotton; das hätte ich nicht von dir erwartet.«

Cotton blickte zu der Stelle hinüber, wo vor etwa achtzehn Stunden der Chevrolet in die Luft gegangen war. »Ich begreife nicht, dass über die Bombe noch nichts bekannt ist.«

»Oh, das waren Profis«, sagte Brandenburg. »Die Bombe hatte es in sich. Sie war mit dem Anlasser gekoppelt. Von dem Auto ist nichts mehr übrig geblieben.«

»Ich hab die Fotos gesehen.«

Zeerookah hatte sie ihm unterwegs aufs Handy geschickt. Der verkohlte Schrotthaufen auf den Bildern war kaum noch als Fahrzeug zu erkennen gewesen.

Cotton wandte sich von Brandenburg ab. Was hier gestern Mittag stattgefunden hatte, sah auf den ersten Blick am ehesten nach einer Abrechnung aus. Mark Green hatte bei bestimmten Leuten offenbar böses Blut geweckt. Da die Firma Silberman über vierunddreißigtausend Mitarbeiter hatte, mochte es durchaus einen oder zwei davon geben, die Green lieber tot als lebendig gesehen hätten. Auch wenn Greens Sekretärin von der noblen Gesinnung des Mannes überzeugt gewesen war – vielleicht hatte er ihr ja Sand in die Augen gestreut. Green wäre bestimmt nicht der erste Mensch mit zwei Gesichtern. Darüber hinaus glaubte Cotton nicht, dass man in einer Firma wie Silberman Karriere machen konnte, wenn man nicht mindestens zwei Gesichter hatte.

»Woran denken Sie?«, fragte Decker.

Cotton sagte sich, dass seine letzten Gedanken im Augenblick nichts zur Sache beitrugen.

»Er hat die Firma gegen elf Uhr verlassen. Er dürfte gegen zwanzig vor zwölf hier angekommen sein. Dann ging er irgendwohin und kam um Viertel vor eins zurück. In der Zwischenzeit hat der Mörder die Bombe angebracht. Er muss professionell und unauffällig vorgegangen sein. Aber er hat sich auch bewusst für gestern entschieden. Warum gestern? Und warum hat Green sich auf der Arbeit so anders verhalten als sonst? Jemand, der Green ermorden wollte, weil der ihn irgendwie betrogen hatte, hätte ihn an jedem beliebigen Tag umbringen können. Dass es ausgerechnet gestern geschehen ist, legt den Verdacht nahe, dass es etwas mit dem aktuellen Börsengeschehen zu tun hat. Green wusste, was passieren würde. Es war kein Zufall, dass er sämtliche gestrigen Termine abgesagt hat. Und er hat gezielt all seine Spuren verwischt. Warum? Was wusste er?«

»Das klingt logisch. Es scheint in der Tat so zu sein, dass er etwas mit der Börsenkrise zu tun hat. Aber wir haben noch keinen handfesten Beweis dafür«, sagte Decker.

Cotton rieb sich das Kinn mit den Fingern. »Dann beschaffen wir uns den Beweis. Von jemandem, der ihm am nächsten stand. Er war doch verheiratet, oder?«

»Das können Sie vergessen«, entgegnete Decker. »Die Witwe ist nicht ansprechbar. Habe ich das noch nicht gesagt? Der Kontakt mit der Familie läuft daher über Greens Bruder. Seinen einzigen Bruder. Er ist bei ihr zu Hause.«

»Okay«, sagte Cotton. »Dann reden wir eben zuerst mit ihm. Wo wohnt die Witwe?«

»Green und seine Frau haben eine Eigentumswohnung am Broadway.«

»Gehen wir.«

Decker öffnete den Mund und schien etwas sagen zu wollen. Cotton rechnete fast damit, dass sie wieder mal nicht seiner Meinung war. Dann hob sie die Schultern. Anscheinend hatte sie auch keine bessere Idee.

Sie verabschiedeten sich von Brandenburg und verließen die Straße, wo Mark Green das Zeitliche mit der ewigen Seligkeit getauscht hatte.

Gerade als sie Richtung Broadway losfahren wollten, meldete sich Cottons Handy. Es war Zeerookah.

»Ich bin die Polizeiberichte der letzten vierundzwanzig Stunden durchgegangen«, berichtete er. »Dabei bin ich auf was Interessantes gestoßen.«

»Erzähl«, forderte Cotton ihn auf.

»Gegen ein Uhr nachts wurde ein gewisser Johnnie Mendoza umgebracht«, sagte Zeerookah. »Er hat einen gewissen Ruf als Hacker. In dem Zusammenhang wird der Name Mark Green erwähnt.«

»Was?«

»Ja, anscheinend hatte er vorgestern noch Kontakt mit Mendoza. Wegen dieses Kontaktes wurde Green vom NYPD gesucht. Wenn er nicht ermordet worden wäre, hätte man ihn heute Mittag wegen einer Aussage vorgeladen. Was hatte er mit Mendoza zu tun?«

»Ja, was?«

»Darüber habe ich keine Informationen. Das müsst ihr schon selbst rausfinden.«

Cotton blickte Decker an, mit dem Handy am Ohr. »Machen wir, Zeery. Besten Dank. Wie ist die Adresse?«

»36 Hooper Street, Williamsburg«, antwortete Zeerookah.

»Okay. Hast du auch ein Foto von diesem Mendoza.«

»Schick ich dir rüber.«

*

Die Hooper Street sah trostlos aus. Apartmenthäuser, Plattenbauten und Asphalt mit viel zu großen Löchern drin. Mendozas Wohnung befand sich in einem bordeauxroten Apartmentblock. Eine weiße Frau mit pechschwarzem Haar öffnete auf das Klingelzeichen. Sie mochte Ende dreißig bis Anfang vierzig sein und war allein in der Wohnung. An den Ringen unter ihren Augen war zu sehen, dass sie heute viel geweint hatte. Es konnte sich bei ihr nur um Mrs Mendoza handeln.

Cotton zeigt ihr seine Marke. »Agent Cotton, FBI.«

Die Frau sagte nichts, bedeutete ihnen aber mit einer Geste, einzutreten.

»Was wollen Sie von mir?«, schniefte sie, während sie noch im Flur standen. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass heute noch mehr Polizei kommt. Erst recht nicht um diese Uhrzeit! Ich habe allen gesagt, dass ich gern allein sein möchte.«

»Das tut mir leid, Mrs Mendoza«, sagte Cotton. »Wir sind hier, weil ein Mann, mit dem Ihr Ehemann vorgestern gesprochen hat, auch ermordet worden ist. Sein Name ist Mark Green.«

Die Frau – Cotton kannte nicht einmal ihren Vornamen – zeigte kein Anzeichen des Erschreckens. Sie senkte nur leicht den Kopf, als ob sie dergleichen erwartet hätte. »Ich wusste es«, sagte sie leise. »Ich wusste, dass Johnnie sich da auf etwas eingelassen hatte.«

»Auf was?«, fragte Cotton.

Sie schüttelte den Kopf. »Irgendetwas mit seinen Computern natürlich. Ich weiß es nicht. Ich verstehe nichts von Computern. Er hat immer so komische Sachen gemacht.«

»Wie lange kannte Ihr Mann Mr Green?«

Die Frau zog die Schultern hoch. »Ich habe ihn vorgestern Abend das erste Mal gesehen. Es war so gegen halb neun. Johnnie …«

Eine Strähne fiel ihr ins Gesicht. »Er wollte nicht, dass ich etwas von der Sache mitkriegte. Ich sollte nämlich eigentlich ins Sportstudio gehen, aber ich fühlte mich nicht gut und bin deshalb früher nach Hause gekommen. Dann sah ich, dass Johnnie anscheinend Besuch hatte. Er hatte mir nicht gesagt, dass noch jemand vorbeikommen würde. Es war ein netter Mann, gut gekleidet, mit Anzug. Johnnie bekam nicht oft Besuch von solchen Leuten. Der Mann hat sich mir vorgestellt und mir die Hand gegeben. Das hat mich sehr überrascht. Meistens wollten … wollten Johnnies Gäste nicht gesehen werden. Es war das erste Mal, dass ich von so jemandem eine Hand kriegte.«

Die Frau versank einen Moment in eigene Gedanken.

»Dieser Mann, Mr Green, ist noch ungefähr eine halbe Stunde geblieben und dann wieder gegangen. Johnnie war sauer auf mich, dass ich früher aus dem Sportstudio zurückgekommen war, und er hat den Rest des Abends kein Wort mehr mit mir geredet. Er hatte schon die ganzen letzten Tage ziemlich miese Laune gehabt. Er arbeitete an einem Geheimauftrag, der ihm ziemlich Stress machte.«

»Einem Geheimauftrag?«, hakte Decker nach.

»Das hab ich nur so gesagt«, erklärte die Frau. »Was weiß ich! Ich hab ja gesagt, ich verstehe nicht viel von Computern. Er hat Programme und Software geschrieben, und er war auch ganz gut im Knacken von Quellcodes und solchen Dingen. Das war nicht ganz legal, aber wenn Sie wirklich vom FBI sind, dann wissen Sie das wahrscheinlich schon.«

Sie senkte das Kinn. »Johnnie hat immer nachts gearbeitet. Auch letzte Nacht. Meistens ging er so gegen vier ins Bett. Heute Morgen wurde ich wach, und er lag nicht neben mir. Ich habe ihn im Arbeitszimmer gefunden. Er lag mit dem Gesicht auf der Tastatur. Und die war voller Blut. Er ist aus nächster Nähe erschossen worden. Die Polizei meint, dass der Mörder einen Revolver mit Schalldämpfer gehabt haben muss. Darum habe ich nichts gehört. Das Schloss des Fensterrahmens in unserem Badezimmer ist aufgebrochen. Der Mörder muss draußen über die Feuertreppe gekommen sein …«

Die Frau brach in Schluchzen aus, sicher nicht zum ersten Mal heute. Decker ging zu ihr hinüber und legte ihr den Arm um die Schulter. Nach einer Weile konnte sie weitersprechen.

»Man hat auch keine Spuren gefunden. Der Mörder ist vorsichtig zu Werke gegangen. Wenn es überhaupt ein Mörder war. Es können genauso gut auch zwei oder drei hier drinnen gewesen sein, während ich am Schlafen war.«

Wieder begann die Frau zu weinen.

»Ach, lasst mich doch in Ruhe!«, rief sie mit erstickter Stimme. »Es ist einfach zu viel. Ich begreife das alles nicht.«

»Mrs Mendoza«, sagte Decker, »wir wollen Ihnen nicht zu nahe treten. Aber wir müssen mehr über diese Gelegenheitsarbeit wissen, von der Sie gesprochen haben.«

»Man hat alle Computer meines Mannes beschlagnahmt«, sagte sie. »Wenden Sie sich an die Polizei, wenn Sie sie brauchen.«

»Gut«, meinte Cotton. »Das machen wir.«

Er nahm an, dass das Gespräch damit zu Ende war. Aber dann ergriff die Frau doch noch einmal das Wort.

»Eine Sache gibt es da, die mich gewundert hat. Johnnie hatte immer Probleme, genug Geld zusammenzukratzen. Er war immer knapp bei Kasse. Aber diese Woche sagte er, dass wir uns über Geld vorerst keine Sorgen mehr zu machen bräuchten.«

»Mark Green hat ihm einen ungewöhnlich hohen Lohn versprochen, meinen Sie?«, fragte Decker.

»Ich glaub schon«, antwortete die Frau. Ihre Augen waren noch stärker gerötet als vorher. »Aber dieser Auftrag war auch irgendwie ungewöhnlich, und ihm war offenbar nicht wohl dabei. Ach, hätte Johnnie doch lieber weiterhin Geldsorgen gehabt als das hier! Aber vielleicht hatte er keine andere Wahl und musste es tun.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich sagte es schon, ich hab den Mann gestern das erste Mal gesehen, und wenn ich nicht das Studio hätte ausfallen lassen, wüsste ich nicht mal, dass er jemals hier gewesen war.«

Cotton und Decker sahen sich an. Sie fragten sich, was Green bei einem halb illegalen Computer-Hacker gemacht hatte. Möglicherweise war Mendoza auf seinem Gebiet gut gewesen, aber er war sicher nicht der typische Auftragnehmer, mit dem Unternehmen wie Silberman geschäftlich zu tun hatten. Selbst privat hätte Green kaum von den Diensten eines solchen Mannes Gebrauch gemacht.

Es sei denn, es ging hier um Dinge, die das Tageslicht scheuten.

»Wo ist es geschehen?«, fragte Cotton. »Wo ist das Arbeitszimmer Ihres Mannes, meine ich.«

»Ich zeige es Ihnen.«

Sie führte sie in ein Zimmer am Ende des Ganges, machte die Tür auf, und Cotton warf einen Blick hinein.

Der Raum war mit einem langen Schreibtisch und einem Regal voller Fachbücher ausgestattet. Auf dem Tisch waren große Staubflächen zu sehen. Da mussten die Computer gestanden haben, welche die Polizei beschlagnahmt hatte.

Cotton erkannte, dass er hier nichts mehr tun konnte. Zeerookah würde beim NYPD Zugriff auf Mendozas Computer beantragen müssen. Decker und er nahmen Abschied von der Witwe. Doch eine große Frage blieb offen.

Wenn Mark Green diesem Johnnie Mendoza einen Auftrag gegeben und wenn dieser etwas Illegales beinhaltet hatte, warum waren sie jetzt beide tot?

*

Mark Green hatte seine Schäfchen im Trockenen gehabt. Sein Apartment strahlte Luxus aus. Es hatte drei Schlafzimmer und drei Badezimmer, und es entging Cotton nicht, dass alle Räume mit teurer, moderner Kunst ausgestattet waren. Den Wert des Apartments schätzte er auf mindestens zwei Millionen Dollar.

Es war voll im Haus. Cotton zählte ungefähr zwanzig Menschen, die gekommen waren, um der trauernden Witwe Trost zu spenden. Mrs Green mochte Mitte vierzig sein, hatte halblanges blondes Haar und konnte sich noch ganz gut sehen lassen, abgesehen von dem verlaufenen Make-up, das schwarze Spuren in dem verweinten Gesicht hinterlassen hatte. Ein Mann hielt die ganze Zeit den Arm um ihre Schulter gelegt. Er war ungefähr zwei Meter groß, hatte eine Halbglatze und einen Bauchansatz. Er schien der Bruder von Mark Green zu sein und nahm seine Schwägerin überdeutlich in Schutz. Sein Name war Gerald.

»Muss das sein? Können Sie nicht warten? Haben Sie kein Mitgefühl?«, sagte Gerald entrüstet.