Darf ich bleiben, wenn ich leise bin? - Andrea Hensgen - E-Book + Hörbuch

Darf ich bleiben, wenn ich leise bin? E-Book

Andrea Hensgen

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Beschreibung

Dem Charme dieses tollpatschigen, höflichen Wombats muss man einfach erliegen! Dem Charme dieses tollpatschigen, höflichen Wombats muss man einfach erliegen! Na so was! Ein schmatzendes, schnüffelndes Tier steckt unter Davids Schrank. Und als es seine Schnauze hervorstreckt, ist David richtig verblüfft, denn so ein Vieh hat er noch nie gesehen. Leider können sie sich nicht verständigen, weil das Tier nur Englisch spricht. Doch es begreift schnell, dass es vor David keine Angst haben muss. Und David spürt sofort, dass er einen Freund gefunden hat. Was David nicht ahnt: Dem Zoo ist ein australischer Wombat entwischt. Tausend Euro soll derjenige kriegen, der das Tier findet.   

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Andrea Hensgen

Darf ich bleiben, wenn ich leise bin?

Mit Illustrationen von Daniel Napp

Deutscher Taschenbuch Verlag

Originalausgabe 2003

© Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Rechtlicher Hinweis §44 UrhG: Wir behalten uns eine Nutzung der von uns veröffentlichten Werke für Text und Data Mining im Sinne von §44 UrhG ausdrücklich vor.

eBook ISBN 978-3-423-40534-8 (epub)ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-70816-6

Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website

www.dtv.de/​ebooks

Inhaltsübersicht

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Müde, scheu und leise, so kam er an.

Der Junge hat es gleich gespürt.

1.Kapitel

Nur ein Rascheln und die Geschichte wäre vorbei!

Wenn man die Geschichte von ihrem Anfang an erzählen wollte, müsste man in Gedanken nach Australien gehen und sechs Wochen zurück in der Zeit. Aber Australien liegt auf der anderen Seite der Welt, und das ist sehr weit.

David springt gerade von seinem Stuhl auf und schreit. Deshalb beginnt die Geschichte in diesem Moment. Sie erzählt von David und seiner Freundschaft mit einem Fremden. Dass dieser Fremde aus Australien kommt, kann sich jedes Kind jetzt schon denken.

David hat keine Ahnung, was ihm an diesem Abend passieren wird. Er ist acht Jahre alt, steht in der Küche und brüllt.

»Wenn ich so blöd bin, dann esst doch allein!«

Barfuß kann David schlecht über die Treppe stampfen, aber die Tür knallt er hinter sich zu.

Es kommt ihm keiner nach. Seine Eltern und Benni reden ruhig weiter und fangen zu essen an. Bratwürstchen und Pommes, das ganze Haus riecht danach.

David zieht die Tüte mit Salzbrezeln aus seiner Schublade heraus und versteckt sich damit hinter dem Sofa. Wenn jetzt einer hereinkommt, sieht er David nicht. Aber es kommt keiner.

In der Küche drückt sich Benni die halbe Flasche Ketschup auf den Teller und sagt, was er immer sagt: »Lasst den nur! Wenn er Hunger hat, kommt er von selbst.«

David kennt Bennis Sprüche. Eher wird er verhungern als in die Küche zurückzugehen. Es würde für seine Eltern ziemlich langweilig werden, hätten sie nur noch Benni, das denkt er sich, die trockenen Brezeln bleiben in seinen Zähnen kleben. David beschließt für alle Fälle eine Flasche Saft unter dem Schrank zu verstecken und schmiedet eine Zeit lang Rachepläne.

Draußen wird es allmählich dunkel. Wenn man durch die Glastür aus Davids Zimmer tritt, steht man direkt im Garten. Die Hecken sehen am Abend wie runde Berge aus, der helle Kiesweg schimmert wie ein schmaler Fluss unter dem dicken Mond. David wohnt gerne halb im Garten. Manchmal schläft er im Sommer heimlich draußen. Das würde ihm keiner erlauben, nicht mal sein Vater.

Der Mai hat eben erst begonnen, der lange Sommer wird erst noch kommen.

Die letzten Krümel schmecken nur nach Salz, es ist sieben Uhr, bis morgen früh hält David seinen Hunger aus. Er schiebt die leere Tüte unter den Schrank und berührt etwas. Das ist warm und weich, David hat es mit seinen Fingerspitzen gestreift.

Das ist lebendig.

David hat Angst.

Wenn er jetzt schreit, kommen sie von oben angerannt oder das Biest springt unter dem Schrank heraus, auf sein Bein. David hat kurze Hosen an, ihm ist eiskalt.

Im Garten gibt es Katzen, Mäuse, Marder und Ratten – in Notwehr greift jedes Tier an. David starrt auf den schwarzen Spalt: Es hat sich nach hinten verkrochen, an die Wand.

Sein Vater würde es mit einem Stock nach draußen jagen. Am Stuhl lehnt Davids Ritterschwert. Er müsste aufstehen und erst die Tür öffnen, damit das Tier abhauen kann.

David zieht langsam die Beine ein, greift nach dem Kissen und schiebt es vor seine Knie.

Da fängt das Tier zu reden an.

»If I was quiet, could I stay with you?«

Der Stimme nach tippt David auf einen Hamster, nur größer, dicker und älter.

Auf jeden Fall klingt es nach klein, kleiner als David. Als hätte es Angst, so hört es sich an, dabei hat David kein Wort verstanden.

Wahrscheinlich wird es ihm nichts tun, denkt David. Trotzdem fallen ihm plötzlich Geschichten ein, da verstellt der Böse seine Stimme und lockt den Helden in eine Falle.

David legt sich flach auf den Boden. Zur Sicherheit hält er seinen Kopf hinter das Kissen und schiebt sich langsam über den Teppich. Unter dem Schrank ist es schwarz und dreckig. Der Schrank ist groß und alt. Weil er hohe Füße hat, konnte sich David früher darunter verstecken.

Um das Tier nicht zu erschrecken, sagt David leise: »Komm doch raus!«

Keine Antwort, nicht mal das kleinste Geräusch, das Tier hält still und bleibt stumm.

Das Tier sieht den ganzen David, flach in dem Ausschnitt zwischen Teppich und Schrank. David hat nur den ausländischen Satz und einen Spalt Schwarz, das findet er nicht fair.

Deshalb sagt er beim zweiten Mal fester: »Komm raus!«

Natürlich taucht das Tier nicht auf.

Irgendwann muss es da raus, weil es sonst verhungern oder sein Versteck ganz verscheißen wird.

Der Teppich riecht nach Salz und Staub, David dreht den Kopf zum Garten und verspricht es dem Tier ganz laut.

»Ich gucke auch weg, wenn du kommst.«

»That’s not true.«

Es traut David nicht, so viel versteht er. Da hält er ihm einfach seine Hand hin und streckt sie unter den Schrank, so weit er kann.

»Ich habe auch keine Angst vor dir.«

David fühlt es rauweich und feuchtwarm auf seiner Haut. Es ist garantiert die Zunge, womit es gerade über Davids Finger leckt. Er lässt seine Hand ruhig liegen. Wieder sagt das Tier etwas, das klingt so seltsam wie eben.

»If I was quiet, could I stay with you?«

David nickt und beschließt ihm zu geben, was es haben will. Sie könnten doch Freunde werden.

Es ruckt unter dem Schrank, zur Sicherheit weicht David hinter das Sofa aus. Da taucht unter dem Schrank eine Schnauze auf und David denkt: O Mann, ein kleines Schwein!

Der Rest steckt unter dem Schrank, das Tier hat sich eingeklemmt. Die Schnauze ist groß, nackt und hell, und ziemlich nass. David zuckt zurück, die Schnauze auch.

Ein ausländisches Schwein! Es wird ihm nichts tun, aber einen Haufen Ärger machen, das ist Davids erster Gedanke.

Da seufzt es unter dem Schrank.

»You must help me. Come on and push me out.«

Der Schrank zittert, das Tier stemmt sich auf. Davids Glasmurmeln in der unteren Schublade klicken aneinander. Es hört sich an, als stieße eine müde Fliege gegen das Fenster, die den Ausgang zum Sommer nicht findet.

Unter dem Schrank stöhnt es heftig.

»I’m too weak, after the long trip.«

Allein schafft Schnauze es nicht. David nennt das Tier vorläufig Schnauze.

Wenn er mehr von ihm sehen will, muss er sich klein machen und hineinquetschen in den schwarzen Spalt und Schnauze von hinten nach vorne schieben. David schüttelt sich. Es ist scheußlich, in ein Fell zu greifen, das man nicht kennt.

Schnauze schnieft und tut David Leid.

»Sorry, I haven’t got enough power.«

»Power« hat das Motorrad seines Vaters, das Wort kennt David, seine Mutter redet öfters von einer Frau, die zu viel davon hat. Man braucht »Power«, um vorwärts zu kommen; dem Schwein ist sie ausgegangen, so hört sich der Satz für David an.

»Soll ich dir was zum Essen bringen? Ich kann auch Schokolade besorgen.«

»Help me! I want to come out.«

Schnauze klingt einverstanden, David springt auf.

»Warte, ich bin gleich wieder da.«

An der Tür dreht er sich um. Schnauze wird nicht abhauen, solange er da unten eingeklemmt ist. David kann sich Zeit lassen, er steigt langsam die Treppe hinauf.

Zum Glück ist Benni in sein Zimmer gegangen. Nur Davids Eltern sitzen am Tisch. Sein Vater will, dass alles wieder in Ordnung ist. Er zeigt auf die halb volle Schüssel Pudding zwischen den leeren Tellern.

»Willst du den Rest Nachtisch haben?«

Was Besseres konnte David nicht passieren. Er nickt und greift danach, Schnauze wird sich freuen.

»Iss doch bei uns!«

Seine Mutter fasst ihn am Arm, David entwischt ihrer Hand.

»Ich gehe lieber runter.«

Es ist bei Davids Eltern nicht erlaubt, den Teller in sein eigenes Zimmer zu tragen, wenn man nur Hunger hat und keine Lust zu reden. Davids Mutter macht selten Ausnahmen.

»Die Schüssel bleibt hier.«

Pudding hätte Schnauze garantiert geschmeckt. Davids Mutter macht einem das Leben verdammt schwer, das denkt David oft, auf jeden Fall ein Mal am Tag.

Er stellt die Schüssel zurück auf den Tisch. Weil er eben gebrüllt und die Tür zugeknallt hat, gibt seine Mutter heute auf keinen Fall nach.

Um sie zu versöhnen, verbringt David eine halbe Stunde am Küchentisch und malt ein Bild. Man sieht viel Urwald darauf, vorne einen Forscher neben seinem kaputten Jeep und hinten einen Löwen, der hungrig brüllt.

Fast hätte David Schnauze vergessen, so gut gefällt ihm sein eigenes Bild.