Dark Land 33 - Horror-Serie - Marc Freund - E-Book

Dark Land 33 - Horror-Serie E-Book

Marc Freund

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Beschreibung

"Schneller, verdammt!"

Randy Bones und Marten Doomer rannten, was sie konnten. Nur weg aus der belebten Straße, in der in einem gewissen Delikatessen-Laden noch immer eine Alarmanlage wie wild heulte. Neben und hinter ihnen ertönten Rufe und protestierende Laute von Passanten, während sie selbst sich unter Einsatz ihrer Ellenbogen einen Weg durch die Menge bahnten. Es kam auf jede Sekunde an, und dieses Mal schien es, als hätten sie Glück. Die Geräusche wurden immer undeutlicher, je weiter sich die beiden Männer vom Ort des Geschehens entfernten.

Niemand von ihnen ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass sie geradewegs in ihr Verderben rannten ...

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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Tag der Offenbarung

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

»Geisterjäger«, »John Sinclair« und »Geisterjäger John Sinclair« sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Timo Wuerz

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5941-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Was bisher geschah

Die Hauptpersonen dieses Romans sind:

Wynn Blakeston: Gestrandeter aus einer anderen Dimension

Abby Baldwin: Wynns beste Freundin

Sir Roger: Abbys Vater

Esrath: sein dämonischer Diener

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Schnabeldämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor flieht, folgt Johnny ihm.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Er ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse.

Menschen und Dämonen leben hier mehr oder weniger friedlich zusammen, und doch ist Twilight City voller Gefahren. Die Stadt ist zudem von einem dichten Nebelring umgeben, den kein Einwohner jemals durchbrochen hat. Niemand weiß, was hinter den Grenzen der Stadt lauert …

In dieser unheimlichen Umgebung nennt sich Johnny ab sofort Wynn Blakeston – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will. Schließlich wimmelt es hier von Dämonen aller Art – und die hat Wynn in seiner Heimat immer bekämpft.

Wynn findet heraus, dass der Schnabeldämon Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen, die sogenannten Kraak.

Als Wynn wegen eines unglücklichen Zwischenfalls zu einer langen Haftstrafe verurteilt wird, zahlt der geheimnisvolle Sir Roger Baldwin-Fitzroy das Bußgeld und nimmt ihn in bei sich auf – warum, das weiß Wynn nicht.

Er lernt Sir Rogers Tochter Abby und seinen Diener Esrath kennen, die auch in Sir Rogers Villa leben. Er freundet sich mit Abby an, sie wird schon bald zu seiner engsten Vertrauten in dieser mysteriösen Welt.

Was Wynn nicht ahnt: Auch sein geheimnisvoller Gönner hat noch eine Rechnung mit dem Dämon Norek offen. Als es Sir Roger schließlich gelingt, Norek zu schnappen, liefert er den Kraak dem Wissenschaftler Dr. Shelley aus, der gleichzeitig Leiter des Sanatoriums Dead End Asylum im Deepmoor ist. Dieser verpflanzt Noreks Gehirn in einen anderen Körper und sperrt den Kraak in seinem Sanatorium ein.

Sir Roger aber präsentiert Wynn Noreks toten Körper, sodass der glaubt, der Kraak wäre für immer besiegt.

Doch einen Ausweg aus Dark Land scheint immer noch in weiter Ferne, und Wynn muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sein Aufenthalt in dieser Welt wohl noch länger andauern wird. Mit der Hilfe von Abby, die inzwischen herausgefunden hat, dass ihre verstorbene Mutter Matilda Fitzroy eine Hexe war, hat er einen Job beim Twilight Evening Star ergattert, der größten Zeitung von TC. Als man dort erkennt, dass er für Größeres bestimmt ist, steigt er vom Archivar zum Reporter auf.

Und schon bald stellt Wynn fest, dass noch ganz andere Aufgaben in TC auf ihn warten …

So gelingt es ihm, TC von dem so genannten »Richter« zu befreien, einem riesigen, schlangenartigen Wesen, das TC in regelmäßigen Abständen mit seinen Jägern heimgesucht hat.

Bei seiner Vernichtung warnt der Richter Wynn vor einer drohenden Gefahr, und Wynn fragt sich, ob das etwas mit dem geheimnisvollen weißen Schiff zu tun hat, das vor einiger Zeit wie aus dem Nichts im Hafen aufgetaucht ist und auf dem immer wieder Bewohner der Stadt spurlos verschwinden.

Kurz darauf bricht der Winter über TC herein – was in dieser Stadt sehr ungewöhnlich ist, die meisten Bewohner haben noch nie Schnee gesehen. Und tatsächlich bringt das Schneechaos eine Seuche mit sich, der auch Abby zum Opfer fällt. Gerade noch rechtzeitig gelingt es Wynn & Co., Abby zu retten und ein Gegenmittel aufzutreiben.

Doch damit ist die Gefahr für TC noch lange nicht gebannt. Das Weiße Schiff stellt immer noch eine unbestimmte Bedrohung für dar. Und schließlich gelingt es Wynn und Abby, was kein Bewohner von TC zuvor geschafft hat: Sie verlassen die Stadt und gelangen in die Welt, aus der das geheimnisvolle Schiff stammt …

Tag der Offenbarung

von Marc Freund

»Schneller, verdammt!«

Randy Bones und Marten Doomer rannten, was sie konnten. Nur weg aus der belebten Straße, in der in einem gewissen Delikatessen-Laden noch immer eine Alarmanlage wie wild heulte. Neben und hinter ihnen ertönten Rufe und protestierende Laute von Passanten, während sie selbst sich unter Einsatz ihrer Ellenbogen einen Weg durch die Menge bahnten. Es kam auf jede Sekunde an, und dieses Mal schien es, als hätten sie Glück. Die Geräusche wurden immer undeutlicher, je weiter sich die beiden Männer vom Ort des Geschehens entfernten.

Niemand von ihnen ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass sie geradewegs in ihr Verderben rannten …

»Wie weit noch?«, rief Marten Doomer, der die dunkelblaue Tasche mit der Beute mit sich schleppte.

»Frag nicht so dämlich«, keuchte Randy, »wir sind noch lange nicht in Sicherheit.«

Wie um dies zu bestätigen, wurde irgendwo vor ihnen die Sirene eines Streifenwagens laut.

Randy Bones reagierte blitzschnell und packte seinen Kumpel von hinten am Kragen. Er zerrte ihn in eine Nische zwischen zwei Häuserblocks.

»Sag mal, spinnst du oder was?«, zischte Doomer. »Du hast mir fast das Genick gebrochen.«

»Schnauze«, erwiderte Randy, der verstohlen einen Blick aus der Mauernische warf.

Über die Hauptstraße näherte sich der Einsatzwagen der Polizei und jagte mit eingeschalteter Sirene und Signallicht an ihnen vorüber.

»Das war knapp«, sagte Randy atemlos.

»Was machen wir denn jetzt?«, wollte sein Komplize wissen. »Wir können doch unmöglich hierbleiben?«

»Natürlich nicht, Schwachkopf«, gab Randy zurück. »Wir ziehen weiter, aber unauffällig, kapiert?«

»Hä? Wie soll denn das gehen? Wir haben gerade einen Laden überfallen und ausgeraubt, falls du es vergessen hast.«

Randy Bones rollte mit den Augen. »Aber das wissen die Leute da draußen doch nicht. Für die sind wir nur zwei Typen, die auf dem Weg von A nach B sind. Wenn wir weiter rennen, werden wir nur noch mehr Aufmerksamkeit auf uns lenken. Hast du das kapiert?«

»Bin doch nicht blöd«, gab Doomer zurück.

Randy hatte da so seine eigenen Ansichten über seinen Komplizen, den er vor zwei Jahren in einer Kaschemme am Hafen kennengelernt hatte. Sie beide waren zu der Zeit bereits auf die schiefe Bahn geraten und von den Bullen mehrfach verknackt worden. Allerdings mehr für kleinere Delikte. Kaum der Rede wert, wenn es nach Randy ging.

Eines Tages, nachdem sie über ein paar stark alkoholisierte Getränke ins Gespräch gekommen waren, hatten sie es in den Bereich des Möglichen gezogen, irgendwann einmal eine Sache gemeinsam durchzuziehen.

Und diese Möglichkeit war ein paar Wochen später in greifbare Nähe gerückt, nachdem Randy den Delikatessen-Laden am Ende der Stilton Avenue entdeckt hatte. Er lag genau an der Ecke der Straße, die sich dort mit der Barthory Lane kreuzte. Genügend Möglichkeiten also, um nach dem geglückten Coup abzuhauen und in der Menge unterzutauchen.

Und da steckten sie nun also. In einer schmutzigen Nische zwischen zwei unscheinbaren, grauen Gebäuden, die ein paar Häuserblocks weit entfernt lagen.

»Los jetzt«, sagte Randy plötzlich und klatschte seinem Gegenüber die flache Hand vor die mit Daunen gefütterte Jacke.

»Ey, hör gefälligst auf damit«, gab Doomer zurück.

»Womit?«

»Damit, mich herumzukommandieren. Das hier ist unser gemeinsames Ding, klar? Wir teilen die Beute zugleich … also, ich meine, zu gleichen … ah, Mist, wir machen Halbe, Halbe, wie vereinbart. Außerdem trage ich auch noch diese beknackte Tasche. Also hör auf, mich anzustoßen und so Sachen zu machen.«

Randy hob abwehrend die Hände. »Bin mir nicht bewusst, irgendwelche Sachen gemacht zu haben.«

»Du weißt genau, was ich meine, klar?«

Randy Bones strich sich eine lange, blonde Strähne aus der Stirn und seufzte. »Okay, okay. Haben wir es dann jetzt, ja? Können wir dann vielleicht weiter?«

»Erst wenn die Luft rein ist«, gab Doomer zu bedenken.

»Sie ist rein. Die Bullen sind weg. Aber sie werden möglicherweise wiederkommen, wenn der Typ vom Deli ihnen gesagt hat, in welche Richtung wir geflohen sind.«

Marten Doomer überlegte einen Moment.

Es waren Sekunden, in denen Randy sich wünschte, er hätte die Sache allein durchgezogen. Wozu einen Typen dabeihaben, der nichts anderes tut, als Schmiere zu stehen? Verdammt, er hätte einfach allein in den Laden marschieren sollen, dem Typen am Tresen eins auf seine alberne Nuss geben und dann die Kasse ausräumen sollen. Danach wieder raus. Fertig. Dazu hätte er diesen Trottel an seiner Seite nicht gebraucht. Aber hinterher war man eben immer schlauer.

»Okay, lass uns weiterziehen«, schlug Doomer vor. »Wie weit ist es denn überhaupt noch?«

»Das hast du mich schon mal gefragt«, antwortete Randy. »Nur noch etwa zehn Minuten in östliche Richtung.«

Der Blonde hatte diese Formulierung sorgsam ausgewählt, da er darauf wetten würde, dass Doomer keinen blassen Schimmer von den Himmelsrichtungen hatte.

Wenn es so war, ließ sich der schlaksige Typ mit den geölten schwarzen Haaren jedoch nichts anmerken.

Nacheinander traten sie auf den Bürgersteig hinaus und mischten sich unter die wenigen Passanten, die um diese Zeit noch in dieser Gegend unterwegs waren.

In einiger Entfernung erstreckten sich die hohen Gebäude des Industrieviertels der Stadt. Zahlreiche hohe Schornsteine pusteten helle Rauchwolken in den Himmel, um dort irgendwann zu zerfasern oder sich mit dem Nebel zu vermengen, der rings um die Stadt einen schier undurchdringbaren Gürtel bildete.

Doch so weit wollten sie nicht. Randy Bones gab seinem Gefährten unauffällig ein Zeichen, ihm nach links zu folgen, wo eine schmale, namenlose Gasse von der Straße abzweigte.

»Was ist das hier?«, wollte Doomer wissen.

»Wirst du gleich sehen«, gab Randy zurück.

»Hab ich dir schon mal gesagt, dass mir deine Geheimkräme … dass es mir auf den Nerv geht, wenn du nicht ganz klar sagst, was Sache ist?«

Sie gingen die schmale Gasse bis zum Ende durch, entlang der fast schwarzen, hoch aufragenden Fassaden, die im halbdunklen Dämmerlicht der Stadt nass glänzten. Es hatte in der Zwischenzeit zu regnen begonnen. Schwere Tropfen klatschten überall auf den rissigen Straßenbelag.

»Wohin jetzt?«, hakte Doomer nach.

»Hier runter«, antwortete Randy und deutete auf ein kniehohes, schmiedeeisernes Geländer, über das er spielerisch hinwegsprang. Dahinter verlief ein Abhang, über den man auf einen schmalen Sandweg gelangte.

»Teufel noch mal, hierhin hat es mich in meinem ganzen Leben noch nicht verschlagen«, maulte Doomer, der bei dem Versuch, das Geländer zu übersteigen, beinahe ausgerutscht wäre.

Sie ließen den Abhang hinter sich und folgten dem Sandweg, der teils meterlange Schlaglöcher aufwies, in denen sich eine ölig schimmernde Flüssigkeit angesammelt hatte.

Kurz darauf kamen sie an eine große Metallpforte. Doomer erkannte, wie Randy sich daran zu schaffen machte.

Nur wenig später schwang das Tor leise quietschend auf.

»Hereinspaziert«, sagte Randy und rang sich ein Grinsen ab.

Der Regen hatte aus seinem flachsblonden, schulterlangen Haar eine undefinierbare Masse gemacht, die ihm am Kopf klebte.

»Und du bist sicher, dass niemand da ist?«, fragte Doomer, der sich nach allen Seiten umsah, bevor er durch das Tor schritt.

»Um diese Zeit sind längst alle weg«, gab Randy zurück, der schon einige Meter weit vorausgeeilt war.

Er nestelte aus seiner Hosentasche einen kleinen, matt schimmernden Schlüssel, mit dem er die Tür eines langgezogenen Gebäudes mit flachem Dach öffnete.

»Endlich«, presste Doomer hervor, der sich beeilte, seinem Komplizen zu folgen.

Bei dem Gebäude handelte es sich um eine Art Gärtnerei. Ein Betrieb, der in den zahlreichen angeschlossenen Gewächshäusern Gemüse für die Discounter und die Kantinen der Stadt anbaute. Wer unbedingt wollte, konnte hier auch palmenartige Gewächse erstehen, von denen niemand so genau wusste, um was es sich eigentlich handelte. Aber Mister Prawl, ein dickleibiges Wesen, dessen Kopf an den eines Chamäleons erinnerte, bestand darauf, diese selbst gezüchteten Gewächse in große Tonkrüge zu pflanzen und überall im Betrieb zu verteilen. Und selbstverständlich nach Möglichkeit an Kunden zu verkaufen, die etwas suchten, mit dem sie daheim einen Fleck an der Wand kaschieren wollten.

Marten Doomer folgte seinem Gefährten ins Innere des Gebäudes. Hier befand sich ein Ausstellungsraum mit Produkten aus Mister Prawls Laden. Ringsum auf den Tischen standen Kisten mit Obst und Gemüsesorten, zwischendurch immer wieder optisch aufgewertet durch die Palmengewächse, die Mister Prawl liebevoll Raumveredler nannte, während seine Angestellten in seiner Abwesenheit von palm shit sprachen.

Dahinter befand sich die Kasse, die, das wusste Randy, nach Feierabend stets bis auf den letzten Bead geleert wurde. Mister Prawl persönlich kümmerte sich um diese ehrenvolle Aufgabe, indem er mit seinen fetten Händen in die Kasse grabschte und die klingenden Münzen in ein voluminöses, speckiges Portemonnaie schüttete. Zumeist tat er das mit einem feisten Grinsen, während seine Augen zugleich in alle vorhandenen Richtungen glupschten.

Hinter dem Tresen mit der Kasse befand sich ein schmaler Durchgang, der mit einem mit bunten Plastikperlen bestückten Vorhang versehen war.

Randy bedeutete Doomer, ihm zu folgen. Die Perlen klackerten lautstark, als sich die einzelnen Streifen des Vorhangs hinter ihnen schlossen.

Sie gingen drei Stufen hinunter, die sie in den benachbarten Anbau führten. Von dort aus gelangte man in die Gewächshäuser, in denen Tag und Nacht ein seltsames, orangefarbenes Licht brannte, das von langen Deckenlampen auf die zahlreichen Pflanzen herunterstrahlte. Im Innern der Häuser herrschten hohe Temperaturen, die im ersten Augenblick eine willkommene Abwechslung zu dem nasskalten Wetter bildeten.

»Menschenskind, wo willst du denn noch hin?«, fragte Doomer nach einer Weile, und nachdem sie bereits das zweite Gewächshaus der Länge nach durchquert hatten.

Randy drehte sich zu seinem Komplizen um. »Ich werde dir einen Ort zeigen, an dem unsere Beute fürs Erste absolut sicher ist.«

»So«, machte Doomer und klang dabei wenig überzeugt. »Und wieso bist du so sicher?«

Um Randys Lippen spielte ein geheimnisvolles Lächeln. »Weil jeder diesen Ort meidet. Nicht einmal Mister Prawl traut sich dorthin.«

***

Sie waren vor einer Metalltür stehen geblieben, die älter aussah als die Zeit. Dennoch wirkte sie stabil und irgendwie … mysteriös.

Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch den schweren Riegel, der sich davor befand. Und selbstverständlich auch die dicke Staubschicht, die auf dem Riegel lag und davon erzählte, dass es Jahrzehnte her sein mochte, dass diese Tür das letzte Mal geöffnet worden war.

»Was, zum Teufel, befindet sich dahinter?«, wollte Doomer wissen. »Die ewige Verdammnis oder so? Oder vielleicht der Ort, an dem diese beknackte Stadt einfach zu Ende ist und man ins Bodenlose fällt, wenn man über die Schwelle tritt?«

Randy grinste und schüttelte den Kopf. »Deine Fantasie möchte ich haben, wirklich.«

Doomer legte seine Fingerspitzen gegen die Türfläche. »Fühlt sich eiskalt an.«

»Es ist einfach nur ein weiteres von diesen dämlichen alten Gewächshäusern, okay?«, gab Randy gereizt zurück. »Vermutlich ist es das erste seiner Art in dieser Stadt, ich weiß es nicht. Nicht einmal Mister Prawl weiß es. Das Gebäude war schon hier, als er den Laden damals gekauft hat.«

»Bist du sicher?«, fragte Doomer.

»Klar. Der Alte erzählt uns die Story jede Woche mindestens drei Mal. Wie er damals angefangen ist, mit nichts als ein paar Beads in der Hand. Wie er die lausigsten Arbeiten gemacht hat, sich alles vom Maul abgespart hat, bis er …«

»Ja, ja, schon gut«, unterbrach Doomer. »Wen interessiert dieser Scheiß?«

»Keinen«, räumte Randy ein, »aber wir müssen uns diese Leier auch jedes Mal wieder aufs Neue anhören.«

»Also«, erklärte Doomer amtlich, »wir gehen da jetzt rein, zählen die Beute und verstecken das Zeug da drinnen, bis Gras über die Sache gewachsen ist.«

»Oder einer von Mister Prawls Palmenunfällen«, fügte Randy hinzu.

Die beiden Komplizen ballten ihre Hände zu Fäusten und schlugen sie zur Besiegelung ihres Deals dreimal gegeneinander.

Randy Bones sah sich im Dämmerlicht der wärmenden Lampen um und wandte sich schließlich dem verstaubten Riegel zu. Er zog und zerrte daran. Nichts passierte, außer dass er sich zwei Fingernägel abbrach.

»Warte«, sagte Doomer und griff sich aus dem hohen Metallregal an der Wand eine kleine Hacke, mit der er sofort dem Riegel zu Leibe rückte.

Es funktionierte. Er rührte sich zumindest so weit, dass er Stückchen für Stückchen nach rechts rutschte, wenn auch unter laut quietschendem Protest.

Zusammen zogen die Männer daran, bis die Tür offen war.

Knarrend schwang sie auf und gab den Blick frei auf ein langgezogenes Gebäude, dessen hinterer Bereich vollkommen im Dunkeln lag. Ein Fenster oder eine ähnliche Öffnung schien nicht zu existieren.

Den beiden Männern drang ein unangenehmer Geruch von Moder und Verwesung entgegen. Das einfallende Licht der Lampen reichte nur einige Meter weit, bevor es sich in der Finsternis verlor.

Randy Bones trat als Erster über die Schwelle. Er stürzte nicht, so wie sein Gefährte es befürchtet hatte. Aber sicher wirkte er auch nicht, wie er auf dem staubigen Sandboden einen Fuß vor den anderen setzte.

»Auf jeden Fall ist die Tasche hier sicher«, sagte Randy, als er sich weiter in das alte Gewächshaus hinein bewegte.

Doomer folgte ihm, sah sich um, stoppte und wartete, bis sich seine Augen an die geänderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.

Der gesamte Raum roch nach vermoderter Erde. In uralten, überwiegend gerissenen und gesprungenen Töpfen standen vollkommen verdorrte und vergammelte Pflanzenreste. Teile des Bodens waren mit Scherben übersät. An der linken Wand befanden sich mehrere hüfthohe Regale, die aus wurmstichigem Holz bestanden. In den Fächern lagen vermoderte Handschuhe, Werkzeuge und anderer Unrat kreuz und quer übereinander.

»Lass uns die Tasche hier abstellen und gut«, durchbrach Doomers Stimme die Stille. »Zählen können wir auch ein anderes Mal.«

Randy Bones antwortete nicht. Irgendetwas faszinierte ihn an diesem Ort. Er war bereits einige Schritte vorausgegangen, hatte sich weiter in die Dunkelheit hineingewagt. Aus seiner Hosentasche fummelte er ein Feuerzeug und schnippte es an. Die kleine Flamme brannte unruhig. Sie züngelte, flackerte, aber hielt dem leichten Luftzug stand. Irgendwo in dieser alten Baracke musste es doch noch eine undichte Stelle geben.

Randy blickte nach oben, doch das Dach erschien ihm unbeschädigt. Offenbar hatte man damals noch keine Glasdächer gekannt. Wusste der Henker, was hier seinerzeit für Gewächse gezüchtet worden waren. Randy wollte es nicht herausfinden.

Dafür hatte etwas anderes sein Interesse erweckt. An der hinteren Wand befanden sich mehrere große Kisten, die offenbar irgendwann später hierhergeschafft worden waren. Ihr Holz war noch nicht so sehr zerfressen wie die alten Regale.

Vorsichtig trat Randy Bones näher und leuchtete die Stelle mit seinem Feuerzeug aus.

Hinter ihm waren Schritte. Doomer hatte einen Zahn zugelegt und trat in diesem Moment an seine Seite. Geräuschvoll ließ er die Tasche auf den Boden fallen.

»Ich habe keine Lust mehr, dir nachzulaufen. Wir lassen die Tasche jetzt hier und verduften.«

Randy drehte den Kopf kurz in die Richtung seines Partners. »Und was, wenn doch noch mal jemand hier reinschaut?«

»Aber vorhin hast du doch gesagt, …«

»Ich weiß, was ich gesagt habe«, schnappte Randy.

Niemand würde mehr hierherkommen. Niemand würde dieses alte Gewächshaus mehr betreten. Das hatte er gesagt. Aber mittlerweile war sich Randy da gar nicht mehr so sicher.