Dark Land 36 - Horror-Serie - Marc Freund - E-Book

Dark Land 36 - Horror-Serie E-Book

Marc Freund

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Beschreibung

Finsternis.

Sie hielt ihn gefangen. Alles in ihm verlangte danach, sich bemerkbar zu machen. Vielleicht sogar zu schreien, wenn es sein müsste (und etwas flüsterte ihm zu, dass es dringend an der Zeit war, genau das zu tun). Doch es gelang ihm nicht. Er spürte seinen Körper nicht mehr ...

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EPUB

Seitenzahl: 159

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah

Endstation Nirgendwo

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

»Geisterjäger«, »John Sinclair« und »Geisterjäger John Sinclair« sind eingetragene Marken der Bastei Lübbe AG. Die dazugehörigen Logos unterliegen urheberrechtlichem Schutz. Die Figur John Sinclair ist eine Schöpfung von Jason Dark.

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: breakermaximus / iStockphoto

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5944-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Was bisher geschah

Die Hauptpersonen dieses Romans sind:

Wynn Blakeston: Gestrandeter aus einer anderen Dimension

Abby Baldwin: Wynns beste Freundin

Lieutenant Bella Tosh: Ermittlerin der Abteilung Delta

Sergeant Kajahn: Bellas Partner in der Abteilung Delta

Johnny Conolly hat seine Mutter verloren. Sie wurde von einem Schnabeldämon brutal ermordet. Als dieser Dämon durch ein Dimensionstor flieht, folgt Johnny ihm.

Kurz darauf wird das Tor für immer zerstört, sodass es für Johnny keine Möglichkeit zur Rückkehr gibt. Das Dimensionstor spuckt ihn schließlich wieder aus – in einer anderen Welt. Er ist in Dark Land gelandet, genauer gesagt in Twilight City, einer Stadt voller Geheimnisse.

Menschen und Dämonen leben hier mehr oder weniger friedlich zusammen, und doch ist Twilight City voller Gefahren. Die Stadt ist zudem von einem dichten Nebelring umgeben, den kein Einwohner jemals durchbrochen hat. Niemand weiß, was hinter den Grenzen der Stadt lauert …

In dieser unheimlichen Umgebung nennt sich Johnny ab sofort Wynn Blakeston – für den Fall, dass irgendjemand in Twilight City mit seinem Namen John Gerald William Conolly etwas anfangen kann und ihm möglicherweise Übles will. Schließlich wimmelt es hier von Dämonen aller Art – und die hat Wynn in seiner Heimat immer bekämpft.

Wynn findet heraus, dass der Schnabeldämon Norek heißt und skrupelloser und gefährlicher ist als alle seine Artgenossen, die sogenannten Kraak.

Als Wynn wegen eines unglücklichen Zwischenfalls zu einer langen Haftstrafe verurteilt wird, zahlt der geheimnisvolle Sir Roger Baldwin-Fitzroy das Bußgeld und nimmt ihn in bei sich auf – warum, das weiß Wynn nicht.

Er lernt Sir Rogers Tochter Abby und seinen Diener Esrath kennen, die auch in Sir Rogers Villa leben. Er freundet sich mit Abby an, sie wird schon bald zu seiner engsten Vertrauten in dieser mysteriösen Welt.

Was Wynn nicht ahnt: Auch sein geheimnisvoller Gönner hat noch eine Rechnung mit dem Dämon Norek offen. Als es Sir Roger schließlich gelingt, Norek zu schnappen, liefert er den Kraak dem Wissenschaftler Dr. Shelley aus, der gleichzeitig Leiter des Sanatoriums Dead End Asylum im Deepmoor ist. Dieser verpflanzt Noreks Gehirn in einen anderen Körper und sperrt den Kraak in seinem Sanatorium ein.

Sir Roger aber präsentiert Wynn Noreks toten Körper, sodass der glaubt, der Kraak wäre für immer besiegt.

Doch einen Ausweg aus Dark Land scheint immer noch in weiter Ferne, und Wynn muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sein Aufenthalt in dieser Welt wohl noch länger andauern wird. Mit der Hilfe von Abby, die inzwischen herausgefunden hat, dass ihre verstorbene Mutter Matilda Fitzroy eine Hexe war, hat er einen Job beim Twilight Evening Star ergattert, der größten Zeitung von TC. Als man dort erkennt, dass er für Größeres bestimmt ist, steigt er vom Archivar zum Reporter auf.

Und schon bald stellt Wynn fest, dass noch ganz andere Aufgaben in TC auf ihn warten …

So gelingt es ihm, TC von dem so genannten »Richter« zu befreien, einem riesigen, schlangenartigen Wesen, das TC in regelmäßigen Abständen mit seinen Jägern heimgesucht hat.

Bei seiner Vernichtung warnt der Richter Wynn vor einer drohenden Gefahr, und Wynn fragt sich, ob das etwas mit dem geheimnisvollen weißen Schiff zu tun hat, das vor einiger Zeit wie aus dem Nichts im Hafen aufgetaucht ist und auf dem immer wieder Bewohner der Stadt spurlos verschwinden.

Kurz darauf bricht der Winter über TC herein – was in dieser Stadt sehr ungewöhnlich ist, die meisten Bewohner haben noch nie Schnee gesehen. Und tatsächlich bringt das Schneechaos eine Seuche mit sich, der auch Abby zum Opfer fällt. Gerade noch rechtzeitig gelingt es Wynn & Co., Abby zu retten und ein Gegenmittel aufzutreiben.

Doch damit ist die Gefahr für TC noch lange nicht gebannt. Die Dämonen des Weißen Schiffs stellen eine unbestimmte Bedrohung für die Stadt dar. Und schließlich gelingt es Wynn und Abby, was kein Bewohner von TC zuvor geschafft hat: Sie verlassen die Stadt und gelangen in die Welt, aus der das geheimnisvolle Schiff stammt.

Und auch Bella und Kajahn haben einen Weg raus aus TC gefunden. Nachdem die fünf Dämonen das Weiße Schiff verlassen haben, machen die beiden sich auf den Weg zu dem sagenumwobenen Ort Sgoth, um dort das Geheimnis der Dämonen zu lüften …

Unterdessen geraten Wynn und Abby in der fremden Welt, in der offenbar mysteriöse Doppelgänger der TC-Bewohner leben, in Schwierigkeiten, und es kommt zum Duell zwischen Wynn und dem dortigen Sheriff Blakeston …

Endstation Nirgendwo

von Marc Freund

Finsternis.

Sie hielt ihn gefangen. Alles in ihm verlangte danach, sich bemerkbar zu machen. Vielleicht sogar zu schreien, wenn es sein müsste (und etwas flüsterte ihm zu, dass es dringend an der Zeit war, genau das zu tun). Doch es gelang ihm nicht. Er spürte seinen Körper nicht mehr.

Ein Geräusch stahl sich in die allgegenwärtige Stille. Ein Stampfen und Hämmern, als ob eine schwere Dampflok auf ihn zurasen würde. Erst jetzt registrierte er, dass es sein eigener Herzschlag war, der sich quälend langsam wieder zurückmeldete. Durch den Nebelschleier seiner Sinne gellte eine helle Stimme.

»Er hat unseren Sheriff erschossen! Dafür wird er hängen!«

Wynn schlug die Augen auf. Grelles Licht blendete ihn, noch immer ungewohnt und seltsam fremd. Ein scharfer Schmerz fuhr ihm wie Dutzende von Nadeln bis ins Hirn hinauf.

Schattenhafte Umrisse. Irgendjemand oder irgendetwas beugte sich über ihn.

Wynn blinzelte, und die Schemen gewannen an Kontur.

Abby. Ja, natürlich. Die Spitzen ihrer silbern schimmernden Haare kitzelten seine Stirn.

»Haben wir ein Problem?«, waren die ersten Worte, die ihm nach einigen Minuten der Bewusstlosigkeit wieder über seine trockenen Lippen holperten.

»Nein«, antwortete Abby.

»Gott sei Dank«, stieß er erleichtert aus.

»In erster Linie hast du ein Problem.«

Wynn zwang sich dazu, seine Augen weiter zu öffnen. Mühsam rappelte er seinen Oberkörper auf und stützte sich mit den Ellenbogen auf den harten Dielenbrettern ab.

Er befand sich in einem rustikal eingerichteten Saloon, der die Kulisse eines Westernfilms hätte darstellen können. Nur dass dies hier kein Film war, sondern die Realität.

»Was ist denn bloß passiert? Ich … ich fürchte, ich habe einen totalen Filmriss.« Dabei hatte er nicht einmal etwas getrunken. Jedenfalls soweit er sich überhaupt noch an irgendwas erinnern konnte.

»Habt ihr das gehört, Leute?«, rief jemand aus dem Hintergrund. »Was passiert ist, will er wissen.«

Es folgte kein Gelächter, sondern betretenes Schweigen.

Kein gutes Zeichen, dachte Wynn.

»Der hat wohl nicht mehr alle Meisen unterm Zylinder«, mischte sich eine andere Stimme ein, die nach regelmäßigem Genuss von Whiskey klang.

Wynn gelang es endlich, Abbys Blick einzufangen. »Was …?«

Sie schüttelte den Kopf. »Du hast vor wenigen Minuten den Sheriff dieser Stadt erschossen. Er liegt da drüben unter dem Tisch. Zumindest das Meiste von ihm. Der Rest klebt da hinten am Spiegel.«

Wynn wollte verwirrt den Kopf schütteln, spürte aber sofort, dass das alles andere als eine gute Idee war. Ein scharfer Schmerz durchzuckte seinen Schädel und schien von dort aus durch seinen gesamten Körper zu fahren.

»Was du darüber hinaus noch wissen solltest«, fuhr Abbys ruhige Stimme fort, »sein Name war Blakeston, und er sah genauso aus wie du. Jedenfalls bevor du ihm mit deinem Revolver das Gesicht weggepustet hast. Der Mann scheint in dieser Stadt, Riverpool ist ihr Name, ziemlich beliebt gewesen zu sein. Das erklärt nämlich die Größe des wütenden Mobs, der sich draußen vor dem Saloon versammelt hat. Im Augenblick sind die Leute noch einigermaßen gezähmt, aber wenn du mich fragst, halte ich das für die Ruhe vor dem Sturm. Alles wartet im Augenblick auf das Eintreffen des Deputys, den du, ohne es zu wissen, zum neuen Sheriff gemacht hast. Noch Fragen, Wynn Blakeston?«

Irgendwie hatte er eine Menge Fragen. Aber er brachte keine von ihnen heraus. Stattdessen kehrten seine Erinnerungen zurück. Aber nicht in appetitlichen Häppchen, sondern als großes Paket, das sich anfühlte, als hätte es ihm jemand um die Ohren geschlagen.

Twilight City lag hinter ihnen. Zeitlich gesehen, und das schon seit einigen Wochen. Abby und Wynn waren in einem Kaff namens Furious Hole gelandet, das im Grunde nichts anderes war als eine Zeltstadt, in der allerhand dubiose Gestalten hausten, die zumeist eine Eigenschaft hatten: Sie hatten keine Hoffnung mehr, von dort irgendwann wieder wegzukommen.

Wynn, der sich als Lagerarbeiter am Long River im wahrsten Sinne des Wortes über Wasser gehalten hatte, war es zusammen mit Abby gelungen, zwei der vollkommen überteuerten Tickets zu ergattern, mit denen sie schließlich an Bord des Dampfers Black Devil gelangt waren.

Der Kapitän dieses Schiffs war ein Mann, der sich Roger Baldwin nannte und der Sir Roger aus TC wie aus dem Gesicht geschnitten war. Sie hatten hier in Riverpool haltgemacht, um Passagiere und Waren an Bord zu nehmen, die für eine Stadt namens Sgoth, die weiter im Norden lag, gedacht waren. Kaum hier angekommen war es zu der Konfrontation mit Wynns Doppelgänger, dem Sheriff, gekommen.

So viel, so … nicht gut.

Wynn rappelte sich hoch, ließ sich von Abby aufhelfen, die fest zupackte und ihn in die Höhe hievte. Er kam endlich wieder auf die Beine, noch ein wenig unsicher, aber er stand auf seinen eigenen Füßen.

Sein Blick wanderte zu dem Pokertisch hinüber, auf dem noch die Karten offen dalagen. Eine Spur aus Blutspritzern zog sich über den grünen Flanell des Tischbezugs. Mehrere Stühle waren umgekippt. Auf einem davon lag das rechte Bein des Sheriffs, der seinen Karten nach ein todsicheres Blatt gehabt, das Spiel aber irgendwie dennoch verloren hatte.

Was, um alles in der Welt, hatte Wynn veranlasst, auf den Mann zu feuern? Gut, es hatte eine Eskalation gegeben. Ein Junge namens Kenny war auf den Sheriff losgegangen, um ihn mit einem Messer zu töten. Blakeston hatte den Bengel im Spiegel gesehen und seine Waffe gezogen. Mit einem einzigen Schuss hatte er Kenny niedergestreckt. Und dann … hatte sich sein Blick auf Wynn gerichtet.

Möglich, dass da ein gewisser Ausdruck in den Augen des Mannes gewesen war. Ein solcher, in dem eine kleine Geschichte mitschwang, die vom Tod handelte. Du oder ich hätte sie gut lauten können. Ein einziger kurzer Blickkontakt hatte ausgereicht, um zu wissen, dass diese Stadt zu klein für sie beide war.

Und plötzlich war Wynn der Revolver wie von selbst in die Hand gesprungen. Er hatte den Abzug betätigt, und den Rest hatte man hier im Saloon schätzungsweise noch für ein bis zwei Stunden bewundern können. So lange jedenfalls, bis irgendjemand die Schweinerei von den Wänden gekratzt und den Boden aufgewischt hatte.

Vor der geöffneten Tür des Gebäudes drängelten sich Menschen und Dämonen. Solche, bei denen die Neugier schwerer wog als die Angst, dass es sie ebenfalls erwischen könnte. In ihren Augen lag ein gefährliches Glimmen. Eine Glut, die nur darauf wartete, dass jemand hineinblies, um sie zu einem unkontrollierbaren Feuer zu entfachen.

Die Menge an der Tür wurde beiseite gedrückt. Zwei lange Gewehrläufe wurden sichtbar. Kalter, blauer Stahl. Die Mündungen waren auf Wynn und Abby gerichtet.

Die Waffen wurden von zwei Kerlen gehalten, bei denen es sich auf den ersten Blick um Zwillinge handelte. Jeder von ihnen hatte ein glatt rasiertes Kinn und trug das dunkle Haar gescheitelt. Der linke trug ein blaues Hemd mit schwarzen Karos, das bis zu den Ellenbogen aufgekrempelt war. Bei seinem Kameraden verhielt es sich genauso, nur das sein Hemd rot kariert war. Sie starrten Wynn und Abby mit zusammengekniffenen Mündern an und sagten kein Wort.

Nur wenig später war die Stimme eines dritten Manns zu hören. Er versuchte verzweifelt, sich bemerkbar zu machen.

»Nun lasst mich doch mal durch, Leute. He, habt ihr nicht gehört? Was wollt ihr überhaupt alle hier? Habt ihr nichts Besseres zu tun? Geht nach Hause.«

Ein Ächzen folgte. Der Sprecher hatte den Eingang zum Saloon erreicht und drehte sich noch einmal zu den Leuten um. »Geht nach Hause und wartet, bis euch jemand Bescheid sagt. Ihr werdet die Hinrichtung ganz sicher nicht verpassen.«

Damit trat der Mann durch die Tür und verschloss sie sorgsam hinter sich. Er wandte sich um, zog und zerrte mit beiden Händen am Bund seiner Hose und blickte sich um.

Wynn und Abby hatten mit allem gerechnet, nur nicht mit einem etwa sechzigjährigen Mann mit weißem Haarkranz und grauem Backenbart, auf dessen Nase eine winzige Brille mit runden Gläsern saß, die leicht beschlagen waren.

Der Alte atmete tief aus. Unmöglich zu beurteilen, ob dies einen Akt der Erleichterung oder etwas anderes darstellen sollte.

»Ich bin Deputy Birch«, sagte er, während er seine Brille abnahm und die Gläser mit einem Zipfel seines weißen Hemds zu putzen begann. »Und wenn Sie zwei noch einen Funken Verstand besitzen, dann sollten Sie sich jetzt ganz still verhalten. Warum? Weil sie sonst jeder mindestens eine Kugel in die Kniescheibe geschossen bekommen. Und ich sage Ihnen gleich, dass wir da zwischen Männlein und Weiblein keine Unterschiede machen. Knie ist Knie und Kugel ist Kugel. Ich hoffe, wir haben uns da klar verstanden?«

»Hören Sie«, sagte Wynn, nachdem er seine belegten Stimmbänder freigeräuspert hatte. »Das Ganze ist ein furchtbares Missverständnis.«

Deputy Birch setzte seine Brille wieder auf. Die Gläser funkelten im Schein der einfallenden Sonnenstrahlen.

»Ja, das ist es immer, wenn plötzlich jemand wie unser Sheriff so daliegt und sich nicht mehr rührt. Die Welt ist voller Missverständnisse. Alle fünf Minuten passiert irgendwo in dieser Stadt ein Missverständnis. Oh, zum Glück nicht immer ein solches wie dieses hier, aber immerhin.«

Der Alte kam einen Schritt näher und musterte zunächst Abby, dann Wynn eingehend. Er breitete in einer Geste, die Ratlosigkeit und Verzweiflung ausdrückte, die Hände aus.

»Warum können sich die Einwohner dieser Stadt nicht einfach vertragen? Sehen Sie, es ist so mühsam, all die Missverständnisse aufzuklären, die hier täglich passieren. Der da konnte ein Lied davon singen.« Birch deutete mit einem Kopfnicken in die Richtung des toten Sheriffs. »Und daher sind wir dazu übergegangen, unsere Probleme auf eine ganz einfache Art und Weise zu lösen: Jeder, der Ärger macht, baumelt innerhalb kürzester Zeit am Galgen.« Birch lächelte die beiden Besucher lächelnd an.

»Machen Sie es sich da nicht ein bisschen zu einfach?«, fragte Wynn gerade heraus. »Da, wo ich herkomme, wird der Angeklagte erst einmal angehört und bekommt eine faire Gerichtsverhandlung.«

Deputy Burch blickte mit einem grimmigen Lächeln zu Wynn herüber und stemmte seine Hände in die Hüften. »Ich habe keine Ahnung, woher Sie stammen, Mister, und es ist mir auch egal. Ich muss es nicht einmal wissen, denn Sie sind hierhergekommen und haben unseren Sheriff umgepustet, der, so wahr ich hier stehe, ein feiner Mann war. Nicht wahr, Jungs?«

Die beiden Begleiter nickten gleichzeitig, wobei sie die Läufe ihrer Gewehre um keinen einzigen Deut bewegten.

Deputy Birch wies auf Abby. »Sie, Mädchen, werden ihrem heißblütigen Pistolero jetzt die Waffe abnehmen. Aber ganz langsam und vorsichtig. Und immer so, dass ich dabei Ihre Hände sehen kann, klar? Bei der nur geringsten falschen Bewegung werden Walther und Jerry Lee sie niederknallen. Ganz so wie, na Sie wissen schon, wie Sie es auch getan haben.«

Abby starrte Birch an. Dann blickte sie auf den silbernen Revolver, den Wynn in einem Gurt an seiner Hüfte trug.

»Na, kommen Sie schon«, drängte Birch, »nehmen Sie ihm den Gurt ab. Dann legen sie alles zusammen auf den Boden und schieben es vorsichtig mit dem Fuß her.«

»Ist schon gut, ich mache es ja«, gab Abby gereizt, aber mit leiser Stimme zurück. Langsam drehte sie sich zu Wynn um und legte die Hände an seinen Hosenbund.

»Gaaaanz langsam, junge Lady«, erinnerte Birch in ihrem Rücken.

Abby suchte Wynns Blick. Sie fand ihn, und in ihren Augen lag in dieser Sekunde ein übereinstimmender Ausdruck.

Wynn blinzelte Abby zu. Und Abby wusste, was sie zu tun hatte.

***

Sie spürte das feste Leder des Revolvergurts in ihren Händen und packte zu. Die Schnalle klirrte leise, als sie den Gurt langsam sinken ließ, ganz genau so, wie Deputy Birch es ihr dringend angeraten hatte. Abby beugte sich leicht vornüber. Dabei packte sie das lederne Ende des Riemens fester.

In der nächsten Sekunde wirbelte sie herum und schwang den Gurt wie eine Peitsche gegen den Gesetzesmann.

Dieser schrie etwas, bekam allerdings im selben Augenblick die eiserne Schnalle direkt ins Gesicht.

Seine Brille flog ihm von der Nase, während Birch nach vorne taumelte, direkt in die Schusslinie seiner beiden Helfer, die nervös von einer Stelle auf die andere trippelten und versuchten, ihre Gewehre neu auszurichten.

Als es ihnen schließlich gelang, waren Wynn und Abby nicht mehr an der Stelle, wo sie zuvor noch gestanden hatten.

Wynn stieß sich mit den Füßen ab und flog dem verdutzten Walther direkt ins Gesicht.

Der Mann riss das Gewehr hoch. Ein Schuss löste sich donnernd, doch die Kugel schlug direkt über ihnen in die mit Stuck verzierte Decke. Putz und Staub rieselten auf sie herunter.

Währenddessen war Abby auf Jerry Lee losgegangen. Sie hatte den Lauf seiner Flinte gepackt und drückte ihn zu Boden.

Der Hilfsdeputy stieß einen ärgerlichen Laut aus, während Abby bereits dabei war, den Gurt wieder einzuholen, um Wynns Revolver an sich zu nehmen.

Der Plan glückte … beinahe.

Deputy Birch trat mit seinem Fuß auf das äußere Ende des Lederriemens und bückte sich so rasch nach der Waffe, dass Abby nicht mehr eingreifen konnte.

Der silberne Revolver wirkte in der schmalen Faust des Deputys wie ein übergroßes Spielzeug.

Birch blinzelte sie wütend an. Seine Augen wirkten wie die eines Maulwurfs, der sich überraschend an die Oberfläche gewühlt hatte. Über seine Stirn verlief eine hässliche, blutige Schramme.

»Das habt ihr beiden euch ja fein ausgedacht«, knurrte Birch. Er hielt die Waffe auf Abby gerichtet, während er mit Wynn sprach. »Ich gebe Ihnen den guten Rat, Walther loszulassen und jegliche Versuche, an sein Gewehr zu gelangen, einzustellen. Ich werde bis zwei zählen. Wenn Sie bis dahin nicht gehorchen, werde ich Ihre kleine Freundin ohne zu zögern umnieten.«

Auf der Stirn des Alten waren Schweißperlen aufgetaucht.

»Und bauen Sie ja nicht darauf, dass ich möglicherweise ohne Brille nichts erkennen könnte. Für feige Mörder wie Sie beide reicht es allemal. Eins!«

Wynn hielt Walther im Würgegriff und ließ seinem Gegner keine Chance, sich zu rühren. Das Gewehr des Mannes befand sich in verlockender Reichweite.

Birch spannte den Hahn des silbernen Revolvers.

»Zwei!«

Wynn ließ Walther los, trat einen Schritt zurück und hob demonstrativ die Hände.

Birchs angespannte Züge normalisierten sich allmählich. »Na also, geht doch. Und jetzt raus mit Ihnen beiden. Aber hübsch langsam. Und wehe Ihnen, wenn Sie noch mal so eine Aktion versuchen wie gerade eben.«

»Was ist dann?«, fragte Abby herausfordernd. »Schießen Sie uns dann in den Rücken?«

In einer beiläufigen Bewegung bückte sich Birch und sammelte seine Brille auf. Das linke Glas war zersplittert, was ihm jedoch nichts auszumachen schien. Er kam näher und blieb dicht vor Abby stehen.

»Wäre es dir woandershin lieber, Miststück?«