Dark Lord (4). Hier hört der Spaß auf!! - Jamie Thomson - E-Book

Dark Lord (4). Hier hört der Spaß auf!! E-Book

Jamie Thomson

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Beschreibung

Das darf ja wohl nicht wahr sein! Dirk Lloyd, auch bekannt als Dark Lord, Weltenzerstörer, lebt endlich das perfekte Leben. Da wird seine Ruhe brutal gestört. Ausgerechnet sein ehemaliger Schulleiter, Mr. Grausammer, macht sich bereit, ihm den Rang abzulaufen. Denn der rachsüchtige Rektor hat einen Tropfen Essenz des Bösen geleckt und nichts anderes im Sinn, als die Darklands zu übernehmen. Dort tut er das Naheliegende: Er richtet eine Schule ein. Eine Schule des Bösen. Bei den neun Höllen der Verdammnis - hier hört der Spaß nun wirklich auf!

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Herkules Grausammer

Jamie ThomsonDirk Lloyd

DARK LORD

Hier hört der Spaß auf!!

Aus dem Englischen von Karlheinz Dürr

Zeichnungen von Der Anton

1. Auflage 2016 Für die deutsche Ausgabe: © Arena Verlag GmbH, Würzburg 2016 Alle Rechte vorbehalten Titel der englischen Originalausgabe: »Dark Lord – The Headmaster of Doom« Copyright © Jamie Thomson, 2016 erschienen bei: Orchard Books, London 2017 Aus dem Englischen von Karlheinz Dürr Umschlag- und Innenillustration: Der Anton ISBN 978-3-401-80572-6

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DER DARK LORD SPRICHT

Kann es tatsächlich sein – obwohl ich es kaum glauben mag –, dass es irgendwo noch ein paar bescheuerte Menschlinge gibt, die meine grandiosen Werke – nämlich Dark Lord: Da gibt’s nichts zu lachen!!, Dark Lord: Immer auf die Kleinen!! und Dark Lord: Ich kann auch anders!! (und wie anders!!) – noch nicht gelesen haben? Für den eigentlich undenkbaren Fall, dass du es wagst, zu den hirnamputierten Menschlingen zu zählen, die diese wichtigsten Werke der Weltliteratur noch nicht kennen, werde ich hier wohl oder übel noch mal kurz zusammenfassen müssen, was bisher geschah:

Einst war ich ein mächtiger Dark Lord, wurde aber in einer Schlacht besiegt und auf euren jämmerlichen Planeten verbannt, und zwar durch den Weißen Zauberer Hasdruban, diesen durchgeknallten alten Wichtigtuer. Aber was noch schlimmer war (ja, ich muss sagen, das war noch viel schlimmer!): Er zauberte mich in den Körper eines mickrigen, schmächtigen Menschlingsjungen! Natürlich versuchte ich ständig, allen klarzumachen, dass ich der Dark Lord höchstpersönlich bin, aber das kapierten diese dumpfbackigen Menschlinge nicht – statt »Dark Lord« verstanden alle immer nur »Dirk Lloyd«, und diesen lächerlichen Namen wurde ich nicht mehr los. Und weil es die Menschlinge doch immer nur »gut mit mir meinten«, zwangen sie mich, zur Schule zu gehen und bei Pflegeeltern zu wohnen.

Seufz.

Aber wenigstens fand ich ein paar Freunde – oder vielmehr Lakaien, wie ich sie lieber nenne –, nämlich Suus und Christopher.

Am Anfang hatte ich vor, euren armseligen Planeten einfach zu erobern, musste aber feststellen, dass das unmöglich war. Deshalb wandte ich meinen genialen Verstand dem Problem zu, wie ich wieder in meine Heimat, die Darklands, zurückkehren könnte. Ich brütete einen absolut ruchlosen Plan aus, aber die Sache lief ein bisschen aus dem Ruder (was natürlich nicht meine Schuld war!), und statt mich in die Darklands zurückzubeamen, brachte dieser blöde Zauberspruch meine Freundin Suus dorthin.

In Dark Lord: Immer auf die Kleinen!! habe ich erzählt, wie Suus in den Darklands ankam. Erstaunlicherweise gelang es ihr, den Eisernen Turm der Verzweiflung zurückzuerobern. Sie ernannte sich selbst zur Mondkönigin der Darklands, regierte in Frieden und Harmonie (behauptet sie jedenfalls) und gewann sogar neue Freunde und Verbündete. Was natürlich der übliche Quatsch ist, den Weltverbesserer wie sie immer verbreiten! In Wirklichkeit wurde sie von Hasdruban ausgetrickst – er warf sie in seinem Weißen Turm in den Kerker. Aber das reichte ihm noch nicht: Er musste ja auch noch mich erledigen. Deshalb schickte er die Weiße Hexe los, die sich als Kindermädchen getarnt in das Haus meiner Pflegeeltern einschlich, um mich abzumurksen. Aber mir und meinem Freund Lakaien Christopher gelang es, die Hexe auszutricksen und auch uns selbst in die Darklands zu teleportieren.

Es war ganz schön hart, aber raffiniert, wie ich nun einmal bin, schafften wir es, in den Weißen Turm zu gelangen und Suus zu befreien. Allerdings musste ich einen sehr gefährlichen Zauberspruch anwenden, um sie herauszuholen, so gefährlich, dass ich dabei fast selbst ums Leben gekommen wäre! Um mich zu retten, mussten mir Suus und Chris die Essenz des Bösen verabreichen, den öligschwarzen Schleim, den ich ausgekotzt hatte, als ich auf eurem lächerlichen Planeten Erde gelandet war. Die Essenz rettete mir das Leben, verwandelte mich aber wieder in den vier Meter großen Dark Lord zurück, mit Hufen statt Füßen und Hörnern am Kopf. Das war absolut super, kann ich euch flüstern! Es fühlte sich wirklich gigantisch an, endlich wieder der Dark Lord zu sein, endlich wieder zu Hause zu sein! Aber dann … na ja, dann wurde ich halt irgendwie … noch böser, bis ich total ausrastete und Chris und Suus in die Verliese des Verderbens werfen ließ. (War keine Spitzenleistung, das gebe ich zu.) Aber die beiden benutzten einen magischen Kristall, nämlich einen Anathema-Kristall, mit dem sie uns alle (einschließlich des Dämons Gargon und des Weißen Ritters Rufino) wieder auf die Erde zurückbeamten. Unterwegs verwandelte ich mich in den Menschlingsjungen Dirk und spuckte die Essenz des Bösen aus – was eigentlich eine Erleichterung war, denn ich kann euch versichern, es ist ziemlich anstrengend, ständig so böse zu sein! Jedenfalls waren wir wieder zu Hause, und alles schien wieder okay zu sein … bis wir herausfanden, dass der Weiße Zauberer sich ebenfalls auf die Erde teleportiert hatte. Aber was noch viel schlimmer war: Er hatte sich unsere Schule unter den Nagel gerissen und sich unter dem Namen Dr. Hasdruban als neuer Rektor einsetzen lassen.

Von diesem Augenblick an machte er mir das Leben zur Hölle. Ständig musste ich nachsitzen oder Strafarbeiten erledigen oder er versuchte, mich auszuschalten, und so weiter. Er holte sogar die Schwarze Hexe aus den Darklands hierher, diese grauenhafte alte Vettel mit ihren vergifteten Fingernägeln, damit sie mich ermordete!

Aber inzwischen war der Weißen Hexe klar geworden, dass nicht mehr ich der Böse war – sondern Hasdruban. Sie half uns, wieder in die Darklands zurückzukehren und die Tränen der Schwarzen Hexe zu klauen – angeblich wurde jeder, der die Tränen trank, von Mitgefühl erfüllt (die Sache ist ziemlich kompliziert). Und dann passierte noch was: Suus wurde in eine mächtige Vampirkönigin verwandelt! Mir gefiel sie so viel besser, aber mein Freund Lakai Chris meinte, wir müssten sie »retten«. Bescheuert, ich weiß, aber wir retteten sie, stahlen eine der Tränen der Schwarzen Hexe und kehrten auf die Erde zurück. Ich trickste Hasdruban aus, sodass er die Träne zu sich nahm, und plötzlich wurde er echt freundlich und sooo mitfühlend! Jetzt ist er ein total netter alter Kerl und einer der besten Rektoren, die die Schule je hatte. Wer hätte das gedacht?!

Seitdem ist alles »in Butter«, wie ihr Schrumpfhirn-Menschlinge sagen würdet.

Oder vielleicht doch nicht?

NACHSITZEN IN DEN DARKLANDS

»AAAaaaaarrrghhh!!!«, schrie Agrasch, als er in das riesige schwarze Loch stürzte. Sein alter Freund, ein Ork namens Krätze Knallfurz, hatte Agraschs verzweifeltes, erbärmliches Flehen kalt ignoriert und ihn in das Loch gestoßen. Immerhin hatte er ihm noch ein »Tut mir leid, Kumpel« zugeflüstert.

Agrasch schlug hart auf dem Boden der Grube auf und stöhnte. Einen Augenblick lang blieb er bewegungslos liegen und wartete, bis die schlimmsten Schmerzen abgeklungen waren. Sämtliche Knochen taten ihm weh, aber glücklicherweise schien er sich keinen gebrochen zu haben. Und er war noch am Leben!

Vorsichtig tastete er die Umgebung ab. Etwas Weiches hatte seinen Sturz abgefangen: altes Stroh und dreckige Kleider – ein Haufen alter Uniformen der Orks und Goblins, so wie sie aussahen oder vielmehr stanken.

Er rappelte sich auf und blickte sich um. Es war düster, aber nicht völlig dunkel. Ein paar Schritte entfernt stand eine schwach glimmende Ölfunzel auf einem wackligen Tischchen. Agrasch stieg über die Klamottenhaufen, die den Boden bedeckten, und näherte sich dem Tisch. Es war eher ein kleiner Schreibtisch, davor stand ein Stuhl. Dann erkannte er, was es war: eine Schulbank, darauf ein dünner Stapel Papier und ein Bleistift – ein Bleistift, der von der Erde stammte.

Auf dem obersten Blatt stand etwas, eine Botschaft, hingekritzelt in krakeliger Schrift, grade so, als hätte eine Spinne ihre Beine in Tinte getaucht und wäre dann über das Blatt gekrochen.

Ein Rotztropfen aus Agraschs unglaublich langer, knotiger Nase fiel auf das Papier und hinterließ einen grünlichen Fleck.

»Ups!«, sagte Agrasch und wischte ihn mit dem Ärmel weg. Dann betrachtete er die Mitteilung nachdenklich. Wenigstens war das kein Todesurteil, womit er eigentlich gerechnet hatte. Aber das Problem war, dass die Nachricht nicht eindeutig war. Bedeutete das Kerkerhaft, bis er tausendmal den Satz geschrieben hatte, und dann wäre er wieder frei? Oder war damit Kerkerhaft und tausendmal den Satz schreiben gemeint? In diesem Fall wäre völlig unklar, wann er wieder freigelassen würde.

Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.

Agrasch setzte sich, griff nach dem Bleistift und wollte gerade zu schreiben anfangen, als er ein Geräusch hörte, eine Mischung aus Schnarchen und Wimmern, und es kam ganz aus der Nähe. Er schaute sich um. In einer noch dunkleren Ecke stand ein weiterer kleiner Schreibtisch, davor ein winziger Stuhl, und auf dem Stuhl saß eine riesige Gestalt – ein zweieinhalb Meter großer Dämon mit Flügeln und Schuppenhaut und winzigen, rot leuchtenden Augen, der verzweifelt versuchte, den Bleistift in seinen gewaltigen Krallenhänden zu halten. Die Flügel hatte man ihm mit Ketten an den Leib gefesselt, sodass er nicht wegfliegen konnte.

Es war Gargon – der schreckliche Knochenspalter, der dem Dark Lord als Kommandant der Heerscharen des Grauens diente. Dem wahren Dark Lord. Gargon war also Dirks getreuester Diener. Und dieses Ungeheuer hockte nun hier und weinte sich die Augen aus dem Kopf. Agrasch ging zu ihm hinüber.

»Was ist los, Gargy?«, fragte Agrasch mit seiner quiekenden Goblinstimme.

Gargon wandte den Kopf in seine Richtung. Vom Weinen waren seine sowieso schon roten Augen blutrot geworden. »Agrasch, guter alter Freund, schön, dich zu sehen«, antwortete der Dämon mit einer Stimme, die wie knirschender Kies klang.

»Was ist passiert?«, fragte Agrasch noch einmal.

»Der, wo neuer Dark Lord ist, der sagt mir, was ich soll tun, aber ich hab mich geweigert. Ich bleib altem Dunklem Lord Dirk treu!«

»Klar, bei dir war Denken schon immer Glückssache, stimmt’s, Gargy?«

»Kann sein, aber wenn du so schlau, warum du bist hier?«

Die Frage war gar nicht so dumm. »Äh … ja … Da hast du wohl recht«, gab Agrasch widerwillig zu.

»Dunkler Rektor hat mich in Grube geworfen und gesagt, muss tausendmal Satz schreiben. Und er sagt, dass er mich erst freilässt, wenn ich Strafarbeit gemacht habe«, jammerte Gargon.

»Na, das ist doch gar nicht so schlimm!«

»Doch, ist schlimm, weil nämlich … Gargon …«

»Weil nämlich Gargon …?«, drängte Agrasch.

»Weil nämlich Gargon nicht kann lesen. Und schreiben erst recht nicht. Deshalb bleibt Gargon für immer hier im Kerker eingesperrt!«

»Ah, natürlich! Hm. Jetzt verstehe ich … Warte mal … ich hab’s! Mach dir keine Sorgen, Gargy, ich schreibe das für dich.«

»Echt?«, fragte Gargon und seine Miene hellte sich auf. Na gut, soweit sich die Miene eines zweieinhalb Meter großen geflügelten Dämons überhaupt aufhellen kann.

»Ja, echt. Denn, verstehst du, ich glaube, wir werden noch eine ganze Weile zusammen hier festsitzen.«

Immerhin waren sie zum Nachsitzen verdonnert. Im Darklands-Stil.

WO DAS BÖSE HERRSCHT

Der Dark Lord schritt langsam durch den Großen Saal der Finsternis zum Schädelthron. Der Lord war mindestens vier Meter groß, aber knochig und so schmal wie ein Pfahl. Seine langen Beine knackten und knirschten beim Gehen und wenn er das Knie beugte, krachte es laut. Der lange, verschlissene schwarze Umhang hing ihm wie zerfetzte Flügel von den Schultern und auf seinem Kopf thronte ein schwarzer Hut, der aus einer runden Kappe und einem darauf angebrachten flachen Quadrat bestand, an dem eine ebenfalls schwarze Quaste herabbaumelte – ein Doktorhut, wie er in früheren Zeiten von Schulleitern auf der Erde getragen wurde. In einer Hand hielt er einen langen, krummen Rohrstock, mit dem er ständig durch die Luft schlug, als wollte er ihn jemandem über den Schädel ziehen. Der Rohrstock war schwarz und glänzte wie poliertes Ebenholz.

Während er weiterging, flammten rechts und links auf den Säulen, die den Weg säumten, Lampen auf. Das Licht enthüllte Reihen um Reihen von Goblinsoldaten in ihren, na ja, Uniformen – kurze Hosen und Mützen, auf denen das Abzeichen ihrer jeweiligen Hauslegion prangte. Außerdem trugen sie Jacken, die so ähnlich wie die Blazer aussahen, die die armen Schüler in England tragen müssen. Nur waren die hier aus hart geklopftem Leder, sodass sie wie Panzer wirkten. In ihren Gürteln steckte jeweils eine Steinschleuder. Steine, die man damit abschoss, konnten absolut tödlich sein. Außerdem trug jeder ein Kurzschwert am Gürtel, das wie ein normales Schullineal aussah – mit dem Unterschied, dass die Schwerter rasiermesserscharf geschliffen und zugespitzt waren. Die Goblinsoldaten starrten unverwandt geradeaus, aus Angst, den Blick und den Zorn des neuen Dark Lords auf sich zu ziehen und womöglich seinen gefürchteten Rohrstock zu spüren zu bekommen.

Der Dunkle Lord hatte eine seltsame Gangart, schlurfend und ungelenk, und sein Kopf wackelte im Takt mit dem Knirschen und Knacken seiner Knie auf und ab. Immer mehr Lampen flammten auf, als er vorbeischritt, und nun tauchte vor ihm der Schädelthron aus dem Halbdunkel auf.

Als sich der Dark Lord dem Thron näherte, begannen die Schädel, aus denen der Thron bestand, laut zu wehklagen, zu jammern und zu kreischen wie verwunschene Seelen, die auf Immerdar in der Unterwelt gefangen waren. Ohne auf das Gejammer zu achten, stieg der Dark Lord die Stufen zum Thron hinauf und setzte sich. Die Schädel stöhnten in einträchtiger Verzweiflung auf. Kaum hatte sich der Dark Lord gesetzt, trat auch schon eine weibliche Gestalt hinter dem Thron hervor und blieb am Fuß des Throns zur Linken ihres Herrschers stehen. Sie war in ein langes Gewand aus zerschlissener schwarzer Spitze gekleidet. Ein spinnwebähnliches Gebilde diente ihr als Kopfbedeckung, von dem ein schwarzer halb zerrissener Schleier über ihr Gesicht hing. Sie trug lange, bis über die Ellbogen reichende schwarze Samthandschuhe, aus denen aber ihre Finger herausragten, die in spitzen, scharfen Eisenkrallen endeten, von denen reinstes Gift troff. Lady Gram, auch die Schwarze Hexe genannt, war die gefährlichste und tödlichste Hexe, die jemals die Darklands unsicher gemacht hatte.

»Sei gegrüßt, Konrektorin«, sagte der Dark Lord mit knirschend-knarzender Stimme – einer Stimme, die sich völlig irre anhörte, grade so, als könnte ihr Besitzer jederzeit überschnappen.

»Sei gegrüßt, Dunkler Rektor«, antwortete die Schwarze Hexe und nickte mit dem verschleierten Kopf. Ihre Stimme klang wie grober Sand, der durch eine Sanduhr rinnt.

Der Dunkle Lord blickte auf. Seine Augen waren so schwarz wie die schwärzeste Nacht, sein Gesicht lang und hager, das übermäßig lange Kinn ragte wie eine Sprungschanze weit über die Kehle hinaus. Zwar war sein Kinn blutrot wundgekratzt, aber der Rest seines Gesichts war von kränklicher Blässe.

»Wo ist der Unterpräfekt?«, wollte der Dark Lord wissen.

»Hier, Sir«, sagte ein großer Ork und trat näher an den Thron heran. Er war genauso gekleidet wie die anderen – mit Mütze, lederner Jacke und Shorts, aber um seine Schultern hing zusätzlich noch ein Umhang.

»Rapport, Krätze!«, befahl der Dark Lord – denn der Unterpräfekt war kein Geringerer als Krätze Knallfurz, Befehlshaber der Ork-Truppen der Darklands.

»Jawohl, Sir, hier, Sir!«, antwortete Krätze zackig und reichte dem Dark Lord ein Blatt Papier …

… und schluckte voller Angst.

Der Dunkle Lord begann zu lesen.

»Agrasch wurde zur Strafe in die Grube der Tausend Zeilen geworfen – gut, gut«, sagte der Dunkle Lord. »Er ist diesem grauenhaften Knaben Dirk Lloyd immer noch treu ergeben, oder? Na, er wird schon noch zu spüren bekommen, was es heißt, einem Lehrer zu widersprechen! Warte mal … nein, nein, so schreibt man das nicht, Krätze! Deine Rechtschreibung und Grammatik sind haarsträubend …«

Krätze blickte zum Dunklen Lord auf und blinzelte nervös. »Es … es tut mir leid, Dunkler Rektor, aber Agrasch … er … er war der einzige, der richtig schreiben konnte, Sir!«

»Du Unwissender! Wenn du nicht der beste Schläger wärst, den ich jemals hatte, würde ich dich eigenhändig verprügeln! Geh mir aus den Augen! Und rufe Lucina die Lamia herbei!«

»Jawohl, Sir, sofort, Sir!«

Krätze Knallfurz entfernte sich, so schnell er konnte, wobei er immer wieder über die Schulter blickte, aus schierer Angst, der Dark Lord könnte ihm mit seinem langen Rohrstock Beine machen.

Aber der Dark Lord hatte ganz andere Sorgen. Nachdenklich strich er sich über das lange Kinn – eine Angewohnheit, die erschreckend an seinen Erzfeind Dirk Lloyd erinnerte –, aber seine Hand zuckte sofort wieder zurück, als er das blutrote, wunde Kinn berührte.

Stattdessen legte er die Hände auf die Armlehnen des Throns. Die Schädel jaulten auf, zum Zeichen, dass der Dark Lord nun sprechen werde.

Mit lauter Stimme verkündete der Dark Lord den versammelten Orks und Goblins:

»So höret denn, ihr Orks und Goblins! Ich habe diese Schule … äh, ich meine, dieses Heer neu organisiert. Es wird in Zukunft keine Regimenter mehr geben, sondern fünf Häuser, nämlich: das Haus der Todgeweihten, das Haus des Untergangs, das Haus der 666 Hiebe, das Haus der Gespitzten Bleistifte des Megatodes und das Haus der Schwarzen Hexe.«

»Jawohl, Rektor des Schreckens!«, brüllte die Versammlung im Chor.

»Jedes Haus wird von einem Haussprecher geleitet, den ich persönlich berufen werde! Ferner wird jedes Haus mehrere Hausspione bekommen, die vom Haussprecher ernannt werden!«

Plötzlich kroch etwas über den Boden auf den Schädelthron zu – eine große Schlange. Aber statt eines Schlangenkopfs hatte dieses Geschöpf den Kopf und Oberkörper einer Frau – einer wunderschönen Frau mit langem dunkelbraunem Haar und graugrünen Augen.

»Ihr habt mich gerufen, Dunkler Gebieter?«, sagte die Schlangenfrau mit klangvoller Stimme. Das war Lucina die Lamia, ein ganz besonderes Ungeheuer – halb Mensch, halb Riesenschlange. Und als ob sie damit nicht schon Furcht einflößend genug wäre, konnte sie sich auch noch verwandeln – in jede Gestalt, die sie wollte.

»Ah, willkommen, Lucina die Lamia. Ich habe eine Aufgabe für dich!«, erklärte der Dark Lord.

»Ich höre, mein Gebieter?«

»Kannst du dich in die Weiße Hexe verwandeln, Hasdrubans Konrektorin?«

»Aber ja, mein Dunkler Herr und Meister, das kann ich«, sagte Lucina eifrig und schon begann sie sich zu verwandeln. Ein paar Augenblicke später stand sie als Weiße Hexe vor ihm: langes weißes Haar, fast weiße Alabasterhaut, Augen so grau, dass sie fast schon weiß waren, und keine Augenbrauen. Sie konnte sogar die Kleidung der Weißen Hexe nachahmen: das lange weiße Gewand, mit weißer Spitze und einem weißen Schleier.

»Ah, wunderbar«, rief der Dunkle Lord, »das perfekte Ebenbild! Hasdruban wird keinen Unterschied bemerken, oder?«

»Nein, mein Herr und Meister«, antwortete Lucina – und verriet damit den einzigen Schwachpunkt in ihrer Verwandlung: ihre Stimme. Lamias können nämlich keine Stimmen nachahmen. Aber in diesem Fall war das nicht so wichtig, denn die Weiße Hexe war stumm, sie sprach nie. Wenn sie etwas sagen wollte, kritzelte sie es auf kleine Notizzettel.

»Perfekt. Nun geh und entführe den alten Trottel. Stell ihm eine Falle und schaff ihn dann hierher. Ich finde, es ist an der Zeit, ihm einen neuen Wohnsitz zuzuweisen – in den Verliesen des Verderbens!«

SCHLECHTE NACHRICHTEN VERBREITEN SICH SCHNELL

Dave die Sturmkrähe kreischte vor Schmerzen auf, als er in einem Gestöber aus Staub und Federn auf Dirks Schreibtisch eine Bruchlandung hinlegte. Erschrocken zuckte Dirk zurück. Hinter ihm schloss sich mit einem schleimigen Schmatzen das dunkle Portal, das mitten im Raum gehangen hatte.

Die Krähe rappelte sich auf, schüttelte benommen den Kopf und schlug verärgert mit den Flügeln. Ein kleiner Kieselstein fiel aus dem Gefieder. Dirk runzelte die Stirn. Es schien so, als sei Dave von dem Stein getroffen worden, der möglicherweise von einem Jungen mit einer Steinschleuder abgeschossen worden war. Aber das musste in den Darklands geschehen sein, kurz bevor Dave in das Portal zwischen den Welten flog, um auf die Erde zurückzukehren. Wer wagte es, den Boten des Dunklen Lords zu beschießen, den Herold des Unheils?

Dirk hob den winzigen Stein ans Licht und betrachtete ihn. Eine Botschaft war darauf eingraviert worden, in der Schwarzen Sprache, der Sprache der Darklands, die von Goblins und Orks und einer Menge anderer Kreaturen, die noch viel unsympathischer waren als die Orks, benutzt wurde.

»Friss es!«, lautete die Inschrift.

Typisch orkischer Humor, dachte Dirk und grinste anerkennend. Doch dann verschwand das Grinsen wieder. Warum sollte einer seiner Lakaien versuchen, Dave abzuschießen?

Allerdings war der Versuch nicht erfolgreich gewesen. Dave war zwar ein wenig benommen, aber davon abgesehen war er unverletzt geblieben. Er krächzte noch einmal und blinzelte Dirk streng an. Die schwarzen Knopfaugen glühten, die Federn glänzten wie Kohle. Dirk lächelte auf den Vogel hinunter. Krähen waren ein so schöner Anblick und er liebte es, ihren unheilvollen Schrei zu hören. Und diese Krähe war etwas Besonderes: Dave war eine Sturmkrähe und konnte überallhin fliegen, selbst über andere Dimensionen hinweg, wenn er eine Botschaft für den Dark Lord zu überbringen hatte. Dirk glättete dem Vogel das vom Wind zerzauste Gefieder und gab ihm einen Wurm zu fressen (ja, Dirk hatte immer ein Glas Würmer auf dem Tisch stehen, auf dem Glas klebte ein Etikett mit der Aufschrift »Würmige Würmer«). Dann faltete Dirk den Zettel auseinander, der an Daves Bein befestigt gewesen war. Eine Botschaft von seinem Goblin-Kanzler Agrasch, dem er zu Hause in den Darklands das Kommando über den Eisernen Turm der Verzweiflung übertragen hatte. Es war schon Wochen her, dass Dirk zum letzten Mal eine Nachricht aus seinem Reich erhalten hatte …

Dirk runzelte die Stirn. Er? Wer ist ER? Und wie kann er es wagen, meinen Eisernen Turm zu erobern?, dachte er wütend. Laut sagte er: »Weiß dieser Narr denn nicht, wer ich bin? Wer auch immer ER sein mag, er wird meinen vollen Zorn zu spüren bekommen!«

Dirk sprang auf und legte die Finger aneinander. »Es kann nur einen Dark Lord geben und der bin ich!«, rief er, warf siegessicher den Kopf zurück und brüllte sein Böses Lachen zur Zimmerdecke hinauf.

»MUAHAHAHAAAA!«, schallte es durch das Zimmer, in den Flur hinaus und durch das ganze Haus.

»Oh, verdammt, halt endlich die Klappe, Dirk!«, schrie Chris aus dem Zimmer nebenan. »Wir hören gerade The Archers!«

Dirk rollte mit den Augen und stöhnte. Doch dann runzelte er die Stirn und strich sich nachdenklich über das Kinn. Eigentlich gab’s da nichts zu lachen – die Sache war ernst. Todernst. Schließlich hatte er gerade erfahren, dass ihm jemand widerrechtlich seinen Thron entrissen hatte. Er musste etwas tun, und zwar pronto.

»Es hilft nichts: Ich muss unbedingt in die Darklands zurück, und zwar so schnell wie möglich!«, murmelte er vor sich hin. »Dieser lächerliche Thronräuber muss die Flammen sprühende, alles vernichtende Gewalt meines Großen Rings der Macht zu spüren bekommen!«

Dirk hielt die Hand hoch und betrachtete stolz den Ring an seinem Finger. Hier auf der Erde mochte er machtlos sein, nichts weiter als ein gewöhnlicher Ring, aber zu Hause in den Darklands besaß er eine unbändige Macht. Dort würden die auf dem Ring eingravierten Runen aufleuchten und er würde mit diesem Ring immer und immer wieder zerstörerische Kraftblitze schleudern können. Der Ring machte ihn mächtig, und wie!

Aber wie sollte er in die Darklands zurückkommen? Er hatte keinen Anathema-Kristall mehr (einen der magischen Kristalle, die, wenn man sie in Stücke schlug, jeden im Umkreis von ein paar Metern in eine andere Dimension teleportierten, wie zum Beispiel in die Darklands oder von dort zurück auf die Erde). Und er hatte auch keines dieser Magischen Löcher (das waren buchstäblich Löcher, die man auf den Boden legte; wenn man dann hineintrat oder -sprang und dabei den Namen des Ortes rief, an den man wollte, wurde man auf der Stelle dorthin versetzt. Allerdings musste man schon mindestens einmal an diesem Ort gewesen sein, sonst funktionierte es nicht).

Dr. Hasdruban, der Weiße Zauberer – der jetzt Leiter der Schule von Weißschilding war – besaß solche Magischen Löcher und würde Dirk bestimmt ein paar davon leihen. Zwar war er einmal richtig scharf darauf gewesen, Dirk zu vernichten, und zwar unter allen Umständen,*