Das Bild der Mutter - Paul Heyse - E-Book

Das Bild der Mutter E-Book

Paul Heyse

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Beschreibung

Neue Deutsche Rechtschreibung Paul Johann Ludwig von Heyse (15.03.1830–02.04.1914) war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf er rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen. Heyse ist bekannt für die "Breite seiner Produktion". Der einflussreiche Münchner "Dichterfürst" unterhielt zahlreiche – nicht nur literarische – Freundschaften und war auch als Gastgeber über die Grenzen seiner Münchner Heimat hinaus berühmt. 1890 glaubte Theodor Fontane, dass Heyse seiner Ära den Namen "geben würde und ein Heysesches Zeitalter" dem Goethes folgen würde. Als erster deutscher Belletristikautor erhielt Heyse 1910 den Nobelpreis für Literatur. Null Papier Verlag

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Paul Heyse

Das Bild der Mutter

Novelle

Paul Heyse

Das Bild der Mutter

Novelle

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019 1. Auflage, ISBN 978-3-962811-19-8

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Das Bild der Mutter

Seit vie­len Jah­ren schon leb­te in der Stadt die Wit­we ei­nes rei­chen Man­nes, der in ho­hem Al­ter ge­stor­ben war und sei­ner jun­gen Frau Haus und Gar­ten und ihre Frei­heit hin­ter­las­sen hat­te. Die schö­ne Anna zeig­te we­nig Lust, die­se drei si­che­ren Gü­ter, zu de­nen sich im Lau­fe der Zeit mehr als Ein Lieb­ha­ber mel­de­te, ge­gen das un­ge­wis­se Gut ei­ner neu­en Ehe zu ver­tau­schen. Sie zog es vor, ihre ei­ge­ne Her­rin zu blei­ben, von ih­rem Reich­tum einen sin­ni­gen und wohl­tä­ti­gen Ge­brauch zu ma­chen, in den schö­nen Ge­mä­chern ih­res Hau­ses dann und wann die Freun­de ih­res ver­stor­be­nen Ge­mahls zu be­wir­ten und sich die ein­sa­men Stun­den mit Mu­sik, Blu­men­zucht und Lek­tü­re zu ver­trei­ben. Man sah sie oft im Thea­ter und Kon­zert, nicht sel­ten auch in der Kir­che, über­all ohne Schein­sucht und Ge­prän­ge, eine völ­lig an­mu­ti­ge Ge­stalt, de­ren An­blick ei­nem je­den er­freu­lich war. Nie­mand fühl­te sich ver­an­lasst, auf ihre Kos­ten ei­ni­ge je­ner halb­lau­ten Ge­schicht­chen her­um­zu­brin­gen, wie man sie jun­gen Wit­wen aus Miss­gunst auf die man­cher­lei Rech­te ih­rer frei­en Stel­lung an­zu­hän­gen pflegt. Auch nä­her­te sie sich mehr und mehr der küh­le­ren Zone des Frau­en­le­bens, und die ernst­haf­ten Ge­sprä­che, die sie mit ih­rem Freun­de, dem Dom­pre­di­ger, pflog, klan­gen aus ih­rem Mun­de nicht drol­lig mehr, ob­wohl die­sel­ben ro­ten Lip­pen zu an­de­rer Zeit im trau­li­chen Krei­se aufs Bes­te zu scher­zen wuss­ten, und ein kind­lich träu­me­ri­scher Zug die ver­stän­di­gen Au­gen noch oft um­schweb­te. Sie hat­te mit ih­rem al­ten Man­ne, der von kran­ken Lau­nen viel­fach heim­ge­sucht war, eine fried­li­che Ehe ge­führt und mit ih­rer gleich­mä­ßi­gen Hei­ter­keit sein Haus durch­wärmt. Ob sie selbst un­er­füll­te Wün­sche da­bei im Her­zen nie­der­kämpf­te, ver­trau­te sie Nie­mand, wie denn auch un­ter Al­len, die spä­ter ihr Haus be­tra­ten, nicht Ei­ner sich rüh­men konn­te, einen Vor­zug zu ge­nie­ßen. Es war still­schwei­gend zum Ge­setz ge­wor­den, dass die klei­ne Ge­sell­schaft, die sich oft auch un­ge­la­den um ih­ren Tee­tisch ein­fand, nie spä­ter als um Elf aus­ein­an­der­ging, und dass Alle zu­gleich auf­bra­chen. Wenn die alte Mar­got die Haus­tür hin­ter ih­nen zu­schloss, dach­te wohl man­cher bei sich, wie sehr es ihm be­ha­gen möch­te, hier zu Hau­se und des Heim­wegs über­ho­ben zu sein. Nach­ge­ra­de aber hielt man es für ge­ra­te­ner, der­glei­chen from­me Wün­sche nicht mehr bei der obers­ten Be­hör­de vor­zu­tra­gen, da zehn Jah­re hin­durch im­mer nur der­sel­be Be­scheid er­folgt war.

In ei­ner Nacht je­doch war es den Freun­den der sel­te­nen Frau un­mög­lich, den Zau­ber, der ih­nen an­ge­tan wor­den war, stumm und ge­dul­dig von dan­nen zu tra­gen. Man be­fand sich mit­ten im Hoch­som­mer, die Nacht­luft emp­fing die Her­ren, die aus dem Hau­se tra­ten, dun­kel und weich, und in die fins­te­re Stra­ße hin­un­ter leuch­te­ten nur die of­fe­nen Fens­ter des klei­nen Ge­machs, in dem sie so eben noch bei küh­lem Wein und herr­li­chen Som­mer­früch­ten ge­ses­sen hat­ten. Ein Je­der fühl­te das Be­dürf­nis, den An­de­ren ge­gen­über sich Luft zu ma­chen und zu ge­ste­hen, dass ihm ihre Wir­tin nie rei­zen­der, jün­ger, un­wi­der­steh­li­cher vor­ge­kom­men sei, als eben heut. Auf- und ab­wan­delnd, dem Hau­se ent­lang, rühm­te man um die Wet­te den Geist und die Tu­gen­den die­ses un­ver­gleich­li­chen We­sens und schon­te da­bei die Stim­me nicht, da­mit sich ein oder das an­de­re über­schwäng­li­che Wort durch die Fens­ter hin­auf an Ohr und Herz der ge­stren­gen Her­rin steh­len und dort für sei­nen Ur­he­ber spre­chen möch­te. Der Dom­pre­di­ger ver­säum­te nicht, al­les Lob, das die An­dern mit vol­len Hän­den aus­streu­ten, durch die Be­mer­kung zu über­bie­ten, dass der Wan­del der schö­nen Frau ih­ren Vor­zü­gen erst die wah­re Kro­ne auf­set­ze und sie ein glor­rei­ches Bei­spiel sei, dass alle an­de­ren Mit­tel, Schön­heit und Ju­gend zu er­hal­ten, hin­ter der Kraft der Tu­gend weit zu­rück­ste­hen müss­ten. Man­cher, ob­wohl er nicht zu wi­der­spre­chen wag­te, ver­nahm dies mit ei­nem stil­len Seuf­zer. Doch das plötz­li­che Er­lö­schen der Lich­ter oben im Haus schi­en dem wür­di­gen Red­ner Recht zu ge­ben. Es war of­fen­bar der Ge­prie­se­nen des Weih­rauchs zu viel ge­wor­den, und sie deu­te­te ih­ren Freun­den an, dass sie ih­ren Na­men we­der im Gu­ten noch im Bö­sen zu laut in der horch­sa­men Nacht zu ver­neh­men wünsch­te. Man ver­stand ih­ren Wunsch und trenn­te sich un­ver­züg­lich.

Aber das Licht, das an die­ser Sei­te des Hau­ses ver­löscht wur­de, er­glomm als­bald auf der an­de­ren, die in den Gar­ten sah, und brann­te noch fort, als die Mit­ter­nacht längst vor­über­ge­gan­gen war und ein ab­neh­men­der Mond am feuch­ten Him­mel stand. Es brann­te hin­ter dun­kel­ro­ten Vor­hän­gen im Schlaf­zim­mer der schö­nen Frau, und man muss­te ge­nau hin­se­hen, um von der schma­len Gas­se aus, die hin­ter der Gar­ten­tür hun­dert Schritt vom Hau­se ent­fernt vor­bei­lief, über­haupt einen Schim­mer zu ent­de­cken. Gleich­wohl war alle Auf­merk­sam­keit ei­nes Man­nes, der in der Gas­se stand, nur auf die­ses Licht ge­hef­tet. Was moch­te ihm dar­an merk­wür­dig sein? Er war of­fen­bar über die schwär­me­ri­schen Jah­re hin­aus, in wel­chen eine große Flam­me in un­se­rem Bu­sen sich ru­he­los zu dem klei­nen Licht im Ge­mach ei­nes schö­nen Wei­bes hin­ge­zo­gen fühlt. Räu­be­ri­sche Ab­sich­ten an­de­rer Art konn­te man ihm eben­so we­nig zu­trau­en. Ein schmerz­li­cher Zug um den kräf­ti­gen, sehr aus­drucks­vol­len Mund zeig­te, dass ihm der Pos­ten, den er hier ein­ge­nom­men hat­te, nicht ge­rin­ge Sor­ge mach­te. Die ent­schlos­se­nen Au­gen sa­hen un­ter dem schwar­zen Hut bald zor­nig, bald kum­mer­voll, im­mer aber auf das eine Fens­ter. Und Nie­mand kam, ihn in sei­ner Wa­che zu stö­ren; denn das Haus der Frau Anna lag am Ran­de der Stadt, und die ver­fal­le­ne, alte Ring­mau­er be­grenz­te die öde Gas­se, auf der man die Gär­ten um­ging.

Eine graue Däm­me­rung la­ger­te um die­se Stät­te, bei der es dem Mann auf der Wacht nicht ge­lang, die Zei­ger auf sei­ner Uhr zu er­ken­nen. Den­noch zog er sie alle zehn Mi­nu­ten her­aus und steck­te sie un­mu­tig wie­der ein, um von neu­em das Licht im Hau­se zu be­wa­chen. Der Wind mach­te sich auf und trug ihm den Schall der Turm­glo­cke zu. Eins – Zwei – ein Vier­tel dar­über! Zum hun­derts­ten Male wech­sel­te der Ein­sa­me sei­nen Platz. Er fand jetzt erst eine Art Ni­sche in der Mau­er, wo es mög­lich war, sich – wie un­be­quem auch im­mer – nie­der­zu­set­zen. Er lehn­te den Kopf, der ihm von Ge­dan­ken schwer war, an die Mau­er zu­rück und be­trach­te­te einen Au­gen­blick den Mond, der sich mehr und mehr um­wölk­te. Je­der An­de­re hät­te Ge­fahr ge­lau­fen, durch das lang­sa­me Ver­dun­keln des Him­mels all­mäh­lich um sei­ne wa­che Be­sin­nung zu kom­men. Un­ser Mann war vor dem Schlaf nur all­zu si­cher.

Eine Kat­ze, die von der Gar­ten­mau­er in die Gas­se sprang, schreck­te ihn auf von sei­nem Sitz. In dem­sel­ben Au­gen­blick schlug die Turm­uhr Drei. Der Mann drück­te sich un­will­kür­lich den Hut tiefer in die Stirn und fass­te zu­erst das Fens­ter, dann die Tür des Gar­tens mit ge­spann­te­rer Un­ge­duld ins Auge. Noch eine Wei­le blieb Al­les still, dann hör­te er be­hut­sa­me Schrit­te jen­seits der Gar­ten­mau­er durch den mitt­le­ren Weg her­an­kom­men. Hin­ter der Tür hiel­ten sie an, vor­sich­tig, ob auch die Gas­se si­cher sei. Ein Schlüs­sel dreh­te sich kaum hör­bar im Schloss, und die dunkle Ge­stalt ei­nes Jüng­lings glitt aus der Tür. Nach ei­nem ra­schen Blick, der den Mann an der Mau­er jen­seits nicht ent­de­cken konn­te, ent­fern­te sich der Jüng­ling mit ei­li­gen Schrit­ten und schlug einen Weg ein, der in die in­ne­re Stadt zu­rück­führ­te.

Als er weit ge­nug vom Hau­se der Wit­we ent­fernt war, blieb er ste­hen, wie um Atem zu schöp­fen. Er sah um­her auf der men­schen­lee­ren Stra­ße und hin­auf in die nun ganz um­dun­kel­te Luft, aus der ein­zel­ne Trop­fen zu fal­len be­gan­nen. Als wäre es ihm un­ter dem leich­ten Stu­den­ten­mütz­chen zu warm, schob er es weit auf die dich­ten Lo­cken zu­rück und gab sei­ne Stirn dem sprü­hen­den Re­gen preis. Über den Dä­chern zuck­te jetzt das Leuch­ten ei­nes fer­nen Ge­wit­ters her­auf, und plötz­lich pras­sel­te ein Re­gen­sturz in die Stra­ße nie­der, der den Jüng­ling zwang, un­ter den Vor­sprung ei­ner Haus­tür zu flüch­ten. Hier stand er in die Ecke ge­drückt, die Au­gen ge­schlos­sen, die Stirn ge­gen den Stein­pfei­ler ge­lehnt, und hing wäh­rend des Rau­schens sei­nen Träu­men nach. Er seufz­te tief, da mit­ten in dem Lärm des Un­ge­wit­ters eine Nach­ti­gall im Kä­fig zu schla­gen an­fing. Sein Mund war halb ge­öff­net, als sau­ge er die her­an­we­hen­de Küh­le ver­schmach­tet ein. So stand er eine ge­rau­me Zeit.

Erst als der Ge­wit­ter­guss nachließ und das Rau­schen sanf­ter wur­de, sah er auf, und ein hef­ti­ger Schreck, der ihn durch­fuhr, ver­scheuch­te im Nu die se­li­ge Geis­tes­ab­we­sen­heit, in der er sich be­fun­den hat­te. Am an­dern Pfei­ler des Tor­wegs, ru­hig vor sich hin­se­hend, stand der Mann, der an der Gar­ten­mau­er die Nacht­wa­che ge­hal­ten. Er hat­te die Hän­de in die Ta­schen sei­nes leich­ten Som­mer­über­rocks ge­steckt und schi­en ge­dul­dig das Auf­hö­ren des Re­gens ab­zu­war­ten, ohne den An­dern im Ge­rings­ten zu be­ach­ten.

Bor­ro­mä­us! rief der Jüng­ling, du bist’s? Wie kommst du hie­her?

Auf dem­sel­ben Wege wie du, Det­lef. Der Re­gen trieb mich un­ter Dach.

Aber es ist spät.

Ja wohl; eine Stun­de noch, so ha­ben wir den Tag.

Der Jüng­ling schwieg und eine pein­li­che Un­ru­he zeig­te sich in sei­nen Ge­bär­den. Er trat ins Freie hin­aus, prüf­te mit em­por­ge­wen­de­tem Ge­sicht das Wet­ter, schob die Müt­ze zu­recht und sag­te dann ab­ge­wen­det: Was hat dich nur in der Nacht durch die Stadt ge­trie­ben, ganz ge­gen dei­ne Ge­wohn­heit?

Ge­schäf­te, Kind, Ge­schäf­te. Je­der hat die sei­ni­gen. In­des­sen, mein’ ich, der Re­gen ist vor­über, und wir kön­nen uns nach Hau­se be­ge­ben.

Det­lef nick­te, und sie gin­gen ne­ben ein­an­der die Stra­ße hin. Kei­ner sprach ein Wort. Der Weg war noch weit, aber der Mond leuch­te­te ih­nen wie­der, und ein er­quick­li­cher Ge­ruch ström­te von dem durch­näss­ten Bo­den aus. Ein Glo­cken­spiel auf ei­nem der Stadt­tür­me be­gann, und je­der ein­zel­ne Ton wur­de durch die ge­rei­nig­te Luft voll und klar da­hin­ge­tra­gen.

Sie ka­men bei dem Hau­se an, wo sie wohn­ten. Schließ auf, Det­lef, sag­te der Mann.

Has­tig griff der Jüng­ling in sei­ne Ta­sche, wühl­te dar­in, ohne den Schlüs­sel zu fin­den, und sag­te end­lich: Ich muss ihn zu Hau­se ge­las­sen – oder – in der Knei­pe ver­lo­ren ha­ben.

Da ist der mei­ne, er­wi­der­te der Mann gleich­gül­tig. Schließ auf! Ich wer­de mor­gen hin­schi­cken und fra­gen las­sen, ob ihn viel­leicht der Gärt­ner der Frau Anna oder ihre Zofe ge­fun­den hat.

Bor­ro­mä­us!

Du könn­test ihn frei­lich selbst ab­ho­len, fuhr der An­de­re fort. Aber aus man­cher­lei Grün­den wün­sche ich nicht, dass du je­nes Haus und je­nen Gar­ten wie­der be­trittst. Schließ auf! Es ist Zeit zu Bett zu ge­hen. Wir kön­nen mor­gen noch dar­über re­den.

Wie ver­stei­nert sah der Jüng­ling ihn an. Wer hat es dir ge­sagt? brach end­lich aus sei­ner be­klom­me­nen Brust her­vor. Hast du mei­ne Pa­pie­re –?

Pfui, Det­lef! Du soll­test mich ken­nen. Es ist üb­ri­gens gleich­gül­tig, wo­her ich es weiß. Ge­nug, ich weiß es und woll­te dir mei­ne An­sicht dar­über nicht vor­ent­hal­ten.

Du wirst mir er­lau­ben, sie nicht zu tei­len.

Nicht? Wir wer­den se­hen, Kind, wir wer­den se­hen; dein Kopf ist heu­te nicht ganz klar. Wenn du den Rausch aus­ge­schla­fen hast, wol­len wir die Sa­che noch ein­mal mit Ver­nunft be­den­ken.

Er nahm dem völ­lig Ver­nich­te­ten den Schlüs­sel wie­der aus der Hand und führ­te ihn die dunkle Trep­pe hin­auf in ihre Woh­nung. Bei dem ge­rin­gen Schein des Mon­des klei­de­ten sie sich aus, denn kei­ner wünsch­te dem an­dern deut­li­cher ins Ge­sicht zu se­hen. Ihre Bet­ten stan­den in dem ge­mein­schaft­li­chen Schlaf­zim­mer ein­an­der ge­gen­über, das Fens­ter war da­zwi­schen. An der Sei­te des Jüng­lings war die Wand mit Sil­hou­et­ten sei­ner Freun­de be­deckt, ein paar Schlä­ger und dop­pel­läu­fi­ge Pis­to­len be­krön­ten, mit Bän­dern und Hand­schu­hen zu ei­ner Tro­phäe grup­piert, die vie­len klei­nen Bild­nis­se. Über Bor­ro­mäus’ Bett hing nur ein weib­li­ches Por­trät, ein Mäd­chen in weißem Klei­de, um die ju­gend­li­chen Schul­tern einen rei­hen Shawl ge­schlun­gen. Die Ähn­lich­keit mit Det­lef war auf­fal­lend; Je­der­mann hielt sie für sei­ne Schwes­ter.