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Dieses Buch enthält eine breit gefächerte Palette von Märchen, darunter sieben sehr bekannte Werke der Gebrüder Grimm, fünf von Madame d'Aulnoy, drei aus "Tausendundeiner Nacht" und vier weniger bekannte norwegische Märchen. Dies sind aber nur neunzehn der insgesamt siebenunddreißig Märchen, die aus ganz verschiedenen Quellen stammen. Aber das blaue Märchenbuch ist kein Märchenbuch wie jedes andere. Nicht nur wurden die Märchen komplett neu übersetzt, was auch für die eigentlich deutschen Erzählungen gilt, die aus dem Englischen – sozusagen – rückübersetzt wurden. Dadurch erhielten die Geschichten nicht nur ein neues Flair, sondern wurden auch viel lesbarer. In diesem voll illustrierten Werk finden sich Klassiker wie "Der bronzene Ring", "Prinz Hyazinth und die liebe kleine Prinzessin", "Östlich der Sonne, westlich des Mondes", "Der gelbe Zwerg", "Rotkäppchen", "Dornröschen", "Aschenputtel", "Aladin und die Wunderlampe", "Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen", "Rumpelstilzchen", "Die Schöne und das Biest", "Die Meistermagd", "Warum das Meer salzig ist", "Der gestiefelte Kater", "Felicia und die Nelken", "Die weiße Katze", "Die Wasserlilie und die Goldspinnerinnen", "Der schreckliche Kopf", "Die Geschichte vom schönen Goldlöckchen", "Die Geschichte von Dick Whittington", "Das wundersame Schaf", "Der kleine Däumling", "Ali Baba und die vierzig Räuber", "Hänsel und Gretel", "Schneeweißchen und Rosenrot" und viele mehr. Fliegen Sie mit ins Märchenland!
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Seitenzahl: 604
Veröffentlichungsjahr: 2020
Das blaue Märchenbuch
JÜRGEN BECK (HRSG.)
Das blaue Märchenbuch
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849659592
www.jazzybee-verlag.de
Cover Design: © Can Stock Photo / Melpomene
DER BRONZENE RING... 1
PRINZ HYAZINTH UND DIE LIEBE KLEINE PRINZESSIN.. 12
ÖSTLICH DER SONNE, WESTLICH DES MONDES. 20
DER GELBE ZWERG... 31
ROTKÄPPCHEN... 51
DORNRÖSCHEN.. 54
ASCHENPUTTEL.. 62
ALADIN UND DIE WUNDERLAMPE.. 69
VON EINEM DER AUSZOG, DAS FÜRCHTEN ZU LERNEN.. 82
RUMPELSTILZCHEN... 91
DIE SCHÖNE UND DAS BIEST.. 94
DIE MEISTERMAGD.. 112
WARUM DAS MEER SALZIG IST.. 127
DER GESTIEFELTE KATER.. 131
FELICIA UND DIE NELKEN.. 137
DIE WEIßE KATZE.. 146
DIE WASSERLILIE UND DIE GOLDSPINNERINNEN... 163
DER SCHRECKLICHE KOPF. 171
DIE GESCHICHTE VOM SCHÖNEN GOLDLÖCKCHEN.. 180
DIE GESCHICHTE VON DICK WHITTINGTON.. 193
DAS WUNDERSAME SCHAF. 201
DER KLEINE DÄUMLING... 217
ALI BABA UND DIE VIERZIG RÄUBER.. 228
HÄNSEL UND GRETEL. 238
SCHNEEWEIßCHEN UND ROSENROT.. 245
DIE GÄNSEMAGD... 252
DIE FEEN... 259
PRINZ LIEBLING... 263
BLAUBART.. 275
DER GETREUE JOHANNES. 280
DAS TAPFERE SCHNEIDERLEIN... 288
EINE REISE NACH LILIPUT.. 296
DIE PRINZESSIN AUF DEM GLÄSERNEN BERG... 315
DIE GESCHICHTE VON PRINZ AHMED UND DER FEE PARIBANOU 324
DIE GESCHICHTE VON JACK, DEM RIESENTÖTER.. 354
DER SCHWARZE STIER VON NORWEGEN.. 360
Es war einmal in einem gewissen Land ein König, dessen Palast von einem großen Garten umgeben war. Doch obwohl es viele Gärtner gab und der Boden gut war, brachte dieser Garten weder Blumen noch Früchte hervor, ja noch nicht einmal Gras oder schattenspendende Bäume.
Der König verzweifelte daran, als ein weiser alter Mann zu ihm sagte:
"Eure Gärtner verstehen ihr Geschäft nicht: aber was könnt ihr von Männern erwarten, deren Väter Schuster und Zimmerleute waren? Wie sollten sie gelernt haben, Euren Garten zu pflegen?"
"Ihr habt ganz recht", rief der König.
"Deshalb", fuhr der alte Mann fort, "sollten Sie nach einem Gärtner schicken, dessen Vater und Großvater schon Gärtner waren, und schon bald wird Ihr Garten voll von grünem Gras und leuchtenden Blumen sein, und Sie werden seine köstlichen Früchte genießen.
Also sandte der König Boten in jede Stadt, jedes Dorf und jeden Weiler in seinem Reich, um einen Gärtner zu suchen, dessen Vorfahren ebenfalls Gärtner gewesen waren, und nach vierzig Tagen wurde einer gefunden.
"Komm mit uns und werde Gärtner des Königs", sagten sie zu ihm.
"Wie sollte ich zum König gehen", sagte der Gärtner, "ein armer Kerl wie ich?"
"Das ist doch unwichtig", antworteten sie. "Hier sind neue Kleider für dich und deine Familie."
"Aber ich schulde mehreren Leuten Geld."
"Wir werden deine Schulden bezahlen", sagten sie.
Der Gärtner ließ sich also überreden, ging mit den Boten weg und nahm seine Frau und seinen Sohn mit; und der König, der sich freute, einen echten Gärtner gefunden zu haben, vertraute ihm die Pflege seines Gartens an. Der Mann hatte keinerlei Schwierigkeiten, den königlichen Garten mit Blumen und Früchten zu bepflanzen, und am Ende eines Jahres war der Garten nicht mehr derselbe Ort, und der König überhäufte seinen neuen Diener mit Geschenken.
Der Gärtner hatte, wie ihr bereits gelesen habt, einen Sohn, der ein sehr hübscher junger Mann mit sehr angenehmen Umgangsformen war und jeden Tag die besten Früchte des Gartens zum König und die schönsten Blumen zu dessen Tochter trug. Nun war diese Prinzessin wunderbar hübsch und gerade sechzehn Jahre alt, und der König hielt es langsam für an der Zeit, sie zu verheiraten.
"Mein liebes Kind", sagte er, "du bist in einem Alter, in dem du dir einen Ehemann nehmen solltest, deshalb denke ich darüber nach, dich mit dem Sohn meines Premierministers zu verheiraten."
"Vater", antwortete die Prinzessin, "ich werde niemals den Sohn des Ministers heiraten."
"Warum nicht?", fragte der König.
"Weil ich den Sohn des Gärtners liebe", antwortete die Prinzessin.
Als der König dies hörte, war er zunächst sehr wütend; dann weinte und seufzte er und erklärte, dass ein solcher Ehemann seiner Tochter nicht würdig sei; aber die junge Prinzessin konnte nicht von ihrem Entschluss abgebracht werden, den Sohn des Gärtners zu heiraten.
Da konsultierte der König seine Minister. "Ihr solltet Folgendes tun", sagten sie. "Um den Gärtner loszuwerden, müsst Ihr beide Verehrer in ein sehr weit entferntes Land schicken, und derjenige, der zuerst von dort zurückkehrt, soll Eure Tochter heiraten. "
Der König folgte diesem Rat, und der Sohn des Ministers erhielt ein prächtiges Pferd und eine Geldbörse voller Goldstücke, während der Sohn des Gärtners nur ein altes, lahmes Pferd und eine Geldbörse voller Kupfergeld bekam, und jeder dachte, er würde nie von seiner Reise zurückkehren.
Am Tag, bevor es losging, traf die Prinzessin ihren Geliebten und sagte zu ihm:
"Sei mutig und denke immer daran, dass ich dich liebe. Nimm diesen Beutel voller Juwelen, nutze sie aus Liebe zu mir so gut wie möglich, und komm schnell zurück und halte um meine Hand an."
Die beiden Verehrer verließen gemeinsam die Stadt, aber der Sohn des Ministers ritt auf seinem guten Pferd im Galopp los und war schon bald hinter den entferntesten Hügeln außer Sichtweite. Er ritt einige Tage dahin und erreichte bald einen Brunnen, neben dem eine alte, in Lumpen gehüllte Frau, auf einem Stein saß.
"Guten Tag, junger Reisender", sagte sie.
Aber der Sohn des Ministers antwortete nicht.
"Hab Mitleid mit mir, Reisender", sagte sie erneut. "Ich sterbe vor Hunger, wie du siehst, bin seit drei Tagen hier und niemand hat mir etwas gegeben."
"Lass mich in Ruhe, alte Hexe", rief der junge Mann, "ich kann nichts für dich tun." Und so machte er sich wieder auf den Weg.
Am selben Abend ritt der Sohn des Gärtners auf seinem lahmen, grauen Pferd zum Brunnen hinauf.
"Guten Tag, junger Reisender", sagte die Bettlerin.
"Guten Tag, gute Frau", antwortete er.
"Junger Reisender, hab Mitleid mit mir."
"Nimm meine Geldbörse, gute Frau", sagte er, "und steige hinter mir auf; deine Beine werden wohl nicht mehr die kräftigsten sein."
Die alte Frau musste nicht zweimal gebeten werden, sondern stieg hinter ihm auf, und auf diese Weise erreichten sie die Hauptstadt eines mächtigen Königreichs. Der Sohn des Ministers quartierte sich in einem großen Gasthaus ein, der Sohn des Gärtners und die alte Frau stiegen im Gasthaus für Bettler ab.
Am nächsten Tag hörte der Sohn des Gärtners großen Lärm auf der Straße, als die Herolde des Königs vorbeikamen, alle möglichen Instrumente bliesen und riefen:
"Der König, unser Herr, ist alt und gebrechlich. Er wird demjenigen eine große Belohnung geben, der ihn heilen und ihm die Kraft seiner Jugend zurückgeben kann."
Da sagte die alte Bettlerin zu ihrem Wohltäter:
"Das ist es, was du tun musst, um die Belohnung zu erhalten, die der König verspricht. Gehe durch das Südtor aus der Stadt heraus, wo du drei kleine Hunde in verschiedenen Farben finden wirst; der erste wird weiß, der zweite schwarz und der dritte rot sein. Du musst sie töten und dann getrennt verbrennen und die Asche einsammeln. Stecke die Asche jedes Hundes in einen Sack in seiner jeweiligen Farbe und gehe dann vor die Tür des Palastes und rufe: 'Ein berühmter Arzt ist aus Janina in Albanien gekommen. Nur er kann den König heilen und ihm die Kraft seiner Jugend zurückgeben.' Die Ärzte des Königs werden sagen: 'Das ist ein Betrüger und kein gelehrter Mann', und sie werden alle möglichen Schwierigkeiten machen, aber du wirst sie schließlich ausstechen und den kranken König sehen. Dann musst du so viel Holz verlangen, wie drei Maultiere tragen können, und einen großen Kessel; anschließend musst du dich mit dem Sultan in einem Raum einschließen, und wenn der Kessel kocht, musst du ihn hineinwerfen und ihn drin lassen, bis sein Fleisch vollständig von seinen Knochen abgelöst ist. Dann ordne die Knochen richtig an und wirf die Asche aus den drei Säcken über sie. Der König wird wieder lebendig werden und genauso sein, wie er mit zwanzig Jahren war. Als Belohnung musst du den Bronzering verlangen, der die Macht hat, dir alle Wünsche zu erfüllen. Geh, mein Sohn, und vergiss keine meiner Anweisungen."
Der junge Mann folgte den Anweisungen der alten Bettlerin. Als er die Stadt verließ, fand er die weißen, roten und schwarzen Hunde, tötete und verbrannte sie und sammelte die Asche in drei Säcken. Dann rannte er zum Palast und rief:
"Ein berühmter Arzt ist gerade aus Janina in Albanien gekommen. Nur er kann den König heilen und ihm die Kraft seiner Jugend zurückgeben."
Die Ärzte des Königs lachten zunächst über den unbekannten Wanderer, doch der Sultan befahl, den Fremden einzulassen. Sie brachten den Kessel und die Ladung Holz, und schon bald kochte der König vor sich hin. Gegen Mittag ordnete der Sohn des Gärtners die Knochen ordnungsgemäß an, und kaum hatte er die Asche über sie verstreut, erwachte der alte König wieder zum Leben und war wieder jung und kräftig.
"Wie kann ich dich belohnen, mein Wohltäter?", rief er. "Willst du die Hälfte meiner Schätze?"
"Nein", sagte der Sohn des Gärtners.
"Die Hand meiner Tochter?"
"Nein."
"Nimm die Hälfte meines Königreichs."
"Nein. Gib mir nur den Bronzering, der alle meine Wünsche erfüllen kann."
"Ach!", sagte der König. "Ich lege zwar großen Wert auf diesen wunderbaren Ring, aber dennoch sollst du ihn haben." Und er gab ihn ihm.
Der Sohn des Gärtners ging zurück, um sich von der alten Bettlerin zu verabschieden; dann sagte er zu dem Bronzering:
"Bereite ein prächtiges Schiff vor, auf dem ich meine Reise fortsetzen kann. Der Rumpf sei aus Feingold, die Masten aus Silber, die Segel aus Brokat; die Besatzung bestehe aus zwölf jungen Männern von edler Erscheinung, gekleidet wie Könige. Der heilige Nikolaus soll am Ruder sein. Was die Ladung betrifft, so soll sie aus Diamanten, Rubinen, Smaragden und Karfunkeln sein."
Und sofort erschien ein Schiff auf dem Meer, das in jeder Hinsicht der Beschreibung des Gärtnersohnes entsprach, und er setzte seine Reise an Bord dieses Schiffes fort. Bald kam er in einer großen Stadt an und ließ sich in einem wunderbaren Palast nieder. Nach einigen Tagen traf er seinen Rivalen, den Sohn des Ministers, der sein ganzes Geld ausgegeben hatte und die sehr unangenehme Beschäftigung eines Straßenkehrers und Müllträgers ausführen musste. Der Sohn des Gärtners sagte zu ihm:
"Wie heißt du, was ist deine Familie, und aus welchem Land kommst du?"
"Ich bin der Sohn des Premierministers eines großen Staates, und muss doch dieser entwürdigenden Beschäftigung nachgehen."
"Hör mir zu; obwohl ich nicht mehr über dich weiß, bin ich bereit, dir zu helfen. Ich gebe dir ein Schiff, das dich in dein eigenes Land zurückbringt – unter einer Bedingung."
"Was immer es sein mag, ich werde sie gerne annehmen."
"Folge mir zu meinem Palast."
Der Sohn des Ministers folgte dem reichen Fremden, den er nicht erkannt hatte. Als sie den Palast erreichten, gab der Sohn des Gärtners seinen Sklaven ein Zeichen, den Neuankömmling völlig zu entkleiden.
"Macht diesen Ring so heiß, dass er glüht", befahl der Herr, "und markiert den Mann damit auf seinem Rücken".
Die Sklaven gehorchten ihm.
"Nun, junger Mann", sagte der reiche Fremde, "werde ich dir ein Schiff geben, das dich in dein eigenes Land zurückbringen wird."
Und als er hinausging, nahm er den Bronzering und sagte:
"Bronzener Ring, gehorche deinem Meister. Bereite mir ein Schiff, dessen halb verrottete Hölzer schwarz überstrichen sind, dessen Segel in Fetzen hängen und dessen Matrosen gebrechlich und kränklich sind. Einer soll ein Bein verloren haben, ein anderer einen Arm, der dritte soll ein Buckliger sein, ein anderer lahm, klumpfüßig oder blind, und die meisten sollen hässlich und mit Narben übersät sein. Und nun führe meine Befehle aus."
Der Sohn des Ministers schiffte sich auf diesem alten Kahn ein und erreichte dank günstiger Winde irgendwann sein Heimatland. Trotz des bedauernswerten Zustands, in dem er zurückkehrte, empfing man ihn freudig.
"Ich bin der erste, der zurückkommt", sagte er zum König; "nun erfüllt Euer Versprechen und gebt mir die Prinzessin zur Frau."
So begann man umgehend mit den Vorbereitungen für die Hochzeitsfeierlichkeiten. Was die arme Prinzessin betraf, so war diese traurig und wirklich wütend darüber.
Am nächsten Morgen, bei Tagesanbruch, ging ein wunderbares Schiff mit gesetzten Segeln vor der Stadt vor Anker. Der König stand in diesem Moment zufällig am Fenster des Palastes.
"Was ist das für ein seltsames Schiff", rief er, "das einen goldenen Rumpf, silberne Masten und Segel aus Brokat hat, und wer sind die jungen Männer, die es bemannen und wie Prinzen aussehen? Und sehe ich da nicht den heiligen Nikolaus am Ruder? Geht sofort und ladet den Kapitän des Schiffes ein, in den Palast zu kommen."
Seine Diener gehorchten ihm und kamen sehr bald mit einem bezaubernden, schönen jungen Prinzen zurück, gekleidet in reiche Seide, verziert mit Perlen und Diamanten.
"Junger Mann", sagte der König, "du bist willkommen, wer immer du auch sein magst. Erweise mir die Ehre, mein Gast zu sein, solange du in meiner Stadt weilst."
"Vielen Dank, Herr", antwortete der Hauptmann, "ich nehme Euer Angebot gerne an."
"Meine Tochter wird bald heiraten", sagte der König, "wollt ihr sie übergeben?"
"Es wäre mir eine Ehre, Herr."
Bald darauf kamen die Prinzessin und ihr Verlobter.
"Nanu, was soll das?", rief der junge Kapitän. "Wollt Ihr diese zauberhafte Prinzessin mit einem solchen Mann verheiraten?"
"Aber er ist der Sohn meines Premierministers!"
"Was spielt das für eine Rolle? Ich kann Eure Tochter nicht übergeben. Der Mann, mit dem sie verlobt ist, ist einer meiner Diener."
"Euer Diener?"
"Ohne Zweifel. Ich traf ihn in einer weit entfernten Stadt, wo er Kehricht und Müll aus den Häusern räumen musste. Ich hatte Mitleid mit ihm und stellte ihn als einen meiner Diener ein."
"Das ist unmöglich!", rief der König.
"Soll ich beweisen, was ich sage? Dieser junge Mann kam in einem Schiff zurück, das ich ihm bereitgestellt habe, ein nicht seetüchtiges Schiff mit einem schwarzen, ramponierten Rumpf und gebrechlichen und verkrüppelten Matrosen."
"Das ist wahr", sagte der König.
"Das ist unwahr", rief der Sohn des Ministers. "Ich kenne diesen Mann nicht!"
"Majestät", sagte der junge Kapitän, "befehlt dem Verlobten Eurer Tochter, sich auszuziehen, und seht selbst, ob das Zeichen meines Ringes nicht auf seinem Rücken eingebrannt ist."
Der König wollte gerade diesen Befehl erteilen, als der Sohn des Ministers, der sich vor einer solchen Demütigung retten wollte, zugab, dass die Geschichte wahr ist.
"Und nun, Herr", sagte der junge Kapitän, "erkennt Ihr mich nicht?"
"Ich erkenne dich", sagte die Prinzessin, "du bist der Sohn des Gärtners, den ich immer geliebt habe, und du bist es, den ich heiraten möchte.
"Junger Mann, du sollst mein Schwiegersohn sein", rief der König. "Die Hochzeitsfeierlichkeiten haben bereits begonnen, also wirst du noch heute meine Tochter heiraten."
Und so heiratete der Sohn des Gärtners noch am selben Tag die schöne Prinzessin.
Mehrere Monate vergingen. Das junge Paar war so glücklich, wie der Tag lang war, und der König freute sich immer mehr darüber, dass er sich einen solchen Schwiegersohn gesichert hatte.
Aber bald fand der Kapitän des goldenen Schiffes es für notwendig, eine lange Reise zu unternehmen, und nachdem er seine Frau zärtlich umarmt hatte, ging er an Bord.
Nun lebte am Rande der Hauptstadt ein alter Mann, der sein Leben damit verbracht hatte, schwarze Künste – Alchemie, Astrologie, Magie und Zauberei – zu studieren. Dieser Mann fand heraus, dass es dem Sohn des Gärtners nur mit Hilfe der Geister, die dem Bronzering gehorchten, gelungen war, die Prinzessin zu heiraten.
"Ich will diesen Ring haben", sagte er sich, ging zum Meeresufer hinunter und fing einige kleine, rote Fische. Diese waren wirklich außergewöhnlich hübsch. Dann ging er zurück, und als er vor dem Fenster der Prinzessin vorbeiging, begann er zu rufen:
"Wer will ein paar hübsche kleine, rote Fische?"
Die Prinzessin hörte ihn und schickte eine ihrer Sklavinnen hinaus, die zu dem alten Hausierer sagte:
"Was sollen deine Fische kosten?"
"Ein bronzener Ring."
"Ein bronzener Ring, alter Einfaltspinsel! Und wo soll ich so einen finden?"
"Unter dem Kissen im Zimmer der Prinzessin."
Die Sklavin ging zurück zu ihrer Herrin.
"Der alte Verrückte will weder Gold noch Silber annehmen", sagte sie.
"Was will er dann?"
"Einen bronzenen Ring, der unter einem Kissen versteckt ist."
"Finde den Ring und gib ihn ihm", sagte die Prinzessin.
Schließlich fand die Sklavin den bronzenen Ring, den der Kapitän des goldenen Schiffes versehentlich zurückgelassen hatte, und trug ihn zu dem Mann, der sich sofort damit davonmachte.
Kaum hatte dieser sein eigenes Haus erreicht, als er den Ring nahm und sagte: "Bronzering, gehorche deinem Herrn. Ich wünsche mir, dass das goldene Schiff zu schwarzem Holz wird, die Besatzung aus grässlichen Negern besteht, dass der heilige Nikolaus das Ruder verlässt und die einzige Ladung schwarze Katzen sind."
Und die Geister des bronzenen Rings gehorchten ihm.
Als der junge Kapitän sich in diesem jämmerlichen Zustand auf dem Meer wiederfand, begriff er, dass ihm jemand den Bronzering gestohlen haben musste, und er beklagte sein Unglück lautstark; aber das nützte ihm nichts.
"Ach!", sagte er sich, "derjenige, der meinen Ring genommen hat, hat wahrscheinlich auch meine liebe Frau genommen. Was nützt es mir, wenn ich in mein eigenes Land zurückkehre?" Also segelte er von Insel zu Insel und von Ufer zu Ufer, immer in dem Glauben, dass ihn überall alle auslachten, und sehr bald war seine Armut so groß, dass er und seine Mannschaft und die armen schwarzen Katzen außer Kräutern und Wurzeln nichts zu essen hatten. Nachdem er lange umhergeirrt war, erreichte er eine von Mäusen bewohnte Insel. Der Kapitän landete an der Küste und begann, das Land zu erkunden. Überall waren Mäuse und nichts als Mäuse. Einige der schwarzen Katzen waren ihm gefolgt, und da sie mehrere Tage lang nicht gefüttert worden waren, waren sie schrecklich hungrig und richteten unter den Mäusen große Verwüstungen an.
Dann hielt die Königin der Mäuse einen Rat ab.
"Diese Katzen werden jeden von uns fressen", sagte sie, "wenn der Kapitän des Schiffes die wilden Tiere nicht wegschließt. Schicken wir ihm eine Abordnung der Tapfersten unter uns."
Mehrere Mäuse boten sich für diese Mission an und machten sich auf die Suche nach dem jungen Kapitän.
"Kapitän", so sagten sie, "verschwinde schnell von unserer Insel, oder wir werden sterben, jede einzelne Maus."
"Sehr gerne", antwortete der junge Kapitän, "unter einer Bedingung. Die wäre, dass ihr mir zuerst den bronzenen Ring zurückbringt, den mir ein geschickter Zauberer gestohlen hat. Wenn ihr das nicht könnt, werde ich alle meine Katzen auf eure Insel lassen und ihr werdet ausgerottet."
Die Mäuse zogen sich in großer Bestürzung zurück. "Was sollen wir tun?", sagte die Königin. "Wie können wir diesen Bronzering finden?" Sie hielt erneut einen Rat ab und rief Mäuse aus allen Teilen der Welt zusammen, aber niemand wusste, wo dieser Ring war. Schließlich trafen drei Mäuse aus einem sehr weit entfernten Land ein. Eine war blind, die zweite lahm und die dritte hatte abgeschnittene Ohren.
"Ho, ho, ho!", sagten die Neuankömmlinge. "Wir kommen aus einem weit entfernten Land."
"Wisst ihr, wo der Bronzering ist, dem die Geister gehorchen?"
"Ho, ho, ho!, wissen wir; ein alter Zauberer hat ihn in seinen Besitz genommen, und jetzt bewahrt er ihn tagsüber in seiner Tasche und nachts in seinem Mund auf."
"Geht, nehmt ihn ihm ab und kommt so schnell wie möglich damit zurück."
So bauten sich die drei Mäuse ein Boot und setzten die Segel in die Heimat des Zauberers. Als sie die Hauptstadt erreichten, landeten sie und liefen zum Palast, wobei nur die blinde Maus am Ufer zurückblieb, um sich um das Boot zu kümmern. Dann warteten sie, bis es Nacht war. Der böse alte Mann legte sich ins Bett, steckte sich den Bronzering in den Mund, und schlief sehr bald ein.
"Was sollen wir jetzt tun?", fragten sich die beiden Tierchen.
Die Maus mit den abgeschnittenen Ohren fand eine Lampe voller Öl und ein Fläschchen voller Pfeffer. Dann tauchte sie ihren Schwanz zuerst in das Öl, anschließend in den Pfeffer, und hielt ihn dem Zauberer vor die Nase.
"Hatschi! hatschi!", nieste der alte Mann. Er wachte zwar nicht auf, aber die Erschütterungen ließen den Bronzering aus seinem Mund springen. Schnell schnappte sich die lahme Maus den kostbaren Talisman und trug ihn zum Boot.
Stell dir die Verzweiflung des Magiers vor, als er erwachte und der Bronzering nirgendwo zu finden war!
Aber zu diesem Zeitpunkt hatten unsere drei Mäuse bereits die Segel gesetzt und waren mit ihrem Schatz unterwegs. Eine günstige Brise trug sie in Richtung der Insel, auf der die Königin der Mäuse auf sie wartete. Natürlich fingen sie irgendwann an, über den Ring zu sprechen.
"Wer von uns verdient die meiste Anerkennung?", riefen sie alle auf einmal.
"Bestimmt ich", sagte die blinde Maus, "denn ohne meine Wachsamkeit wäre unser Boot aufs offene Meer abgetrieben."
"Nein, niemals", rief die Maus mit den abgeschnittenen Ohren, "das Lob gebührt mir. Habe ich nicht bewirkt, dass dem Mann der Ring aus dem Mund gesprungen ist?"
"Nein, er gehört mir", rief die Lahme, "denn ich bin mit dem Ring weggelaufen."
Auf scharfe Worte folgten bald Schläge, und, ach!, als der Streit am heftigsten war, fiel der Bronzering ins Meer.
"Wie sollen wir unserer Königin gegenübertreten", sagten die drei Mäuse, "wenn wir durch unsere Torheit den Talisman verloren und unser Volk somit zur völligen Vernichtung verurteilt haben? Wir können nicht in unser Land zurückkehren; lasst uns auf dieser einsamen Insel landen und dort unser elendes Leben beenden." Gesagt, getan. Das Boot erreichte die Insel, und die Mäuse gingen von Bord.
Die blinde Maus war bald allein, da ihre beiden Schwestern auf Fliegenjagd gingen, und als sie traurig am Ufer entlang spazierte, fand sie einen toten Fisch, aß ihn und spürte etwas sehr Hartes. Auf ihre Schreie hin rannten die beiden anderen Mäuse zu ihr hin.
"Es ist der bronzene Ring! Es ist der Talisman", riefen sie freudig, stiegen wieder in ihr Boot und erreichten bald die Mäuseinsel. Sie kamen gerade noch rechtzeitig, denn der Kapitän wollte gerade seine ganzen Katzen an Land schicken, als ihm eine Abordnung der Mäuse den kostbaren Bronzering brachte.
"Bronzener Ring", befahl der junge Mann, "gehorche deinem Herrn. Lass mein Schiff so erscheinen, wie es vorher war."
Sofort machten sich die Geister des Rings an die Arbeit, und das alte, schwarze Schiff verwandelte sich wieder in das wunderschöne, goldene Schiff mit Segeln aus Brokat; die adretten Matrosen liefen zu den silbernen Masten und den seidenen Tauen und setzten schon bald die Segel in Richtung Hauptstadt.
Ach!, wie fröhlich sangen die Matrosen, als sie über das spiegelglatte Meer dahinflogen!
Schließlich war der Hafen erreicht.
Der Kapitän ging vor Anker und lief zum Palast, wo er den bösen, alten Mann schlafend vorfand. Die Prinzessin gab ihrem Mann eine lange Umarmung. Der Zauberer versuchte zu fliehen, wurde aber ergriffen und mit starken Stricken gefesselt.
Am nächsten Tag wurde der Zauberer, der an den Schwanz eines mit Nüssen beladenen, wilden Maultiers gebunden worden war, in so viele Stücke zerrissen, wie Nüsse auf dem Rücken des Maultiers lagen.
Aus: Traditions Populaires de l'Asie Mineure. Carnoy et Nicolaides. Paris, Maisonneuve, 1889.
Es war einmal ein König, der in eine Prinzessin verliebt war, die aber niemanden heiraten konnte, weil sie verzaubert war. Also machte sich der König auf die Suche nach einer Fee und fragte, was er tun könne, um die Liebe der Prinzessin zu gewinnen. Die Fee sagte zu ihm:
"Du weißt, dass die Prinzessin eine große Katze hat, die sie sehr liebt. Wer klug genug ist, dieser Katze auf den Schwanz zu treten, ist der Mann, den sie heiraten wird."
Der König war der Meinung, dass dies nicht sehr schwierig sein dürfte, und verließ die Fee, entschlossen, den Schwanz der Katze eher zu Pulver zu zermahlen, anstatt überhaupt nicht darauf zu treten.
Du kannst dir vorstellen, dass es nicht lange dauerte, bis er die Prinzessin besuchte, und der Kater wie üblich vor ihm einmarschierte und vor der Prinzessin einen Katzenbuckel zum Besten gab. Der König machte einen langen Schritt und dachte, er hätte den Schwanz schon unter seinem Fuß, aber der Kater drehte sich so schnell um, dass er nur auf Luft trat. Und so ging es acht Tage lang weiter, bis der König auf den Gedanken kam, dass dieser lästige Schwanz voller Quecksilber sein müsse – er stand nie auch nur für einen Moment still.
Schließlich hatte er jedoch das Glück, auf das Kätzchen zu treffen, als es selig schlief und den Schwanz lang ausgestreckt hatte. Ohne Zeit zu verlieren trat der König mit aller Kraft darauf.
Mit einem fürchterlichen Schrei sprang der Kater auf und verwandelte sich in einen großen Mann, der seine wütenden Augen auf den König richtete und sagte:
"Du darfst die Prinzessin heiraten, weil du den Zauber brechen konntest, aber ich werde mich rächen. Du wirst einen Sohn haben, der niemals glücklich sein wird, bis er herausfindet, dass seine Nase zu lang ist; und wenn du jemals jemandem erzählst, was ich dir gerade gesagt habe, wirst du auf der Stelle verschwinden, und niemand wird dich jemals wieder sehen oder von dir hören.
Obwohl der König schreckliche Angst vor dem Zauberer hatte, musste er über diese Drohung lachen.
"Wenn mein Sohn so eine lange Nase hat", sagte er sich, "dann muss er sie immer sehen oder fühlen, zumindest wenn er nicht blind ist oder keine Hände hat.
Doch als der Zauberer verschwunden war, verlor er keine Zeit mehr mit Nachdenken, sondern suchte die Prinzessin, die sehr bald einwilligte, ihn zu heiraten. Aber sie waren noch nicht sehr lange verheiratet, als der König starb, und die Königin nichts mehr hatte, worum sie sich kümmern konnte, außer ihrem kleinen Sohn, der Hyazinth genannt wurde. Der kleine Prinz hatte große blaue Augen, die schönsten Augen der Welt, und einen süßen kleinen Mund; aber leider war seine Nase so riesig, dass sie sein halbes Gesicht bedeckte. Die Königin war untröstlich, als sie diese große Nase sah, aber ihre Hofdamen versicherten ihr, dass sie eigentlich gar nicht so groß war, wie sie aussah; dass sie eine römische Nase war, und man nur irgendeine Geschichte zu öffnen brauchte, um herauszufinden, dass jeder Held eine große Nase hat. Die Königin, die ihr Baby über alles liebte, gab sich damit zufrieden, und als sie Hyazinth erneut ansah, erschien ihr seine Nase wirklich nicht mehr ganz so groß.
Der Prinz wurde mit großer Sorgfalt aufgezogen, und sobald er sprechen konnte, erzählte man ihm alle möglichen schrecklichen Geschichten über Menschen mit kleinen Nasen. Niemand durfte sich ihm nähern, dessen Nase nicht mehr oder weniger seiner eigenen ähnelte, und die Höflinge, die die Gunst der Königin erlangen wollten, zogen mehrmals täglich an den Nasen ihrer Babys, um diese lang wachsen zu lassen. Aber egal, wie viel alle taten, keine Nase war wie die Nase des Prinzen.
Als er älter wurde, lernte er Geschichte; und wann immer von einem großen Prinzen oder einer schönen Prinzessin die Rede war, achteten seine Lehrer darauf, ihm zu erzählen, dass diese lange Nasen gehabt hatten.
In seinem Zimmer hingen Bilder von Menschen mit sehr großen Nasen; und der Prinz wuchs so sehr in der Überzeugung auf, dass eine lange Nase eine große Schönheit war, dass er seine eigene auf keinen Fall auch nur einen Zentimeter kürzer gehabt hätte!
Als sein zwanzigster Geburtstag vorbei war, dachte die Königin, es sei Zeit für ihn zu heiraten, und befahl, dass ihm die Bilder mehrerer Prinzessinnen gebracht werden sollten – und unter denen war ein Bild der lieben kleinen Prinzessin!
Nun war sie die Tochter eines großen Königs und würde eines Tages selbst mehrere Königreiche besitzen; aber Prinz Hyazinth verschwendete keinen Gedanken an so etwas, zu sehr war er von ihrer Schönheit beeindruckt. Die Prinzessin, die er für ganz entzückend hielt, hatte jedoch eine kleine, kecke Nase, die in ihrem Gesicht das Hübscheste war, was man sich vorstellen kann; aber das brachte die Höflinge in große Verlegenheit, denn diese hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, über kleine Nasen zu lachen, und bevor sie Zeit zum Nachdenken hatten, lachten sie manchmal auch über ihre Nase. Aber das gefiel dem Prinzen, der dies gar nicht witzig fand, überhaupt nicht, und er verbannte zwei seiner Höflinge, die es gewagt hatten, respektlos über die kleine Nase der lieben, kleinen Prinzessin zu reden!
Den anderen war das eine Warnung und sie dachten in Zukunft zweimal nach, bevor sie sprachen, einer ging sogar so weit, dem Fürsten zu sagen, obwohl es nach wie vor richtig sei, dass kein Mann etwas wert sein könne, wenn er nicht eine lange Nase habe, die Schönheit einer Frau doch etwas anderes sei; und dass er einen gelehrten Mann kenne, der Griechisch verstand und in einigen alten Manuskripten gelesen hatte, dass die schöne Kleopatra selbst eine "spitze" Nase gehabt habe!
Der Fürst machte ihm als Belohnung für diese gute Nachricht ein prächtiges Geschenk und schickte sofort Botschafter, um die liebe, kleine Prinzessin zu fragen, ob sie ihn heiraten wolle. Der König, ihr Vater, willigte ein, und Prinz Hyazinth, der vor lauter Begierde, die Prinzessin zu sehen, drei Meilen weit gegangen war, küsste gerade ihre Hand, als zum Entsetzen aller Anwesenden der Zauberer so plötzlich wie ein Blitz auftauchte und die liebe, kleine Prinzessin vor ihren Augen entführte!
Der Prinz war ziemlich untröstlich und erklärte, dass ihn nichts dazu bewegen könnte, in sein Königreich zurückzukehren, solange er sie nicht wiedergefunden hatte, und da er keinem seiner Höflinge erlaubte, ihm zu folgen, stieg er auf sein Pferd, ritt traurig davon und ließ das Tier seinen Weg wählen.
So geschah es, dass er bald darauf zu einer großen Ebene kam, über die er den ganzen Tag ritt, ohne ein einziges Haus zu sehen; und Pferd und Reiter waren schrecklich hungrig, als der Prinz bei Einbruch der Nacht ein Licht erblickte, das aus einer Höhle zu leuchten schien.
Er ritt dorthin und sah eine kleine alte Frau, die mindestens hundert Jahre alt zu sein schien.
Sie setzte ihre Brille auf, um Prinz Hyazinth besser zu sehen, aber es dauerte ziemlich lange, bis diese fest saß, da ihre Nase so kurz war.
Kaum hatten sich der Prinz und die Fee (denn das war sie) angesehen, da lachten sie sich schon gegenseitig aus und riefen gleichzeitig: "Oh, was für eine komische Nase!
"Nicht so lustig wie Eure eigene", sagte Prinz Hyazinth zur Fee, "aber, gnädige Frau, ich bitte Euch, den Vergleich unserer Nasen – egal, wie sie sein mögen – zu beenden und mir etwas zu essen zu geben, denn ich bin am Verhungern, und mein armes Pferd auch.
"Von ganzem Herzen", sagte die Fee. "Auch wenn Eure Nase lächerlich ist, seid Ihr doch der Sohn meines besten Freundes. Ich habe Euren Vater geliebt, als wäre er mein Bruder gewesen. Und er hatte eine wirklich schöne Nase!"
"Und was fehlt meiner?", fragte der Prinz.
"Oh! Es fehlt ihr nichts", antwortete die Fee. "Ganz im Gegenteil, sie hat zu viel. Aber egal, man kann auch mit einer zu langen Nase ein ehrenwerter Mann sein. Ich habe Euch erzählt, dass ich eine Freundin Eures Vaters war; er hat mich früher oft besucht, und Ihr müsst wissen, dass ich damals sehr hübsch war; zumindest hat er das immer behauptet. Ich möchte Euch von einem Gespräch erzählen, das wir führten, als ich ihn das letzte Mal sah."
"Natürlich", sagte der Prinz, "wenn ich zu Abend gegessen habe, wird es mir die größte Freude bereiten, Euch zuzuhören; aber bedenkt, gnädige Frau, dass ich heute noch nichts gegessen habe."
"Der arme Junge hat recht", sagte die Fee, "das habe ich ganz vergessen. Kommt herein, ich gebe Euch etwas zu essen, und während Ihr esst, kann ich Euch kurz meine Geschichte erzählen – ich mag selbst keine endlosen Erzählungen. Eine zu lange Zunge ist schlimmer als eine zu lange Nase, und ich erinnere mich, dass ich in meiner Jugend immer bewundert wurde, weil ich keine große Schwätzerin war. Das hat man zumindest der Königin, meiner Mutter, immer so gesagt. Denn obwohl Ihr ja seht, was ich jetzt bin, bin ich doch die Tochter eines großen Königs. Mein Vater – "
"Euer Vater, so wage ich zu behaupten, hat etwas zu essen bekommen, als er hungrig war", unterbrach sie der Prinz.
"Oh!, sicher", antwortete die Fee, "und auch Ihr werdet sofort etwas zu essen bekommen. Ich wollte Euch nur erzählen – "
"Aber ich kann Euch wirklich nicht zuhören, bevor ich nicht etwas gegessen habe", rief der Prinz, der nun ziemlich wütend wurde; aber dann erinnerte er sich daran, dass er lieber höflich bleiben sollte, da er ja dringend die Hilfe der Fee brauchte. Also fügte er hinzu:
"Ich denke zwar, dass ich bei dem Vergnügen, Euch zuhören zu dürfen, meinen eigenen Hunger vergessen könnte; aber mein Pferd, das Euch nicht hören kann, muss wirklich gefüttert werden!"
Die Fee fühlte sich durch dieses Kompliment sehr geschmeichelt und rief ihre Diener zu sich:
"Ihr sollt keine Minute länger warten; Ihr seid so höflich, und trotz der enormen Größe Eurer Nase auch wirklich sehr liebenswürdig."
"Die Pest soll die alte Dame holen! Wie sie über meine Nase redet", sagte sich der Fürst im Stillen. "Man könnte fast meinen, dass meine die ganze Länge abbekommen hat, die ihrer fehlt! Wenn ich nicht so hungrig wäre, wäre ich bald fertig mit dieser Plappertasche, die von sich behauptet, dass sie so wenig redet! Wie dumm sind doch die Menschen, ihre eigenen Fehler nicht zu sehen! Das kommt davon, wenn man eine Prinzessin ist: Sie wurde von Schmeichlern verhätschelt, die sie in dem Glauben ließen, sie würde nicht zu viel reden!"
Währenddessen stellten die Diener das Essen auf den Tisch, und der Prinz amüsierte sich sehr, als er hörte, wie die Fee ihnen tausend Fragen stellte, nur um sich selbst sprechen zu hören; besonders fiel ihm eine Magd auf, die ständig die Weisheit ihrer Herrin zu loben wusste, ganz egal, was diese gerade gesagt hatte.
Als er sein Abendessen aß, dachte er: "Nun, ich bin wirklich froh, dass ich hierhergekommen bin. Das zeigt mir nur, wie vernünftig es gewesen ist, dass ich nie auf Schmeichler gehört habe. Solche Leute lügen uns ohne Scham ihre Lobpreisungen ins Gesicht und, übersehen unsere Fehler oder verwandeln diese in Tugenden. Ich für meinen Teil werde mich nie von ihnen überrumpeln lassen. Ich hoffe, dass ich meine Fehler kenne."
Armer Prinz Hyazinth! Er glaubte wirklich, was er da sagte, und hatte keine Ahnung, dass die Leute, die stets seine Nase gepriesen hatten, sich genauso über ihn lustig gemacht hatten wie die Zofe über die Fee; denn der Prinz hatte gesehen, wie sie verschlagen gelacht hatte, als die Fee gerade nicht hinschaute.
Er sagte jedoch nichts, und als sein Hunger gestillt war, sagte die Fee:
"Mein lieber Prinz, dürfte ich Euch bitten, ein wenig mehr in diese Richtung zu rutschen, denn Eure Nase wirft einen solchen Schatten, dass ich überhaupt nicht sehen kann, was ich auf meinem Teller habe. Ah! Danke. Jetzt wollen wir über Euren Vater sprechen. Als ich an seinen Hof ging, war er noch ein kleiner Junge; aber das ist vierzig Jahre her, und seitdem lebe ich an diesem trostlosen Ort. Erzählt mir, wie es in diesen Tagen dort zugeht: Sind die Damen so fröhlich wie eh und je? Zu meiner Zeit sah man sie jeden Tag bei Partys, Theaterstücken, Bällen und Spaziergängen. Meine Güte, was für eine lange Nase Ihr habt! Ich kann mich daran einfach nicht gewöhnen!"
"Wirklich, gnädige Frau", sagte der Prinz, "ich wünschte, Ihr würdet es unterlassen, ständig meine Nase zu erwähnen. Es geht Euch überhaupt nichts an, wie sie aussieht. Ich bin ganz zufrieden mit ihr und möchte sie nicht kürzer haben. Man muss nehmen, was einem gegeben wird."
"Jetzt seid Ihr mir böse, mein armer Hyazinth", sagte die Fee, "aber ich versichere Euch, dass ich Euch nicht ärgern wollte; im Gegenteil, ich wollte Euch einen Dienst erweisen. Aber obwohl ich es nicht ändern kann, dass Eure Nase ein echter Schock für mich ist, werde ich versuchen, nichts mehr darüber zu sagen. Ich werde sogar versuchen mir einzubilden, dass Ihr eine ganz gewöhnliche Nase habt. Um die Wahrheit zu sagen, man könnte drei daraus machen."
Der Prinz, der nun nicht mehr hungrig war, war so wütend über die ständigen Anspielungen der Fee, dass er sich schließlich auf sein Pferd stürzte und hastig davon ritt. Aber wo immer er auf seinen Reisen auch hinkam, hielt er die Leute für verrückt, denn sie sprachen alle von seiner Nase – und doch konnte er sich nicht dazu überwinden zuzugeben, dass sie zu lang war; immerhin hatte man ihm sein ganzes Leben lang gesagt, dass sie schön sei.
Die alte Fee, die ihn glücklich sehen wollte, ersann schließlich einen Plan. Sie schloss die liebe, kleine Prinzessin in einen Kristallpalast ein und stellte diesen dort auf, wo der Prinz ihn finden musste. Seine Freude darüber, die Prinzessin wiederzusehen, war riesig, und er versuchte mit aller Kraft, ihr Gefängnis zu durchbrechen; aber trotz aller Bemühungen scheiterte er auf ganzer Linie. In seiner Verzweiflung wollte er zumindest versuchen, nahe genug heranzukommen, um mit der lieben, kleinen Prinzessin zu sprechen, die ihrerseits ihre Hand ausstreckte, damit er sie küssen konnte; aber in welche Richtung er diese auch drehte, er konnte sie nie zu seinen Lippen erheben, weil seine lange Nase das immer verhinderte. Zum ersten Mal erkannte er, wie lang diese wirklich war, und rief:
"Nun, ich muss zugeben, dass meine Nase wirklich zu lang ist!"
In diesem Augenblick platzte das Kristallgefängnis in tausend Splitter, und die alte Fee, die die liebe, kleine Prinzessin an der Hand nahm, sagte zum Prinzen:
"Nun, wenn Ihr jetzt nicht in meiner Schuld steht. Es war sehr gut, dass ich mit Euch über Eure Nase gesprochen habe! Ihr hättet nie erfahren, wie außergewöhnlich sie ist, wenn sie Euch nicht daran gehindert hätte, das zu tun, was Ihr wolltet. Ihr seht, wie sehr uns die Selbstverliebtheit davon abhält, unsere eigenen geistigen und körperlichen Mängel zu erkennen. Unsere Vernunft versucht vergeblich, sie uns zu zeigen, weil wir uns weigern, sie zu sehen, bis wir sie in unserem eigenen Interesse finden."
Prinz Hyazinth, dessen Nase nun genauso groß wie die eines jeden anderen Mannes war, nahm sich die Lektion, die er erhalten hatte, sehr zu Herzen. Er heiratete die liebe, kleine Prinzessin, und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
Aus: Le Prince Desir et la Princesse Mignonne. Par Madame Leprince de Beaumont.
Es war einmal ein armer Mann, der viele Kinder und diesen wenig zu geben hatte – weder Nahrung noch Kleidung. Alle waren hübsch, aber die hübscheste von allen war die jüngste Tochter, deren Schönheit keine Grenzen hatte.
Einmal, an einem späten Donnerstagabend im Herbst, tobte draußen das Wetter. Es war fürchterlich dunkel, und es regnete so heftig und blies so stark, dass die Wände der Hütte wackelten. Alle saßen am Kamin und jeder war mit irgendetwas beschäftigt, als plötzlich jemand dreimal gegen die Fensterscheibe klopfte. Der Mann stand auf, um nachzusehen, was dort draußen los war, und als er hinausging, stand da ein großer weißer Bär.
"Ich wünsche dir einen guten Abend", sagte der weiße Bär.
"Guten Abend", sagte der Mann.
"Willst du mir deine jüngste Tochter schenken?", fragte der weiße Bär. "Wenn du einwilligst, wirst du so reich sein, wie du jetzt arm bist."
Der Mann hätte natürlich nichts dagegen gehabt, reich zu sein, aber er dachte sich: "Da muss ich erst meine Tochter fragen." Also ging er hinein und sagte seiner Familie, dass draußen ein großer, weißer Bär stand, der getreulich versprochen hatte, sie alle reich zu machen, wenn er nur die jüngste Tochter haben dürfe.
Aber diese sagte 'nein' und wollte nichts davon hören; also ging der Mann wieder hinaus und vereinbarte mit dem weißen Bären, dass dieser nächsten Donnerstagabend wiederkommen sollte, um seine Antwort zu erhalten. Dann überredete der Mann seine Tochter und erzählte ihr so viel über den Reichtum, den sie haben würden, und darüber, wie gut es ihr tun würde, dass sie sich schließlich entschloss, zu gehen; sie wusch und flickte alle ihre Lumpen, machte sich so hübsch wie möglich und hielt sich bereit, aufzubrechen. Sie hatte sowieso fast nichts, was sie mitnehmen konnte.
Am nächsten Donnerstagabend kam der weiße Bär, um sie abzuholen. Sie setzte sich mit ihrem Bündel auf seinen Rücken, dann machten sie sich auf den Weg. Als sie einen großen Teil des Weges zurückgelegt hatten, fragte der weiße Bär: "Hast du Angst?"
"Nein, habe ich nicht", sagte sie.
"Halte dich an meinem Fell fest, dann besteht keine Gefahr", sagte er.
Und so ritten sie weit, weit weg, bis sie zu einem großen Berg kamen. Dort klopfte der weiße Bär an, eine Tür öffnete sich, und sie gingen in ein Schloss, in dem es viele hell beleuchtete Räume gab, die vor Gold und Silber nur so glänzten; ebenso gab es einen großen Saal, in dem ein gut gedeckter Tisch stand; alles war so prächtig, dass es wirklich schwer ist, jemandem verständlich zu machen, wie toll es dort war. Der weiße Bär gab ihr eine silberne Glocke und sagte, dass sie nur damit läuten müsse, wenn sie etwas brauche, und dann würde das erscheinen, was sie sich wünschte. Nachdem sie also gegessen hatte und die Nacht nahte, wurde sie nach der langen Reise schläfrig und dachte, sie würde am liebsten ins Bett gehen. Sie läutete die Glocke, und kaum hatte sie diese berührt, fand sie sich in einer Kammer wieder, in der ein Bett für sie bereitstand, das so hübsch war, wie man es sich nur wünschen konnte. Es hatte Kissen aus Seide und auch die Vorhänge waren aus Seide und besetzt mit goldenen Fransen. Alles in dem Zimmer war aus Gold oder Silber, aber als sie sich hingelegt und das Licht gelöscht hatte, kam ein Mann und legte sich neben sie; und siehe, es war der weiße Bär, der in der Nacht die Gestalt eines Tieres ablegte. Sie sah ihn jedoch nie, denn er kam immer, nachdem sie das Licht gelöscht hatte, und ging weg, bevor das Tageslicht erschien.
Eine Zeitlang ging alles gut und sie war glücklich, aber dann begann sie immer trauriger zu werden, denn sie war den ganzen Tag allein; und sie wünschte sich so sehr, nach Hause zu ihrem Vater und ihrer Mutter und ihren Brüdern und Schwestern zurückzukehren. Dann fragte der weiße Bär, was sie sich wünschte, und sie sagte ihm, dass es dort in den Bergen so langweilig sei und sie immer ganz allein war, und dass in ihrem Elternhaus zu Hause alle ihre Brüder und Schwestern seien, und dass sie so traurig sei, weil sie nicht zu ihnen gehen könne.
"Dafür könnte es ein Mittelchen geben", sagte der weiße Bär, "wenn du mir nur versprechen würdest, nie allein mit deiner Mutter zu sprechen, sondern immer nur dann, wenn die anderen auch dabei sind; denn sie wird deine Hand ergreifen", sagte er, "und dich in einen Raum führen wollen, um mit dir allein zu sprechen; aber das darfst du auf keinen Fall tun, sonst bringst du großes Elend über uns beide."
Eines Sonntags kam der Weiße Bär und sagte, dass sie nun zu ihrem Vater und ihrer Mutter aufbrechen könnten; und sie reisten dorthin, sie auf seinem Rücken, und gingen einen langen, langen Weg, und es dauerte eine lange, lange Zeit; aber schließlich kamen sie zu einem großen, weißen Bauernhaus, und ihre Brüder und Schwestern liefen draußen herum und spielten, und es war eine echte Freude, alles mitanzusehen.
"Deine Eltern wohnen jetzt hier", sagte der weiße Bär, "aber vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, sonst fügst du dir und mir großen Schaden zu."
"Nein, natürlich nicht", sagte sie, "ich werde es nie vergessen." Und sobald sie zu Hause war, drehte sich der weiße Bär um und ging wieder zurück.
Als ihre Eltern sie sahen, gab es so viel Jubel, dass es schien, als würden dieser nie enden wollen. Alle dachten, dass sie ihr nie dankbar genug sein könnten für alles, was sie für sie getan hatte. Nun hatte die Familie alles, was sie wollte, und alles nur vom Allerfeinsten. Alle fragten das Mädchen, wie es ihr dort, wo sie jetzt lebte, ergangen war. Ihr ginge es sehr gut, antwortete sie, und dass sie alles hatte, was sie sich wünschen konnte. Welche Antworten sie sonst noch gab, kann ich nicht sagen, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie nicht viel von ihr erfahren haben. Aber am Nachmittag, nachdem sie zu Mittag gegessen hatten, passierte das, was der weiße Bär vorhergesagt hatte. Ihre Mutter wollte mit ihr allein in ihrer Kammer sprechen. Aber das Mädchen erinnerte sich an das, was der weiße Bär gesagt hatte, und wollte auf keinen Fall mit ihr gehen. "Was wir zu sagen haben, kann jeder hören", antwortete sie. Aber irgendwie überredete ihre Mutter sie dann doch dazu, und sie musste die ganze Geschichte erzählen. Sie berichtete, wie jeden Abend ein Mann kam und sich neben sie legte, wenn die Lichter gelöscht waren, und dass sie ihn nie sah, weil er immer wegging, bevor es morgens hell wurde, und wie sie immer trauriger wurde und darüber nachdachte, wie glücklich sie wohl wäre, wenn sie ihn nur sehen könnte, und wie sie den ganzen Tag allein sein musste und alles so langweilig und einsam war. "Oh!", rief die Mutter entsetzt, "du schläfst sehr wahrscheinlich mit einem Troll! Aber ich werde dir einen Weg verraten, wie du ihn sehen kannst. Du musst eine meiner Kerzen mitnehmen, versteckt an deinem Busen. Damit kannst du ihn dir ansehen, wenn er schläft, aber pass auf, dass kein Wachs auf ihn fällt".
Also nahm sie die Kerze, versteckte sie an ihrem Busen, und als es Abend wurde, kam der weiße Bär vorbei und nahm sie wieder mit. Als sie eine Weile unterwegs gewesen waren, fragte sie der weiße Bär, ob nicht alles genau so passiert sei, wie er es vorhergesagt hatte, und sie kam nicht umhin zuzugeben, dass es so war. "Wenn du das getan hast, was deine Mutter von dir wollte", sagte er, "hast du großes Elend über uns beide gebracht". "Nein", sagte sie, "ich habe überhaupt nichts getan." Als sie zu Hause angekommen und zu Bett gegangen war, war alles genauso wie immer. Ein Mann kam und legte sich neben sie, und spät in der Nacht, als sie hören konnte, dass er schlief, stand sie auf, holte ein Streichholz und zündete ihre Kerze an. Dann ließ sie ihr Licht auf ihn scheinen und sah, dass er der schönste Prinz war, den man je gesehen hatte, und sie liebte ihn so sehr, dass sie das Gefühl hatte sterben zu müssen, wenn sie ihn nicht sofort küsste. Also küsste sie ihn; aber während ihres Kusses ließ sie drei Tropfen heißes Wachs auf sein Nachthemd fallen, und er erwachte. "Was hast du nur getan", sagte er. "Du hast Elend über uns beide gebracht. Hättest du nur ein Jahr durchgehalten, wäre ich frei gewesen. Ich habe eine Stiefmutter, die mich verzaubert hat, so dass ich tagsüber ein weißer Bär und nachts ein Mann bin; aber jetzt ist alles aus zwischen dir und mir, und ich muss dich verlassen und zu ihr zurückkehren. Sie lebt in einem Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt, und dort lebt auch eine Prinzessin mit einer drei Ellen langen Nase, die ich nun heiraten muss."
Sie weinte und lamentierte, aber es war alles umsonst, denn der Prinz musste gehen. Sie fragte ihn, ob sie nicht mit ihm gehen dürfe. Aber nein, das durfte sie nicht. "Kannst du mir dann den Weg verraten, damit ich dich suchen kann – das darf ich doch wohl tun!"
"Ja, das darfst du", antwortete er, "aber es gibt keinen Weg dorthin. Der Ort liegt östlich der Sonne und westlich des Mondes, und niemals würdest du dorthin finden."
Als sie am Morgen aufwachte, waren sowohl der Prinz als auch das Schloss weg, und sie lag auf einer kleinen, grünen Lichtung inmitten eines dunklen, dichten Waldes. An ihrer Seite lag das gleiche Bündel Lumpen, das sie aus ihrem Elternhaus mitgebracht hatte. Als sie sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatte und weinte, bis sie erschöpft war, machte sie sich auf den Weg, und ging viele Tage lang, bis sie endlich zu einem großen Berg kam. Davor saß eine alte Frau und spielte mit einem goldenen Apfel. Das Mädchen fragte sie, ob sie den Weg zu dem Prinzen kenne, der mit seiner Stiefmutter in dem Schloss lebte, das östlich der Sonne und westlich des Mondes stand, und der eine Prinzessin mit einer drei Ellen langen Nase heiraten sollte. "Woher weißt du denn von ihm?", fragte die alte Frau, "bist du vielleicht diejenige, die ihn hätte bekommen sollen?" "Ja, tatsächlich, das bin ich", sagte das Mädchen. "Dann bist du das also wirklich?", erwiderte die alte Frau; "ich weiß nichts über ihn, außer dass er in einem Schloss lebt, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt. Du wirst lange brauchen, um dorthin zu gelangen, falls es dir überhaupt jemals gelingen sollte; aber ich werde dir mein Pferd leihen, und dann kannst du darauf zu einer alten Frau reiten, die eine Nachbarin von mir ist. Vielleicht kann sie dir mehr über ihn erzählen. Wenn du dort angekommen bist, musst du nur das Pferd unter dem linken Ohr kneifen und es wieder nach Hause schicken; aber du darfst den goldenen Apfel mitnehmen."
Also setzte sich das Mädchen auf das Pferd und ritt eine lange, lange Zeit, bis sie schließlich zu dem Berg kam, vor dem eine alte Frau mit einem goldenen Kardierkamm saß. Das Mädchen fragte sie, ob sie den Weg zum Schloss kenne, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag; aber sie sagte genau das, was auch die erste alte Frau gesagt hatte: "Ich weiß nichts darüber, außer dass er in einem Schloss lebt, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt. Du wirst lange brauchen, um dorthin zu gelangen, falls es dir überhaupt jemals gelingen sollte; aber ich werde dir mein Pferd leihen, und dann kannst du darauf zu einer alten Frau reiten, die eine Nachbarin von mir ist. Vielleicht kann sie dir mehr über ihn erzählen. Wenn du dort angekommen bist, musst du nur das Pferd unter dem linken Ohr kneifen und es wieder nach Hause schicken." Dann gab sie ihr noch den goldenen Kardierkamm, denn er könnte ihr vielleicht von Nutzen sein, meinte sie.
Also setzte sich das Mädchen auf das Pferd und ritt wieder eine lange, lange Zeit weiter, und kam schließlich zu einem großen Berg, vor dem eine alte Frau saß, die an einem goldenen Spinnrad drehte. Auch bei dieser Frau erkundigte sie sich, ob sie den Weg zum Fürsten kenne, und wo das Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag, zu finden sei. Aber es war auch dieses Mal dasselbe. "Vielleicht hättest du den Prinzen bekommen sollen", sagte die alte Frau. "Ja, tatsächlich, ich hätte ihn bekommen sollen", sagte das Mädchen. Aber auch dieses alte Weib kannte den Weg nicht besser als die anderen beiden – es lag östlich der Sonne und westlich des Mondes, das wusste sie, "und es wird lange dauern, bis du dort ankommen wirst, falls es dir überhaupt gelingen sollte." Dann sagte sie auch noch: "Aber ich leihe dir mein Pferd, und ich denke, du solltest lieber zum Ostwind reiten und ihn fragen. Vielleicht weiß er, wo das Schloss liegt, und wird dich dorthin blasen. Wenn du dort angekommen bist, musst du nur das Pferd unter dem linken Ohr kneifen, und es wird wieder nach Hause kommen." Dann gab sie ihr noch das goldene Spinnrad und sagte: "Vielleicht findest du ja Verwendung dafür."
Das Mädchen musste viele Tage reiten, bevor sie dort ankam; aber irgendwann war sie dort, und dann fragte sie den Ostwind, ob er ihr den Weg zu dem Prinzen sagen könne, der östlich der Sonne und westlich des Mondes wohnte. "Nun", sagte der Ostwind, "ich habe von dem Prinzen und seinem Schloss gehört, aber ich kenne den Weg dorthin nicht, denn ich bin noch nie soweit geweht; aber wenn du möchtest, begleite ich dich zu meinem Bruder, dem Westwind; er könnte das wissen, denn er ist viel stärker als ich. Du darfst dich auf meinen Rücken setzen, und dann werde ich dich dorthin tragen." Also setzte sie sich auf seinen Rücken, und ab ging die wilde Reise! Als sie an ihrem Ziel ankamen, ging der Ostwind hinein und erklärte seinem Bruder, dass das Mädchen, das er mitgebracht hatte, diejenige war, die den Prinzen im Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag, hätte bekommen sollen, und dass sie nun unterwegs war, um ihn wieder zu finden; und, dass er sie zu ihm gebracht hatte, um zu hören, ob der Westwind weiß, wo sich das Schloss befand. "Nein", sagte der Westwind zu dem Mädchen, "soweit bin ich noch nie geweht; aber wenn du möchtest, bringe ich dich zum Südwind, denn er ist viel stärker als ich, und er ist weit und breit herumgekommen und kann dir vielleicht sagen, was du wissen möchtest. Setz dich auf meinen Rücken, dann werde ich dich zu ihm tragen."
Das tat sie auch und flog zum Südwind, was nicht sehr lange dauerte. Als sie dort angekommen waren, fragte ihn der Westwind, ob er dem Mädchen den Weg zu dem Schloss sagen könne, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag, da sie das Mädchen war, das den Prinzen bekommen sollte, der dort lebte. "Oh, wirklich?", sagte der Südwind, "ist sie das? Nun", fuhr er fort, "ich bin schon viel herumgekommen und war an allen möglichen Orten, aber soweit bin ich noch nie geweht. Wenn du aber möchtest, begleite ich dich zu meinem Bruder, dem Nordwind; er ist der älteste und stärkste von uns allen, und wenn er nicht weiß, wo das Schloss ist, wird es dir niemand auf der ganzen Welt sagen können. Du darfst dich gerne auf meinen Rücken setzen, und dann werde ich dich dorthin tragen." Da setzte sich das Mädchen auf seinen Rücken, und er verließ sein Haus in großer Eile. Auch dieses Mal waren sie nicht lange unterwegs. Als sie sich der Behausung des Nordwindes näherten, blies dieser so wild und heftig, dass sie schon lange vor ihrer Ankunft kalte Böen spürten. "Was wollt ihr?", brüllte er aus der Ferne, und sie erstarrten beim Klang seiner Stimme. Der Südwind sagte: "Ich bin es, und sie ist diejenige, die den Prinzen hätte bekommen sollen, der in dem Schloss wohnt, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt. Und nun möchte sie dich fragen, ob du jemals dort gewesen bist und ihr den Weg weisen kannst, denn sie würde ihn gerne wiederfinden."
"Ja", sagte der Nordwind, "ich weiß, wo er ist. Ich habe dort einmal Espenblätter wehen lassen, aber ich war danach so müde, dass ich viele Tage lang überhaupt nicht mehr blasen konnte. Wenn du aber wirklich dorthin gehen willst, und keine Angst vor mir hast, werde ich dich auf den Rücken nehmen und sehen, ob ich dich dorthin blasen kann.
"Ich muss dorthin", sagte sie, "und wenn es einen Weg gibt, werde ich ihn gehen; ich habe keine Angst, egal wie heftig du wehen wirst."
"Nun gut", sagte der Nordwind, "aber du musst heute Nacht hier schlafen, denn wenn wir jemals überhaupt dort ankommen wollen, müssen wir den Tag vor uns haben."
Der Nordwind weckte sie am nächsten Morgen, blies sich auf und machte sich so groß und stark, dass es schrecklich war, ihm dabei zuzusehen. Dann flogen sie los, hoch oben durch die Luft, als wollten sie erst anhalten, wenn sie das Ende der Welt erreicht hatten. Und was für ein Sturm unter ihnen war! Er riss Wälder und Häuser nieder, und als sie über dem Meer waren, wurden Schiffe zu Hunderten zerstört. Und so reisten sie weiter und weiter, und es verging viel Zeit, und dann noch mehr Zeit, und immer noch waren sie über dem Meer, und der Nordwind wurde müde, und noch müder, und schließlich so sehr ermüdet, dass er kaum noch blasen konnte; er sank herunter, tiefer und immer tiefer, bis er schließlich so tief flog, dass die Wellen gegen die Fersen des armen Mädchens peitschten. "Hast du Angst?", fragte der Nordwind. "Ich habe keine Angst", sagte sie; und das war wahr. Aber sie waren nicht mehr sehr weit vom Land entfernt, und der Nordwind hatte gerade noch genug Kraft, um sie ans Ufer zu werfen, direkt unter die Fenster eines Schlosses, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag; aber dann war er so müde und erschöpft, dass er mehrere Tage ruhen musste, bevor er wieder in sein Haus zurückkehren konnte.
Am nächsten Morgen setzte sie sich unter die Schlossmauern und spielte mit dem goldenen Apfel. Die erste Person, die sie sah, war das Mädchen mit der langen Nase, das den Prinzen heiraten sollte. "Wie viel willst du für deinen goldenen Apfel, Mädchen?", sagte sie und öffnete das Fenster. "Man kann ihn weder für Gold noch für Geld kaufen", antwortete das Mädchen. "Wenn man ihn weder für Gold noch für Geld kaufen kann, mit was kann man ihn dann kaufen? Du kannst alles dafür haben", sagte die Prinzessin.
"Nun, wenn ich zu dem Prinzen gehen und bis heute Abend bei ihm bleiben darf – dann kannst du ihn haben", sagte das Mädchen, das mit dem Nordwind gekommen war. "Abgemacht", sagte die Prinzessin, denn sie hatte eine Idee. Die Prinzessin bekam den goldenen Apfel, aber als das Mädchen in dieser Nacht in die Gemächer des Prinzen ging, schlief dieser, da die Prinzessin dies so eingefädelt hatte. Das arme Mädchen rief und schüttelte ihn, und immer wieder weinte sie; aber er wollte nicht aufwachen. Am Morgen, sobald der Tag angebrochen war, kam die Prinzessin mit der langen Nase zurück und warf das Mädchen wieder hinaus. Daraufhin setzte sie sich noch einmal unter die Fenster des Schlosses und begann mit ihrem goldenen Kamm herumzuspielen; und wieder geschah alles wie zuvor. Die Prinzessin fragte sie, was sie sich dafür wünschte, und das Mädchen antwortete, dass der Kamm nicht käuflich sei, weder für Gold noch für Geld, aber dass sie ihn haben könne, wenn sie die Erlaubnis bekäme, zum Prinzen zu gehen und über Nacht bei ihm bleiben zu dürfen. Aber als sie zum Zimmer des Fürsten hinaufging, schlief dieser erneut, und sie konnte ihn rufen und schütteln, wie sie wollte, er schlief immer weiter, und sie konnte ihn nicht aufwecken. Und als es morgens hell wurde, war auch die Prinzessin mit der langen Nase zurück und warf sie zum zweiten Mal hinaus. Später, als es taghell war, setzte sich das Mädchen zurück unter die Schlossfenster und drehte an ihrem goldenen Spinnrad, bis die Prinzessin mit der langen Nase auch das haben wollte. Sie öffnete das Fenster und fragte, was der Preis dafür wäre. Das Mädchen sagte, was sie bei jeder der früheren Gelegenheiten gesagt hatte – dass sie es weder für Gold noch für Geld verkaufen werde, aber wenn sie die Erlaubnis bekäme, eine Nacht bei dem Prinzen zu verbringen, könne die Prinzessin es haben.
"Gut", sagte die Prinzessin, "der Handel gilt."
Aber im Schloss lebten auch einige Christen, die verschleppt worden waren, und diese waren in der Kammer neben der des Fürsten gesessen und hatten gehört, wie eine Frau dort zwei Nächte hintereinander geweint und gerufen hatte; dies erzählten sie dem Prinzen. Als die Prinzessin an diesem Abend wieder mit ihrem Schlaftrunk kam, tat er so, als ob er ihn trinken würde; tatsächlich aber warf er ihn weg, weil er schon vermutete, was das für ein Getränk war. Als das Mädchen schließlich in das Zimmer des Prinzen kam, war er wach, und sie musste ihm sagen, wie sie hergekommen war. "Du kommst gerade rechtzeitig", sagte der Prinz, "denn ich hätte morgen heiraten sollen; aber ich will die langnasige Prinzessin gar nicht haben, und nur du kannst mich retten. Ich werde sagen, dass ich zuerst sehen will, was meine zukünftige Braut kann, und ihr sagen, dass sie das Hemd mit den drei Tropfen Wachs darauf waschen soll. Sie wird sich damit einverstanden erklären, denn sie weiß ja nicht, dass du es warst, der sie darauf fallen ließ; tatsächlich aber kann niemand sie auswaschen, außer jemand, der dem Christentum entstammt; niemand, der mit den Trollen unterwegs war, könnte das schaffen; und dann werde ich sagen, dass nur diejenige jemals meine Braut sein kann, die dies kann – und ich weiß, dass du es kannst". In dieser Nacht herrschte große Freude und Fröhlichkeit zwischen ihnen, aber am nächsten Tag, als die Hochzeit stattfinden sollte, sagte der Prinz: "Ich muss zuerst sehen, was meine Braut kann. "Das solltest du tun", sagte die Stiefmutter.
"Ich habe ein edles Hemd, das ich zur Hochzeit tragen möchte, aber es sind drei Tropfen Wachs darauf gekommen, die ich ausgewaschen haben möchte; und ich habe geschworen, niemanden zu heiraten außer der Frau, die dazu in der Lage ist. Wenn die Prinzessin das nicht kann, ist sie es nicht wert, dass ich sie heirate."
Nun, alle dachten, das sei eine Kleinigkeit, und stimmten zu. Die Prinzessin mit der langen Nase begann, das Hemd so gut wie möglich auszuwaschen, aber je mehr sie daran rieb, desto größer wurden die Flecken. "Ach! Du kannst ja gar nicht waschen", sagte die alte Trollhexe, die ihre Mutter war. "Gib es mir." Aber auch sie hatte das Hemd noch nicht lange in der Hand gehabt, bis es noch schlimmer aussah, und je mehr sie daran rieb, desto größer und schwärzer wurden die Flecken.
Dann mussten die anderen Trolle kommen und es waschen, aber je mehr sie es bearbeiteten, desto schwärzer und hässlicher wurde das Hemd – bis es schließlich so schwarz war, als ob es durch den Kamin gezogen worden wäre. "Oh", rief der Prinz, "ihr könnt ja alle überhaupt nichts! Vor dem Fenster sitzt ein Bettlermädchen, und ich bin mir sicher, dass sie besser waschen kann als jeder von euch! Komm rein, du Mädchen da!", rief er. Also kam sie herein. "Kannst du dieses Hemd sauber waschen?", rief er. "Oh! Ich weiß nicht", antwortete sie, "aber ich werde es gern versuchen." Und kaum hatte sie das Hemd genommen und ins Wasser getaucht, war es weiß wie frischer Schnee. "Dich werde ich heiraten", sagte der Prinz.
Da geriet die alte Trollhexe in eine solche Wut, dass sie platzte, und auch die Prinzessin mit der langen Nase und all die anderen kleinen Trolle müssen geplatzt sein, denn man hat nie wieder von ihnen gehört. Der Prinz und seine Braut befreiten alle gefangenen Christen, nahmen so viel Gold und Silber mit, wie sie tragen konnten, und verließen das Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag.
Aus: Asbjornsen und Moe.
Es war einmal eine Königin, die die Mutter vieler Kinder war, von denen nur noch eine Tochter übrig war. Doch die war mindestens eintausend Töchter wert.
Ihre Mutter, der seit dem Tod des Königs, ihres Vaters, nichts auf der Welt mehr bedeutete als diese kleine Prinzessin, hatte so furchtbare Angst, sie zu verlieren, dass sie sie ziemlich verwöhnte und nie versuchte, ihre Fehler auszumerzen. Die Folge war, dass diese kleine, äußerst hübsche Person, die eines Tages die Krone tragen sollte, so stolz und selbstverliebt aufwuchs, dass sie jedermann sonst auf der Welt verachtete.
Die Königin, ihre Mutter, trug durch ihre Liebkosungen und Schmeicheleien dazu bei, dass sie glaubte, es gäbe nichts, was zu gut für sie wäre. Sie war fast immer in die schönsten Gewänder gekleidet und ging als Feenkönigin auf die Jagd, gefolgt von den Hofdamen, die als Waldfeen verkleidet waren.
Und um sie noch eitler zu machen, ließ die Königin von den besten Malern ein Portrait von ihr anfertigen und schickte es an mehrere benachbarte Prinzen, mit deren Häusern sie befreundet war.
Als diese das Bildnis sahen, verliebten sie sich in die Prinzessin – jeder einzelne von ihnen, aber auf jeden hatte es eine andere Wirkung. Einer wurde krank, einer ein bisschen verrückt, und einige der glücklichsten Prinzen machten sich so schnell wie möglich auf den Weg, um sie zu treffen, wurden aber in dem Moment, in dem sie sie sahen, zu ihren Sklaven.
Es hat nie eine fröhlichere Hofhaltung gegeben. Zwanzig reizende Prinzen taten alles, um sich bei ihr einzuschmeicheln, und jedes Mal, wenn sie wieder viel Geld ausgegeben hatten, um sie zu unterhalten, schätzten sie sich schon glücklich, wenn die Prinzessin sagte: "Das war schön."
Die ganze Gefallsucht gefiel der Königin sehr. Es verging kein Tag, an dem sie nicht sieben- oder achttausend Sonette und ebenso viele Elegien, Madrigale und Lieder erhielt, die ihr von allen Dichtern der Welt geschickt wurden. Die ganze Prosa und Poesie, die zu dieser Zeit geschrieben wurde, handelte von Bellissima – so hieß die Prinzessin – und alle Freudenfeuer wurden mit diesen Versen angezündet, die besser knisterten und brannten als jede Art von Holz.