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Wussten Sie, dass Zebras sehr romantische Tiere sind? Oder dass Flamingos rosa tropfen können? Wissen Sie, wozu Krokodilstränen wirklich da sind und kennen Sie auch ein Chamäleon, das in einer tiefen Identitätskrise steckt? Oder haben Sie auch vielleicht einen selbstverliebten Goldfisch bei sich zu Hause...? Dann sind Sie hier goldrichtig! Das Buch der neuen Tiermärchen führt uns in 24 unterschiedlichen Geschichten durch eine bunte Welt von Tieren, die sich mal schüchtern, mal selbstbewusst, mal verletzlich, übermütig oder mutig, aber immer neugierig und abenteuerlustig mit den großen und kleinen Fragen dieser Welt beschäftigen. Spielerisch, mit mindestens zwei zwinkernden Augen aber ganz ohne erhobenen Zeigefinger erzählt der Autor von Toleranz, Kreativität, Optimismus, Teamwork, Liebe, Geduld, Vertrauen und Lernfähigkeit. Knapp 100 naturgetreue Illustrationen der jeweiligen Charaktere begleiten und veranschaulichen dabei die Geschichten, lassen jedoch auch immer noch ausreichend Raum für eigene Phantasien und Vorstellungskraft. Das Buch richtet sich an eine Leser- wie Hörerschaft im Alter von ungefähr 5 - 155 Jahren und ist nicht nur ein Lese- und Vorlesebuch, sondern regt auch zur weiterführenden Improvisation von selbst erfundenen und ausgedachten Geschichten an.
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Für Ámon
Für Francesca und Liliána
Für meine und eure Enkelkinder
Seit vielen Jahren erzähle ich nun bereits meinem Sohn an jedem Abend – direkt vor dem Schlafengehen – ein kurzes Tiermärchen. Die jeweilige Handlung entwickelt sich dabei immer spontan als Improvisation während des Erzählens an seinem Bett.
Das Märchen gehört bei uns mittlerweile zum festen Tagesabschluss und ich muss schon einen sehr guten Grund finden, dieses Ritual mal ausnahmsweise einen Abend ohne größere Zwischenfälle für mich und unseren Familiensegen auszusetzen.
Vor jeder Erzählung müssen wir uns jeweils immer kurz auf den tierischen Hauptdarsteller verständigen, welcher bislang noch nicht oder – in Ermangelung neuer Tiere – höchstens ein- bis zweimal vorgekommen ist und schon geht es los.
Meine anfängliche Angst, dass mir eines Tages einfach mal nichts zu einem Tier oder keine Geschichte einfällt, hat sich glücklicherweise bis zum heutigen Tag nicht bewahrheitet.
Natürlich sind die Märchen mal einfallsreicher, lustiger, spannender oder mal langweiliger, ernster, trauriger, uninteressanter oder kommen nicht so richtig in Fahrt. Wobei sie sich sowieso immer völlig anders entwickeln, als ohnehin nicht geplant.
Oft kommt es auch vor, dass mir mein Sohn anschließend sagt: „Papa, das Märchen heute war aber schon ein ziemlicher Schmarrn.“ Das ist Bayrisch und steht für „Blödsinn“.
Dies hält ihn zu meinem eigenen Erstaunen aber nicht davon ab, gleich am nächsten Abend wieder einen „neuen Schmarrn“ zu bestellen.Wie lange das noch so gehen wird und wann das Erzählen von Märchen einfach total uncool geworden ist? Ich weiß es nicht. Noch meint er ja: „Niemals!“
Im Folgenden habe ich eine kleine Auswahl dieser Märchen zusammengestellt und möchte den werten Leser – falls nicht ohnehin schon der Fall – hiermit ermuntern, ebenfalls mit dem Erzählen von Märchen und Geschichten zu beginnen.Oder wieder damit fortzufahren.
Es ist außerdem so, dass jeder – wirklich jeder – von uns selber Geschichten erzählen kann und dass sich fast alle unsere Kinder, aber vielleicht auch noch wir vermeintlich Erwachsenen, insbesondere nach selbst erzählten Geschichten förmlich sehnen.
In diesem Sinne, viel Spaß beim Lesen, Vorlesen und Improvisieren,
Juri Reisner
Das falsche Zebra
Das fleißige Faultier
Das verlorene Glühwürmchen
Die Einbeinspinne
Der tropfende Flamingo
Der selbstverliebte Goldfisch
Die zweitschnellste Maus
Der neugierige Storch
Das zahnlose Krokodil
Der verrückte Regenwurm
Der grummelige Bär
Der gute Wolf
Die hektische Fliege
Der Ohnemistkäfer
Das steinerne Gänseei
Der alte Esel
Die Ziege und der Fuchs
Das verwöhnte Eichhörnchen
Der weise Löwe
Die schüchterne Mücke
Der nachtragende Elefant
Die gierige Elster
Die Katze und der Hund
Das unsichere Chamäleon
Der Autor
Es war einmal ein weißes Wildpferd, ein Hengst, der lebte zusammen mit seiner Herde in der afrikanischen Savanne. Eines Tages sah er aus der Ferne zum ersten Mal in seinem Leben eine Gruppe von Zebras.
Betört von der Schönheit seiner Artgenossen mit ihren unterschiedlichsten schwarz-weißen Streifenmustern, entdeckte er alsbald in ihrer Mitte eine Zebradame, die so elegant und wunderschön war, dass er sich auf einen Schlag in sie verliebte.
Die folgenden Tage hielt sich das Pferd immer in der Nähe der Zebras auf und versuchte zu jeder Gelegenheit, seine auserwählte Zebrastute aus sicherer Entfernung zu beobachten. In jedem dieser Augenblicke und mit jedem neuen Blick verliebte er sich immer mehr in sie und beschloss, sich dem Zebra persönlich vorzustellen.
Seiner Herde, die ob des langen Aufenthaltes in der Nähe der Zebras bereits ungeduldig geworden war, riss endgültig der Geduldsfaden, als er ihr von seiner jungen Liebe berichtete.
„Was willst du denn von diesen Zebras? Kannst du dich nicht in eine Stute unserer Herde verlieben? Es ist völlig unmöglich, dass die Zebras dich jemals als ihresgleichen akzeptieren werden! Vergiss diese Idee lieber sofort wieder!“, riefen sie und rieten ihm dringend von seinem Vorhaben ab.
Doch wer einmal ein wahrlich verliebtes Wildpferd kennengelernt hat, der weiß, dass es ganz unmöglich ist, es von seiner Liebe abzubringen. So war es auch bei diesem Pferd und an diesem Abend grübelte es lange nach, wie es sich seiner Angebeteten am besten würde nähern können.
Sehr früh am nächsten Morgen, als noch alle in seiner Herde schliefen, ging es zu einer ehemaligen Feuerstelle und malte sich in mühseliger Kleinstarbeit mit Kohle lange schwarze Streifen auf sein weißes Fell. Dann machte es sich auf den Weg zu den Zebras.
Lautes Raunen und Wiehern ging durch die Gruppe der Zebras, als der schwarz gestreifte Hengst dort eintraf und sich langsam durch die Menge auf seine Auserwählte zubewegte. Die dort versammelten Zebras konnten nicht so recht einschätzen, was es war, aber irgendetwas stimmte mit diesem seltsamen Zebra nicht.
So sprach ihn die schöne Zebradame auch sehr unvermittelt an, als er bei ihr angekommen war. „Was bist denn du für ein eigenartiges Huftier? Du willst mir ja trotz deiner Streifen gar nicht so recht wie einer von uns erscheinen!?“, rief sie aus. Unser mutiger Hengst erwiderte unbekümmert: „Das kommt euch nur so vor, schöne Dame, weil ich aus einer euch fremden Herde komme. Wir sehen eben alle etwas anders aus als ihr.“
Mit dieser Erklärung fanden sich die leichtgläubigen Zebras erst mal ab und zum Glück unseres Helden wurden keine weiteren Fragen mehr gestellt. Fragen, die vielleicht am Ende nur ein wirkliches Zebra hätte beantworten können.
Nichtsdestotrotz hatte er natürlich nun die Neugier der Zebradame geweckt, denn Zebradamen sind ja, wie wir wissen, von Haus aus schon sehr neugierig. Bei Zebrahengsten aus fremden Herden ist diese Neugier freilich noch wesentlich größer, was unserem Pferd wiederum dabei half, seine Auserkorene in ein langes und tiefes Gespräch zu verwickeln.
Es wurde viel gelacht und gewiehert und manchmal berührten sich die Beiden auch ein klein wenig, natürlich nur ganz aus Versehen. Dieser mutige Zebrahengst mit seinen eigenartigen Streifen wollte der Zebradame schon recht gefallen und sie fühlte sich sehr wohl an seiner Seite.
Es war mittlerweile Nachmittag geworden und der Himmel verfinsterte sich, graue Wolken zogen auf. Doch unser Hengst merkte von alledem nichts, so tief war er in das Gespräch mit seiner gestreiften Lieblingsstute vertieft.
Doch auf einmal platzte aus allen Wolken ein starker Sommerregen über die Savanne und – oh Schreck – über unser frisch verliebtes Schummelzebra mit seinen noch frischeren Kohlestreifen auf dem Fell.
Langsam verliefen die Kohlestreifen durch die steten Wassertropfen und bildeten neue, sehr unschöne schwarze Schmutzgebilde auf dem Rücken des Hengstes. Dieser ahnte – wild gestikulierend – immer noch nichts von seinem nahenden Unglück.
Nur nachdem bereits alle Zebras der Herde sich um ihn herum versammelt hatten und ungläubig, mit vor Staunen weit geöffneten Mäulern, der Verwandlung dieses angeblichen Zebrahengstes zum weißen Pferd mit schwarzen Schmutzstreifen beiwohnten, nahm nun endlich auch der Hengst Notiz von seinem höchst peinlichen Erscheinungsbild.
„Eine mir fremde Herde, häh!?“, rief die Zebrastute erbost und stapfte fest mit ihren vorderen Hufen auf den Lehmboden vor ihr. Aus der Zebraherde waren Rufe wie „Das ist ja ein Pferd“, „Betrüger!“ und „Lügenhengst“ zu vernehmen und die Stimmung wurde schlagartig sehr kühl.
Unser Pferd schüttelte seine Mähne, sodass die letzten Kohletropfen von seinem Fell abperlten, nahm all seinen Mut zusammen und sprach zur Gruppe: „Ihr habt recht, ich bin ein Pferd. Wahrscheinlich bin ich auch ein Lügner und Betrüger und ich verstehe, wenn ihr mich deswegen verurteilt. Aber hört euch doch bitte zumindest kurz den Grund für meine kleine Schummelei an!“
Daraufhin eröffnete er vor der gesamten Herde seine Liebe zu der Zebrastute und erklärte, dass er einfach keinen anderen Weg für sich gesehen hatte, ihr seine Gefühle zu gestehen.
Die Zebrastute lief vor Scham rot an – was man jedoch natürlich nur in den weißen Bereichen ihres Felles sehen konnte – und trat verschüchtert von einem Huf auf den anderen. Das Liebesgeständnis des Hengstes war ihr peinlich, wie es ihr zugleich aber schon auch sehr schmeichelte.
Noch nie hatte jemand für sie eine solch waghalsige Aktion gewagt und so offen über seine Gefühle zu ihr gesprochen. So bewegte sie sich noch während der Hengst seine letzten Worte sprach, auf ihn zu und legte ihren Kopf auf seine Schulter.
Mit dieser unvermittelten Reaktion hatte niemand gerechnet, der Hengst am allerwenigsten. Er verstummte schlagartig beziehungsweise stammelte noch ein paar undeutliche Worte.
Die Zebraherde wiederum verfiel zum zweiten Mal an diesem Tag in ein ungläubiges Raunen und Wiehern. Sie wollte ihren Augen und Ohren nicht so recht trauen.
Immer jedoch, wenn wahre und ehrliche Gefühle im Spiel sind und offen gezeigt und ausgesprochen werden, können auch wilde Zebras dem Zauber eines romantischen Augenblicks nicht entkommen.
Durch lautes Schnauben und Wiehern bekundeten sie ihre Zustimmung und Anerkennung für das ungleiche aber dafür augenscheinlich umso inniger verbundene Paar und gaben ihnen damit auch sogleich ihren Segen. lautes
So kam es, dass die Zebrastute und der Hengst den Rest ihres Lebens gemeinsam verbrachten und nach einer Weile zwei Kinder, sogenannte Zorsen, gebaren. Diese waren jeweils zur Hälfte weiß und zur Hälfte weiß-schwarz gestreift und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute glücklich und zufrieden zusammen.
Unter den Zebras wird diese Geschichte seit jeher von Generation zu Generation weitererzählt, nicht ohne dabei aber auch stets zu erwähnen, dass zwar einerseits „Lügen kurze Pferdebeine haben“ aber andererseits „Das Glück auch den mutigen Hengsten gehört.“
Es war einmal ein Faultier, das war alles andere als faul. Es war sogar sehr fleißig.
Natürlich waren seine Artgenossen auch nicht wirklich faul, sondern bewegten sich einfach nur ein wenig langsamer als andere Tiere. Aber während diese dennoch bis zu 20 Stunden am Tag schliefen, stand unser Faultier bereits mit dem Hahnenruf bei Sonnenaufgang auf und blieb mindestens bis zur Abenddämmerung wach und aktiv.
Es hing auch nicht wie die anderen Faultiere größtenteils unbewegt in Bäumen rum, sondern schwamm in Flüssen, um sich fit zu halten, kletterte viel auf unterschiedlichste Bäume und kroch auch – so gut es mit seinen langen Krallen eben ging – oft auf dem Boden herum.
Dadurch dass das Faultier länger wach war als andere Faultiere, hatte es natürlich auch mehr Zeit und konnte neben der Suche nach Nahrung, seinen Fitnessübungen und sonstiger Faultier-Tätigkeiten auch noch zusätzlichen Arbeiten nachgehen.
Wenn es etwas gab, worüber sich das Faultier wirklich ärgerte, dann war es sein Name. Es hatte schon ganz prinzipiell damit Probleme, wenn jemand Tiere ganz allgemein nach oberflächlichen Eigenschaften benannte wie beispielsweise bei Stinktieren.
Während das „Stinken“ bei Stinktieren jedoch ganz eindeutig zutraf – und hier hatte das Faultier in der Vergangenheit bereits leidliche Erfahrungen machen müssen – so wehrte es sich vehement gegen das Vorurteil, dass Faultiere faul sein sollen.
Wenn dieser abwertende Name andere Faultiere nicht störte, dann war das ihre Entscheidung, unser Faultier bestand jedoch darauf, dass man es Fleißtier nennen solle.
Die anderen Faultiere fanden es sehr befremdlich, dass das Fleißtier immer so aktiv, schnell und fleißig war. Dass es von einem Tag auf den anderen aber auf einmal auch noch Fleißtier genannt werden wollte, fanden sie einfach nur albern.
Aber wie auch sonst alles, nahmen sie dies erst mal relativ entspannt und ruhig zur Kenntnis. Nichtsdestotrotz beschlossen sie eines Tages, ihrem überaktiven Fleißtier einen kleinen Streich zu spielen, um ihn ein wenig in seinem Übermut zu zügeln.
Sie besprachen sich mit mehreren Tieren, die ebenfalls viel Zeit in Bäumen verbringen und warteten dann gespannt und auch etwas schadenfroh auf das, was da wohl passieren würde.
Als erstes sprach die Eule das Fleißtier an:
„Liebes Fleißtier, mir ist zu Ohren gekommen, dass du sehr fleißig sein sollst. Wie du weißt, bin ich ja nachtsüber sehr beschäftigt. Tagsüber muss ich schlafen und komme nicht dazu, zu Hause aufzuräumen. Da bräuchte ich einfach ein fleißiges Tier, das mehr Zeit als ich hat und mir ein wenig unter die Flügel greift. Könntest du dir vorstellen, dass du von Zeit zu Zeit zu mir zum Aufräumen kommst?“
Das Fleißtier war natürlich sofort sehr stolz, dass jemand von seinem Fleiß gehört hatte. Anstatt sich jedoch zu fragen, warum die Eule ihr Zuhause denn nicht selber – zum Beispiel in den frühen Abend- oder Morgenstunden – aufräumte, sagte es sofort zu und verabredete sich für den nächsten Abend.
Die Eule lebte in einem hohlen Baumstamm, an dessen Vorderseite von ihr ein Loch als Eingang genutzt wurde. Das Fleißtier traf rechtzeitig ein, die Eule zeigte ihr kurz ihre – tatsächlich sehr unaufgeräumte – Behausung und machte sich dann auf den Weg zum Beutefang. Das Fleißtier machte sich wiederum sofort an die Arbeit.
Was es jedoch nicht wusste, war die Tatsache, dass sich auf der Rückseite des Baumstammes ebenfalls ein kleiner versteckter Zugang zum Eulenhaus befand.
Dort hatte sich ein kleines Faultier in Stellung gebracht und immer, wenn das Fleißtier aus dem vorne gelegenen Eingangsloch Dreck aus dem Eulenhaus hinauswarf, dann legte es ihn an seine ursprüngliche Stelle zurück.
Dies geschah über eine lange Reihe von Faultieren, die an der Rückseite des Baumstamms hingen und gemeinsam den Dreck vom Boden wieder zu ihm nach oben transportierten.
So kam es, dass das Fleißtier trotz intensiver Arbeit im Eulenhaus im Grunde keinerlei Fortschritte machte, sondern dort vielmehr bis in die frühen Morgenstunden völlig erfolglos und komplett am Ende seiner Nerven putzte und aufräumte.
Als die Eule von ihrer Jagd zurückkam und sowohl ihr Heim im gleichen Zustand vorfand wie sie ihn verlassen hatte sowie mittendrin das erschöpfte und schläfrige Fleißtier entdeckte, schimpfte sie sofort los:
„Das soll ein Fleißtier sein! Du bist ja noch fauler als die Faultiere! Hier sieht es ja genauso aus wie vorher. Hast du denn die ganze Nacht nichts gemacht!?“
Das Fleißtier verstand die Welt nicht mehr und machte sich müde auf den Weg nach Hause, um sich auszuschlafen.
Da begegnete ihm der Vogel Tukan, der ihn aufgeregt ansprach:
„Bist du nicht das berühmte Fleißtier? Ich bräuchte unbedingt deine Hilfe. Meine Frau bekommt bald unser Kind, aber das Nest ist noch nicht fertig und ich muss unbedingt zur Nahrungssuche. Könntest du schnell beim Nestbau helfen?“
Das Fleißtier, das sich wiederum geschmeichelt fühlte, dass man seinen Fleiß wertschätzte, sagte sich: „Nun gut, das Nest sollte schnell gebaut sein und dann geht es sofort zum Schlafen.“ So machte es sich wieder an die Arbeit.
Doch hatte es wieder mal nicht mit den Faultieren gerechnet. Die hatten sich unter dem Nest versteckt und trugen nun jeden neuen Zweig, den das Fleißtier am oberen Rand des Nestes befestigte, nach unten wieder ab.
Als das Tukanmännchen wieder zurückkam, war das Nest sogar noch kleiner geworden als zuvor und es schimpfte: „Dafür brauche ich kein angebliches Fleißtier, um mein Nest abzutragen, das kann ich auch selber!“. Dann schickte es das frustrierte Fleißtier fort.
Dieses schleppte sich zum nächstgelegenen Ast und wollte gerade einschlafen, als es die Stimme eines kleinen Affenweibchen traurig sprechen hörte: „Ach, ich armes Äffchen, hätte ich doch nur ein Fleißtier, das mir beim Sammeln meiner Blätter helfen könnte!“