Das Eiskunstlaufinternat - Lia Stern - E-Book

Das Eiskunstlaufinternat E-Book

Lia Stern

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Beschreibung

Für Anja, Katja und Lisa gibt es nur eins: Eiskunstlaufen. Und so sind die halbwüchsigen Mädchen überglücklich, ihre Schulzeit in einem Eiskunstlaufinternat verbringen zu dürfen. Hier können sie sich voll und ganz auf ihre große Leidenschaft, für den Sport, konzentrieren, denn alles ist darum herum organisiert. ­Natürlich ist der kleine Kosmos des Internats nicht frei von Nöten und Sorgen, aber daran wachsen die Mädchen, es schmiedet sie zusammen und neue Freundschaften entstehen. In ihren ersten vier Monaten im Internat erleben sie nicht nur das alltägliche Training, sondern nehmen auch an einem Wettkampf und einem Schaulauf teil. Hier müssen die jungen Eisprinzessinen zeigen, was in ihnen steckt und ob sie Hindernisse überwinden und die Erwartungen - die eigenen und die ihrer Lehrer und Eltern - erfüllen können. Ein Buch, das nicht nur Eiskunstläuferinnen begeistern kann, sondern alle, die die Freuden, Sorgen, Erlebnisse junger Internatsschülerinnen und Sportlerinnen nachempfinden möchten.

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Inhalt

Endlich angekommen

Wer ist dabei?

Erster Abend

Wer? Wie? Was?

Geflüster

Geburtstag

Erfolge und Enttäuschungen

Katjas Wochenende

Behindert

Arme Lisa!

Ein Plan?

Das Kurzprogramm

Der Schaulauf

1. Endlich angekommen

Der Vater stellte den Motor ab und Anja sprang heraus. Vor dem Auto blieb sie stehen und sah auf das Gebäude vor ihr. Sie kannte es schon von anderen Trainingswochen, aber diesmal schien es imposanter geworden zu sein. Sie wusste, es lag nur an den Gedanken, dass sie jetzt hier richtig wohnen würde, denn nichts hatte sich geändert. Sie hatte nur eine wichtige Entscheidung getroffen: Sie zog ins Eiskunstlaufinternat ein.

»Und? Gefällt‘s dir immer noch?« Der Vater stand neben ihr und reichte ihr die Tasche mit den Schlittschuhen und den Rucksack mit den Schulsachen. Er selbst trug den Koffer.

»Ja«, strahlte das Mädchen zurück. »Nur…«

»Was ist? Du weißt, wenn es nicht geht, musst du nur bis Weihnachten bleiben, danach darfst du zu uns zurück.«

»Danke, Papa, ich weiß, aber ich denke nicht dran, so schnell aufzugeben. Ich will was erreichen, und das kann ich nicht bei uns, du hast es selbst gesagt.«

»Wichtiger ist, dass du Spaß beim Eislaufen hast.«

»Das habe ich sowieso… Und jetzt, komm, wir gehen ins Büro.«

»Du bekommst das Zimmer 9 im ersten Stock. Du wohnst mit Katja Stiel zusammen. Sie ist seit heute Morgen da, und ihr teilt euch Bad und Toiletten mit dem Zimmer 10. Geh zuerst dich einrichten und um 17 Uhr trefft ihr Neuen euch für ein erstes Training. Anschließend gibt es ein Infotreffen im Gemeinschaftsraum. Nimm eine Jacke mit, dass du nicht zurück ins Zimmer musst. Dein Vater kann dich natürlich begleiten, muss aber nicht.« Die Sportzentrumsleiterin hatte sie selbst empfangen.

»Danke, Frau Mussel.« Herr Schillinger wendete sich an seine Tochter. »Und? Darf ich mit?«

»Klar… zumindest bis zum Training!«, lachte ihn das Mädchen an.

Das Zimmer brauchten sie nicht lange zu suchen, dafür kannte Anja das ganze Gebäude schon zu gut, wenn sie auch die anderen Male mit den Eltern in einem Hotel gewohnt hatte. Während der Pausen hatte sie aber mit Trainingsfreundinnen, die schon im Internat untergebracht waren, lange im Zimmer der einen oder der anderen über Schritte, Sprünge und Hoffnungen gequatscht.

»Guck, Papa, ist es nicht toll? Wenn ich in den Flur rausgehe, kann ich gleich die Haupthalle sehen!«

Vor der Tür mit den Nummern 9 und 10 blieben die beiden stehen und Anja klopfte an. Als keine Antwort kam, trat sie ein. Im kleinen Eingang standen drei Türen offen; Anja wusste, dass eine davon, die ohne Zahl in der Mitte, zum Bad führte und die anderen links und rechts in die Zimmer. Anja sah gleich, dass alle anderen Mitbewohnerinnen schon angekommen, aber gerade nicht da waren.

»Kennst du Katja?« Der Vater trat neben seine Tochter.

»Ich glaube nicht, oder vielleicht vom Sehen. Der Name sagt mir nichts. Hoffentlich ist sie nett! Auf jeden Fall hat sie nicht schon alle ihre Sachen im Zimmer verteilt.« Das war Anjas heimliche Angst, dass ihre Zimmergenossin eine verwöhnte Zicke sein könnte.

Auf dem Nachttisch des linken Bettes stand ein Wecker. Und eine Jacke hing am Hacken neben dem dazugehörenden Schrank. Der Koffer war darüber weggeräumt, anscheinend hatte sich Katja schon eingerichtet.

»Toll, ich habe die rechte Seite für mich, so wie zu Hause.« Dort hatte Anja das Schlafzimmer mit ihrer Schwester geteilt, was wegen des Altersunterschieds von 5 Jahren nicht immer einfach gewesen war. Solange Anja klein war, hatte Karolina ihre jüngere Schwester gern bemuttert. Dann mit 14 hatte sie angefangen, sich mehr für ihre Clique zu interessieren, und die »Kleine«, die inzwischen nur noch für den Eiskunstlauf lebte, war ihr lästig geworden. Sie stritten nicht besonders, nur hatte Karolina keine Zeit und kein Interesse mehr für längere Gespräche mit ihrer Schwester. Deshalb wünschte sich die nun vierzehnjährige Anja, dass diese Katja eine Freundin wurde, mit der sie über alles reden konnte.

»Hilfst du mir auspacken?«

»Gern, und dann können wir ins Eiszentrumsrestaurant noch was essen gehen, bevor ich abreise. Außer wenn du willst, dass ich noch bleibe.«

»Nein, ich weiß, du möchtest noch heute Abend bis nach Hause zurück.«

»Schon, aber schließlich zieht nicht jeden Tag meine Tochter aus und ich kann auch unterwegs übernachten und morgen sehr früh weiterfahren.«

»Nein, ist schon gut.«

»Okay, ich habe verstanden, du willst deinen Alten loswerden!« Anjas Vater sah sie schelmisch an. Die beiden wussten, dass es nicht so war, aber auch dass sich Anja auf ihr neues Leben freute. Nicht, dass sie die Trennung von den Eltern nicht bedauerte, aber das war die einzige Lösung, um ihre Leidenschaft für den Eiskunstlauf ausleben zu können. In ihrer Heimatstadt hatte sie nicht die Trainingsbedingungen, die sie zu weiteren Fortschritten brauchte. Die langen Fahrten zur nächsten Halle hatten sie, Anja und die Eltern, in den zwei letzten Schuljahren in Kauf genommen. Es war nicht so positiv wie erwartet gewesen – die Müdigkeit, die Notwendigkeit, die Schularbeit im Auto zu erledigen, das Gefühl, keine Freundinnen mehr zu haben, weil keine Zeit für sie blieb – und so war in ihr allmählich der Wunsch gereift, ins Sportinternat zu ziehen.

Anja räumte ihre Kleider und Sportsachen in den Schrank; für die Schulsachen gab es im Schreibtisch genug Schubladen und Regale an der Wand. Sie ließ die Eiskunstlaufposter einfach auf dem Bett liegen, sie würde sie später aufhängen, wenn sie sich mit Katja abgesprochen hatte. »Sie hat bestimmt selbst Bilder mitgebracht?!«

»Wenn sie sich für das Internat entschieden hat, ist sie wahrscheinlich so verrückt nach Eiskunstlauf wie du, und es würde mich wundern, wenn sie keine Bilder ausstellen mag!«, lachte der Vater. »Jetzt, komm, ich habe Hunger. Sag mir bitte nicht, dass du schon andere trainieren sehen möchtest, dafür wirst du noch Zeit genug haben. Billige deinem armen Vater noch die Freude zu, mit dir essen zu gehen!«

Anja umarmte ihn. »Wie gut du mich kennst! Aber echt, ich freue mich auch auf das Essen mit dir. Nur… vielleicht können wir einen Tisch am Fenster bekommen, mit Blick auf die Halle?«

Die beiden mussten lachen.

Im Restaurant waren mehrere Tische mit Eiskunstläufern und Eltern besetzt, und Anja konnte nicht umhin, sich auf der Suche nach ihren Mitschülerinnen umzusehen. Wer war da nur vorübergehend für eine oder zwei Trainingswochen und wer würde ihr Leben im Internat teilen? War eine davon Katja oder eine der Zimmernachbarinnen? Sich gut mit ihnen zu verstehen war auch wichtig.

Beide bestellten Spaghetti und anschließend trank der Vater noch einen Kaffee, während Anja eine Schale Joghurt mit Früchten aß.

»Genug gestärkt fürs Training?«, fragte der Vater, als sie fertig war.

»Ja. Was denkst du, was wir heute machen? Wollen sie uns prüfen? Werden alle Trainer da sein? Bilden sie gleich Gruppen?« Anjas Stimme klang etwas unsicher.

»Das müssen sie wahrscheinlich, um das Training planen zu können. Aber mach dir keine Sorgen, ich bin sicher, sie beurteilen nicht nur nach dem, was sie heute sehen. Dich kennen einige Trainer, sie haben dich hier bei den Trainingswochen oder bei Wettbewerben gesehen, und die Gruppen sind mit Sicherheit flexibel, genauso wie im Sommer, als du hier warst. Und egal, was du machst, der Trainingsplan ist für alle so umfangsreich.«

Der Vater wusste von Anjas Wunsch, hart – manchmal zu hart – zu trainieren, und von ihrer Angst, dass sie nicht genug Stunden bekam, wenn sie nicht schon vielversprechende Leistungen zeigte.

»Jetzt komm, wir gehen ein bisschen spazieren, bevor ich mich ins Auto setze und du dich umziehen musst.«

2. Wer ist dabei?

Nachdem sie ihren Vater verabschiedet hatte, ging Anja ins Zimmer zurück. Als sie eintrat, war Katja beim Anziehen.

»Hallo, ich bin – Mensch, das bist du?«, stutzte Anja.

»Klar, wer denn sonst?«

»Aber der Name? Und ich dachte, du hast den Eiskunstlauf aufgegeben, ich habe dich bei Wettbewerben so lange nicht gesehen!«

»Mit dem Namen erkläre ich es dir ein anderes Mal. Und lange war ich verletzt, musste fast eine ganze Saison auslassen und konnte letzte Saison nur mäßig trainieren.«

»Und jetzt kommst du gleich ins Internat?«

»Es geht mir nun wieder gut und ich habe mich für den Paarlauf entschieden. Mein Trainer zu Hause sagt, nur so kann ich vielleicht etwas erreichen. Aber dort gibt es keine Jungs, die es ernsthaft machen wollen. Hier bekomme ich einen Partner, das heißt, wenn wir zusammenpassen. Wenn nicht, suche ich halt weiter und trainiere dazwischen einzeln. Hier habe ich sowieso mehr Chancen, jemanden zu finden als bei mir.«

Anja sah Katja bewundernd an. »Paarlauf? Da bist du mutig! Und mit wem?«

»Jan Karmeit.«

»Wow!«

»Kennst du ihn?«

»Nicht direkt, aber ich habe ihn bei Wettbewerben gesehen. Er springt vielleicht nicht so gut, hat aber einen tollen Stil und ist süß! Kennst du ihn denn nicht?«

»Jein. Ich habe ihn auch nur bei Wettkämpfen beobachtet, als ich noch nicht ans Paarlaufen dachte. Die Trainer haben vermittelt.«

»Wann ist das erste Training?«

»Erst morgen Nachmittag, er ist noch bei einem Wettbewerb in Polen.«

»Ich glaube, ihr werdet gut zusammenpassen, beide blond und schlank. Der Größenunterschied stimmt auch.«

»Ja, aber ob er sich mit seinen achtzehn auf ein Baby von vierzehn wie mich freut?«

»Babys sind wir doch nicht mehr ganz!«

»Tja, für ihn wahrscheinlich doch!« Katja sah es realistischer. Selbst fühlte sie sich innerlich erwachsen, hatte dennoch Komplexe wegen ihrer kindlichen Figur, an der noch nichts von der Pubertät zu sehen war. Andererseits war gerade das beim Paarlaufen von Vorteil. Dazu hatte sie gute Chancen, so zierlich zu bleiben: Sie sah ihrer kleinen und schlanken Mutter ähnlich. Wenn das ihr half, hohe Leistungen zu erreichen, dann nahm sie gern in Kauf, weiter als Kind betrachtet zu werden. Für den Eiskunstlauf war sie zu allen Opfern bereit.

»Das heißt, du machst jetzt mit uns das Training?«, fragte Anja.

»Klar, und später, wenn ich auch mit ihm trainiere, habe ich immer noch Einzelstunden dazu.«

»Hoffentlich sind wir zusammen.«

Während sie plauderten, hatten sich die beiden Mädchen umgezogen: eine schwarze Trainingshose und ein buntes Top, darüber eine leichte Fleecejacke. Ihr kinnlanges braunes glattes Haar brauchte Anja nicht zu binden. Katja ging ins Badezimmer, um sich einen Pferdeschwanz anzustecken.

»Hallo!« Dort vor dem Spiegel über einem der zwei Waschbecken kämmte sich ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen. Auch sie war fürs Training angezogen. »Ich bin Jara.«

Katja hörte einen leichten ausländischen Akzent heraus.

»Und ich bin Marianne«, ertönte es aus dem Zimmer 10. Ein quirliges vierzehnjähriges Mädchen erschien auf der Schwelle. »Kommt ihr auch zum Training? Seid auch ihr neu hier? Was könnt ihr springen? In welche Klasse geht ihr? Oh, seid ihr auch so aufgeregt wie ich? Ich glaube, ich werde heute nie was Gutes zeigen können!«

Katja lachte: »Wenn du so zappelst wie grade, wahrscheinlich nicht! Ja, wir sind neu und kommen zum Training. Was wir springen können, wirst du noch sehen, und in die 9. Klasse gehen wir.«

»Ich auch«, ergänzte Jara. »Ich habe schon eine 9. Klasse bei mir in Tschechien gemacht, aber mein Deutsch ist nicht gut genug für die 10.«

»Finde ich nicht.«

»Sprechen kann ich, weil meine Oma Deutsche war, aber Schreiben habe ich erst letztes Jahr gelernt, als ich mich für das Internat hier entschieden habe. Ich will auch nicht nur Schularbeit machen müssen; das Training ist mir wichtiger, schließlich bin ich dafür da.«

»Wohnen deine Eltern in Deutschland?«

»Nein, nur ich bin für den Eiskunstlauf hierher gezogen.«

Aus dem Flur ertönten mehrere Stimmen. Es war Zeit, runter zur Halle zu gehen. Die vier Mädchen schnappten sich die Schlittschuhe und traten hinaus.

Sie waren eine Gruppe von zehn Mädchen und vier Jungen, die sich um drei Trainer versammelt hatten. Sie wussten, dass sie abwechselnd bei den dreien trainieren würden, dazu kamen eine Choreografin und ein Fitnesstrainer.

»Ich glaube, ihr kennt uns alle und die meisten von euch haben wir schon hier trainieren sehen. Ich bin Frau Maljar und meine Kollegen sind Herr Starr und Herr Kienzler.«

»Zuerst joggt ihr drei Runden und jeder wärmt sich auf wie gewohnt. Wir gucken einfach, was ihr macht. Keine Angst, wir beurteilen nichts, wir wollen einfach später mit euch besprechen, was am besten für jeden ist. In fünfzehn Minuten wird das Eis frei. Ihr lauft euch auch allein ein. Dann machen wir Schritte und Sprünge zusammen. Heute wollen wir uns nur einen Eindruck über eure Technik verschaffen, damit wir wissen, wo wir ansetzen sollen.«

Die Gruppe schwärmte um die Eisfläche. Die, die sich schon kannten, nutzten die Gelegenheit aus, um einander zu begrüßen.

Anja holte ein schwarzhaariges Mädchen ein, das etwas älter aussah als ihre vierzehn Jahre.

»Hey, Lisa, du bist doch da! Ich dachte, deine Eltern würden dir nie erlauben, hierher zu ziehen und den Eiskunstlauf ernst zu nehmen.«

»Doch. Endlich haben sie eingesehen, dass ich weder die gewünschte superbegabte Schülerin bin, die in den Medien für Sensation sorgt, weil sie schon mit fünfzehn das Abi mit Eins schafft, noch bin ich das nächste Topmodel im Himmel der Kindermode, noch… Ach, was weiß ich!«

»Übertreib doch nicht!« Anja wusste von den unrealistischen Träumen der Eltern.

»Na ja, so viel übertreiben tue ich leider nicht. Ich hoffe nur, dass sie es sich nicht in drei Monaten anders überlegen, wenn sie sehen, dass ich nicht schon bei den nächsten Junioren-Weltmeisterschaften starten darf!«

»Aber deine Fortschritte werden sie doch sehen!«

»Ob ihnen das reicht? Damit können sie nicht so sehr protzen, wie sie es sich wünschen. Und sie kennen sich nicht gut genug im Eiskunstlauf aus, um meine Fortschritte wirklich zu schätzen.«

»Dann musst du einen Weg finden, damit sie auf dich stolz sind.«

»Wie meinst du das?«

»Du musst es schaffen, auf dich aufmerksam zu machen, ohne unbedingt alles auf die Wettbewerbe zu setzen. Immerhin bist du in der Choreografie und Interpretation weiter als viele von uns. Es findet sich vielleicht irgendeine Möglichkeit.«

»Einfach gesagt… Na ja, immerhin habe ich fest vor, die Zeit hier voll zu genießen. Jetzt aber etwas anderes: Mit wem bist du im Zimmer?«

Während sie weiter joggten, tauschten sie ihre ersten Eindrücke. Lisa teilte das Zimmer mit einem Mädchen, das keine der beiden kannte und das gerade auffiel: Als Einzige trug sie ein rotes glitzerndes Kürkleid, völlig overdressed für ein einfaches Training.

»Sie heißt Corinna und ist mit zwei vollen Koffern angereist«, berichtete Lisa. »Sie hat sich schon beklagt, dass die Schränke zu klein sind. Ich sag dir nicht, was sie schon alles auf der Ablage im Bad aufgestellt hat! Bin gespannt, wie sie läuft!«

»Wenn sie das einzige Püppchen der ganze Gruppe ist, wird sie sich bald ändern müssen! Warten wir einfach mal ab!«

Inzwischen waren sie am Ende ihrer Joggingrunden und hielten bei den anderen an. Jede machte für sich ihre gewohnten Aufwärmübungen. Anja fiel es schwer, sich normal zu verhalten. Sie fühlte sich beobachtet und gab sich noch mehr Mühe als sonst, alles richtig zu machen.

Dann gingen sie aufs Eis. Auch dort wollten alle sich vorteilhaft präsentieren. Wie immer wirkte so eine Situation aufbauend auf Anja, das war ihre starke Seite. Im Wettbewerb überraschte sie meistens durch Leistungen, die man von ihr nicht erwartet hätte, wenn man von ihrem Trainingslevel ausging. Wenn sie auch vorher Lampenfieber spürte, einmal auf dem Eis lief alles wunderbar. Nach ein paar Minuten ging es ihr so gut, dass sie einen Blick auf die anderen werfen konnte. Wie so oft, wenn sie sich beurteilt fühlte, war Katja da in Schwierigkeiten. Vielleicht wird sie Vertrauen gewinnen, wenn sie im Paar läuft, dachte Anja, und dann, wenn sie keine Nerven zeigt, wird sie alles gewinnen können!

Die Trainer verlangten von jedem verschiedene Elemente und erteilten ab und zu Ratschläge. Man merkte aber, dass es heute nicht darum ging, die Technik zu verbessern, sondern einfach darum, sich einen Überblick über Stärke und Schwäche jedes Einzelnen zu verschaffen.