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Obwohl sie sich mehr als fremd sind, hilft Miriam den drei Männern. Denn als sie von deren Rätsel erfährt, packen sie Neugier und Abenteuerlust. Trotz Umzugsstress geht sie mit ihnen auf die Suche. Doch irgendwas scheint Malte zu verheimlichen. Denn was für eine Karte ist das überhaupt? Und dann ist da noch diese mysteriöse Gestalt, die Miriam ständig verfolgt...
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Seitenzahl: 118
Veröffentlichungsjahr: 2016
Lena Mogk
© 2016 Lena Mogk
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7345-6760-5
Hardcover:
978-3-7345-6761-2
e-Book:
978-3-7345-6762-9
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Ich lief zwischen den Felsen hin und her. Vor der Steilküste blieb ich stehen. Ich ließ meinen Blick über die Felswand streifen. Eigentlich suchte ich nur ein ruhiges Plätzchen, doch irgendetwas war hier falsch. Nur was? Suchend ging ich weiter. Dann fand ich, was ich suchte. Ein Stück Vlies hing an dem Fels. Vorsichtig schob ich es zur Seite und schlüpfte durch den Spalt. Auf der anderen Seite war es nicht schwarz und dunkel, sondern pechschwarz und stockdunkel. Mir war ein bisschen mulmig zumute.
Stille.
Totenstille.
Ich wagte kaum zu atmen, so still war es. Ganz langsam atmete ich ein und aus. Ich lauschte. Aber bis auf mein Atmen und mein Herzpochen hörte ich wieder nichts. Wieder lauschte ich.
Stille.
Totenstille.
Oder, nein! Doch nicht! Da war doch was! Ich lauschte noch einmal angespannt. Ja! Ich hatte mich nicht verhört. Schnell schaltete ich meine Taschenlampe an und lief los. Der Lichtkegel meiner Taschenlampe wanderte über die Wände, die Decke und den Boden. Nur Sand und Felsen. Und Felsen und Sand. Und Dunkelheit. Plötzlich wusste ich, was ich vorhin gehört hatte: Schritte! Das heißt, dass ich nicht alleine war. Ich lief weiter, bis sich der Weg teilte. Irrte ich mich oder stand da etwas an der Wand? Ich ging näher und erkannte, dass an der Wand jeder Abzweigung etwas geschrieben war.
Als erstes las ich die Anschrift vom linken Weg. In roter Schrift war dort hin gekritzelt:
<- Bis zur Quelle 0,5 Kilometer
Versteckter Notausgang
Vielleicht war die Farbe leer, dachte ich, denn die letzte Zeile war undeutlich geschrieben. Aber schließlich konnte ich entziffern, dass es »Versteckter Notausgang« bedeutete und dass die Wörter durchgestrichen waren. Ich machte einen Schritt zur Seite und las den anderen Text:
Dieses Mal war der Text nicht nur in einem kräftigen Blau geschrieben, sondern auch viel kürzer. Wo sollte ich langgehen? Ich entschied mich für den linken Gang, denn ich wollte wissen, was es mit der Quelle auf sich hatte. Eine Quelle mitten im Felsen? Ich las noch einmal den roten Text. 500 Meter waren nicht viel und wo der Tunnel enden wird, würde ich auch schon rauskriegen. Ich leuchtete mit der Taschenlampe in den linken Gang. Und schon lief ich los. Der Lichtkegel meiner Taschenlampe hüpfte vor mir auf und ab. Ich sah nur Sand und Stein. Doch dann, nach einer Weile machte der Weg einen Knick. Ich hörte es bevor ich es sah. Ein leises Plätschern verriet mir, dass ich an der Quelle angekommen war. Nun tauchte auch eine kleine Brücke im Schein meiner Lampe auf und ich stoppte. Langsam näherte ich mich der Brücke. Sie sah nicht sehr vertrauenswürdig aus. Das Gestell war aus Eisen gefertigt, von dem schon die dunkle Farbe abblätterte, wodurch man die rostigen Stellen unschwer erkennen konnte. Als ich mich hinkniete, um mir die morschen Bretter anzuschauen, die an dem Eisen fest genagelt waren, fiel mir auf, dass an vielen Stellen das Holz abgesplittert war und so große und kleine Löcher entstanden waren. Alles in allem wirkte die Brücke sehr alt und ich überlegte, ob ich hinübergehen sollte. Ich ging um die Brücke herum und schaute in den Abgrund. Er war schätzungsweise fünf Meter breit und unter mir, in ein paar Metern Tiefe, plätscherte ein kleiner Bach. Die Quelle entsprang wohl aus der Felswand. Ich lief am Ufer entlang zur rechten Felswand und leuchtete hinunter. Tatsächlich. Aus der Felswand sprudelte aus einem kleinem Loch Wasser. Wenn die Quelle nur so klein ist, dachte ich, könnte ich auch hinunterklettern, über den Bach steigen und auf der anderen Seite wieder hochklettern. Andererseits, würde das sehr lange dauern und ich könnte auch erst einmal die Brücke ausprobieren. Ich schwankte zwischen herunterklettern und der rostigen, morschen Brücke. Was sollte ich tun? Sollte ich lieber den langen, sicheren Weg gehen oder lieber den kurzen, gefährlicheren Weg nehmen? Ich beschloss erst einmal die Gegend zu erkunden. Ich ging die paar Schritte zur linken Felswand und leuchtete auf den Bach hinunter. Auch hier waren ein, zwei Meter Abstand zwischen Quelle und dem steinigen, sandigen Abgrund. Dort, wo der Bach wieder im Felsen verschwand, klaffte ein Loch mit ungefähr zwei Metern Durchmesser. Doch ich konnte nicht erkennen, wie weit es in den Felsen ragte. Ich beugte mich noch ein Stückchen weiter nach vorne, doch ich konnte nichts erkennen. Leider half mir das auch nicht weiter. Ich seufzte und lief zur Brücke. Dort stützte ich mich aufs Geländer. Es schien gut zu halten. So konnte ich mich sichern. Ich nahm die Taschenlampe in den Mund, damit ich beide Hände frei hatte. Vorsichtig setzte ich einen Fuß auf das erste Brett. Es knarrte so laut, dass ich vor Schreck mein ganzes Gewicht wieder auf die Arme verlagerte. Langsam setzte ich auch den zweiten Fuß aufs Brett. Wieder knarrte es laut, doch dieses Mal schreckte ich nicht zurück. Als ich mir sicher war, dass das Brett hielt, rutschte ich mit den Händen ein Stückchen nach vorne. So arbeitete ich mich Stück für Stück nach vorne. Als ich noch nicht einmal die Hälfte erreicht hatte, knackte es verdächtig. Ich spürte, wie das Brett unter mir nach gab. Sofort stützte ich mich auf die Arme. Keine Sekunde zu früh. Ich hörte wie Holzstücke auf den Steinen zerbrachen. Das war gerade noch mal gut gegangen! Ich stellte meine in der Luft baumelnden Füße auf das Eisengestell zurück. Als ich wieder nach vorne schaute, fiel mein Blick auf ein Stück Holz, das ein Loch im Eisengestell ausbesserte. Würde dieses schmale, dünne Stück Holz mein Gewicht halten können? Ich konnte es nicht überspringen, denn es war um die 40 Zentimeter lang. Wie betäubt rutschte ich auf das Stück Holz zu. Dort, wo Holz und Eisen sich überlappten, legte ich meine Hand hin. Vorsichtig setzte ich meine Füße auf das Brett unter mir. Ich schaute zur Seite. Auf der linken Seite war genau das gleiche Stück Holz. Auch hier legte ich meine Hand aufs Holz. Ich rutschte mit beiden Händen gleichzeitig komplett auf die schmalen Latten. Ein verhängnisvoller Fehler. Denn als ich das Gewicht von meinen Armen nahm, knackte das Brett unter mir verdächtig laut. Im nächsten Moment hatte ich mich zwar wieder auf die Arme gestützt, doch die schmalen Latten gaben unter meinem Gewicht nach. Ich fiel auf das ohnehin schon angeknackste Brett und stürzte mit den zerbrochenen Holzstücken in die Tiefe. Das hätte ich wissen müssen!, fluchte ich, dann dachte ich nichts mehr. Das Einzige, an das ich mich erinnern konnte, war, dass ich direkt neben der Quelle hart aufschlug. Und dass mein Kopf auf etwas nicht sehr Weichem landete. Mir wurde schwarz vor Augen und als ich wieder zu mir kam, war es immer noch dunkel. Ich hatte höllische Kopfschmerzen, meine Beine fühlten sich taub an und mein Rücken schmerzte. Stöhnend richtete ich mich auf. Ich setzte meinen Rucksack ab, auf dem ich schmerzhaft gelandet war, und suchte nach der Taschenlampe. Als ich sie nicht fand, fiel mir ein, dass ich sie ja zwischen den Zähnen geklemmt hatte, als ich fiel. Tastend fand ich sie neben dem Bach, vielleicht einen halben Meter von mir entfernt, und schaltete sie an. Oder besser gesagt: Ich versuchte es. Aber es funktionierte nicht. Sie hatte einen Wackelkontakt! Ich ließ mich seufzend wieder auf den Rücken fallen. Verdammt!, dachte ich, Verdammt! Verdammt! Verdammt! Dann seufzte ich noch einmal. Wie konnte ich nur in dieses Schlamassel hineingeraten? Warum hatte ich nicht gleich den sicheren Weg genommen?
»Ich sollte mir keine Vorwürfe machen«, murmelte ich, »sondern lieber überlegen, wie ich hier wieder raus komme.«
Ich seufzte noch einmal tief und setzte mich mit schmerzendem Rücken auf. Ich stützte mich auf die Taschenlampe und den Rucksack und stand auf. Ächzend lehnte ich mich an die Felswand. Dann streckte und reckte ich mich erst einmal ausgiebig. Ich schüttelte meine Beine wieder wach, schnappte mir meinen Rucksack und die Taschenlampe und tastete mich zur Quelle hinüber. Als ich das Wasser auf meine Hände sprudeln fühlte, kühlte ich meine Beule am Hinterkopf. Wieder versuchte ich meine Taschenlampe anzuschalten. Doch es blieb - wie erwartet - dunkel. Ich klopfte mit einem Finger leicht an die Birne, dann immer fester. Das hatte meine Taschenlampe schon immer zu Vernunft gebracht. So auch diesmal. Es wurde endlich wieder hell und ich konnte mir das Loch in der Brücke genauer anschauen. Und während ich so nachdenklich hinaufblickte, kam mir auch schon die rettende Idee. Schnell setzte ich meinen Rucksack ab und wühlte in ihm. Ich atmete erleichtert auf, als ich den Gegenstand aus dem Rucksack zog, der mich aus diesem Graben holen würde. Das Tau, das ich von der »Mary«, dem Schiff meines Onkels, stibitzt hatte. Es hatte schon viele Stürme überlebt, also würde es nun auch mein Gewicht halten. Doch bevor ich meinen Gedanken in die Tat umsetzen konnte, hörte ich etwas. Schritte! Vielleicht konnten die mir ja helfen. Da hörte ich eine raue Stimme, die sich so laut aufregte, dass ich sie ohne Probleme verstand.
»Ich hab da so ein Krachen gehört. Das kann nur unsere Brücke sein. Da muss jemand sein! Und das in unsrer Felsenhöhle. Ich frag mich, wie der überhaupt den Eingang gefunden hat. Was ist wenn der die Karte findet? Du weißt doch, sie sieht aus wie eine Schatzkarte. Er könnte uns bestehlen!«
Ich verstand nicht, was eine andere Stimme darauf antwortete. Doch das hörte sich nicht gerade freundlich an! Ich geriet in Panik, denn es hörte sich nicht gerade nach einem Menschen an, der mir aus diesem Loch helfen würde. Die Wahrscheinlichkeit, das ich sie davon überzeugen konnte, es sei alles ein dummer Zufall, war nicht gerade groß. Und sie hatten allen Grund sauer auf mich zu sein, denn ich war hier eingedrungen, ohne zu wissen, ob es jemandem gehört, und hatte dann auch noch ihre Brücke kaputt gemacht. Es schien mir als das Beste, dass ich unentdeckt blieb. Also musste ich mich verstecken und zwar schnell! Sofort fiel mein Blick auf die Stelle, an der die Quelle wieder im Felsen verschwand. Schnell lief ich hinüber und betrachtete es genauer. Ich war enttäuscht. Denn die Mulde ging nur zehn bis 20 Zentimeter felseinwärts. Hier konnte ich mich unmöglich verstecken. Panisch schaute ich mich um, doch der Graben hatte keinen einzigen Schlupfwinkel.
Ratlos lief ich unter die Brücke und drückte mich nun an die Felswand, die mich daran hinderte, davon zu laufen, setzte mich in den Sand und machte mich so klein wie möglich. Den Rucksack stellte ich vor mich, als könne ich mich dahinter verkriechen. Ich rutschte immer tiefer und dabei entstand eine kleine Mulde, die etwa zehn Zentimeter tief war. Schnell machte ich die Taschenlampe aus, damit ich nicht so schnell entdeckt werden konnte. Ich dachte nach. Was sollte ich bloß tun? Mein Versteck ist nicht gerade das beste. Da bemerkte ich die Mulde und das brachte mich auf die rettende Idee. So schnell ich konnte fing ich an zu graben. Doch ob ich so schnell graben könnte, war mir ein Rätsel. Aber eins war klar: Es würde verdammt knapp werden. Denn die Stimmen wurden lauter und immer lauter! Ich stieg in das Loch, das sicher keinen Meter tief war, und schüttete den Sand über mich. Er bedeckte mich nur bis zur Brust. Verdammt! Ich rutschte ein bisschen tiefer in den Sand. Jetzt bedeckte er mich bis zu den Schultern. Aber mein Kopf und die Arme waren noch frei. Schnell ergriff ich meinen Rucksack.
Ich hatte mich gerade hinter ihm versteckt und die Arme bis zu den Handgelenken vergraben, da hörte ich die raue Stimme sagen: »Siehst du! Ich hab dir doch gesagt, dass ich da was gehört hab.« Und eine andere Stimme sagte entsetzt: »Unsere Brücke ist kaputt! Und ich habe immer gesagt, wir müssen sie erneuern. Aber ihr wart ja anderer Meinung. Jetzt ist jemand runtergefallen und hat sich wahrscheinlich sonst was gebrochen!«
Sie sprach mit einem leichten Akzent, den ich nicht zu ordnen konnte, doch bei diesem leicht hysterischen Unterton war es besonders deutlich zu hören.
»Jetzt reg dich mal wieder ab!«, meinte die raue Stimme genervt. »Und außerdem weiß du doch gar nicht, ob jemand runtergefallen ist. Und wenn schon, er könnte ein zukünftiger Dieb sein!«
Die andere Stimme seufzte nur widerwillig. Ich hörte, wie die zwei sich der Brücke näherten. Ich hoffte, dass man mich nicht von dort oben sah. Plötzlich kam mir ein Gedanke in den Sinn, der mich zusammenzucken ließ: Wo war die Taschenlampe?! Bei dem Gedanken, dass sie mich verraten könnte, lief mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Ich tastete nach ihr. Ein Glück! Sie lag vor mir unter dem Rucksack. Auf einmal tauchte die Taschenlampe der Männer den Graben in grelles Licht. Hoffentlich fanden sie mich nicht. Mit einem Mann, der einen Menschen, den er noch nie zuvor gesehen hat, als Dieb, wenn auch nur als einen zukünftigen, beschuldigt, mit dem war bestimmt nicht gut Kirschen essen. Als der Lichtkegel an meinem Rucksack hängen blieb, machte ich mich unwillkürlich kleiner.
»Schau mal, da liegt ein Rucksack!«, rief der eine Mann überrascht.
»Wenn den hier jemand vergessen haben sollte, wird er ihn bestimmt auch zurückholen«, brummte der andere missmutig.
Ich hörte, wie der andere Luft holte, um etwas zu erwidern, als plötzlich eine Stimme ertönte: »Julian! Michael! Wo bleibt ihr denn? Wenn ihr glaubt, ich hätte euch nicht gehört, dann habt ihr euch aber gewaltig geirrt!«
»Du meine Güte, hat der mich erschreckt!«, murmelte der eine Mann.
»Wir kommen ja schon!«, rief der andere zurück und meinte dann etwas leiser:
»Tja, dann müssen wir den Rucksack eben ein anderes Mal hochholen, Michael.«
»Hm«, brummte die Stimme, die sich Michael nannte, »Wirklich schade.«