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Ein 20-jähriger wird kaltblütig im Wald erstochen. Ein paar Jahre später will seine Schwester endlich den Grund dieses brutalen Mordes herausfinden. Das hat fatale Folgen. Eine Familie gerät in den Teufelskreis eines wahnsinnigen Massenmörders, gegen den man nichts ausrichten kann...
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2017
Lena Mogk
Thriller
© 2017Lena Mogk
ISBN
Paperback:
978-3-7345-6716-2
Hardcover:
978-3-7345-6717-9
e-Book:
978-3-7345-6718-6
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Für meine Eltern
Für ihre unerschöpfliche Geduld
mit einer Göre wie mir
Atemlos sah sich Jana um, versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Doch das Einzige, was sie sah, waren die Bilder, eingebrannt in ihrem Kopf, egal wie sehr sie versuchte sie zu vergessen. Schweißgebadet saß sie im Bett, so wie die letzten Tage auch. Es war immer derselbe Traum, der sie um ihren Schlaf brachte. Wie sooft war sie durch dunkle Gänge gehastet, die Angst im Nacken und das Gefühl verfolgt zu werden. Und wie jede Nacht, wenn sich ihr Herzschlag wieder beruhigt hatte, vergrub sie das Gesicht in ihren Händen und schämte sich, vor etwas weg zu laufen, das sie nicht kannte.
Als sie Hufgeklapper vor ihrem Fenster hörte, richtete sie sich auf und schwang seufzend die Beine aus dem Bett. Barfuß tappte sie hinaus in den Flur. Wie jeden Tag knarrten die alten Holzdielen unter ihren Füßen, doch obwohl es sie manchmal nervte, war sie froh ein alltägliches Geräusch zu hören. Auch das morgendliche Geschirrgeklapper, das aus der Küche ertönte, beruhigte sie allmählich. Es war nur ein Traum, versuchte sich Jana einzureden. Es war nur ein böser Traum. »Und was ist mit deinen Visionen?«, flüsterte die Stimme in Janas Kopf. Doch sie war schon geübt darin, sie zu ignorieren. Heute wollte sie das nicht hören. Heute wollte sie nicht an diese Visionen denken, die sie geplagt hatten, kurz bevor ihr Bruder auf mysteriöse Weise gestorben war. Heute wollte sie es einfach nur vergessen. Aber ob es ihr diesmal gelang? Du bist verrückt, sagte sie zu sich selbst. Recht hatte sie damit schon. Schon allein bei dem Gedanken an die Visionen vor ein paar Jahren war sie fest davon überzeugt, dass sie alles andere als normal war. Sie hatte Angst davor, es anderen zu erzählen. Nur ihren Eltern und ihrem Bruder hatte sie davon erzählt, wie sie ihn immer wieder gesehen hatte, mit todblassem Gesicht und verstörten Augen.
Jana schüttelte heftig den Kopf, als könne sie die Gedanken damit vertreiben. Jetzt hatte sie doch daran gedacht! Sie betrachtete sich im Spiegel. Ein Mädchen mit dunklen Ringen unter den Augen, zerzaustem Haar und blassem Gesicht schaute sie mit müden Augen an. Kein Wunder, dass sie bei dem Anblick an ihren Bruder denken musste! So hatte er auch die Tage vor seinem Tod ausgesehen. Ob ihn derselbe Traum geplagt hatte? Seufzend legte Jana die Haarbürste zurück und band ihre frisch gekämmten Haare zu einem Zopf. Dann beugte sie sich ins Waschbecken hinunter und ließ kaltes Wasser über ihr müdes Gesicht laufen. Davon wurde sie meistens wach. Und wenn sie wach war, konnte sie die bösen Träume leichter aus ihren Gedanken vertreiben.
»Jana! Es ist zehn Uhr, willst nicht bald mal aufstehen?«, klang die Stimme ihrer Mutter aus der Küche.
Schnell machte Jana den Wasserhahn zu und vergrub ihr tropfendes Gesicht im Handtuch. Hastig lief sie in ihr Zimmer und zog sich an. Unten in der Küche saßen ihre Eltern am Tisch und tranken Kaffee. Ihr Vater blätterte in der Tageszeitung, so wie jeden Morgen nach dem Stallausmisten. Als Jana sich zu ihnen an den Tisch setzte, war der Traum schon wieder vergessen. Trotzdem schaute ihre Mutter sie besorgt an. Und auch ihr Vater machte ein besorgtes Gesicht, als er von der Zeitung aufsah.
»Wie geht es dir?«, fragte ihre Mutter und sah ihr forschend ins Gesicht.
Jana sah sie verwirrt an. »Gut«, antwortete sie. »Sehr gut, sogar.«
Wie sollte es ihr denn gehen? Ihre Mutter fragte doch sonst nicht so besorgt nach ihrem Befinden. Sah sie etwa krank aus?
»Siehst du, Annette! Deine Sorge ist ganz unbegründet!«, sagte ihr Vater beruhigend, schob Jana den Brotkorb hin und widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Zeitung.
Doch bevor Jana sich ein Brötchen nehmen konnte, stand ihre Mutter auf und bedeutete ihr mitzukommen. Sie folgte ihr ins Büro. Auf dem Schreibtisch lag eine alte Zeitung, vielmehr ein ausgeschnittener Zeitungsartikel. Janas Mutter setzte sich auf den Schreibtischstuhl und schaute sie forschend an.
»Kann es sein, dass du wieder Visionen hast?«, fragte sie.
Jana schüttelte den Kopf. »Ich hab nur wieder diesen Traum, es ist jede Nacht derselbe.«
Sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, ihrer Mutter etwas vorzulügen. Aber worauf wollte sie hinaus? Dachte sie etwa...?
»Totenbleich, mit verstörtem Gesicht. Wie die Geister in den Horrorfilmen«, murmelte ihre Mutter leise, so leise, dass Jana sie kaum verstehen konnte.
Es waren die Worte, mit denen sie ihren Bruder beschrieben hatte, wenn sie ihn in ihren Visionen gesehen hatte.
Ihre Mutter nahm gedankenverloren den Zeitungsartikel vom Schreibtisch. Jana wusste, dass ihre Mutter ihn ausgeschnitten, dann aber doch in der untersten Schublade versteckt hatte. Warum hatte sie ihn jetzt wieder hervorgeholt?
»Mama?«, fragte sie unsicher, als ihre Mutter tieftrauernd auf das Blatt Papier starrte.
Ihre Mutter schaute auf. Ihre traurigen Augen ließen ihr einen Schauer über den Rücken laufen.
»Wie kommst du darauf?«, fragte sie, während sie ihre Mutter beobachtete.
Die senkte den Kopf, wahrscheinlich dachte sie an ihren verstorbenen Sohn. »Du warst so blass«, antwortete sie. Ihre Stimme klang trocken und tonlos. »Als ich gestern Abend bei dir war...« Sie hielt inne und atmete einmal tief durch. Himmel, was war bloß mit ihr los? »Du warst so unruhig, deshalb wollte ich noch einmal nach dir schauen. Wie du da lagst, so bleich. Totenbleich.« Sie zögerte ein wenig das letzte Wort auszusprechen.
Jana ging in die Knie, um ihr in die Augen zuschauen. Es schauderte sie, so abwesend starrte ihre Mutter Löcher in den Boden. Sie nahm ihr den Artikel aus der Hand, der über den mysteriösen Tod ihres Bruders berichtete, und legte ihn auf den Schreibtisch.
»Du denkst an Jakob, stimmt's?«
Sie nickte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Der Traum mit den dunklen Gängen?«, fragte sie zurück.
Jana nickte. Sie richteten sich beide auf.
»Ich muss in den Stall, die ersten Reitschüler kommen bald«, sagte sie.
In diesem Moment schien sie wieder ganz normal zu sein, doch in ihren Augen lag immer noch diese Unruhe, die Jana auf eine gewisse Weise Angst machte. Ihre Mutter beugte sich noch ein letztes Mal zu ihr hinunter.
»Mach nicht denselben Fehler wie dein Bruder«, flüsterte sie. Dann verließ sie das Büro.
Jana blieb noch eine Weile. Was hatte sie damit gemeint? Sie sollte nicht den gleichen Fehler machen. Wusste sie, wie Jakob umgekommen war? Was hatte er ihr vor seinem Tod erzählt? Sie betrachtete den Raum nachdenklich. Der Artikel passte in dieses Durcheinander aus wichtigen Dokumenten genauso gut hinein wie ein Elefant in den Porzellanladen.
Auf dem Flur traf sie ihren Vater. Er hielt die Zeitung in der Hand. Mit einem kurzem »Schau mal nach Wirbelwind!« war er an ihr vorbeigerauscht und im Büro verschwunden. Verwundert schaute sie ihm nach. Er hatte es samstags doch sonst nicht so eilig! Doch sie tat wie ihr geheißen und ging hinaus, aber nicht ohne sich noch schnell ein Butterbrötchen zu schmieren. Als sie das gemütliche Backsteinhaus verließ und über den Hof lief, schien ihr die Sommersonne ins Gesicht, als wolle sie die unruhige Nacht ausgleichen. Jana lächelte. Sie liebte den Sommer, auch wenn die Vergangenheit Schatten auf ihn warf. Auf der Weide hinter der Scheune tollten die Fohlen zwischen den anderen Pferden herum und als sie ihren Hengst entdeckte, hatte sie das merkwürdige Verhalten ihrer Eltern ins Unterbewusstsein gesperrt. Schnell holte sie Wirbelwind von der Weide und sattelte ihn. Wenig später trabte sie fröhlich vom Hof.
Er hastete durch den Wald, kämpfte sich durch das Dickicht. Doch egal wohin er lief, er spürte die Bedrohung, an seine Fersen geheftet wie Kaugummi an den Schuhen.
»Du kannst davor nicht weglaufen!« Die kalte Stimme lachte höhnisch. »Du bist tot!«
»Nein!«, schrie er, obwohl er wusste, dass sie recht hatte. Er war tot. Schon ein paar Jahre und doch wollte er es nicht wahr haben. Er hatte sich auf der Lichtung liegen sehen. Er hatte die Wunden gesehen und die Blutpfütze, in der er gelegen hatte.
Plötzlich stolperte er über eine große Wurzel. Er geriet nur leicht ins Straucheln, doch er war so ausgelaugt, dass seine Beine einknickten und er auf den feuchten Waldboden fiel und liegen blieb. Erschöpft schloss er die Augen.
»Glaub es mir einfach, du kannst es doch nicht ändern!« Wieder ließ die kalte Stimme ihr berüchtigtes hämisches Lachen ertönen. Wie konnte man nur so schrecklich sein?
Mühsam öffnete er die Augen. Er sah das zur Stimme gehörende Gesicht so dicht vor seinen Augen, dass er sie gleich wieder schloss. Das ist ein Serienkiller! Der muss so krank und gestört sein!, dachte er. Hatte es nicht gereicht, dass er Albträume bekommen hatte, in denen er ständig dieses Gesicht gesehen hatte, mit den hämisch grinsenden Lippen und den vor Mordlust glänzenden Augen? Anscheinend nicht.
Da wurde er an der Schulter gepackt und hoch gehoben. Er kniff die Augen zusammen, denn er wusste genau, wo er ihn hinbrachte. Schon jetzt schauderte es ihm, wenn er an die dunkle Kammer dachte. Er wurde jedes Mal dorthin gebracht, wenn er es nicht mehr in den dunklen Gemäuern ausgehalten hatte. Allerdings nicht mehr so lange wie vor ein paar Jahren. Damals musste er es wochenlang bei Wasser und Brot aushalten, heute saß er meist nur ein paar Tage in den kalten Gewölben des Gefängnisses. Dann wurde er von seiner einzigen Vertrauten herausgeholt. Das schreckliche Leben dort war nur halb so schlimm, wenn er bei ihr war, denn Aristinia hatte so viel Autorität, dass sie ihn vor seinem Herrn einigermaßen beschützen konnte.
»Da, du weißt ja, wo du hinmusst!«, donnerte sein Herr und warf ihn in das dunkle Gewölbe, das in sein Reich führte. Er stöhnte auf vor Schmerz und blieb noch immer erschöpft auf den eiskalten Steinen liegen, obwohl seine Finger sich schon von der Kälte versteiften.
Sie genoss es immer wieder, wenn die Hufe auf der asphaltierten Straße besonders laut klapperten. So auch diesmal. Erst als Jana am Friedhof vorbeiritt, wurde sie nachdenklich. Sie verlangsamte das Tempo und schaute suchend über die Friedhofsmauer. Irgendwo dort drüben lag ihr Bruder begraben, er war mit gerade mal zwanzig Jahren gestorben. Sie erinnerte sich an die Sorge und die Unruhe in den Augen ihrer Mutter. Und an die Angst. Ja, es hatte sich Angst in ihren Augen wiedergespiegelt. Aber wovor?
Jana saß ab und ging durch das Tor auf den Friedhof. Früher war sie nie hierhergegangen, doch seit dem Tod ihres Bruders kam sie öfters her. Sie musste das Grab gar nicht mehr suchen, ganz automatisch lief sie in eine der verlassenen Ecken des Friedhofs. Schweigend blieb sie vor Jakobs Grab stehen. Was er wohl gesagt hätte, wenn er wüsste, dass Jana wieder dieser Traum plagte? Derselbe wie vor ein paar Jahren. Sie schloss andächtig die Augen. Trotzdem sah sie das Grab ihres Bruders vor sich. Plötzlich wurde Jana von einem beklemmenden Gefühl befallen und ihre Brust schnürte sich zu, sodass sie kaum noch atmen konnte. Erschrocken schnappte sie nach Luft. Ihr Herz setzte vor Schreck einmal aus, obwohl sie genau wusste, was gerade in ihr vorging. Und da wurde ihr klar, dass es nie aufgehört hatte. Sie hatte es nur all die Jahre verdrängt. Sie erinnerte sich an den Traum, indem sie immer und immer wieder durch die dunklen Gänge rannte. Der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen. Ihre Lunge brannte. Und mit dem Schmerz kam die Angst zurück. Die Angst und das Gefühl der Panik und der Machtlosigkeit. Wie hatte sie glauben können, dass es vorbeigeht? Hatte sie nicht immer wieder Ausschnitte gesehen, deren Symbolik sie erst verstanden hatte, wenn es zu spät war?
Jana kniff verzweifelt die Augen zusammen, doch das Grab ihres Bruders verschwand nicht. Ja, sie hatte schon immer Visionen gehabt, doch sie waren bei Weitem nicht so schlimm, wie die vor Jakobs Tod. Diese Erkenntnis ließ Jana erleichtert aufatmen. Sie hatte die Angst vor ihren Visionen endlich überwunden und der Schmerz ließ ein wenig nach.
Plötzlich verschwand das Grab ihres Bruders, als würde es in dunklem Wasser untertauchen. Dann tauchte der Zeitungsartikel mit der Schlagzeile »Zwanzigjähriger im Wald erstochen« auf dieselbe Art auf, wie das Grab verschwunden war. Jana kannte den Artikel. Es war der, der von Jakobs Tod berichtete. Doch plötzlich verschwammen die Buchstaben und setzten sich wieder neu zusammen. Jana erschrak. Sie kniff die Augen entsetzt zusammen, doch die leuchtend roten Buchstaben verschwanden nicht.
»Nein!«, stieß sie halblaut hervor.
Dann war alles wieder vorbei, doch ihr stiegen die Tränen in die Augen. Laut schluchzend fiel sie vor dem Grab auf die Knie und vergrub das Gesicht in den Händen.
»Nein!«, schluchzte sie noch einmal auf.
Jana nahm die zittrigen Hände vom Gesicht. Wieder verschwamm das Grab vor ihren Augen, diesmal wegen ihrer Tränen. Warum hatte er ihr nie erzählt, wo er die ganze Zeit gesteckt hatte? Hatte sie ihn nicht gesehen, in der Dunkelheit? Manchmal mit einem roten Umhang, manchmal einen großen Rubin um den Hals. Warum hatte sie sich nie gefragt, was dieser Rubin für eine Rolle spielte?
Plötzlich versiegten ihre Tränen und Jana hob den Kopf. Bis heute hatte niemand die Todesursache herausfinden können, bis heute... Jana holte das Stück Papier aus ihrer Hosentasche und faltete es auseinander. Noch einmal las sie den Artikel durch, dann stand sie auf. Festentschlossen schaute sie auf den Schriftzug des Grabes.
»Ich werde es herausfinden!«, flüsterte sie und schaute ein letztes Mal auf den Artikel. »Versprochen!«
Trotzdem fiel ihr die rote Schrift aus ihrer Vision ein: »Jugendliche bei Klippen verunglückt«
Es war schon viertel vor elf und Annette wusste, dass bald die ersten Reitschüler kommen würden. Trotzdem fing sie Lukas noch einmal im Büro ab. Er sah sie halb erwartungsvoll, halb besorgt an, als sie nach dem Zeitungsartikel suchte. Doch der lag nicht mehr an der Stelle, an der sie ihn am Morgen hingelegt hatte.
»Du suchst doch nicht etwa den Artikel, oder?«, fragte Lukas.
»Doch!«, antwortete Annette und schaute ihn verzweifelt an.
Er seufzte und zog sie auf seinen Schoß.
»Anni, jetzt hör doch mal auf. Jana hat doch selbst gesagt, dass es ihr gut geht. Du machst dir viel zu viele Sorgen«, flüsterte er beruhigend, aber auch etwas streng.
»Das hast du bei Jakob auch gesagt!« Sie schniefte. »Und dann...dann« Sie ließ den Satz in der Luft hängen, denn sie wussten beide, was dann passiert war.
»Du weißt doch gar nicht, ob Jana wieder Visionen hat. Außerdem bedeutet eine Vision nicht gleich, dass jemand stirbt!«
»Aber sie meinte, dass sie wieder diesen Traum hat«, entgegnete Annette trotzig.
Warum widersprach sie eigentlich? Vielleicht hatte Lukas ja recht. Sie machte sich wirklich zu viele Sorgen.
»Weißt du...«, durchbrach Lukas das Schweigen. Er räusperte sich. »Jetzt glauben sie, dass es in der alten Burg spukt.«
Sie sah ihn erstaunt an. Was wollte er damit sagen?
»Wie meinst du das?«, fragte sie.
Lukas griff ins Regal hinter sich und holte die Zeitung hervor, die er vor Kurzem noch gelesen hatte. Er blätterte eine Weile suchend darin herum, bis er sie ihr schließlich in die Hand drückte und auf einen Artikel deutete. Schnell überflog Annette ihn.
»Die Burg«, murmelte sie. »Jakob ist nicht weit von ihr gefunden worden.«
»Genau«, sagte Lukas. »Er hatte doch von diesem Lord Braton geredet. Da drin steht, dass man in den oberen Bereichen Bilder von ihm und seiner Frau gefunden hat. Allerdings passierten merkwürdige Dinge bei den Untersuchungen und man konnte nicht tiefer eindringen. Deshalb haben sie die Burg schon vor Jahrzehnten aufgegeben. Aber seit einigen Jahren passiert hier und da mal was Merkwürdiges und...«
»Und das haben ein paar Journalisten aufgeschnappt und krempeln die ganze Geschichte wieder auf«, vollendete Annette den Satz und seufzte.
»Ja!« Lukas nickte seufzend. »Jetzt bringen sie Unfälle in der Nähe damit in Verbindung.«
Annette vergrub stöhnend das Gesicht in ihren Händen.
»Also auch Jakob«, murmelte sie niedergeschlagen.
Lukas seufzte nur als Antwort. »Schlimm genug, dass Jana wieder von den Gängen träumt.«
Annette hob den Kopf. »Also doch!«
»Ich gebe zu, dass es wahrscheinlich gefährlich werden wird, aber das heißt noch lange nicht, dass hier irgendjemand stirbt!«, sagte Lukas mit Nachdruck. »Sie sollte uns nur erzählen, wann sie Visionen hat und was darin vorkommt. Vielleicht können wir sie ja dieses Mal richtig deuten«, fügte er hinzu.
»Aber«, begann sie, doch er unterbrach sie.