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Denkmäler erzählen dem Betrachter eine Geschichte. Ein Engel als Denkmal an solch einer exponierten Lage in Baden-Baden mit einer architektonischen Säulenhalle im Hintergrund ist eher ungewöhnlich. Ein Engel aus Dankbarkeit? Der zeitgenössische Betrachter war oftmals noch mit der Entstehungsgeschichte des Denkmals vertraut. Der Name Fürstenbergdenkmal führt uns auf die Spur des Erbauers und dessen Geschichte. Die Schönheit und Komplexität des Denkmals, wann es entstand und weshalb es sein Erbauer dort errichten ließ, soll in diesem Buch gelüftet werden. Die angrenzende Engelswiese leitet den Blick des Besuchers auf das neue Schloss, die Stadt und das Fürstenbergdenkmal. Die wenig genutzte Fläche birgt Gestaltungspotenzial. Der Baden-Badener Künstler Claus Kohr beschreibt seinen Eindruck vom Engel und der Engelswiese. Ganz im Sinne des Vereins PKWS e.V. (Projekte in Kunst, Wissenschaft und Sozialem) werden Ideen und Lösungen für die Engelswiese vorgestellt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 42
Veröffentlichungsjahr: 2022
Vorwort
Die Zeit um 1870
Fürstenbergdenkmal am Hungerberg
Zustand und Renovierung 2020
Was ist eigentlich ein Engel?
Schutzengel
Der Engel – ein unterschätzter Kunstschatz
Engelsdenkmal ─ architektonische Beschreibung
Engelswiese
Projekt Engelswiese
Gesamtkunstwerk Engelswiese
Bürgeraktion
Und die anderen Mitwirkenden
Vom Hilfswerk Elisabeth e. V. zum PKWS e. V
In diesem Buch wird beschrieben, wie ein kleiner Verein eine Renovierung eines Denkmals in Baden-Baden angeregt hat. Es gibt zahlreiche Denkmäler und Bauten, die oft leider dem Verfall preisgegeben sind. Nicht jeder Verfall, der das Desinteresse der Gesellschaft zeigt, ist negativ zu bewerten.
Das Fürstenbergdenkmal ragt heraus, weil es ein sehr oft missverstandenes und schönes Beispiel für den Umgang von Gästen mit Baden-Baden ist. Die Google-Einträge zum Engel und Fürstenbergdenkmal zeigen das Problem auf: scheinbares Desinteresse der Stadt und der Bürger, Interesse bei den Besuchern, mehr über das Bauwerk zu erfahren.
Bei der Stadtverwaltung haben wir ebenfalls zunächst Desinteresse angetroffen. Dann wurde mit Heinz Gehri der richtige Ansprechpartner gefunden und mit seiner Überzeugungskraft eine Renovierung zügig angeschoben. Die ca. 160.000 Euro reichten aus, um das Denkmal zu erhalten. Um es zu einem Teil der Stadt Baden-Baden fördernden Infrastruktur werden zu lassen, müssten weitere Maßnahmen wie Beleuchtung folgen.
Beim Schreiben des Buchs sammelten wir immer mehr Anregungen zur weiteren Nutzung der Engelswiese, die wir Ihnen im Kapitel „Projekt Engelswiese“ vorstellen, auch wenn es sich teilweise „nur“ um Ideen und alte Geschichten handelt. Vielleicht lässt sich die Stadt Baden-Baden oder das Land Baden-Württemberg doch noch zu Änderungen überzeugen?
Die eigentliche Faszination dieses Denkmals und der Engelswiese liegt in der exponierten Lage und ihrer Ausstrahlung. Uns als Vereinsmitglieder regte dies zu weiteren Erkundungen an, wie z. B. einer Beleuchtung und damit verbunden der besseren Sichtbarkeit dieses Kunstwerks: Wenige Beispiele finden Sie auf den folgenden Seiten. Es wäre schade, wenn diese einfachen Schritte nicht gegangen würden!
Und so ganz nebenbei möchten wir anhand von historischem Material zeigen, welche Schätze und welches Verständnis der aktuellen Lage man in alten Bildern finden kann. Tauchen Sie mit uns in die Welt vor über 100 Jahren ein, eine Welt, deren Bilder leider oft unwiederbringlich verloren sind, stellen Sie sich eine Welt in 100 Jahren vor, in der die hier genannten Änderungen und neuen Baukörper wie selbstverständlich und immer schon da gewesen angesehen werden!
Baden-Baden, im August 2022
Jo Horstkotte
Als das Fürstenbergdenkmal 1870 gebaut wurde, war das mittelalterliche Baden-Baden bereits seit 200 Jahren zerstört. Die Truppen des französischen Marschalls Graf Duras hatten es auf Befehl Ludwigs XIV. am 24. August 1689 in Schutt und Asche gelegt. Der Sonnenkönig, der Versailles wesentlich prägte, hatte hier im Rheingraben zahlreiche Schlösser und Städte zerstört. Von dieser Zerstörung erholte sich die Stadt erst Jahre später durch das Bauprogramm des Großherzogs Carl Friedrich (1728 bis 1811), so wurde das Promenadenhaus als Vorläufer des jetzigen Kurhauses ab 1766 gebaut.
Der Baudirektor Friedrich Weinbrenner erbaute 1824 einen nach ihm „Weinbrennersaal“ genannten Teil des Kurhauses und erweiterte diese Bauten immer wieder entsprechend. Damals fand sich hier eine Sommergesellschaft ein, welche die Thermalquellen und mehr noch die Gelegenheit zum Spielen im Spielcasino nutzten. Königin Luise von Preußen kam seit 1850 zum jährlichen Sommeraufenthalt nach Baden-Baden. Dem Wunsch der Königin von Preußen entsprechend galt es „die Badener Kur zu gebrauchen und die Landschaft genießen zu wollen“. Seit 1801 war das Glücksspiel konzessioniert und überwacht möglich.
Zum Publikumsmagneten wurde es durch die Aktivitäten des französischen Unternehmers Jacques Bénazet (1778 bis 1848), der Baden-Baden zur „Sommerhauptstadt Europas“ machte. Es gab neben den auch jetzt noch beliebten Spielarten wie Roulette auch Kostümbälle. Der optisch etwas nüchterne Weinbrennersaal wurde erweitert, letztlich dann doch durch einen pompösen Neubau mit viel Gold und Kronleuchtern, eben der jetzigen Spielbank (dem Casino) ersetzt. Der Sohn Eduard Oscar Bénazet führte dies weiter fort und ergänzte Pferderennen in Iffezheim. Leider setzte diesem Treiben der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 ein Ende; französische Gäste blieben aus, alle Spielcasinos in Deutschland schlossen 1872. Die Stadt forcierte daraufhin das Angebot an Badekuren und gesellschaftlichen Ereignissen. Übrigens durfte das Glücksspiel erst wieder nach einem Besuch Adolf Hitlers 1933 starten, aber das ist eine andere Geschichte.
Nun zum Neuen Schloss auf dem Florentinerberg, dem Berg, an dessen städtischer Seite die Thermalquellen entspringen und seit Römerzeiten genutzt werden. Lassen wir einmal alle mittelalterlichen Geschichten weg, denn das Schloss wurde sehr weitgehend 1689 zerstört. Die Reste wurden teilweise aufgebaut, wesentlich 1843 bis 1847 als Sommerresidenz zu dem umgebaut was wir jetzt als das „Neue Schloss“ kennen. In dieser Gestalt war es auch zur Entstehungszeit des Fürstenbergdenkmals zu sehen. Der Schlossgarten war damals öffentlich zugänglich und war, so sagt man, einer der Gründe für die Sommerhauptstadt, weil an diesem Florentinerberg eben auch Pflanzen wuchsen, die sonst nicht nördlich der Alpen überleben konnten.