Das Geheimnis der Artigas Akademie - J.J. Hoiser - E-Book

Das Geheimnis der Artigas Akademie E-Book

J.J. Hoiser

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Beschreibung

Als plötzlich Kinder mit magischen Fähigkeiten geboren werden, bleiben die Behörden in Deutschland völlig ruhig. Es werden keine Helden gesucht und keine Auserwählten gefunden. Denn Magie braucht klare Regeln, strenge Ordnung und vor allem: handfeste Formulare. In dieser spröden neuen Welt der magischen Bürokratie werden Patrick und Lara an die Artigas Akademie geschickt, um dort ihre letzten drei Schuljahre zu verbringen. Sie lernen, wie sie ihre Fähigkeiten kontrollieren können und wie sie am besten weder auffallen noch zu viele Fragen stellen. Aber die beiden Freunde lassen sich den Spaß an ihrer Magie nicht nehmen. Als sie dann auch noch einer Verschwörung auf die Schliche kommen, müssen sie die Magie nutzen, um ihre Schule zu retten.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2022

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J.J. Hoiser

Das Geheimnis der Artigas Akademie

eBook-VersionAuch erhältlich als: TaschenbuchKontakt: jjhoiser.com

Inhaltsverzeichnis

1: Patrick muss sich einem Polohemd stellen

2: Lara macht sich Freunde und Feinde

3: Patrick hört die schlechteste Rede der Welt

4: Lara verliert gegen die Bürokratie

5: Patrick bekommt eine Standpauke

6: Lara erhält eigenartige Post

7: Patrick veranstaltet eine Schlammschlacht

8: Lara macht einen Deal mit einem Opa

9: Patrick gewinnt und verliert eine Debatte

10: Lara und der Braten im Ofen

11: Patrick macht eine Szene

12: Lara hält den Mund

13: Patrick möchte Einzelkind bleiben

14: Lara muss bluten

15: Patrick und seine Freunde machen einen Ausflug

16: Lara geht auf Spurensuche

17: Patrick beschließt einen Feiertag

18: Lara verkleidet sich als Wäschekorb

19: Patrick foltert eine Ziege

20: Lara bekommt eine unfreiwillige Akupunktur

21: Patrick sieht seinen Schulleiter leiden

22: Lara macht Klammern zu einem Accessoire

23: Patricks Wut findet keinen Abnehmer

24: Lara geht auf eine Beerdigung

Über den Autor

Impressum

1: Patrick muss sich einem Polohemd stellen

(HERBST)

Erwartet hatte Patrick Männer in schwarzen Anzügen, die auch bei bedecktem Himmel Sonnenbrillen trugen. Bekommen hatte er zwei Damen mittleren Alters in potentiell selbstgestrickten Ponchos, deren herzlich lachende Gesichter so gar nicht zu der Stimmung passten, die vor der Schule herrschte.

Patricks Freunde aus der 11. Klasse standen mit den Händen in den Jackentaschen bei ihm. Luisa weinte in Calebs Schulter, Julian schaute übertrieben entspannt, um nicht die Wahrheit durchblicken zu lassen. Die war nämlich, dass sie sich seit zehn Jahren kannten, gemeinsam durch jeden Schulstress gegangen waren und Patrick jetzt die Schule verließ, um auf die Artigas Akademie für Magier zu wechseln.

Neben Patrick stand Lara. Ihre weit aufgerissenen Augen verrieten, dass sie genauso wenig mit den beiden Ponchodamen gerechnet hatte wie er selbst.

„Es freut mich so, euch zu treffen“, sagte die linke Dame im dunkelgrünen Poncho. „Es ist immer so schön, neue Schüler abzuholen. Wisst ihr? Und dazu noch zwei so anständige junge Menschen.“

Patrick schaute an sich herab. Er trug Jeans, ein weißes T-Shirt mit generischer Markenaufschrift und eine Übergangsjacke. Okay, ja, ihm konnte man auf den ersten Blick vielleicht Anständigkeit nachsagen. Aber Laras Haare schimmerten noch leicht rötlich von der letzten Party, auf der sie sie rot gefärbt hatte – einfach, weil sie es konnte. Ihre Hose hatte Flecken vom Kunstunterricht und sie trug keine Jacke. Wahrscheinlich hatte sie morgens nicht daran gedacht, dass es im September kalt war.

„Ähm“, sagte Lara. „Ich freue mich auch?“

Die Frau griff Laras Hände und zog sie näher. Lara performte daraufhin: Eine Katze, die man gegen ihren Willen zu einer Umarmung zwingt. Doch natürlich half das nichts, denn die Frau spielte gleichzeitig: Eine Frau, der es egal ist, ob andere leiden. Also umklammerte sie weiter Laras Hände und die zog sie weiterhin zurück und es entstand ein komischer kleiner Tanz. Patrick konnte es kaum mitansehen, also sagte er lieber etwas.

„Ich bin Patrick.“

„Hallo“, sagte die andere Dame, die weiterhin strahlte, aber freundlicherweise Abstand hielt. „Wir würden euch dann zur Akademie fahren. Eure Eltern wissen schon Bescheid, eure Sachen warten auf euch.“

„Cool.“

Wahrscheinlich sollte er netter sein oder vielleicht aufgeregter. Doch als er sich zu seinen Freunden drehte, war er niedergeschlagen. Julian gab ihm eine lockere Umarmung, Luisa drückte ihm die Luft ab und Caleb beließ es bei einem Klopfen auf die Schulter. Als Patrick nach oben zur Schule schaute, sah er noch die dutzenden anderen Schüler – von denen ihn vielleicht die Hälfte beim Namen nennen konnte –, die mit ihren Smartphones filmten und winkten, als wären sie genauso eng mit ihm wie Julian und die anderen.

Patrick fühlte sich nicht, als wäre er anders als diejenigen, die jetzt auf ihn herabsahen. Doch schon der Hauch von magischen Kräften verpflichtete dazu, die Grundausbildung an einer Akademie zu absolvieren. Patrick hatte seine Fähigkeiten von seinem Großvater geerbt, bei Lara fand man Spuren bei ihren Eltern, die jedoch selbst nie auch nur einen Wassertropfen bewegt oder einen Windhauch erzeugt hatten.

Schon eigenartig, dachte Patrick, dass da draußen echte Magier herumliefen, Felsen zersplitterten und Feuer löschten, die alle einmal dieselbe Grundausbildung durchlaufen hatten, die er nun bekommen würde.

Patrick winkte seinen Freunden noch mal zu, dann stieg er mit den Ponchodamen und Lara in einen blauen Ford Fiesta.

„Ihr seid so ruhig. Ist alles in Ordnung?“, fragte die Aufdringlichere.

„Alles bestens“, antwortete Patrick.

Lara hing mittlerweile an ihrem Smartphone. Patrick erhaschte einen Blick auf Instagram – ihre Mitschüler posteten Fotos und Storys über diesen besonderen Tag, an dem gleich zwei aus ihrer Schule an eine Akademie berufen wurden. Patrick schaute lieber aus dem Fenster, denn er konnte sich schon denken, dass nun wild spekuliert wurde, ob sie ihre Fähigkeiten jemals in der Schule genutzt hatten. Die Antworten lauteten: Nein (für ihn) und Ja (für Lara).

Es nieselte und hinter der nassen Scheibe zog die Stadt vorbei, die Patrick als sein Zuhause kannte. Schwerin brachte beeindruckend wenige Magier hervor, wenn man bedachte, dass die Artigas Akademie gleich vor der Stadtgrenze lag.

„Stimmt es eigentlich, dass Smartphones nur am Wochenende erlaubt sind?“, fragte Lara und lehnte sich leicht zwischen die Vordersitze.

„Das ist richtig. Es mag am Anfang schwer sein, doch es ist besser für euch und alle Magier“, antwortete die Aufdringliche.

Lara lehnte sich zurück und suchte Patricks Blick.

„Ich kann drauf verzichten“, sagte sie. „Hast du mal Instagram geöffnet?“

„Mein Akku war leer nachdem die Durchsage über die Lautsprecher kam. Einige haben versucht, mich noch während des Unterrichts anzurufen.“

Obwohl er nicht unbedingt ein Außenseiter war, konnte sich Patrick beim besten Willen nicht vorstellen, dass auch nur einer dieser Anrufe aufrichtig gewesen wäre. Nur weil er Tippy Schmidt in der sechsten Klasse mal eine Hälfte seines Brötchens gegeben hatte, bedeutete das nicht, dass er mit ihr über seine Magie sprechen musste. Er wusste ja selbst kaum, was jetzt auf ihn zukam.

„Wir können zu Besuch nach Hause kommen“, sagte Lara.

„Ich weiß.“

„Du siehst traurig aus. Dir ist schon klar, dass wir an der Akademie lernen, wie man den Regen stoppt, der vom Himmel fällt, und die Luft herunterkühlt, die ein Feuer speist?“

Patrick lachte. Denn diese Art zu sprechen, kam ganz klar nicht von Lara. Diese Aussage stammte aus dem Informationsvideo, das sie alle in der 1. Klasse anschauen mussten. Überall, in ganz Europa – und wahrscheinlich auf der ganzen Welt – wurde Kindern von Anfang an erklärt, dass es da einige unter ihnen gab, die magische Fähigkeiten hatten.

Sie passierten die Stadtgrenze in Richtung Süden und aus hohen Gebäuden, Menschen auf dem Weg zur Arbeit und der Tankstelle, die auch an Minderjährige Alkohol verkaufte, wurden offene Felder, sporadische Wäldchen und ein paar Rehe. Sie fuhren noch durch ein kleines Dorf, dann, nur 15 Minuten nachdem sie Schwerin verlassen hatten, bogen sie von der Hauptstraße ab und fuhren durch ein Waldstück bis hin zu einem riesigen Stahltor. Links und rechts davon gab es eine vier Meter hohe Mauer. Patrick und Lara lehnten sich durch die Vordersitze und wären beinahe mit den Köpfen zusammengestoßen. Durch die dicken Gitterstäbe konnte man nur eine Schotterstraße und Hecken erkennen.

„Keine Sorge, ihr werdet genug Zeit haben, euch umzuschauen,“ sagte die Fahrerin.

Die andere Frau stieg kurz aus, um das Stahltor weiter aufzuschieben, obwohl der kleine Wagen problemlos hindurchgepasst hätte. Ein gelangweilter Sicherheitsmann beobachtete sie dabei und guckte dann wieder auf seine Zeitung.

Zunächst fuhren sie (übertrieben langsam) geradeaus zwischen zwei Hecken entlang. Eine enge Kurve führte nach rechts und nun waren sie vollständig von Hecken umgeben. Sie tuckerten im Schritttempo weiter, machten noch eine Rechtskurve, dann eine Linkskurve. Dort kam ihnen ein grauer Kleinwagen entgegen.

„Imran!“, rief die Ponchodame freudig aus dem Fahrerfenster.

Der Mann in dem grauen Auto – wahrscheinlich Imran – hielt genau neben ihnen und kurbelte (ja, kurbelte) sein Fenster herunter.

„Heidi, wie sieht es aus?“, fragte er.

Imran reckte den Hals ein wenig, um auf die Rückbank zu Patrick und Lara zu gucken. In seinem Auto saß allerdings niemand außer er selbst.

„Ach, zwei ganz liebe Schüler. Die sind so nervös, die haben kaum Fragen gestellt.“

„Da habt ihr Glück. Der Letzte, den ich abgeholt habe, der hat in 90 Minuten nicht einmal Luft geholt, glaube ich.“

Imran lachte und sein grauer Bart wackelte unter seiner Nase.

„Es ist immer wieder spannend, wie unterschiedlich die Schüler reagieren. Hast du von Ilka gehört? Die musste letztens die Polizei dazu rufen, weil zwei Kinder aus einer Familie gar nicht mitfahren wollten. Das geht jetzt wohl vor das Gericht.“

Patrick hörte neben sich ein Geräusch und wurde von dem Gespräch abgelenkt. Lara hämmerte ihre Stirn gegen den Vordersitz.

„Alles okay?“, fragte er.

„Ich will da jetzt hin. Seit zwei Wochen kann ich an nichts anderes mehr denken.“

Hinter ihnen hupte es und beide erschraken. Die Ponchodamen entschuldigten sich und fuhren weiter. Endlich kamen sie aus dem Heckenlabyrinth heraus. Ein Garten umgab sie, der voll mit Springbrunnen, Gewächshäusern und Blumen war. Einige bunte Blätter lagen schon herum, die wohl über die Mauer geweht worden waren, die hier noch Hunderte Meter entfernt war.

„Können wir zu Fuß gehen?“, fragte Lara – die Hand schon am Türgriff.

Das Auto beschleunigte ein wenig und sie erreichten endlich die Akademie. Die Front war blitzsauber aus hellgrauem Gestein. Wahrscheinlich um die 50 Meter breit. Unzählige Fenster strahlten ihnen entgegen, doch dahinter sah Patrick keine Schüler. Stattdessen spiegelte sich in den Fenstern der wolkenbehangene Himmel.

Lara stieg in dem Moment aus, in dem das Auto zum Stehen kam, vielleicht auch eine halbe Sekunde früher. Patrick folgte ihr und atmete tief ein. Es roch nach Erde und Blättern und etwas, was er nicht kannte. Es erinnerte ihn an den Geruch eines geputzten Zimmers, aber ohne den beißenden Putzmittelgestank.

„Lasst euch von dem ersten Eindruck nicht täuschen“, sagte ein Mann, der aus dem Haupteingang der Akademie kam. „Ich schwöre, das ist nur für die Zeitungen, drinnen ist es schöner.“

Seine Haut sah aus wie Leder und hing so nah an den Knochen, dass Patrick sofort daran dachte, wie Skelette aussahen – was ihm sonst nicht passierte, wenn er einen anderen Menschen anschaute. Der Mann reichte Lara die Hand und schüttelte sie kurz und schmerzlos.

„Freut mich“, sagte Lara.

„Ich bin Patrick“, sagte Patrick schnell und ging dem Mann entgegen, um ihm auch die Hand zu schütteln.

„Willkommen an der Artigas Akademie“, sagte er. „Ich bin Walter Hochmeier und werde euer Lehrer für Recht und Ordnung sein.“

„Es gibt ein Fach namens Recht und Ordnung?“, fragte Lara.

„Natürlich. Wenn ihr nach eurer Zeit hier zurück in die Welt geht, müsst ihr wissen, was ihr dürft, was nicht, und wann und wo ihr um Hilfe bitten könnt. Glaubt mir, ich weiß genau, wie meine Schüler über dieses Fach denken. Aber wenn ich sie dann mal wiedertreffe, sagen sie mir durch die Bank weg, dass ihnen kein Fach wichtiger war als dieses.“

Herr Hochmeier deutete in Richtung des Haupteingangs und Patrick schulterte seinen Rucksack. Darin lagen Bücher für Biologie und Mathe, außerdem Lineale. Obwohl er wusste, dass sie früher oder später abgeholt werden würden, musste er ja darauf vorbereitet sein, noch Tests in seiner alten Schule zu schreiben.

Die Türen des Haupteingangs waren automatische Glastüren, die seitlich öffneten. Doch Patrick sah sofort, dass an den Wänden auch dicke Holztüren standen, die wahrscheinlich aus früheren Jahren stammten. Sie sahen nicht mehr nutzbar aus.

Die Eingangshalle glich einer Hotelrezeption. Fliesen auf dem Boden, ein Tresen mit einem Mann dahinter, der auf einer Tastatur herumtippte. Als er die zwei Neuankömmlinge sah, schaute er lächelnd auf.

„Wen haben wir denn da?“, fragte er.

„Patrick Sennheim und Lara Gill“, sagte Herr Hochmeier.

„Ah!“, machte der Mann und richtete sein langes Haar. „Die habe ich doch gerade erst irgendwo gesehen. Ja, hier.“

Er legte vier Schlüssel auf den Tresen. Dann tippte er wieder auf seiner Tastatur und er schaute erst wieder auf, als die Glastüren sich öffneten und ein breitschultriger Schüler hereinkam, der seine Begleitung um zwei Köpfe überragte.

Herr Hochmeier schnappte sich die Schlüssel und führte sie erst links am Tresen vorbei, dann einen Flur entlang. Nur zwei Türen gingen vom Flur ab und Herr Hochmeier öffnete eine von ihnen mit seinem Schlüssel. Dahinter kam die wahre Akademie zum Vorschein.

Wärme strahlte ihnen entgegen und aus dem aalglatten Anschein der Akademie wurde sofort etwas mit Persönlichkeit. Sie gingen in einen Raum mit einer hohen Decke. Überall standen vereinzelt Bücherregale herum, zwischen ihnen waren die Wände voll mit Graffiti. Der Boden war mit Teppich ausgelegt und Sessel, Sofas und andere Sitzgelegenheiten waren wahllos im Raum verteilt. Gerade mal zwei Schüler saßen an einem Tisch in der Ecke und lasen in Büchern. Den Look der Aufenthaltsräume sah man nicht in den Broschüren und sie wurden auch nicht in den Informationsvideos für Kinder gezeigt.

„Hier entlang“, sagte Herr Hochmeier und holte Patrick aus dem Staunen heraus.

Sie gingen am äußeren Rand des Zimmers entlang und kamen dann durch eine offene Tür wieder in einen Flur, von dem noch mal etliche weitere Räume abgingen, die dem anderen ähnelten. Manche waren etwas ordentlicher, andere voller Grünpflanzen und in einem sah Patrick sogar einen Golden Retriever herumlaufen.

„Hunde sind hier erlaubt?“, fragte Lara und blieb vor dem besagten Raum stehen.

„Nein, eigentlich nicht.“

Sie liefen weiter und kamen in die Cafeteria. Dort roch es nach Kantinenessen und es liefen ein paar Mitarbeiter in weißer Kleidung herum. Behälter wurden mit Kartoffeln und Soßen gefüllt, Teller gestapelt und Tische abgewischt. Herr Hochmeier zog sich einen Stuhl von einem der bereits sauberen Tische hervor und deutete Patrick und Lara an, sich zu ihm zu setzen.

„Eure Zimmernummern sind 123 und 125. Neulinge kommen immer zu zweit in ein neues Zimmer – ihr werdet also jemanden haben, der sich ebenfalls noch nicht auskennt. Solltet ihr euch in einem Mädchen- oder Jungenzimmer nicht wohlfühlen, sprecht mit der Sekretärin des Schulleiters und es lässt sich eine Lösung finden.“

Er schob Patrick die Schlüssel mit den schwarzen Bändchen zu und Lara die mit den weißen Bändchen. Darauf standen keine Nummern.

„Ihr müsst stets eure Schlüssel dabeihaben, um euch durch die Akademie zu bewegen. Verliert ihr den Hauptschlüssel, müssen für alle Schüler neue Exemplare angefertigt werden, was uns mehrere tausend Euro kosten wird. Mit anderen Worten: Verliert eure Schlüssel nicht.“

Patrick warf Lara einen Blick zu, der der Aussage von Herrn Hochmeier noch mal Nachdruck verleihen sollte. Denn sie saß hier noch immer in ihrem T-Shirt, weil sie ihre Jacke vergessen hatte, und kein Name stand häufiger in den Klassenbüchern unter „Arbeitsmaterial fehlt“ als ihrer.

„Guck nicht so“, gab sie zurück und umklammerte die Schlüssel. „Ich kriege das hin.“

„Freut mich, das zu hören“, sagte Herr Hochmeier. „Dann lasse ich euch jetzt allein und hole die nächsten Schüler. Eure Zimmer findet ihr im ersten Stock. Das gesamte Erdgeschoss ist für Freizeit und Unterricht gedacht. Wir sind genau zwischen dem Ostflügel, wo die Aufenthaltsräume sind und dem Westflügel, wo ihr Unterricht habt. Das steht aber auch alles in den Empfangsmappen, die in euren Zimmern auf euch warten.“

Und dann ging er einfach so wieder aus der Cafeteria heraus und ließ sie sitzen. Das Klirren der Teller ging weiter, Patrick und Lara beobachteten die Vögel, die auf dem Innenhof vor den Fenstern umherhüpften, und dann ertönten über Lautsprecher drei kurze Schläge.

„Und nu?“, fragte Patrick.

„Na wir schauen uns um!“

Sie gingen aus der Cafeteria heraus und kamen an eine Treppe, die mit Teppich ausgelegt und wunderschön breit war. Warum wunderschön? Weil in diesem Moment dutzende Schritte zu hören waren und Schüler die Treppe herunterliefen. Patrick und Lara standen ihnen im Weg, doch niemand kümmerte sich groß darum.

Patrick wich ein paar Leuten aus und fragte sich, wo er hier nur gelandet war.

„Man sollte meinen, es wäre was Besonderes, wenn neue … Lara?“

Lara folgte dem Mädchen mit dem Golden Retriever, die gerade aus der Cafeteria kam, bevor diese sich mit Schülern füllte. Das Mädchen sah äußerst verwirrt aus und Patrick meinte eine gewisse Arroganz zu erkennen – es wäre auch typisch für Lara, wenn sie gleich jemanden verärgerte, der ihr das Leben schwermachen konnte.

„Lara, komm schon, können wir wenigstens den ersten Tag zusammenhalten?“, rief er ihr nach.

„Machen wir doch“, rief sie und gab dabei die gleiche Energie von sich wie der Retriever, nur dass sie nicht mit dem Schwanz wackeln konnte. „Ich bin sofort da, versprochen.“

Patrick seufzte und machte sich daran, die Treppe zu erklimmen. Nur wenige Schüler kamen ihm noch entgegen, doch plötzlich stand ein Junge vor ihm und versperrte ihm den Weg.

„Na, Neuer, wohin so schnell?“

Der Typ war einige Zentimeter kleiner als Patrick, stand aber zwei Stufen über ihm, was das wieder ausglich. Er trug eine Brille mit dickem Rahmen und ein Shirt mit goldenem Kragen, der selbst in dem etwas schummrigen Licht des Flurs glitzerte.

„In mein Zimmer, ich bin neu hier.“

„Hm, ich glaube, du solltest hierbleiben.“

„Wieso?“

Er hob die Schultern, ließ sie wieder sinken und als Patrick einen Schritt nach rechts machte, tat er es ihm gleich. Großartig, dachte sich Patrick, hier kommt der Schulidiot.

2: Lara macht sich Freunde und Feinde

„Bist du bald fertig?“, fragte das Mädchen mit dem Hund.

Lara knuddelte den Retriever noch mal ordentlich hinter den Ohren, was mit einem zufriedenen Grunzen gedankt wurde. Soweit sie sehen konnte, gab es keinen Grund, ihn nicht weiter zu streicheln.

„Er mag das“, sagte sie.

„Und ich habe Besseres zu tun.“

Lara schaute auf. Das Mädchen war äußerst irritierend. Nicht, dass sie nicht hübsch gewesen wäre, doch ihre Haare saßen zu glatt, ihre braunen Augen schienen nur Genervtheit auszustrahlen und obwohl sie einen Hund hatte, fand sich auf ihrer Kleidung kein Haar. Jemanden, der auf Anhieb so wenig Persönlichkeit ausstrahlte, hatte Lara noch nie gesehen.

„Ich würde ihn dir abnehmen, wenn du willst“, sagte Lara, in der Hoffnung, ein wenig zu reizen.

„Er gehört nicht mir, also wäre das keine gute Idee.“

„Du hast ihn also gestohlen?“

„Nein.“

Keine Empörung über die Anschuldigung, keine witzige Antwort. Lara hoffte inständig, dass sie hier an einen Ausnahmefall geraten war und nicht alle Schüler an der Akademie so furchtbar aalglatt waren. Sie streichelte dem Hund noch einmal über den Kopf, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und schaute sich nach Patrick um.

„Patrick“, rief Lara und ging zu ihm. „Was machst du da?“

Er stand auf der zweiten Stufe der Treppe und diskutierte mit einem Typen, der ein Poloshirt mit goldenem Rand trug. Wow, da wollte jemand unbedingt, dass seine Kleidung zu seiner Persönlichkeit passte. Als Patrick einen Schritt nach vorne machte, drückte der Typ ihn wieder zurück.

„Ich mache nichts“, sagte Patrick. „Du musst ihn fragen, was das soll.“

Lara lehnte sich zu Patrick, als wollte sie ihm etwas zuflüstern, sprach aber laut und deutlich:

„Der ist locker einen Kopf kleiner als du und sieht aus, als würde er weinen, wenn er sich einen Nagel abbricht.“

Es funktionierte, der Typ stellte sich vor Lara und streckte ihr die Hand entgegen. Das listige Grinsen verriet, dass er nicht vorhatte, weniger idiotisch zu sein. Er schaute lediglich, mit wem er es zu tun hatte.

„Ich bin Lukas“, sagte er.

Lara klopfte Patrick auf die Schulter, ignorierte die Hand von Lukas und verkniff sich einen Kommentar dazu, dass der Name Lukas unter anderem Lichtbringer bedeutete und er ein blöder Penner war, dem das Licht mal ausgeknipst gehörte. Stattdessen lächelte sie und schob Patrick vor sich her und die Treppe nach oben.

„Du hast da einen Fleck auf deiner Krawatte“, sagte sie.

Lara sah aus dem Augenwinkel, dass hinter ihr ein großer Typ auftauchte und auch das Mädchen mit dem Golden Retriever war wieder da. Es wurde Zeit, sich aus dem Staub zu machen. Glücklicherweise schaute Lukas wirklich nach seiner nicht existierenden Krawatte und das gab ihr und Patrick die Möglichkeit, vorbeizukommen und die Treppen hinter sich zu lassen.

In der ersten Etage schien Licht durch die Fenster, es liefen ein paar Schüler und Lehrer umher und an den Wänden hing gerahmte Kunst. Ein langer Korridor bot Blick auf etliche Türen mit großen weißen Nummern darauf – alle per Hand aufgemalt. Es fühlte sich ein bisschen so an, als wären sie gerade im Ferienlager angekommen.

„Du hättest dem wirklich die Stirn bieten müssen“, sagte Lara und folgte Patrick, der hoffentlich die Zimmernummern im Kopf hatte.

„Ach ja? Soll ich ihm eine verpassen und direkt Ärger bekommen, oder was?“

„Das will ich sehen.“

Patrick würde niemandem eine verpassen. Er war der Junge, der auf das Vogelnest achtete, während alle anderen auf dem Schulhof tobten. Von all den Menschen an ihrer Schule – ihrer alten Schule, dachte sie – fühlte sie sich bei ihm am wohlsten, weil er nicht permanent versuchte, anders als alle anderen zu sein. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass er je etwas getan hatte, nur um zu gefallen.

Sie ließ sich von ihm den Gang entlangführen. Nach etwa zehn Zimmern gab es eine Sitzgelegenheit mit einem Snackautomaten und einer Grünpflanze, dann wieder unendlich viele Zimmer. Sie bogen nach rechts ab. Lara wusste, sie würde sich trotz der großen Zimmernummern ständig verlaufen.

„Hier, Zimmer 123 ist meins, du bist eins weiter“, sagte Patrick.

Lara blieb stehen. Als Patrick den Schlüssel im Schloss nicht drehte, erklärte sie sich.

„Ich will dein Zimmer sehen.“

Er drehte den Schlüssel und zum Vorschein kam ein Dreibettzimmer. Es roch nach Aftershave und Gras. Links standen zwei Betten an einer blau-weißen Wand, dazu ein Kleiderschrank und kleine Nachtischchen. Rechts gab es etwas mehr Charakter, über dem Bett hing ein Bandposter.

„Könnte schlimmer sein“, sagte Lara und schaute über Patricks Schulter. „Ich sehe auf Anhieb nichts, was dich beunruhigen müsste.“

„Lara, es stinkt nach Gras.“

„Dann mach halt ein Fenster auf. Ich gucke mir jetzt meins an.“

Lara trat vor die Tür und musste sich kurz orientieren. Es störte sie, dass Zimmer 125 neben 123 lag. Die geraden Nummern waren auf der anderen Seite des Flures. Sie fummelte den Schlüssel aus ihrer Hosentasche und drehte ihn im Schloss, um endlich zu sehen, wo sie jetzt leben würde.

Was ihr sofort auffiel: Es roch nicht nach Gras, dafür aber nach Kaffee. Das Zimmer war außerdem anders gestaltet – drei Betten standen zu ihrer Linken und nur eines auf der rechten Seite. Es war natürlich belegt, doch immerhin war das Bett frei, das direkt am Fenster stand. Lara sprintete darauf zu und zerknüllte das Kissen. Dann legte sie ihren Schulrucksack auf die kahle Matratze und setzte sich.

Nichts Besonderes passierte. Niemand ließ die Fenster mit einem künstlichen Sturm klirren, keine Berge wurden versetzt und niemand löschte ein Feuer mit magisch gesteuertem Wasser.

Lara saß einfach nur auf ihrem Bett und war nun nicht mehr Schülerin der Lindenschule, sondern der Artigas Akademie. Und wenn sie zum einzigen Zimmertisch schaute, dann lagen darauf sogar noch Papiere – ihre neue Schule gab ihr auf Anhieb Papierkram. Super.

Sie stand auf und schaute sich an, was auf sie zukam. Zwei identische Stapel mit etwa zehn Blättern lagen da. Ein Willkommensbrief, ein paar Informationen zur Hausordnung, Verhalten im Katastrophenfall I (fremdverschuldet), Verhalten im Katastrophenfall II (magische Ursachen) und ein Fragebogen zu Alter, Erfahrung und Krankheiten.

„Oh wow“, sagte jemand.

Lara schaute zur Tür. Dort stand ein Mädchen mit zwei langen geflochtenen Zöpfen und einer Bommelmütze. Ihre Augen rasten praktisch durch den Raum, hielten kurz bei Lara, rasten dann weiter. Während sie sich umschaute, kam sie näher und schüttelte Lara kurz die Hand.

„Oh wow.“

„Ich finde es ein bisschen … einfach“, sagte Lara. „Die Aufenthaltsräume sind so cool und das Zimmer hier könnte genauso gut zu einem 0815-Hostel gehören.“

Das Mädchen setzte sich auf das letzte freie Bett. Lara bemerkte erst jetzt, dass vor dem Kleiderschrank Koffer standen – keiner davon sah aus, als würde er ihr gehören. Sie setzte sich auf ihr Bett.

„Wir dürfen hier gestalten“, sagte das Mädchen – und zwar so, als gäbe es kein größeres Glück auf dieser Erde. „Wenn dir das Zimmer nicht gefällt, kannst du jederzeit was ändern. Mein großer Bruder war schon auf Artigas und er sagt, er hat sich nie wohler gefühlt.“

„Ich bin Lara. Mein großer Bruder war nicht auf einer Akademie, einerseits, weil ich aus meiner Familie die Erste bin, und hauptsächlich, weil ich gar keinen Bruder habe.“

„Uh, das ist selten! Ich bin Crissie.“

„Wenn dein Bruder schon hier war, kennst du dich bestimmt schon aus, oder?“

Lara konnte jemanden gebrauchen, der ihr in den ersten Wochen auf die Finger schaute, damit sie ihr Zimmer fand und nicht etwa im Sportunterricht landete, obwohl sie eigentlich bei Magischer Kultur sitzen müsste.

„Auf jeden Fall, ich habe ihn immer gelöchert“, antwortete Crissie, dann fiel ihre ganze aufgedrehte Aura plötzlich in sich zusammen. „Er lebt jetzt in England, da sehe ich ihn nicht mehr so oft.“

„Was macht er in England?“

Vom Gang her ertönte ein Geräusch, das klang, als würde jemand klopfen. Doch die Tür stand offen, niemand war zu sehen.

„Er ist Praktikant bei einem Bildungsunternehmen, das den Austausch zwischen den Akademien fördert. Manchmal darf er seine Kräfte sogar vorführen, um Investoren zu zeigen, wie gut die Ausbildung ist.“

Es klopfte an der Tür.

„Hast du eben schon mal geklopft?“, fragte Lara den in der Tür stehenden Patrick.

„Das war die Klingel.“

„Ich glaub dir kein Wort“, sagte sie.

Patrick kam ins Zimmer und entdeckte Crissie, die sofort aufsprang und ihm komisch zuwinkte. Dann setzte sie sich wieder.

„Hey, ich bin Patrick.“

„Crissie.“

Mehr nicht, nur ihr Name. Irgendwas stimmte nicht, doch wenn es darum ging, peinliche Stille zu füllen, war Lara jederzeit einsatzbereit.

„Sie ist auch neu“, erklärte sie. „Ihr Bruder war schon Schüler hier und sie weiß mehr als du über die Akademie, also ist sie jetzt meine neue beste Freundin.“

„War ich denn dein alter bester Freund?“

„Du warst ein starker Anwärter auf den Posten, bis es Konkurrenz gab.“

„Danke. Viel Glück, Crissie, du wirst es brauchen.“

Patrick und Lara lachten über ihre eigene Blödheit und leider lachte Crissie nicht mit. Wenn sie hier an jemanden geraten war, der nicht über Albernheit lachte, würde Lara nicht viel zur Freundschaft beitragen können. Doch Crissie schien sich vor allem unwohl zu fühlen.

Lara und Patrick wechselten ein paar fragende Blicke.

„Ich wollte mir gleich mal alles angucken“, sagte Patrick. „Während die anderen im Unterricht sind – ich habe keine Lust, den komischen Polohemd-Typen noch einmal zu treffen. Kommt ihr mit?“

Lara sprang auf und ballte die Hand zur Siegerfaust. Durch die völlige Übertreibung verdeckte sie Patrick so, dass Crissie ihn nicht sah, und deutete mit der nicht geballten Hand an, er solle verschwinden.

„Eine großartige Idee. Crissie, wirst du uns dabei helfen, so als Expertin?“

„Wir sehen uns draußen“, sagte Patrick und verschwand.

Crissie schaute ihm hinterher und schlug die Hände vor das Gesicht.

„Oh Gott, ich habe keinen Ton rausbekommen“, sagte sie (wahrscheinlich zumindest, ihre Hände dämpften die Worte).

„Du hast doch deinen Namen gesagt.“

„Na super, dann weiß er wenigstens, wer so peinlich ist.“

Lara setzte sich zu ihr aufs Bett und redete drauf los, um zu schauen, ob das helfen würde.

„Ich bin echt froh, hier zu sein. Ich meine, man hört ja viel über Magier, ich war auch mal auf dieser Website angemeldet, auf der sie sich präsentieren dürfen und Fragen beantworten. Weißt du was, vielleicht bin ich da immer noch angemeldet. Keine Ahnung. Auf jeden Fall bin ich froh, das jetzt alles mal aus erster Hand zu sehen. Meine Eltern konnten mir überhaupt nicht helfen, die haben nur auf dem Papier Fähigkeiten. Ich weiß gar nicht, wie man es schafft, da nicht alles Mögliche zu probieren, um die Kräfte weiterzuentwickeln.“

„Du redest recht viel, oder?“, fragte Crissie.

Die Reaktion überraschte sie nicht, aber sie tat ihr weh. Man sollte meinen, wenn die dritte Person innerhalb einer Woche sowas zu einem sagte, nachdem man es ohnehin schon sein Leben lang hörte, würde es weniger brutal sein. Lara setzte ihr bestes Lächeln auf und schaltete in den selbstbewussten Modus.

„Aber sowas von. Du kannst mir jederzeit sagen, dass ich die Klappe halten soll. Manchmal musst du das auch, sonst rede ich einfach weiter. Falls du mal jemanden brauchst, der das Reden für dich übernimmt, bin ich aber auch sehr praktisch – zum Beispiel, wenn du keinen Ton rausbekommst, weil Patrick ins Zimmer kommt.“

„Oh Gott, oh Gott, oh Gott“, jammerte Crissie und kniff die Augen zusammen.

„Ich kann dich noch sehen, auch wenn deine Augen zu sind. Unsichtbarkeitsmagie muss erst noch erfunden werden.“

Sie ließ die Augen trotzdem geschlossen.

„Ich kann nicht mit süßen Jungs reden. Zu Hause in Kiel läuft ein Typ rum, der glaubt bis heute, dass ich stumm bin.“

„Ich hoffe, du übertreibst?“, fragte Lara lachend.

„Ich wünschte, es wäre so. Wir haben uns online kennengelernt und ich habe während des ganzen Dates nichts gesagt. Später hat er mir geschrieben, dass er kein Problem mit meiner Behinderung hat, aber ich hätte ehrlich sein sollen.“

Laras Lachen wurde nur lauter und irgendwann stimmte Crissie mit ein. Als aus dem Lachen ein leises Seufzen wurde, kam Lara eine Idee.

„Ich kann versuchen, Patrick weniger süß zu machen! In der fünften Klasse hat er sich im Sportunterricht in die Hose gepinkelt. Sein kleiner Zeh am rechten Fuß ist zu kurz, das sieht richtig komisch aus. Und er wäre vorhin beinahe von einem Typen im Polohemd verprügelt worden.“

„Und das soll ihn jetzt super unattraktiv machen?“, fragte Crissie.

„Nein, aber es soll ihn mal von dem Podest runterholen, den du ihm gerade bauen wolltest. Er ist ein Mensch, er hat Fehler und er ist richtig mies beim Flirten, also glaub mir: Du wirst dich vor ihm gar nicht blamieren können. Behandle ihn einfach wie einen Bruder.“

„Ich möchte meinen Bruder nicht süß finden.“

„Okay, behandle ihn wie den festen Freund einer Schwester – auch wenn er süß ist, musst du ihn als tabu betrachten.“

Crissie ließ sich das durch den Kopf gehen und nickte schließlich. Erleichtert stand Lara auf und sie gingen gemeinsam auf den Flur, wo Lara laut an die offene Tür von Patricks Zimmer klopfte. Natürlich war er schon am Auspacken, während Lara noch nicht einmal wusste, wo ihre Koffer waren.

Gemeinsam gingen sie in die zweite Etage der Akademie. Dort sah es auf den ersten Blick ähnlich aus wie in der ersten Etage. Allerdings gab es statt unzähliger Türen nur eine Handvoll. Die dahinterliegenden Räume waren wohl deutlich größer als die kleinen Schlafräume. Alles sah sauberer aus, es gab kleine Schildchen neben den Türen. Darauf standen Bezeichnungen wie „Konferenzraum 7“ oder „Krankenstation“. Keine der Türen ließ sich mit dem Hauptschlüssel öffnen, also gingen sie stattdessen ins Erdgeschoss.

Dort passierte nicht viel. In der Cafeteria wurde fleißig gearbeitet, in den Aufenthaltsräumen gab es nicht mehr als ein paar Schüler, die wohl Freistunden hatten. Lara hielt Ausschau nach weiteren Hunden oder anderen Tieren, während Patrick die Führung übernahm. Crissie blieb still und nickte manchmal zufrieden, wenn sie etwas entdeckte, was sie wohl durch ihren Bruder kannte.

Sieben Aufenthaltsräume gab es hier und Lara würde mit der Zeit jeden einzelnen untersuchen. Manche schienen penibel sauber zu sein, andere wirkten verrucht und einer war voller Sitzsäcke und Wandteppiche.

Patrick schaute auf seine Uhr und blieb dann auf dem Flur vor der Cafeteria stehen.

„Wir haben noch ein paar Minuten, bis die nächste Unterrichtsstunde vorbei ist. Wollen wir noch kurz in den Westflügel?“

„Dürfen wir das überhaupt?“, fragte Lara. „Wir haben doch erst ab nächster Woche eigene Stunden, oder?“

„Herr Hochmeier hat nicht gesagt, dass wir irgendwo nicht hindürfen“, erwiderte Patrick. „Immerhin haben wir uns dann schon mal orientiert.“

„Gute Idee“, sagte Crissie.

Lara zeigte ihr hinter Patricks Rücken einen Daumen nach oben und Crissie lief nur leicht rosa statt tiefrot an. Sie kannten sich erst seit einer Stunde, aber es war offensichtlich, dass es sich dabei um eine große Leistung handelte.

Patrick führte sie zu einer verschlossenen Doppeltür aus Stahl mit eingesetzten Milchglasscheiben. Der Hauptschlüssel tat seinen Job, anders als in der obersten Etage. Patrick schob die Tür auf und dahinter entdeckten sie Unglaubliches – nämlich, dass es hier furchtbar langweilig aussah. Keine wilden Kletterwände, keine spürbare Magie, einfach nur ein weiterer Flur.

Sie konnten durch kleine Fenster in den Türen in die Klassenräume sehen – darin saßen um die 15 Schüler pro Klasse. Einige entdeckten die drei Neugierigen in den Fenstern, doch falls die Lehrer es auch bemerkten, sagten sie nichts. Wahrscheinlich war das nichts Ungewöhnliches, wenn die Neulinge ankamen.

Eine Schülerin mit blauem Haar winkte. Ein Lehrer mit runder Brille nickte ihnen zu. In einem Raum schien gerade gar kein Lehrer zu sein und die Schüler unterhielten sich alle miteinander.

Lara trat von der Tür zurück und schaute hoffnungsvoll den Flur entlang. Dumpfes Poltern war zu hören und einige Rufe. Dort musste das echte Training stattfinden. Sie ging los, da öffnete sich die Tür zum Klassenzimmer. Goldrand-Polohemd legte Patrick den Arm um die Schulter (was eigenartig aussah, da er deutlich kleiner war) und führte ihn in den Raum. Lara konnte nichts machen, außer ihnen zu folgen.

Ein gutes Dutzend Gesichter drehte sich ihnen zu. Polohemd grinste und spielte die Kumpelrolle.

„Guckt mal, neugierige Frischlinge“, sagte er.

Sie standen vor der Tafel wie Vertretungslehrer, die ihren zukünftigen Peinigern vorgestellt wurden. Crissie kauerte an der Tür und wurde weder von Polohemd noch von den anderen Schülern groß wahrgenommen. Unter ihnen entdeckte Lara auch Golden Retriever Mädchen und Schrank-Typ, die beide schon zugeschaut hatten, als Patrick das erste Mal angegangen worden war.

„Wo ist der Hund, den du gestohlen hast?“, fragte Lara, möglichst laut. „Ich bin übrigens Frischling Lara, nur falls es hier zum guten Ton gehört, sich vorzustellen.“

Lara spürte die Blicke. Alle bildeten sich ein erstes Urteil über sie, das sich in den Köpfen festbrennen würde.

„Ich habe ihn nicht gestohlen“, antwortete das Mädchen und rollte ihre Augen.

„Hast du gerade mit den Augen gerollt?“, fragte Lara. „Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“

Einige aus der Klasse lachten oder gaben sonstige Töne von sich. Doch als Polohemd-Goldkragen, alias Lukas, Patrick beiseiteschob und sich vor Lara aufbaute, verstummten sie sofort.

„Was ist dein Problem, Frischling?“

„Was ist dein Problem, Goldie?“

Eine Vene trat auf seiner Stirn hervor und pulsierte munter vor sich hin. Ihm fiel kein cleverer Konter ein. Doch so sehr sich Lara auch über ihn lustig machen wollte, sie spürte deutlich, wie die Stimmung kippte. Goldie war es nicht gewohnt, dass ihn jemand lächerlich machte.

„Sam!“, bellte er, schaute dabei aber weiterhin stur auf Lara.

Ein Plätschern ertönte rechts von Lara. Sam – der große Typ – kippte seine Wasserflasche einfach auf dem Boden aus. Als der letzte Tropfen aufschlug, begann das Wasser, auf dem Boden im Kreis zu fließen. Die Vene auf Goldies Kopf machte Überstunden, doch jetzt spannte sich auch der Rest seines Körpers an, während er weiterhin starrte, als hinge sein Leben davon ab.

„Marique.“

Das Wasser schoss vom Boden auf, klatschte Lara ins Gesicht und es riss sie von den Füßen.

3: Patrick hört die schlechteste Rede der Welt

Das Wasser klatschte auf Lara und auf den Boden um sie herum. Sie rappelte sich sofort wieder auf, doch Patrick war schneller. Er stellte sich vor sie, das Gesicht zu dem Typen gewandt, der gerade Magie missbraucht hatte. Zwei Schüler kamen zu ihm – das Mädchen, das Lara provoziert hatte, und ein Junge, der tatsächlich im Unterricht ein schwarzes Sakko trug.

„Das reicht“, sagte das Mädchen.

Wenn er dem Namen auf ihrer Federmappe trauen durfte, hieß sie Karina. Und wenn er dem Ausdruck auf ihrem Gesicht trauen durfte, dann war sie nicht begeistert davon, dass jemand ihre Kämpfe für sie austragen wollte.

„Die verdienen eine Lektion“, sagte Lukas.

Lara stieß beim Versuch, zu ihm zu gelangen, an Patricks Rücken. Er blieb vor ihr, auch als sie es noch einmal versuchte.

„Wofür?“, fragte Karina. „Weil sie Junioren sind? Lukas, du bist selbst erst ein Jahr hier.“

Das überraschte Patrick kein bisschen. Natürlich würde sich nur jemand so aufführen, der eigentlich nichts auf dem Kasten hatte. Nicht, dass es okay gewesen wäre, wenn er mächtiger oder erfahrener gewesen wäre, doch dann hätte Patrick ihm gerne Respekt gezollt. Aber so?

Lukas drehte sich leicht zu Karina und hob einen Finger in Patricks Richtung, um zu zeigen, dass er jetzt still sein soll. Obwohl er nichts gesagt hatte.

„Karina, du musst lernen, dass man dich nur respektiert, wenn du auch mal den Mund aufmachst. Ich werde nicht immer da sein, um zu helfen.“

Das Wasser auf dem Boden bewegte sich für den Bruchteil einer Sekunde. Patrick konnte es sich eingebildet haben. Nur ganz kurz ein Zucken, wie bei einem Wasserläufer auf einem See. Doch dann zog der Typ im Sakko die gleiche Nummer ab, wie Lukas zuvor mit Patrick und legte Lukas den Arm um die Schulter.

„Ach Leute, ihr seid aber auch empfindlich. Das Semester ist doch gerade mal ein paar Wochen alt – müssen wir uns da wirklich in Streitereien verwickeln?“ Er legte ein Lächeln auf, das einem Zahnpasta-Model Konkurrenz machen konnte, und verwuschelte dann die Haare von Karina. „Schwesterherz, es ist doch alles in Ordnung.“

Zwischen den beiden passierte noch etwas. Eine stille Kommunikation. Es wunderte Patrick nicht, denn vor einigen Sekunden war Karina noch bereit gewesen, Lukas nass zu machen – oder Schlimmeres.

Lukas ging zu seinem Kumpel Sam und die beiden standen lässig am Fenster. Der Junge im Sakko drehte sich Patrick zu.

„Tut mir leid, dass ihr hier so begrüßt werdet. Das sind Neckereien, die schnell nachlassen, keine Sorge.“

Das glaubte ihm keiner. Nicht Patrick, nicht Lara, nicht Lukas und auch nicht er selbst. Diese Runde wurde vielleicht beendet, doch nie im Leben würde ein Typ im Polohemd mit Goldrand einfach aufhören, ein Arsch zu sein.

Eine Lehrerin schob sich an Crissie vorbei, die noch immer an der Tür stand. Die Lehrerin schaute sich um, sah Lara und stemmte die Hände in die Hüften. Ihre Stimme kratzte gefühlt direkt auf dem Trommelfell.

„Also? Hm? Möchte mir jemand sagen, was hier vor sich geht?“

Patrick genoss es zu sehen, wie der Rest der Klasse angespannt die Luft anhielt. Lukas hob die Nase, als sei er bereit, alles abzustreiten. Der Junge im Sakko setzte sich nicht etwa auf einen Stuhl, sondern stellte sich neben den Lehrertisch und wartete ab. Durfte er das?

Wahrscheinlich würde er seinen Charme auch bei der Lehrerin einsetzen, wenn es nötig war. Seine Schwester Karina wartete darauf, was Lara tun würde.

„Also?“, krächzte die Lehrerin. „Ich habe eine Frage gestellt!“

„Nichts ist hier passiert“, antwortete Lara. „Wir sind nur neu hier und wollten einfach fragen, was so auf uns zukommt. Die Klasse hat sehr geholfen.“

Die Lehrerin trat einen Schritt vor und Lara einen zurück.

„Fräulein …?“

„Gill, Lara Gill.“

„Fräulein Gill, Sie sind völlig durchnässt.“

Lara schaute an sich herunter und tastete ihren Bauch, ihre Arme und ihren Hintern ab. Dann übertrieb sie es – wie immer.

„Oh wow, nicht schon wieder. Ich –“

Patrick schob sie an der Lehrerin vorbei zur Tür.

„Tut uns wirklich leid, kommt nicht wieder vor“, sagte er und schob gleich noch Crissie mit raus, die ebenfalls aus dem Schussfeld genommen werden musste.

Patrick schloss die Tür und das grausame Krächzen der Lehrerin wurde ein wenig gedämpft. Alle außer der Junge im Sakko bekamen eine Standpauke, obwohl nur Lukas Mist gebaut hatte. Patrick betete, dass er diese Frau niemals als Lehrerin haben würde.

„Willkommen an der Artigas Akademie“, sagte Lara und im selben Moment tönten die drei Schläge durch die Lautsprecher.

Mit Ausnahme des Raumes, in dem noch immer ein als Lehrerin verkleideter Pterodaktylus schimpfte, öffneten sich alle Türen. Plötzlich standen sie mitten zwischen älteren Schülern und nicht wenige von ihnen bemerkten das nasse Mädchen. Patricks Plan, zunächst mal den Kopf unten zu halten und nicht aufzufallen, war damit hinfällig. Für einen kurzen Moment wollte er sauer auf Lara sein, weil durch sie die Situation eskaliert war. Doch dann zog er seine Jacke aus und gab sie ihr. Lara mochte kein Engel sein, doch hätte er nicht Stress mit Lukas gehabt, hätte sie auch nicht einschreiten müssen.

„Von solchen Leuten hat mein Bruder nicht gesprochen“, sagte Crissie.

Sie holte ein Taschentuch hervor, damit sich Lara wenigstens das Gesicht trocknen konnte.

„Die gab es auch, als dein Bruder hier war“, sagte Patrick. „Solche Leute gibt es immer. Manche sind nur besonders schlimm.“

Patrick dachte an den wilden Blick, den Lukas gehabt hatte, als er das Wasser beschwor. Marique, hatte er gesagt. Beschwörungsnomen mussten sein, sonst war Magie nicht erlaubt. Selbst Feuerwehrmänner im Einsatz murmelten sie noch, selbst wenn niemand auf die Idee kommen würde, sie wegen eines fehlenden Wortes beim Lebenretten anzuzeigen. Es machte Patrick ein wenig Hoffnung, dass Lukas daran gedacht hatte – er schien also nicht völlig wahnsinnig zu sein. Aber er erinnerte sich auch an diesen Hass in seinem Blick. Furchtbar.

„Wir sollten vielleicht lieber auf unsere Zimmer gehen“, sagte Crissie.

„Ja, bitte“, gab Lara etwas niedergeschlagen zurück.

Sie hielt den Kopf unten, während sie sich durch die Schüler kämpften, doch sie fiel trotzdem auf. Wahrscheinlich würde das nur schlimmer werden, wenn die andere Klasse von ihrer Lehrerin befreit wurde. Dann würde das Gerede starten.

Als sie wieder in der ersten Etage ankamen, verschwand Lara sofort wortlos in Zimmer 125. Crissie blieb überraschenderweise zurück und Patrick nutzte die Chance. Irgendwie schien sie mit ihm ein Problem zu haben.

„Dein Bruder war hier Schüler?“, fragte er, obwohl er es schon wusste.

„Ja“, sagte sie und mied seinen Blick. „Er ist vorletztes Jahr abgegangen und macht jetzt ein Praktikum in England. Eigentlich dachte ich, er würde hier einen Job übernehmen oder so. Ihm haben alle immer gesagt, er wäre mega stark und müsste was aus sich machen. Doch irgendwann zwischen dem zweiten und dritten Jahr hat er einfach aufgehört, sich anzustrengen.“

„Stark zu sein, ist ja für Leute wie uns auch nicht immer eine gute Sache“, sagte Patrick. „Die Auflagen sind krass, wenn man ein bestimmtes Kräftelevel übersteigt. Wusstest du, dass Rettungskräfte nicht mal Social Media-Accounts haben dürfen?“

Zum ersten Mal lächelte Crissie und Patrick kam sich blöd vor.

„Das weißt du natürlich“, sagte er schnell. „Sorry. Mein Großvater ist Magier, aber ich bin trotzdem ziemlich normal aufgewachsen.“

„Du musst dich nicht entschuldigen, das ist ja eher die Regel. Kaum jemand ist Magier der dritten Generation.“

Magier gab es erst seit einigen Jahrzehnten – zumindest nachweislich. Deshalb waren ganze Magierfamilien eher selten. Generationen wurden übersprungen, Kräfte blieben verborgen und manchmal traten Kräfte scheinbar zum allerersten Mal in einem Stammbaum auf. Am Ende zeigten alle einen besonderen Marker in ihrem Blut und das führte zur Schulpflicht auf einer Magierakademie.

Es gab etliche Theorien zum Auslöser, doch weder Wissenschaftler noch Politiker konnten sich auf eine Version einigen. Sonneneruptionen, Umweltgifte und Zufall gehörten zu den gängigsten Erklärungsversuchen. Und natürlich: Der Teufel ist auf die Erde zurückgekehrt und diejenigen, die von seiner Hand berührt wurden, sind nun seine treuen Diener.

„Ich glaube, Lara hat Recht“, sagte Patrick. „Dass du dich besser auskennst, könnte hilfreich sein. Ich gebe meine Position als bester Freund auf, damit du den Job übernehmen kannst.“

Das entlockte Crissie ein kleines Lachen.

„Also ich weiß ja nicht, das könnte ein Job für zwei Menschen sein.“

„Keine Ahnung, wie du darauf kommst. Nur weil wir nach wenigen Stunden schon Ärger am Hals haben?“

Ein Mann kam den Flur entlang und hatte zwei Koffer bei sich. Patrick erkannte sowohl den Mann als auch die Koffer. Es war Imran, der Fahrer, den er vor einigen Stunden gesehen hatte, und er trug Laras Koffer – man erkannte sie an den Farbflecken.

„Ah, guten Tag“, sagte Imran.

„Darf ich Ihnen die abnehmen?“, fragte Patrick.

Imran schaute überrascht und guckte noch mal auf den Namen, den er sich auf den Unterarm gekritzelt hatte.

„Du bist Lara?“, fragte er.

„Nein, aber ich bin mit ihr angekommen. Das ist Crissie – ihre Mitbewohnerin.“

„Ah, gut, ja, ich muss wieder los!“

Patrick stellte die beiden Koffer vor der Tür ab und verabschiedete sich von Crissie, die durch die angekommenen Koffer hoffentlich ein wenig mit Laras schlechter Stimmung verhandeln konnte. Er wusste, dass das nicht einfach war. Wenn Lara dicht machte, sprach sie schon mal für einige Stunden überhaupt nicht.

Er ging in sein Zimmer mit der Nummer 123 und schnappte sich seinen Stundenplan. Die Dokumente für seine Akte hatte er bereits ausgefüllt und die Hausordnung gelesen. Keine Magie außerhalb des Westflügels oder der Sportanlagen. Smartphones nur am Wochenende und nur mit begrenztem Datenvolumen. Ungewöhnliche Vorgänge waren einem Lehrer zu melden. Darunter fielen auch Interviewanfragen. Patrick fragte sich, wie wahrscheinlich es wohl war, dass ihn jemals jemand interviewen wollte.

Auf seinem Stundenplan fand er zum einen die Grundfächer: Mathe, Deutsch, Geschichte und Naturwissenschaften. Man gab Magiern nach ihren drei Jahren an einer Akademie meist ein Praktikum, das sie nutzen konnten, um nebenbei Fächer nachzuholen und Prüfungen zu bestehen, damit sie ein Studium absolvieren konnten. Wer in der 10. Klasse an eine Akademie kam, beendete seine Schulzeit wie jeder nicht-magische Schüler. Menschen wie Patrick und Lara würden allerdings erst ein Jahr nach ihren Freunden aus Schwerin einen Abschluss haben.

---ENDE DER LESEPROBE---