Das Geheimnis guter Kommunikation -  - E-Book

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  • Herausgeber: DVA
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Versteh mich nicht falsch!

Ob privat oder professionell, direkt oder digital: Der Mensch ist ein Beziehungswesen und darauf angewiesen, mit anderen in gutem Kontakt zu stehen. Wem es gelingt, den richtigen Ton zu treffen, ist fast immer im Vorteil. Doch worauf kommt es in unterschiedlichen Gesprächssituationen an? Und mit welchen Strategien lässt sich die Verständigung verbessern, beruflich wie privat?

Auf Basis neuester psychologischer Erkenntnisse und aktueller Kommunikationskonzepte gibt das vorliegende Buch Hilfestellung dabei, in jeder Lebenslage erfolgreich zu kommunizieren. SPIEGEL-Autoren und Kommunikationsexperten stellen etwa Trainingsprogramme vor, mit denen man lernen kann, in Partnerschaft und Familie besser miteinander zu sprechen und offener zuzuhören, und sie geben Tipps, wie wir uns bei einer Bewerbung gut präsentieren und konstruktiv mit Kollegen und Chefs umgehen.

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EPUB

Seitenzahl: 192

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Zum Buch

Worte können wie Magie wirken – aber auch verwirren oder verletzen. Doch worauf kommt es in unterschiedlichen Gesprächssituationen an? Wie gelingt gute Kommunikation? Und mit welchen Strategien lässt sich die Verständigung verbessern, beruflich wie privat? Ausgehend von neuesten Erkenntnissen der psychologischen Forschung und mit vielen praktischen Tipps zeigt das vorliegende Buch, was gute Kommunikation ausmacht, wie Konflikte gelöst und Gespräche gelingen können – in allen Lebenslagen und mit allen Gesprächspartnern.

Viten

Angela Gatterburg, geboren 1957, arbeitet seit 1987 beim SPIEGEL in den Bereichen Kultur und Gesellschaft. Seit einigen Jahren beschäftigt sie sich im Ressort Sonderthemen mit den Themen Soziologie, Neurobiologie, Erziehung und Bildung. Bei DVA hat sie das SPIEGEL-Buch Diagnose Burnout (2012) herausgegeben.

Dietmar Pieper, geboren 1963, studierte Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1989 beim SPIEGEL, von 2001 bis 2008 als einer der Leiter des Ressorts Deutsche Politik in Hamburg. Seitdem ist er Ressortleiter für die Heftreihen SPIEGEL GESCHICHTE und SPIEGEL WISSEN. Bei DVA hat er neben zahlreichen historischen Titeln das SPIEGEL-Buch Demenz (2010) herausgegeben.

Angela Gatterburg und Dietmar Pieper (Hg.)

Das Geheimnis guter Kommunikation

In der Liebe, im Beruf, in der digitalen Welt

Fiona Ehlers, Jan Fleischhauer, Jens Glüsing, Annette Großbongardt, Michael Hengstenberg, Alexander Jung, Hasnain Kazim, Joachim Kronsbein, Kerstin Kullmann, Kristina Maroldt, Bettina Musall, Conny Neumann, Isabell Prophet, Antonia Roch, Johannes Saltzwedel, Hilmar Schmundt, Eva-Maria Schnurr, Wieland Wagner, Susanne Weingarten, Robert Zsolnay

Deutsche Verlags-Anstalt

Die Texte dieses Buches sind erstmals in dem Heft »Versteh mich nicht falsch! Erfolgreiche Kommunikation in der Liebe, im Beruf, in der digitalen Welt« (Heft 3 / 2015) aus der Reihe SPIEGEL WISSEN erschienen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

1. AuflageCopyright © 2016 Deutsche Verlags-Anstalt, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München und SPIEGEL-Verlag, Ericusspitze 1, 20457 HamburgAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, MünchenUmschlagmotiv und Grafiken: Pia Bublies / SPIEGEL WISSENTypografie und Satz: DVA / Andrea MogwitzGesetzt aus der Sabon NextISBN 978-3-641-18950-1V001www.dva.de

Inhalt

Vorwort

TEIL ISPRECHEN UND VERSTEHEN

Ein Gespräch mit dem Psychologen Friedemann Schulz von Thun über authentische Kommunikation und unser inneres Team − Von Angela Gatterburg und Dietmar Pieper

»Zauberkraft zwischen zwei Menschen«

Sie bewegen unsere Herzen, sind nostalgisch und zeitlos zugleich − Von Angela Gatterburg

Glücksfaktor

Partnerschaftliche Lernprogramme können Paaren dabei helfen, ihre Beziehung deutlich zu verbessern − Von Michael Hengstenberg

Wie Onlineshopping

Eine attraktive Frau begibt sich mit der Dating-App Tinder auf Partnersuche und bald wird es turbulent − Von Conny Neumann

Die Kraft der Stillen

Extrovertierte Menschen bekommen gewöhnlich die meiste Aufmerksamkeit. Dabei verfügen Introvertierte über ganz besondere Qualitäten − Von Kerstin Kullmann

Der Körper spricht mit

Gestik, Stimme und Mimik spielen bei unserer Selbstdarstellung eine entscheidende Rolle − Von Robert Zsolnay

Kampf um den Kuchen

Ob es um eine Gehaltserhöhung oder einen Chefposten geht: Die Kunst des klugen Verhandelns lässt sich lernen − Von Kristina Maroldt

Nach dem Stottern … geht es weiter

Worauf es in einem Bewerbungsgespräch wirklich ankommt − Von Antonia Roch

TEIL IISPRACHE UND ICH

»Hey, hör mir zu!«

Wie kommt die Kommunikationsfähigkeit ins Kind? Eltern sollten ein positives Beispiel geben und gute Verständigung im Alltag vorleben − Von Susanne Weingarten

Mode mit und ohne Stil

Kleidung, Schmuck und Tätowierungen senden immer eine Botschaft. Aber häufig kommt sie anders an, als wir es beabsichtigen − Von Joachim Kronsbein

»Das war eine Revolution«

Innere Monologe tragen viel zu unserer Persönlichkeit bei. Ein neues Training vermittelt mehr Selbstmitgefühl und Freundlichkeit − Von Angela Gatterburg

Ruhe im Rudel

Die Kollegen lausen oder sich stolz auf die Brust trommeln – der niederländische Biologe Patrick van Veen erläutert die Ähnlichkeit zwischen Menschen und Affen − Von Bettina Musall

Woher kommt der Small Talk?

Was in Frankreich funktioniert, bewährt sich woanders noch lange nicht. Eine kleine Betrachtung − Von Annette Großbongardt

Sofort im Bild

Piktogramme sind Symbole, die wie eine international verständliche Spezialsprache funktionieren. Worauf müssen die Designer achten? − Von Johannes Saltzwedel

TEIL IIIWIR UND DIE WELT

»Ich nutze das Smartphone viel, aber es ist nicht wichtig«

Jugendliche erzählen im Interview von ihren Erfahrungen in sozialen Netzwerken − Von Eva-Maria Schnurr

Instant-Glück

»Ich poste, also bin ich« – was bedeutet das? Eine Spurensuche im Fotonetzwerk Instagram − Von Isabell Prophet

»Wir überschätzen Charisma«

Wahlkampfexperte Frank Stauss über die kommunikative Macht der Gefühle und überzeugende Strategien für Politiker − Von Jan Fleischhauer

Plausch mit der Maschine

Sie können sprechen, tanzen, singen und mit der Hüfte wackeln. So sollen Roboter uns den Alltag erleichtern − Von Alexander Jung

Miss Cortanas vergoldete Phrasen

Digitale Sprachassistenten nehmen uns viele Aufgaben ab. Wie intelligent sind sie? − Von Hilmar Schmundt

Der fremde Blick

SPIEGEL-Korrespondenten über ihre Kommunikationserfahrungen in anderen Ländern

ANHANG

Buchtipps

Autorenverzeichnis

Dank

Sach- und Personenregister

Vorwort

Ob Professor, Kellnerin, Bauarbeiter oder Bundeskanzler: »Man kann nicht nicht kommunizieren«, sagte der Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Mit jeder Äußerung zeigen wir etwas von uns. Aber auch wenn wir uns ausdrücklich nicht äußern, kann das sehr beredt sein.

Doch wie genau sieht gute Kommunikation eigentlich aus? Welche Voraussetzungen sind dafür notwendig, mental und emotional? Mit welcher inneren Haltung und mit welchen Strategien lässt sich die Verständigung von Mensch zu Mensch verbessern, beruflich und privat? Auf alle diese Fragen wollen die Autoren dieses Buches Antworten geben und beziehen sich dabei auf die aktuellsten Kommunikationskonzepte und psychologischen Erkenntnisse.

In den folgenden Kapiteln präsentieren sie den heutigen Forschungsstand zur nonverbalen Kommunikation und zeigen die enorme Bedeutung von Gestik, Mimik und Stimme anhand konkreter Beispiele. Denn nicht nur was wir sagen ist wesentlich, sondern auch, wie wir es mit Gestik und Mimik unterstreichen. Vieles lässt sich üben, etwa die nonverbalen Signale oder der Ablauf eines Bewerbungsgesprächs. Dennoch ist gute Kommunikation mehr als die Anwendung erprobter Techniken; sie erfordert unsere ganze Persönlichkeit.

Worte können wie Magie wirken – aber auch verwirren oder verletzen. Wer es schafft, im Gespräch den richtigen Ton zu treffen und überzeugend aufzutreten, hat in fast jeder Lebenslage einen Vorteil. Damit Kommunikation nicht ins Leere läuft, missverstanden wird oder den anderen gar gegen uns aufbringt, sind Respekt, Empathie und Humor hilfreich.

Unterschiedliche Gesprächspartner erfordern dabei ganz unterschiedliche Fähigkeiten. Eine besondere Kunst ist es, mit Kindern so zu reden, dass sie zuhören, und ihnen so zuzuhören, dass sie reden. Eltern können ihrem Nachwuchs kaum etwas Wichtigeres mitgeben als die Gabe guter Kommunikationsfähigkeit. Das vorliegende Buch zeigt deswegen auch, wie sich das Ausdrucksvermögen von Kindern entwickelt und wie wir innerlich mit uns selbst sprechen – freundlich, nachsichtig und ermutigend oder eher streng, unduldsam und fordernd. Diese verinnerlichten Gesprächsmuster, die wir meist in der Kindheit gelernt haben, prägen unser Selbstbild und unseren Kommunikationsstil mit anderen.

Auch die Kommunikation in der Partnerschaft ist mitunter konfliktreich. Der Frage, was in Gesprächen zwischen Mann und Frau schieflaufen kann, widmet sich ein Beitrag, der die Todsünden der Paarkommunikation identifiziert und auch spezielle Trainingsprogramme vorstellt, mit denen Paare lernen können, besser und liebevoller miteinander zu sprechen und offener zuzuhören.

Ein weiterer Schwerpunkt des Buches liegt auf beruflichen Fragen: Fachleute erklären, wie wir uns bei einer Bewerbung gut präsentieren, wie wir konstruktiv mit Kollegen und Chefs umgehen und geschickt verhandeln. Da wir Menschen Beziehungswesen sind, geht es auch um die Notwendigkeit von gutem Konfliktmanagement sowie den souveränen Umgang mit Kritik und ehrlichem Feedback.

Zum Einstieg in das Buch erläutert der wohl bekannteste deutsche Kommunikationsexperte Friedemann Schulz von Thun in einem ausführlichen Gespräch, worauf es bei der Anwendung der von ihm entdeckten Gesetzmäßigkeiten ankommt, zum Beispiel beim Modell des »inneren Teams« oder beim Kommunikationsquadrat. Schulz von Thun rät davon ab, auf vermeintliche Patentrezepte und rhetorische Bausteine zu setzen. Stattdessen empfiehlt er, auf die »Wahrheit der Situation« zu achten: »Eine Kommunikation ist gut, wenn sie stimmig ist.«

Hamburg, im Frühjahr 2016

Angela Gatterburg und Dietmar Pieper

TEIL ISPRECHEN UND VERSTEHEN

Das Glück eines guten Gesprächs, die Kunst, sich klar auszudrücken, die produktive Kraft eines Streits: Das alles ist Kommunikation. Sie hat ihre Gesetze und ihre Geheimnisse, die wir entschlüsseln und für uns nutzen können.

»Zauberkraft zwischen zwei Menschen«

Kaum jemand weiß so viel über Kommunikation wie Friedemann Schulz von Thun. Hier erklärt der Psychologe, warum es auf Stimmigkeit mehr ankommt als auf angelernte Techniken. Und wie er sein inneres Team aufstellt.

Das Gespräch führten Angela Gatterburg und Dietmar Pieper.

SPIEGEL: Herr Schulz von Thun, wie finden Sie das öffentliche Auftreten der Bundeskanzlerin?

Schulz von Thun: Wohltuend unnarzisstisch, mit allen Vor- und Nachteilen, die das hat. Die Vorteile: Frau Merkel wirkt pragmatisch, sachverständig, unaufgeregt, uneitel. Der Nachteil: Wer so auftritt, erscheint wenig charismatisch. Das kann bedeuten, dass man die Herzen der Zuhörer nicht erreicht. Es wird wohl so leicht niemand sagen: Eine Rede von Frau Merkel hat mich berührt und zutiefst erreicht.

SPIEGEL: Hat die Kommunikationsfähigkeit in unserer Gesellschaft Ihrer Meinung nach eher zu- oder eher abgenommen?

Schulz von Thun: Insgesamt hat sie wohl eher zugenommen. Die Anzahl der Leute, die frei sprechen können, ist deutlich größer geworden, ebenso die Fähigkeit, schlagfertig Klartext zu sprechen. Dagegen verlieren wir an Tiefe, seit wir keine Briefe mehr schreiben. Früher hatten innere Bilder die Chance, noch einmal das Herz zu umrunden, bevor sie spruchreif werden konnten. Die Fähigkeit, das Gedachte und Gesagte mit dem zu verbinden, was uns zutiefst ausmacht, diese Fähigkeit droht abzunehmen.

SPIEGEL: Der Druck, sich verbal gut auszudrücken, beginnt für Kinder bereits in den Schulen. Die Bewertung der mündlichen Beteiligung macht heute oft zwei Drittel der Gesamtnote aus.

Schulz von Thun: Die Leistungsbewertung sollte eher 50:50 sein, denke ich. Jemand, der schüchtern ist, aber ausgezeichnete schriftliche Ausführungen abliefert, wird sträflich benachteiligt.

SPIEGEL: Vielleicht ist diese Art der Bewertung nicht gerecht, entspricht aber den Erfordernissen der heutigen Zeit, sich zu zeigen, gut aufzutreten …

Schulz von Thun: … sich Gehör zu verschaffen, eine gute Figur zu machen. Das Ideal der Extrovertiertheit steht zu hoch im Kurs. Die Qualitäten introvertierter Schüler sollten entdeckt und mehr gewürdigt werden.

SPIEGEL: In Ihrem neuen Buch sprechen Sie mit dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen auch über die sozialen Medien. Befördert die permanente Selbstdarstellung einen neuen Narzissmus?

Schulz von Thun: Der ständige Drang, die eigene Befindlichkeit kundzutun, kann wahrlich überhandnehmen. Aber obwohl ich ein altmodischer Mensch bin, sehe ich auch, dass die neuen Medien tolle Optionen und Vernetzungschancen für Menschen bieten, die sich nicht dauernd begegnen können.

SPIEGEL: Zeigt das fortwährende Posten von Bildern vielleicht nur eins: die Banalität des Banalen?

Schulz von Thun: Möglicherweise entzieht man sich durch die vielen Fotos dem Zauber des Augenblicks. Allerdings: Indem ich poste, trage ich auch zu meiner Identitätsbildung bei. Wer bin ich, was macht mich aus? Diese Fragen stellen sich Heranwachsende sehr stark, mit gutem Grund. Wer sich auf kreative Weise im Netz sichtbar macht, vergewissert sich seiner selbst. Ich erinnere mich, wie ich mit 30 Jahren die wichtigsten Fotos eines Jahres im Wohnzimmer aufgehängt habe. Das gab mir so ein Gefühl von: Aha, das war dein Jahr, so ist dein Leben!

SPIEGEL: Hoch im Kurs stehen heute Transparenz, Offenheit und Authentizität. Die sind Ihrer Meinung nach keineswegs immer und ständig angebracht. Warum nicht?

Schulz von Thun: Ich habe zum Leitbild nicht die Authentizität erkoren, sondern die Stimmigkeit. Eine Kommunikation ist gut, wenn sie stimmig ist, und sie ist stimmig, wenn du erstens in Übereinstimmung mit dir selbst bist. Zweitens ist wichtig, dass du der Wahrheit der Situation gerecht wirst und der Rolle, die du darin hast. Jetzt gerade interviewen Sie mich; würde einer von Ihnen nun sein Leben vor mir ausbreiten samt seiner Facebook-Fotos, so würde das zu Ihrer Rolle und zu unserer Situation nicht passen. Wesensgemäß und situationsgerecht soll es im Gespräch zugehen, das macht die Stimmigkeit aus, das ist mein Ideal.

SPIEGEL: Wer sich, vermeintlich oder tatsächlich, authentisch zeigt, wird heute bejubelt. Was genau verbirgt sich hinter diesem Anspruch, sei authentisch?

Schulz von Thun: Wahrscheinlich hat die Authentizität zu Recht Karriere gemacht, denn das Gegenteil davon ist ja die Hochglanzfassade, hinter der der Mensch mit seiner inneren Wahrheit nicht spürbar ist. Das Ergebnis ist eine verstellte, manipulative Kommunikation ohne Kontakt zu sich selbst. Das Authentische musste ich übrigens auch erst lernen, ich konnte zwar eloquent reden und Sprüche klopfen, aber ich fand nur schwer Zugang zu mir. Die Entwicklung zur Selbstempathie, dass ich mitkriege, was mit mir los ist und wie meine innere Wahrheit aussieht, das ist ein höchst wertvoller menschlicher Vorgang.

SPIEGEL: Authentizität erfordert demnach, sich selbst zu begegnen.

Schulz von Thun: Ja. Es ist wichtig, sich mit sich auseinanderzusetzen, auch mit den Teilen, die eher im Schatten liegen, unperfekt sind, die Möglichkeit des Scheiterns in sich tragen. Sei du selbst und werde, der du bist, dieses alte humanistische Ideal taucht in der Authentizität wieder auf.

SPIEGEL: Es gibt die daran anschließende Forderung: Mach dich selbst zu einer Marke, wuchere mit deiner Persönlichkeit. Ergebnis: Das authentische Ich produziert sich immerzu.

Schulz von Thun: Da beginnt die Übertreibung, die einen Wert in einen Unwert verwandelt. Ruth Cohn, eine meiner früheren Lehrerinnen, hat unterschieden zwischen der maximalen Authentizität mir selbst und der optimalen Authentizität anderen gegenüber. Und die hängt von der Situation ab, von der Beziehung, von meiner Rolle. Ich etwa werde mich während der Begegnung mit zwei SPIEGEL-Journalisten durchaus öffnen, soweit das dem Thema dienlich ist, meine Intimität aber auch schützen. Vielleicht bin ich dann nicht hochauthentisch, aber stimmig.

SPIEGEL: Sollten alle dasselbe lernen, um Stimmigkeit zu erreichen?

Schulz von Thun: Nein. Mancher ist so auf seine Fassade festgelegt, dass es für ihn wertvoll wäre, erkennbar werden zu lassen, wie es wirklich um ihn bestellt ist. Andere hingegen tragen dauernd ihr Herz auf der Zunge, für sie gilt: die eigene Befindlichkeit mal hintenanstellen und auf die sachlichen Gegebenheiten schauen. Was der eine dringend braucht, hat der andere schon viel zu viel – das wussten wir damals nicht, als wir Anfang der Siebzigerjahre anfingen mit unseren Lehrertrainings. Viele Lehrer waren damals noch autoritär, herabsetzend und gängelnd, denen wollten wir Achtung und Wertschätzung beibringen. Andere Lehrer waren viel zu lieb und hätten dringend lernen müssen, sich kraftvoll Respekt zu verschaffen.

SPIEGEL: Wenn jemand zu Ihnen kommt, der eitel und selbstbezogen ist und lernen möchte, stimmig zu kommunizieren, findet dann eine Art psychologischer Prozess statt?

Schulz von Thun: Unbedingt. Vielleicht stellt sich heraus, er ist so eitel, weil innerlich vieles im Argen liegt, und das möchte er vor sich und anderen verbergen. Die Eitelkeit ist für ihn eine Art Notlösung. Aber glücklich macht ihn das nicht. Also könnte es helfen, den inneren Menschen genauer anzuschauen, die wunden Punkte zu identifizieren und ein besseres Selbstbewusstsein zu gewinnen, das in sich ruht und nicht dauernd die Glocken läuten muss.

ENDE DER LESEPROBE