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Die Highlands flüstern ihre dunkelsten Mysterien durch die Flure von Ardness Castle … Schottland, 1850: Nach dem tragischen Tod ihrer Eltern bleibt die schöne Leona Grenville allein und brotlos in der Welt zurück. Eine Reise nach Schottland zu einem alten Freund ihrer Mutter, dem Herzog von Ardness, soll sie zurück ins Leben holen – und tatsächlich ist sie von der wilden Schönheit der Highlands überwältigt. Doch dann gerät ihre Kutsche in ein schweres Unwetter – in der stürmischen Dunkelheit kommt ihr niemand anderes als Lord Strathcairn zur Hilfe, der ihr Zuflucht in seinem Schloss gewährt. Als er jedoch erfährt, dass sie ein Gast des Herzogs von Ardness ist, wird seine freundliche Art zu kühler Abneigung. Erst als sie am nächsten Tag auf Ardness Castle eintrifft, offenbart sich ihr der Grund für das merkwürdige Verhalten des Herzoges: Etwas Dunkles lauert hinter den efeubewachsenen Schlossfassaden … Die unheimliche Atmosphäre einer Gothic Novel trifft auf die wogenden Gefühle einer historischen Romanze – Fans von Julia Quinn werden begeistert sein!
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1885: Als die junge Orissa Fane von ihrer englischen Stiefmutter auf die Straße gesetzt wird, tritt sie die schwere Reise in ihre indische Heimat an, wo sie sich die Unterstützung ihres Onkels erhofft. Um nicht als unverheiratete Lady aufzufallen, gibt sie sich auf dem Schiff als Gouvernante aus. Hier begegnet sie auch Major Meredith, einem attraktiven wie strengen Soldaten. Zwischen den beiden sprühen Funken der Abneigung – und des Verlangens – und Orissa ist froh, als sich endlich Delhis Küste in all seinem Glanz am Horizont abzeichnet. Doch mit Erschrecken muss sie feststellen, dass ihr Onkel zu einem fernen Fort beordert wurde. Mit Wagemut nimmt sie auch diesen Weg auf sich und ahnt nicht, dass das Schicksal tödliche Gefahr für sie bereithält – und ein weiteres Treffen mit Major Meredith …
eBook-Neuausgabe Juni 2025
Die englische Originalausgabe erschien erstmals 1982 unter dem Originaltitel »The Secret of the Glen«. Die deutsche Erstausgabe erschien 1982 unter dem Titel »Hochzeit mit dem Ungeliebten«.
Copyright © der englischen Originalausgabe by Barbara Cartland E-Books Ltd. 2013; Copyright Cartland Promotions 1982
Copyright © der deutschen Erstausgabe by Barbara Cartland E-Books Ltd. 2020; Copyright Cartland Promotions 1982
Copyright © der Neuausgabe 2025 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung eines Motives von © Bendix / Adobe Stock sowie mehrerer Bildmotive von © shutterstock/ shutterstock AI
eBook-Herstellung: dotbooks GmbH unter Verwendung von IGP (lj)
ISBN 978-3-98952-932-8
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Dieses Buch wurde ursprünglich 1982 veröffentlicht und verwendet eine Sprache, die diese Ära widerspiegelt.
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Barbara Cartland
Schottland-Roman
Aus dem Englischen von Elisabeth Simon
Der Sturm war so stark, daß die Pferde nur im Schneckentempo vorankamen. In der Kutsche war es kalt. Es pfiff durch alle Ritzen.
Leona war enttäuscht. Noch am Tag zuvor war strahlendes Wetter gewesen, und sie war dagesessen und hatte die violette Moorlandschaft bewundert. Ihre Mutter hatte oft versucht, sie ihr zu beschreiben, aber Worte konnten nicht ausdrücken, was hier die Natur geschaffen hatte.
Wie aufregend es war, in Schottland zu sein!
Von klein auf hatte Leona Geschichten über Schottland gehört. Über die Tapferkeit der Schotten, über die Fehden zwischen den Clans und die Treue der Jakobiter für die »Könige jenseits des Wassers«. Die Geschichten waren nicht nur Heldensagen gewesen. Sie hatte sie mit so gefühlvoller, nostalgischer Stimme erzählt, daß Leona sich immer daran erinnern würde.
Für Elizabeth MacDonald war der Betrug der Campbells beim Massaker von Glencove ein Ereignis gewesen, das gestern hätte passiert sein können. Obwohl sie nicht mehr in ihrer Heimat gelebt hatte, war sie bis zu ihrem Tod im Herzen immer Schottin geblieben.
»Für deine Mutter bin ich bloß ein Engländer«, hatte ihr Vater einmal lächelnd zu Leona gesagt.
Aber sie hatte ihn glühend geliebt, diesen Engländer. Leona konnte sich nicht vorstellen, daß zwei Menschen je glücklicher miteinander gewesen waren als ihr Vater und ihre Mutter. Sie waren arm, aber das war nicht ausschlaggebend. Als Richard Grenville als untauglich aus der Armee entlassen worden war, hatte er nur noch seine Pension und ein reparaturbedürftiges Landhaus in Essex gehabt. Er hatte sich Hühner, Enten und Truthähne gehalten und ab und zu war sogar ein Schaf geschlachtet worden, das er selbst gezogen hatte. Daß nie genug Geld für elegante Kleider, eine bequeme Kutsche oder Reisen nach London vorhanden gewesen war, war eigentlich nie besonders aufgefallen. Wichtig war nur die Familie.
Leona hatte ihr Elternhaus geliebt. Es war immer voll Sonnenschein und Lachen gewesen. Daß die Möbelbezüge durchsichtig gewesen waren und man nicht einmal mehr ahnen konnte, welche Farbe die Vorhänge ursprünglich gehabt hatten, war ihr nicht aufgefallen.
»Wir waren glücklich, überglücklich – bis Papa starb«, sagte sie jetzt leise vor sich hin.
Richard Grenville war völlig unerwartet an einem Herzschlag gestorben, und seine Frau hatte ohne ihn nicht weiterleben wollen. Sie war in einen Zustand totaler Gleichgültigkeit verfallen.
»Komm, Mama, schau dir die Küken an«, hatte Leona zum Beispiel gesagt, um ihre Mutter aus der Teilnahmslosigkeit zu reißen. Oder sie hatte sie aufgefordert, mit ihr auszureiten.
Aber Mrs. Grenville hatte prinzipiell alles abgelehnt. Sie war im Haus gesessen und hatte die Tage gezählt, bis sie wieder mit ihrem Mann vereint sein würde.
»Du darfst nicht sterben, Mama«, hatte Leona eines Abends zu ihr gesagt.
Sie konnte ihre Mutter fast in eine ferne Welt gleiten sehen, in der ihrer Meinung nach ihr Mann auf sie wartete.
»Was soll denn dann aus mir werden?« hatte Leona gefragt, als ihre Mutter geschwiegen hatte. »Was soll denn dann ich tun, wenn du mich allein läßt, Mama?«
Es war, als ob Elizabeth Grenville in dem Moment zum ersten Mal darüber nachdachte.
»Hier kannst du nicht bleiben, mein Liebling«, hatte sie gesagt.
»Allein nicht«, hatte Leona gesagt, weil sie es eingesehen hatte. »Wenn du stirbst, fällt ja auch deine Witwenpension weg.«
Mrs. Grenville hatte die Augen geschlossen, als habe ihr das Wort ›Witwe‹ weh getan.
»Bring mir etwas zum Schreiben«, hatte sie gesagt.
»An wen willst du denn schreiben?« hatte Leona gefragt, als sie der Mutter das Gewünschte gebracht hatte.
Sie wußte, daß sie kaum Verwandte hatten. Die Eltern ihres Vaters, die in Devonshire gewohnt hatten, waren längst gestorben. Ihre Mutter war in der Nähe von Loch Lewen zur Welt gekommen und hatte nach dem Tod ihrer Eltern bei einer alten Tante und einem alten Onkel gelebt, die vor ein paar Jahren gestorben waren. Es mußte Cousinen geben, die Leona aber nie kennengelernt hatte.
»Ich schreibe an jemand«, hatte Elizabeth Grenville mit ihrer sanften Stimme gesagt, »mit dem ich als junges Mädchen sehr befreundet gewesen bin.«
Leona hatte die Mutter erstaunt und erwartungsvoll angesehen.
»Jeannie McLeod und ich wuchsen zusammen auf«, hatte sie gesagt. »Da meine Eltern tot waren, verbrachte ich manchmal Monate bei ihr.«
Bei der Erinnerung an ihre Jugend war etwas Leben in ihre Augen gekommen.
»Jeannies Eltern haben mich in die Gesellschaft eingeführt. Ich durfte in Edinburgh mit auf Bälle gehen. Wir waren damals beide knapp achtzehn Jahre. Als ich dann mit deinem Vater zusammen aus Schottland weggegangen bin, habe ich als einziges bedauert, Jeannie verlassen zu müssen.«
»Hast du sie seither nie wiedergesehen?«
»Wir haben uns regelmäßig geschrieben«, hatte Mrs. Grenville geantwortet. »Und dann, du weißt ja selbst, wie es ist, Leona, man schiebt die Dinge immer auf und schließlich bleiben sie ganz liegen. Ich habe an Weihnachten immer einen ganz lieben Brief von ihr bekommen. Im vergangenen Jahr allerdings nicht… oder vielleicht doch? Ich war so verzweifelt über den Tod deines Vaters, daß ich mich an Weihnachten kaum mehr erinnern kann.«
»Das wundert mich nicht, Mama. Es war ja auch eine traurige Zeit.«
Ihr Vater war Mitte Dezember gestorben. Christbaum hatte es keinen gegeben und auch keine Geschenke. Leona hatte aus Angst, die Mutter in noch größere Trauer zu versetzen, nicht einmal die Kinder ins Haus gelassen, die jedes Jahr kamen und Weihnachtslieder sangen.
»Ich werde Jeannie in diesem Brief bitten«, hatte Mrs. Grenville gesagt, »sich um dich zu kümmern, wenn ich nicht mehr bin. Sie wird dich lieben, wie wir uns als junge Mädchen geliebt haben.«
»Bitte, sag so etwas nicht«, hatte Leona gefleht. »Du mußt wieder gesund und so fröhlich werden, wie du es früher gewesen bist. Ich möchte, daß du bei mir bleibst und mir im Haus und im Garten hilfst.«
Ihre Mutter hatte nicht geantwortet.
»Dasselbe würde sich Papa wünschen«, war Leona nach einem Moment fortgefahren. »Er wäre sehr traurig, wenn er dich so sehen würde.«
»Es hat keinen Sinn, mein Kind«, hatte Mrs. Grenville gesagt. »Als er von uns gegangen ist, hat er mein Herz und meine Seele mitgenommen. In mir ist nur noch das schmerzliche, sehnsüchtige Verlangen, zu ihm zu gehen und wieder mit ihm vereint zu sein.«
In der Stimme ihrer Mutter war so viel Schmerz gelegen, daß Leona nur noch hatte schweigen können. Es hatte nichts mehr zu sagen gegeben.
Sie hatte zugesehen, wie ihre Mutter den Brief geschrieben hatte. Erst als sie gemerkt hatte, an wen sie ihn adressierte, hatte sie ihr Schweigen aufgegeben.
»An die Herzogin von Ardness?« hatte sie erstaunt gerufen. »Ist das deine Freundin?«
»Ja. Jeannie hat eine fabelhafte Partie gemacht. Aber der Herzog war viel älter als sie, und ich habe immer ein wenig Angst vor ihm gehabt.«
»War das in der Zeit, wo du dich in Papa verliebt hast?«
In Mrs. Grenvilles Augen hatte es gefunkelt.
»Es war Liebe auf den ersten Blick«, hatte sie gesagt. »Nicht nur, weil er in seiner Uniform so blendend aussah, es war noch etwas anderes – etwas, was so wundervoll und so faszinierend war, daß man keine Worte dafür findet.«
»Liebe auf den ersten Blick«, hatte Leona verträumt wiederholt. »Papa hat mir oft erzählt, wie er sich in dich verliebt hat.«
»Erzähl mir, was er gesagt hat«, hatte Mrs. Grenville gebeten.
»Daß er in einen Ballsaal gekommen ist«, hatte Leona begonnen, »und eigentlich zu nichts Lust gehabt hat. Gelangweilt hat er sich, weil er schon auf so vielen Bällen gewesen ist und die schottischen Frauen und Mädchen ziemlich fad fand. Er hat sich gewünscht, wieder im Süden zu sein.«
»Weiter«, hatte Mrs. Grenville mit einem glücklichen Ausdruck auf dem Gesicht gedrängt.
»Und dann hat Papa plötzlich dich gesehen«, war Leona fortgefahren. »Du hast gerade mit einem Offizier getanzt, den er kannte. Er hat dich angesehen und gedacht, das Mädchen werde ich heiraten.«
»Und als er mit mir sprach, wußte ich sofort, daß ich ihn heiraten wollte«, hatte Mrs. Grenville gesagt. »Es war, als seien wir schon eine Ewigkeit befreundet und hätten uns nach einer langen Zeit der Trennung wieder getroffen.«
»Das ist wahrscheinlich immer so, wenn man sich wirklich liebt«, hatte Leona wie zu sich selbst gesagt.
»Dir wird es eines Tages auch so ergehen, mein Liebling«, hatte Mrs. Grenville gesagt. »Und dann wirst du verstehen, daß nichts auf der Welt mehr zählt – nur noch deine Liebe.«
Sie hatte einen tiefen Seufzer ausgestoßen.
»Ich wäre mit deinem Vater überall hingegangen. Wenn er mich zurückgelassen hätte, wäre ich ihm barfüßig nachgelaufen. Bis nach England, wenn es hätte sein müssen.«
»Du hast deine Freundin also nicht um den Herzog beneidet«, hatte Leona mit einem Lächeln gesagt.
»Ich habe niemanden beneidet«, hatte Mrs. Grenville erwidert. »Ich war so glücklich, so unbeschreiblich glücklich, daß ich deinen Vater heiraten konnte.«
»Papa ist es genauso gegangen.«
»Er ist mir nahe«, hatte Mrs. Grenville gesagt. »Er hat mich nicht verlassen. Ich kann ihn nicht sehen, aber ich weiß, daß er bei mir ist.«
»Das ist er bestimmt, Mama.«
»Deshalb muß ich sobald als möglich zu ihm gehen – das verstehst du doch, mein Kind, oder?«
»Ich will es versuchen, Mama.«
»Gib den Brief auf. Gib ihn schnell auf«, hatte Mrs. Grenville gedrängt. »Dann brauchen sich dein Vater und ich keine Sorgen um dich zu machen.«
Der Brief war aufgegeben worden, aber noch ehe eine Antwort darauf kam, war Mrs. Grenville dahin gegangen, um sich wieder mit ihrem Mann zu vereinigen, den sie so glühend geliebt hatte.
Leona hatte sie eines Morgens tot im Bett gefunden. Auf dem Gesicht der Mutter war ein Lächeln gelegen, sie hatte unglaublich jung ausgesehen.
Sie war auf dem Friedhof hinter der kleinen grauen Kirche neben ihrem Mann ins Grab gelegt worden. Nach der Beerdigung war Leona nach Hause gegangen. Trübe Gedanken hatten sie begleitet, denn eine völlig ungewisse Zukunft war vor ihr gelegen.
Eine Woche später war der Antwortbrief gekommen. Nicht etwa die Herzogin hatte ihn geschrieben, sondern der Herzog von Ardness. Er war an ihre Mutter gerichtet gewesen.
Der Herzog hatte in kurzen Worten berichtet, daß die Herzogin nicht mehr am Leben war.
Weiter hieß es in dem Brief:
Sie schreiben, daß Sie nicht mehr lange auf dieser Erde verweilen werden. Falls Sie tatsächlich zu unserem Herrn geholt werden sollten, wird es mir eine Freude sein, Ihre Tochter hier in Schottland willkommen zu heißen. Richten Sie ihr bitte aus, daß sie mir schreiben soll, wenn der traurige Tag gekommen ist und sie sich allein fühlt. Ich werde ihr dann alles Weitere mitteilen. Ich hoffe jedoch aus ganzem Herzen, daß Ihre Befürchtungen grundlos sind und Sie sich schon recht bald wieder bester Gesundheit erfreuen werden.
Leona hatte sich über den Brief gefreut und noch am selben Tag geantwortet.
Sie hatte dem Herzog geschrieben, daß ihre Mutter tot war und daß sie ihm zwar nicht zur Last fallen wolle, ihm aber gleichzeitig sehr dankbar wäre, wenn sie nach Schottland kommen und wenigstens ihre Zukunft mit dem Herzog besprechen dürfte.
Da sie sich ziemlich sicher gewesen war, daß er ihre Bitte nicht ablehnen würde, hatte sie sich einstweilen nach einem Interessenten für das Haus umgesehen, hatte die Tiere abgegeben und sogar die zwei Pferde, die sie heiß und innig liebte, verkauft.
Sie hatte sich größte Mühe gegeben, sich die Leute genau anzusehen, die die Tiere übernahmen. Es sollte ihnen schließlich gut gehen.
Der Nachbar war, wie Leona wußte, ein gutmütiger, freundlicher Mann.
Er hatte die beiden Pferde gekauft und ihr mehr gegeben, als er auf dem Viehmarkt hätte bezahlen müssen. Leona hatte angenommen, daß er es aus Mitleid mit ihr getan hatte.
Er hatte ihr auch versprochen, sich um den Verkauf des Hauses und des Lands zu kümmern.
Daß dies nicht einfach sein würde, war Leona klar gewesen, aber selbst mit einer kleinen Summe war ihr geholfen.
Nachdem sie die noch ausstehenden Rechnungen bezahlt und dem Mann, der die Pferde versorgt hatte, seinen Lohn gegeben hatte, war von dem Geld, das sie vom Nachbarn bekommen hatte, wenig übrig.
Erst als alles geregelt gewesen war, hatte Leona angefangen, sich immer wieder zu fragen, ob der Herzog wohl antworten würde und was sie tun sollte, wenn er ihre Bitte ablehnte.
Aber ihre Ängste waren grundlos gewesen.
Sie hatte einen Brief bekommen, in dem stand, daß sie auf Schloß Ardness herzlich willkommen sei. Sie solle sich sofort auf die Reise machen.
Bis Edinburgh sollte sie mit dem Zug fahren, dort würde eine Kutsche des Herzogs auf sie warten.
Bringen Sie eine Zofe mit, schrieb der Herzog.
Ich erlaube mir, diesem Brief zwei Fahrkarten erster Klasse beizulegen.
Leona hatte im ersten Moment nicht gewußt, was sie tun sollte.
Seit dem Tod ihres Vaters hatte kein Dienstmädchen mehr im Haus gewohnt. Ihre Mutter hatte sich damit begnügt, zweimal pro Woche eine Frau aus dem Dorf zum Saubermachen kommen zu lassen. Alles, was zwischendurch angefallen war, hatte sie selbst gemacht.
Jemand aus der Gegend zu bitten, sie nach Schottland zu begleiten, wäre völlig sinnlos gewesen. Allein schon die Idee, so weit von zu Hause weg zu sein, wäre für jedes Mädchen aus dem Dorf ein Grauen gewesen.
Und in einem lauten, dampfenden Zug zu fahren, das war noch undenkbarer. Die Bewohner von Essex hatten Angst vor der Eisenbahn.
Ich muß allein reisen, hatte sich Leona gesagt. Der Herzog wird schon Verständnis dafür haben, wenn ich ihm erkläre, daß wir eben kein Hauspersonal hatten.
Aber letztlich hatte sie doch nicht mit diesem Verständnis gerechnet. Wie sollte sich ein Herzog auch vorstellen können, unter welch ärmlichen Verhältnissen die Jugendfreundin der verstorbenen Herzogin hatte leben müssen.
Während ihr diese Gedanken durch den Kopf gegangen waren, hatte sie zum ersten Mal gefürchtet, der Herzog könne entsetzt sein über die einfachen Kleider, die sie sich mit Hilfe ihrer Mutter selbst geschneidert hatte.
Woher hätte sie wissen sollen, in welchen Verhältnissen der Herzog lebte. Wenn ihre Mutter von den Schlössern erzählt hatte, in denen die verschiedenen Oberhäupter der Clans wohnten, dann hatte Leona sich alles immer wahnsinnig luxuriös vorgestellt.
Leona hatte den Blick durch das Wohnzimmer schweifen lassen, in dem sie gerade saß. Die Möbel, die Tapeten, die Vorhänge, alles hätte vor Jahren schon erneuert werden müssen.
Aber Geld für Reparaturen, geschweige denn Neuanschaffungen, war nie dagewesen. Erst jetzt, wo sie das Haus verlassen mußte, war sich Leona bewußt, daß es die Menschen gewesen waren, die hier gewohnt hatten und nicht die Äußerlichkeiten, die ihr Zuhause so liebenswert gemacht hatten.
Der Herzog muß mich eben so nehmen, wie ich bin, hatte sie gedacht.
Aber noch ehe sie in den Zug gestiegen war, hatte sie bemerkt, daß ihre Röcke nicht so voll und schwingend waren, wie die der anderen Mitreisenden, die darunter auch noch Krinolinen trugen. An ihrem Häubchen waren einfache Ripsbänder, während Seiden- und Satinbänder die Häubchen der anderen Frauen zierten. Und ihre Koffer! Sie hätten besser in die zweite Klasse gepaßt.
Daß jedoch viele der mitreisenden Herren immer wieder zu ihr hinsahen, war Leona nicht aufgefallen.
Nicht ihre Kleidung hatte ihre Blicke angezogen, sondern ihr kleines ovales Gesicht mit den großen grauen Augen, ihr blondes Haar, das so seidig war wie das eines Kindes und ihre zarte Haut einrahmte.
Leona hatte eine kleine, gerade Nase, lieblich geformte Lippen, auf denen ein vertrauensvolles Lächeln lag. Außer dem Verlust ihrer Eltern hatte Leona noch kein Unglück gekannt.
Ein Kofferträger hatte ihr ein Abteil für Damen gesucht, und sie war, wie es ihr schien, auf äußerst bequeme Weise nach Edinburgh gereist.
Während der langen Reise hatte sie feststellen müssen, daß sie nicht genug zu Essen mitgenommen hatte, sie hatte jedoch ihren Henkelkorb mit dem Proviant an den größeren Bahnhöfen immer wieder auffüllen können.
Als der Zug endlich in Edinburgh angekommen war, war sie weder müde noch erschöpft, sondern lediglich gespannt gewesen, was sie erwarten würde.
Die Kutsche des Herzogs war beeindruckend. Noch nie in ihrem Leben hatte sie ein eleganteres Gefährt gesehen. Sie war weich gepolstert, auf dem Boden lag ein kleiner echter Teppich.
Und erst die silbernen Beschläge!
Das Gespann bestand aus vier prachtvollen Pferden. Die Kutsche wurde von zwei Vorreitern begleitet, die eine dunkelgrüne Livree mit silbernen, auf Hochglanz polierten Knöpfen trugen.
Die Bediensteten des Herzogs schienen zwar erstaunt gewesen zu sein, daß Leona allein aus dem Zug gestiegen war, sie hatten sich aber rührend und zuvorkommend um sie gekümmert. Sie hatten nach dem ersten Reisetag in einer Poststallhaltung übernachten müssen, und man hatte dafür gesorgt, daß sie das beste Zimmer bekommen hatte.
Ardness war eine kleine Grafschaft an der Ostküste Schottlands und lag zwischen Inverness und Ross.
Leona hatte es sich auf der Landkarte angesehen und wußte, daß sie von Edinburgh aus ein gutes Stück nach Norden reisen mußte, bevor sie die Grafschaft erreichten.
Als sie am zweiten Tag aufgebrochen waren, waren schon nach einer kurzen Strecke die Straßen holprig und die Landschaft rauher geworden.
Die Gegend war sehr schwach besiedelt. Sie fuhren oft Stunden, ohne eine Menschenseele in der violetten Moorlandschaft zu sehen. Auch auf der Straße begegneten sie kaum anderen Reisenden.
Aber alles war so wundervoll, daß es Leona wie ein Traum vorkam.
Kein Wunder, daß sich Mama manchmal nach Schottland gesehnt hat, dachte Leona immer wieder. So herrlich hatte sie es sich nicht vorgestellt.
Nachdem man mittags ein köstliches Picknick für sie ausgebreitet hatte und sie sich etwa eine Stunde später wieder auf den Weg gemacht hatten, hatte sich das Wetter plötzlich geändert.
Während des Morgens war es leicht windig gewesen, doch jetzt kam vom Meer her ein rauher, durchdringender Wind, der Regenschauer mit sich brachte.
Die armen Pferde hatten während der letzten Stunde einen steilen Hang bezwingen müssen. Auf einer Art Hochebene angekommen, stapften sie jetzt über die schmale Straße. Zu beiden Seiten nichts als Moor. Kein Baum und kein Strauch.
Der Wind war so kalt, daß Leona froh war, den kleinen Teppich unter den Füßen zu haben. Sie bedauerte es, sich nicht den Wollschal um die Schultern legen zu können, der in einem ihrer Koffer lag.
Sie konnte nur hoffen, daß Wind und Regen sie nicht zu viel Zeit kosten würden.
Die Vorstellung, noch nach Einbruch der Dunkelheit durch das Moor fahren zu müssen, ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Die Laternen gaben wahrscheinlich nicht genug Licht ab, um sich in seinem Schein geborgen zu fühlen.
Der Wind wurde immer stärker.
Die beiden Kutscher auf dem Bock mußten schon naß sein bis auf die Haut.
Ob ihnen der Sturm wohl schon die hohen schwarzen Hüte vom Kopf gerissen hat? dachte Leona.
Nach der Wärme und dem Sonnenschein des vergangenen Tages kam Leona der Wetterwechsel besonders grausam vor. Die Elemente schienen plötzlich in Wut geraten zu sein.
Wieder stieg die Straße an. Die Pferde schnaubten und dampften. Sie hatten den Anstieg gerade bewältigt, als ein plötzlich auftretendes, knirschendes Geräusch Leona zusammenfahren ließ.
Die Kutsche blieb mit einem Ruck stehen, und Leona stieß einen kleinen Angstschrei aus.