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Merler und seine Freunde müssen sich auf den finalen Kampf gegen Asro einstellen. Um das Dunkle Zauberschwert für immer zu vernichten, reicht es nicht, dessen Träger zu töten. Sie müssen das magische Amulett finden. Mit dem Amulett haben sie die einzig mögliche Chance das Dunkle Zauberschwert für immer zu vernichten. Asro ist ihnen dicht auf den Fersen. Unterwegs treffen sie neue Weggefährten, die sich als Freunde oder Feinde erweisen. Während der Suche versucht Asro, seine Vorherrschaft auszubauen, und der große Krieg bricht aus. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Dies ist der 3. Teil der Trilogie: Das Goldene Zauberschwert.
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Seitenzahl: 322
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Die Reise.
Der Versuch.
Flucht.
Drachen.
Lord Hundra.
Die Schlacht.
Die Aufgabe.
Gevatter Tods Schergen.
Der letzte Kampf.
Das Erbe.
Merler und seine Freunde haben im letzten Teil die geheimnisvolle Insel gefunden, auf der sich Armee mächtige Armee befand. Sie konnten vor Asro auf die Insel und die gefährlichen Rätsel lösen. Bei der Mission verstarb Merler sein bester Freund Rada.
Danach mussten sie eine Schlacht im Tal der Toten schlagen und Mithilfe von der unerwarteten Unterstützung von Burno seinem Vater (dessen Vater König ist). Merler besiegt Asro seinen General Argel aber ließ ihn am Leben.
Gara erzählte nach der Schlacht ihnen, um das Dunkle Zauberschwert für immer zu zerstören, müssen sie entweder alle Magiekristalle der Welt haben oder das magische Amulett. Alle Magiekristalle zu besitzen ist praktisch unmöglich und deshalb müssen Merler und seine Freunde auf die Suche nach dem magischen Amulett gehen. Niemand weiß, wo es sich genau befindet, aber es soll auf dem Kontinent Aros sein.
Sie machen sich auf den Weg und Burno begleitet sie mit seinen zwei Leibwachen. Burnos Vater möchte seinen letzten
Thronerben nicht ohne Begleitschutz auf eine so gefährliche Mission schicken.
Nun war es schon eine Woche her, seit sie mit ihrer gefährlichen Schiffsreise begonnen hatten.
Burno war genau wie früher, er ärgerte und piesackte am liebsten Wagio, da dieser sich bisweilen – je nach Stimmung – so leicht reizen ließ.
Die Kapitäne des Schiffs, die sich abwechselten, hießen Seras und Qerat. Seras war tagsüber für die Navigation zuständig, Qerat nachts.
An diesem Morgen, als die Geschichte beginnt, wehte kein Wind, die See lag still und glatt. Deshalb mussten alle Matrosen rudern.
„Hoffentlich begegnen wir keinen Piraten!“, sagte Seras. „Die meisten von ihnen haben sich Asro angeschlossen, da er sie gut dafür bezahlt.“
„Vier Wochen auf See sind auch ohne Piraten eine verdammt lange Zeit“, meldete sich Wagio etwas düster zu Wort.
„Vor allem mit Burno. Der macht mich richtig wütend!“
Gegen Mittag kam eine leichte Brise auf, die sich aber zunehmend verstärkte. Das Schiff bewegte sich daraufhin schneller voran. Gegen Nachmittag trafen sie ein Handelsschiff, das deutlich mitgenommen aussah. Ein Mast war abgebrochen. Die Segel waren offensichtlich von Pfeilen durchlöchert worden, der Koloss bewegte sich nur langsam vorwärts.
„Ob das wohl Freunde oder Feinde sind?“, wandte sich Merler mit besorgtem Unterton aus Seras. Seras winkte beruhigend ab.
„Es ist ein Schiff aus Eranien, das Land kämpft ebenfalls gegen Asro.“
„Ihr solltet aufpassen!“, rief der Kapitän des Handelsschiffes zu ihnen herüber, sobald es sich weit genug genähert hatte.
„In der Richtung, aus der wir kommen, wimmelt es nur so vor Piraten. Sie greifen alles an, was gegen Asro ist. Wir hatten das Pech, gleich zwei Piratenschiffen zu begegnen. Wir konnten nur ganz knapp entkommen.“
„Warum soll es in der Richtung vor Piraten förmlich wimmeln, wenn Ihr nur von zweien angegriffen wurdet?“, warf Burno herausfordernd ein. „So besonders viele sind zwei nicht.“
Der andere Kapitän entgegnete achselzuckend.
„Glaub, was du willst. Ich wollte Euch nur warnen. Derzeit segeln viele Feinde auf der See umher, auch wenn ein Grünschnabel wie du das nicht wahrhaben mag.“
„Vielen Dank für die Information“, entgegnete Seras höflich, bevor Burno sich weiter am Gespräch beteiligen und die Situation hochschaukeln konnte. Die Kapitäne verabschiedeten sich und beide Schiffe setzten ihre Reise fort. Langsam bildeten sich am Horizont die ersten Wolken. Seras ging ans Steuer.
„Hoffentlich begegnen wir diesen Piraten nicht“, murmelte Merler, doch nachdenklich geworden, ihm zu. „Ein Kampf ist etwas, das wir wirklich nicht brauchen.“ Seras schwieg.
„Haben die Piraten in der Tat eine so große Flotte, dass wir uns fürchten müssen?“, warf Seirum ein.
Seras atmete tief ein, bevor er antwortete:
„In der Tat, ja. Ihre Flotte ist sogar noch größer, als diejenige Asros jemals sein wird. Zentausend Schiffe oder mehr besitzen die Piraten, diese verfluchten. Sie verbündeten sich nur so gern mit Asro, weil er sie dafür mit Gold überschüttet.
Moral und Anstand kennen sie nicht.“
„Woher hat Asro nur so viel Gold?“, wollte Seirum wissen.
„Er hat sich durch zahlreiche Schlachten neue Goldminen erobert. Ich denke nicht, dass er selbst noch einen Überblick hat, wie viel er durch Mord, Verfolgung und Terror schon angehäuft hat.“
„Somit beherrschen die Piraten nun dank Arso die Meere, sehe ich das richtig?“, fragte Wagio.
„Das könnte man so sagen, ja. Hin und wieder kommt es zu Schlachten auf der See, wenn sich jemand gegen ihre Herrschaft wehrt. Die Piraten sind allerdings in einer solchen Übermacht, dass ein kleiner Schlag hier und dort wieder ihnen kaum Schaden zufügt.“ Seras fuhr sich über die Stirn. Dann meinte er aufmunternd speziell in Seirums Richtung: „Aber morgen früh erreichen wir den Hafen Proal. Das Land heißt Werali Reich. Im Hafen von Proal sollen wir zwei Begleitschiffe erhalten. Diese werden unseren weiteren Weg beschützen.“
Merler schaute Seras nachdenklich an, dann fragte er: „Warum hat uns denn Seo nicht schon bei unserem Aufbruch Begleitschiffe zur Verfügung gestellt?“
„Seo hat eine kleine Flotte von Kampfschiffen, die zudem sehr langsam sind.
Wir würden mindestens doppelt zu solange brauchen bis zu unserem Ziel. Die Kampfschiffe aus dem Land Werali sind legendär. Stark bewaffnet und können viel schneller als wir übers Meer segeln.
Deshalb fanden Seo und ich, dass er kein Begleitschutz uns mitschicken soll.“
Merler nickte.
Jetzt verstand er, warum sie keine erhalten hatten.
Zeit war kostbar und umso schneller sie am Ziel waren desto besser.
„Hoffentlich finden wir das Magier Amulett so schnell wie möglich“, sagte Wagio hoffnungsvoll. „Burno, dieser Spinner, treibt mich noch in den Wahnsinn, lange halte ich das nicht mehr aus.
Ich frage mich nur, wie Rada es so lange mit ihm gemeistert hat.“
Merler musste kurz und an Rada denken.
Es schmerzte sehr, zu wissen, dass sein innigster Freund nie wieder an seine Seite kommen würde. Er war tot. Rasch verdrängte Merler die trüben, qualvollen Gedanken.
Am frühen Morgen erreichten sie den Hafen von Poral. Poral erwies sich als prachtvolle Stadt, an der Küste und darüber reiht sich eine schöne Mischung aus weißen oder gelben Steinhäusern.
„Das ist Poral?“, vergewisserte sich Seirum und blickte hingerissen hinüber.
„Ja, das ist Poral, eine der schönsten Hafenstädte unserer Welt“, antwortete Seras. „Bisher blieb sie weitgehend verschont vom Krieg. Über See wagen sich selbst die Piraten keinen Angriff, die Seeverteidigung der Stadt ist äußerst effektiv und würde enorme Verluste den Piraten bescheren.“
Langsam näherte sich das schwere Schiff dem Hafen. Bewundernd richteten sich die Blicke der Passagiere auf die beachtliche Schiffsflotte, die vor Poral auf der Wasserfläche trieb. Wagio schätzte die Zahl der Kriegsschiffe auf mindestens fünfhundert.
Vor dem Hafen waren mehrere Wehrtürme mitten im Wasser positioniert.
Die dunklen Steine der Türme machten einen bedrohlichen Eindruck.
„Wie kommen die Wachen der Türme an Land wieder?“, fragte Burno.
„Natürlich mit Schiffen“, lachte Wagio.
Sera schüttelte den Kopf.
„Mit Schiffen nicht, sondern über ein langes Tunnelsystem. Während einer Seeschlacht, können die Tunnel die Wehrtürme ständig mit Nachschub und neuen Kämpfern ausstatten.“
Wagio verstummt und Burno grinst.
Akarbolzen standen auf den Wehrtürmen.
Die Akarbolzen hatten sich als gutes Geschütz bewährt, mit ihren drei Meter langen Pfeilgeschossen, die eine enorme Reichweite und Zerstörungskraft hatten.
Sie könnten als Verteidigungsanlagen als auch für den Angriff gut genutzt werden.
Viele Länder bauten sie eifrig nach, vor allem seit nach der Schlacht im Tal der Toten ihre Effizienz sich bewährt hatte.
Als sie anlegten, näherte sich ihnen sofort der Hafenwächter in Begleitung von zwanzig Soldaten. Zwischen den Häusern versteckten sich, gerade noch zu erahnen für geübte Augen, rund fünfzig Bogenschützen, die synchron ihre Pfeile einspannten. Dann richteten sich die Spitzen auf die Ankömmlinge.
Die Bewohner der Stadt hatten sich schnell in ihren Häusern verbarrikadiert.
„Was wollt ihr?“, fragte der Hafenwächter scharf. Er war ein gedrungener Mann mit schwammigen Gesichtszügen.
„Euer Herr versprach uns zwei Begleitschiffe“, antwortete Merler furchtlos. „Ihr müsstet darüber Kenntnis haben.“
„Und wer seid Ihr?“, fragte der Hafenwächter misstrauisch. Man merkte ihm an, dass er den Jungen nicht ernst nahm.
Merler zog wortlos sein Schwert aus der Scheide und präsentierte es dem Wächter, der zurückzuckte.
„Nun? Beantwortet das Eure Frage?“ Der Mann starrte die schimmernde Waffe ungläubig an.
„Da hat es euch die Sprache verschlagen“, ließ Burno sich vernehmen und lachte laut auf.
Wagio warf ihm rasch einen warnenden Blick zu.
„Burno! Lass wenigstens in solchen Momenten deine geistreichen Kommentare bleiben“, zischte er.
Hinter Burno tauchten dessen beide Leibwächter. Es waren Yera und Rexe. Bunro sein Vater war König Rodago und wollte unbedingt, dass zwei Soldaten als Begleitschutz dabei waren. Sie hatten sich den größten Teil der Reise still und unauffällig verhalten. Gesprächig hatten sie sich nie gezeigt. Einen freundlichen Charakter zeigten sie gelegentlich. Der Hafenwächter musterte die beiden kräftigen Riesen, und obwohl er selbst beinahe zwei Dutzend Gefolgsleute bei sich hatte, lenkte er ein. Offenbar hatte Merlers Schwert seine Wirkung getan.
„Nun denn“, meinte er, „ich werde wohl den Stadtherrn benachrichtigen. Er zumindest müsste Kenntnis darüber haben, dass zwei Begleitschiffe versprochen wurden. Ich bitte um einen Moment Geduld.“
Er wandte sich um und verschwand zwischen den Mauern der Stadt, die Pfeilspitzen oberhalb der Häuser blieben nach wie vor auf Merler und seine Freunde gerichtet.
„Warum sind die denn so misstrauisch?“, wollte Seirum unruhig wissen.
Seras legte ihr eine Hand auf die Schulter.
„Das müssen sie sein. Es herrscht Krieg.
Der Hafenwächter kenne ich von früher noch, als er wesentlich jünger war. Er ist etwas paranoid, aber der Stadtherr schätzt ihn als klugen Taktiker.“
Burno schnalzt mit der Zunge.
„Etwas paranoid ist untertrieben, immerhin hat Merler sein Schwert gezeigt. Als ob jemand so ein Schwert fälschen kann.“
„Es sind gefährliche Zeiten“, mischte Seirum sich ein. „Ich kann ihn verstehen.
Sicherheit geht vor.“
Nach einer Weile kehrte der Hafenwächter zurück, in der Begleitung des Stadtherrn.
Nun wagten sich auch die Bewohner der Küstenhäuser wieder vor ihre Türen. Die Bogenschützen ließen ihre Waffen sinken, Merler konnte es aus den Augenwinkeln beobachten und unterdrückte einen erleichterten Seufzer.
Der Stadtherr näherte sich majestätisch und richtete das Wort an sie alle: „Ich bin Trews. Ich werde euch die beiden Begleitschiffe geben, die mein König euch versprochen hat. Ich möchte um Vergebung bitten für den unerfreulichen Empfang, den man euch bereitet hat. Versteht bitte, dass wir uns im Krieg befinden. Unser gemeinsamer Feind versucht alles, um mit Täuschung uns in kürzester Zeit zu eliminieren.“
„Ich verstehe sehr gut“, meldete sich Merler zu Wort. „Wir hätten dasselbe getan wie Sie.“
Trews lächelte. „Vielen Dank, Herr Merler, für Eure Güte.“
Merler schmunzelte geschmeichelt.
Jeder kannte mittlerweile seinen Namen.
Sein Vater hätte niemals gedacht, dass sein jüngerer Sohn zu solch einem so bekannten und mächtigen Helden aufsteigen könnte.
Für seinen Vater war Merler meistens eine Last gewesen, wegen seinen Visionen, die er vor dem Fund des Goldenen Zauberschwertes regelmäßig hatte.
Vor dem was sich Menschen nicht erklären können, haben sie Angst. Aus Angst entsteht Hass und Verachtung.
„Wollt Ihr und Eure Begleiter nicht bei uns Gast sein?“, fragte Trews.
Merler dachte kurz nach. „Vielen Dank.
Es tut mir leid, aber wir müssen so schnell wie möglich den Kontinent Aros erreichen. Die Zeit wird knapp, bald wird der große Krieg beginnen“, erklärte er.
„Verzeihen Sie, dass wir die herzliche Gastfreundschaft nicht in Anspruch nehmen können.“
Trews lächelte und nickte sacht. „Es gibt nichts zu verzeihen, Herr Merler. Ich verstehe sehr gut.“
„Was ist mit den Begleitschiffen?“, mischte sich Seras etwas ungeduldig ein.
Trews lachte und meinte: „Ihr habt es eilig, ich sehe es schon. Das ist gut so, Ihr nehmt den Auftrag ernst. Die Schiffe kommen schon, verehrter Kapitän, keine Sorge.“
Seras wurde rot. Noch nie hatte ihn ein Adliger so angesprochen.
„Na Seras“, meldete sich Burno, „braver kleiner Mann. Jetzt bist du aber froh, dass zur Abwechslung einmal jemand Respekt vor dir hat.“
Seras knurrte Unverständliches und Burno zog sich vorsichtshalber ein Stück weit zurück.
Nachdem sie sich von Trews verabschiedet hatten, legten sie wieder ab, und hinter dem Hafen gesellten sich die versprochenen Begleitschiffe hinzu. Beide waren in der Tat gigantisch. Ihre Farbe war rein weiß und sie waren doppelt so groß wie das Schiff Seras. Die Besatzung bestand pro Schiff aus rund zweihundert Mann. Alle waren schwer bewaffnet und sie hatten genug Verpflegung an Bord.
Außerdem verfügte jedes Begleitschiff über zwei Akarbolzen.
„Burno“, warnte Seras, der Brunos Frechheit sich nicht gefallen lassen wollte, „pass künftig auf deine Zunge auf! Das nächste unverschämte Wort, das sie formt, wird hart bestraft.“
Burno zeigte sich wenig verunsichert und sagte:
„Oh, darauf freue ich mich.“
Merler verdrehte die Augen.
Sein Freund konnte es einfach nicht lassen, Menschen zu provozieren.
Während sie weitersegelten, wurde Merler von einer seiner Visionen überfallen.
Unvermittelt ging er zu Boden, vor seinen Augen wurde alles schwarz.
Asro saß auf seinem Thron. Die Flügeltür des Raumes, öffneten sich knarrend. Eine Gestalt kam herein. Merler beobachtete die Szene von der Decke des Raumes aus, trotzdem erkannte er sofort die Gestalt: Es war Argel.
„Mein Lord, Ihr habt mich rufen lassen“, sagte Argel und verbeugte sich tief vor Asro, dann steht er wieder auf.
„Argel, du bist hier, weil du wissen musst, dass ich einen Plan ausgeheckt habe. Ich weiß, wie man diesen Merler schwächen kann.“
Argels listige Augen blitzen auf.
„Und ich soll den Plan ausführen?“, fragte Argel euphorisch. „Ihr gebt mir noch eine Chance? Ich kann nicht genug danken, mein Herr …“ „Schweig!“, donnerte Asro.
Erstaunen macht sich in Argels Zügen breit.
„Ich habe den Auftrag jemand anderem erteilt“, fuhr Asro fort. „Der Piratenkönig Zentra wird von mir reich belohnt, wenn er alles mit Erfolg auszuführen vermag.“
Argel unterdrückt nur mühsam seinen Zorn.
„Warum habe ich den Auftrag nicht erhalten? Ich tauge viel mehr als dieser verweichlichte Piratenkönig“, sagte er laut.
„Mein Lieber“, erwiderte Asro mit gefährlich ruhiger Stimme, „ich wurde Zeuge, wie du dein Duell gegen diesen Merler verloren hast. Glaubst du, ich begehe denselben Fehler zweimal?“ Er macht eine kleine Pause. „Außerdem benötige ich dich als General.“
Argel verschlug es den Atem.
„Mein Lord, ich bekomme eine zweite Chance als General?“ „Ja, die Schlacht im Tal der Toten, war im Nachhinein gesehen, nicht einmal ein Fehler von dir, sondern Pech. Ohne die unerwartete Unterstützung hättest du gesiegt.“
Eifrig nickte Argel und hatte mühe seinen Stolz zu verstecken.
„Genau so ist es. Ich habe alles richtig gemacht.“
„Bis auf den Einzelkampf mit Merler, der war sehr bitter. Ich muss zugeben, dass er mittlerweile eine enorme Kampferfahrung hat“, sagte Asro kühl. „Ich verzeihe dir deine Niederlage.“
„Wann kann ich losziehen mit der Armee?“
„Wenn Vollmond ist, wird der große Krieg beginnen.“
„Wo soll ich zuerst kämpfen?“ Asro lachte kalt.
„Das erfährst du früh genug.“
Und der Junge, der stummer Zeuge geworden war, kehrt in die Realität zurück.
Merler öffnete mühsam die Augen und blickte sich um. Er realisierte, dass er in seiner Koje lag. Seirum, Burno und Wagio standen um ihn herum und betrachteten ihn besorgt.
„Was war denn?“, fragte Seirum unruhig.
„Ich hatte eine Vision“, hauchte Merler.
Er fühlte sich schlapp und kraftlos, wie nach einem langen Sprint. „Wieder von Asro.“
„Und?“, rief Burno aufgeregt. „Rede schon! Was plant er, der alte Haudegen?“ „Burno!“ zischte Wagio. „Wir sollten Merler zuerst einmal richtig zu sich kommen lassen! Er muss seine Gedanken sammeln. Mit dir in der Nähe geht das nicht!“
Wagio, Burno und Seirum verließen daraufhin den Raum, und Merler lehnte sich dankbar wieder in die Kissen und schloss die Augen. Sein Herz hämmerte.
Gegen Abend hatte Merler sich ein wenig erholt. Er stand auf, suchte seine Freunde und erzählte ihnen so genau wie möglich, was er in seiner Vision gesehen und gehört hatte.
„Was genau hat sich Asro ausgedacht, um dich zu schwächen?“, fragte Seirum zitternd.
„Ich weiß es nicht“, antwortete Merler leise. „Aber bestimmt nichts Gutes.“
„Asro, der arrogante Idiot, hat doch nie was Gutes geplant“, warf Burno zornig ein. „Der Kerl ist das Böse in Person! Du musst auf seinen Schlag vorbereitet sein.“
Ausnahmsweise blieb Burno ernst bei seinen Worten.
„Wie soll ich mich auf etwas Unbekanntes vorbereiten?“
„Wir Eleten haben ein Sprichtwort“, mischte sich Wagio ein, „dem unbekannten tritst du mit einem reinen Herz entgegen. Das Reine gibt dir Kraft und wird dir zum Sieg verhelfen.“
„Ich halte nicht viel von der Dichterkunst der Eleten, aber da habt ihr mal ins Schwarze getroffen“, sagte Burno.
Wagio seufzte.
„Kannst du nicht einmal was unkommentiert lassen?“ In dem Moment schwieg Burno einmal, obwohl er es eher tat, um Wagio zu ärgern.
Am nächsten Tag beschloss Merler, auch Seras seine Visionen anzuvertrauen. Seras hörte ruhig zu und schüttelte dann besorgt den Kopf. „Hoffentlich werden wir den Piraten nicht über den Weg laufen“, war seine erste Reaktion. Dann flackerte sein Blick. „Aber Junge, König Seo muss unbedingt darüber informiert werden, dass der große Krieg an Vollmond beginnen soll.“
„Und wie gehe ich dazu vor?“, fragte Merler ein wenig gereizt. „Mache ich Rauchzeichen?“ Seras lächelte. „Wozu haben wir denn den Brieffalken dabei“, meinte er.
Noch am gleichen Tag schrieb Merler einen Brief an den König. Das Stück Pergament wurde gefaltet und an der Klaue des Falken befestigt. Dabei schnappte der Vogel nach Merlers Hand.
Wagio konnte ein Lachen nicht unterdrücken.
„Was?“, fragte Merler gereizt und versuchte, sein gefiedertes Gegenüber mit einer Hand abzulenken, während die andere mit dem Pergament sich dem Bein näherte. Der Vogel zischte und hieb abermals nach Merlers Fingern. Fluchend riss der Junge seine Hand zurück und betrachtete finster die blutige Schramme.
„Verzeih mir, Merler“, meinte Wagio schmunzelnd, „komm, ich zeige dir, wie man hier vorgehen muss.“ Er nahm das Papier und steckte ihn in den Schnabel des Falken. Friedlich richtete dieser seine gelben Augen auf Wagio und begann, aufgeregt vor- und zurückzutrippeln.
Offenbar hatte er nun nichts mehr gegen seinen Auftrag einzuwenden.
„Nun sag ihm, wohin mit dem Pergament“, forderte Wagio Merler auf, der wortlos zugesehen hatte. Er nahm den Vogel, entfernte sich ein wenig von den anderen und instruierte ihn dann leise, aber deutlich: „Flieg nach Tharland in die Stadt Sordor. Dort sollst du den Brief bei König Seo abgeben, er wohnt in einem Schloss. Du findest es schon.
Hoffentlich“, ergänzte er etwas unsicherer und fragte sich, ob ein Federvieh tatsächlich in der Lage sein konnte, solche Erläuterungen zu begreifen. Der Falke schüttelte sich jedoch, breitete die Flügel aus und stieß sich ab. Wenig später war er nur noch als kleiner, schwarzer Punkt am Horizont auszumachen.
„Wagio“, fragte Merler befangen, „wird er den Brief nicht unterwegs fallen lassen?“ „Sei ohne Sorge, er kennt das schon; es ist seine Aufgabe. Er wird das Papier nicht loslassen.“
Merler kniff die Augen zusammen und verfolgte, wie das schwarze Pünktchen in der Ferne verschwand.
„Ich war der Meinung, man müsse das Pergament am Bein befestigen.“ Wagio lachte.
„Die meisten haben ihre Botschaften lieber im Schnabel. Sie haben ihren Stolz, ihre Tiere! Zurren wir etwas an ihren Beinen fest, sind sie von uns abhängig, um es wieder loszuwerden. Lassen wir sie Meister bleiben über sich selbst.“
Es war die zweite Woche, nachdem sie den Hafen von Poral verlassen hatten. Nun stellte sich heraus, dass zwar mehr als genug Nahrung an Bord war, dass jedoch das Trinkwasser allmählich zur Neige ging. Damit hatte niemand gerechnet. Die Sonne, die stunden- und tagelang auf sie niederbrannte, und die salzige Luft, hatten ihren Durst verstärkt und den Wasserkonsum vervielfacht.
Eigentlich hätten sie den Kontinent Aros längst erreichen müssen. Allerdings war es zwischendurch zu einer viertägigen Flaute gekommen, während derer sie kaum vom Fleck gekommen waren. Glücklicherweise war ihnen immerhin eine Begegnung mit den gefürchteten Piraten erspart geblieben.
„Wie lange dauert es denn noch, bis wir Aros erreicht haben?“, fragte Burno genervt zum mindestens fünften Mal an diesem Tag.
„Burno, hör auf zu fragen!“, herrschte Wagio in an. „Auf jeden Fall kommen wir nicht früher an, je häufiger du nachhakst!“
Wagio bemühte sich häufig um einen möglichst höflichen Ton Burno gegenüber, um nicht die Blicke von dessen Leibwächtern auf sich zu lenken.
Mindestens ebenso häufig gelang es ihm aber nicht, Freundlichkeit vorzuschützen, und die beiden Riesen musterten ihn dann unheilverkündend und finster.
Plötzlich ertönte von oben ein Schrei:
„Land in Sicht! Land in Sicht!“
Alle stürmten wie auf Kommando zum Bug.
„Halleluja, endlich Festland!“, schrie Burno.
„Es kann auch einfach eine große Insel sein“, dämpfte Wagio die Begeisterung.
Der Landstrich wurde größer, bald schon erahnte man riesige Wälder. Langsam, aber stetig näherten sie sich der Küste.
Sie ankerten und gingen von Bord.
„Dies ist zweifellos der Kontinent Aros“, meinte Seras, der sich mit kundigem Auge umgesehen und noch einmal seine Karten und den Kompass zu Rate gezogen hatte.
„Wir haben es geschafft.“ Jubel brach aus.
Den Piraten waren sie nicht begegnet.
Alle waren froh, dass es zu keiner Seeschlacht gekommen war.
Etwas Glück musste man auch mal haben.
„Nun müsst ihr allein weiter, Herr Merler“, meinte Seras. „Meine Leute und ich, wir werden euch verlassen. Unser Auftrag ist hiermit beendet, wir haben unserer eigenen Wege zu gehen.“
Die Verabschiedung war herzlich, aber kurz. Niemand wollte sich zu lange mit Gefühlen und Worten aufhalten, es war auch so schmerzlich genug nach der langen Zeit der Gemeinsamkeit.
Merler, Wagio, Seirum, Burno, Yera und Rexe besorgten sich je einen Sack mit Nahrung und machten sich zu Fuß auf den Weg. Niemand sah sich mehr nach dem Schiff um.
Die Wasserschläuche waren leer.
„Ich habe Durst“, jammerte Burno nach kurzer Zeit.
„Wir werden bestimmt einen Fluss finden“, versicherte Seirum. „In jedem Wald gibt es Wasser. Hab noch etwas Geduld.“
Sie hatte Recht. Zwei Meilen etwa waren sie zügig marschiert, da hörten sie, worauf sie voll Sehnsucht gewartet hatten:
lustiges Plätschern, Gurgeln und schließlich rauschen. Sie waren an einen Fluss gestoßen, der sich seit Urzeiten seinen Weg zwischen den mächtigen alten Bäumen hindurch suchte.
Alle tranken gierig direkt aus dem Fluss.
Nachdem sie ihren Durst gelöscht hatten, füllten sie ihre Wasserschläuche mit dem klaren, kalten, köstlichen Wasser.
Bis zum Abend hatten sie etwa vierzehn Meilen zurückgelegt. Merler hielt es für angebracht, zu rasten. Sie aßen ein wenig Brot und etwas Fleisch.
Merler nahm seine Karte aus der Hosentasche und faltete sie vorsichtig auseinander.
„Wo werden wir mit unserer Suche beginnen?“, fragte Burno, der noch immer kaute.
„Am RtosWesa“, antwortete Merler und tippte auf eine Stelle der Karte.
Burno protestierte sogleich. „Was!
RtosWesa ist ein Fels, Merler! Warum sollte das Magier Amulett sich denn dort befinden?“ Merler lächelte.
„Wir sollten nichts ausschließen. Gara meinte vor der Abfahrt: Das Amulett kann da sein, wo wir es am wenigsten vermuten.“
Burno grummelte vor sich hin.
„Klasse Informationen von Gara. Dann können wir den ganzen Kontinent absuchen.“
„Komm schon Burno, wir haben Schlimmeres hinter uns“, sagte Wagio, „die geheimnisvolle Insel zu finden war nicht weniger leicht.“
„Solange niemand von uns sein Leben lassen muss, für die Suche“, murmelt Burno.
Ein bedrücktes Schweigen macht sich breit.
Alle erinnern sich an den Tod von Rada, der sein Leben auf der geheimnisvollen Insel hergab, für eine Armee.
Eine Armee von der Merler inzwischen nicht mehr wusste, ob sie ausreichte, um Asro die Stirn zu bieten.
Am nächsten Tag schien die Sonne von einem klarblauen Himmel herab. Im Wald war es jedoch kühl und die Sonnenstrahlen drangen nur gebündelt durch die dicht stehenden Bäume. Richtig verzaubert sah alles aus.
Sie brachen zeitig auf und setzten ihren Marsch durch den Wald fort.
„Hoffentlich begegnen wir nicht diesem Piratenfürsten und seinen Männern“, murrte Burno und gähnte.
Wagio lachte ihn aus. „Piraten im Wald, das halte ich für nicht sehr wahrscheinlich, Burno! Was ist denn los? Hast du schlecht geschlafen?“ „Lass mich doch in Ruhe“, knurrte Burno.
Plötzlich raschelte es in einem nahen Gebüsch. Merler fuhr intuitiv herum und hatte schon sein Schwert gezogen. Mit wachsamem Blick näherte er sich langsam dem Gesträuch. Wagio legte einen Pfeil ein.
Da schoss aus dem Gebüsch mit einem lauten Quieken eine Art bunte Ratte heraus. Das Tier schaute sie wie zu Stein erstarrt an. Es verfügte über keinen Schwanz wie es bei einer Ratte üblich war. Merler ließ das Schwert langsam sinken.
„Ach“, meinte Seirum, die hörbar den Atem ausstieß, „von diesen Tieren habe ich gehört. Hier auf dem Kontinent nennt man sie Meerschweinchen. Sie sind ungefährlich“, beruhigte sie ihre Freunde.
„Das dachte ich mir schon“, meinte Merler lächelnd. „Ich hatte mit einem Feind gerechnet. Gottlob …“ Ein Pfeil sauste über seinen Kopf hinweg, verfehlte den Kopf des Knaben ganz knapp, fuhr in den Stamm einer Eiche und brachte die Rinde zum Bersten.
„Wir werden angegriffen“, schrie Yera.
Im nächsten Augenblick prasselten weitere Pfeile auf sie hernieder. Ein rundes Dutzend Schwertkämpfer stürmte auf sie zu. Die feindlichen Bogenschützen hatten sich in Büsche und im Unterholz verborgen gehabt.
Wagio schoss einen Pfeil ab. Er traf einen Bogenschützen, der sofort zu Boden ging.
Merler setzte sich gegen eigenen anderen Schwertführer zur Wehr. Dieser ließ ein Breitschwert tanzen und bewegte sich sehr geschickt.
„Magis Wakis!“, schrie Merler, ohne nachzudenken.
Das Schwert glitt aus der Hand des Gegners und richtete sich gegen ihn. Verblüfft sprang der Mann zurück, doch das selbstständig gewordene Schwert verpasste seinem Herren blitzschnell den tödlichen Hieb.
„Merler, das sind Piraten!“, schrie Wagio.
„Es sind mal keine Meerschweinchen“, stellte Burno trocken fest und streckte gerade einen Feind nieder.
Von Seirum kam ein Aufschrei: „Hilfe!
Merler!“
Merler fuhr herum und sah, wie sie von zwei riesigen Männern weggezogen wurde.
Bevor er sich auf die beiden Hünen stürzen konnte, stellten sich ihm fünf weitere Gegner in den Weg.
„Brase ulimium“, schrie Merler. Nichts geschah. Merler wiederholte den Spruch, wiederum vergebens. Langsam überfiel ihn die Panik.
„Lieber Merler“, sagte einer der gegnerischen Männer mit einem leisen Lächeln, „wir sind Magier von einem ganz anderen Kaliber als du. Die Sprüche deines Schwertes können wir ohne Mühe blocken.“
Doch plötzlich verschwand das unheimliche, überhebliche Lächeln aus seinem Gesicht. Alle fünf stürzten gleichzeitig auf den weichen Waldboden. Einer der beiden Hünen, die Seirum überfallen hatten, schrie:
„Rückzug! Rückzug! Wir haben, was wir wollten!“ Und einen Augenblick später waren sie so schnell verschwunden, wie sie in Erscheinung getreten waren, Seirum mit ihnen.
Burno ließ langsam seine Waffe sinken und blickte ratlos seine Freunde an. „Was hatten die plötzlich?“, fragte er erstaunt. „Ich beschwere mich nicht über ihren Abgang, aber ich verstehe nicht …“
„Ich glaube, die Ursache findest du in mir“, ließ sich eine weibliche, sanfte Stimme hinter ihnen vernehmen. Alle drehten sich blitzschnell um und sahen sich einer großen, schlanken Frau gegenüber.
Mit freundlicher, offener Miene blickte sie die Freunde abwartend an.
Merler räusperte sich. „Wer seid Ihr?“
„Ich bin eine Eletin und heiße Dira. Ich wurde auf den Überfall und den Kampf aufmerksam, als ich im Wald nach Beeren suchte“, setzte sie erklärend hinzu. „Da beschloss ich, einzugreifen. Mit einem Zauber habe ich deine fünf Feinde soeben gelähmt.
Sie haben mich zu spät bemerkt.“
Sie murmelten erleichtert ihren Dank.
Burno musterte dabei die hoch gewachsene Gestalt aufmerksam.
„Mit Wagio kennen wir demnach nun schon zwei Eleten“, verkündete er zufrieden.
„Wagio?“, fragte die Eletin freundlich. Sie blickten sich um und merkten, dass Wagio tatsächlich nicht in ihrer Mitte stand.
Er stand hinter Merler und schritt langsam auf sie zu.
„Seid gegrüßt Schwester“, sagte Wagio auf eletisch und küsste sie auf die Stirn.
Nur Merler konnte die Worte verstehen.
Als Wagio und Dira mit der Begrüßung fertig waren, trat Merler auf sie zu.
„Ihr wisst sicherlich, wo die Piraten meine Freundin verschleppt haben oder?“ Dira blickte ihn verständnisvoll an.
„Ich weiß, dass du sie sehr gern hast. Aber es ist sehr gefährlich, sich in das Lager der Piraten zu begeben. Du hast gesehen, welche Mächte sie mittlerweile auf ihrer Seite haben.“
„Beschreibt uns den Weg“, wiederholte Merler.
Dira zögerte, dann zuckte sie kaum merklich die Achseln. „Ich vermute, deine Freundin wird ins Hauptlager gebracht werden. Es befindet sich vierzig Meilen von hier. Ich kann euch führen, wenn ihr wollt.
Der Weg ist kaum nachvollziehbar zu beschreiben.“
Merler tauschte rasch Blicke mit seinen Freunden. Sie nickten ihm zu, worauf er sich wieder an Dira wandte und ihr zusagte, dass sie gerne mitkommen könne. Sie hatte bewiesen, dass sie über Kampferfahrung verfügte. Dira besaß, genau wie Wagio, einen Langbogen und ein Kurzschwert.
„Es wird etwa drei Tage dauern, bis wir am Ziel sind“, erklärte sie ihren neuen Gefährten: „Wir müssen das Traias-Gebirge überqueren, das kostet Zeit.“
Gegen Abend hatten sie das Gebirge erreicht. Dira war vorangegangen und hatte ihnen mit einer unglaublichen inneren Sicherheit den bequemsten Weg durch das Unterholz gewiesen.
Sie schlugen ihr Lager am Ausläufer des Gebirges auf und teilten wir immer Nachtwachen ein. Die erste Wache hatte diesmal Merler. Während die anderen einer nach dem anderen einschliefen, blickte er hinauf in die Sterne, dachte an Seirum und hatte dennoch die Ohren geschärft, sodass ihm kein unnatürlicher Laut entgehen würde.
Vor sich erhob sich mächtig das Gebirge. Er konnte die Umrisse verfolgen. Langsam drehte er sich um sich selbst und ließ den Blick über die finstere Umgebung schweifen. Plötzlich bemerkte er eine winzige, kaum wahrnehmbare Bewegung zu seiner Rechten. Er blickte genauer hin.
Nichts. Schon dachte Merler, er habe sich getäuscht, da bewegte sich wieder etwas ohne einen Laut, und nun vermochte er definitiv eine Gestalt auszumachen. Rasch und lautlos rüttelte er seine Freunde wach, die sofort wussten, dass Gefahr drohte, und stumm zu ihren Waffen griffen.
„Magis Lichto“, flüsterte Merler. Aus seiner Hand schoss ein Lichtstrahl, der die im Dunkeln kaum erkennbare Gestalt erbarmungslos enthüllte.
„Bitte nicht schießen!“, flehte eine fremde Stimme. „Ich bin unbewaffnet und will euch nichts tun. Ich habe friedliche Absichten.“
Als Merlers Augen sich an das plötzliche Licht gewöhnt hatten, machte er eine Frau mittleren Alters aus. Sie hatte abwehrend die Hände erhoben und visierte die Pfeile an, welche Dira und Wagio blitzschnell in ihre Bögen gespannt hatten.
„Was sind Eure Absichten?“, fragte Burno misstrauisch. Die Fremde ließ ihre Arme sinken und kam vorsichtig näher, ließ aber die Pfeile nicht aus den Augen.
„Ich bin euch gefolgt. Ich konnte hören, was ihr vorhabt. Ihr dürft auf keinen Fall die Piraten aufsuchen!“
„Wenn Ihr uns belauscht habt“, sagte Merler kühl, „wisst Ihr wohl auch, dass unsere Freundin verschleppt wurde. Wir müssen sie retten, wir haben keine andere Wahl, als das Lager aufzusuchen.“
„Es ist aber so“, erwiderte die Frau und fixierte nun Dira, „dass die Piraten ihr Hauptlager mittlerweile an einem anderen Ort aufgeschlagen haben. Dieser Ort ist kaum zu erreichen. Zudem wird eure Freundin nicht zum Hauptlager gebracht, sondern direkt zu Asro. Es wäre reiner Selbstmord, sich unter diesen Umständen und völlig vergebens in das Hauptlager zu begeben.“
Merler starrte sie ungläubig an, doch etwas in ihm wusste, dass ihre Aussage der Wahrheit entsprach. Er musste schlucken und spürte, dass seine Augen feucht wurden.
War Seirum verloren? „Woher wisst Ihr diese Dinge?“, fragte Burno mit zusammengekniffenen Augen.
Die Frau musterte ihn ebenso eindringlich wie zuvor Dira. „Ich vermag die Sprache der Tiere zu verstehen. Mein Adler berichtete mir davon.“ Sie wandte sich ab, drehte sich aber noch einmal um. „Ich habe euch gewarnt. Was ihr mit dem Wissen anfangen werdet, müsst ihr selbst entscheiden.“ Sie zögerte. „Mein Adler konnte mir auch berichten, dass ihr in der ersten Nacht am Lager von einem Spion belauscht wurdet. Überlegt gut, was der Feind nun wissen könnte.“ Wenig später war sie im Dickicht des nachtdunklen Waldes verschwunden.
Am nächsten Morgen verspeisten sie das Fleisch eines Rehs, das Wagio, während der Dämmerstunde geschossen hatte.
Firor, Wagios Drachenweibchen, war in der Nacht zu ihnen gestoßen. Sie hatte die Reise nicht auf dem Schiff auf sich nehmen wollen und war Richtung Kontinent geflogen. Tatsächlich hatte sie es bis hierher geschafft und nun sogar ihren Besitzer ausfindig gemacht.
Das Erscheinen des Drachenweibchens und der gute Braten sorgten vorübergehend für eine etwas gelöstere Stimmung unter den Freunden. Dann senkte sich aber wieder der Schatten des Wissens über sie, dass Seirum im Augenblick für sie tatsächlich nicht erreichbar war.
„Was unternehmen wir jetzt?“, fragte schließlich Burno und sah dabei Merler an.
Dieser hatte bereits eine Entscheidung getroffen.
„Wir suchen weiter nach dem Amulett“, teilte er den anderen mit. „Ich muss zugeben, dass es wirklich lebensgefährlich und vermutlich sinnlos wäre, Arso aufzusuchen und mit ihm um Seirum zu kämpfen.
Mir fällt im Moment keine Lösung ein.
Also verfolgen wir unseren alten Plan, etwas anderes bleibt uns nicht übrig.“
Burno schluckte.
„Wir geben sie also auf?“
„Wir geben sie nicht auf“, sagte Merler und hatte Mühe seine Tränen zu unterdrücken.
„Wir können im Augenblick nichts für sie tun, das ist alles. Wir müssen darauf achten, dass wir an Fronten kämpfen, wo ein Sieg möglich ist. Wir dürfen auf keinen Fall unsere Kräfte vergeuden.“
„Sie rechnen sicher damit, dass wir sie verfolgen wollen“, sagte Rexe.
„Eine Verfolgung hält uns nicht nur auf, sondern kann unser Leben kosten“, fügte Yera hinzu.
Zum ersten mal seit Beginn der Reise, sprachen Burno seine Leibwächter ihre Meinung aus.
„Danke für eure ungefragte Meinung“, knurrte Burno.
„Ihr habt Recht“, stimmte Merler zu. „Ihr dürft ruhig weiter eure Meinung mitteilen.“
Burno funkelte Merler an. Er fühlte sich übergangen.
„Das Nächste mal könntest du mich fragen!“
Merler zuckte mit den Schultern.
„Was ist gegen zusätzliche Meinung einzuwenden? Sie sind nicht deine Sklaven, sondern unsere Begleitung.“
„Trotzdem sind sie im Auftrag meines Vaters dabei und ich möchte das Kommando über sie behalten.“
Merler seufzte.
„In Zukunft überlasse ich es dir, was sie sagen dürfen und was nicht.“
Manchmal hatte Burno seine Macken.
Es konnte an seiner frischen Position liegen, der Thronerbe seines Vaters zu werden. Er wollte seinen Vater stolz machen und ihm zeigen, dass er Führungskraft besaß.
Solange Burno es nicht zu sehr übertrieb, konnte Merler damit leben.
Sie packten ihre Sachen zusammen und marschierten schweigend los.
„Merler“, fragte Burno nach langer Zeit, „was ist eigentlich mit deiner Armee?“ „Ich habe sie im Wald von Tharland gelassen. Während der Schlacht im Tal der Toten verlor Tharland so viele Soldaten, dass sie einem neuerlichen Angriff wehrlos ausgeliefert gewesen wären. Meine Armee kann das Land verteidigen.“
Burno zeigte sein Verständnis, indem er kurz nickte.
„Es ist so viel passiert in der letzten Zeit“, murmelte er, und für seine Verhältnisse war er ausgesprochen nachdenklich und niedergeschlagen. „Weißt du noch, damals, als wir uns kennengelernt haben, Merler? Was ist seitdem alles Geschehen! Mir kommt es vor wie in einem anderen Leben!“
„Mit so vielen höhen und tiefen, innerhalb von wenigen Jahren“, erwiderte Merler, der genau wusste, wie Burno fühlte. „So lange habe ich meine Familie nicht gesehen. Ich frage mich, was aus ihnen allen geworden ist.“ Er dachte an seine Eltern und den Bruder, auch an seine Schwester Gremel.
Wie lange war es her, dass er sich zuletzt mit den Geschwistern wegen unbedeutender Kleinigkeiten gezankt hatte. Und was hätte er darum gegeben, wenn er sie alle wiedersehen könnte.
Und plötzlich wurde er von so heftigem Heimweh überfallen, dass er fast in die Knie gegangen wäre und mühsam nach Luft schnappen musste.
„Was ist mit dir, Merler?“, fragte Dira, die ihn mit ihren Aufmerksamen Augen gemustert hatte.
Merler winkte ab. „Mir geht es gut. Ich musste nur an mein früheres Leben denken, bevor ich das Goldene Schwert fand.“
Dira nickte. „Du vermisst sie.“ Sie fragte nicht weiter nach und hatte auch darauf geachtet, dass die anderen ihre Feststellung nicht gehört hatten. Merler registrierte das dankbar und ging mit gesenktem Kopf weiter.
Plötzlich landete Firor vor ihnen. „Wagio!
Ich sehe ein Heer vor uns, es rastet nur fünf Meilen von uns entfernt in einem Wäldchen. Ich schätze, es handelt sich um viertausend dunkle Monster.“
„Wie es aussieht, müssen wir einen Umweg gehen“, meinte Wagio dazu. „Oder was schlägst du vor, Merler?“ „Was ist den los“, quengelte hinter ihnen Burno. „Was sagt der Drache? Warum gehen wir nicht weiter?“ Merler beachtete ihn nicht und dachte angestrengt nach. Sie hatten nicht genug Zeit, um einen riesigen Bogen zu marschieren.
„Wir werden keinen Umweg in Kauf nehmen“, sagte er kurz entschlossen. „Wir schleichen uns an dem Heer vorbei. Gehen wir weiter.“
„He!“, rief Burno. „Will mir jemand sagen, was los ist?“ Wagio übersetzte ihm nun die Botschaft des Drachenweibchens und wiederholte Merlers Entscheidung. Burno hatte einen anderen Vorschlag, der ihm selbst brillant zu sein schien.
„Wir metzeln einfach alle nieder“, sagte er und blickte auffordernd in die Runde. „Ich will weder einen langen Umweg gehen noch an den Monstern vorbeischleichen.“
„Burno“, sagte Wagio, „das ist lebensmüde.
Du hast gehört, wie viele es sind.“
„Weshalb fliegen wir dann nicht auf Firor über das Lager hinweg?“, bohrte Burno trotzig weiter. „Wozu ist der Drache denn gut?“
„Sie kann nicht das Gewicht von sechs Personen tragen“, erklärte Wagio mühsam beherrscht. „Höchstens vier Personen kann sie tragen, aber mehr geht nicht.“
Merler war in seine eigenen Gedanken versunken, während die anderen stritten.
Schließlich wandte er sich direkt an das Drachenweibchen, das geduldig abwartete.
„Firor, haben sie Todesdrachen dabei?“ „Nein. Ich glaube auch, dass sie bald weiterziehen werden. Sie hatten einige Geschütze dabei und auch Belagerungsmaschinen, die stehen außerhalb des Waldes bereit. Lange rasten sie bestimmt nicht mehr.“
Merler holte tief Luft. „Hört zu! Ich habe einen Vorschlag“, wandte er sich an seine Freunde.
Seirum befand sich in einem dunklen Kerker in Asros Gefängnis, das hatte sie den Gesprächen der Wächter entnommen. Sie war müde, verängstigt, hungrig und auch zornig, denn dieser Ort war alles andere als gemütlich, und sie wusste nicht, womit sie so etwas verdient hatte.
Eigentlich hätte der Weg in die entfernten Kerker lange Zeit in Anspruch genommen, doch einer der Magier hatte sie einfach innerhalb eines Wimpernschlags in die Kerker gezaubert. Vermutlich wollte er verhindern, dass sie auf dem langen Weg entkommen konnte oder befreit wurde.
In einer Ecke der engen Zelle lag Stroh, das elend kratzte. Das feuchte Gemäuer war von Moos und Schimmel überwuchert. In den Ecken tappten Mäuse umher, die sich kaum vor dem Mädchen zu fürchten schienen.
Plötzlich ging die Tür auf, und ein Wächter kam herein, flankiert von bewaffneten Zimisisten.
„Komm mit, unser Herr Asro will dich sprechen“, knurrte der Wächter.
Seirum setzte sich trotzig auf. „Dein feiner Herr soll selber kommen, wenn er mich etwas fragen möchte!“
Der Wächter knurrte. „Werde nicht unverschämt!“
„Er soll selbst kommen“, wiederholte Seirum stur. Sie wusste selber nicht, woher sie den Mut nahm, aber der Kerker hatte etwas in ihr angerichtet und verändert. Sie wollte frei sein, lieber tot als länger hier gefangen. Irgendetwas musste unternommen werden, wenn sie hier nicht verrotten wollte, sie musste etwas unternehmen.
Kurz schien der Wächter verunsichert, dann packte er aber grob ihr schmales Handgelenk und zerrte sie hart und erbarmungslos mit sich durch die Gänge. Links und rechts vernahm Seirum die Schreie anderer Gefangener. Angestrengt versuchte sie, das Gebrüll zu ignorieren und nicht an sich heranzulassen. Angst stieg in ihr hoch.