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In diesem Buch setzt sich der Autor kritisch mit der "Jesusfrage" auseinander, er untersucht die Frage, ob Jesus überhaupt existiert hat und was das für den religiösen Glauben bedeutet. Das Buch enthält konstruktive Argumente und wird Leser ansprechen, die nach philosophische Erleuchtung suchen.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Lieber Egon Friedell!
Das sieht Ihnen ähnlich, das ist echtester Friedell! Setzt sich hin und scheut keinen Aufwand von Mühe, Scharfsinn und Gelehrsamkeit, um eine Binsendummheit zu widerlegen! Immer von neuem muß ich Ihre Geduld mit Menschen bewundern. Wie viel rührende Güte versteckt sich doch in allen Ihren Spässen! Sie machen gern die Wahrheit zum Hanswurst, damit der Leser nicht merkt, wen er in dieser Maske passieren läßt: seinen Todfeind! Sie wissen, daß er Ihren furchtbaren Lebensernst nur ertragen kann, wenn er ihn auszulachen meint. Semper aliquid haeret: irgend etwas von der Wahrheit bleibt, ohne daß er es merkt, schließlich doch an ihm hängen und so gelingt Ihnen zuweilen das Wunder, daß das denkfaulste Geschöpf der Weltgeschichte: der »Gebildete«, nachdenklich wird. Um mit dem Hammer vor ihm zu philosophieren, ist sein Gehirn zu weich; so philosophieren Sie lieber mit Schellen und haben dabei vor Shaw, der Sie vielleicht in dieser Schellenkunst noch übertrifft, das Erbarmen voraus. Shaw ist der rabiate Hofnarr der Zeit, er muß ihr immer gleich seine Zähne zeigen. Sie sind ihr wehmütiger Narr. Erschrecken Sie nur nicht, ich will's nicht weitersagen, aber ganz unter uns dürfen Sie mir's ja gestehen: Sie haben ein tiefes Mitleid mit dem »Gebildeten«. Denn Ihnen tut der Mensch überhaupt leid, Sie haben ihn lieb. Sie verstehen sich noch auf die heutzutage vernünftigen Leuten allerschwerste, die heutzutage fast unmögliche Kunst, ein praktischer Christ zu sein und von solcher Engelsgeduld, daß Sie sogar fähig sind, ruhig darüber zu diskutieren, ob Christus nicht vielleicht eine blos mythische Gestalt ist. Ich muß zu meiner Beschämung gestehen: Ich könnt's nicht! Es gibt ein Maß von Albernheit, an dem alle meine pflichtgemäße Langmut zu Schanden wird. Wenden Sie mir nicht Napoleon ein, der den alten Wieland unter dem Arm nahm, um ihm zuzuraunen: »Es ist übrigens noch die Frage, ob Christus überhaupt gelebt hat!« Bei dem ist das auch nur eine jener glänzenden Boutaden, in denen er sich gern zuweilen von der ungeheuren Erschöpfung seiner heroischen Einsamkeit erholt; er schlägt dann mit Vorliebe den Ton an, den sich Hamlet gegen den guten Polonius erlaubt; gar viel mehr wird dem Eroberer unser Papa Wieland ja kaum gewesen sein. Und wer mag sich in solchen Fällen, um einem Gespräch, das ihn langweilt, auszukneifen, lange bedenken, etwa den Partner, gar wenn der darnach aussieht, plötzlich durch die Frage zu verwirren: Und sind Sie denn aber auch ganz sicher, daß Cäsar wirklich gelebt hat? Ist das nicht eigentlich recht dubios? Aber wehe, wenn da nun böser Zufall einen richtigen deutschen Professor in die Nähe bringt, der macht ein Buch daraus! Denn amusischen Naturen liegt es im Blute, für alles erst Beweise zu fordern, und sie leben davon, daß ja gerade, was uns zum Leben unentbehrlich ist, sich alles niemals beweisen läßt, weshalb dann von ihnen der berühmte »Fortschritt« erfunden worden ist, der herrliche Begriff, der aus dem Nichts dadurch, daß es sich in den Schwanz beißt, alles entstehen läßt. Daß Sie, lieber Friedell, fähig sind, sich mit derlei Leuten hinzustellen, in den Exkrementen ihrer Dummheit herumzustierln und noch Ihrem geliebten, mir so werten kleinen Köter zuzumuten, daß er ruhig daneben sitzt, das, Egon, zeigt Ihr gutes Herz und Ihren gewaltigen Magen. Aber vielleicht kam auch noch dazu, daß ja für einen hohen Verstand gerade Beschäftigung mit dem Absurden immer etwas Faszinierendes hat.
Wenn nun aber Ihrer sanften Beredsamkeit gelingt, die Schar der Zweifler an der geschichtlichen Erscheinung Christi zu lichten, ja wenn ihr sogar gelänge, jeden Zweifel daran verstummen zu lassen, was, verehrter Freund, wäre damit erreicht? Würden aus jenen bekehrten Zweiflern dadurch Christen? Ja würden sie nur irgendwie dadurch innerlich anders? Warum auch? Was wäre denn geschehen? Die sehen sich also nun durch den milden Zwang Ihrer überzeugenden Beweise veranlaßt, zuzugeben, daß um jene Zeit ein edler Mensch, der sich den Sohn Gottes nannte, gelebt hat und von unverständigen Juden gekreuzigt worden ist, setzen einen Namen mehr auf die Liste der Blutzeugen für die Wahrheit und vergessen nicht, sogleich mit Befriedigung zu zitieren: