Das Leben, von dem sie träumten - Shamim Sarif - E-Book

Das Leben, von dem sie träumten E-Book

Shamim Sarif

4,8

Beschreibung

Ein atemberaubend spannender, einfühlsam erzählter Roman um Liebe und Schuld, Freundschaft und Verrat. Boston, November 2000. Alexander Iwanow möchte sich zur Ruhe setzen und sein Catering-Unternehmen an die kühl kalkulierende Businessfrau Melissa Johnson verkaufen. Während der Verhandlungen lernt Alexander auch Melissas Mutter Estelle kennen. Sie bewegt ihn dazu, ihr seine Lebensgeschichte zu erzählen: von seiner Karriere als Regierungsangestellter in Moskau während des Kalten Krieges über seine Flucht in die USA und den tragischen Tod seiner geliebten Frau Katja. Die näheren Umstände von Katjas Schicksal sind immer im Dunkeln geblieben. Doch nun will Alexanders Nichte Lauren das Rätsel um Katjas Tod ergründen. Gemeinsam mit Melissa, die allmählich begreift, dass das Leben nicht nur Arbeit bedeutet, sondern auch genüssliche Seiten haben kann, reist Lauren nach Moskau …

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FRAUEN IM SINN

 

Verlag Krug & Schadenberg

 

 

Literatur deutschsprachiger und internationaler

Autorinnen (zeitgenössische Romane, Kriminalromane,

historische Romane, Erzählungen)

 

Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen

rund um das lesbische Leben

 

Bitte besuchen Sie uns: www.krugschadenberg.de.

Shamim Sarif

Das Leben, von dem sie träumten

Roman

Aus dem Englischenvon Andrea Krug

Für Hanan, Ethan und Luca – für die Erkenntnis, die Ihr mir beschert habt:dass jeder Augenblick des Lebens wundersam und wunderschön sein kann.

Danksagung

Die folgenden Menschen waren für den Entstehungsprozess dieses Buches von unschätzbarem Wert:

Meine Schwester Anuschka, die mich nach Moskau begleitete und mir Nazim Walimohamed vorstellte, der mir großzügig seine Zeit schenkte und mir wichtige Kontakte vermittelte. Marina Rabinskaja übernahm die Rolle der Fremdenführerin und erwies sich als eine großartige Übersetzerin. Sie half mir außerdem, Menschen zu finden, die mich an ihren Erinnerungen an die Zeit unter Chruschtschow teilhaben ließen. Galina Dronova, Juri Bichkow und Zinaida Gurewitsch unterstützten mich mit ihrem detaillierten Wissen über die fünfziger Jahre, und ich konnte von ihrem Gespür für wichtige Zwischentöne und Details dieser Periode profitieren. Michael Weinstein half mir bei einigen Gläsern Wodka in Moskau, die Romanhandlung auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Ich danke außerdem Yasmine Naber, die mich hier in London mit Varvara Underwood bekannt machte, und Zinaida Chnitko, die sich die Zeit nahm, die im späteren Verlauf des Schreibprozesses auftauchenden Fragen zu beantworten.

Dank geht auch an meinen Agenten Euan Thorneycroft für seine ausgezeichneten richtungweisenden Kommentare und an Rosie de Courcy für ihr feinfühliges Lektorat. Ebenso möchte ich David Pitblado und Katharine Priestley für ihr großartiges Endlektorat danken.

Meiner Partnerin Hanan Kattan gegenüber empfinde ich unendliche Dankbarkeit für alles und nicht zuletzt für ihre gründliche, scharfsinnige Lektüre. Ich schätze mich überaus glücklich, eine so engagierte, sensible Leserin an meiner Seite zu haben, die weiß, was ich sagen möchte und sich nicht scheut, es offen zu benennen, wenn ihr etwas nicht gelungen scheint. Es ist eine undankbare Aufgabe, aber ich danke ihr dafür!

Sie spricht zu ihrer Liebe halb im Schlaf,

In dunkler Stunde,

Im Flüstern halber Worte:

Die Erde regt sich im Winterschlaf,

Lässt Gras und Blumen sprießen

Trotz des Schnees,

Trotz des fallenden Schnees.

KAPITEL 1

Boston, November 2000

Sie sitzt schon geraume Weile auf dieser Bank im Innenhof dieses Bürokomplexes – zwanzig Minuten, schätzt sie–, und einen Moment ist sie dankbar dafür, dass das große Karree ihr Schutz bietet vor dem eisigen scharfen Wind, der auf dem Weg hierher durch sie hindurchzufahren schien. Nur das zarte reine Blau des Himmels hält sich dort oben zwischen den Dächern der Gebäude. Der Platz ist einladend gestaltet, und doch empfindet sie die klobige Höhe der umgebenden Häuser als erdrückend. Die glänzend lackierten Sitzgelegenheiten, die unwirklich makellosen spätherbstlichen Blumenbeete, der plätschernde Springbrunnen als Sinnbild der Erholsamkeit – all das lässt sie diesen konzerneigenen Ruheplatz mit leichtem Widerwillen betrachten. Sie beschließt, nicht auf die Uhr zu gucken – noch nicht – und richtet ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Roman. Sie ist auf Seite fünf (von siebenhundertdreiundvierzig) und beschließt, die Seite noch einmal zu lesen, weil sie kein einziges Wort aufgenommen hat.

Beim zweiten Lesen ist es kaum spannender, und sie fragt sich, ob sie mit ihren einundsechzig Jahren nicht das Recht hat, Bücher, die sie nicht auf Anhieb fesseln, nicht weiterlesen zu müssen, schließlich hat sie selbst unter günstigsten Umständen nicht mehr viel Zeit auf dieser Welt. Ihr Mann hat ihr unwirsch geraten, Proust zu lesen, um sich an seiner gedanklichen Raffinesse zu erbauen und seine Formulierkunst zu bewundern. Sie ist intelligent genug und feinsinnig genug, um beides zu schätzen, selbst in der kurzen Passage, die sie gelesen hat, aber etwas fehlt hier. Unwillkürlich legt sie die Hand aufs Herz. Vielleicht kommt es später noch, wenn sie dem Roman eine Chance gibt. Sie wirft einen kurzen, leicht schuldbewussten Blick auf ihre Handtasche, wie ein Kind, das versucht, nicht nach einem verbotenen Spielzeug zu schauen. Ihre Handtasche enthält zwei dünne Bücher: einen Roman von Hemingway und einen Band mit Erzählungen von Salinger. Ihr Mann hält von beiden nicht viel; Salinger insbesondere bringt er sarkastische Verachtung entgegen. Einerlei, ihr gefällt er, sie bewundert seine klaren einfachen Sätze. Sie hatte gezögert, die Geschichten erneut zu lesen, nachdem Professor Johnson vehement versichert hatte, sie besäßen keinen bleibenden Wert, doch zu ihrem Vergnügen stellte sie fest, dass sie es unbeschadet überstanden hatten und so packend und unpathetisch und sauber geschrieben waren, wie sie beim ersten Lesen gedacht hatte.

Ihr Blick kehrt zu dem vor ihr aufragenden Gebäude zurück. Die endlosen Vierecke aus dunklem Glas und blitzendem Stahl sind wenig einladend, undurchsichtig; sie verbergen alles, was hinter ihnen vorgeht. Sie hält sich selten im Geschäftsviertel auf. Dieser Teil der Stadt ist ihr nicht vertraut; er hat nichts mit dem Boston zu tun, das sie liebt. Ihr Boston ist die Welt der roten Backsteinhäuser und der Straßen, die von Bäumen gesäumt sind, die im Sommer kühlen Schatten spenden und im Winter nackt und stolz dastehen. Das ruhige, breite Glitzern des Charles River und die mitreißende Energie des Back Bay Bezirks. Die kleinen Fachgeschäfte in der Newbury Street, die kopfsteingepflasterten Straßen von Beacon Hill und das ferne Rauschen des Verkehrs, das den Kontrapunkt bildet zu der beschaulichen Stille der öffentlichen Grünanlagen. Die Cafés rund um die vielen Campusanlagen der Universitäten, in denen man unverhofft auf eine Lesung stößt oder ein Konzert. Sie löst den Blick von dem Gebäude vor sich, meidet noch immer das Buch in ihren Händen und schaut trostsuchend zu dem einsamen Baum, der aus dem Beton erwächst. Er hat die Hälfte seiner Blätter verloren, aber die verbleibenden weisen noch immer tiefdunkle Rot- und Brauntöne auf: die verbleichenden Farben des Herbstes in New England, der in diesem Jahr spät gekommen und nun fast zu Ende ist.

Sie vernimmt ein surrendes Geräusch und blickt sich um, kann aber die Quelle nicht ausmachen. Außer ihr ist niemand in diesem Innenhof. Dann spürt sie das Vibrieren zu ihren Füßen. In ihrer Handtasche. Sie greift hinein, holt ihr Handy heraus und schlägt den Proust zu. Das Telefon zuckt in ihrer Hand wie etwas, das sich in Schmerzen windet. Sie konzentriert sich darauf – keines der Symbole auf den Tasten erschließt sich ihr. Sie drückt eine schwarze Taste, dann eine grüne, dann hält sie es ans Ohr. Nichts.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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